Deutscher Bundestag Refinanzierung der Ausbildungsvergütung in der Altenpflege durch ein Umlageverfahren im Land Niedersachsen – Rechtshistorische Entwicklung und derzeitige Rechtslage Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2010 Deutscher Bundestag WD 9 – 3000 – 020/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 2 Refinanzierung der Ausbildungsvergütung in der Altenpflege durch ein Umlageverfahren im Land Niedersachsen – Rechtshistorische Entwicklung und derzeitige Rechtslage Aktenzeichen: WD 9 – 3000 – 020/10 Abschluss der Arbeit: 26. Februar 2010 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 3 1. Einleitung 5 2. Finanzierung der Altenpflegeausbildung in Niedersachsen bis zum Inkrafttreten des niedersächsischen Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflege-Berufegesetz) am 1. August 1996 5 3. Einführung eines landesrechtlichen Altenpflege- Umlageverfahrens zur Refinanzierung der Ausbildungsvergütung in der Altenpflege zum 1. August 1996 durch das niedersächsische Altenpflege-Berufegesetz vom 20. Juni 1996 7 3.1. Überblick 7 3.2. Einzelheiten zum Altenpflege-Umlageverfahren in Niedersachsen nach dem Altenpflege-Berufegesetz in seiner Ursprungsfassung vom 20. Juni 1996 8 4. Aussetzung des Altenpflege-Umlageverfahrens zum 1. August 2000 durch das Gesetz zur Änderung des Altenpflege- Berufgesetzes vom 15. Juli 1999 10 4.1. Fortgesetzte unzureichende Akzeptanz des Altenpflege- Umlageverfahrens nach seiner Einführung zum 1. August 1996 10 4.2. Der Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 10. März 1999 10 4.3. Die Stellungnahme der Landesregierung zur Verfassungsmäßigkeit der niedersächsischen Altenpflegeumlage in dem Normenkontrollverfahren 2 BvL 1/99 vor dem Bundesverfassungsgericht 11 4.4. Die Aussetzung der Altenpflegeumlage in Niedersachsen zum 1. August 2000 11 5. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2003 zur Verfassungsmäßigkeit der Altenpflegeumlage in Niedersachsen 12 6. Die weitere Entwicklung des Altenpflege-Umlageverfahrens in Niedersachsen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2003 14 6.1. Nichtwiederaufleben des Altenpflege-Umlageverfahrens in Niedersachsen 14 6.2. Die Änderung des niedersächsischen Altenpflege-Berufegesetzes durch das Gesetz zur Neuordnung von Vorschriften über Berufsbezeichnungen, Weiterbildung und Fortbildung in Gesundheitsfachberufen vom 20. Februar 2009 15 7. Refinanzierung der Altenpflegeausbildungsvergütung in Niedersachsen nach der Aussetzung des Altenpflege- Umlageverfahrens zum 1. August 2000 16 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 4 7.1. Refinanzierung der Kosten der Ausbildungsvergütung durch Berücksichtigung in den Pflegesätzen des Trägers der praktischen Ausbildung nach § 82a SGB XI 16 7.2. Refinanzierungsquote für ausbildende – stationäre und ambulante – Pflegeeinrichtungen in Niedersachsen 18 8. Finanzielle Förderung der Altenpflegeausbildung durch das Land Niedersachsen ab Januar 2010 18 8.1. Zahlung einer Pauschale für Ausbildungsverhältnisse in der Altenpflege an die Träger der ausbildenden Pflegeeinrichtungen 19 8.2. Zuwendungen zu den Schulkosten an Altenpflegeschulen in privater Trägerschaft 19 8.3. Das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie als antragsbearbeitende Stelle 19 9. Literaturverzeichnis 19 10. Anlageverzeichnis 20 10.1. Die verschiedenen Fassungen des niedersächsischen Altenpflege- Berufegesetzes (APBG) vom 20. Juni 1996 20 10.1.1. Das APBG in seiner vom 1. August 1996 bis 31. Juli 1999 gültigen Fassung nebst Gesetzesmaterialien 20 10.1.2. Das APBG in seiner vom 1. August 1999 bis 26. Februar 2009 gültigen Fassung nebst Gesetzesmaterialien 21 10.1.3. Das APBG in seiner seit dem 27. Februar 2009 gültigen Fassung nebst Gesetzesmaterialien 21 10.2. Die verschiedenen Fassungen der Umlageverordnung zum Altenpflege-Berufegesetz (UmlVO-APBG) vom 2. Oktober 1996 22 10.3. Der Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 10. März 1999 und der Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2003 22 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 5 1. Einleitung Die Ausbildung zur „Altenpflegerin“ bzw. zum „Altenpfleger“ erfolgt seit dem 1. August 2003 auf der bundesgesetzlichen Grundlage des Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz – AltPflG) vom 17. November 20001. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Ausbildung in der Altenpflege und der Altenpflegehilfe demgegenüber ausschließlich auf der Grundlage von länderspezifischen Regelungen durchgeführt. Dabei waren in einzelnen Ländern Ausbildungen im dualen System nach dem Berufsbildungsgesetz, in anderen Ländern Ausbildungen in überbetrieblichen Ausbildungsstätten sowie schließlich über die Zuordnung der Ausbildung zum Schulrecht vorgesehen. Dementsprechend unterschiedlich war in den Ländern auch die Finanzierung der Ausbildungskosten geregelt. Mit dem Altenpflegegesetz des Bundes gilt nunmehr für die Altenpflege eine bundeseinheitliche Regelung. Für die Ausgestaltung der Ausbildung zur Altenpflegehilfe einschließlich ihrer Finanzierung sind nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Oktober 20022 dagegen (weiterhin) die Länder zuständig. Vor diesem Hintergrund soll nachfolgend der Frage nachgegangen werden, wie sich die Finanzierung der Altenpflegeausbildung im Land Niedersachsen vor und nach Inkrafttreten des Altenpflegegesetzes des Bundes am 1. August 2003 entwickelt hat. Die Finanzierung bzw. Refinanzierung der Kosten der Ausbildungsvergütung durch ein Umlageverfahren wird dabei im Mittelpunkt der nachfolgenden Ausführungen stehen3. 2. Finanzierung der Altenpflegeausbildung in Niedersachsen bis zum Inkrafttreten des niedersächsischen Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflege-Berufegesetz) am 1. August 1996 Für den vergleichsweise jungen Pflegeberuf der „Altenpflegerin“ bzw. des „Altenpflegers“ wurde in Niedersachsen als dem zweiten Bundesland nach Nordrhein-Westfalen erstmals im Jahre 1972 die Ausbildung staatlich geregelt. Ein zunehmende Zahl älterer pflege- und betreuungsbedürftiger Menschen, der Rückgang der Familien- und Nachbarschaftshilfe und ein zu geringer Übergang von Krankenpflegekräften in die Altenpflege mit der Folge eines Personalmangels dort waren hierfür die ausschlaggebenden Impulse. Ungelernte bzw. angelernte Kräfte verfügten nicht hinreichend über die notwendigen altenpflegerischen, gerontologischen und gerontopsychiatrischen , rehabilitativen und sozialen Fachkenntnisse für die Pflege4. Die vom (damaligen) Niedersächsischen Sozialministerium erlassene „Vorläufige Ausbildungs- und Prüfungsordnung und staatliche Anerkennung von Altenpflegerinnen und Altenpflegern“ vom 22. Juni 19725, rückwir- 1 Altenpflegegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 2003 (BGBl. I S. 1690), zuletzt geändert durch Artikel 12b des Gesetzes vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 1990) 2 Urteil des Zweiten Senats – 2 BvF 1/01 – BVerfGE 106, 62 ff. 3 Zur Thematik der Finanzierung der Kosten der Ausbildungsvergütung in der Altenpflege durch ein Umlageverfahren nach derzeitigem Bundes- und Landesrecht vgl. die Ausarbeitung WD 9-003/10 vom 11. Februar 2010 4 Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, Landespflegebericht nach § 2 des Niedersächsisches Pflegegesetzes (NPflegeG), S. 491 5 RdErl. d. MS vom 22.06.1972 – IV/2 – 31/08 – GültL 190/52 – in: Niedersächsisches Ministerialblatt (Nds. MBl.) S. 1006 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 6 kend in Kraft getreten am 1. Juni 1972, legte für die damals vorerst zweijährige Ausbildung (als Teilzeitausbildung: 3 Jahre bei gleichzeitigem Teilzeitarbeitsvertrag) einen Lehrgang an staatlich anerkannten Altenpflegeschulen von 700 Stunden theoretischem Unterricht und 1.200 Stunden praktische Ausbildung sowie eine grundsätzlich ein Jahr dauernde praktische Tätigkeit fest. Die Ausbildung wurde in den folgenden Jahren mehrfach inhaltlich differenziert, wobei der theoretische Anteil der Ausbildung umfangreicher wurde als der praktische6. Die Altenpflegeausbildung wurde nach ihrer ersten staatlichen Regelung im Jahr 1972 – wie bereits erwähnt – an staatlich anerkannten Schulen durchgeführt. Die Ausbildungskosten der in der Regel freien Schulträger wurden zunächst vorzugsweise durch Schulgeld der Schülerinnen und Schüler gedeckt. 1983 wurde die Ausbildung zwar in den Geltungsbereich des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) einbezogen. Die Finanzierungsregelungen des NSchG fanden jedoch zunächst ausdrücklich keine Anwendung. Ab 1988 erfolgte eine Finanzierung der Ausbildung durch freiwillige Zuwendungen des Landes zu den Kosten der Lehrkräfte an die Fachschulen und durch Schulgeld der Schüler. Ab 1989 erhielten die Fachschulen – Altenpflege – auf Vertragsbasis Landeszuschüsse zur Gesamtdeckung ihrer Kosten in Höhe von 460 DM pro Schüler /Monat. Gleichzeitig verpflichteten sich die Schulen vertraglich, Schulgeldfreiheit zu gewähren . Seit dem 1. August 1993 gelten für Altenpflegeschulen die Finanzhilferegelungen des NSchG (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. §§ 112 ff. NSchG). Schulen in freier Trägerschaft erhalten Finanzhilfe zur Deckung der Sach- und Personalkosten nach den schulrechtlichen Vorgaben. An öffentlichen Schulen werden Investitionskosten von den Schulträgern (Kommunen) getragen. Bei Schulen in freier Trägerschaft entfällt dieser Teil der Finanzierung, so dass diese Schulgeld in unterschiedlichem Umfang erheben. In der Zeit vom 1. August 1993 bis 31. Juli 1996 übernahm das Land Niedersachsen auf freiwilliger Basis zusätzlich die nicht durch die Finanzhilfe nach dem NSchG gedeckten Kosten der Altenpflegeschulen, um Schulgeldfreiheit herzustellen. Das Land stellte diese freiwilligen Leistungen zur Herstellung der Schulgeldfreiheit ein, nachdem die Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage des am 1. August 1996 in Kraft getretenen niedersächsischen Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflege-Berufegesetz – APBG –) vom 20. Juni 19967 eine Ausbildungsvergütung erhielten, die ein angemessenes Äquivalent zu den Schulgeldforderungen darstellte8. 6 Vgl. etwa die „Vorläufige Ausbildungs- und Prüfungsordnung und staatliche Anerkennung von Altenpflegerinnen und Altenpflegern“, Runderlass des Ministeriums für Soziales vom 17. Dezember 1973 (IV/2 – 31/08 – GültL 190/97 - ) in: Niedersächsisches Ministerialblatt 1974, S. 66 7 Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt (NdS GVBl) S. 276 8 Zum Vorstehenden vgl. Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, Landespflegebericht nach § 2 des Niedersächsisches Pflegegesetzes (NPflegeG) 2005, S. 492 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 7 3. Einführung eines landesrechtlichen Altenpflege-Umlageverfahrens zur Refinanzierung der Ausbildungsvergütung in der Altenpflege zum 1. August 1996 durch das niedersächsische Altenpflege-Berufegesetz vom 20. Juni 1996 3.1. Überblick Durch das am 1. August 1996 in Kraft getretene niedersächsische Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflege-Berufegesetz – APBG –) vom 20. Juni 19969 und die zeitgleich in Kraft getretene niedersächsische „Verordnung über Schulen für andere als ärztliche Heilberufe (SaH- VO)“ vom 1. Juli 199610 wurde der Beruf der Altenpflegerin bzw. des Altenpflegers etabliert und auf das fachliche Niveau des Krankenpflegeberufs gehoben. Dies kam unter anderem dadurch zum Ausdruck, dass die Altenpflegeausbildung auf drei Jahre erweitert wurde, wovon 1.920 Stunden auf die theoretische Ausbildung und 1.320 Stunden auf die praktische Ausbildung entfielen . Vor dem Hintergrund der sich bereits in den neunziger Jahren abzeichnenden Situation in der Altenpflege(-Ausbildung), die angesichts des erwarteten Anstiegs der Zahl der Pflegebedürftigen und der veränderten Qualität des Pflegebedarfs einerseits durch einen erhöhten Bedarf an Pflegepersonal und vor allem an Pflegefachkräften gekennzeichnet war, dem aber andererseits ein Fachkräftemangel und der Rückgang der Schülerzahlen in den Altenpflegeschulen gegenüberstanden , wurde mit dem niedersächsischen Altenpflege-Berufegesetz darüber hinaus ein Rechtsanspruch auf Zahlung einer angemessenen Ausbildungsvergütung mit dem Ziel eingeführt, die Attraktivität der Altenpflegeausbildung zu steigern, um so eine ausreichende Anzahl von Auszubildenden zu gewinnen, die später als Fachkräfte eine quantitativ und qualitativ ausreichende Pflege alter Menschen erbringen können11. Zur Refinanzierung der den Trägern der praktischen Ausbildung entstandenen Auslagen für die Ausbildungsvergütung wurde mit Wirkung vom 1. August 1996 durch die Bestimmungen der §§ 8 bis 11 APBG i.V.m. der zeitgleich in Kraft getretenen Umlageverordnung zum Altenpflege- Berufegesetz (UmlVO-APBG) vom 2. Oktober 199612 ein Umlageverfahren zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Einrichtungen eingeführt, an dem alle nach dem § 71 SGB XI13 zugelassenen Pflegeeinrichtungen und Heime für alte Menschen im Sinne des § 1 Abs. 1 des Heimgesetzes 14 beteiligt wurden. Alle pflegerischen Einrichtungen und Dienste, die zur Erbringung ihrer Leistungen Altenpflegekräfte als Fachkräfte benötigten und Nutznießer der Altenpflegeausbil- 9 Nds. GVBl. S. 276 10 Nds GVBl. S. 325 11 Vgl. den Entwurf eines Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflege-Berufegesetz – AltPflBG) vom 6. Februar 1996, in: Niedersächsischer Landtag, Drs. 13/1732 S. 8 12 Nds GVBl. S. 427 13 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (Art. 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. S. 1014), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 30. Juli 2009 (BGBl. I .S. 2495) 14 Heimgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. November 2001 (BGBl. I S. 2970), zuletzt geändert durch Art. 3 Satz 2 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2319) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 8 dungen waren, wurden so an den Kosten der Ausbildung beteiligt15. Durch die nach dem APBG geregelte proportionale Verteilung der Kosten für die Ausbildungsvergütung auf alle Pflegeinrichtungen und Heime für alte Menschen – unabhängig davon, ob dort Abschnitte der praktischen Ausbildung durchgeführt wurden – sollte hinsichtlich der Ausbildungskosten Wettbewerbsneutralität hergestellt werden16. Die Einführung einer Altenpflegeumlage war – ausweislich der Gesetzesbegründung 17 – mit der Erwartung verknüpft, sie werde ein unmittelbares Interesse und eine hohe Bereitschaft der Einrichtungen bewirken, sich an der praktischen Ausbildung zu beteiligen . Mit einem Engpass bei den praktischen Ausbildungsstellen sei daher nicht zu rechnen. 3.2. Einzelheiten zum Altenpflege-Umlageverfahren in Niedersachsen nach dem Altenpflege- Berufegesetz in seiner Ursprungsfassung vom 20. Juni 1996 Im Einzelnen galt nach dem Altenpflege-Berufegesetz in seiner Ursprungsfassung vom 20. Juni 1996 hinsichtlich der hier in Rede stehenden Altenpflegeumlage Folgendes: Nach § 5 Abs. 1 APBG hatte die ausbildende Schule dafür zu sorgen, dass die praktische Ausbildung der Schülerinnen und Schüler den schulrechtlichen Vorschriften entsprach und so durchgeführt wurde, dass das Ziel der Ausbildung erreicht wurde. Der Träger der praktischen Ausbildung hatte dafür zu sorgen, dass die Schülerin oder der Schüler in den Versorgungsformen der stationären, teilstationären und ambulanten Pflege ausgebildet wurde, und andere geeignete Einrichtungen zur Durchführung der praktischen Ausbildung hinzuzuziehen, sofern er eine dieser Versorgungsformen nicht selbst vorhielt (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 APBG). Zwischen dem Träger der Einrichtung , die die praktische Ausbildung durchführte, und der Schülerin oder dem Schüler wurde ein Vertrag über die praktische Ausbildung geschlossen, in dem die Höhe der während der gesamten Ausbildungszeit monatlich zu zahlenden angemessenen Ausbildungsvergütung zu bestimmen war (§ 6 Abs. 1 und 2 Nr. 6 APBG). Dies galt gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 APBG nicht, wenn die Ausbildung durch öffentliche Mittel gefördert wurde, die den Unterhalt der Schülerin oder des Schülers sicherten. Die §§ 8 und 9 APBG regelten das Umlageverfahren, in dem die finanziellen Aufwendungen der Ausbildungsvergütung zwischen den Trägern der praktischen Ausbildung ausgeglichen wurden. Nach § 8 Abs. 1 APBG wurden die Summe der Ausbildungsvergütungen einschließlich der Pflichtanteile der Arbeitgeber an den Beiträgen für die Sozialversicherungen und die Arbeitslosenversicherung sowie der Kosten, die durch die Bereitstellung und die Auszahlung der Ausbildungsvergütungen entstanden, und die Kosten der Umlagestelle auf die Träger der Einrichtungen umgelegt, die 1. eine Pflegeeinrichtung nach § 71 i.V.m. § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) oder 2. ein Heim für alte Menschen im Sinne des § 1 Abs. 1 des Heimgesetzes, soweit es nicht schon in Nummer 1 erfasst war, ausgenommen Altenwohnheime, betrieben. Für die Umla- 15 Vgl. Landtagsdrs. 13/1732 S. 9 16 Vgl. die Antwort der Niedersächsischen Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 5. September 2006 – Drs. 15/3163 –, Altenpflegeausbildung in Niedersachsen, in: Niedersächsischer Landtag , Drs. 15/3265 S. 8 17 Vg. Landtagsdrs. 13/1732 S. 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 9 ge blieben Ausbildungsvergütungen insoweit unberücksichtigt, als sie über das tarifvertraglich oder mangels eines Tarifvertrages über das für die Krankenpflegeausbildung tarifvertraglich vereinbarte Maß hinausgingen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 APBG) oder der Träger der praktischen Ausbildung öffentliche Mittel erhielt, die für den Unterhalt der Schülerin oder des Schülers bestimmt waren (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 APBG). Den Umlagemaßstab bildete gemäß § 8 Abs. 3 APBG der Bestand an Pflegepersonal. Maßgebend dafür, ob ein Träger der praktischen Ausbildung einen Anspruch auf Zahlung aus der Umlage hatte oder ob er eine Zahlung in die Umlage zu leisten hatte, war die Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem auf ihn entfallenden Anteil an der Umlage und den eigenen Aufwendungen (§ 8 Abs. 4 APBG). Das Umlageverfahren führte die vom zuständigen Ministerium zu bestimmende Umlagestelle für die Gesamtheit der in § 8 Abs. 1 APBG genannten Träger durch (§ 9 Abs. 1 APBG). Die beteiligten Träger waren verpflichtet, der Umlagestelle die zur Durchführung des Umlageverfahrens erforderlichen Auskünfte innerhalb einer von dieser gesetzten Frist zu erteilen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 APBG). Die Umlagestelle war gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 APBG berechtigt, die für das Umlageverfahren maßgeblichen Unterlagen anzufordern oder diese bei dem Träger einzusehen. Die Umlagestelle setzte die Höhe der Zahlungen fest, die die am Umlageverfahren beteiligten Träger erhielten oder von diesen an die Umlagestelle zu leisten waren (§ 9 Abs. 3 APBG). Zahlte der Träger nicht binnen der von der Umlagestelle zu bestimmenden Frist, so war die Leistung vom Zeitpunkt des Ablaufs der Frist an mit 3 vom Hundert über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank jährlich zu verzinsen (§ 9 Abs. 4 APBG). Mit den Aufgaben der Umlagestelle konnte nach § 10 Satz 1 APBG das Fachministerium eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts betrauen. Das Niedersächsische Sozialministerium bestimmte die Norddeutsche Landesbank Girozentrale als Umlagestelle. Das zuständige Ministerium bestimmte nach § 11 APBG weiterhin, das Nähere über die Umlage durch Verordnung , insbesondere den Abrechnungszeitraum, die Einzelheiten des Umlagemaßstabes und des Umlageverfahrens, die Pauschalierung der Kosten, die durch die Bereitstellung und die Auszahlung der Ausbildungsvergütungen entstanden, und der Kosten der Umlagestelle sowie in welcher Höhe aus den Zahlungen zur Umlage eine Rücklage zu bilden und in welchen Zeitabständen im Rahmen der Umlage etwaige Fehlbeträge auszugleichen waren. Von dieser Verordnungsermächtigung hat das Niedersächsische Sozialministerium durch die Umlageverordnung zum Altenpflege -Berufegesetz (UmlVO-APBG) vom 2. Oktober 199618 Gebrauch gemacht. In die Haushaltspläne des Landes Niedersachsen wurden die Einnahmen aus der Altenpflegeumlage nicht – auch nicht als nachrichtlich beigefügte Anlage oder Erläuterung – eingestellt. Es wurde vielmehr ein Einnahme- und Ausgabekreislauf außerhalb des Budgets bei der Landesbank organisiert. Die Landesbank setzte den zu zahlenden Betrag der Umlage bzw. den Aufwendungsersatz fest (vgl. näher § 4 Abs. 1 UmlVO-APBG). Sie zog die von den Trägern zu zahlenden Beträge ein und überwies den Aufwendungsersatz (vgl. § 5 UmlVO-APBG). In einer zwischen dem Land und der Landesbank geschlossenen Vereinbarung vom 7. Oktober 1996 wurde hierzu vereinbart , dass die Landesbank die Aufgaben der Umlagestelle übernimmt und dass die Rechnungs- 18 Nds GVBl. S. 427 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 10 legung über die der Vereinbarung zugrunde liegenden Vermögenswerte getrennt vom Vermögen der Landesbank erfolgt. 4. Aussetzung des Altenpflege-Umlageverfahrens zum 1. August 2000 durch das Gesetz zur Änderung des Altenpflege-Berufegesetzes vom 15. Juli 1999 4.1. Fortgesetzte unzureichende Akzeptanz des Altenpflege-Umlageverfahrens nach seiner Einführung zum 1. August 1996 Obwohl sich im Zuge der Anhörung zum Altenpflege-Berufegesetz vom 20. Juni 1996 eine breite Mehrheit für die Ausbildungsvergütung und das Umlageverfahren ausgesprochen hatte, fand das Verfahren nach seiner Einführung zum 1. August 1996 eine fortgesetzte unzureichende Akzeptanz unter Einlegung von Rechtsmitteln eines maßgeblichen Teils der Zahlungsverpflichteten19. Die Altenpflegeumlage zur Finanzierung der Ausbildungsvergütung in der Altenpflege stieß auf den Widerstand von nahezu 50% der Pflegeeinrichtungen mit circa 1400 Widersprüchen und zahlreichen Klagen20. Insbesondere wurde die Vereinbarkeit der Altenpflegeumlage mit dem Grundgesetz angezweifelt. 4.2. Der Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 10. März 1999 Mit Beschluss vom 10. März 199921 legte das Verwaltungsgericht Lüneburg dem Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines konkreten Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) im Verfahren 2 BvL 1/99 die Frage vor, ob die §§ 8 und 9 des Altenpflege- Berufegesetzes vom 20. Juni 1996 wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig und damit nichtig seien. Die in Niedersachsen erhobene Umlage sei – so argumentierte das Verwaltungsgericht Lüneburg – ihrem materiellen Gehalt nach eine außersteuerliche Sonderabgabe. Sei diene nicht der Mittelbeschaffung für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens, sondern solle die Attraktivität der Ausbildung im Altenpflegebereich steigern. Die Umlage erfülle nicht die Voraussetzungen, die an Sonderabgaben zu stellen seien. Es fehle an einer besonderen Sachnähe zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabe verfolgten Zweck. Eine spezifische Sachnähe und besondere Verantwortung der mit der Umlage belasteten Pflegeeinrichtungen für die Zahlung der Ausbildungsvergütungen und damit für die Ausbildung im Bereich der Altenpflege sei nicht zu erkennen. Die Ausbildung diene in erster Linie dem Interesse der Allgemeinheit an der ordnungsgemäßen Versorgung älterer pflegebedürftiger Personen durch in der Altenpflege ausgebildete Fachkräfte und damit der Qualitätssicherung im Gesundheitsbereich. Hierfür spreche auch die Bestimmung des § 8 Abs. 1 19 Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, Landespflegebericht nach § 2 des Niedersächsisches Pflegegesetzes (NPflegeG) 2005, S. 493 20 Vgl. die Antwort der Niedersächsischen Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 5. September 2006 – Drs. 15/3163 –, Altenpflegeausbildung in Niedersachsen, in: Landtagsdrucksache 15/3265, S 8 21 Verwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 10. März 1999, 5 A 21/98, in: Entscheidungssammlung zum Berufsbildungsrecht (EzB), Grundgesetz Art. 2 Nr. 28 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 11 SGB XI. Außerdem sei die Voraussetzung der gruppennützigen Verwendung nicht gegeben. Das Aufkommen aus der Umlage werde primär im Interesse der Allgemeinheit an einer ausreichenden Versorgung im Pflegebereich genutzt. 4.3. Die Stellungnahme der Landesregierung zur Verfassungsmäßigkeit der niedersächsischen Altenpflegeumlage in dem Normenkontrollverfahren 2 BvL 1/99 vor dem Bundesverfassungsgericht Die Landesregierung Niedersachsen vertrat in dem vorgenannten Normenkontrollverfahren dagegen die Ansicht, die §§ 8 und 9 APBG seien mit dem Grundgesetz vereinbar22. Bei der Umlage handele es sich um eine nichtsteuerliche Abgabe eigener Art und nicht um eine Sonderabgabe. Eine Qualifikation der Umlage als Sonderabgabe scheide aus, weil sie nicht der Einnahmenerzielung für das Land diene. Es gehe allein um die staatliche Organisation eines horizontalen Ausgleichsverfahrens. Die Umlage genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben zu stellen seien. Die Erhebung der Umlage sei über den Zweck der Einnahmenerzielung hinaus sachlich gerechtfertigt. Der Vergütungsanspruch erhöhe die Attraktivität der Ausbildung und damit die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen in der Altenpflege. Ohne die Umlage müssten ausbildende Einrichtungen die finanziellen Lasten der Ausbildung allein tragen und dabei im Wettbewerb mit den nicht ausbildenden Einrichtungen Marktnachteile in Kauf nehmen. Auch der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen sei Rechnung getragen. Durch die Umlage würden die Einrichtungen an den finanziellen Lasten der Ausbildung unabhängig davon beteiligt, ob sie selbst ausbildeten. Es würden nur solche Einrichtungen an der Umlage beteiligt, die potenziell von der Ausbildung von Altenpflegern profitierten, indem sie unabhängig von eigenen Ausbildungsanstrengungen auf einen ausgebildeten, leistungsfähigen Nachwuchs zurückgreifen könnten. Der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans werde durch das Umlageverfahren nicht berührt. Das Land erhalte durch das Umlageverfahren keine zusätzlichen Einnahmen, über die es verfügen könne. Selbst wenn man die Umlage als eine Sonderabgabe ansehe, erfüllte diese die an Sonderabgaben zu stellenden Anforderungen . 4.4. Die Aussetzung der Altenpflegeumlage in Niedersachsen zum 1. August 2000 Vor dem Hintergrund des vorgenannten Normenkontrollverfahrens und einer weiter fortbestehenden unzureichenden Akzeptanz bei einem Teil der Zahlungsverpflichteten am Umlageverfahren entschloss sich der Landesgesetzgeber in Niedersachsen, die Umlage bis zur abschließenden verfassungsgerichtlichen Klärung über ihre Rechtskonformität zum 1. August 2000 auszusetzen. Diese Aussetzung der Altenpflegeumlage in Niedersachsen erfolgte durch Art. 1 Nr. 3 des am 1. August 1999 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Altenpflege-Berufegesetzes vom 15. Juli 199923. Mit Art. 1 Nr. 3 dieses Änderungsgesetzes wurde dem § 12 APBG ein (neuer) Abs. 3 angefügt, der die Aussetzung des Umlageverfahrens regelte. Nach dieser Bestimmung galt die Aussetzung des Umlageverfahrens grundsätzlich nur für neue, das heißt nach dem 1. August 22 Vgl. BVerfGE 108, 186 (205 f.) 23 NdS GVBl. S. 158 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 12 2000 abgeschlossene Ausbildungsverträge. Die Refinanzierung der Ausbildungsvergütung erfolgte für diese Altenpflegeschülerinnen und -schüler nach den Bestimmungen des § 82a SGB XI über die Pflegevergütung24. Aus Gründen des Vertrauensschutzes für die Träger von Pflegeeinrichtungen , die ausbildeten25, sah der neue Abs. 3 des § 12 APBG jedoch die Weiterführung des Umlageverfahrens für die vor dem 1. August 2000 abgeschlossenen Ausbildungsverträge des ersten , zweiten und dritten Ausbildungsjahres bis zum jeweiligen Ausbildungsende vor. Zugleich wurde mit der Regelung ein Umgehen des Aussetzens der Umlage durch Vorziehen des Ausbildungsbeginns vor den 1. August 2000 vermieden26. Die Option, das Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt unter den dann gegebenen Rahmenbedingungen wieder aufzunehmen, blieb als Option erhalten27. 5. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2003 zur Verfassungsmäßigkeit der Altenpflegeumlage in Niedersachsen Mit Beschluss vom 17. Juli 200328 hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts das in Niedersachsen zum 1. August 1996 eingeführte und zum 1. August 2000 wieder ausgesetzte Umlageverfahren zur Finanzierung der Ausbildungsvergütung in der Altenpflege – sowie die ebenfalls zur Prüfung gestellten landesrechtlichen Altenpflege-Umlageverfahren in Nordrhein- Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen – als verfassungsmäßig bestätigt29. Die Erhebung und Bemessung der Altenpflegeumlagen in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Thüringen sei mit den Zulässigkeitsanforderungen vereinbar, die sich für nichtsteuerliche Abgaben und insbesondere für Sonderabgaben aus den Begrenzungs- und Schutzfunktionen der bundesstaatlichen Finanzverfassung des Grundgesetzes ergäben. Maßstab der verfassungsrechtlichen Prüfung seien drei grundlegende Prinzipien der Finanzverfassung , die die Zulässigkeit der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben begrenzten. Nichtsteuerliche Abgaben bedürften einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Bei der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben müsse weiter der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung getragen werden. Ferner sei der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans zu berücksichtigen. Sonderabgaben schüfen zusätzliche Sonderlasten und könnten die bundesstaatliche Kompetenzverteilung , die Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen und das parlamentarische Budgetrecht gefährden. Sie unterlägen engen Grenzen und müssten deshalb gegenüber den Steuern sel- 24 Zur Refinanzierung der Altenpflege-Ausbildungsvergütung in Niedersachsen nach der Aussetzung des Altenpflege- Umlageverfahrens zum 1. August 2000 durch Berücksichtigung in den Pflegesätzen des Trägers der praktischen Ausbildung nach § 82a SGB XI, vgl. unten zu Gliederungspunkt 7.1 25 Vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Altenpflege-Berufegesetzes vom 13. April 1999, in: Niedersächsischer Landtag, Drs. 14/680 S. 3 und 11 26 Vgl. Landtagsdrs. 14/680 S. 11 27 Vgl. Landtagsdrucksache 14/680 S. 3f 28 BVerfGE 108, 186 ff. 29 BVerfGE 108, 186 (211 ff.) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 13 tene Ausgaben bleiben. Der Gesetzgeber dürfe sich der Abgabe nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgehe. Mit einer Sonderabgabe dürfe nur eine homogene Gruppe belegt werden, die in einer spezifischen Beziehung zu dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck stehe (sogenannte Finanzierungsverantwortlichkeit ). Das Abgabenaufkommen müsse gruppennützig verwendet werden. Zudem sei der Gesetzgeber gehalten, in angemessenen Zeitabständen zu prüfen, ob die Sonderabgabe wegen veränderter Umstände, vor allem wegen Wegfalls des Finanzierungszwecks, zu ändern oder aufzuheben sei. Nach diesen Maßstäben handele es sich bei den zur Prüfung gestellten Altenpflegeumlagen um Sonderabgaben mit Finanzierungszweck, die die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen einer Sonderabgabe erfüllten. Zentrales Ziel der Altenpflegeumlage sei angesichts der demographischen Entwicklung und des Fachkräftemangels im Bereich der Altenpflege die Steigerung der Attraktivität der Altenpflegeausbildung, damit künftig eine ausreichende Anzahl qualifiziert ausgebildeter Altenpfleger die Pflege alter Menschen gewährleisten könne. Die Ausbildungsträger würden die Ausbildungsvergütungen ganz oder teilweise von den Ländern erstattet bekommen. Die zur Prüfung gestellten Umlagen refinanzierten diese Erstattungen. Damit solle zugleich die Beteiligung an der Kostenlast innerhalb der abgabepflichtigen Pflegeeinrichtungen und Heime gleichmäßig verteilt werden, denn diese würden unabhängig davon herangezogen, ob sie an der praktischen oder theoretischen Ausbildung zum Altenpfleger beteiligt seien. Nichtausbildende Einrichtungen verlören hierdurch ihren Kostenvorteil gegenüber ausbildenden Einrichtungen. Die Altenpflegeumlagen würden nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach der besonderen Finanzierungsverantwortung der Gruppe der Abgabepflichtigen entsprechen. Bei den abgabepflichtigen Unternehmen handele es sich um homogene Gruppen, die eine besondere Sachnähe zu der zu finanzierenden Aufgabe aufwiesen. Die Homogenität der Abgabepflichtigen ergebe sich aus ihrer Rolle als Anbieter der Dienstleistung „Altenpflege“, sie seien dadurch von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar. Die Abgabepflichtigen befänden sich in einer besonderen Gruppenverantwortung für die Erfüllung der zu finanzierenden Aufgabe. In ihren Kreis dürften auch die ambulanten Einrichtungen einbezogen werden. Der Umstand, dass die Erfüllung der zu finanzierenden Aufgabe zugleich auch im Interesse der Allgemeinheit wie auch der Gruppe der Pflegebedürftigen liege, ändere nichts an der besonderen, die Abgabepflicht legitimierenden Finanzierungsverantwortung der in Anspruch genommenen Gruppen. Schließlich werde das Abgabenaufkommen aus den Altenpflegeumlagen im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen , also gruppennützig verwendet. Es reiche hierfür aus, dass das Aufkommen unmittelbar oder mittelbar im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen sowie überwiegend im Interesse der Gesamtgruppe verwendet werde. Auch dürfe ein Teil des Abgabenaufkommens für die Verwaltungskosten der Erhebung der Umlage verwendet werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 14 6. Die weitere Entwicklung des Altenpflege-Umlageverfahrens in Niedersachsen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2003 6.1. Nichtwiederaufleben des Altenpflege-Umlageverfahrens in Niedersachsen Obwohl das Altenpflege-Umlageverfahren in Niedersachsen durch den vorgenannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2003 als verfassungsmäßig bestätigt worden war, lebte die Altenpflege-Umlage – auch infolge des am 1. August 2003 in Kraft getretenen Altenpflegegesetzes des Bundes vom 17. November 200030 – in der Folgezeit nicht mehr auf. In dem Landespflegebericht des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit nach § 2 des Niedersächsischen Pflegegesetzes31 vom Dezember 200532 wird hierzu ausgeführt , die Wiedereinführung eines Umlageverfahrens zur lastengerechten Finanzierung der Ausbildungsvergütung komme für die Landesregierung derzeit aus rechtlichen Gründen (kein derzeitiger oder absehbarer Mangel an Fachkräften) sowie angesichts des hiermit verbundenen außerordentlichen Verwaltungsaufwandes nicht in Betracht33. Mit dieser rechtlichen Begründung wird – wenn auch ohne ausdrückliche Nennung dieser Vorschrift – auf die bundesrechtliche Regelung in § 25 Abs. 1 Satz 2 Altenpflegegesetz Bezug genommen, derzufolge die Landesregierungen seit dem 1. August 2003 auf der Grundlage der bundesrechtlichen Verordnungsermächtigung des § 25 AltPflG ein Umlage- bzw. Ausgleichsverfahren zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Einrichtungen zur Finanzierung der Kosten der Ausbildungsvergütung in der Altenpflege nur einführen können, wenn dies erforderlich ist, um einen Mangel an Ausbildungsplätzen zu verhindern oder zu beseitigen34. Von der (grundsätzlichen) Möglichkeit, zur Finanzierung der Kosten der Ausbildungsvergütung in der Altenpflege ein Ausgleichsverfahren nach § 25 AltPflG einzuführen, hat die Niedersächsische Landesregierung – anders als die Landesregierungen in Baden-Württemberg, Bremen, Rheinland-Pfalz und Sachsen35 – auch in den Folgejahren keinen Gebrauch gemacht. ist derzeit auch nicht geplant, ein derartiges Ausgleichsverfahren nach § 25 AltPflG einzuführen. 30 Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz – AltPflG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 2003 (BGBl. I S. 1690), zuletzt geändert durch Art. 12b des Gesetzes vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 1990) 31 Gesetz zur Planung und Förderung von Pflegeeinrichtungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (Niedersächsisches Pflegegesetz – NPflegeG -) in der Fassung vom 26. Mai 2004 (Nds GVBl. S. 157), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 17. Dezember 2007 (Nds GVBl. S. 775) 32 abrufbar im Internet unter http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C20571338_L20.pdf 33 Vgl. den Landespflegebericht S. 30 34 Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erhebung einer Ausbildungsumlage nach § 25 AltPflG und zum Ausnahmecharakter des Ausgleichsverfahrens nach § 25 AltPflG im Verhältnis zum sog. Abrechnungsverfahren nach § 24 AltPflG vgl. eingehend Finanzierung der Kosten der Ausbildungsvergütung in der Altenpflege durch ein Umlageverfahren nach derzeitigem Bundes- und Landesrecht, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, WD 9-003/10 vom 11. Februar 2010, Gliederungspunkt 3.1 (S. 14 ff.) 35 Vgl. hierzu die vorgenannte Ausarbeitung WD 9 – 003/10, S. 17 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 15 6.2. Die Änderung des niedersächsischen Altenpflege-Berufegesetzes durch das Gesetz zur Neuordnung von Vorschriften über Berufsbezeichnungen, Weiterbildung und Fortbildung in Gesundheitsfachberufen vom 20. Februar 2009 Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass das niedersächsische Altenpflege-Berufegesetz vom 20. Juni 1996 nach seiner oben beschriebenen Novellierung durch das Gesetz zur Änderung des Altenpflege-Berufegesetzes vom 15. Juni 199936 seine derzeit gültige Fassung durch Art. 3 des „Gesetzes zur Neuordnung von Vorschriften über Berufsbezeichnungen, Weiterbildung und Fortbildung in Gesundheitsfachberufen“ vom 20. Februar 200937 erhalten hat. Mit der auf Art. 3 Nr. 1 dieses Gesetzes beruhenden Neufassung des § 1 Altenpflege-Berufegesetz wird nunmehr der Anwendungsbereich der im Gesetz verbliebenen Vorschriften der §§ 8 ff. APBG zur Altenpflegeumlage umschrieben38. Nach dieser Bestimmung regelt das Altenpflege-Berufegesetz die Finanzierung der Ausbildungsvergütungen für Schülerinnen und Schüler in der Ausbildung zur Altenpflegerin oder zum Altenpfleger oder zur Altenpflegehelferin oder zum Altenpflegehelfer durch ein Umlageverfahren. Dieses Umlageverfahren bezieht sich nach den Übergangsregelungen des § 12 APBG jedoch – nach wie vor – nur auf die vor dem 1. August 2000 abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Diese Regelungen seien – so wird in der Gesetzesbegründung39 ausgeführt – weiterhin erforderlich, da die Altenpflegeumlage gem. den § 8 ff. des Altenpflege-Berufegesetzes in der Praxis noch Abwicklungsschwierigkeiten bereite. Durch Art. 3 Nr. 2 dieses Gesetzes wurden darüber hinaus die §§ 2 bis 7 des Altenpflege-Berufegesetzes gestrichen, da die Ausbildung zur Altenpflegerin und zum Altenpfleger seit dem 1. August 2003 durch das Altenpflegegesetz des Bundes geregelt wird und damit die diesbezüglichen Bestimmungen des niedersächsischen Altenpflege-Berufegesetzes obsolet geworden waren, nachdem der Bundesgesetzgeber von seiner Regelungskompetenz im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes gem. Art. 72 des Grundgesetzes i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 des Grundgesetzes Gebrauch gemacht hatte40. 36 Vgl. hierzu oben Gliederungspunkt 4.4 37 Nds GVBl. S. 25 38 Vgl. den Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung von Vorschriften über Berufsbezeichnungen, Weiterbildung und Fortbildung in Gesundheitsfachberufen vom 17. Februar 2009, in: Niedersächsischer Landtag, Drs. 16/940 S. 5 39 Vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung von Vorschriften über Berufsbezeichnungen , Weiterbildung und Fortbildung in Gesundheitsfachberufen vom 14. Oktober 2008 (Auszug), in: Niedersächsischer Landtag, Drs. 16/577 S. 23 40 Vgl. Landtagsdrs. 16/577 S. 22 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 16 7. Refinanzierung der Altenpflegeausbildungsvergütung in Niedersachsen nach der Aussetzung des Altenpflege-Umlageverfahrens zum 1. August 2000 7.1. Refinanzierung der Kosten der Ausbildungsvergütung durch Berücksichtigung in den Pflegesätzen des Trägers der praktischen Ausbildung nach § 82a SGB XI Seit der Aussetzung des Altenpflege-Umlageverfahrens zum 1. August 2000 durch das Gesetz zur Änderung des Altenpflege-Berufegesetzes vom 15. Juli 199941 erfolgt die Refinanzierung der Altenpflegeausbildungvergütung in Niedersachsen auf der Grundlage der bundesrechtlichen Bestimmung des § 82a SGB XI, die durch Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) und anderer Gesetzes vom 29. Mai 199842 mit Wirkung vom 1. Januar 1998 in das SGB XI eingefügt wurde. Nach § 82a SGB XI ist die Ausbildungsvergütung von Altenpflegeschülerinnen und -schülern während der Dauer ihrer praktischen und theoretischen Ausbildung in der Vergütung der allgemeinen Pflegeleistungen berücksichtigungsfähig. Im Einzelnen gilt nach dieser Bestimmung Folgendes: Abs. 1 dieser Bestimmung enthält eine gesetzliche Definition des Begriffes der Ausbildungsvergütung im Sinne des § 82a SGB XI und legt damit fest, was nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 des § 82a SGB XI in die Vergütungssätze für die allgemeinen Pflegeleistungen als Teil der pflegebedingten Aufwendungen eingerechnet werden darf43. Die Ausbildungsvergütung im Sinne des § 82a Abs. 1 SGB XI umfasst seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz – AltPflG) am 1. August 2003 neben der vom Träger der praktischen Ausbildung nach § 17 Abs. 1 AltPflG zu zahlenden Ausbildungsvergütung auch die nach § 17 Abs. 1a AltPflG zu erstattenden Weiterbildungskosten. § 82a Abs. 2 Satz 1 SGB XI legt fest, dass die Ausbildungsvergütung in der Altenpflege nach § 82a Abs. 1 SGB XI den pflegebedingten Aufwendungen für die allgemeinen Pflegeleistungen (§§ 84 Abs. 1, 89 SGB XI) zuzuordnen und deshalb in den Entgelten für die allgemeinen Pflegeleistungen berücksichtigungsfähig ist. Die Ausbildungsvergütung, die während der fachtheoretischen Ausbildung gezahlt wird, ist mit erfasst, auch wenn während dieser Zeit keine Arbeitsleistung in der Einrichtung erbracht wird44. Die Ausbildung muss in einer nach dem SGB XI zugelassenen Pflegeeinrichtung (§§ 71, 72 SGB XI) erfolgen, die nach Bundesrecht zur Ausbildung in der Altenpflege bzw. nach Landesrecht zur Ausbildung in der Altenpflegehilfe berechtigt oder verpflichtet ist. Die Pflegeeinrichtung muss auch die Ausbildungsvergütung an die auszubildende Person zahlen, die wiederum auf Grund eines entsprechenden Ausbildungsvertrages mit der Pflegeeinrichtung oder ihrem Träger in der Pflegeeinrichtung tätig sein muss. Die Ausbildungsvergütung ist dann, sofern sie den Bestimmungen des § 82a Abs. 1 SGB XI entspricht und die Pflegeeinrichtung ausschließlich pflegebedürftige Personen im Sinne des § 14 SGB XI betreut, in 41 Vgl. oben zu Gliederungspunkt 4.4 42 BGBl. I S. 1188 43 Vgl. Gürtner, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 82a SGB XI Rn. 3 44 Vgl. BT-Drs. 13/8941 S. 5 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 17 der Vergütung der allgemeinen Pflegeleistungen berücksichtigungsfähig. Betreut die die Ausbildungsvergütung zahlende, zugelassene Pflegeeinrichtung auch Personen, die nicht pflegebedürftig im Sinne des § 14 SGB XI sind, so ist nach § 82a Abs. 2 Satz 2 SGB XI in der Vergütung der allgemeinen Pflegeleistungen nur der Anteil an der Gesamtsumme der Ausbildungsvergütungen nach § 82a Abs. 1 SGB XI berücksichtigungsfähig, der bei einer gleichmäßigen Verteilung der Gesamtsumme auf alle betreuten Personen auf die Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI entfällt. Damit wird eine gleichmäßige Verteilung der Kosten der Ausbildung auf alle von einer Pflegeeinrichtung betreuten Personen geregelt45. Die Beteiligung von nicht pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohnern einer gemischten Einrichtung ist sachgerecht, weil auch sie von der Arbeitsleistung der angehenden Altenpflegekräfte profitieren46. Soweit die Ausbildungsvergütung im Pflegesatz eines zugelassenen Pflegeheimes zu berücksichtigen ist, ist der Anteil, der auf die Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI entfällt, gem. § 82a Abs. 2 Satz 3 SGB XI gleichmäßig auf alle pflegebedürftigen Heimbewohner zu verteilen. Absatz 2 Satz 3 regelt damit eine Kostenverteilung nach der Anzahl dieser Pflegebedürftigen ohne Rücksicht auf die jeweilige Pflegestufe47. Als Bestandteil des Kostennachweises im Sinne des § 85 Abs. 3 SGB XI ist die Ausbildungsvergütung offen zu legen und nach § 82a Abs. 2 Satz 5 SGB XI in der Vergütungsvereinbarung nach § 85 SGB XI über die allgemeinen Pflegeleistungen gesondert auszuweisen. Die Verweisung auf die §§ 84 bis 86 und 89 SGB XI in § 82a Abs. 2 Satz 5 SGB XI hat zur Folge, dass das Zustandekommen der Vergütungsvereinbarung bezüglich der Ausbildungsvergütung bei den stationären und ambulanten Pflegeleistungen nach den gleichen Regeln zu erfolgen hat, wie die Verfahren über die Vergütung dieser Leistungen. Die berücksichtigungsfähige Ausbildungsvergütung wird damit praktisch Bestandteil der Pflegesatzvereinbarungen48. Dabei macht es Sinn, im Zuge einer Pflegesatzvereinbarung auch gleichzeitig Ausbildungsvergütungsbestandteile zu regeln und sie nicht zeitlich voneinander im Verhandlungsgeschehen zu trennen. Neben der Berücksichtigung als Bestandteil des Pflegesatzes stellt sich für die „Ausbildungsbetriebe“ – also die Pflegeeinrichtungen , die selber Träger der Ausbildungsverhältnisse sind – jedoch die Frage, inwiefern sie einen Marktnachteil erleiden, denn durch die Berücksichtigung der Ausbildungskosten über den Pflegesatz ergeben sich höhere Heimentgelte im stationären Bereich bzw. Pflegevergütungen im ambulanten Bereich, was wiederum einen Marktnachteil gegenüber solchen Anbietern darstellt, die keine Auszubildenden in ihrer Einrichtung beschäftigen49. 45 Vgl. Gürtner, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 82 a SGB XI Rn. 6 46 Vgl. BT-Drs. 13/8941, S. 5 47 Vgl. BT-Drs. 13/8941, S. 5 48 Vgl. Gürtner, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 82a SGB XI Rn. 9; Röber/Klie, in: Klie/Krahmer, § 82a Rn. 7 49 Vgl. Röber/Klie, in: Klie/Krahmer, § 82a Rn. 7 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 18 7.2. Refinanzierungsquote für ausbildende – stationäre und ambulante – Pflegeeinrichtungen in Niedersachsen Zur Refinanzierung der Altenpflegeausbildungsvergütung in Niedersachsen gibt es Beschlüsse der Pflegevergütungskommission gemäß § 89 SGB XI (ambulant) und der Pflegesatzkommission gemäß § 86 SGB XI (stationär). Nach den Angaben der Niedersächsischen Landesregierung für das Jahr 200650 können ausbildende stationäre Pflegeeinrichtungen nach dem Beschluss der „Pflegesatzkommission stationär“ nach Maßgabe der tatsächlich gezahlten Ausbildungsvergütungen einen Betrag von 7.300 Euro pro Schülerin/Schüler pro Jahr in die Kalkulation der Pflegesätze aufnehmen. Eine dann noch bestehende Differenz zu der gezahlten Ausbildungsvergütung je Auszubildenden kann im Rahmen der Kalkulation durch entsprechende Anrechnung auf den Pflegestellenplan finanziert werden. Ausbildende ambulante Pflegeeinrichtungen können die anfallenden Aufwendungen für die Ausbildungsvergütung nach den Beschlüssen der „Pflegevergütungskommission nach 89 SGB XI ambulant“ während der gesamten Ausbildungszeit in Höhe von 80% auf die Pflegevergütung anrechnen (Beschluss der Pflegevergütungskommission vom 30. Mai 2000)51. Die nicht gedeckten Kosten der Ausbildungsvergütung müssen durch die Pflegeeinrichtung selbst erwirtschaftet werden. Den Verteilungsmaßstab bilden die durch den jeweiligen Pflegedienst erbrachten Leistungspunkte des Vorjahres52. 8. Finanzielle Förderung der Altenpflegeausbildung durch das Land Niedersachsen ab Januar 2010 Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass das Land Niedersachsen seit Januar 2010 im Rahmen der Initiative „Pflegepaket Niedersachsen“ die Ausbildung in der Altenpflege mit finanziellen Hilfen unterstützt53. Teil dieses Pflegepaketes ist die finanzielle Anerkennung (Pauschale) von Ausbildungsverhältnissen in der Altenpflege sowie die Gewährung von Zuwendungen zu den Schulkosten an Altenpflegeschulen in privater Trägerschaft. Mit diesen Maßnahmen sollen Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger konkret bei ihren Ausbildungskosten entlastet und das Bemühen von Pflegeeinrichtungen um die Ausbildung anerkannt werden. Die endgültige Förderung soll auf der Grundlage von Richtlinien erfolgen, deren Entwürfe in Kürze den Verbänden zur Anhörung übermittelt werden. Seit Januar 2010 wird die Förderung vorab auf der Grundlage vorläufiger Durchführungsbestimmungen wie folgt gewährt: 50 Vgl. die Antwort der Niedersächsischen Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 5. September 2006, Altenpflegeausbildung in Niedersachsen, in: Niedersächsischer Landtag, Drs. 15/3265, S. 9 51 Landtagsdrs. 15/3265 S. 9; Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, Landespflegebericht , 2005, S. 494 52 Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, Landespflegebericht, S. 494 53 Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, Pflegepaket Niedersachsen, abrufbar im Internet über http://www.ms.niedersachsen.de Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 19 8.1. Zahlung einer Pauschale für Ausbildungsverhältnisse in der Altenpflege an die Träger der ausbildenden Pflegeeinrichtungen Für alle bestehenden und neuen Ausbildungsverhältnisse zur Altenpflegerin bzw. zum Altenpfleger wird – beginnend mit dem 1. August 2009 – eine Pauschale gewährt. Diese Pauschale erhalten die Träger der ausbildenden Pflegeeinrichtungen in Anerkennung ihrer Bemühungen um die Ausbildung von Fachkräften in der Altenpflege. Die vorläufige Pauschale beträgt: - für Ausbildungsverhältnisse im stationären Bereich, bei denen auf zwanzig Pflegeplätze höchstens ein Ausbildungsverhältnis kommt (Verhältnis 1:20 oder kleiner, z.B. 1:30), 50 Euro je Monat und Ausbildungsverhältnis; - für Ausbildungsverhältnisse im stationären Bereich, bei denen auf zwanzig Pflegeplätze mehr als ein Ausbildungsverhältnis kommt (Verhältnis also z.B. 1:10), zunächst 85 Euro je Monat und Ausbildungsverhältnis und - für Ausbildungsverhältnisse im ambulanten Bereich zunächst 85 Euro je Monat und Ausbildungsverhältnis . Die Pauschale wird nur gezahlt, wenn mit der/dem Auszubildenden eine angemessene Ausbildungsvergütung vereinbart ist. Als angemessen in diesem Sinne gilt eine Ausbildungsvergütung, die mindestens 80 % der tariflichen Ausbildungsvergütung nach dem Tarifvertrag für Auszubildende der Länder in Pflegeberufen (TVA-L Pflege) entspricht. Für Ausbildungsverhältnisse, die innerhalb des ersten halben Jahres ihres Bestehens beendet werden, erfolgt keine Anerkennung. 8.2. Zuwendungen zu den Schulkosten an Altenpflegeschulen in privater Trägerschaft Beginnend mit dem 1. August 2009 wird für alle bestehenden und neuen Schulverträge für die Ausbildung zur Altenpflegerin bzw. zum Altenpfleger ein vorläufiger Zuschuss in Höhe von 50 Euro je Monat und Schulvertrag gewährt. Zuwendungsempfänger sind Altenpflegeschulen in privater Trägerschaft mit Sitz in Niedersachsen. Für Schulverträge, die im ersten halben Jahr ihres Bestehens beendet werden, erfolgt keine Förderung. Das von den Schülerinnen und Schülern zu entrichtende Schulgeld ist vom Schulträger um den Zuschussbetrag zu verringern. Damit werden die Schülerinnen und Schüler von den Schulkosten entlastet. 8.3. Das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie als antragsbearbeitende Stelle Anträge auf staatliche Zuschüsse zur Förderung von Ausbildungsplätzen in der Altenpflege bzw. zur Förderung der Schulkosten an Altenpflegeschulen können anhand im Internet verfügbarer Formblätter beim Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie – Außenstelle Lüneburg – gestellt werden. 9. Literaturverzeichnis Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht (2009). herausgegeben von Stephan Leitherer, Stand: 63. Ergänzungslieferung, 1. Oktober 2009, Verlag C. H. Beck, München Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 20 Klie/Krahmer (2009). Sozialgesetzbuch XI: Soziale Pflegeversicherung, Lehr- und Praxiskommentar , hrsg. von Thomas Klie und Utz Krahmer, 3. Auflage 2009, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden- Baden Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit (2005). Landespflegebericht nach § 2 des Niedersächsischen Pflegegesetzes (NPflegeG), Hannover, abrufbar im Internet unter http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C20571338_L20.pdf 2009, Finanzierung der Kosten der Ausbildungsvergütung in der Altenpflege durch ein Umlageverfahren nach derzeitigem Bundes- und Landesrecht, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, WD 9 – 003/10, Berlin: Deutscher Bundestag 10. Anlageverzeichnis 10.1. Die verschiedenen Fassungen des niedersächsischen Altenpflege-Berufegesetzes (APBG) vom 20. Juni 1996 10.1.1. Das APBG in seiner vom 1. August 1996 bis 31. Juli 1999 gültigen Fassung nebst Gesetzesmaterialien Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflege-Berufegesetz – APBG –) vom 20. Juni 1996, Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 1. August 1996 bis 31. Juli 1999, abrufbar im Internet über http://www.juris.de Anlage 1 Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflege- Berufegesetz – AltPflBG) vom 6. Februar 1996, in: Niedersächsischer Landtag, Drs. 13/1732 Anlage 2 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sozial- und Gesundheitswesen zum Entwurf eines Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflege-Berufegesetz – AltPflBG) vom 15. Mai 1996, in: Niedersächsischer Landtag, Drs. 13/1981 Anlage 3 Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflege-Berufegesetz – APBG –) vom 20. Juni 1996, in: Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt (Nds. GVBl.) S. 276 Anlage 4 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 21 10.1.2. Das APBG in seiner vom 1. August 1999 bis 26. Februar 2009 gültigen Fassung nebst Gesetzesmaterialien Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflege-Berufegesetz – APBG –) vom 20. Juni 1996, Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 1. August 1999 bis 26. Februar 2009, abrufbar im Internet über http://www.juris.de Anlage 5 Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Altenpflege- Berufegesetzes vom 13. April 1999, in: Niedersächsischer Landtag, Drs. 14/680 Anlage 6 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sozial- und Gesundheitswesen zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Altenpflege-Berufegesetzes vom 7. Juli 1999, in: Niedersächsischer Landtag, Drs. 14/859 Anlage 7 Gesetz zur Änderung des Altenpflege-Berufegesetzes vom 15. Juli 1999, in: Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt (Nds. GVBl.) S. 158 Anlage 8 10.1.3. Das APBG in seiner seit dem 27. Februar 2009 gültigen Fassung nebst Gesetzesmaterialien Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflege-Berufegesetz – APBG –) vom 20. Juni 1996 in seiner derzeit gültigen Fassung, abrufbar im Internet über http://www.juris.de Anlage 9 Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung von Vorschriften über Berufsbezeichnungen, Weiterbildung und Fortbildung in Gesundheitsfachberufen vom 14. Oktober 2008 (Auszug), in: Niedersächsischer Landtag, Drs. 16/577 Anlage 10 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung von Vorschriften über Berufsbezeichnungen, Weiterbildung und Fortbildung in Gesundheitsfachberufen vom 11. Februar 2009 (Auszug), in: Niedersächsischer Landtag, Drs. 16/909 Anlage 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000 – 020/10 Seite 22 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung von Vorschriften über Berufsbezeichnungen, Weiterbildung und Fortbildung in Gesundheitsfachberufen vom 17. Februar 2009, in: Niedersächsischer Landtag, Drs. 16/940 Anlage 12 Gesetz zur Neuordnung von Vorschriften über Berufsbezeichnungen, Weiterbildung und Fortbildung in Gesundheitsfachberufen vom 20. Februar 2009 (Auszug), in: Niedersächsisches Gesetzund Verordnungsblatt (Nds. GVBl.) S. 25 Anlage 13 10.2. Die verschiedenen Fassungen der Umlageverordnung zum Altenpflege-Berufegesetz (UmlVO-APBG) vom 2. Oktober 1996 Umlageverordnung zum Altenpflege-Berufegesetz (UmlVO-APBG) vom 2. Oktober 1996, in: Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt (Nds. GVBl.) S. 427 Anlage 14 Verordnung zur Änderung der Umlageverordnung zum Altenpflege-Berufegesetz (UmlVO-APBG) vom 5. August 1999, in: Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt (Nds. GVBl.) S. 319 Anlage 15 Umlageverordnung zum Altenpflege-Berufegesetz (UmlVO-APBG) vom 2. Oktober 1996 in seiner derzeit gültigen Fassung, abrufbar im Internet über http://www.juris.de Anlage 16 10.3. Der Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 10. März 1999 und der Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2003 Verwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 10. März 1999, 5 A 21/98, in: Entscheidungssammlung zum Berufsbildungsrecht (EzB), Grundgesetz (GG) Art. 2 Nr. 28 Anlage 17 Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2003 – 2 BvL 1,4,6,16,18/99, 1/01 –, in: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE), herausgegeben von den Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts, Band 108, S. 186 ff. Anlage 18