© 2016 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 023/15 Ruhen der Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung bei Nichtzahlung von Beiträgen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 2 Ruhen der Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung bei Nichtzahlung von Beiträgen Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 023/15 Abschluss der Arbeit: Datum 12. Mai 2014 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung 6 1. Einleitung 18 1.1. Die Ruhensvorschrift des § 16 Abs. 3a SGB V im Überblick 18 1.2. Normzweck der Ruhensregelungen in § 16 Abs. 3a Satz 1 und Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V 19 1.3. Rechtshistorische Entwicklung und Systematik des § 16 Abs. 3a SGB V 20 1.4. Gang der nachfolgenden Darstellung 21 2. Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei Versicherten nach dem KSVG 22 2.1. Regelungssystematik und Normzweck des § 16 Abs. 2 KSVG in Verbindung mit § 251 Abs. 3 SGB V und des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V 22 2.2. Ruhensvoraussetzungen und Feststellung des Ruhens durch Bescheid der Künstlersozialkasse 24 2.3. Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage 24 2.4. Ruhen des Anspruchs auf Leistungen als Rechtsfolge der Entscheidung der Künstlersozialkasse 25 2.5. Ende des Ruhens 27 2.6. Unterrichtung der Krankenkasse 29 3. Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei Versicherten nach den §§ 5 und 9 SGB V 30 3.1. Normzweck des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V 30 3.2. Persönlicher Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V 31 3.2.1. Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V auf selbst zur Beitragszahlung verpflichtete Mitglieder 32 3.2.2. Nichteinbeziehung der nach § 10 SGB V mitversicherten Familienangehörigen in den persönlichen Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V 34 3.3. Ruhensvoraussetzungen und Feststellung des Ruhens durch Bescheid der Krankenkasse 35 3.4. Von der Ruhensanordnung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V ausgenommene und erfasste Leistungsansprüche säumiger Beitragszahler 37 3.4.1. Überblick 37 3.4.2. Von der Ruhensanordnung ausgenommene Leistungsansprüche 38 3.4.2.1. Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V 38 3.4.2.1.1. Überblick 38 3.4.2.1.2. Gesundheitsuntersuchungen (§ 25 SGB V ) 39 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 4 3.4.2.1.3. Kinderuntersuchung (§ 26 SGB V) 39 3.4.2.1.4. Konkretisierung des Ausnahmetatbestands durch § 19 Abs. 3 Satz 2 und 3 des Bundesmantelvertrages – Ärzte 40 3.4.2.2. Leistungen zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände 40 3.4.2.2.1. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 AsylbLG als Regelungsvorbild 41 3.4.2.2.2. Die Unaufschiebbarkeit einer Leistung als allgemeine Voraussetzung für das Eingreifen des Ausnahmetatbestandes 44 3.4.2.2.3. Konkretisierung des Ausnahmetatbestands durch § 19 Abs. 3 Satz 2 und 3 des Bundesmantelvertrages – Ärzte (BMV-Ä) 45 3.4.2.2.4. Behandlung chronischer Erkrankungen 45 3.4.2.3. Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft 48 3.4.2.3.1. Überblick 48 3.4.2.3.2. Ärztliche Betreuung und Hebammenhilfe (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 1, 24d SGB V) 49 3.4.2.3.3. Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 2, 24e SGB V) 50 3.4.2.3.4. Ambulante oder stationäre Entbindung (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 3, 24f SGB V) 50 3.4.2.3.5. Häusliche Pflege (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 4, 24g SGB V) 50 3.4.2.3.6. Haushaltshilfe (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 5, 24h SGB V) 50 3.4.2.3.7. Mutterschaftsgeld (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 6, 24i SGB V) 51 3.4.2.4. Zur Frage der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit der in § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V geregelten Ausnahmen 51 3.4.3. Von der Ruhensanordnung erfasste Leistungsansprüche 52 3.4.3.1. Leistungen zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in Verbindung mit den §§ 20 - 24b SGB V) 52 3.4.3.1.1. Leistungen für Schutzimpfungen (§ 20d SGB V) 53 3.4.3.1.2. Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen (§ 22 SGB V) 54 3.4.3.1.3. Medizinische Vorsorgeleistungen (§ 23 SGB V) 56 3.4.3.1.4. Medizinische Vorsorgeleistungen für Mütter und Väter (§ 24 SGB V) 56 3.4.3.1.5. Leistungen zur Empfängnisverhütung (§ 24a SGB V) 56 3.4.3.1.6. Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation (§ 24b SGB V) 56 3.4.3.2. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen (§ 11 Abs. 2 SGB V) 57 3.5. Ende der Ruhens 58 3.5.1. Zahlung aller rückständigen und der auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile (§ 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 1 SGB V) 58 3.5.2. Hilfebedürftigkeit des Versicherten nach dem SGB II oder SGB XII (§ 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 2 SGB V) 58 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 5 3.5.3. Wirksame Ratenzahlungsvereinbarung (§ 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V) 60 4. Literaturverzeichnis 63 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 6 - Zusammenfassung - Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei Versicherten nach den §§ 5 und 9 SGB V Für Mitglieder nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), also die nach § 5 SGB V Pflichtversicherten und die nach § 9 SGB V freiwillig Versicherten, ist in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V aufgrund des Verweises auf die in § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V angeordnete Rechtsfolge grundsätzlich ein Ruhen der Leistungsansprüche vorgesehen, soweit sie mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen. Das Ruhen von Leistungen bedeutet, dass ein dem Grunde nach bestehender Leistungsanspruch wegen eines Leistungshindernisses nicht zu verwirklichen ist, insbesondere der Leistungsberechtigte die Leistung nicht beanspruchen kann. Die Bestimmung des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V wurde durch Art. 1 Nr. 9a des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) vom 26. März 2007 mit Wirkung vom 1. April 2007 dem ursprünglich nur aus dem heutigen Satz 1 bestehenden Absatz 3a des § 16 SGB V angefügt und geht auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zurück. Nach dem Ausschussbericht handelt es sich um eine „Folgeänderung“ im systematischen Zusammenhang mit der Einführung einer Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben, und der damit zusammenhängenden Aufhebung der Regelung des § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V alter Fassung, der ein Ende der Mitgliedschaft freiwillig Versicherter bei Nichtzahlung von Beiträgen vorgesehen hatte. Dass der früher in § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V alter Fassung vorgesehene Ausschluss der freiwillig Versicherten aus der gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund der Einführung der allgemeinen Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seit dem 1. April 2007 nicht mehr möglich ist, darf jedoch schon nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung und des Solidaritätsprinzips nicht dazu führen, dass Personen ohne Gegenleistung versichert sind, denen nach ihrem Einkommen oder Vermögen ein Kostenbeitrag zumutbar ist, und dass ein Beitragsrückstand folgenlos bleibt. Auch wenn das Ende der Mitgliedschaft im Falle des Zahlungsverzuges sozialpolitisch unerwünscht ist, soll der Leistungsanspruch zumindest ruhen, um den Druck auf säumige Beitragszahler zu erhöhen. Über die Erhebung von Säumniszuschlägen hinaus soll die Nichtzahlung von Beiträgen für den Versicherten im Interesse der Versichertengemeinschaft weiterhin „spürbare Konsequenzen“ in Form des Ruhens von Leistungsansprüchen haben. Grundsätzlich stehen Beiträge und Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung zwar lediglich in einem allgemeinen Gegenseitigkeitsverhältnis (Globaläquivalenz), nicht aber in einer rechtlich-synallagmatischen Beziehung im engeren Sinne einer individuellen Proportionalität zwischen Beitrag und konkreter Versicherungs-, insbesondere Sachleistung. Sozialpolitisch bestehen aber gegen die Einrichtung derartiger Konsequenzen zur Aufrechterhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Leistungsträger und damit zugleich zum Schutz der Solidargemeinschaft keine Bedenken . Die Bestimmung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V bezieht sich nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und ihrer Stellung im Gesetz auf alle Mitglieder nach den Vorschriften des SGB V, die mit ihren Beitragszahlungen in Rückstand geraten sind. Dies sind grundsätzlich – mit Ausnahme der gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGB V nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) pflichtversicherten Künstler und Publizisten – die nach § 5 SGB V Versicherungspflichtigen, soweit sie nicht nach den §§ 6 und 7 SGB V gesetzlich oder nach § 8 SGB V auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit sind, und die nach § 9 SGB V freiwillig Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 7 Versicherten. Der persönliche Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB V erfährt durch seine tatbestandsmäßigen Voraussetzungen jedoch wesentliche Einschränkungen. Eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V ergibt sich zunächst daraus, dass die Norm an ein persönliches – pflichtwidriges – Verhalten anknüpft und deshalb nur Mitglieder erfasst sein können, die ihre Krankenversicherungsbeiträge selbst zu zahlen haben. Dies sind vor allem freiwillige Mitglieder, die in § 189 SGB V genannten Rentenantragssteller, Schwangere, deren Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 2 SGB V erhalten bleibt (§ 250 Abs. 2 SGB V in Verbindung mit § 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V), nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 und 10 SGB V versicherungspflichtige Studenten und Praktikanten (§§ 236 Abs. 1, 250 Abs. 1 Nr. 3 SGB V in Verbindung mit §§ 252 Abs. 1 Satz 1 und 254 SGB V), Versicherungspflichtige hinsichtlich der Beiträge aus beitragspflichtigen Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen ohne gleichzeitigen Rentenbezug aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 und 2 in Verbindung mit §§ 252 Abs. 1 Satz 1, 256 Abs. 1 Satz 1 SGB V) sowie Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bezüglich der versicherungspflichtigen Einnahmen mit Ausnahme des Arbeitsentgelts und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 250 Abs. 3 SGB V in Verbindung mit § 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Soweit dagegen Dritte, zum Beispiel der Arbeitgeber nach § 253 SGB V in Verbindung mit § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV oder der Träger der Rentenversicherung nach § 255 Abs. 1 Satz 1 SGB V zahlungspflichtig sind, und diese mit der Zahlung der Beiträge in Rückstand geraten, führt dies nicht zu einem Ruhen von Leistungsansprüchen des Mitglieds nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V, selbst wenn das Mitglied einen Teil des Beitrags zu tragen, aber nicht zu zahlen hat. Eine weitere bedeutsame Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V besteht darin, dass nach § 10 SGB V versicherte Familienangehörige, die nicht Mitglieder und daher auch nicht beitragspflichtig sind, von dem in dieser Vorschrift im Falle von Beitragsrückständen angeordneten Ruhen der Leistungsansprüche nicht betroffen sind. Die Säumigkeit des zahlungspflichtigen Mitglieds lässt den Leistungsanspruch des nicht zahlungsverpflichteten Familienversicherten deshalb unberührt. Mag auch der Normzweck des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V dafür sprechen, dass die Sanktion für das solidarwidrige Verhalten der nicht rechtzeitigen Beitragszahlung die gesamten mit der Beitragszahlung finanzierten Leistungen aus der jeweiligen Mitgliedschaft erfasst, so war doch bereits der Wortlaut bzw. Satzbau des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V in der Fassung des GKV-WSG in Verbindung mit Satz 1 des § 16 Abs. 3a SGB V eindeutig und ließ keine abweichende Auslegung zu. Diese bisher im Wege der Interpretation zu erschließende – aber umstrittene – Rechtslage ist durch Art. 15 Nr. 01 Buchstabe a des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 mit Wirkung vom 23. Juli 2009 nunmehr eindeutig dadurch geklärt worden, dass in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V in der Fassung des GKV-WSG das Wort „Versicherte“ durch die Wörter „Mitglieder nach den Vorschriften“ ersetzt wurde. Durch diese Neufassung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V sollte nach der Gesetzesbegründung klargestellt werden, dass sich die Ruhensanordnung im Falle von Beitragsrückständen allein auf das zur Zahlung verpflichtete Mitglied bezieht und der Leistungsanspruch mitversicherter Familienangehöriger hiervon unberührt bleibt. Die Bestimmung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V sieht aufgrund des Verweises auf die in § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V angeordnete Rechtsfolge grundsätzlich ein Ruhen des Anspruchs auf Leistungen für die Mitglieder nach den Vorschriften des SGB V vor, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 8 nicht zahlen. Nach der ganz überwiegend in der sozialrechtlichen Literatur vertretenen Auffassung erfasst die in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V angeordnete entsprechende Anwendung von Satz 1 des § 16 Abs. 3a SGB V im Sinne einer Kettenverweisung auch die Verfahrensbestimmungen des § 16 Absatz 2 KSVG, auf die die Vorschrift des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V ihrerseits Bezug nimmt. In entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 1 und 3 KSVG hat die zuständige Krankenkasse deshalb Mitglieder nach dem SGB V, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind, unter Hinweis auf das mögliche Ruhen der Leistungen und die Folgen des Ruhens zunächst zu mahnen. Ist der Rückstand zwei Wochen nach Zugang der Mahnung noch höher als der Beitragsanteil für einen Monat , stellt die Krankenkasse in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 KSVG das Ruhen der Leistungen durch förmlichen Bescheid fest, den sie dem Mitglied zustellt. Im Gegensatz zu § 16 Abs. 1 bis 3 SGB V, wonach das Ruhen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kraft Gesetzes eintritt, bedarf die Realisierung der Rechtsfolge nach § 16 Abs. 3a Satz 2 und Satz 1 SGB V in Verbindung mit § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 KSVG somit der verwaltungsmäßigen Feststellung in Form eines Verwaltungsaktes, der konstitutiv und nicht nur deklaratorisch ist. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Ruhensbescheid der Krankenkasse haben nach § 16 Abs. 3a Satz 2 und 1 SGB V in Verbindung mit § 16 Abs. 2 Satz 4 KSVG keine aufschiebende Wirkung, das heißt, sie hindern nicht, aus der Entscheidung sofort rechtliche und tatsächliche Folgerungen zu ziehen. Hierbei handelt es sich um eine der Bestimmung des § 86a Abs. 2 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entsprechende Ausnahmeregelung von dem in § 86a Abs. 1 SGG enthaltenen Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage auch bei feststellenden Verwaltungsakten. Die in § 16 Abs. 2 Satz 4 KSVG getroffene Regelung ist angemessen, da sie den Zweck der Ruhensfeststellung sichert, der andernfalls für die – regelmäßig geraume – Zeit des Widerspruchs- und Klageverfahrens wirkungslos wäre bzw. von den Versicherten unterlaufen werden könnte. Hat die Krankenkasse in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 KSVG das Ruhen der Leistungen durch förmlichen Bescheid festgestellt und diesen dem Mitglied zugestellt , ruht – als gesetzlich angeordnete Rechtsfolge dieser Entscheidung – der Anspruch auf Leistungen für Mitglieder nach den Vorschriften des SGB V (§ 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 in Verbindung mit Satz 1 SGB V). Allerdings ruhen nicht alle Leistungsansprüche der Mitglieder. Ausdrücklich ausgenommen von dieser Ruhensanordnung sind nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 SGB V Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. In diesen Fällen bewertet das Gesetz den Gesundheitsschutz höher als die Sanktionierung des Beitragsrückstandes, um in „Notfällen“ die erforderliche Krankenversorgung sicherzustellen. Den Versicherungspflichtigen und -berechtigten nach den §§ 5 und 9 SGB V bleibt damit ein – wenn auch deutlich reduzierter – Teil ihres medizinischen Versorgungsanspruchs im Falle eines abgemahnten Beitragsrückstandes erhalten. Da der Gesetzgeber die in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 SGB V normierten Ausnahmetatbestände allerdings nicht näher definiert hat, sind seit Inkrafttreten dieser Regelungen eine Reihe von – bislang noch nicht abschließend geklärten – Zweifelsfragen über die Reichweite dieser Ausnahmebestimmungen entstanden, die von den Spitzenverbänden der Krankenkassen und in der sozialrechtlichen Literatur – insbesondere auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – zum Teil unterschiedlich beantwortet werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 9 Von der Anordnung des Ruhens des Leistungsanspruchs ausgenommen sind nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 1 SGB V zunächst „Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V“. Dieser Ausnahmetatbestand, der durch Art. 15 Nr. 01 Buchstabe a des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 mit Wirkung vom 23. Juli 2009 in den § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 SGB V eingefügt worden ist, geht auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zurück. Nach der Begründung des Ausschusses liegt dieser Ergänzung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 SGB V die „hohe Bedeutung“ dieser Untersuchungen auch für säumige Beitragszahler zugrunde. Es dürfte zudem auch finanziell nicht im Sinne der Versichertengemeinschaft sein, die Kosten für Früherkennungsmaßnahmen nicht zu übernehmen, um sodann die gegebenenfalls ungleich höheren Kosten akuter Behandlungsmaßnahmen tragen zu müssen. Säumige Beitragszahler haben deshalb – trotz grundsätzlichen Ruhens ihrer Leistungsansprüche – vom 36. Lebensjahr an gemäß § 25 Abs. 1 SGB V jedes zweite Jahr Anspruch auf eine ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere zur Früherkennung von Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie der Zuckerkrankheit, während Versicherte , die das 18. Lebensjahr vollendet haben und ihrer Verpflichtung zur Beitragszahlung nicht nachgekommen sind, nach § 25 Abs. 2 SGB V Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krebserkrankungen haben. Sofern Kinder als Mitglieder nach den Vorschriften des SGB V selbst beitragspflichtig sind – also ausnahmsweise nicht zu den nach § 10 SGB V Familienversicherten gehören – und mit der Beitragszahlung in Rückstand geraten, haben sie nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB V bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres Anspruch auf Untersuchungen sowie nach Vollendung des zehnten Lebensjahres auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, die ihre körperliche oder geistige Entwicklung in nicht geringfügigem Maße gefährden . Vom Ruhen ausgenommen sind nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V darüber hinaus „Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände … erforderlich sind“. Dieser Ausnahmetatbestand, dem eine sozialethisch-humanitäre Wertung zugrunde liegt, ist nach der Gesetzesbegründung „in Anlehnung“ an die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geschaffen worden. Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG definiert den Leistungsanspruch dahingehend, dass zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstige zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderliche Leistungen zu gewähren sind. Dies gilt nach Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen auch – obwohl in dieser Vorschrift nicht ausdrücklich erwähnt – für die Krankenhausbehandlung. Entsprechend den allgemeinen Regeln des gesetzlichen Krankenversicherungsrechts hat die Behandlung nach den Regeln der ärztlichen bzw. zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig zu erfolgen (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB V). Zudem muss sie wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist. Eine zahnprothetische Versorgung ist damit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG bzw. § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 10 grundsätzlich nicht vorgesehen und kann daher nur in Ausnahmefällen erfolgen. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 14. Dezember 2006 zur Unaufschiebbarkeit einer Leistung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V ausgeführt, in diesem Fall müsse eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich sein, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zur Entscheidung der Krankenkasse mehr bestehe. Dabei könne eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung unaufschiebbar werden , wenn mit der Ausführung so lange gewartet werde, bis die Leistung zwingend erbracht werden müsse, damit der mit ihr angestrebte Erfolg noch erreicht werden könne. Nach Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen ist die Unaufschiebbarkeit einer Leistung nach Maßgabe der vorstehend genannten Kriterien – über die in § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG für die Versorgung mit Zahnersatz getroffene Regelung hinaus – auch bei allen anderen vom Versicherten begehrten Leistungen als Voraussetzung für das Eingreifen des Ausnahmetatbestandes des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V anzusehen. Diese Auslegung des Ausnahmetatbestandes hat – umgekehrt – zur Folge, dass grundsätzlich alle medizinisch aufschiebbaren Leistungen von der Ruhensanordnung nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 SGB V in Verbindung mit Satz 1 dieser Vorschrift erfasst werden. Fraglich und noch nicht abschließend geklärt ist, ob auch die Behandlung chronischer Erkrankungen unter den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V subsumiert werden kann. Nach der in der sozialrechtlichen Literatur ganz überwiegend vertretenen Auffassung ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass der Gesetzgeber den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V der Vorschrift des § 4 Abs. 1 AsylbLG nachgebildet habe, so dass die diesbezügliche verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und Literatur zu § 4 Abs. 1 AsylbLG als Auslegungshilfe herangezogen werden könne. Dort sei aber mittlerweile anerkannt , dass die Behandlung einer chronischen Erkrankung – selbst wenn ein unaufschiebbarer Behandlungsbedarf vorliegen sollte – so lange grundsätzlich nicht zum Behandlungsanspruch des Asylbewerbers zähle, bis eine medizinische Leistung zur Behandlung von Schmerzzuständen erforderlich sei. Anhaltspunkte dafür, dass für säumige Beitragszahler im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung etwas anderes gelten könnte, seien nicht ersichtlich. Erst wenn medizinische Leistungen zur Behandlung von Schmerzzuständen bei chronischen Erkrankungen erforderlich würden, sei nach dem Gesetzeswortlaut des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V eine Abgrenzung zwischen chronischen und akuten Erkrankungen nicht erforderlich . Zu hohe Anforderungen an den Nachweis einer akuten Erkrankung seien insoweit allerdings nicht angebracht, da die Abgrenzung zwischen chronischen und akuten Erkrankungen häufig schwierig sei. In Teilen der krankenversicherungsrechtlichen Literatur wird einschränkend darauf hingewiesen , dass die vorgenannte Analogie zum Asylbewerberleistungsgesetz allerdings nicht in dem Sinne missverstanden werden dürfe, dass Leistungsansprüche bei chronischen Erkrankungen nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V fallen könnten. Nach der Bestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG könnten nämlich über § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG hinausgehende Leistungen erbracht werden, wenn dies im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sei. In verfassungskonformer Auslegung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) müssten daher von der grundsätzlichen Ruhensanordnung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 11 auch solche Leistungen ausgenommen werden, ohne die bei chronischen Krankheiten akute Krankheitszustände eintreten würden. Auch nach Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen sind nicht nur bei akuten, sondern auch bei chronischen Erkrankungen die notwendigen Leistungen zu erbringen, ohne die eine Verschlimmerung des Krankheitszustandes und damit ein akuter Krankheitszustand zu erwarten wäre. Als Beispiele werden die Insulinbehandlung bei Diabetikern sowie die lebenserhaltende Dialyse bei Nierenversagen genannt. Eine andere Gesetzesinterpretation würde – so die Spitzenverbände der Krankenkassen – den verfassungsmäßigen Anforderungen des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schon deshalb nicht gerecht , weil eine finanzielle Bedürftigkeit nach der Regelung in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 2 SGB V ausdrücklich zur Beendigung des Ruhenstatbestands führe. Diese könne aber nicht höher bewertet werden als ein medizinischer Bedarf zum Schutze von Leib und Leben. Bei notwendigen Leistungen in diesem Sinne richteten sich Art und Umfang der Leistungen nach den allgemein gültigen Kriterien. Von der Anordnung des Ruhens des Leistungsanspruchs ausgenommen sind nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 3 SGB V schließlich „Leistungen, die…bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind“. Dieser Ausnahmetatbestand ist nach der Gesetzesbegründung „in Anlehnung“ an die Regelung in § 4 Abs. 2 AsylbLG geschaffen worden. Nach der Bestimmung des § 4 Abs. 2 AsylbLG sind werdenden Müttern und Wöchnerinnen ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe sowie Arznei-, Verband- und Heilmittel zu gewähren . Werdenden Müttern und Wöchnerinnen wird damit eine umfassende und wirksame Hilfe während der Schwangerschaft sowie bei und nach der Geburt zuteil. Zur weiteren Konkretisierung des säumigen Beitragszahlerinnen durch § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 3 SGB V in Verbindung mit § 4 Abs. 2 AsylbLG eingeräumten Leistungsanspruchs sind die Regelungen der §§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 24c ff SGB V heranzuziehen, die mit Wirkung vom 30. Oktober 2012 – unter Aufhebung der bis dahin geltenden Bestimmungen der §§ 195 ff Reichsversicherungsordnung (RVO) – durch Art. 3 Nr. 1 Buchstabe a und Nr. 6 des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes vom 23. Oktober 2012 in das SGB V integriert worden sind. Der Anspruch auf Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft umfasst nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den §§ 24c Nr. 5, 24h Satz 1 SGB V grundsätzlich auch Haushaltshilfe, soweit der Versicherten wegen Schwangerschaft oder Entbindung die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist und eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann. Im Gegensatz zu den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den §§ 24c Nr. 1 bis 4, 24d bis 24g SGB V unterfällt die Haushaltshilfe jedoch nicht dem Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 3 SGB V, da sie nicht zu den Leistungen gehört, die in § 4 Abs. 2 AsylbLG aufgeführt sind, der nach der Gesetzesbegründung als Regelungsvorbild dieser Bestimmung anzusehen ist. Dies bedeutet umgekehrt, dass der Anspruch auf Haushaltshilfe zu den Leistungen gehört, die bei abgemahntem Beitragsrückstand nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 SGB V in Verbindung mit Satz 1 dieser Vorschrift ruhen. Die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft umfassen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den §§ 24c Nr. 6, 24i SGB V grundsätzlich auch Mutterschaftsgeld, das gemäß § 24i Abs. 1 SGB V weibliche Mitglieder erhalten, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Kranken- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 12 geld haben oder denen wegen der Schutzfristen nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes kein Arbeitsentgelt gezahlt wird. Ebenso wie die Haushaltshilfe zählt jedoch auch das Kranken- und Mutterschaftsgeld nicht zu den in § 4 Abs. 2 AsylbLG aufgeführten Leistungen, sodass auch diese Leistungsansprüche nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 3 SGB V fallen und dementsprechend von der Ruhensanordnung nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V erfasst werden. In der sozialrechtlichen Literatur wird zum Teil die Auffassung vertreten, eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit für die in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 und 3 SGB V vorgesehenen Ausnahmen im Falle akuter Erkrankungen, Schmerzzustände, Schwangerschaft oder Mutterschaft bestehe nicht. Zu bedenken sei, dass die Neuregelung des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V durch Art. 1 Nr. 9a des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26. März 2007 mit Wirkung zum 1. April 2007 gegenüber dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtszustand eine Verbesserung darstelle, da nach Ausschluss der Versicherten wegen Beitragsrückständen gemäß § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V alter Fassung nach alter Rechtslage überhaupt kein Versicherungsschutz mehr bestanden habe, ohne dass hiergegen verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden seien. Es könne keine staatliche Pflicht konstruiert werden, nicht sozialhilfebedürftigen Personen einen kostenfreien Krankenversicherungsschutz zulasten der Solidargemeinschaft zu verschaffen, wenn diesen die Beitragszahlung nach den sonstigen Regelungen zumutbar sei. Denjenigen, die zur Beitragsleistung finanziell nicht imstande seien, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wohl sogar ein darüber hinausgehender umfassender Krankenversicherungsschutz zu leisten. Ansonsten habe es der Versicherte in der Hand, den Versicherungsschutz durch entsprechende Beitragszahlung wieder zu aktivieren. Verlange er eine Leistung, ohne seine Gegenleistung zu erbringen, verhalte er sich widersprüchlich und treuwidrig. Diese Bedenken legten eine enge Auslegung der in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 SGB V geregelten Ausnahmetatbestände nahe, was aber angesichts des Wortlautes nur bei Vorsorgeleistungen nach den §§ 25 und 26 SGB V und schmerzfreien Bagatellerkrankungen zum Tragen kommen könne. Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass den Versicherungspflichtigen und -berechtigten nach den §§ 5 und 9 SGB V, die mit ihren Beiträgen in Rückstand geraten sind, trotz grundsätzlichen Ruhens ihrer Leistungsansprüche aufgrund der Ausnahmetatbestände nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 1 bis 3 SGB V ein erheblicher Teil ihres medizinischen Versorgungsanspruchs erhalten bleibt, der über eine reine „Notversorgung“ deutlich hinausgeht. Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der „Leistungsausschluss“ als Folge der Ruhensanordnung nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V in Verbindung mit Satz 1 dieser Vorschrift damit deutlich weniger weit reicht, als es auf den ersten Blick erscheinen mag, bleiben säumigen Beitragszahlern von den in § 11 SGB V aufgeführten Leistungsansprüchen allerdings nicht alle Ansprüche erhalten. Von den in der Einweisungsvorschrift des § 11 SGB V aufgeführten Leistungsarten umfasst der „Anspruchsausschluss“ nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V zum einen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 20 bis 24b SGB V. Vom Ruhen erfasst ist deshalb zunächst der Anspruch Versicherter nach § 20d SGB V auf Leistungen für Schutzimpfungen im Sinne des § 2 Nr. 9 des Infektionsschutzgesetzes. Schutzimpfung ist nach dieser Bestimmung die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 13 Krankheit zu schützen. Mit der Übernahme von Schutzimpfungen in den Pflichtleistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung durch Art. 1 Nr. 12 des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26. März 2007 mit Wirkung vom 1. April 2007 verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, den Geimpften vor Infektionskrankheiten und deren Folgen zu schützen, den Ausbruch und die Weiterverbreitung von Epidemien durch einen Kollektivschutz zu verhindern und Kosteneinsparungen zu realisieren, da Impfungen zu den kosteneffektivsten Präventionsmaßnahmen gehören. Von der Ruhensanordnung nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V erfasst ist auch der Anspruch auf Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen (Individualprophylaxe) nach § 22 SGB V. Die Bestimmung des § 22 SGB V regelt den Anspruch von Kindern und Jugendlichen zwischen dem sechsten und achtzehnten Lebensjahr auf zahnärztliche Leistungen der individuellen Prophylaxe. Die Vorschrift ist als Ergänzung zur Gruppenprophylaxe nach § 21 SGB V zu verstehen und dient – nachdem sich die mit dem Zweiten Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 23. Juni 1997 eingeführten individualprophylaktischen Leistungen für Erwachsene als nicht zielgerichtet und ineffizient erwiesen hatten und deshalb durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 wieder aus dem Leistungskatalog herausgenommen wurden – nunmehr ausschließlich noch der vorbeugenden Jugendzahnpflege bis zum achtzehnten Lebensjahr. Aus Gründen der Kontinuität der zahnmedizinischen Versorgung soll sich von der Vollendung des sechsten Lebensjahres an eine gezielte Individualprophylaxe an die Gruppenprophylaxe anschließen. Ziel der Norm ist es, durch Früherkennung und primäre Prävention (§ 22 Abs. 1 und 2 SGB V) sowie sekundäre Prävention (§ 22 Abs. 3 SGB V) Zahnerkrankungen zu vermeiden. Vom Ruhen erfasst sind auch medizinische Vorsorgeleistungen im Sinne des § 23 SGB V. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung haben Versicherte Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind, um eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen , einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken, Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. Von der Ruhensanordnung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V erfasst sind außerdem medizinische Vorsorgeleistungen für Mütter und Väter nach § 24 SGB V. Zu den vom Ruhen erfassten Leistungsansprüchen gehören auch die in § 24a SGB V geregelten Ansprüche auf Leistungen zur Empfängnisverhütung. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf ärztliche Beratung über Fragen der Empfängnisregelung, zu der gemäß Abs. 1 Satz 2 SGB V auch die erforderliche Untersuchung und die Verordnung von empfängnisregelnden Mitteln gehören. Versicherte bis zum vollendeten 20. Lebensjahr haben nach § 24 Abs. 2 SGB V darüber hinaus Anspruch auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln, soweit sie ärztlich verordnet werden. Vom Ruhen erfasst sind außerdem Leistungsansprüche bei Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation nach § 24b SGB V. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Norm haben Versicherte Anspruch auf Leistungen bei einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation und bei einem nicht rechtswidrigen Abbruch der Schwangerschaft durch einen Arzt. Im Falle eines unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 des Strafgesetzbuches vorgenommenen sonstigen straffreien Abbruchs der Schwangerschaft ist der Anspruch dagegen auf die Leistungen beschränkt, die den in § 24b Abs. 3 SGB V genannten Zwecken dienen. Versicherte haben in diesem Fall Anspruch auf ärztliche Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 14 Beratung und Behandlung, die Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitten sowie auf Krankenhausbehandlung , falls und soweit die Maßnahmen dazu dienen, die Gesundheit des Ungeborenen zu schützen, falls es nicht zum Abbruch kommt, die Gesundheit der Kinder aus weiteren Schwangerschaften zu schützen oder die Gesundheit der Mutter zu schützen, insbesondere zu erwartenden Komplikationen aus dem Abbruch der Schwangerschaft vorzubeugen oder eingetretene Komplikationen zu beseitigen. Zu den von der Ruhensanordnung des § 16 Abs. 3a Satz 1 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V erfassten Leistungsansprüchen gehören schließlich auch Ansprüche auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen , ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 11 Abs. 2 Satz 1 SGB V in Verbindung mit den §§ 40 – 43 SGB V). Unter welchen Voraussetzungen das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen für Mitglieder nach den Vorschriften des SGB V endet, ist in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 und Satz 3 SGB V geregelt . Das Ruhen endet nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 1 SGB V zum einen dann, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind. Insoweit handelt es sich inhaltlich um die Wiederherstellung des Rechtszustandes, der vor dem Eintritt des Ruhens bestanden hat, so dass Versicherte nach den §§ 5 und 9 SGB V unter diesen Voraussetzungen wieder einen realisierbaren Anspruch auf Leistungen nach den in § 11 Abs. 1 SGB V genannten Vorschriften haben. Das Ruhen wird nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 2 SGB V ferner beendet, wenn die betroffenen Versicherten „hilfebedürftig“ im Sinne des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) oder Zwölftes Buch (SGB XII) werden. Nach der Gesetzesbegründung soll hierdurch dieser besonderen Situation Rechnung getragen und ein dauerhaftes Ruhen der Leistungen vermieden werden. Aufgrund der Schutzfunktion der Vorschrift ist dabei nicht entscheidend, ob Leistungen gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB II oder § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII tatsächlich auch beantragt wurden , sondern nur ob in der Sache Hilfebedürftigkeit vorliegt. Die Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II als Voraussetzung für das Ende des Ruhens nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 2 SGB V bestimmt sich nach § 9 SGB II. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Was der Gesetzgeber unter Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII verstanden wissen wollte, ist demgegenüber nicht ohne weiteres erkennbar, da die Einkommens- und Vermögensberücksichtigung im SGB XII erheblich danach differiert, welche Sozialhilfeleistung beansprucht wird. Insbesondere der Vergleich mit dem SGB II spricht dafür, im Rahmen des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Fall 2 SGB V denjenigen als „hilfebedürftig im Sinne des SGB XII“ anzusehen, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht mehr selber bestreiten kann und deswegen, je nach persönlichem Anwendungsbereich, entweder nach § 27 SGB XII oder nach § 41 SGB XII leistungsberechtigt ist. Durch Art. 15 Nr. 01 Buchstabe b des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 wurde mit der Regelung in Satz 3 des § 16 Abs. 3a SGB V – über die bis dahin im Gesetz vorgesehenen Fälle der vollständigen Begleichung der Beitragsschuld Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 15 bzw. des Eintretens von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II oder SGB XII hinaus – ein weiterer Tatbestand für das Ende des Ruhens eingefügt. Nach der Vorschrift des § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V endet das Ruhen der Leistungen auch dann, wenn zwischen dem Mitglied und der zuständigen Krankenkasse eine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung zur Zahlung der Beitragsrückstände geschlossen wurde, und zwar ab dem Zeitpunkt des Zustandekommens dieses Vertrages. Dies gilt allerdings nur für den Zeitraum, in dem die Raten vertragsgemäß entrichtet werden. Mit dieser Regelung sollte nach der Gesetzesbegründung ein zusätzlicher Anreiz für Beitragsschuldner geschaffen werden, besondere Anstrengungen zur Tilgung angefallener Beitragsrückstände zu unternehmen ; dies kommt auch der Versichertengemeinschaft zu Gute. Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei Versicherten nach dem KSVG Für die nach dem KSVG Versicherten, d. h. die selbständigen Künstler und Publizisten, ist die Künstlersozialkasse nach § 251 Abs. 3 Satz 1 SGB V gegenüber den Krankenkassen Beitragsschuldnerin und damit zur Zahlung der Beiträge auch dann verpflichtet, wenn die Versicherten ihre Beitragsanteile nicht gezahlt haben. Um das „unbillige Ergebnis“ zu vermeiden, dass Versicherte ohne Beitragszahlungen zu leisten über einen längeren Zeitraum hinweg Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung beanspruchen können, hat die Künstlersozialkasse sie nach Maßgabe von § 16 Abs. 2 Satz 1 und 3 KSVG zunächst zu mahnen und bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 2 KSVG das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen durch Bescheid festzustellen. Hat die Künstlersozialkasse nach § 16 Abs. 2 Satz 2 KSVG das Ruhen der Leistungen festgestellt, entfällt gemäß § 251 Abs. 3 Satz 2 SGB V für die Zeit des Ruhens ihre Pflicht zur Entrichtung des Beitrags gegenüber den Krankenkassen und ruht nach § 16 Absatz 3a Satz 1 SGB V die Leistungspflicht der Krankenkassen gegenüber den Versicherten. Mit dem Eintreten des Ruhens der Leistungen bei Zahlungsverzug wird auch für die Versicherten nach dem KSVG das Prinzip der Pflichtversicherung aufrechterhalten und ihnen die Möglichkeit gegeben, durch Zahlung aller rückständigen Beitragsanteile den Versicherungsschutz in vollem Umfang unmittelbar wieder aufleben zu lassen. Die in den §§ 16 Absatz 2 KSVG, 16 Absatz 3a Satz 1 SGB V getroffene Regelung enthält – ebenso wie bei den sonstigen Mitgliedern nach dem SGB V – auf der Ebene des Leistungsrechts mit dem Eintreten des Ruhens der Leistungsansprüche bei Zahlungsverzug mithin eine Sanktion für die Nichtzahlung von Beiträgen, mit der auch säumige Künstler und Publizisten dazu angehalten werden sollen, alsbald ihre Beitragsanteile zu entrichten. Diese Folge soll die Versicherten neben dem nach den §§ 24 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), 18 KSVG geschuldeten Säumniszuschlag treffen. Die Vorschrift des § 16 Absatz 3a Satz 1 SGB V sieht vor, dass der Anspruch auf Leistungen für nach dem KSVG Versicherte, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen, nach näherer Bestimmung des § 16 Absatz 2 KVSG ruht. Ist der Versicherte mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn die Künstlersozialkasse gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 KSVG zunächst zu mahnen . Er erhält durch diese Mahnung die Gelegenheit, den Zahlungsrückstand innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Mahnung auf den Betrag eines Beitragsanteiles für einen Monat zu reduzieren . Geschieht dies nicht, so erlässt die Künstlersozialkasse einen Bescheid, in dem sie das Ruhen der Leistungen feststellt und den sie dem Versicherten zustellt (§ 16 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 KSVG). Das Ruhen der Leistungen tritt gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 KSVG drei Tage nach Zugang dieses Bescheides beim Versicherten ein, wenn die Mahnung bereits einen Hinweis auf diese Rechtsfolge enthielt (§ 16 Abs. 2 Satz 3 KVSG). Die Pflicht zur Beitragszahlung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 16 bleibt während der Zeit des Ruhens bestehen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Ruhensbescheid der Künstlersozialkasse haben – ebenso wie bei den Versicherungspflichtigen und -berechtigten nach den §§ 5 und 9 SGB V – gemäß § 16 Abs. 2 Satz 4 KSVG keine aufschiebende Wirkung. Persönlich bezieht sich das Ruhen der Leistungsansprüche nach § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V nur auf die „nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz“ Versicherten, also selbständige Künstler und Publizisten, die ihre Beitragspflichten verletzt haben, nicht aber – ebenso wie bei den sonstigen Mitgliedern nach dem SGB V – auf die nach § 10 SGB V mitversicherten Familienangehörigen . Bei den nach § 10 SGB V mitversicherten Familienangehörigen ruht der Anspruch auf Leistungen deshalb nur, wenn sie selbst den Ruhenstatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V erfüllen . Dies ergibt sich auch hier aus dem Wortlaut der Norm und dem allgemeinen Grundsatz, dass die Ruhenswirkung nach den Absätzen 1 bis 3a des § 16 SGB V jeweils nur bei dem Versicherten eintritt, der in seiner Person die tatbestandsmäßigen Ruhensvoraussetzungen erfüllt. Die Ruhenswirkung ist deshalb insbesondere für Stamm- und Familienversicherte unabhängig voneinander zu beurteilen. Dies kam früher in mehreren Bestimmungen der RVO alter Fassung deutlich zum Ausdruck, unterliegt aber auch nach der geltenden Rechtslage und der Entstehungsgeschichte des § 16 SGB V keinem grundsätzlichen Zweifel. Hat die Künstlersozialkasse nach § 16 Abs. 2 Satz 2 KSVG das Ruhen der Leistungen festgestellt, ruht – als gesetzlich angeordnete Rechtsfolge dieser Entscheidung – gemäß § 16a Abs. 3a Satz 1 SGB V der Anspruch auf Leistungen für die nach dem KSVG Versicherten. Im Unterschied zu den Ansprüchen der sonstigen Mitglieder nach dem SGB V bezieht sich das Ruhen von Leistungen aufgrund von Beitragsrückständen bei selbständigen Künstlern und Publizisten nach dem Gesetzeswortlaut des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V und der gesamten Systematik des § 16 Abs. 3a SGB V allerdings auf sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Leistungsansprüche. Eine Differenzierung , etwa zwischen den verschiedenen Leistungsgruppen oder einzelnen Sach- und Geldleistungen , sieht das Gesetz weder unmittelbar vor noch lässt es diese durch eine Entscheidung der Künstlersozialkasse zu. Eine sachliche Rechtfertigung für diese unterschiedliche Handhabung innerhalb der Gruppe der gesetzlich Krankenversicherten ist den Gesetzesmaterialien zu den verschiedenen Gesetzgebungsverfahren , an deren Ende der Absatz 3a des § 16 SGB V seine jetzt gültige Gestalt erhielt, nicht zu entnehmen und ist nach der im sozialrechtlichen Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Auffassung auch vor dem Hintergrund des ursprünglichen Beweggrundes des Gesetzgebers zur Einführung einer Ruhensregelung bei Beitragsrückständen in der Künstlersozialversicherung nicht zu erkennen. Vieles spreche – so wird in der Literatur argumentiert – dafür, dass der Gesetzgeber insoweit nur seiner eigenen Verweisungstechnik unterlegen sei und deshalb Raum für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke und damit für eine Analogie bestehe. Wegen der Gleichheit von Normzweck und Interessenlage und der vor dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG anderenfalls kaum zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der selbständigen Künstler und Publizisten gegenüber den nach §§ 5 und 9 SGB V Versicherten, wird in Teilen der sozialrechtlichen Literatur deshalb eine analoge Anwendung des § 16 Absatz 3a Satz 2 SGB V auf den Personenkreis der nach dem KSVG Versicherten befürwortet. Eine verfassungskonforme Auslegung der Ruhensregelung des § 16 Absatz 3a Satz 1 SGB V sei – so wird in der Literatur geltend gemacht – darüber hinaus auch vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verankerten Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit geboten. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 17 Eine analoge, den verfassungsrechtlichen Vorgaben in Art. 3 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Rechnung tragende Anwendung des § 16 Absatz 3a Satz 2 SGB V auf den Personenkreis der nach dem KSVG Versicherten hätte zur Konsequenz, dass auch bei selbständigen Künstlern und Publizisten Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind, vom Ruhen ausgenommen wären. Das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen für nach dem KSVG Versicherte endet gemäß § 16 Abs. 2 Satz 5 KSVG kraft Gesetzes, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile nach § 16 Abs. 1 KSVG sowie nach § 16a Abs. 1 KSVG gezahlt sind. Die Einbeziehung der Krankenversicherungs-Beitragsanteile für die Ruhenszeit steht im Zusammenhang mit der in § 251 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V getroffenen Ausnahmeregelung, der zufolge die Künstlersozialkasse der Krankenkasse die Beiträge auch für diese Zeit schuldet, wenn das Ruhen der Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 5 KSVG endet. Mit der Beendigung der Ruhenswirkung nach § 16 Abs. 2 Satz 5 KSVG leben die Leistungsansprüche der selbständigen Künstler und Publizisten wieder auf, allerdings nur für die Zukunft. Kostenerstattungsansprüche gemäß § 13 SGB V für selbst beschaffte Sachleistungen während der Ruhenszeit sind deshalb ausgeschlossen. Nach § 16 Abs. 2 Satz 6 KSVG „kann“ die Künstlersozialkasse bei Vereinbarung von Ratenzahlungen mit dem Versicherten das Ruhen vorzeitig für beendet erklären. Der Ausdruck „vorzeitig “ bezieht sich auf die in § 16 Abs. 2 Satz 5 KVSG gesetzlich angeordnete Rechtsfolge und weist der Künstlersozialkasse die in ihrem Ermessen stehende Befugnis zu, das Ende des Ruhens zu einem früheren Zeitpunkt festzulegen, als dies nach dieser Bestimmung vorgesehen ist. Voraussetzung hierfür ist eine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung. Die Position der Versicherten nach dem KSVG ist in dieser Situation deutlich schwächer ausgestaltet als für sonstige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V, die nach Einfügung der Regelung des § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V durch Art. 15 des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 ab dem Zeitpunkt des Zustandekommens einer wirksamen Ratenzahlungsvereinbarung ohne weiteres wieder Anspruch auf Leistungen haben, solange die Raten vertragsgemäß entrichtet werden. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung ist nicht ersichtlich. Dies wird die Künstlersozialkasse bei der Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens zu berücksichtigen haben. Vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung des Krankenversicherungsschutzes wird für den Fall, dass eine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung vorliegt, regelmäßig nur eine Entscheidung der Künstlersozialkasse rechtmäßig sein, die das Ruhen für beendet erklärt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 18 1. Einleitung 1.1. Die Ruhensvorschrift des § 16 Abs. 3a SGB V im Überblick Nach der Bestimmung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 in Verbindung mit Satz 1 SGB V1 ruht der Anspruch auf Leistungen für gemäß §§ 5 und 9 SGB V versicherungspflichtige und freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung der Krankenkasse nicht zahlen. Das Ruhen von Leistungen bedeutet, dass ein dem Grunde nach bestehender Leistungsanspruch wegen eines Leistungshindernisses nicht zu verwirklichen ist, insbesondere der Leistungsberechtigte die Leistung nicht beanspruchen kann. Einzelleistungen, insbesondere Sachleistungen im engeren Sinne, werden nicht erbracht, solange der Ruhenstatbestand gegeben ist2. Ausgenommen von dieser Ruhensanordnung sind nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 SGB V Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 SGB V endet das Ruhen, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind oder wenn Versicherte hilfebedürftig im Sinne des SGB II3 oder SGB XII4 werden (§ 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 SGB V). Ist eine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung zustande gekommen, hat das Mitglied nach § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V ab diesem Zeitpunkt wieder Anspruch auf Leistungen, solange die Raten vertragsgemäß entrichtet werden. Der Anspruch auf Leistungen ruht nach § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V in Verbindung mit § 16 Abs. 2 Künstlersozialversicherungsgesetz (KVSG)5 auch für die nach dem KSVG versicherten selbständigen Künstler und Publizisten, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung der Künstlersozialkasse nicht zahlen. Im Unterschied zu den Ansprüchen der Versicherungspflichtigen und -berechtigten nach den §§ 5 und 9 SGB V bezieht sich das Ruhen von Leistungen aufgrund von Beitragsrückständen bei selbständigen Künstlern und Publizisten nach dem Gesetzeswortlaut des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V und der ge- 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung – Art. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 15. April 2015 (BGBl. I S. 583). 2 Bundessozialgericht, NZS 1993, 544; Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB V, § 16 Rn. 4; Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 1; Blöcher, in: jurisPK-SGBV, § 16 Rn. 12; Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 1. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (Art. 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954), in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), zuletzt geändert durch Art. 1a Gesetzes vom 15. April 2015 (BGBl. I S. 583). 4 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) – Sozialhilfe – (Art. 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022, 3023), zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1133). 5 Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz – KSVG) vom 27. Juli 1981 (BGBl. I 705), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 30. Juli 2014 (BGBl. I S. 1311). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 19 samten Systematik des § 16 Abs. 3a SGB V allerdings auf sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Leistungsansprüche6. Eine Differenzierung, etwa zwischen verschiedenen Leistungsgruppen oder einzelnen Sach- und Geldleistungen, sieht das Gesetz in diesen Fällen weder unmittelbar vor noch lässt es diese durch eine Entscheidung der Künstlersozialkasse zu7. Das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen für nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherte endet gemäß § 16 Abs. 2 Satz 5 KSVG kraft Gesetzes, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile nach § 16 Abs. 1 KSVG sowie nach § 16a Abs. 1 KSVG gezahlt sind. Bei Vereinbarung von Ratenzahlungen kann die Künstlersozialkasse das Ruhen vorzeitig für beendet erklären (§ 16 Abs. 2 Satz 6 KSVG). 1.2. Normzweck der Ruhensregelungen in § 16 Abs. 3a Satz 1 und Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V Mit den in § 16 Abs. 3a Satz 1 und Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V getroffenen Regelungen hat der Gesetzgeber im Interesse der Versichertengemeinschaft das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen wegen der Nichtzahlung von Beiträgen angeordnet, weil Leistungen grundsätzlich nur derjenige erhalten soll, der die von ihm zu zahlenden Beiträge entrichtet8. Die Bestimmungen enthalten auf der Ebene des Leistungsrechts mit dem Eintreten des Ruhens der Leistungsansprüche bei Zahlungsverzug eine Sanktion für die Nichtzahlung von Beiträgen, mit der säumige Beitragsschuldner dazu angehalten werden sollen, durch Zahlung aller rückständigen Beitragsanteile den Versicherungsschutz in vollem Umfang unmittelbar wieder aufleben zu lassen9. Über die Erhebung von Säumniszuschlägen hinaus soll die Nichtzahlung von Beiträgen für den Versicherten im Interesse der Versichertengemeinschaft „spürbare Konsequenzen“ in Form des Ruhens von Leistungsansprüchen haben10. Grundsätzlich stehen Beiträge und Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung zwar lediglich in einem allgemeinen Gegenseitigkeitsverhältnis (Globaläquivalenz), nicht aber in einer rechtlich-synallagmatischen Beziehung im engeren Sinne 6 Blöcher, in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 52; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 62a; Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn. 22; Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 12; Kingreen, in Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 17; Harich, in: BeckOk, SGB V, § 16 Rn. 20 und 24. 7 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 62a. 8 Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn. 2. 9 Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 1; Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn. 20; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 3 und 60c unter Bezugnahme auf die Begründung des Regierungsentwurfs eines KSVG-Änderungsgesetzes, der diese später in §§ 16 Abs. 2 KSGG, 16 Abs. 3a SGB V übernommene Regelung (vgl. die Beschlussempfehlung des-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, in: BT-Drs. 11/3609 zu Art. 1 § 16 Abs. 2 KSVG, S. 12 und Art. 2 Nr. 1 § 16 Abs. 3a SGBV, S. 19 ) in einem § 216a RVO vorgesehen hatte (vgl. BT-Drs. 11/2964 zu Art. 2 Nr. 3, S. 10 und 20 f) und die Begründung des Regierungsentwurfs eines 6. SGG-Änderungsgesetzes, in: BT-Drs. 14/5943 zu Art. 13, S. 32. 10 So die Begründung im Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD – BT-Drs. 16/3100 – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG), in: BT-Drs. 16/4247 S. 31 zu Art. 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 20 einer individuellen Proportionalität zwischen Beitrag und konkreter Versicherungs-, insbesondere Sachleistung. Sozialpolitisch bestehen aber gegen die Einrichtung derartiger Konsequenzen zur Aufrechterhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Leistungsträger und damit zugleich zum Schutz der Solidargemeinschaft keine Bedenken11. 1.3. Rechtshistorische Entwicklung und Systematik des § 16 Abs. 3a SGB V Die Ruhensregelung des § 16 Abs. 3a SGB V wird in einem Teil der sozialrechtlichen Literatur12 aufgrund ihrer rechtshistorischen Entwicklung und Systematik als weitgehend „missglückt“ bzw. „verunglückt“ angesehen. In ihrer ursprünglichen Fassung, die auf Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes vom 20. Dezember 198813 mit Wirkung vom 31. Dezember 198814 zurückgeht, bestand die Vorschrift – in Gestalt des heutigen Satzes 1 des § 16 Absatz 3a SGB V – nur aus einem einzigen Satz, der im Zusammenhang mit § 16 Abs. 2 KSVG nur das Ruhen wegen Beitragsrückstandes bei den in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten selbständigen Künstlern und Publizisten regelte. Durch Art. 1 Nr. 9a des GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) vom 26. März 200715 wurde zum 1. April 200716 mit dem Satz 2 des § 16 Abs. 3a SGB V sodann eine Ruhensregelung bei Beitragsrückständen für alle übrigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung angefügt, so dass sich die Ruhensregelung für nach dem KSVG Versicherte nunmehr in Satz 1 des § 16 Abs. 3a SGB V findet. Die Vorschrift des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V verweist trotz ihrer weitaus größeren praktischen Bedeutung auf die Spezialregelung des Satzes 1 des § 16 Abs. 3a SGB V und damit auch auf die Bestimmungen des § 16 Abs. 2 KSVG, auf die die Regelung des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V ihrerseits Bezug nimmt17. Dabei enthält die Vorschrift des § 16 Abs. 2 KSVG nicht nur verfahrensrechtliche Regelungen zur Mahnung und zum Eintritt des Ruhens, sondern in ihrem Satz 6 auch eine Regelung zu der Möglichkeit, bei Vereinbarung von Ratenzahlungen mit dem Versicherten das Ruhen der Leistungsansprüche vorzeitig für beendet zu erklären18. Gleichwohl hat der Gesetzgeber mit der Einfügung der Bestimmung des Satzes 3 des § 16 Abs. 3a SGB V durch Art. 15 Nr. 01 Buchstabe b des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 11 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 60c. 12 Vgl. etwa Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 20; vgl. auch Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 60. 13 BGBl. I S. 2606, 2612. 14 Vgl. Art. 6 des Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes vom 20. Dezember 1988. 15 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378. 16 Vgl. Art. 46 Abs. 1 GKV-WSG. 17 Zu dieser sog. Kettenverweisung und ihrer Bedeutung für die Voraussetzungen und die Feststellung des Ruhens durch Bescheid der Krankenkasse bei Versicherten nach den §§ 5 und 9 SGB V vgl. näher unten zu Gliederungspunkt 3.3. 18 Vgl. hierzu näher unten zu Gliederungspunkt 2.5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 21 200919 mit Wirkung vom 23. Juli 200920 noch einmal eine gesonderte Regelung zur Ratenzahlungsvereinbarung aufgenommen, ohne sich mit dem bisherigen Regelungsgefüge auseinanderzusetzen 21. Die Position der Versicherten nach dem KSVG ist in dieser Situation gemäß § 16 Abs. 2 Satz 6 KSVG deutlich schwächer ausgestaltet als für sonstige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V, da diese nach der Regelung des § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V ab dem Zeitpunkt des Zustandekommens einer wirksamen Ratenzahlungsvereinbarung ohne weiteres wieder Anspruch auf Leistungen haben, solange die Raten vertragsgemäß entrichtet werden, während die Künstlersozialkasse bei den nach dem KSVG versicherten selbständigen Künstlern und Publizisten im Falle einer Vereinbarung von Ratenzahlungen das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen lediglich vorzeitig für beendet erklären „kann“. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung ist nicht ersichtlich22. Dies sei – so heißt es in der Literatur23 – der bisherige Schlusspunkt der wohl vorhersehbaren Entwicklung gewesen, dass die Ruhensregelung für die „sonstigen Mitglieder“ in § 16 Abs. 3a Satz 2 und 3 SGB V aufgrund ihrer ungleich größeren praktischen Bedeutung eine gesetzgeberische Eigendynamik entwickelt habe, die mit der bisherigen Verweisungstechnik kollidiere. So bleibe unter anderem unklar, warum nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V und der gesamten Systematik des § 16 Abs. 3a SGB V bei säumigen Künstlern und Publizisten im Unterschied zu den Ansprüchen der Versicherten nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V auch Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 24 und 26 SGB V und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind, ausgeschlossen seien. Hinweise in den Gesetzesbegründungen ergäben sich hierzu nicht, so dass diese Konflikte im Einzelfall nur über eine verfassungskonforme Auslegung gelöst werden könnten24. 1.4. Gang der nachfolgenden Darstellung Die Ruhensvorschrift des § 16 Abs. 3a SGB V wirft aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte und unklaren Gesamtsystematik sowie insbesondere auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten eine ganze Reihe von – bislang noch nicht abschließend geklärten – Rechts- und Anwendungsfragen auf, die von den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der sozialrechtlichen Literatur zum Teil unterschiedlich beantwortet werden. Dies gilt vor allem – aber nicht nur – für die Reichweite der in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 1 bis 3 SGB V geregelten Ausnahmetatbestände , nach denen den Versicherungspflichtigen und -berechtigten nach den §§ 5 und 9 19 BGBl. I S. 1990, 2013. 20 Vgl. Art. 19 Abs. 1 des Gesetzes. 21 Harich, in: Beck OK, SGB V, § 16 Rn. 20; zur Ratenzahlungsvereinbarung nach § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V als Tatbestand für das Ende des Ruhens vgl. näher unten zu Gliederungspunkt 3.5.3. 22 Harich, in: BeckOk, SGB V, § 16 Rn. 23; vgl. zu dieser Problematik näher unten zu Gliederungspunkt 2.5. 23 Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 20. 24 Harich, in. BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 20; zu dieser Problematik und zur Frage einer verfassungskonformen Auslegung des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB vgl. näher unten zu Gliederungspunkt 2.4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 22 SGB V im Falle eines abgemahnten Beitragsrückstandes trotz grundsätzlichen Ruhens der Leistungsansprüche ein Teil ihres medizinischen Versorgungsanspruchs erhalten bleibt25 und die Frage, ob diese Ausnahmetatbestände im Wege einer verfassungskonformen Auslegung der Ruhensregelung des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V auf die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten übertragen werden können26. Darüber hinaus stellt sich die Frage, auf welchen Personenkreis sich die Regelungen in § 16 Abs. 3a SGB V beziehen27 und unter welchen Voraussetzungen die Leistungsansprüche der selbständigen Künstler und Publizisten sowie aller übrigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung ruhen28 und gegebenenfalls wieder aufleben29. Da die Ruhensregelung des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V trotz ihrer weitaus größeren praktischen Bedeutung auf die Spezialregelung des Satzes 1 des § 16 Abs. 3a SGB V und damit auch auf die Bestimmungen des § 16 Abs. 2 KSVG verweist30, ist – als zwingende Konsequenz aus der gesetzlichen Systematik und der Entstehungsgeschichte des § 16 Abs. 3a SGB V – zunächst das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei Versicherten nach dem KSVG31 und erst im Anschluss daran das Ruhen der Leistungsansprüche bei Versicherten nach den § 5 und 9 SGB V32 zu erörtern. 2. Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei Versicherten nach dem KSVG 2.1. Regelungssystematik und Normzweck des § 16 Abs. 2 KSVG in Verbindung mit § 251 Abs. 3 SGB V und des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V Für die nach dem KSVG Versicherten, d. h. die selbständigen Künstler und Publizisten33, ist die Künstlersozialkasse34 nach § 251 Abs. 3 Satz 1 SGB V gegenüber den Krankenkassen Beitragsschuldnerin und damit zur Zahlung der Beiträge auch dann verpflichtet, wenn die Versicherten 25 Vgl. hierzu eingehend unten zu Gliederungspunkt 3.4.2. 26 Vgl. hierzu eingehend unten zu Gliederungspunkt 2.4. 27 Vgl.hierzu eingehend unten zu Gliederungspunkt 3.2. 28 Vgl. hierzu unten zu den Gliederungspunkten 2.2. und 3.3. 29 Vgl. hierzu unten zu den Gliederungspunkten 2.5. und 3.5. 30 Vgl. hierzu bereits oben zu Gliederungspunkt 1.3. 31 Vgl. hierzu nachfolgend zu Gliederungspunkt 2. 32 Vgl. hierzu eingehend unten zu Gliederungspunkt 3. 33 Selbständige Künstler und Publizisten werden nach den §§ 1 und 2 KSVG in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert, wenn sie die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben, im Zusammenhang damit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen (Ausnahme: zur Berufsausbildung oder geringfügig) und nicht kraft Gesetzes versicherungsfrei (§§ 3 - 5 KSVG) oder auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit sind (§§ 6 - 7a KVSG). Zu Beginn und Dauer der Versicherungspflicht vgl. § 8 KSVG. 34 Nach § 37 Abs. 1 KSVG führt die Unfallversicherung Bund und Bahn das KSVG im Auftrag des Bundes als Künstlersozialkasse durch. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 23 ihre Beitragsanteile nicht gezahlt haben35. Um das „unbillige Ergebnis“36 zu vermeiden, dass Versicherte ohne Beitragszahlungen zu leisten über einen längeren Zeitraum hinweg Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung beanspruchen können, hat die Künstlersozialkasse sie nach Maßgabe von § 16 Abs. 2 Satz 1 und 3 KSVG zunächst zu mahnen37 und bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Satz 2 KSVG das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen durch Bescheid festzustellen38. Hat die Künstlersozialkasse nach § 16 Abs. 2 Satz 2 KSVG das Ruhen der Leistungen festgestellt, entfällt gemäß § 251 Abs. 3 Satz 2 SGB V für die Zeit des Ruhens ihre Pflicht zur Entrichtung des Beitrags gegenüber den Krankenkassen und ruht nach § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V die Leistungspflicht der Krankenkassen gegenüber den Versicherten 39. Mit dem Eintreten des Ruhens der Leistungen bei Zahlungsverzug wird das Prinzip der Pflichtversicherung aufrechterhalten und dem Versicherten – wie bereits erwähnt – die Möglichkeit gegeben , durch Zahlung aller rückständigen Beitragsanteile den Versicherungsschutz unmittelbar wieder aufleben zu lassen40. Die in den §§ 16 Absatz 2 KSVG, 16 Absatz 3a Satz 1 SGB V getroffene Regelung enthält auf der Ebene des Leistungsrechts mithin eine Sanktion (Ruhen des Anspruchs auf Leistungen) für die Nichtzahlung von Beiträgen, mit der säumige Künstler und Publizisten dazu angehalten werden sollen, alsbald ihre Beitragsanteile zu entrichten41. Diese Folge soll die Versicherten neben dem nach den §§ 24 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)42, 18 KSVG geschuldeten Säumniszuschlag treffen43. 35 Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 16 SGB V Rn. 23; Kingreen, in: Becker /Kingreen, SGB V, Rn. 15. 36 Vgl. BT-Drs 11/2964, S. 20. 37 Vgl. hierzu näher unten zu Gliederungspunkt 2.2. 38 Vgl. hierzu näher unten zu Gliederungspunkt 2.2. 39 Vgl. hierzu näher unten zu Gliederungspunkt 2.4. 40 So die Begründung des Regierungsentwurfs eines KSVG-Änderungsgesetzes, der die später in §§ 16 Abs. 2 KSVG, 16 Abs. 3a SGB V übernommene Regelung (Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung - BT-Drs. 11/3609 – Art. 1 § 16 Abs. 2 KSVG, S. 12 und Art 2. Nr. 1 zu § 16 Abs. 3a SGB V, S. 19) in einem § 216a Reichsversicherungsordnung (RVO) vorgesehen hatte, in: BT-Drs. 11/2964 – Art. 2 Nr. 3, S. 10 und 20 f. 41 So die Begründung des Regierungsentwurfs eines 6. SGG-Änderungsgesetzes, in: BT-Drs. 14/5943 zu Art. 13, S. 32); Noftz, in: Hauck/Noftz, § 16 SGB V Rn. 3 und Rn. 60c; Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht , § 16 SGB V Rn. 20. 42 Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (Art. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710,3973; 2011 I S. 363), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2462). 43 Noftz, in: Hauck/Noftz, § 16 SGB V Rn. 60c. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 24 2.2. Ruhensvoraussetzungen und Feststellung des Ruhens durch Bescheid der Künstlersozialkasse Die Vorschrift des § 16 Absatz 3a Satz 1 SGB V sieht vor, dass der Anspruch auf Leistungen für nach dem KSVG Versicherte, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen, nach näherer Bestimmung des § 16 Absatz 2 KVSG ruht. Ist der Versicherte mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn die Künstlersozialkasse gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 KSVG zunächst zu mahnen . Er erhält durch diese Mahnung die Gelegenheit, den Zahlungsrückstand innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Mahnung auf den Betrag eines Beitragsanteiles für einen Monat zu reduzieren . Geschieht dies nicht, so erlässt die Künstlersozialkasse einen Bescheid, in dem sie das Ruhen der Leistungen feststellt und den sie dem Versicherten zustellt (§ 16 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 KSVG). Das Ruhen der Leistungen tritt gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 KSVG drei Tage nach Zugang dieses Bescheides beim Versicherten ein, wenn die Mahnung bereits einen Hinweis auf diese Rechtsfolge enthielt (§ 16 Abs. 2 Satz 3 KVSG). Die Pflicht zur Beitragszahlung bleibt während der Zeit des Ruhens bestehen44. Im Gegensatz zu § 16 Abs. 1 bis 3 SGB V, wonach das Ruhen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kraft Gesetzes eintritt, bedarf die Realisierung der Rechtsfolge nach den §§ 16 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 KVSG, 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V somit der verwaltungsmäßigen Feststellung in der Form eines Verwaltungsaktes, der konstitutiv und nicht nur deklaratorisch ist45. 2.3. Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Ruhensbescheid der Künstlersozialkasse haben nach § 16 Abs. 2 Satz 4 KSVG keine aufschiebende Wirkung, das heißt, sie hindern nicht, aus der Entscheidung rechtliche und tatsächliche Folgerungen zu ziehen46. Hierbei handelt es sich um eine der Vorschrift des § 86a Abs. 2 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)47 entsprechende Ausnahmeregelung von dem in § 86a Abs. 1 SGG enthaltenen Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage auch bei feststellenden Verwaltungsakten. Die in § 16 Abs. 2 Satz 4 KSVG getroffene Regelung ist angemessen, da sie den Zweck der Ruhensfeststellung sichert48, der andernfalls für die – regelmäßig geraume – Zeit des Widerspruchs- und Klageverfahrens wirkungslos wäre49 bzw. von den Versicherten unterlaufen werden könnte50. Die Norm 44 Kruse, in: LPK-SGB V, § 16 Rn. 15. 45 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGBV, § 16 Rn. 62. 46 Vgl. hierzu allgemein Bundessozialgericht (BSG), in: SozR 3 – 1300 § 50 Nr. 20 = NZS 1998, 300 (301) sowie speziell für § 16 Abs. 2 Satz 4 KSVG Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 62d. 47 Sozialgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1975 (BGBl. I S. 2535), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 10. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2187). 48 Zum Normzweck der Ruhensfeststellung vgl. näher oben zu Gliederungspunkt 2.1. 49 Vgl. die Begründung des 6. SGG-Änderungsgesetzes, in: BT-Drs. 14/5943 zu Art 13, S. 32. 50 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 62d. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 25 prolongiert überdies die in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG zum Schutze der Funktionsfähigkeit der Leistungsträger getroffene Regelung, der zufolge die aufschiebende Wirkung unter anderem bei Entscheidungen über Beitragspflichten sowie der Anforderung von Beiträgen entfällt. Eine derartige Situation liegt dem Ruhen wegen Beitragsrückständen zugrunde51. 2.4. Ruhen des Anspruchs auf Leistungen als Rechtsfolge der Entscheidung der Künstlersozialkasse Hat die Künstlersozialkasse nach § 16 Abs. 2 Satz 2 KSVG das Ruhen der Leistungen festgestellt, ruht – als gesetzlich angeordnete Rechtsfolge dieser Entscheidung52 – gemäß § 16a Abs. 3a Satz 1 SGB V der Anspruch auf Leistungen für die nach dem KSVG Versicherten53. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V und der gesamten Systematik des § 16 Abs. 3a SGB V bezieht sich das Ruhen bei Beitragsrückständen sachlich auf sämtliche, d. h. alle gegenwärtigen – auch laufenden – und zukünftigen Leistungsansprüche der selbständigen Künstler und Publizisten – im Unterschied zu den Ansprüchen der Versicherten nach § 16 Absatz 3a Satz 2 SGB V, bei denen Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind, von der Rechtsfolge des Ruhens ausgenommen werden 54. Eine Differenzierung, etwa zwischen den verschiedenen Leistungsgruppen oder einzelnen Sach- und Geldleistungen, sieht das Gesetz – anders als zum Beispiel bei dem Versagen oder Zurückfordern von Leistungen nach § 52 Abs. 1 SGB V55 – weder unmittelbar vor noch lässt es diese durch eine Entscheidung der Künstlersozialkasse zu56. Eine sachliche Rechtfertigung für diese unterschiedliche Handhabung innerhalb der Gruppe der gesetzlich Krankenversicherten ist den Gesetzesmaterialien zu den verschiedenen Gesetzgebungsverfahren , an deren Ende der Absatz 3a des § 16 SGB V seine jetzt gültige Gestalt erhielt57, 51 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 62d. 52 Vgl. Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 62a. 53 Eine weitere Rechtsfolge der Entscheidung der Künstlersozialkasse besteht – wie oben zu Gliederungspunkt 2.1. bereits erwähnt – darin, dass nach § 251 Abs. 3 Satz 2 SGB V für die Zeit des Ruhens ihre Pflicht zur Entrichtung des Beitrags gegenüber den Krankenkassen entfällt, es sei denn, das Ruhen endet nach § 16 Abs. 2 Satz 5 KVSG; vgl. hierzu nachfolgend zu Gliederungspunkt 2.5. 54 Blöcher, in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 52; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 62a; Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn.22; Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 12; Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn.17; Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 20 und 24. Zu den Leistungsansprüchen bei Beitragsrückständen der nach den §§ 5 und 9 SGB V Versicherten vgl. eingehend unten zu Gliederungspunkt 3.4. 55 Nach § 52 Abs. 1 SGB V kann die Krankenkasse Versicherte an den Kosten der Leistungen in angemessener Höhe beteiligen und das Krankengeld ganz oder teilweise für die Dauer einer Krankheit versagen und zurückfordern , wenn sich Versicherte eine Krankheit vorsätzlich oder bei einem von ihnen begangenen Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen zugezogen haben. 56 Noftz, in. Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 62a. 57 Zur Gesetzgebungsgeschichte des § 16 Abs. 3a SGB V vgl. oben zu Gliederungspunkt 1.3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 26 nicht zu entnehmen und ist nach der im sozialrechtlichen Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Auffassung auch vor dem ursprünglichen Beweggrund des Gesetzgebers zur Einführung einer Ruhensregelung bei Beitragsrückständen in der Künstlersozialversicherung58 nicht zu erkennen 59. Vieles spreche – so wird in der Literatur argumentiert – dafür, dass der Gesetzgeber insoweit nur seiner eigenen Verweisungstechnik unterlegen sei60 und deshalb Raum für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke und damit für eine Analogie bestehe61. Wegen der Gleichheit von Normzweck und Interessenlage und der vor dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG62 anderenfalls kaum zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der selbständigen Künstler und Publizisten gegenüber den nach §§ 5 und 9 SGB V Versicherten wird in Teilen der sozialrechtlichen Literatur deshalb eine analoge Anwendung des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V auf den Personenkreis der nach dem KSVG Versicherten befürwortet63. Eine verfassungskonforme Auslegung der Ruhensregelung des § 16 Absatz 3a Satz 1 SGB V sei – so wird in der Literatur geltend gemacht – darüber hinaus auch vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verankerten Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit geboten64. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt65. Eine analoge, den verfassungsrechtlichen Vorgaben in Art. 3 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Rechnung tragende Anwendung des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V auf den Personenkreis der nach dem KSVG Versicherten hätte zur Konsequenz, dass auch bei selbständigen Künstlern und Publizisten Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind, vom Ruhen ausgenommen wären. 58 Zum Normzweck der §§ 16 Abs. 2 KSVG und 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V vgl. eingehend oben zu Gliederungspunkt 2. 1. 59 So etwa Blöcher, in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 52; Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 12; Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 20 und 24. Demgegenüber vertritt Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 60d die Ansicht, bei einem Vergleich der den beiden Systemen angehörenden Versichertengruppen (KSVG: selbständige Künstler und Publizisten; SGB V: im weiteren Sinne abhängig Beschäftigte und Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben, § 5 Abs. 1 Nr. 5 und 13 SGB V) erscheine diese Differenzierung nicht als sachwidrig. 60 Zu dem unklaren Verhältnis zwischen den einzelnen Sätzen des § 16 Abs. 3a SGB V sowie dem hinzutretenden § 16 Abs. 2 KSVG vgl. näher Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 20 und 24; Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 18; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 60. 61 So Harich, in: BeckOk, SGB V, § 16 Rn. 24. 62 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1 veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2438). 63 So insbesondere Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn. 22; Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 17; Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 24. 64 So insbesondere Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 24. 65 Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 27 Persönlich bezieht sich das grundsätzliche Ruhen der Leistungsansprüche nach § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V nur auf die „nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz“ Versicherten, also selbständige Künstler und Publizisten, die ihre Beitragspflichten verletzt haben, nicht aber auf die nach § 10 SGB V mitversicherten Familienangehörigen66. Bei den nach § 10 SGB V mitversicherten Familienangehörigen ruht der Anspruch auf Leistungen deshalb nur, wenn sie selbst den Ruhenstatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V erfüllen67. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm und dem allgemeinen Grundsatz, dass die Ruhenswirkung nach den Absätzen 1 bis 3a des § 16 SGB V jeweils nur bei dem Versicherten eintritt, der in seiner Person die tatbestandsmäßigen Ruhensvoraussetzungen erfüllt68. Die Ruhenswirkung ist deshalb insbesondere für Stamm- und Familienversicherte unabhängig voneinander zu beurteilen69. Dies kam früher in mehreren Bestimmungen der RVO alter Fassung deutlich zum Ausdruck70, unterliegt aber auch nach der geltenden Rechtslage und der Entstehungsgeschichte des § 16 SGB V71 keinem grundsätzlichen Zweifel 72. 2.5. Ende des Ruhens Das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen für nach dem KSVG Versicherte endet gemäß § 16 Abs. 2 Satz 5 KSVG kraft Gesetzes73, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile nach § 16 Abs. 1 KSVG sowie nach § 16a Abs. 1 KSVG74 gezahlt sind. Ein feststellender Bescheid der Künstlersozialkasse kann zur Klarstellung zweckmäßig sein, hat aber 66 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 62c; Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn. 22. 67 Harich, in: BeckOk, SGB V, § 16 Rn. 1. 68 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 17 und 62c; Peters, in: Kasseler Kommentarsozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn. 22 und 24; Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB V, § 16 Rn. 5. 69 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 17. 70 Vgl. die §§ 209a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2, 216 Abs. 3, 313 Abs. 4 Satz 2 RVO a. F. und hierzu näher Noftz, in: Hauck/Notz, SGB V, § 16 Rn. 11 – 13. 71 Vgl. BT-Drs. 11/2237 zu Art. 1 § 16 Abs. 1 Nr. 1, S. 165. 72 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 17; Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung , SGB V, § 16 Rn. 5. 73 Vgl. die Gesetzesbegründung in: BT-Drs. 11/2964, S. 21 noch zu § 216a RVO sowie Waltermann, in: Kreikebohm /Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 12 und Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, Rn. 63. 74 Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 KVSG haben Versicherte an die Künstlersozialkasse als Beitragsanteil zur sozialen Pflegeversicherung für den Kalendermonat die Hälfte des sich aus § 55 Abs. 1 und 2 und § 57 Abs. 1 SGB XI ergebenden Beitrags zu zahlen. Der Beitragsanteil erhöht sich um den Beitragszuschlag, der sich aus § 55 Abs. 3 SGB XI ergibt (§ 16a Abs. 1 Satz 2 KSVG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 28 lediglich deklaratorische Wirkung75. Die Einbeziehung der Krankenversicherungs-Beitragsanteile für die Ruhenszeit steht im Zusammenhang mit der in § 251 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V getroffenen Ausnahmeregelung, der zufolge die Künstlersozialkasse der Krankenkasse die Beiträge auch für diese Zeit schuldet, wenn das Ruhen der Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 5 KSVG endet 76. Die Erstreckung auf die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung77 erhöht den Druck zur Nachentrichtung auf die Versicherten, erscheint allerdings nicht unproblematisch, da sie zu einer Verquickung von Leistungs- und Beitragsrecht aus unterschiedlichen Versicherungssystemen führt78. Mit der Beendigung der Ruhenswirkung nach § 16 Abs. 2 Satz 5 KSVG leben die Leistungsansprüche der selbständigen Künstler und Publizisten wieder auf79, allerdings nur für die Zukunft 80. Kostenerstattungsansprüche gemäß § 13 SGB V für selbst beschaffte Sachleistungen während der Ruhenszeit sind deshalb ausgeschlossen81. Eine Beitragsermäßigung für die Ruhensdauer jedweder Leistungen ist nach § 243 SGB V nicht zulässig82. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts ist dies verfassungsrechtlich unbedenklich83. Nach § 16 Abs. 2 Satz 6 KSVG „kann“ die Künstlersozialkasse bei Vereinbarung von Ratenzahlungen mit dem Versicherten das Ruhen „vorzeitig“ für beendet erklären. Der Ausdruck „vorzeitig “ bezieht sich auf die in § 16 Abs. 2 Satz 5 KVSG gesetzlich angeordnete Rechtsfolge und weist der Künstlersozialkasse die in ihrem Ermessen stehende Befugnis zu, das Ende des Ruhens zu einem früheren Zeitpunkt festzulegen, als dies nach dieser Bestimmung vorgesehen ist84. Voraussetzung hierfür ist eine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung, die eine teilweise Stundung85 der rückständigen Beitragsanteile beinhaltet86. Die Position der Versicherten nach dem KSVG ist in 75 Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 12; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 63. 76 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 63. 77 Zum Ruhen in der sozialen Pflegeversicherung vgl. die Regelung des § 16a Abs. 2 KSVG, wonach die Bestimmung des § 16 Abs. 2 KVSG entsprechend gilt. 78 So zu Recht Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 63. 79 Vgl. die Gesetzesbegründung in: BT-Drs. 11/2964, S. 21. 80 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 63; Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 12. 81 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 73. 82 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 73. 83 BSG SozR 3 – 2500 § 243 SGB V Nr. 2 und Nr. 3. 84 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 63a; Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 23. 85 Vgl. hierzu näher Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 60e. 86 Noftz, in. Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 63a. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 29 dieser Situation deutlich schwächer ausgestaltet als für sonstige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V, die nach Einfügung der Regelung des § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V durch Art. 15 des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 200987 ab dem Zeitpunkt des Zustandekommens einer wirksamen Ratenzahlungsvereinbarung ohne weiteres wieder Anspruch auf Leistungen haben, solange die Raten vertragsgemäß entrichtet werden88. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung ist nicht ersichtlich89. Dies wird die Künstlersozialkasse bei der Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens zu berücksichtigen haben. Vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung des Krankenversicherungsschutzes wird für den Fall, dass eine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung vorliegt, regelmäßig nur die Entscheidung der Künstlersozialkasse rechtmäßig sein, das Ruhen für beendet zu erklären („ Ermessensreduzierung auf Null“)90. Hält der Versicherte die verabredeten Ratenzahlungen nicht ein, ist die Künstlersozialkasse berechtigt, die Ratenzahlungsvereinbarung , sofern diese nicht ohnehin eine Verfallsklausel enthält, die zur unmittelbaren Fälligkeit der Restschuld führt, zu kündigen91. Der Bescheid über die Ruhensbeendigung darf alsdann nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)92 aufgehoben werden93. 2.6. Unterrichtung der Krankenkasse Die in § 16 Abs. 2 Satz 7 KSVG vorgesehene Verpflichtung der Künstlersozialkasse, die zuständige Krankenkasse von der Mahnung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 KSVG sowie dem Eintritt und dem Ende des Ruhens nach § 16 Abs. 2 Satz 2, 5 und 6 KSVG zu unterrichten, sichert die unbehinderte und zeitnahe Realisierung der in diesen Bestimmungen vorgesehenen Rechtsfolgen94. 87 BGBl. I S. 1990, 2013. 88 Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 23; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65e; anderer Ansicht Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn. 25 und Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 18, die davon ausgehen, dass sich die Regelung des § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V nicht nur auf Mitglieder nach Satz 2 des § 16 Absatz 3a SGB V bezieht, sondern auch auf Rückstände bei Künstlern und Publizisten nach Satz 1 des § 16 Abs. 3a SGB V ; zur Regelung des § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V vgl. näher unten zu Gliederungspunkt 3.5.3. 89 Harich, in: BeckOk, SGB V, § 16 Rn. 23. 90 Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 23. 91 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 63a mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung und Literatur. 92 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S.1348). 93 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 63a. 94 Vgl. die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 11/2964 zu Art. 2 Nr. 3 (§ 216a), S. 21. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 30 3. Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei Versicherten nach den §§ 5 und 9 SGB V Für alle sonstigen Mitglieder nach dem SGB V, also die nach § 5 SGB V Pflichtversicherten95 und die nach § 9 SGB V freiwillig Versicherten, ist in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V aufgrund des Verweises auf die in § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V angeordnete Rechtsfolge grundsätzlich ein Ruhen der Leistungsansprüche vorgesehen, soweit sie mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen. Von dieser Ruhensanordnung ausgenommen sind nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 SGB V – wie bereits erwähnt96 – Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind97. 3.1. Normzweck des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V Die Bestimmung des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V wurde durch Art. 1 Nr. 9a des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) vom 26. März 200798 mit Wirkung vom 1. April 200799 dem ursprünglich nur aus dem heutigen Satz 1 bestehenden Absatz 3a des § 16 SGB V angefügt und geht auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zurück100. Nach dem Ausschussbericht 101 handelt es sich um eine „Folgeänderung“ im systematischen Zusammenhang mit 95 Bis auf die nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGB V versicherungspflichtigen Künstler und Publizisten; hier gilt die spezielle Regelung des § 16 Abs. 3a Satz 1 in Verbindung mit § 16 Absatz 2 KSVG; zum Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei Versicherten nach dem KSVG vgl. eingehend oben zu Gliederungspunkt 2. 96 Vgl. hierzu oben zu Gliederungspunkt 2.4. 97 Zu den Leistungsansprüchen säumiger Beitragszahler trotz grundsätzlichen Ruhens des Anspruchs auf Leistungen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 SGB V vgl. eingehend unten zu Gliederungspunkt 3.4.2. 98 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378. 99 Vgl. Art. 46 Abs. 1 GKV-WSG. 100 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD – BT-Drs. 16/3100 – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) in: BT-Drs. 16/4200 S. 12 zu Art. 1 Nr. 9a; der ursprüngliche Gesetzentwurf enthielt eine solche Regelung noch nicht. 101 Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD – BT- Drs. 16/3100 – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG), in: BT-Drs. 16/4247 S. 31 zu Art. 1 Nr. 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 31 der Einführung einer Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben102, und der damit zusammenhängenden Aufhebung der Regelung des § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V alter Fassung, der ein Ende der Mitgliedschaft freiwillig Versicherter bei Nichtzahlung von Beiträgen vorgesehen hatte103. Dass der früher in § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V alter Fassung vorgesehene Ausschluss der freiwillig Versicherten aus der gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund der Einführung der allgemeinen Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seit dem 1. April 2007 nicht mehr möglich ist, darf jedoch schon nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung und des Solidaritätsprinzips nicht dazu führen, dass Personen ohne Gegenleistung versichert sind, denen nach ihrem Einkommen oder Vermögen ein Kostenbeitrag zumutbar ist, und dass ein Beitragsrückstand folgenlos bleibt104. Auch wenn das Ende der Mitgliedschaft im Falle des Zahlungsverzuges sozialpolitisch unerwünscht ist, soll der Leistungsanspruch zumindest ruhen, um den Druck auf säumige Beitragszahler zu erhöhen105. Über die Erhebung von Säumniszuschlägen hinaus soll die Nichtzahlung von Beiträgen für den Versicherten im Interesse der Versichertengemeinschaft weiterhin „spürbare Konsequenzen“ in Form des Ruhens von Leistungsansprüchen haben106. 3.2. Persönlicher Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V Die Bestimmung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V bezieht sich nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und ihrer Stellung im Gesetz auf alle Mitglieder nach den Vorschriften 102 Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V – eingefügt durch Art. 1 Nr. 2 Buchstabe a, Doppelbuchstabe cc des GKV-WSG – sind seit dem 1. April 2007 versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in § 5 Abs. 5 SGB V oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten . Die Einführung einer Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben, war eines der grundlegenden Ziele des GKV- WSG, vgl. hierzu im Einzelnen die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 16/3100, S. 85, 87 und 94. 103 Nach § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V alter Fassung – aufgehoben durch Art. 1 Nr. 139 Buchstabe a, Doppelbuchstabe bb des GKV-WSG mit Wirkung vom 1. April 2007 – endete die freiwillige Mitgliedschaft mit Ablauf des nächsten Zahltages, wenn für zwei Monate die fälligen Beiträge trotz Hinweises auf die Folgen nicht entrichtet wurden . In diesem Falle war das Mitglied gemäß § 191 Satz 2 SGB V alter Fassung insbesondere darauf hinzuweisen , dass nach dem Ende der Mitgliedschaft eine freiwillige Versicherung auch bei einer anderen Krankenkasse ausgeschlossen ist sowie darauf, dass unter den Voraussetzungen des SGB XII die Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen durch den Träger der Sozialhilfe möglich ist. 104 Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch V, § 16 Rn. 23; Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn. 23; Blöcher in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 54. 105 Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 16. 106 So die Begründung im Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD – BT-Drs. 16/3100 – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG), in: BT-Drs.16/4247 S. 31 zu Art. 1 Nr. 9, S. 31. Diesem Normzweck des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V hat sich die sozialrechtliche Literatur angeschlossen ; vgl. etwa Blöcher, in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 54; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 64; Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 16; Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn. 23; Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB V, § 16 Rn. 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 32 des SGB V, die mit ihren Beitragszahlungen in Rückstand geraten sind107. Dies sind grundsätzlich – mit Ausnahme der gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGB V nach näherer Bestimmung des KSVG pflichtversicherten Künstler und Publizisten108 – die nach § 5 SGB V Versicherungspflichtigen, soweit sie nicht nach den §§ 6 und 7 SGB V gesetzlich oder nach § 8 SGB V auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit sind, und die nach § 9 SGB V freiwillig Versicherten109. Der persönliche Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB V erfährt durch seine tatbestandsmäßigen Voraussetzungen jedoch wesentliche Einschränkungen110, die sich im Einzelnen wie folgt darstellen : 3.2.1. Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V auf selbst zur Beitragszahlung verpflichtete Mitglieder Eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V ergibt sich zunächst daraus, dass die Norm an ein persönliches – pflichtwidriges – Verhalten anknüpft und deshalb nur Mitglieder erfasst sein können, die ihre Krankenversicherungsbeiträge selbst zu zahlen haben111. Dabei müssen die Mitglieder nicht für den vollen GKV-Beitrag zahlungspflichtig sein, da das Ruhen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V bereits dann eintritt, wenn das Mitglied mit einem Betrag in Höhe von „Beitragsanteilen“ für zwei Monate im Rückstand ist112. Dies sind vor allem freiwillige Mitglieder, die in § 189 SGB V genannten Rentenantragssteller 113, Schwangere, deren Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 2 SGB V erhalten bleibt114 (§ 250 Abs. 2 SGB V in Verbindung mit § 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V), nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 und 10 SGB V versicherungspflichtige Studenten und Praktikanten (§§ 236 Abs. 1, 250 Abs. 1 Nr. 3 107 Blöcher, in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 53; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65. 108 Zu diesem Personenkreis vgl. eingehend oben zu Gliederungspunkt 2. 109 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65; Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 16; Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB V, § 16 Rn. 25. 110 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65. 111 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65; Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung , SGB V, § 16 Rn. 25; Blöcher, in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 54; Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink /Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 13; Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 16. 112 Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB V, § 16 Rn. 25; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65. 113 Nach § 189 Abs. 1 Satz 1 SGB V gelten als Mitglieder der GKV Personen, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt haben und die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 und 12 und Abs. 2, jedoch nicht die Voraussetzungen für den Bezug der Rente erfüllen. Diese Regelung gilt nicht für Personen, die nach anderen Vorschriften versicherungspflichtig oder nach § 6 Abs. 1 SGB V versicherungsfrei sind (§ 189 Abs. 1 Satz 2 SGB V). 114 Nach § 192 Abs. 2 SGB V bleibt während der Schwangerschaft die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten , wenn das Beschäftigungsverhältnis vom Arbeitgeber zulässig aufgelöst oder das Mitglied unter Wegfall des Arbeitsentgelts beurlaubt worden ist, es sei denn, es besteht eine Mitgliedschaft nach anderen Vorschriften. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 33 SGB V in Verbindung mit §§ 252 Abs. 1 Satz 1 und 254 SGB V), Versicherungspflichtige hinsichtlich der Beiträge aus beitragspflichtigen Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen ohne gleichzeitigen Rentenbezug aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 und 2 in Verbindung mit §§ 252 Abs. 1 Satz 1, 256 Abs. 1 Satz 1 SGB V) sowie Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bezüglich der versicherungspflichtigen Einnahmen mit Ausnahme des Arbeitsentgelts und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 250 Abs. 3 SGB V in Verbindung mit § 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V)115. Soweit dagegen Dritte, zum Beispiel der Arbeitgeber nach § 253 SGB V in Verbindung mit § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV116 oder der Träger der Rentenversicherung nach § 255 Abs. 1 Satz 1 SGB V117, zahlungspflichtig sind, und diese mit der Zahlung der Beiträge in Rückstand geraten, führt dies nicht zu einem Ruhen von Leistungsansprüchen des Mitglieds nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V118, selbst wenn das Mitglied einen Teil des Beitrags zu tragen, aber nicht zu zahlen hat119. Das Ruhen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V wird selbst dann nicht ausgelöst, wenn Mitglieder zum Beispiel durch Verletzung ihrer Auskunfts- und Vorlagepflichten nach § 28o Abs. 1 SGB IV120 pflichtwidrig und schuldhaft dazu beigetragen haben, dass Beiträge rückständig sind121. 115 Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB V, § 16 Rn. 25; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65. 116 Nach § 253 SGB V gelten für die Zahlung der Beiträge aus Arbeitsentgelt bei einer versicherungspflichtigen Beschäftigung die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach den §§ 28d bis 28n und § 28r SGB IV. Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat der Arbeitgeber zu zahlen (§ 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV). 117 Nach § 255 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind Beiträge, die Versicherungspflichtige aus ihrer Rente nach § 228 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu tragen haben, von den Trägern der Rentenversicherung bei Zahlung der Rente einzubehalten und zusammen mit den von den Trägern der Rentenversicherung zu tragenden Beiträgen an die Deutsche Rentenversicherung Bund für die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse zu zahlen. 118 Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 16; Blöcher, in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 54; Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn. 24; Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann , Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 13; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65; Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB V, § 16 Rn. 25. 119 Zum Verhältnis von Beitragstragung und Beitragszahlung vgl. etwa Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht , § 220 SGB V Rn. 28 ff. 120 Nach § 28o Abs. 1 SGB IV hat der Beschäftigte dem Arbeitgeber die zur Durchführung der Beitragszahlung erforderlichen Angaben zu machen und, soweit erforderlich, Unterlagen vorzulegen; dies gilt bei mehreren Beschäftigungen sowie bei Bezug weiterer in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragspflichtiger Einnahmen gegenüber allen beteiligten Arbeitgebern. 121 Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB V, § 16 Rn. 25; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65; Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht , SGB V, § 16 Rn. 13, Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 27. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 34 3.2.2. Nichteinbeziehung der nach § 10 SGB V mitversicherten Familienangehörigen in den persönlichen Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V Eine weitere bedeutsame Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V besteht darin, dass nach § 10 SGB V versicherte Familienangehörige, die nicht Mitglieder und daher auch nicht beitragspflichtig sind, von dem in dieser Vorschrift im Falle von Beitragsrückständen angeordneten Ruhen der Leistungsansprüche nicht betroffen sind. Die Säumigkeit des zahlungspflichtigen Mitglieds lässt den Leistungsanspruch des nicht zahlungsverpflichteten Familienversicherten deshalb unberührt122. Das gilt auch, wenn in einer der Familienversicherung vorangegangenen eigenen Mitgliedschaft Beitragsrückstände aufgebaut wurden123. Die Akzessorietät der Familienversicherung verknüpft lediglich Beginn und Ende von sog. Stamm- und Familienversicherung sowie die gemeinsame Kassenzuständigkeit (§§ 10 Abs. 5 und 173 Abs. 6 SGB V) zwingend. Hinsichtlich des Ruhens ist dies dagegen nicht der Fall. Die Ruhenswirkung nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V tritt jeweils nur bei dem Versicherten ein, der in seiner Person die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen erfüllt. Sie ist insoweit insbesondere für Stamm- und Familienversicherte unabhängig voneinander zu beurteilen124. Mag auch der Normzweck des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V125 dafür sprechen, dass die Sanktion für das solidarwidrige Verhalten der nicht rechtzeitigen Beitragszahlung die gesamten mit der Beitragszahlung finanzierten Leistungen aus der jeweiligen Mitgliedschaft erfasst, so war doch bereits der Wortlaut bzw. Satzbau des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V in der Fassung des GKV-WSG in Verbindung mit Satz 1 des § 16 Abs. 3a SGB V126 eindeutig und ließ keine abweichende Auslegung zu127. Grundlage für Leistungsansprüche der Familienangehörigen ist nach § 10 SGB V – anders als nach § 205 Abs. 1 RVO alter Fassung – deren persönlicher Versichertenstatus. Die in § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V angeordnete Ruhensfolge war und ist auf den persönlichen Leistungsbedarf der beitragspflichtigen Versicherten beschränkt, die den Tatbestand erfüllen128. 122 Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn. 24; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65a; Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 16; Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung /Pflegeversicherung, SGB V, § 16 Rn. 24; Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 14; Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 27. 123 Gemeinsames Rundchreiben des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Kranken- und Pflegekassen auf Bundesebene vom 22. August 2009; Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 16. 124 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 17 und 65a. 125 Zum Normzweck des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V vgl. eingehend oben zu Gliederungspunkt 3.1. 126 Satz 1: „Der Anspruch auf Leistungen für… Versicherte, die… im Rückstand sind…“; Satz 2: „Satz 1 gilt entsprechend für Versicherte…, die… im Rückstand sind…“. 127 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65a. 128 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65a. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 35 Diese bisher im Wege der Interpretation zu erschließende – aber umstrittene – Rechtslage129 ist durch Art. 15 Nr. 01 Buchstabe a) des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009130 mit Wirkung vom 23. Juli 2009131 nunmehr eindeutig dadurch geklärt worden, dass in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V in der Fassung des GKV- WSG das Wort „Versicherte“ durch die Wörter „Mitglieder nach den Vorschriften“ ersetzt wurde. Durch diese Neufassung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V sollte nach der Gesetzesbegründung klargestellt werden, dass sich die Ruhensanordnung im Falle von Beitragsrückständen allein auf das zur Zahlung verpflichtete Mitglied bezieht und der Leistungsanspruch mitversicherter Familienangehöriger hiervon unberührt bleibt. Dies ergebe sich – so wird in der Gesetzesbegründung weiter ausgeführt – nach Auffassung der Bundesregierung zwar bereits aus der bestehenden Formulierung; im Interesse von Rechtsklarheit und -sicherheit werde das beabsichtigte Ergebnis nunmehr jedoch eindeutig vorgegeben, womit eine Anregung des Bundesrates aufgegriffen werde132. Hintergrund dafür waren abweichende bzw. wechselnde Interpretationen der bisherigen gesetzlichen Regelung133. 3.3. Ruhensvoraussetzungen und Feststellung des Ruhens durch Bescheid der Krankenkasse Die Bestimmung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V sieht – wie bereits erwähnt – aufgrund des Verweises auf die in § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V angeordnete Rechtsfolge grundsätzlich ein Ruhen des Anspruchs auf Leistungen für die Mitglieder nach den Vorschriften des SGB V vor, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen. Nach der ganz überwiegend in der sozialrechtlichen Literatur 129 Vgl. hierzu eingehend und überzeugend Deter, Die Anwendung der Ruhensvorschrift des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V auf familienversicherte Angehörige, in: NZS 2010, S. 308 – 312 und die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Spieth, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – BT-Drs. 16/12008 – Ruhen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei säumigen Beitragszahlern und deren mitversicherten Angehörigen, in: BT-Drs. 16/12103 S. 3. 130 BGBl. I S. 1900, 2013 die Antwort der Bundesregierung. 131 Vgl. Art. 19 Abs. 1 des Gesetzes. 132 Vgl. die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – BT-Drs. 16/12256, 16/12677 – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, in: BT-Drs. 16/13428 S. 56, 75 und 88. 133 So hatten beispielsweise die Spitzenverbände der Krankenkassen in ihrem gemeinsamen Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des GKV-WSG vom 9. März 2007 ausgeführt, unter Abwägung aller Gesichtspunkte zumindest vorläufig dazu zu tendieren, den Personenkreis der familienversicherten Angehörigen in die Ruhenswirkung einzubeziehen. Für eine solche gesetzgeberische Absicht spreche, dass das Ruhen der Leistungsansprüche bei freiwilligen Mitgliedern die Beendigung der Mitgliedschaft bei Nichtzahlung von Beiträgen mit entsprechenden durchgreifenden Konsequenzen auch für die familienversicherten Angehörigen ersetze und im Übrigen die Regelung durch weitreichende Ausnahmen (Anspruch auf Leistungen bei akuten Erkrankungen und Beendigung der Ruhenswirkung bei Eintritt von Hilfsbedürftigkeit) abgefedert worden sei. Auch das Bundesministerium für Gesundheit als zuständiges Fachministerium hatte auf Anfrage der Spitzenverbände der Krankenkassen mit Schreiben vom 11. April 2007 die Auffassung vertreten, dass sich die Ruhenswirkung bei einem Beitragsverzug des Mitglieds auch auf die familienversicherten Angehörigen erstrecke. Zu den verschiedenen Stellungnahmen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vgl. die Nachweise bei Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65a . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 36 vertretenen Auffassung134 erfasst die in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V angeordnete entsprechende Anwendung von Satz 1 des § 16 Abs. 3a SGB V im Sinne einer Kettenverweisung auch die Verfahrensbestimmungen des § 16 Absatz 2 KSVG, auf die die Vorschrift des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V ihrerseits Bezug nimmt. Die entsprechende Geltung des Satzes 1 des § 16 Abs. 3a SGB V bedeutet rechtsmethodisch, dass diese Regelung in Tatbestand und Rechtsfolge auf Mitglieder nach dem SGB V übertragen wird, wenn und soweit in diesem Gesetzbuch nicht abweichende Verhältnisse vorliegen, die eine besondere Regelung erfordern135. Die Bestimmung des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V enthält sowohl tatbestandsmäßig als auch hinsichtlich der Rechtsfolge keine eigenständige, in sich abgeschlossene Regelung, sondern allenfalls eine „Rumpfnorm “136. Der wesentliche Regelungsgehalt liegt vielmehr in § 16 Abs. 2 KSVG. Diese Norm wird durch eine spezifische Verweisungstechnik auch in § 16 SGB V bzw. in das Gesamtsystem des SGB V integriert. Letztlich handelt es sich bei der Vorschrift des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V um eine vollständige Rechtsgrund- und Rechtsfolgenverweisung, da § 16 Abs. 2 KSVG eine insoweit komplette Regelung enthält, die in § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V unmittelbar nur sehr partiell wiederholt wird137. Die Bestimmung des § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V gibt deshalb letztlich insbesondere hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen, aber auch im Hinblick auf die Rechtsfolge (Ruhen des Anspruchs auf Leistungen) nur das Thema vor138. Diese Gesamtgestaltung nach § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V in Verbindung mit § 16 Abs. 2 KSVG ist Gegenstand der in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V angeordneten entsprechenden Geltung von Satz 1 des § 16 a Absatz 3a SGB V139. Dies ist nicht nur rechtssystematisch zwingend , sondern entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers140. In entsprechender Anwendung 134 Noftz, in. Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 64b und 65b, Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 16, Blöcher , in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 53 Waltermann, in: Kreikebohn/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht , § 16 Rn.14; Peters, in: Kasseler Kommentarsozialversicherungsrecht, § 16 Rn. 21 und 24; anderer Ansicht Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung , § 16 Rn. 27 nach deren Auffassung § 16 Abs. 2 KSVG nicht entsprechend gilt und daher insbesondere die Regelungen über die Mahnfrist, der Hinweis auf das mögliche Ruhen der Leistungen und das förmliche Feststellen des Ruhens der Leistungen nicht zwingend anzuwenden sind. Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch V, § 16 Rn. 25 vertritt die Auffassung, die Reichweite der in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 SGB V angeordneten Kettenverweisung sei unklar. 135 Noftz, in: Hauck/Notz, SGB V, § 16 Rn. 64b. 136 Noftz, in: Hauck/Noftz, in: SGB V, § 16 Rn. 60 und 64b. 137 Im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, in: BT-Drs. 11/3629 zu Art. 2 Nr. 1 des Entwurfs eines KSVG Änderungsgesetzes der Bundesregierung, BT-Drs. 11/2964, ist sogar nur von einem „Hinweis“ die Rede. 138 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 60. 139 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 64b. 140 Vgl. den Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD – BT-Drs. 16/3100 –, in: BT-Drs. 16/4247 zu Art. 1 Nr. 9, S. 31: „…des über § 16 Abs. 3a Satz 1 in Bezug genommenen § 16 Abs. 2 des Künstlersozialversicherungsgesetzes“. In diesem Sinne Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 64b und Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 14. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 37 des § 16 Abs. 2 Satz 1 und 3 KSVG und auch der im weiteren Sinne als Vorgängerregelung anzusehenden Bestimmung des § 191 Nr. 3 SGB V in der bis zum 31. März 2007 geltenden Fassung hat die zuständige Krankenkasse deshalb Mitglieder nach dem SGB V, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind, unter Hinweis auf das mögliche Ruhen der Leistungen und die Folgen des Ruhens zunächst zu mahnen141. Andernfalls liegt keine ordnungsgemäße Mahnung vor und die Rechtsfolge des Ruhens kann nicht eintreten142. Ist der Rückstand zwei Wochen nach Zugang der Mahnung noch höher als der Beitragsanteil für einen Monat, stellt die Krankenkasse in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 KSVG das Ruhen der Leistungen durch förmlichen Bescheid fest, den sie dem Mitglied zustellt. Das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen tritt dann drei Tage nach Zugang dieses Bescheides beim Mitglied ein (§ 16 Abs. 3a Satz 2 und 1 SGB V in Verbindung mit § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 KSVG)143. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Ruhensbescheid der Krankenkasse haben auch bei Mitgliedern nach dem SGB V keine aufschiebende Wirkung (§ 16 Abs. 3a Satz 2 und 1 SGB V in Verbindung mit § 16 Abs. 2 Satz 4 KSVG)144. 3.4. Von der Ruhensanordnung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V ausgenommene und erfasste Leistungsansprüche säumiger Beitragszahler 3.4.1. Überblick Hat die Krankenkasse in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 KSVG das Ruhen der Leistungen durch förmlichen Bescheid festgestellt und diesen dem Mitglied zugestellt, ruht – als gesetzlich angeordnete Rechtsfolge dieser Entscheidung – der Anspruch auf Leistungen für Mitglieder nach den Vorschriften des SGB V (§ 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 in Verbindung mit Satz 1 SGB V)145. Allerdings ruhen – wie bereits mehrfach erwähnt – nicht alle Leistungsansprüche der Mitglieder. Ausdrücklich ausgenommen von dieser Ruhensanordnung sind nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 SGB V Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V und Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. In 141 So auch Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch V, § 16 Rn. 24; anderer Ansicht Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung § 16 Rn. 28, nach deren Auffassung ein Hinweis auf das mögliche Ruhen der Leistungen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V zwar angezeigt ist, aber keine Voraussetzung für das Ruhen darstellt. 142 Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch V, § 16 Rn. 24; anderer Ansicht Landessozialgericht Bayern, Beschluss vom 18. Mai 2011 – L KR 164/11 B ER, in: juris ohne Begründung. 143 Zum Ruhen und der Feststellung des Ruhens durch Bescheid vgl. im Übrigen oben zu Gliederungspunkt 2.2. 144 Vgl. hierzu näher oben zu Gliederungspunkt 2.3. 145 Zu den von der Ruhensanordnung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 SGB V erfassten Leistungsansprüchen vgl. eingehend unten zu Gliederungspunkt 3.4.3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 38 diesen Fällen bewertet das Gesetz den Gesundheitsschutz höher als die Sanktionierung des Beitragsrückstandes 146, um in „Notfällen“ die erforderliche Krankenversorgung sicherzustellen147. Anders als den Versicherten nach dem KSVG148 bleibt den Versicherungspflichtigen und -berechtigten nach den §§ 5 und 9 SGB V damit ein – wenn auch deutlich reduzierter – Teil ihres medizinischen Versorgungsanspruchs im Falle eines abgemahnten Beitragsrückstandes erhalten. Da der Gesetzgeber die in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 SGB V normierten Ausnahmetatbestände allerdings nicht näher definiert hat und auch die Gesetzesmaterialien insoweit nur bedingt aufschlussreich sind, kann es nicht überraschen, dass seit Inkrafttreten dieser Regelungen eine Reihe von – bislang noch nicht abschließend geklärten – Zweifelsfragen über die Reichweite dieser Ausnahmebestimmungen entstanden sind, die von den Spitzenverbänden der Krankenkassen und in der sozialrechtlichen Literatur – insbesondere unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – zum Teil unterschiedlich beantwortet werden. 3.4.2. Von der Ruhensanordnung ausgenommene Leistungsansprüche Die Regelung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 SGB V beinhaltet insgesamt drei Ausnahmetatbestände , die sich nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben und der Gesetzesmaterialien sowie unter Berücksichtigung der von den Spitzenverbänden der Krankenkassen für die Kassenpraxis hierzu entwickelten Umsetzungshilfen und des sozialrechtlichen Schrifttums wie folgt konkretisieren lassen: 3.4.2.1. Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V 3.4.2.1.1. Überblick Von der Anordnung des Ruhens des Leistungsanspruchs ausgenommen sind nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 1 SGB V zunächst „Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 SGB V“. Dieser Ausnahmetatbestand, der durch Art. 15 Nr. 01 Buchstabe a des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009149 mit Wirkung vom 23. Juli 2009150 in den § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 SGB V eingefügt worden ist, geht auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zurück151, 146 Peters, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 16 Rn. 24. 147 Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB V, § 16 Rn. 29. 148 Vgl. hierzu näher oben zu Gliederungspunkt 2.4. 149 BGBl. I S. 1990,2013. 150 Vgl. Art. 19 Abs. 1 des Gesetzes. 151 Vgl. die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – BT-Drs. 16/12256, 16/12677 –, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, in: BT-Drs. 16/13428, S. 56, 75 und 88 zu Art. 15 Nr. 01 Buchstabe b). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 39 der damit einen Hinweis des Bundesrates in dessen Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung aufgriff152. Nach der Begründung des Ausschusses liegt dieser Ergänzung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 SGB V die „hohe Bedeutung“ dieser Untersuchungen auch für säumige Beitragszahler zugrunde153. Es dürfte zudem auch finanziell nicht im Sinne der Versichertengemeinschaft sein, die Kosten für Früherkennungsmaßnahmen nicht zu übernehmen, um sodann die gegebenenfalls ungleich höheren Kosten akuter Behandlungsmaßnahmen tragen zu müssen 154. 3.4.2.1.2. Gesundheitsuntersuchungen (§ 25 SGB V ) Säumige Beitragszahler haben deshalb – trotz grundsätzlichen Ruhens ihrer Leistungsansprüche – vom 36. Lebensjahr an gemäß § 25 Abs. 1 SGB V jedes zweite Jahr Anspruch auf eine ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere zur Früherkennung von Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie der Zuckerkrankheit, während Versicherte , die das 18. Lebensjahr vollendet haben und ihrer Verpflichtung zur Beitragszahlung nicht nachgekommen sind, nach § 25 Abs. 2 SGB V Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krebserkrankungen haben. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen155 hat gemäß § 25 Abs. 4 Satz 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 und 4 SGB V Richtlinien über die Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten („ Gesundheitsuntersuchungs- Richtlinien “)156 beschlossen, die das Nähere über Inhalt, Art und Umfang der Untersuchungen bestimmen . 3.4.2.1.3. Kinderuntersuchung (§ 26 SGB V) Sofern Kinder als Mitglieder nach den Vorschriften des SGB V selbst beitragspflichtig sind – also ausnahmsweise nicht zu den nach § 10 SGB V Familienversicherten gehören157 – und mit der Beitragszahlung in Rückstand geraten, haben sie nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB V bis zur Vollen- 152 Vgl. die Unterrichtung durch die Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften – BT-Drs.16/12256 –, Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung, in: BT-Drs. 16/12677 (zu Drucksache 16/12256) Nr. 39 unter Buchstabe b, S. 11. 153 Vgl. die Begründung des Ausschusses in BT-Drs. 16/13428, S. 88 zu Art. 15 Nr. 01 Buchstabe b) Ziffer 2. 154 Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 26; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65c. 155 Der frühere Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen entspricht dem heutigen „Gemeinsamen Bundesausschuss “ nach § 91 SGB V. 156 In der Fassung vom 24. August 1989 (veröffentlicht im Bundesarbeitsblatt Nr. 10 vom 29. September 1989), zuletzt geändert am 16. Dezember 2010, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2011; Nr. 34: S. 864, in Kraft getreten am 3. März 2011; abrufbar im Internet über: http://www.g-ba.de. 157 Zur Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V auf selbst zur Beitragszahlung verpflichtete Mitglieder und zur Nichteinbeziehung der nach § 10 SGB V mitversicherten Familienangehörigen in den persönlichen Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V vgl. näher oben zu den Gliederungspunkten 3.2.1. und 3.2.2.; sofern Kinder zum Kreis der nach § 10 SGB V Familienversicherten gehören, sind sie schon aus diesem Grunde anspruchsberechtigt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 40 dung des sechsten Lebensjahres Anspruch auf Untersuchungen sowie nach Vollendung des zehnten Lebensjahres auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, die ihre körperliche oder geistige Entwicklung in nicht geringfügigem Maße gefährden. Zu den Früherkennungsuntersuchungen auf Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten gehören insbesondere die Inspektion der Mundhöhle, die Einschätzung oder Bestimmung des Kariesrisikos, die Ernährungs- und Mundhygieneberatung sowie Maßnahmen zur Schmelzhärtung der Zähne und zur Keimzahlsenkung (§ 26 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die Leistungen nach Satz 2 werden gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB V bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres erbracht. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat gemäß § 26 Abs. 2 SGB V in Verbindung mit § 92 Abs. 1 und 4 SGB V Richtlinien über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres („Kinder-Richtlinien“)158 und Richtlinien zur Jugendgesundheitsuntersuchung 159 beschlossen, die das Nähere über die den gesetzlichen Erfordernissen des § 26 SGB V entsprechenden ärztlichen Maßnahmen bestimmen. 3.4.2.1.4. Konkretisierung des Ausnahmetatbestands durch § 19 Abs. 3 Satz 2 und 3 des Bundesmantelvertrages – Ärzte Nach § 19 Abs. 3 Satz 2 des Bundesmantelvertrages – Ärzte (BMV-Ä) vom 1. Januar 2015160 darf der Vertragsarzt im Falle eines nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V eingeschränkten Leistungsanspruchs des Versicherten nur die „notwendigen“ Untersuchungen, die zur Früherkennung von Krankheiten nach § 25 SGB V (Gesundheitsuntersuchungen) und § 26 SGB V (Kinderuntersuchung ) erforderlich sind, erbringen, veranlassen oder verordnen. Art und Umfang der notwendigen Leistungen bei auffälligen Befunden im Rahmen der Früherkennung von Krankheiten sind von dem ausführenden Vertragsarzt nach medizinischem Erfordernis zu bestimmen (§ 19 Abs. 3 Satz 3 BMV-Ä). 3.4.2.2. Leistungen zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände Vom Ruhen ausgenommen sind nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V darüber hinaus „Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände … erforderlich sind“. Obwohl der Wortlaut dieses Gesetzestextes auf die Behandlung akuter Erkrankungen „und“ Schmerzzustände abstellt, besteht – soweit ersichtlich – Einigkeit darüber, dass neben dem Vorliegen einer akuten Erkrankung nicht zusätzlich das Bestehen von Schmerzzuständen erforderlich ist161. Das Wort „und“ ist hier – wie die folgenden Tatbestandsmerkmale 158 In der Fassung vom 26. April 1976 (veröffentlicht als Beilage Nr. 28 zum Bundesanzeiger Nr. 214 vom 11. November 1976), zuletzt geändert am 16. Dezember 2010, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2011; Nr. 40. S. 1013, in Kraft getreten am 12. März 2011; abrufbar im Internet über: http://www.g-ba.de. 159 Vom 26. Juni 1998 (veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 159 vom 27. August 1998), in Kraft getreten am 28. August 1998, zuletzt geändert am 19. Juni 2008, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 133, S.3236, in Kraft getreten am 4. September 2008; abrufbar im Internet über: http://www.g-ba.de. 160 Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB V vereinbaren die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Bundesmantelverträgen den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge. Der Inhalt der Bundesmantelverträgen ist Bestandteil der Gesamtverträge (§ 82 Abs. 1 Satz 2 SGB V). 161 Vgl. Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch V, § 16 Rn. 27. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 41 Schwangerschaft „und“ Mutterschaft in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 3 SGB V zeigen – vielmehr im Sinne von „oder“ zu verstehen162. 3.4.2.2.1. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 AsylbLG als Regelungsvorbild Der Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V, dem eine sozialethisch -humanitäre Wertung zugrunde liegt163, ist nach der Gesetzesbegründung164 „in Anlehnung “ an die Vorschrift des § 4 Abs. 1 AsylbLG165 geschaffen worden, so dass die diesbezügliche Rechtsprechung und Literatur zu § 4 AsylbLG als Auslegungshilfe herangezogen werden kann166. Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG definiert den Leistungsanspruch dahingehend, dass zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstige zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderliche Leistungen zu gewähren sind. Dies gilt nach Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen in ihrem Gemeinsamen Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 9. März 2007167 auch – obwohl in dieser Vorschrift nicht ausdrücklich erwähnt – für die Krankenhausbehandlung. Unter dem im Gesetz nicht definierten Begriff der „akuten Erkrankung“ ist ein plötzlich auftretender , schnell und heftig verlaufender regelwidriger Körper- oder Geisteszustand zu verstehen, 162 Vgl. Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch V, § 16 Rn. 27. 163 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, 3 16 Rn. 65c. 164 Vgl. die Begründung im Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD – BT-Drs. 16/3100 – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG), in: BT-Drs. 16/4247, S. 31 zu Art. 1 Nr. 9. 165 Asylbewerberleistungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2439). 166 Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 17; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65c; Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 14. 167 Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG vom 9. März 2007, S. 5; abrufbar im Internet über: http://www.gkv-spitzenverband.de. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 42 der aus medizinischen Gründen der ärztlichen oder zahnärztlichen Behandlung bedarf168. Abzugrenzen ist dieser Krankheitszustand von chronischen – also langsam sich entwickelnden oder langsam verlaufenden – Erkrankungen169, die nach ganz überwiegend vertretener Auffassung grundsätzlich nicht unter § 4 Abs. 1 Satz 1 AsybLG bzw. § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V fallen170. Auch der Begriff „Schmerzzustände“ ist gesetzlich nicht definiert. Unter Rückgriff auf die medizinische Terminologie ist unter einem Schmerzzustand im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG bzw. des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V ein mit einer aktuellen oder potenziellen Gewebeschädigung verknüpfter unangenehmer Sinnes- und Gefühlszustand zu verstehen, der aus medizinischen Gründen der ärztlichen oder zahnärztlichen Behandlung bedarf171. Behandlungsbedürftige Schmerzzustände im Sinne der vorgenannten Vorschriften müssen nach ganz herrschender Meinung172 ihrer Natur nach nicht akut sein. Dieser Zusatz bezieht sich allein auf das Tatbestandsmerkmal der Erkrankungen, wenngleich die grammatikalische Auslegung dieser Normen gegen ein solches Verständnis spricht, da die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG bzw. § 16 Abs 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V ohne das Adjektiv „akuter“ im Hinblick auf das Merkmal „Schmerzzustände“ sprachlich unvollständig ist („Zur Behandlung … Schmerzzustände sind,…“)173. Dennoch ist eine entsprechende Auslegung dieser Normen dahingehend, dass ein Behandlungsanspruch sowohl bei akuten (z. B. aufgrund von Verletzungen , Zahnschmerzen etc.) als auch bei chronischen Schmerzzuständen (z. B. bei Migräne oder Krebsleiden) besteht, vorzuziehen. Die Unterscheidung nach der chronischen – d.h. langsam 168 Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort: „akut“; Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 38; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII – Sozialhilfe mit Asylbewerberleistungsgesetz, Kommentar, § 4 AsylbLG Rn. 11; Hohm, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz, § 4 Rn. 17; vgl. auch Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Mai 2013 – L 20 AY 145711 – juris Rn. 52; die Behandlung einer leichten fiebrigen Erkrankung löst deshalb keinen Leistungsanspruch aus, anders jedoch hohes Fieber, vgl. Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII – Sozialhilfe mit Asylbewerberleistungsgesetz Kommentar , § 4 AsylbLG Rn. 11; eine akute Erkrankung ist vom Landessozialgericht Thüringen (Beschluss vom 22. August 2005 – L 8 AY 383/05 ER - auch bei einer ambulanten oder stationären psychotherapeutischen Behandlung im Fall einer leichten chronifizierten Depression (posttraumatische Belastungsstörung) abgelehnt worden. 169 Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort: „chronisch“. 170 Vgl. hierzu näher unten zu Gliederungspunkt 3.4.2.2.4. 171 Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort: „Schmerz“, Hohm, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz , § 4 Rn. 29; Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsybLG Rn. 42; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII – Sozialhilfe mit Asylbewerberleistungsgesetz, Kommentar, § 4 Rn. 14. 172 Vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. Mai 1998 – 7 S 920/98 – juris Rn. 24 –FEVS 49, 33; Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 43; Hohm, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz , § 4 Rn. 30; Warendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII – Sozialhilfe mit Asylbewerberleistungsgesetz , Kommentar, § 4 AsylbLG Rn. 11, 14 jeweils mit weiteren Nachweisen. 173 So zutreffend Frerichs, in: jurisPK-SGB V, § 4 AsylbLG, Rn. 43; anderer Ansicht Hohm, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz, § 4 Rn. 30; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII – Sozialhilfe mit Asylbewerberleistungsgesetz, Kommentar, § 4 Rn. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 43 wachsenden – oder unvermittelt auftretenden Natur des Schmerzes kann bei Vorliegen einer entsprechenden Schmerzsymptomatik nicht maßgeblich sein174. Nach Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen175 ist bei Schmerzzuständen ohnehin generell eine akute Phase zu unterstellen . Der Leistungsanspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG bzw. § 16 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V erstreckt sich auf die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln und weiterer erforderlicher Versorgungsleistungen . Entsprechend den allgemeinen Regeln des gesetzlichen Krankenversicherungsrechts hat die Behandlung nach den Regeln der ärztlichen bzw. zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig zu erfolgen (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB V)176. Zudem muss sie wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Neben der Behandlung selbst und den Arznei- und Verbandmitteln im Sinne des § 31 SGB V sind von dem Leistungsanspruch die sonstigen zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen umfasst . Im Einzelnen kann sich der Leistungsanspruch auf die Gewährung von Heil- und Hilfsmitteln im Sinne der §§ 32 und 33 SGB V erstrecken, also auf Dienst- und Sachleistungen (z. B. Massagen , Krankengymnastik oder Seh- und Hörhilfen sowie Körperersatzstücke). Die erforderlichen Leistungen müssen jedoch stets in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Behandlung der akuten Erkrankung oder der Schmerzzustände stehen177, so dass Heil- und Hilfsmittel grundsätzlich nicht beansprucht werden können, wenn sie den Charakter einer Eingliederungshilfe aufweisen (z. B. Hörgerät)178. Zu den sonstigen Leistungen können im Einzelfall auch notwendige Heilund Genesungskuren, Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V sowie erforderliche Fahrkosten nach § 60 SGB V gehören179. 174 Vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. Mai 1998 – 7 S 920/98 – juris Rn. 24 – FEVS 49, 33; Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 43. 175 Vgl. das Ergebnis der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 18./19. April 2007 in Essen zum Leistungsrechts des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) hier: Umsetzung des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V – Ruhen des Anspruchs bei Beitragsrückstand – S. 13 zu 5.2. (Anlage 2 zum Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zu den leistungsrechtlichen Auswirkungen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 9. März 2007), abrufbar im Internet über: http://www.gkv-spitzenverband.de. 176 Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 45. 177 Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 46. 178 Vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Juli 1994 - 24 B 1290/94 - abgedruckt in: AsylbLG – zu § 4 Abs. 1 (OVG Nr. 1); vgl. auch Hohm, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII – Sozialhilfe, Kommentar, § 4 AsylbLG Rn. 15. 179 Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 47; vgl. hierzu ausführlich Hohm, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz, § 4 Rn. 72 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 44 Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist180. Eine zahnprothetische Versorgung ist damit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG bzw. § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V grundsätzlich nicht vorgesehen und kann daher nur in Ausnahmefällen erfolgen181. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 14. Dezember 2006182 zur Unaufschiebbarkeit einer Leistung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V ausgeführt, in diesem Fall müsse eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich sein, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zur Entscheidung der Krankenkasse mehr bestehe183. Dabei könne eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung unaufschiebbar werden, wenn mit der Ausführung so lange gewartet werde, bis die Leistung zwingend erbracht werden müsse, damit der mit ihr angestrebte Erfolg noch erreicht werden könne. Weitere Hinweise finden sich in der Arbeitshilfe zur sozialmedizinischen Begutachtung „Unaufschiebbarkeit der Versorgung mit Zahnersatz gemäß § 27 Abs. 2 SGB V“ des Forums Zahnmedizin der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung184. Danach ist eine zahnprothetische Versorgung dann unaufschiebbar, wenn ohne die geplante Zahnersatz-Versorgung weitere gesundheitliche Schäden drohen oder die geplante Versorgung zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr erfolgreich möglich sein dürfte und wenn gleichzeitig eine kurzfristige Verschlimmerung des bestehenden Zustands droht. 3.4.2.2.2. Die Unaufschiebbarkeit einer Leistung als allgemeine Voraussetzung für das Eingreifen des Ausnahmetatbestandes Nach Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen185 ist die Unaufschiebbarkeit einer Leistung nach Maßgabe der vorstehend genannten Kriterien – über die in § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG für die Versorgung mit Zahnersatz getroffene Regelung hinaus – auch bei allen anderen vom Versicherten begehrten Leistungen als Voraussetzung für das Eingreifen des Ausnahmetatbestandes des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V anzusehen. Diese Auslegung 180 So auch die Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen in ihrem Gemeinsamen Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 9. März 2007, S. 5 und das Ergebnis der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 18./19. April 2007 in Essen zum Leistungsrecht des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes, hier: Umsetzung des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V – Ruhen des Anspruchs bei Beitragsrückstand, S. 8. 181 Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 49. 182 B 1 KR 8/06 R. 183 B 1 KR 8/06 R Rn. 23. 184 Stand: Oktober 2005, sh. InfoMeD KK, Abschnitt 6. 185 Vgl. das Ergebnis der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 18./19. April 2007 in Essen zum Leistungsrecht des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV -Wettbewerbsstärkungsgesetz), hier: Umsetzung des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V – Ruhen des Anspruchs bei Beitragsrückstand – , S. 13 zu 5.3 (Anlage 2 zum Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zu den leistungsrechtlichen Auswirkungen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 9. März 2007), und das Besprechungsergebnis der Spitzenverbände vom 6./7. Mai 2008 in Bensheim zu § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V – Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei Beitragsrückstand, hier: Umsetzungshilfen zur Beurteilung der Frage, ob bestimmte Leistungen vom Ruhenstatbestand erfasst sind. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 45 des Ausnahmetatbestandes hat – umgekehrt – zur Folge, dass grundsätzlich alle medizinisch aufschiebbaren Leistungen von der Ruhensanordnung nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 SGB V in Verbindung mit Satz 1 dieser Vorschrift erfasst werden. 3.4.2.2.3. Konkretisierung des Ausnahmetatbestands durch § 19 Abs. 3 Satz 2 und 3 des Bundesmantelvertrages – Ärzte (BMV-Ä) Konkretisiert wird der Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V darüber hinaus durch § 19 Abs. 3 Satz 2 und 3 des Bundesmantelvertrages – Ärzte (BMV-Ä) vom 1. Januar 2015. Danach darf der Vertragsarzt im Falle eines nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V eingeschränkten Leistungsanspruchs des Versicherten nur die „notwendigen“ Untersuchungen , die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderlich sind, erbringen , veranlassen und verordnen (§ 19 Abs. 3 Satz 2 BMV-Ä). Art und Umfang der notwendigen Leistungen zur Klärung und Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind von dem ausführenden Vertragsarzt dabei nach medizinischem Erfordernis zu bestimmen (§ 19 Abs. 3 Satz 3 BMV-Ä). Ergänzend ist in diesem Zusammenhang nochmals auf das in § 12 SGB V geregelte – für alle Leistungen nach dem SGB V gleichermaßen geltende – Wirtschaftlichkeitsgebot hinzuweisen. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen , dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V). 3.4.2.2.4. Behandlung chronischer Erkrankungen Fraglich und noch nicht abschließend geklärt ist, ob auch die Behandlung chronischer Erkrankungen unter den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V subsumiert werden kann. Nimmt man diese Regelung wörtlich, sind danach auch Behandlungen schwerster chronischer Erkrankungen, die akut keine Schmerzen bereiten, ausgeschlossen186. Darunter dürften zumindest in bestimmten Stadien Diabetes, fast alle Arten von geistigen Erkrankungen wie Demenz, Schizophrenie, Alzheimer und auch Krankheiten wie Kinderlähmung und unter Umständen auch Krebs fallen. Dies wäre allerdings eine Typisierung, die mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren wäre187. Auf der anderen Seite besteht nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V eine Behandlungspflicht auch bei (harmlosen) Kopfschmerzen oder Prellungen. Auch schmerzhafte Bagatellerkrankungen können nicht entgegen dem Wortlaut ausgeschlossen werden. Dies müsste nach der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten sog. Wesentlichkeitstheorie188 vielmehr der Gesetzgeber selbst 186 So zu Recht Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch V, § 16 Rn. 28. 187 Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch V, § 16 Rn. 28. 188 Zur sog. Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts, nach der „der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muss“ vgl. BVerfGE 116, 24 (58); 84, 212 (226); 49, 89 (126); 101, 1 (34) sowie die Darstellungen bei Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, Art. 20 Rn. 47 ff und Sodan, in: Sodan, Grundgesetz, Beck`scher Kompakt- Kommentar, Vorbemerkungen zu Art. 1 Rn. 56 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 46 regeln. Ohnehin sind Schmerzen nicht messbar und akute Schmerzen – besonders in der Vergangenheit aufgetretene – nicht belegbar189. Angesichts dieses Befundes und der bei der Auslegung dieser Vorschrift zu berücksichtigenden verfassungsrechtlichen Vorgaben – insbesondere des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG – ist es deshalb nicht überraschend, dass die Frage, ob, und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen, Behandlungsmaßnamen bei chronischen Erkrankungen unter diesen Ausnahmetatbestand fallen, nicht vollkommen einheitlich beantwortet wird. Nach der in der sozialrechtlichen Literatur ganz überwiegend vertretenen Auffassung190 ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass der Gesetzgeber den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V der Vorschrift des § 4 Abs. 1 AsylbLG nachgebildet habe191, so dass die diesbezügliche verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und Literatur zu § 4 Abs. 1 AsylbLG als Auslegungshilfe herangezogen werden könne. Dort sei aber mittlerweile anerkannt , dass die Behandlung einer chronischen Erkrankung – selbst wenn ein unaufschiebbarer Behandlungsbedarf vorliegen sollte – so lange grundsätzlich nicht zum Behandlungsanspruch des Asylbewerbers zähle, bis eine medizinische Leistung zur Behandlung von Schmerzzuständen erforderlich sei192. Anhaltspunkte dafür, dass für säumige Beitragszahler im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung etwas anderes gelten könnte, seien nicht ersichtlich193. Erst wenn medizinische Leistungen zur Behandlung von Schmerzzuständen bei chronischen Erkrankungen erforderlich würden, sei nach dem Gesetzeswortlaut des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 189 Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch V, § 16 Rn. 28. 190 Blöcher, in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 56; Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 13; Harich, in: BeckOK SGB V, § 16 Rn. 26; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65c. 191 Zur Vorschrift des § 4 Abs. 1 AsylbLG als Regelungsvorbild des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V vgl. näher oben zu Gliederungspunkt 3.4.2.2.1. 192 Blöcher, in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 56; Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht , SGB V, § 16 Rn. 13; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII – Sozialhilfe mit Asylbewerberleistungsgesetz , Kommentar, § 4 AsylbLG Rn. 12 f; Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 38; Hohm, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz, § 4 Rn. 24; Birk, in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie, Sozialgesetzbuch XII – Sozialhilfe , Lehr- und Praxiskommentar, § 4 Rn. 3; zur diesbezüglichen verwaltungsund sozialgerichtlichen Rechtsprechung vgl. beispielsweise Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 6. Juli 2004 – 12 ME 209/04 – SAR 2004, 129 = FEVS 56, 267 und Landessozialgericht Thüringen, Beschluss vom 22. August 2005 – L 8 AY 383/05 ER : Ausschluss von chronischen Erkrankungen ohne Schmerzzustände (hier: ambulante oder stationäre Psychotherapie); Oberverwaltungsgericht Mecklenburg Vorpommern, Beschluss vom 28. Januar 2004 – 1 O 5/04 : Kein Anspruch auf eine medizinisch nicht eindeutig indizierte bzw. aufschiebbare Behandlungsform (hier: Nierentransplantation anstelle der gewährten Dialyse); vgl. zur verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung im Übrigen Hohm, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz , § 4 Rn. 20 ff und Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 39 ff jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 193 Blöcher, in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 56. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 47 Fall 2 SGB V eine Abgrenzung zwischen chronischen und akuten Erkrankungen nicht erforderlich 194. Zu hohe Anforderungen an den Nachweis einer akuten Erkrankung seien insoweit allerdings nicht angebracht, da die Abgrenzung zwischen chronischen und akuten Erkrankungen häufig schwierig sei195. Soweit danach im Einzelfall eine Abgrenzung zwischen akuten und chronischen Erkrankungen erforderlich sei, habe diese nach medizinischen Gesichtspunkten zu erfolgen196. Mit chronischen Erkrankungen könnten akute, konkret behandlungsbedürftige Krankheitszustände einhergehen197 (wie z. B. bei einer schweren Depression mit akuter Suizidalität oder damit einhergehenden Schmerzen198 oder auch im Falle einer Lungenentzündung bei HIV-Infizierten199). Die Behandlung dieser akuten Krankheitszustände könne der Betroffene nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG bzw. § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V beanspruchen, insbesondere wenn eine entsprechende Behandlung unabhängig von der chronischen Erkrankung möglich und ausreichend sei (wie z. B. bei einer isolierten Schmerztherapie200). In Ausnahmefällen könne aber auch die Behandlung der chronischen Erkrankung selbst beansprucht werden, wenn die Behandlung der akuten Erkrankung oder Schmerzzustände untrennbar eine Therapie des Grundleidens voraussetze201. In Teilen der krankenversicherungsrechtlichen Literatur202 wird einschränkend darauf hingewiesen , dass die vorgenannte Analogie zum Asylbewerberleistungsgesetz allerdings nicht in dem Sinne missverstanden werden dürfe, dass Leistungsansprüche bei chronischen Erkrankungen nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 SGB V fallen könnten. Nach der Bestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG könnten nämlich über § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG hinausgehende Leistungen erbracht werden, wenn dies im Einzelfall zur 194 Blöcher, in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 56. 195 Harich, in: BeckOK SGB V, § 16 Rn. 26; Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, $ 4 AsylbLG Rn 39. 196 Frerichs, in: JurisPK-SGB XII, § 4 Rn. 39. 197 Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 Rn. 39. 198 Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 22. September 1999 – 4 M 3551/99; Verwaltungsgericht Schleswig Holstein, Beschluss vom 22. Juli 2006 – 7 A 43/03 – juris Rn. 38. 199 Vgl. Hohm, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz, § 4 Rn. 23. 200 Vgl. Oberverfassungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. August 2003 – 16 B 2140/03 – juris Rn. 8 – 11; Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 28. Januar 2004 – 1 O 5/04 – juris Rn. 8 - NVwZ-RR 2004, 902. 201 Vgl. hierzu Hohm, in: Gemeinschaftskommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz, § 4 Rn. 31 zu Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 22. September 1999 - 4 M 3551/99. 202 Vgl. Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 48 Sicherung der Gesundheit unerlässlich sei203. In verfassungskonformer Auslegung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG müssten daher von der grundsätzlichen Ruhensanordnung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V auch solche Leistungen ausgenommen werden, ohne die bei chronischen Krankheiten akute Krankheitszustände eintreten würden204. Auch nach Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen205 sind nicht nur bei akuten, sondern auch bei chronischen Erkrankungen die notwendigen Leistungen zu erbringen, ohne die eine Verschlimmerung des Krankheitszustandes und damit ein akuter Krankheitszustand zu erwarten wäre. Als Beispiele werden die Insulinbehandlung bei Diabetikern sowie die lebenserhaltende Dialyse bei Nierenversagen genannt. Eine andere Gesetzesinterpretation würde – so die Spitzenverbände der Krankenkassen – den verfassungsmäßigen Anforderungen des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schon deshalb nicht gerecht, weil eine finanzielle Bedürftigkeit nach der Regelung in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 2 SGB V206 ausdrücklich zur Beendigung des Ruhenstatbestands führe. Diese könne aber nicht höher bewertet werden als ein medizinischer Bedarf zum Schutze von Leib und Leben. Bei notwendigen Leistungen in diesem Sinne richteten sich Art und Umfang der Leistungen nach den allgemein gültigen Kriterien. Dies bedeute, dass beispielsweise die vom Gemeinsamen Bundesausschuss zur Sicherung der ärztlichen Versorgung beschlossenen Richtlinien zu beachten seien. 3.4.2.3. Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft 3.4.2.3.1. Überblick Von der Anordnung des Ruhens des Leistungsanspruchs ausgenommen sind nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 3 SGB V schließlich „Leistungen, die…. bei Schwangerschaft und 203 Unerlässlich ist eine der Sicherung der Gesundheit dienende Leistung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG dann, wenn sie aus medizinischer Sicht unbedingt erforderlich ist und eine gleich geeignete, möglicherweise auch kostengünstigere Möglichkeit nicht zur Verfügung steht, vgl. etwa Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII – Sozialhilfe mit Asylbewerberleistungsgesetz, Kommentar, § 6 AsylbLG Rn. 11. 204 So Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V unter Bezugnahme auf Marburger, Ruhen des Leistungsanspruchs in der gesetzlichen Krankenversicherung bei Nichtzahlung von Beiträgen, in: Zeitschrift für das Fürsorgewesen, 2008, 79 (81). 205 Vgl. das Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 18./19. April 2007 in Essen zum Leistungsrecht des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetz), hier: Umsetzung des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V – Ruhen des Anspruchs bei Beitragsrückstand –, S. 13 zu 5.1 und 5.3. (Anlage 2 zum Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zu den leistungsrechtlichen Auswirkungen des GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 9. März 2007); abrufbar im Internet über: http://www.gkv-spitzenverband.de. 206 Zum Ende des Ruhens der Leistungsansprüche nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 2 SGB V bei Hilfsbedürftigkeit des Versicherten nach dem SGB II oder SGB XII vgl. eingehend unten zu Gliederungspunkt 3.5.2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 49 Mutterschaft erforderlich sind“. Dieser Ausnahmetatbestand ist nach der Gesetzesbegründung207 „in Anlehnung“ an die Regelung in § 4 Abs. 2 AsylbLG geschaffen worden, so dass auch hier die diesbezügliche Rechtsprechung und Literatur als Auslegungshilfe herangezogen werden kann208. Nach der Bestimmung des § 4 Abs. 2 AsylbLG sind werdenden Müttern und Wöchnerinnen ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe sowie Arznei-, Verband- und Heilmittel zu gewähren. Werdenden Müttern und Wöchnerinnen wird damit eine umfassende und wirksame Hilfe während der Schwangerschaft sowie bei und nach der Geburt zuteil209. Zur weiteren Konkretisierung des säumigen Beitragszahlerinnen durch § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 3 SGB V in Verbindung mit § 4 Abs. 2 AsylbLG eingeräumten Leistungsanspruchs sind die Regelungen der §§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 24c ff SGB V heranzuziehen, die mit Wirkung vom 30. Oktober 2012 – unter Aufhebung der bis dahin geltenden Bestimmungen der §§ 195 ff RVO – durch Art. 3 Nr. 1 Buchstabe a und Nr. 6 des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes vom 23 Oktober 2012210 in das SGB V integriert worden sind. Konkretisiert wird der Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 3 SGB V darüber hinaus durch § 19 Abs. 3 Satz 2 BMV-Ä, demzufolge der Vertragsarzt im Falle eines nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V eingeschränkten Leistungsanspruchs nur die Leistungen erbringen, veranlassen und verordnen darf, die bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Vom Ruhen ausgenommen sind bei Schwangerschaft und Mutterschaft danach folgende Leistungen: 3.4.2.3.2. Ärztliche Betreuung und Hebammenhilfe (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 1, 24d SGB V) Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den §§ 24c Nr. 1 und 24d SGB V umfasst der Leistungsanspruch bei Schwangerschaft und Mutterschaft zunächst ärztliche Betreuung und Hebammenhilfe . Die Versicherte hat gemäß § 24d Satz 1 SGB V während der Schwangerschaft, bei und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung sowie auf Hebammenhilfe einschließlich der Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft und zur Schwangerenvorsorge. Die ärztliche Betreuung umfasst auch die Beratung der Schwangeren zur Bedeutung der Mundgesundheit für Mutter und Kind einschließlich des Zusammenhangs zwischen Ernährung und Krankheitsrisiko sowie die Einschätzung oder Bestimmung des Übertragungsrisikos von Karies (§ 24d Satz 3 SGB V). 207 Vgl. die Begründung im Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD – BT-Drs. 16/3100 – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG), in: BT-Drs. 16/4247, S. 31 zu Art. 1 Nr. 9. 208 Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 16 Rn.17; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65c; Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 14. 209 Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 55; Wahrendorf, in: Grube/Warendorf, SGB XII – Sozialhilfe mit Asylbewerberleistungsgesetz, Kommentar, § 4 AsylbLG Rn. 29. 210 Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG) vom 23. Oktober 2012, BGBl. S. 2246, 2258. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 50 3.4.2.3.3. Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 2, 24e SGB V) Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den §§ 24c Nr. 2 und § 24e SGB V hat die Versicherte während der Schwangerschaft und im Zusammenhang mit der Entbindung darüber hinaus Anspruch auf Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln (§ 24e Satz 1 SGB V). Die für die Leistungen nach den §§ 31 bis 32 SGB V geltenden Vorschriften finden dabei entsprechender Anwendung (§ 24e Satz 2 Halbsatz 1 SGB V). 3.4.2.3.4. Ambulante oder stationäre Entbindung (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 3, 24f SGB V) Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 24c Nr. 3 und § 24f Satz 1 SGB V hat die Versicherte außerdem Anspruch auf ambulante oder stationäre Entbindung. Die Versicherte kann gemäß § 24f Satz 2 SGB V ambulant in einem Krankenhaus, in einer von einer Hebamme oder einem Entbindungspfleger geleiteten Einrichtung, in einer ärztlich geleiteten Einrichtung, in einer Hebammenpraxis oder im Rahmen einer Hausgeburt entbinden. Wird die Versicherte zur stationären Entbindung in einem Krankenhaus oder in einer anderen stationären Einrichtung aufgenommen, hat sie für sich und das Neugeborene Anspruch auf Unterkunft, Pflege und Verpflegung (§ 24f Satz 3 SGB V). Für diese Zeit besteht nach § 24f Satz 4 SGB V kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung . 3.4.2.3.5. Häusliche Pflege (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 4, 24g SGB V) Die Versicherte hat nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 4, 24g Satz 1 SGB V weiterhin Anspruch auf häusliche Pflege, soweit diese wegen Schwangerschaft oder Entbindung erforderlich ist. Der Anspruch auf häusliche Pflege besteht allerdings nur, soweit eine im Haushalt lebende Person die Versicherte in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann (§ 24g Satz 2 in Verbindung mit § 37 Abs. 3 SGB V). Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Pflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind der Versicherten die Kosten für eine selbst beschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten (§ 24g Satz 2 in Verbindung mit § 37 Abs. 4 SGB V). 3.4.2.3.6. Haushaltshilfe (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 5, 24h SGB V) Der Anspruch auf Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft umfasst nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den §§ 24c Nr. 5, 24h Satz 1 SGB V grundsätzlich auch Haushaltshilfe, soweit der Versicherten wegen Schwangerschaft oder Entbindung die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist und eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann. Im Gegensatz zu den vorgenannten Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft unterfällt die Haushaltshilfe jedoch nicht dem Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 3 SGB V, da sie nicht zu den Leistungen gehört, die in § 4 Abs. 2 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 51 AsylbLG aufgeführt sind211, der nach der Gesetzesbegründung – wie bereits erwähnt212 – als Regelungsvorbild dieser Bestimmung anzusehen ist. Dies bedeutet umgekehrt, dass der Anspruch auf Haushaltshilfe zu den Leistungen gehört, die bei abgemahntem Beitragsrückstand nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 SGB V in Verbindung mit Satz 1 dieser Vorschrift ruhen. 3.4.2.3.7. Mutterschaftsgeld (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 24c Nr. 6, 24i SGB V) Die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft umfassen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den §§ 24c Nr. 6, 24i SGB V grundsätzlich auch Mutterschaftsgeld, das gemäß § 24i Abs. 1 SGB V weibliche Mitglieder erhalten, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben oder denen wegen der Schutzfristen nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes 213 kein Arbeitsentgelt gezahlt wird. Ebenso wie die Haushaltshilfe zählt jedoch auch das Kranken- und Mutterschaftsgeld nicht zu den in § 4 Abs. 2 AsylbLG aufgeführten Leistungen214, so dass auch diese Leistungsansprüche nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 3 SGB V fallen und dementsprechend von der Ruhensanordnung nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V erfasst werden215. 3.4.2.4. Zur Frage der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit der in § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V geregelten Ausnahmen In der sozialrechtlichen Literatur wird zum Teil die Auffassung vertreten, eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit für die in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 2 und 3 SGB V vorgesehenen Ausnahmen im Falle akuter Erkrankungen, Schmerzzustände, Schwangerschaft oder Mutterschaft bestehe nicht216. Zu bedenken sei, dass die Neuregelung des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V durch Art. 1 Nr. 9a des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26. März 2007 mit Wirkung zum 1. April 2007217 gegenüber dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtszustand eine Verbesserung darstelle, da nach Ausschluss der Versicherten wegen Beitragsrückständen gemäß 211 Vgl. Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 58; Fasselt, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII/AsylbLG, § 4 AsylbLG Rn. 7; Birk, in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie, Sozialgesetzbuch XII – Sozialhilfe, Lehr- und Praxis Kommentar, § 4 AsylbLG Rn. 6. 212 Vgl. hierzu oben zu Gliederungspunkt 3.4.2.3.1. 213 Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz – MuSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2318), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2246). 214 Vgl. Frerichs, in: jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 58; Fasselt, in:Fichtner/Wenzel, SGB XII/AsylbLG, § 4 AsylbLG Rn. 7. 215 So ausdrücklich auch die Spitzenverbände der Krankenkassen in ihrem Gemeinsamen Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 9. März 2007 S. 5. 216 So Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch V, § 16 Rn. 29; anders wohl Liessem /Vogt, Existenzminimum und Gesundheitsversorgung – Die notwendige Versorgung ist nicht immer sichergestellt , in: Soziale Sicherheit (SozSich) 2010, S. 337 ff. 217 Vgl. hierzu näher oben zu Gliederungspunkt 3.1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 52 § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V alter Fassung218 nach alter Rechtslage überhaupt kein Versicherungsschutz mehr bestanden habe, ohne dass hiergegen verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden seien. Es könne keine staatliche Pflicht konstruiert werden, nicht sozialhilfebedürftigen Personen einen kostenfreien Krankenversicherungsschutz zulasten der Solidargemeinschaft zu verschaffen , wenn diesen die Beitragszahlung nach den sonstigen Regelungen zumutbar sei. Denjenigen , die zur Beitragsleistung finanziell nicht imstande seien, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wohl sogar ein darüber hinausgehender umfassender Krankenversicherungsschutz zu leisten219. Ansonsten habe es der Versicherte in der Hand, den Versicherungsschutz durch entsprechende Beitragszahlung wieder zu aktivieren. Verlange er eine Leistung, ohne seine Gegenleistung zu erbringen, verhalte er sich widersprüchlich und treuwidrig. Diese Bedenken legten eine enge Auslegung der in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 SGB V geregelten Ausnahmetatbestände nahe, was aber angesichts des Wortlautes nur bei Vorsorgeleistungen nach den §§ 25 und 26 SGB V und schmerzfreien Bagatellerkrankungen zum Tragen kommen könne220. 3.4.3. Von der Ruhensanordnung erfasste Leistungsansprüche Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass den Versicherungspflichtigen und -berechtigten nach den §§ 5 und 9 SGB V, die mit ihren Beiträgen in Rückstand geraten sind, trotz grundsätzlichen Ruhens ihrer Leistungsansprüche aufgrund der Ausnahmetatbestände nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 1 bis 3 SGB V ein erheblicher Teil ihres medizinischen Versorgungsanspruchs erhalten bleibt, der über eine reine „Notversorgung“ deutlich hinausgeht. Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass der „Leistungsausschluss“ als Folge der Ruhensanordnung nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V in Verbindung mit Satz 1 dieser Vorschrift damit deutlich weniger weit reicht, als es auf den ersten Blick erscheinen mag, bleiben säumigen Beitragszahlern von den in § 11 SGB V aufgeführten Leistungsansprüchen allerdings nicht alle Ansprüche erhalten. Zu den in § 11 SGB V genannten Leistungsarten, die von der Ruhensanordnung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V erfasst werden, gehören insbesondere folgende Leistungen: 3.4.3.1. Leistungen zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in Verbindung mit den §§ 20 - 24b SGB V) Von den in der Einweisungsvorschrift221 des § 11 SGB V aufgeführten Leistungsarten umfasst der „Anspruchsausschluss“ nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V zum einen Leistun- 218 Zum Ende der Mitgliedschaft freiwillig Versicherter bei Nichtzahlung von Beiträgen nach § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V alter Fassung vgl. bereits oben zu Gliederungspunkt 3.1 219 Vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 9. Februar 2010 –1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, BVerfGE 125, 175 ff. 220 Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner; Kommentar zum Sozialgesetzbuch V, § 16 Rn. 29. 221 Vgl. Becker/Kingreen, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 11 Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 53 gen der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 20 bis 24b SGB V222. Im Einzelnen ruhen bei Nichtzahlung von Beiträgen danach vor allem folgende Leistungsansprüche: 3.4.3.1.1. Leistungen für Schutzimpfungen (§ 20d SGB V) Vom Ruhen erfasst ist zunächst der Anspruch Versicherter nach § 20d SGB V auf Leistungen für Schutzimpfungen im Sinne des § 2 Nr. 9 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)223. Schutzimpfung ist nach dieser Bestimmung die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen. Mit der Übernahme von Schutzimpfungen in den Pflichtleistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung durch Art. 1 Nr. 12 des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26. März 2007224 mit Wirkung vom 1. April 2007225 verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, den Geimpften vor Infektionskrankheiten und deren Folgen zu schützen, den Ausbruch und die Weiterverbreitung von Epidemien durch einen Kollektivschutz zu verhindern und Kosteneinsparungen zu realisieren, da Impfungen zu den kosteneffektivsten Präventionsmaßnahmen gehören226. Durch die Verankerung von Leistungen für Schutzimpfungen als Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 20d SGB V wird nach der Gesetzesbegründung227 ein bundesweit einheitlicher Katalog der Impfleistungen geschaffen, die Transparenz und Sicherheit in der Kostenübernahme erhöht, der hohe – auch gesundheitspolitische – Stellenwert von Impfungen betont („ Signalwirkung“) und der Arzt in die Lage versetzt, Impfungen ohne Unsicherheiten hinsichtlich der Kostenübernahme durchzuführen. Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen für Schutzimpfungen sind gemäß § 20d Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Satz 2 N. 15 SGB V in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Schutzimpfungen nach § 20d Abs. 1 SGB V (Schutzimpfungs -Richtlinie/SI-RL)228 geregelt. Grundlage hierfür sind die Empfehlungen der Ständigen Impf- 222 Harich, in: BeckOk SGB V, § 16 Rn.26; Blöcher, in: jurisPK-SGB V, § 16 Rn. 56. 223 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 36 und Art. 4 Abs. 21 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154). 224 BGBl. I S. 378. 225 Zuvor hatte § 23 Abs. 9 SGB V alter Fassung die Krankenkassen ermächtigt, Schutzimpfungen als freiwillige Satzungsleistungen vorzusehen. 226 Zu diesen vom Gesetzgeber verfolgten drei Zielen vgl. näher die Begründung im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV- WSG), in: BT-Drs. 16/3100, S. 100 zu § 20d SGB V. 227 Vgl. BT-Drs. 16/3100, S. 100 zu § 20d SGB V. 228 In der Fassung vom 21. Juni 2007/18. Oktober 2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007, Nr. 224 ( S. 8154), zuletzt geändert am 20. November 2014, veröffentlicht im Bundesanzeiger BAnz AT 13.02.2015 B2, in Kraft getreten am 14. Februar 2015, abrufbar im Internet über: http.//www.g-ba.de. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 54 kommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut gemäß § 20 Abs. 2 IfSG unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung der Schutzimpfungen für die öffentliche Gesundheit (§ 20d Abs. 1 Satz 3 SGB V). Sie konkretisiert den Umfang der im SGB V festgelegten Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen auf der Grundlage des Wirtschaftlichkeitsgebots im Sinne einer notwendigen , ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse (§ 2 Abs. 1 Satz 2 der Schutzimpfungs -Richtlinie/SI-RL). 3.4.3.1.2. Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen (§ 22 SGB V) Von der Ruhensanordnung nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V erfasst ist auch der Anspruch auf Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen (Individualprophylaxe) nach § 22 SGB V. Die Bestimmung des § 22 SGB V wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1989 durch das Gesundheitsreformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988229 eingeführt und regelt seit ihrer Neufassung durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22. Dezember 1999230, die am 1. Januar 2000 in Kraft trat, den Anspruch von Kindern und Jugendlichen zwischen dem sechsten und achtzehnten Lebensjahr auf zahnärztliche Leistungen der individuellen Prophylaxe. Die Vorschrift ist als Ergänzung zur Gruppenprophylaxe nach § 21 SGB V zu verstehen und dient – nachdem sich die mit dem Zweiten Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 23. Juni 1997231 eingeführten individualprophylaktischen Leistungen für Erwachsene als nicht zielgerichtet und ineffizient erwiesen hatten und deshalb durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 wieder aus dem Leistungskatalog herausgenommen wurden232 – nunmehr ausschließlich noch der vorbeugenden Jugendzahnpflege bis zum achtzehnten Lebensjahr233. Aus Gründen der Kontinuität der zahnmedizinischen Versorgung soll sich von der Vollendung des sechsten Lebensjahres an eine gezielte Individualprophylaxe an die Gruppenprophylaxe anschließen234. Ziel der Norm ist es, durch Früherkennung und primäre Prävention (§ 22 Abs. 1 und 2 SGB V) sowie sekundäre Prävention (§ 22 Abs. 3 SGB V) Zahnerkrankungen zu vermeiden235. 229 BGBl. I S. 2477. 230 BGBl. I S. 2626. 231 BGBl. S. 1520. 232 Vgl. hierzu näher Reit, in: BeckOk, SGB V, § 22 Rn. 3 und Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung /Pflegeversicherung, SGB V, § 22 Rn. 2; Höfler, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 22 Rn. 2. 233 Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 22 SGB V Rn. 2; Reit, in: BeckOK, SGB V, § 22 Rn. 2; Höfler, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 22 Rn. 2; Welti, in: Becker /Kingreen, SGB V, § 22 Rn. 1. 234 Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 22 Rn. 1; Reit, in: BeckOK, SGB V, § 22 Rn. 2. 235 Welti, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 22 Rn. 1; Höfller, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 22 Rn. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 55 Versicherte, die das sechste, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, können sich nach § 22 Abs. 1 SGB V zur Verhütung von Zahnerkrankungen einmal in jedem Kalenderhalbjahr zahnärztlich untersuchen lassen, weil in diesem Alter die Zahnprophylaxe besonders wichtig ist236. Die Untersuchungen sollen sich – als Elemente der Früherkennung und der primären Verhaltensprävention237 – auf den Befund des Zahnfleisches, die Aufklärung über Krankheitsursachen und ihre Vermeidung, das Erstellen von diagnostischen Vergleichen zur Mundhygiene , zum Zustand des Zahnfleisches und zur Anfälligkeit gegenüber Karieserkrankungen, auf die Motivation und Einweisung bei der Mundpflege sowie auf Maßnahmen zur Schmelzhärtung der Zähne erstrecken (§ 22 Abs. 2 SGB V). Nach § 22 Abs. 3 SGB V besteht für Versicherte, die das sechste, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, darüber hinaus – als Maßnahme der sekundären Prävention – ein Anspruch auf Versiegelung von Rissen (Frisuren) der bleibenden Backenzähne (Molaren), die als sehr effiziente Maßnahme zur Vermeidung von Karies angesehen wird, da die Molaren besonders kariesanfällig sind238. Das Nähere über Art, Umfang und Nachweis der individualprophylaktischen Leistungen ist in den Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen über Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen (Individualprophylaxe) in der Fassung vom 4. Juni 2003, in Kraft getreten zum 1. Januar 2004 239, geregelt. Sofern Kinder und Jugendliche im Alter zwischen dem sechsten und achtzehnten Lebensjahr als Mitglieder nach den Vorschriften des SGB V selbst beitragspflichtig sind, also ausnahmsweise nicht zu den nach § 10 SGB V Familienversicherten gehören240, und mit der Zahlung ihrer Beiträge in Rückstand geraten, ruht – wie oben bereits erwähnt – gemäß 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V ihr Sachleistungsanspruch auf zahnärztliche Leistungen der individuellen Prophylaxe nach § 22 SGB V. Demgegenüber haben – wie oben näher dargelegt241 – aufgrund des Ausnahmetatbestandes des § 16 Abs.3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 2 Fall 1 SGB V Kinder und Jugendliche als säumige Beitragszahler nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB V bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres Anspruch auf Untersuchungen sowie nach Vollendung des zehnten Lebensjahres Anspruch auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, die ihre körperliche oder geistige Entwicklung in nicht geringfügigem Maße gefährden. Zu den Früherkennungsuntersuchungen auf Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten, die gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB V bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres erbracht werden, gehören nach § 26 Abs. 1 236 Wagner, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB V, § 22 Rn. 3. 237 Welti, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 22 Rn. 4. 238 Höfler, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, SGB V, § 22 Rn. 5. 239 Veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 226 (S. 24966) vom 3. Dezember 2003, in Kraft getreten am 1. Januar 2004. 240 Zur Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V auf selbst zur Beitragszahlung verpflichtete Mitglieder und zur Nichteinbeziehung der nach § 10 SGB V mitversicherten Familienangehörigen in den persönlichen Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V vgl. näher oben zu den Gliederungspunkten 3.2.1. und 3.2.2. 241 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Gliederungspunkt 3.4.2.1.3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 56 Satz 2 SGB V dabei insbesondere die Inspektion der Mundhöhle, die Einschätzung oder Bestimmung des Kariesrisikos, die Ernährungs- und Mundhygieneberatung sowie Maßnahmen zur Schmelzhärtung der Zähne und zur Keimzahlsenkung. 3.4.3.1.3. Medizinische Vorsorgeleistungen (§ 23 SGB V) Vom Ruhen erfasst sind auch medizinische Vorsorgeleistungen im Sinne des § 23 SGB V. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung haben Versicherte Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind, um eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen , einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken, Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. Reichen bei Versicherten diese Leistungen nach Abs. 1 nicht aus, kann die Krankenkasse gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 SGB V aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten erbringen. Reichen bei Versicherten die Leistungen nach Abs. 1 und 2 nicht aus, kann die Krankenkasse darüber hinaus Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer Vorsorgeeinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht (§ 23 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V). 3.4.3.1.4. Medizinische Vorsorgeleistungen für Mütter und Väter (§ 24 SGB V) Von der Ruhensanordnung des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V erfasst sind außerdem medizinische Vorsorgeleistungen für Mütter und Väter nach § 24 SGB V. Diese Vorschrift räumt den Versicherten unter den in § 23 Abs. 1 SGB V genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf aus medizinischen Gründen erforderliche Vorsorgeleistungen in einer Einrichtung des Müttergenesungswerks oder einer gleichartigen Einrichtung ein, wobei die Leistung auch in Form einer Mutter-Kind-Maßnahme erbracht werden kann (§ 24 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Diese Regelung gilt gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch für Vater-Kind-Maßnahmen in dafür geeigneten Einrichtungen. Vorsorgeleistungen nach den Sätzen 1 und 2 werden in Einrichtungen erbracht, mit denen ein Versorgungsvertrag nach § 111a SGB V besteht (§ 24 Abs. 1 Satz 3 SGB V). 3.4.3.1.5. Leistungen zur Empfängnisverhütung (§ 24a SGB V) Zu den vom Ruhen erfassten Leistungsansprüchen gehören auch die in § 24a SGB V geregelten Ansprüche auf Leistungen zur Empfängnisverhütung. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf ärztliche Beratung über Fragen der Empfängnisregelung, zu der gemäß Abs. 1 Satz 2 SGB V auch die erforderliche Untersuchung und die Verordnung von empfängnisregelnden Mitteln gehören. Versicherte bis zum vollendeten 20. Lebensjahr haben nach § 24 Abs. 2 SGB B V darüber hinaus Anspruch auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln, soweit sie ärztlich verordnet werden. 3.4.3.1.6. Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation (§ 24b SGB V) Vom Ruhen erfasst sind außerdem Leistungsansprüche bei Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation nach § 24b SGB V. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Norm haben Versicherte Anspruch auf Leistungen bei einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation und bei einem nicht rechtswidrigen Abbruch der Schwangerschaft durch einen Arzt. In diesen Fällen werden gemäß § 24b Abs. 2 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 57 Satz 1 SGB V ärztliche Beratung über die Erhaltung und den Abbruch der Schwangerschaft, ärztliche Untersuchung und Begutachtung zur Feststellung der Voraussetzungen für eine durch Krankheit erforderliche Sterilisation oder für einen nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch , ärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln sowie Krankenhauspflege gewährt. Im Falle eines unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 des Strafgesetzbuches242 vorgenommen sonstigen straffreien Abbruchs der Schwangerschaft ist der Anspruch dagegen auf die Leistungen beschränkt, die den in § 24b Abs. 3 SGB V genannten Zwecken dienen. Versicherte haben in diesem Fall Anspruch auf die ärztliche Beratung über die Erhaltung und den Abbruch der Schwangerschaft, die ärztliche Behandlung mit Ausnahme der Vorname des Abbruchs und der Nachbehandlung bei komplikationslosem Verlauf, die Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitten sowie auf Krankenhausbehandlung, falls und soweit die Maßnahmen dazu dienen, - die Gesundheit des Ungeborenen zu schützen, falls es nicht zum Abbruch kommt, - die Gesundheit der Kinder aus weiteren Schwangerschaften zu schützen oder - die Gesundheit der Mutter zu schützen, insbesondere zu erwartenden Komplikationen aus dem Abbruch der Schwangerschaft vorzubeugen oder eingetretene Komplikationen zu beseitigen . 3.4.3.2. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen (§ 11 Abs. 2 SGB V) Zu den von der Ruhensanordnung des § 16 Abs. 3a Satz 1 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V erfassten Leistungsansprüchen gehören auch Ansprüche auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 11 Abs. 2 Satz 1 SGB in Verbindung mit den §§ 40 – 43 SGB V)243. Dieser „Anspruchsausschluss“ als Folge der Ruhensanordnung umfasst aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111c SGB V besteht (vgl. § 40 Abs. 1 SGB V), die stationäre medizinische Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs. 2a des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch (SGB IX)244 zertifizierten Rehabilitationseinrichtung , mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht (vgl. § 40 Abs. 2 SGB V) und aus medizinischen Gründen erforderliche Rehabilitationsleistungen in einer Einrichtung des Müttergenesungswerks oder einer gleichartigen Einrichtung für Mütter und Väter nach § 41 SGB V. Gleiches gilt für den Anspruch Versicherter auf Belastungserprobung und Arbeitstherapie gemäß § 42 SGB V, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschrif- 242 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10). 243 Harich, in: BeckOk, SGB V, § 16 Rn. 26. 244 Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (Art. 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBl. I S. 1046, 1047), zuletzt geändert durch Art. 1a des Gesetzes vom 7. Januar 2015 (BGBl. 2015 II S. 15). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 58 ten solche Leistungen nicht erbracht werden können, und die ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation , die die Krankenkasse unter den Voraussetzungen des § 43 SGB V erbringen oder fördern kann. 3.5. Ende der Ruhens Unter welchen Voraussetzungen das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen für Mitglieder nach den Vorschriften des SGB V endet, ist in § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 und Satz 3 SGB V geregelt . 3.5.1. Zahlung aller rückständigen und der auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile (§ 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 1 SGB V) Das Ruhen endet nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 1 SGB V – ebenso wie im Rahmen des KSVG nach dessen § 16 Abs. 2 Satz 5245 – zum einen dann, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind; im Gegensatz zur Regelung für Versicherte nach dem KSVG246 müssen eventuelle Beitragsrückstände in der sozialen Pflegeversicherung hier allerdings nicht zusätzlich ausgeglichen werden247. Insoweit handelt es sich inhaltlich um die Wiederherstellung des Rechtszustandes, der vor dem Eintritt des Ruhens bestanden hat, so dass Versicherte nach den §§ 5 und 9 SGB V unter diesen Voraussetzungen wieder einen realisierbaren Anspruch auf Leistungen nach den in 11 SGB V genannten Vorschriften haben248. Das Ruhen sanktioniert allein den Zustand der fehlenden Beitragszahlung; diese Rechtsfolge beinhaltet hingegen keine „Strafe“ über diese Zeit hinaus249. 3.5.2. Hilfebedürftigkeit des Versicherten nach dem SGB II oder SGB XII (§ 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 2 SGB V) Das Ruhen wird nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 2 SGB V ferner beendet, wenn die betroffenen Versicherten hilfebedürftig im Sinne des SGB II250 oder SGB XII251 werden. Nach der 245 Vgl. hierzu näher oben zu Gliederungspunkt 2.5. 246 Vgl. hierzu näher oben zu Gliederungspunkt 2.5. 247 Waltermann, in : Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 14; Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65d. 248 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65d. 249 Nofz. In. Hauck/Noftz, SGBV, § 16 Rn. 65d. 250 Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (Art. 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954), in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 20 des Gesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434). 251 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) – Sozialhilfe – (Art. 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022), zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1133). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 59 Gesetzesbegründung252 soll hierdurch dieser besonderen Situation Rechnung getragen und ein dauerhaftes Ruhen der Leistungen vermieden werden253. Aufgrund der Schutzfunktion der Vorschrift ist nicht entscheidend, ob Leistungen gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB II oder § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII tatsächlich auch beantragt wurden, sondern nur ob in der Sache Hilfebedürftigkeit vorliegt254. Regelmäßig wird aber ein Bewilligungsbescheid des Jobcenters bzw. des Sozialamts vorliegen, auf den zurückgegriffen werden kann255. Die Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II als Voraussetzung für das Ende des Ruhens nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Satzteil 2 SGB V bestimmt sich nach § 9 SGB II256. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 4 SGB II auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde. Leben Hilfsbedürftige in Hausgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Was der Gesetzgeber unter „Hilfebedürftigkeit“ im Sinne des SGB XII verstanden wissen wollte, ist demgegenüber nicht ohne weiteres erkennbar, da die Einkommens- und Vermögensberücksichtigung im SGB XII erheblich danach differiert, welche Sozialhilfeleistung beansprucht wird257. So ist Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (§§ 27 - 40) Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten können (§ 19 Abs. 1 SGB XII). Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (§§ 41 - 46b) ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können (§ 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Hilfen in besonderen Lebenslagen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII (§§ 47 - 74) werden dagegen geleistet, soweit den Leistungsberechtigten 252 Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD – BT- Drs. 16/3100 – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG), in: BT-Drs. 16/4247, S. 31 zu Art. 1 Nr. 9. 253 So auch Noftz, in: Hauck/Noftz, SGBV, § 16 Rn. 65d und Waltermann, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 16 Rn. 14. 254 Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 28.1. 255 Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 28.1. 256 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65d; Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 28.1. 257 Harich, in: BeckOK, SGB V, § 16 Rn. 28.1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 60 und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII (§§ 82 - 96) nicht zuzumuten ist. Insbesondere der Vergleich mit dem SGB II spricht dafür, im Rahmen des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 2 Fall 2 SGB V denjenigen als „hilfebedürftig im Sinne des SGB XII“ anzusehen, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht mehr selber bestreiten kann und deswegen, je nach persönlichem Anwendungsbereich, entweder nach § 27 SGB XII oder nach § 41 SGB XII leistungsberechtigt ist258. 3.5.3. Wirksame Ratenzahlungsvereinbarung (§ 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V) Durch Art. 15 Nr. 01 Buchstabe b des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009259 wurde mit der Regelung in Satz 3 des § 16 Abs. 3a SGB V – über die bis dahin im Gesetz vorgesehenen Fälle der vollständigen Begleichung der Beitragsschuld bzw. des Eintretens von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II oder SGB XII hinaus – ein weiterer Tatbestand für das Ende des Ruhens eingefügt. Nach der Vorschrift des § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V, die auf eine Ergänzung im Gesetzgebungsverfahren zurückgeht260, endet das Ruhen der Leistungen auch dann, wenn zwischen dem Mitglied und der zuständigen Krankenkasse eine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung zur Zahlung der Beitragsrückstände geschlossen wurde, und zwar ab dem Zeitpunkt des Zustandekommens dieses Vertrages. Dies gilt allerdings nur für den Zeitraum, in dem die Raten vertragsgemäß entrichtet werden. Mit dieser Regelung sollte nach der Begründung des Ausschusses für Gesundheit261 ein zusätzlicher Anreiz für Beitragsschuldner geschaffen werden, besondere Anstrengungen zur Tilgung angefallener Beitragsrückstände zu unternehmen; dies kommt auch der Versichertengemeinschaft zu Gute262. Dabei geht die Gesetzesbegründung nicht auf den Umstand ein, dass schon vorher die Möglichkeit bestand, das Ruhen für beendet zu erklären, nämlich über den Verweis des § 16 Abs. 3a Satz 2 Satzteil 1 SGB V auf Satz 1, der seinerseits auf § 16 Abs. 2 KSVG und damit auch auf dessen Satz 6 verweist. Da die Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 6 KSVG allerdings nur eine Ermessensnorm beinhaltet263, ist die Rechtsposition des Mitglieds nach § 16 Absatz 3a Satz 3 SGB V nunmehr deutlich gestärkt264. Die Regelung des § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V für den Bereich des SGB V ähnelt zwar der in § 16 Abs. 3a Satz 1 SGB V in Verbindung mit § 16 Abs. 2 Satz 6 KSVG, ist 258 So überzeugend Harich, in: BeckOk, SGB V, § 16 Rn. 28.1. 259 BGBl. I S.1990, 2013, in Kraft getreten am 23. Juli 2009, vgl. Art. 19 Abs. 1 des Gesetzes. 260 Vgl. die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – BT-Drs. 16/12256, 16/12677 – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, in: BT-Drs. 16/13428 S. 56. 261 Vgl. die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – BT-Drs. 16/12256, 16/12677 – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, in: BT-Drs. 16/13428 S. 89 zu Art. 15 Nr. 01 Buchstabe b. 262 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65e. 263 Vgl. hierzu näher oben zu Gliederungspunkt 2.5. 264 Harich, in: BeckOk, SGB V, § 16 Rn. 29. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 61 konstruktiv aber anders angelegt. Die – erneute – Realisierbarkeit der Leistungsansprüche nach § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V ist zwingende und unmittelbare Folge der Ratenzahlungsvereinbarung, sie wird nicht erst – wie im Rahmen des KSVG für selbständige Künstler und Publizisten – durch eine im Ermessen des Leistungsträgers stehende konstitutive Feststellung begründet. Der ausdrücklichen Aufhebung des Ruhensbescheides bedarf es nicht, dies geschieht vielmehr als Folge der gesetzlichen Regelung265. Die Wiederherstellung der Realisierbarkeit der – vom Ruhen erfassten – Leistungsansprüche steht nach § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V unter der Voraussetzung, dass die Raten vertragsgemäß entrichtet werden. Geschieht das gar nicht oder nicht vollständig, entfällt bei dieser gesetzlichen Konstruktion („wieder Anspruch auf Leistungen, solange die Raten vertragsgemäß entrichtet werden“) die wiederauflebende Wirkung, und zwar am Tag nach dem Fälligkeitstermin der ausstehenden Raten 266. Dies beinhaltet eine gesetzlich normierte auflösende Bedingung267 mit der Folge, dass die bedingt aufgehobene Ruhenswirkung nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 Satzteil 1 SGB V wieder in Kraft tritt268. Die Regelung stellt allein auf die tatsächliche Nichtentrichtung der vertragsgemäßen Raten ab. Eines Verzuges des Mitglieds mit den Elementen des Verschuldens und einer eventuellen Mahnung nach den §§ 61 Satz 2 SGB X, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4, 276 Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) oder eines qualifizierten Rückstandes – wie im Rahmen des § 16 Abs. 3a Satz 2 Halbsatz 1 SGB V – bedarf es deshalb nicht269. Die das Mitglied begünstigende Wirkung („wieder Anspruch auf Leistungen“) entfällt unabhängig vom rechtlichen Schicksal der Ratenzahlungsvereinbarung . In Betracht kommen deren außerordentliche Kündigung durch die Krankenkasse 270 oder eine in der Ratenzahlungsvereinbarung vereinbarte Verfallsklausel mit der Folge einer unmittelbaren Fälligkeit der Restschuld271. Voraussetzung für das „Wiederaufleben“ der Leistungsansprüche ist nach dem Gesetz nämlich nicht allein eine wirksame Ratenzahlungsver- 265 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65e. 266 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65f. 267 Zu deren Definition vgl. §§ 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X, 158 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 22. Juli 2014 (BGBl. I S. 1218). 268 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65f. 269 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65f. 270 OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. Juli 2005 – 8 U 714/04, in: MDR 2006, 194 f unter Berufung auf BGH, Urteil vom 5. März 1981 – III ZR 115/80, in: NJW 1981, 1666 (1667) und BGH, Urteil vom 19. September 1985 – III ZR 213/83, in: BGHZ 95,362( 374) = NJW 1986, 46 (48). 271 Vgl. dazu und zum dafür vorausgesetzten Verzug BGH, Urteil vom 30. Oktober 1985 – VIII ZR 251/84, in: BGHZ 96, 182 (191 f) = NJW 1986, 424 (426); BGH, Urteil vom 24. September 1987 – III ZR 187/86, in: BGHZ 101, 380 (390) = NJW 1987, 3256 (3259). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 62 einbarung und deren Bestand, sondern zusätzlich deren tatsächliche Erfüllung. Wegen der scharfen Rechtsfolge der Nichtentrichtung der vereinbarten Raten ist das Mitglied bei Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung entsprechend zu belehren272. Die Vorschrift des § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V trifft keine ausdrückliche Regelung darüber, ob die begünstigende Wirkung wiederauflebt, wenn das Mitglied die unterbrochene Ratenzahlung wieder aufnimmt und die fälligen Raten für die Vergangenheit nebst Säumniszuschlägen nach § 24 SGB IV bzw. Zinsen aufgrund der Ratenzahlungsvereinbarung nachentrichtet hat. Der oben bereits dargelegte Normzweck des § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V, einen zusätzlichen Tilgungsanreiz für Beitragsschuldner zu schaffen, spricht für eine solche Lösung und auch der Wortlaut dieser Bestimmung („solange“) steht dem nicht entgegen273. Diese Folge nimmt dem zuvor erörterten Wegfall der Begünstigung bei nicht vertragsgemäßer Entrichtung der Raten zugleich die besondere Härte der Unabänderlichkeit. Voraussetzung ist allerdings die Zustimmung der Krankenkasse, in der die Wiederherstellung der bisherigen Ratenzahlungsvereinbarung bzw. der Abschluss einer inhaltsgleichen neuen zu sehen ist. Einer unabhängig hiervon abgeschlossen Ratenzahlungsvereinbarung mit der in § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V geregelten Wirkung stehen auch nach Eintritt der auflösenden Bedingung keine rechtlichen Bedenken entgegen, sofern die Stundungsvoraussetzungen gegeben sind274. Martin Ostermann 272 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65f. 273 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65g. 274 Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 16 Rn. 65g. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 63 4. Literaturverzeichnis Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, herausgegeben von Christian Rolfs, Richard Giesen Ralf Kreikebohm und Peter Udsching, Stand: 1. Dezember 2014, Edition: 36, Verlag C. H. Beck, München Becker, Ulrich/Kingreen,/Thorsten (Hrsg.), SGB V, Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar , 4. Auflage 2014, Verlag C. H. Beck, München Bieritz-Harder, Renate/Conradis, Wolfgang/Thie, Stephan, Sozialgesetzbuch XII – Sozialhilfe, Lehr- und Praxiskommentar, 9. 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Auflage 2012, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden Hauck, Karl/Noftz, Wolfgang (Hrsg.), SGB V, Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar, Loseblattwerk , Stand: 09/2014, Erich Schmidt Verlag Berlin Jarass, Hans D./Pieroth, Bodo, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 13. Auflage 2014, Verlag C. H. Beck, München juris PraxisKommentar, SGB V, Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung , herausgegeben von Klaus Engelmann u. a., 2. Auflage 2012, juris GmbH, Saarbrücken juris PraxisKommentar, SGB XII, Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe, Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), herausgegeben von Pablo Coseriu und Wolfgang Eicher, 2. Auflage 2014, juris GmbH, Saarbrücken Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, herausgegeben von Anne Körner, Stephan Leitherer und Bernd Mutschler, Loseblattwerk, Band 1, Stand der 84. Ergänzungslieferung: 1. Dezember 2014, Verlag C. H. Beck, München 2015 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 023/15 Seite 64 Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Kommentar, herausgegeben von Regine Wagner und Stefan Knittel, Loseblattwerk, Band. 1: SGB I, SGB IV, SGB V §§ 1 bis 88, Stand: Oktober 2014, Verlag C. H. Beck, München 2015 Kreikebohm, Ralf/Spellbrink, Wolfgang/Waltermann, Raimund, Kommentar zum Sozialrecht: VO (EG) Nr. 883/2004, SGB I bis SGB XII, SGG, BAföG, BEEG, Kindergeldrecht (EStG), Unterhaltsvorschuss G, WoGG, 3. Aufl. 2013, Verlag C. H. Beck, München Liessem, Verena/Vogt, Claire, Existenzminimum und Gesundheitsversorgung – Die notwendige Versorgung ist nicht immer sichergestellt in: Soziale Sicherheit, Zeitschrift, 2010, S. 337 – 341 Marburger, Horst, Ruhen des Leistungsanspruchs in der gesetzlichen Krankenversicherung bei Nichtzahlung von Beiträgen, in: Zeitschrift für das Fürsorgewesen (ZfF), 2008, S. 79 – 82 Pschyrembel, Willibald, Klinisches Wörterbuch, 266. 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