© 2020 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 022/20 Informationen zur Corona-Pandemie in China, im Iran und in Südkorea (Stand: 13. April 2020) Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 022/20 Seite 2 Informationen zur Corona-Pandemie in China, im Iran und in Südkorea (Stand: 13. April 2020) Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 022/20 Abschluss der Arbeit: 15. April 2020 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 022/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Zur Situation in China 4 2.1. Maßnahmen in der Provinz Hubei und in anderen Teilen des Landes 5 2.2. Einschätzungen zur Vorgehensweise in China 6 3. Zur Situation im Iran 7 3.1. Maßnahmen der Regierung und Unterstützung durch die WHO 7 3.2. Problemschwerpunkte in der Krise 8 4. Südkorea 9 4.1. Maßnahmen der südkoreanischen Regierung 9 4.2. Einschätzungen zu den Erfahrungen mit der Bekämpfung des Virus 10 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 022/20 Seite 4 1. Vorbemerkung In der aktuellen Diskussion in Deutschland zur Bewältigung der Corona-Pandemie wird immer wieder der Blick auf Asien gerichtet. Asiatische Länder wie insbesondere China hatten bereits in den letzten Jahren Erfahrungen mit Epidemien wie MERS und SARS machen müssen. Im Januar 2020, nach Auftreten der ersten Corona-Infektionsfälle in China, wurde in den internationalen Medien zunächst über Vertuschung und Verharmlosung der Krise berichtet. Bald darauf stellte man fest, dass insbesondere in China und in Südkorea mit offensichtlich wirksamen Maßnahmen zur Eindämmung der Infektion begonnen wurde. Dabei ist China deutlich restriktiver vorgegangen und hat Massenquarantänen angeordnet, während Südkorea auf Selbstverpflichtungen und Freiwilligkeit in der Bevölkerung gesetzt hat. Es hat sich gezeigt, dass das Vorgehen in China und Südkorea, bezogen auf den Rückgang der Infektionsrate, ganz offensichtlich erfolgreich war. Die vorliegende Dokumentation führt Beiträge zu den in China, dem Iran und in Südkorea ergriffenen Strategien zur Bekämpfung der Infektion mit dem COVID-19 Virus auf und weist auf die Einschätzungen bei uns hin, wobei die Vorgehensweisen zum Teil wegen der Verletzung von Grund- und Menschenrechten kritisiert werden, andererseits aber auch einige Maßnahmen als beispielhaft für ein effektives Krisenmanagement gesehen werden. 2. Zur Situation in China Eine Übersicht über die Entwicklung der Corona-Krise und deren Start in China liefert der Beitrag von Morcinek, Martin/Wolf, Christoph, Daten, Karten, Infografiken, Die Coronavirus-Lage in China, in: Ntv vom 20. März 2020, abrufbar unter: https://www.n-tv.de/infografik/Die-Coronavirus -Lage-in-China-article21640645.html. Aktuell meldet die Johns-Hopkins-University – Stand: 13. April 2020 – 83.135 Infektions- und (Stand: 13. April 2020)3.343 Todesfälle, siehe: COVID-19 Dashboard by the Center for Systems Science and Engineering (CSSE) at Johns Hopkins University (JHU), abrufbar unter: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index .html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6. Nach bisherigen Erkenntnissen sei, so die Berichte in den internationalen Medien, davon auszugehen , dass die Corona-Pandemie in der Stadt Wuhan in der chinesischen Provinz Hubei Ende Dezember 2019 begonnen hat. Allerdings vermutet man, dass es bereits im November 2019 erste Fälle von Infektionen mit dem Virus gegeben hat. In den Medien wurde wiederholt berichtet, dass der erste Übertragungsfall auf einen Menschen auf einem Fischmarkt in Wuhan passiert sein könne, siehe hierzu etwa den Beitrag: Corona-Virus: Wie China versucht, die Geschichte des Corona-Ausbruchs neu zu schreiben, in: Süddeutsche Zeitung vom 15. März 2020, abrufbar unter : https://www.sueddeutsche.de/politik/china-coronavirus-xi-jinping-1.4844980. Andererseits wird inzwischen in den Medien auch von einer Studie berichtet, die aufzeige, dass der erste an der Infektion nachweislich erkrankte Patient diesen Fischmarkt nicht besucht habe. Die chinesische Regierung habe am 31. Dezember 2019 die WHO offiziell davon unterrichtet, dass es vermehrt Fälle schwerer Lungenentzündung geben würde, der Erreger aber noch nicht identifiziert worden sei. Eine Woche später, am 7. Januar 2020, sei bekannt gegeben worden, dass es sich um ein neuartiges Corona-Virus handeln würde. In der darauf folgenden Woche habe die chinesische Regierung bekannt gegeben, dass es keine Neuinfektionen gäbe. In dieser Zeit fanden Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 022/20 Seite 5 im ganzen Land Vorbereitungen für das chinesische Neujahrsfest (Datum für dieses Jahr: 25. Januar , Dauer der Feierlichkeiten: 14 Tage) statt. Die vorbereitenden Veranstaltungen hätten deshalb zunächst wie geplant stattgefunden. Am 23. Januar 2020 wird in den deutschen Nachrichtensendungen berichtet, dass Präsident Xi Jinping alle größeren Veranstaltungen rund um das Neujahrsfest abgesagt habe, vgl. Coronavirus breitet sich aus, Peking sagt Neujahrsfeiern ab, in: Tagesschau.de vom 23. März 2020, abrufbar unter: https://www.tagesschau.de/ausland/china-coronavirus-115.html. Am 26. Januar 2020 wird offiziell bekannt gegeben, dass mehr als 2.700 Personen mit dem neuen Virus infiziert seien. Noch an diesem Tag wird die Provinz Hubei und damit auch die Stadt Wuhan zum Risikogebiet in China erklärt, siehe das Fact Sheet des Science Media Center Germany zur Risikoeinschätzung mit Informationen des Robert-Koch-Instituts und insbesondere der Einschätzung des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC), abrufbar unter: https://www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/fact-sheet/details/news/coronavirus-2019- ncov-neueste-informationen-und-entwicklungen/. Bereits im Februar gelingt es in China dann, was international großes Aufsehen erregt hat, den Anstieg der Infektionen zu bremsen. In einem Bericht eines Teams der WHO, der in den deutschen Medien zitiert wird, heißt es: „China hat vielleicht die ambitioniertesten, agilsten und aggressivsten Bemühungen zur Krankheitseindämmung in der Geschichte eingeführt“, siehe: Propaganda , Xi Jiping gibt sich als Corona-Bezwinger, in: RP-online vom 10. März 2020, abrufbar unter : https://rp-online.de/politik/ausland/chinas-praesident-gibt-sich-als-corona-bezwinger_aid- 49482069. Aktuell wird in den Medien von einer neuen Ausbruchswelle in China berichtet. Seit Ende März häuften sich die Neuinfektionen, die Gesundheitskommission in China melde neue Infektionen, die ganz überwiegend aus dem Ausland importiert worden seien, siehe hierzu: Kern, Christian, Corona China aktuell, So ist die Lage in China: Sorge um importierte Infektionsfälle, in: Swp.de vom 12. April 2020, abrufbar unter: https://www.swp.de/panorama/corona-china-aktuell-so-istdie -lage-in-china_-nur-2.500-neu-infektionen-im-maerz_-hat-china-das-coronavirus-besiegt_- 45196225.html. 2.1. Maßnahmen in der Provinz Hubei und in anderen Teilen des Landes Die Provinz Hubei wird Ende Januar unter Massenquarantäne gestellt. Einschränkende Maßnahmen werden parallel auch in anderen Teilen des Landes, insbesondere in großen Städten und damit auch in Peking, ausgesprochen. Mitte Februar werden in einem nächsten Schritt in Hubei verschärfte Maßnahmen verhängt, wie etwa die Schließung der meisten öffentlichen Orte, vieler Geschäfte mit Ausnahme von Apotheken und Supermärkten. Der KfZ-Verkehr wird bis auf den Betrieb von Einsatzfahrzeugen untersagt. Seit Mitte Februar findet im ganzen Land eine Bewegungsüberwachung mit Hilfe von Apps, die auf den Smartphones herunterzuladen sind, statt (insbesondere der sog. Alipay Health Code). Alle Chinesen sind hierzu offenbar verpflichtet, die Registrierung erfolgt mit Hilfe der Passnummer . Siehe hierzu im Einzelnen: Giesen, Christoph, Dem Algorithmus unterworfen, in: Süddeutsche Zeitung vom 25. März 2020, abrufbar unter: https://www.sueddeutsche.de/politik/china- Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 022/20 Seite 6 dem-algorithmus-unterworfen-1.4857073, vgl. zu den Apps auch: Heide, Dana, Chinas Code-System : Wie die Coronakrise zu noch mehr Überwachung führte, in: Handelsblatt vom 28. März 2020, abrufbar unter: https://www.handelsblatt.com/technik/digitale-revolution/digitale-revolution -chinas-code-system-wie-die-coronakrise-zu-noch-mehr-ueberwachungfuehrte /25653166.html?ticket=ST-2872694-sv1ZsdpPc2HK1M5KBitO-ap2. 2.2. Einschätzungen zur Vorgehensweise in China Dem Vorgehen der chinesischen Regierung zu Beginn der Krise im Januar wird vor allem entgegengehalten , die Information über die beginnende Infektion zunächst zurückgehalten zu haben. Die Regierung habe erst am 23. Januar 2020 mit der Abriegelung der Provinz Hubei reagiert und damit eine Ausbreitung des Virus in Kauf genommen, siehe hierzu: Feldwisch-Drentrup, Hinnerk , Coronavirus-Schutz mit Nebenwirkungen, Alles abriegeln wie in China?, in: Der Tagesspiegel vom 1. März 2020, abrufbar unter: https://www.tagesspiegel.de/wissen/coronavirus-schutzmit -nebenwirkungen-alles-abriegeln-wie-in-china/25598714.html. Kritisiert wird auch die Veränderung der Zählweise der Infektionen, die die Regierung nach Beginn der Krise vorgenommen habe. Diese habe zu einem Rückgang der registrierten Infektionen und Todesfälle geführt, etwa mit der Folge, dass Menschen, bei denen eine Infektion nachgewiesen worden sei, die aber keine Symptome aufwiesen, nicht mehr erfasst würden. Dies führe dazu, dass sich die Dunkelziffer erhöhe, siehe hierzu den Bericht auf der Internetseite der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), Chinas Umgang mit der Corona-Krise, Vertuschte Fallzahlen gefährden Menschen weltweit, Stand: 19. März 2020, abrufbar unter: https://www.igfm.de/chinas-umgang-mit-der-coronakrise/. Wiederholt wird in den internationalen Medien über Repressalien gegenüber Journalisten berichtet , die über die Situation im Land informieren, siehe etwa: Dorloff, Axel, Nach Berichten über Coronavirus, Erneut kritischer Journalist in China verschwunden, in: Deutschlandfunk vom 3. März 2020, abrufbar unter: https://www.deutschlandfunk.de/nach-berichten-ueber-coronaviruserneut -kritischer.2907.de.html?dram:article_id=471599. International viel Beachtung findet die Einführung der Health Code-App, die für alle Chinesen, so die Berichte in den Medien, verpflichtend sei. Viele befürchten, dass das Überwachungsprogramm nicht auf die Dauer der Corona-Krise beschränkt bleiben wird sondern dass auch danach Bewegungen jedes Einzelnen im Land erfasst werden können. Ausländer wiederum, die sich mangels einer chinesischen Passnummer nicht registrieren können, hätten Sorge vor Diskriminierungen . Sie müssten stets damit rechnen, aufgefordert zu werden, ihre heruntergeladene App vorzuzeigen, was wiederum Voraussetzung sei, um sich frei bewegen zu können, siehe hierzu: Vetter, Philipp, Beim nächsten Ausbruch werden Ausländer beschuldigt, in: Die Welt vom 29. März 2020, abrufbar unter: https://www.welt.de/wirtschaft/article206875031/. Neben diesen kritischen Äußerungen werden in den Medien aber auch Vorgehensweisen in China hervorgehoben, die beispielhaft für Maßnahmen bei uns sein könnten. Eine Übersicht zu guten Strategien liefert der Beitrag bei focus.de, Corona-Kurve in China abgeflacht, Medizinprofessor erklärt: „Diese sieben Dinge können wir von Wuhan lernen“ vom 4. April 2020, abrufbar unter: https://www.focus.de/gesundheit/news/mundschutz-kontaktsperre-isolation-medizinpro- Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 022/20 Seite 7 fessor-erklaert-diese-fuenf-dinge-koennen-wir-von-wuhan-lernen_id_11840066.html. Im Einzelnen wird der Mediziner, Prof. Eckard Nagel mit der Hervorhebung insbesondere folgender Maßnahmen zitiert: Kontaktsperren müssten lange genug aufrechterhalten werden. Die Verkürzung von Schichten für medizinisches Personal in Krankenhäusern bei gleichzeitiger Aufstockung des Personals könne dazu beitragen, die Infektionsrate zu verringern. Patienten sollten nicht in allen, sondern nur in besonders ausgewiesenen Krankenhäusern behandelt werden, damit sich die Infektion nicht weiter ausbreite. Patienten, die entlassen werden, sollten zuvor auf jeden Fall zwei Mal negativ getestet worden sein. 3. Zur Situation im Iran Iran gilt wie China als eines der asiatischen Länder, die besonders von der Corona-Pandemie betroffen sind. Aktuell gibt es im Iran nach Angaben der Johns Hopkins University, Stand 13. April 2020, 71.686 Infektions- und 4.474 Todesfälle, siehe: COVID-19 Dashboard by the Center for Systems Science and Engineering (CSSE) at Johns Hopkins University (JHU), abrufbar unter: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index .html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 . Es wird vermutet, dass die Verbreitung im Iran mit Infektionen chinesischer Studenten begonnen hat, die in der Pilgerstadt Ghom im Norden des Landes studieren, vgl. den Beitrag von Amiri, Natalie , Corona-Virus im Iran, Zu wenig, zu spät, in: Zeit online vom 30. März 2020, abrufbar unter: https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-03/coronavirus-iran-pressefreiheit-medizinische-versorgung . Die „heilige Stadt“ Ghom sei seit Jahren ein bedeutsames Pilgerziel: Regelmäßig studierten hier – dank der engen Beziehungen zwischen Iran und China – auch etwa 700 chinesische Studenten schiitische Theologie. Neben der Stadt Ghom ist Teheran besonders von der Pandemie betroffen, ebenso sowie drei Provinzen im Zentrum des Landes. Medienberichten zufolge hat es offenbar bereits im Januar erste Verdachts- bzw. Infektionsfälle gegeben. Dies sei durch entsprechende Dokumentationen der betroffenen Krankenhäuser belegt. Man vermute, die iranische Regierung hat im Hinblick auf die Mitte Februar durchgeführten Parlamentswahlen diesbezügliche Informationen zurückgehalten, um eine möglichst hohe Wahlbeteiligung sicherzustellen. Erst Ende Februar habe sie reagiert, siehe Amiri, Natalie, Corona-Virus im Iran, Zu wenig, zu spät, in: Zeit Online vom 30. März 2020, abrufbar unter: https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-03/coronavirus-iran-pressefreiheit-medizinische-versorgung . 3.1. Maßnahmen der Regierung und Unterstützung durch die WHO Noch Ende Februar, als vermehrt Infektionen festgestellt worden waren, hat die iranische Regierung , so ein Bericht von BBC-News, entschieden, dass nicht etwa Städte, sondern nur Infizierte unter Quarantäne gestellt werden sollen, siehe: Coronavirus: Iran has no plan to quanrantine cities , Rouhani says, in: BBC-News vom 26. Februar 2020, abrufbar unter: https://www.bbc.com/news/world-middle-east-51651454. Anfang März reisen Mitarbeiter der WHO nach Teheran, um das Land bei der Bekämpfung des Virus mit Schutzausrüstung und Test- Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 022/20 Seite 8 material, aber auch mit Empfehlungen zu Strategien zu unterstützen, siehe: WHO, Islamic Republic of Iran, WHO team arrives in Teheran to support the COVID-19 response, 2. März 2020, abrufbar unter: http://www.emro.who.int/irn/iran-news/who-team-arrives-in-tehran-to-supportthe -covid-19-response.html. Der Gesundheitsminister ruft in den folgenden Wochen dazu auf, nicht mehr zu reisen und keine Banknoten mehr zu verwenden. Im ganzen Land werden Desinfektionsmaßnahmen ergriffen und die Bevölkerung wird angehalten, zuhause zu bleiben. Die Provinz Gilan wird abgeriegelt. Schulen sowie Kultur- und Sporteinrichtungen werden geschlossen. Ende März wird auch angeordnet , die meisten Läden zu schließen, lediglich Supermärkte und Apotheken sollen geöffnet bleiben . Neue Sanatorien werden eröffnet und weitere Labore werden geplant, siehe zu den Maßnahmen etwa: Hermann, Rainer, Corona in Iran, Sie können es nicht mehr verheimlichen, FAZ vom 11. März 2020, abrufbar unter: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus /auch-in-iran-breitet-sich-das-coronavirus-immer-weiter-aus-16673740.html sowie Corona Iran: Iran limits travel and urges banknote avoidance, in: BBC-News vom 5. März 2020, abrufbar unter: https://www.bbc.com/news/world-middle-east-51760563. 3.2. Problemschwerpunkte in der Krise In den deutschen wie auch internationalen Medien wird immer wieder hervorgehoben, dass man mit den Maßnahmen zur Eindämmung des Virus im Iran viel zu spät begonnen habe, was, wie oben unter 3.1. erwähnt, u. a. auf die im Februar anberaumten Parlamentswahlen zurückzuführen gewesen sei. Die Regierung habe die Risiken im Übrigen unterschätzt. Revolutionsführer Chamenei habe anlässlich eines Hilfsangebots des US-amerikanischen Außenministers Pompeo die Nachricht verbreitet, die USA hätten das Virus selbst produziert, um Länder wie den Iran zu schwächen. Deshalb dürfe man entsprechenden Angeboten keine Beachtung schenken, siehe hierzu: Hermann, Rainer, Verhältnis zu Amerika, Iran glaubt an eine Corona-Verschwörung, in: FAZ vom 24. März 2020, abrufbar unter: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/iran-glaubtan -eine-corona-verschwoerung-aus-den-usa-16692927.html. Der Regierung im Iran wird im Übrigen vorgeworfen, man habe insbesondere mit der Schließung von Pilgerstätten zu lange gewartet, so dass sich das Virus auch dort ungestört habe ausbreiten können, vgl.: Jacobs, Andreas, Die Virulenz von Religion und Politik, Iran, Indien, aber auch in den USA oder in Israel: Das Corona-Virus zeigt, wie virulent das Verhältnis von Politik und Religion in vielen Staaten ist, in: Die Tagespost vom 28. März 2020, abrufbar unter: https://www.dietagespost .de/politik/aktuell/Die-Virulenz-von-Religion-und-Politik;art315,206772. In diesem Zusammenhang wird auch das Pilgern zum Schrein der heiligen Fatima Masmua in Ghom erwähnt, dort würden die heiligen Stätten von Pilgern regelmäßig geküsst und abgeleckt, siehe: Iraner lecken Schrein ab: „Habe keine Angst vor Corona-Virus“, in: Kurier.at vom 1. März 2020, abrufbar unter: https://kurier.at/chronik/welt/iraner-lecken-schrein-ab-habe-keine-angst-vor-coronavirus /400768488. Berichtet wird in der deutschen Presse des Weiteren über Festnahmen von Journalisten, denen man vorwerfe, das Ausmaß der Krise zu übertreiben und Gerüchte zu verbreiten, siehe: Repressalien wegen Corona-Berichterstattung, in: Reporter ohne Grenzen vom 17. März 2020, abrufbar unter : https://www.reporter-ohne-grenzen.de/themen/pressefreiheit-in-der-corona-krise/alle-meldungen /meldung/repressalien-wegen-corona-berichterstattung/. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 022/20 Seite 9 Nach einer Veröffentlichung des Deutschlandfunks vom 9. April 2020 sind im Iran mehr als 30 Gefängnisinsassen, die für bessere Haftbedingungen mit Blick auf ihren Schutz vor einer Corona- Infektion demonstriert haben, getötet worden. Amnesty International habe sich dieses Vorfalls angenommen und fordere eine unabhängige Untersuchung: Mehr als 30 Häftlinge im Iran bei Corona-Protesten getötet, in: Deutschlandfunk-Nachrichten vom 9. April 2020, abrufbar unter: https://www.deutschlandfunk.de/amnesty-international-mehr-als-30-haeftlinge-im-iranbei .1939.de.html?drn:news_id=1119191. 4. Südkorea Bei Berichten über die Situation der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus im Ausland wird Südkorea seit mehreren Wochen als Vorbild für eine offensichtlich erfolgreiche Bekämpfung des Corona-Virus hervorgehoben. Zu den aktuellen Zahlen (Johns Hopkins Universität, Stand 13. April 2020, 10.537 Infektions- und 217 Todesfälle, siehe: COVID-19 Dashboard by the Center for Systems Science and Engineering (CSSE) at Johns Hopkins University (JHU), abrufbar unter: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index .html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6. Seit einigen Tagen wird auch in den deutschen Medien auf eine in Südkorea durchgeführte Studie Bezug genommen, die den Verlauf der Heilung von zuvor Infizierten untersuchen sollte und nunmehr gezeigt habe, dass sich das Virus bei vormals Infizierten nach deren Heilung wieder aktiviert habe, vgl. hierzu: Ärzte in Südkorea schlagen Alarm, Virus reaktiviert? Experten rätseln über positive Corona-Tests bei genesenen Patienten, in: Focus online vom 11. April 2020, abrufbar unter: https://www.focus.de/gesundheit/news/aerzte-in-suedkorea-schlagen-alarm-coronavirus -neue-studie-liefert-beunruhigende-erkenntnisse-reaktivierung-moeglich_id_11870900.html. 4.1. Maßnahmen der südkoreanischen Regierung Aktuelle Pressemitteilungen des Gesundheitsministeriums zur Bekämpfung des Corona-Virus sind abrufbar über das Ministry of Health and Welfare unter: http://www.mohw.go.kr/eng/nw/nw0101ls.jsp?PAR_MENU_ID=1007&MENU_ID=100701. Pressemitteilungen des Korean Center for Disease Control (KCDC, Koreanisches Zentrum für Krankheitskontrolle ) einschließlich aktueller Zahlen zu positiv und negativ Getesteten sowie zu Isolierten , Verstorbenen usw. sind abrufbar unter: https://www.cdc.go.kr/board/board.es?mid=a30402000000&bid=0030. Nach Bekanntwerden des ersten Todesfalles ruft die Regierung am 23. Februar 2020 die höchste Warnstufe für Infektionskrankheiten aus, siehe Pressemitteilung vom 23. Februar 2020, Ministry of Health and Welfare, Briefing on the pan-governmental meeting for COVID-19, abrufbar unter: http://www.mohw.go.kr/eng/nw/nw0101vw.jsp?PAR_MENU_ID=1007&MENU_ID=100701&page =2&CONT_SEQ=353124, sowie die Mitteilung vom 31. März 2020, ARD Tagesschau, Maßnahmen gegen Corona, Südkorea als Vorbild?, abrufbar unter: https://www.tagesschau.de/faktenfinder /corona-suedkorea-111.html. Die koreanische Gesundheitsorganisation KCDC veröffentlicht im Februar 2020 Richtlinien für die Selbst-Quarantäne (Stand: 25. März 2020), diese sind abrufbar unter: http://www.mohw.go.kr/eng/nw/nw0102vw.jsp?PAR_MENU_ID=1007&MENU_ID=100703. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 022/20 Seite 10 Den Richtlinien ist zu entnehmen, dass sich die Betroffenen für die lokale Gesundheitsbehörde erreichbar halten müssen, ihre Symptome kontrollieren und der Behörde melden müssen. Zuwiderhandlungen werden mit einer Zahlung in Höhe von bis zu 3 Millionen Won (dies entspricht etwas mehr als 2000 €) geahndet; weitere Verhaltensregeln sind abrufbar unter: http://www.mohw.go.kr/eng/nw/nw0102ls.jsp?PAR_MENU_ID=1007&MENU_ID=100703#. Wie vermehrt berichtet wird, setzt Südkorea vor allem auf Massentests, auf Freiwilligkeit in der sozialen Distanzierung und – im Unterschied zu vielen anderen Ländern –auf Apps und Webseiten , die vor Orten warnen, an denen sich Infizierte mit ihrem Smartphone aufgehalten haben, siehe dazu die Pressemitteilung, So hat Südkorea den Ausbruch des Virus gezähmt, in: Süddeutsche Zeitung vom 24. März 2020, abrufbar unter: https://www.sueddeutsche.de/politik/coronasuedkorea -ausgangssperren-1.485549) sowie, insbesondere zum sog. Tracking mit Hilfe der Smartphones: Tempo, testen, tracken: Wie Südkorea das Coronavirus aufhält, in: Capital vom 25. März 2020, abrufbar unter: https://www.capital.de/wirtschaft-politik/tempo-testen-tracken-wiesuedkorea -das-coronavirus-aufhaelt. Südkorea setzt aber nicht nur auf Freiwilligkeit, sondern ergreift auch Maßnahmen wie Kindergärten -, Schul- und Universitätsschließungen und Schließungen öffentlicher Gebäude. Diese zunächst bis zum 9. März 2020 vorgesehenen Maßnahmen sind verlängert worden, erst um weitere zwei Wochen bis zum 23. März 2020 und schließlich bis zum 6. April 2020, siehe Pressemitteilung vom 17. März 2020, Korea Times, Korea again pushes back new school year on virus fears, abrufbar unter: http://www.mohw.go.kr/eng/nw/nw0101vw.jsp?PAR_MENU_ID=1007&MENU_ID=100701&page =1&CONT_SEQ=353953. Vom 9. April 2020 an findet zwar weiterhin kein Präsenzunterricht in Schulen und Universitäten statt, wohl aber Online-Unterricht; die Gebäude bleiben weiterhin geschlossen , siehe hierzu Ministry of Health and Welfare, Press Release, 7. April 2020, Extending intensive „social distancing“ for another 2 weeks, abrufbar unter: http://www.mohw.go.kr/eng/nw/nw0101vw.jsp?PAR_MENU_ID=1007&MENU_ID=100701&page =1&CONT_SEQ=353953. 4.2. Einschätzungen zu den Erfahrungen mit der Bekämpfung des Virus Südkorea gilt trotz Vermeidung behördlich angeordneter Ausgangssperren als Land mit den strengsten Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus, vgl. die Pressemitteilung, Coronavirus : Wie Südkorea die Pandemie bekämpft, in: Zeit Online vom 27. März 2020, abrufbar unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-03/suedkorea-coronavirus-quarantaene-pandemie-covid- 19. Die südkoreanische Autorin und Publizistin Hoo Nam Seelmann befasst sich in einem Beitrag in der Neuen Zürcher Zeitung ausführlich mit der Situation in Südkorea und erläutert, wie die Regierung vorgeht, um die Infektion zu bekämpfen. Die neue Regierung Südkoreas habe aus den Erfahrungen im Land mit dem MERS-CoV im Jahr 2015 gelernt und eine Reihe von Strategien entwickelt . Siehe den Beitrag: Zwanzig Jahre ansteigende Lernkurve – warum Südkorea in der Corona-Krise eine vergleichsweise glänzende Figur abgibt, 21. März 2020, abrufbar unter: https://www.nzz.ch/meinung/coronavirus-krise-warum-suedkorea-eine-so-gute-figur-machtld .1546919. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 022/20 Seite 11 Hervorzuheben seien insbesondere: Eine offene Informationspolitik und das Bemühen um völlige Transparenz (berichtet wird von Briefings an die Bevölkerung, die zwei Mal täglich zu aktuellen Zahlen und Maßnahmenveröffentlicht würden), was ursächlich sei für eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung und viel freiwilliges Engagement hervorrufe. Klare Regelung von Kompetenzen. Schnelle Reaktionen auf die aktuelle Lage (schnelle Tests, insbesondere sog. Drivethrough -Tests, mit denen umfassend und kurzfristig getestet werden und dadurch die Dunkelziffer niedrig gehalten werden könne). Die Verwendung von Apps auf freiwilliger Basis, die aber auf hohe Akzeptanz stießen (die Autorin erwähnt, dass anfangs kritisiert worden sei, dass hier die Privatsphäre verletzt würde, darauf habe man reagiert und die App-Nutzung stärker anonymisiert). Die Versorgung mit guten Krankenhäusern und einer klaren Strukturierung der Versorgung von Erkrankten, wobei klar geregelt sei, wo und wie die Behandlung je nach Schweregrad der Erkrankung durchgeführt werde. Auch in der deutschen Presse wird die Vorgehensweise in Südkorea, ebenso wie die Handhabung in Taiwan, sehr gelobt, siehe hierzu: Was Deutschland im Kampf gegen das Coronavirus von Südkorea und Taiwan lernen kann, in: Handelsblatt vom 15. März 2020, abrufbar unter: https://www.handelsblatt.com/politik/international/krisenpraevention-was-deutschland-imkampf -gegen-das-coronavirus-von-suedkorea-und-taiwan-lernen-kann/25645420.html?ticket=ST- 1285467-oqvKyWMKixlogucaEZVN-ap3. ***