WD 9 - 3000 – 023-20 (2. April 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG)1 sieht in § 56 Abs. 1 eine Entschädigung vor. Anträge auf Entschädigung stellen können danach „Ausscheider, Ansteckungsverdächtige, Krankheitsverdächtige oder sonstige Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG, die Verboten in der Ausübung ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegen oder unterworfen sind und dadurch einen Verdienstausfall erleiden“. Im Falle eines Anspruchs erfolgt die Auszahlung in den ersten sechs Wochen durch den Arbeitgeber , danach auf Antrag durch die zuständige Behörde. Angesprochen sind demnach weder erkrankte noch gesunde Personen. Aus der Definition der Zielgruppe2 ergibt sich weiterhin als Voraussetzung für diesen Anspruch, dass eine bestimmte Person individuell als ansteckungs- bzw. krankheitsverdächtig erkannt und mit Quarantäne nach § 30 IfSG oder einem Berufsausübungsverbot nach § 31 IfSG belegt worden ist. Die aktuell von den Ländern als Schutzmaßnahmen3 verordneten Betriebsschließungen und Veranstaltungsabsagen sind keine Tätigkeitsverbote im Sinne des IfSG.4 Das Hilfspaket zur Bewältigung der Corona-Krise, das der 1 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20. Juli 2000, BGBl. I S. 1045, zuletzt geändert durch Artikel 1, 2 und 3 des Gesetzes vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587). 2 Zur Definition der in § 56 Abs. 1 genannten Personen vgl. § 2 IfSG. 3 Zu den rechtlichen Grundlagen der verordneten Schutzmaßnahmen und möglicher Entschädigungen vgl. ganz aktuell: Giesberts, Gayer, Weyand, COVID 19.- Hoheitliche Befugnisse, Rechte Betroffener und staatliche Hilfen, in: NVwZ 2020, 417. 4 Vgl. die Informationen zum Thema Entschädigung in den einzelnen Bundesländern, hier beispielhaft Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.), abrufbar unter https://www.lvr.de/de/nav_main/soziales_1/soziale_entschaedigung /taetigkeitsverbot/taetigkeitsverbot.jsp. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Möglichkeiten einer Entschädigung von Selbständigen nach § 56 Infektionsschutzgesetz Kurzinformation Möglichkeiten einer Entschädigung von Selbständigen nach § 56 Infektionsschutzgesetz Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Bundestag am 27. März 2020 beschlossen hat, sieht daher finanzielle Unterstützungen für Unternehmern vor, die aufgrund der aktuellen Allgemeinverfügungen oder Verordnungen der Länder in Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes Einkommenseinbußen haben. Bei der Entschädigungsregelung nach § 56 IfSG handelt es sich nicht um einen Entgeltfortzahlungsanspruch , sondern um eine Billigkeitsentschädigung, die dem Grunde nach dem sozialen Leistungsrecht zuzuordnen ist. Ihr Ziel ist kein Schadenersatz, sondern die wirtschaftliche Sicherung des Betroffenen vor wirtschaftlicher Not5. Nach der Kommentierung ist die Vorschrift "keiner ausdehnenden Auslegung fähig". In jedem Einzelfall sei sorgfältig zu prüfen, ob sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. 6 Ausdrücklich wird eine Entschädigung nur für den Verdienstausfall geleistet und nicht für andere Vermögenseinbußen wie etwa entgangene Gewinne, Verluste oder Verderben von Lebensmitteln 7. Die Regelungen gelten auch für Selbständige. § 56 Abs. 3 Satz 4 IfSG bestimmt, dass für sie ein Zwölftel des Arbeitseinkommens nach § 15 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)8 aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen ist. Zum Nachweis des Einkommens bedarf es einer Bescheinigung des Finanzamtes, die sich auf das zuletzt nachgewiesene Jahreseinkommen und damit auf einen unter Umständen länger zurückliegenden Zeitraum bezieht.9 Weiterhin sieht § 56 Abs. 4 Satz 2 IfSG eine „Härteklausel “ bei Existenzgefährdung vor. Wann eine Existenzgefährdung vorliegt, ist in jedem Einzelfall zu prüfen.10 *** 5 Helmut Erdle, Infektionsschutzgesetz, Kommentar, 7. überarbeitete Auflage 2020, § 56, vor Anm. 1 (S. 159). 6 Erdle, § 56, vor Anm. 1 (S. 159). 7 Erdle, § 56, Anm. 4. 8 Sozialgesetzbuch Viertes Buch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845, zuletzt geändert durch Art. 3 u. Art. 11 Abs. 3 Satz 1 u. 2 des Gesetzes vom 27. März 2020, BGBl I S. 575. 9 Jens Gerhardt, Infektionsschutzgesetz, Kommentar, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage 2020, § 56, Rn. 21. 10 Dazu Gerhardt, § 56, Rn. 23.