© 2021 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 017/21 Maßnahmen zur Prävention von Adipositas und deren Wirksamkeit Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 2 Maßnahmen zur Prävention von Adipositas und deren Wirksamkeit Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 017/21 Abschluss der Arbeit: 22. Juni 2021 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Definition von Adipositas 5 3. Verbreitung von Adipositas in Deutschland 6 4. Einflussfaktoren auf das Entstehen von Adipositas und deren Prävention 8 5. Maßnahmen zur Prävention von Adipositas 9 5.1. Policy-Maßnahmen 9 5.2. Konkrete Präventionsmaßnahmen in Deutschland 13 6. Studien 15 6.1. Übersichtsarbeiten 15 6.2. Kieler Adipositas-Präventionsstudie 20 6.3. Europäische IDEFICS-Studie 21 6.4. Beispiel aus dem außereuropäischen Ausland: Australien 22 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 4 1. Einleitung Übergewicht und Adipositas sind weltweit sehr verbreitet. Ein im Vergleich zum Normalgewicht höheres Körpergewicht gilt als Risikofaktor im Hinblick auf bestimmte chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 sowie Herz-/Kreislauferkrankungen und eine erhöhte Sterblichkeit.1 Zwar wird Adipositas von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit dem Jahr 2000 als eigenständige Krankheit eingestuft und auch das Europäische Parlament sprach sich im Jahr 2006 in einer Resolution dafür aus, Adipositas als chronische Erkrankung anzuerkennen. Im deutschen Gesundheitssystem wurde bisher jedoch keine entsprechende Einstufung vorgenommen. So sei es umstritten, ob es sich bei Adipositas tatsächlich um eine eigenständige Krankheit handelt oder diese „lediglich“ als Risikofaktor für Folgeerkrankungen anzusehen ist.2 Gleichwohl wurde im Jahr 2020 der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gesetzlich damit beauftragt, ein sog. Disease- Management-Programm (DMP) zur Behandlung von Adipositas zu entwickeln.3 Dabei handelt es sich um strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch kranke Personen, mit denen deren bestmögliche Behandlung über Einrichtungsgrenzen hinweg gewährleistet werden soll.4 Adipositas wird insofern unabhängig von ihrer Einstufung als Krankheit auch im deutschen Gesundheitssystem durchaus als bedeutsame Herausforderung angesehen – auch aufgrund der Kosten, die durch Adipositas und deren Folgeerkrankungen für das Gesundheitssystem verursacht werden . Neben einer systematischen Behandlung adipöser Personen kommt auch der (Primär-)Prävention 5 von Adipositas eine große Bedeutung zu. Aufgrund der hohen Persistenz von Adipositas gilt dies insbesondere in Bezug auf Kinder und Jugendliche. Nachfolgend werden – im Anschluss an Erläuterungen zum Begriff und der Verbreitung von Adipositas – insbesondere Maßnahmen zur Prävention und Studien zur Wirksamkeit von Präventionsprogrammen vorgestellt. 1 IGES Institut (Hrsg.) (2016), Weiß „Adipositas – Versorgungssituation in Deutschland“, S. 11, abrufbar unter https://www.iges.com/e6666/e13520/e14611/e14613/e14614/attr_objs14643/IGES_PK_20.06.16_Ble_ger.pdf. 2 Vergleiche hierzu Informationen der Deutschen Adipositas Gesellschaft e. V., abrufbar unter https://adipositasgesellschaft .de/ueber-adipositas/definition-von-adipositas/ Dieser sowie alle weiteren Links zuletzt aufgerufen am 15. Juni 2021. 3 Vergleiche hierzu G-BA mit DMP Adipositas beauftragt – Adipositas Gesellschaft (adipositas-gesellschaft.de). 4 Vergleiche hierzu Informationen des G-BA, abrufbar unter https://www.g-ba.de/themen/disease-managementprogramme /. 5 In der Gesundheitsprävention wird unterschieden zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention. Die Primärprävention richtet sich an gesunde Personen und zielt darauf ab, Gesundheitsrisiken zu vermeiden, um den Ausbruch einer Krankheit oder sonstigen gesundheitlichen Störung zu verhindern. Maßnahmen der Sekundärprävention sind hingegen darauf gerichtet, eine Krankheit im Frühstadium zu erkennen bzw. einzudämmen. Die Tertiärprävention wiederum greift erst ein, wenn eine Krankheit bereits festgestellt ist, und versucht dann, ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen den einzelnen Kategorien kann sich in der Praxis aufgrund möglicher Überschneidungen als schwierig erweisen. Ausführlicher hierzu Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Prävention und Gesundheitsförderung im internationalen Kontext, Sachstand vom 5. Januar 2021, WD 9 – 3000 – 089/20, abrufbar unter https://www.bundestag .de/resource/blob/827936/f8584fce89d2a1a598fa32d50adb41e3/WD-9-089-20-pdf-data.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 5 2. Definition von Adipositas Adipositas wird ebenso wie Übergewicht als eine Erhöhung des Körpergewichts durch eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfettanteils definiert.6 Von Adipositas wird jedoch erst dann gesprochen, wenn der Körperfettanteil an der Gesamtkörpermasse für das Alter und Geschlecht pathologisch (gesundheitsgefährdend) erhöht ist.7 Zum Teil wird Adipositas in Abgrenzung zum Übergewicht als chronische Erkrankung mit einem fortschreitenden Verlauf definiert.8 Zur Bestimmung, ob im Einzelfall Übergewicht bzw. Adipositas vorliegt, ist demnach der Fettanteil des Köpers zu ermitteln. Da dies jedoch aufwendig und damit auch kostenintensiv ist, wird zur Abschätzung des Körperfettanteils in der Regel der sog. Body-Mass-Index (BMI), d. h. der Quotient aus dem Körpergewicht (in Kilogramm) und dem Quadrat der Körpergröße (in Metern), herangezogen. Bei erwachsenen Personen gelten dabei bestimmte Grenzwerte, bei deren Überschreiten Übergewicht bzw. Adipositas vorliegt. So sind Erwachsene, die einen BMI von mindestens 25 aufweisen , übergewichtig; bereits ab diesem Grenzwert ist das Risiko für Begleiterscheinungen gering erhöht. Bei einem BMI zwischen 25 und 29,9 liegt eine Präadipositas vor. Erwachsene mit einem BMI von mindestens 30 werden als adipös bezeichnet, wobei zwischen drei verschiedenen Graden der Adipositas unterschieden wird. Je höher der BMI ist, umso höher ist der Grad der Adipositas und umso höher ist auch das Risiko für Begleiterscheinungen des Übergewichts.9 Das Gesundheitsrisiko durch Übergewicht ist jedoch nicht nur abhängig vom Ausmaß des Übergewichts , sondern auch vom Fettverteilungsmuster.10 Im Gegensatz zu Erwachsenen ist es bei Kindern und Jugendlichen aufgrund ihrer dynamischen körperlichen Entwicklung nicht möglich, feste BMI-Grenzwerte zur Bestimmung von Übergewicht bzw. Adipositas festzulegen. Vielmehr sind die Grenzen bei Kindern und Jugendlichen alters - und geschlechtsabhängig, so dass eine rein statistische Definition der Grenzwerte erfolgt. 6 Robert Koch-Institut (RKI), Gesundheitsberichterstattung des Bundes, im Internet abrufbar unter https://www.gbe-bund.de/gbe10/abrechnung.prc_abr_test_logon?p_uid=gast&p_aid=0&p_knoten=FID&p_sprache =D&p_suchstring=9394. 7 Vergleiche hierzu Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA), S. 22, abrufbar unter https://adipositas-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2020/06/AGA_S2_Leitlinie.pdf. 8 DAK (Hrsg.) (2016), Versorgungsreport Adipositas – Chancen für mehr Gesundheit, Hamburg 2016, S. 2, abrufbar unter https://www.dak.de/dak/download/versorgungsreport-adipositas-pdf-2073766.pdf. 9 Eine Tabelle zur Gewichtsklassifikation bei Erwachsenen anhand des BMI lässt sich abrufen unter https://adipositas -gesellschaft.de/ueber-adipositas/definition-von-adipositas/. 10 Es wird zwischen dem androiden sowie dem gynoiden Typ unterschieden. Der androide Typ (auch „Apfelform“ genannt) ist durch eine zentrale (stammbezogene) Fettverteilung gekennzeichnet, für deren Berechnung das Verhältnis vom Taillen- zum Hüftumfang (Waist-to-hip-ratio – WHR) herangezogen wird. Der gynoide Typ (auch „Birnenform“ genannt) hingegen ist durch eine periphere Fettverteilung gekennzeichnet; die Fettpolster an Gesäß und Beinen werden als weniger gesundheitsgefährdend angesehen. Vergleiche hierzu RKI (Hrsg.) (2003), Übergewicht und Adipositas, Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Themenheft 16, im Internet abrufbar unter https://www.gbe-bund.de/gbe10/abrechnung.prc_abr_test_logon?p_uid=gast&p_aid=0&p_ knoten =FID&p_sprache=D&p_suchstring=9394 sowie https://adipositas-gesellschaft.de/ueber-adipositas/definitionvon -adipositas/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 6 Danach werden Kinder und Jugendliche als übergewichtig bzw. adipös eingestuft, deren BMI sich oberhalb eines gewissen alters- und geschlechtsspezifischen Perzentils bewegt. Übergewicht bzw. Adipositas liegt also dann vor, wenn der individuelle BMI des jeweiligen Kindes bzw. Jugendlichen höher ist als der BMI eines bestimmten Prozentsatzes der jeweiligen Alters- und Geschlechtsgruppe . Bei Kindern und Jugendlichen liegt Übergewicht vor, wenn deren BMI höher als bei 90 Prozent der gleichaltrigen gleichgeschlechtlichen Kinder und Jugendlichen ist; übersteigt der BMI den Wert von 97 Prozent der Referenzgruppe, wird das Kind bzw. der Jugendliche als adipös eingestuft. Von extremer Adipositas spricht man, sofern der BMI des Kindes oder Jugendlichen höher als bei 99,5 Prozent der Referenzgruppe ist.11 Teilweise erfolgt die Einschätzung , ob Übergewicht bei Kindern oder Jugendlichen vorliegt, mithilfe des sog. BMI Z-Score.12 3. Verbreitung von Adipositas in Deutschland In den vergangenen Jahrzehnten stieg sowohl weltweit als auch in Deutschland die Anzahl der übergewichtigen und adipösen Personen. Mittlerweile weisen circa 54 Prozent der Erwachsenen in Deutschland einen BMI von über 25 auf und sind damit von Übergewicht bzw. Adipositas betroffen . Dabei sind Männer häufiger übergewichtig als Frauen. Die Prävalenz13 für Adipositas liegt insgesamt bei circa 18,1 Prozent, wobei sich die Prävalenz bei Männern und Frauen nicht wesentlich unterscheidet.14 Im Verlauf der letzten Jahrzehnte wurde darüber hinaus eine Zunahme der schweren Formen der Adipositas beobachtet. Während in den 1980er Jahren noch etwa 4,5 Prozent der Frauen und 1,5 Prozent der Männer an einer schweren oder extremen Form der Adipositas litten, verdoppelte sich der Anteil für Frauen auf acht Prozent und verdreifachte sich für Männer auf 5,1 Prozent im Jahr 2011. Insbesondere bei Menschen mit geringem Bildungs - und Einkommensniveau wurde eine hohe Prävalenz der Adipositas ermittelt.15 Inzwischen gibt es auch erste Studienergebnisse zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Verbreitung von Adipositas in Deutschland. So gaben im Rahmen einer online-Befragung der 11 Eine ausführlichere Darstellung internationaler Referenzsysteme zur Beurteilung, ob Kinder und Jugendliche adipös sind, findet sich bei Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Verbreitung von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen, Sachstand vom 10. Juli 2019, WD 9 – 3000 – 042/19, abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource/blob/653850/7256afa3e85e6ba49c9ebb191b2806c3/WD-9-042- 19-pdf-data.pdf. 12 Eine kurze Erläuterung zur Z-Score-Standardisierung lässt sich abrufen unter https://www.bips-institut.de/forschung /software/mets-score/z-score-standardisierung.html#:~:text=Vereinfacht%20ausgedr %C3%BCckt%20gibt%20der%20Z,erwarteten%20Wert%20der%20Referenzpopulation%20abweicht. 13 Die Prävalenz bezeichnet die Wahrscheinlichkeit für eine bestimmte Krankheit in der Grundgesamtheit, ausführlicher hierzu https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-48986-4_2499. 14 Vergleiche hierzu Schienkiewitz, Anja (u. a.) (2017), Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen in Deutschland , RKI Fact Sheet, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung /GBEDownloadsJ/FactSheets/JoHM_2017_02_Uebergewicht_Adipositas_Erwachsene.pdf?__- blob=publicationFile. 15 DAK (Hrsg.) (2016), Versorgungsreport Adipositas – Chancen für mehr Gesundheit, Hamburg 2016, S. 2, abrufbar unter versorgungsreport-adipositas-pdf-2073766.pdf (dak.de). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 7 Technischen Universität München (TUM)16 circa 40 Prozent der insgesamt 1.001 Befragten im Alter zwischen 18 und Jahren im April 2021 an, seit Beginn der Corona-Pandemie an Gewicht zugenommen zu haben. Insbesondere Personen, die bereits zuvor an Übergewicht litten, gaben überdurchschnittlich häufig (53 Prozent) eine zusätzliche Gewichtszunahme an. Die durchschnittlich von den Befragten angegebene Gewichtszunahme lag bei 5,6 kg seit Beginn der Pandemie ; Personen mit einem BMI von über 30 gaben eine Gewichtszunahme von durchschnittlich 7,2 Kilo an. Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die übergewichtig oder adipös sind, wird in Deutschland nicht statistisch erfasst. Es gibt jedoch Datenerhebungen, die Anhaltspunkte zur Verbreitung von Übergewicht und Adipositas liefern. Hierzu zählt z. B. die sog. Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS17), die als erste umfassende und bundesweit repräsentative Datenerhebung zum Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen seit dem Jahr 2003 vom RKI als Langzeitstudie durchgeführt wird. Die im Rahmen der KiGGS-Basiserhebung gewonnenen Daten wurden auch im Hinblick auf die Verbreitung von Übergewicht und Adipositas ausgewertet. Von den insgesamt 14.836 Kindern und Jugendlichen im Alter von drei bis 17 Jahren waren 15 Prozent übergewichtig. Davon waren circa 40 Prozent adipös; dies entspricht einem Anteil von sechs Prozent der im Rahmen dieser Auswertung berücksichtigten Kinder und Jugendlichen. Hochgerechnet auf Deutschland gibt es demnach 1,9 Millionen übergewichtige Kinder und Jugendliche, von denen circa 800.000 adipös sind. Jugendliche sind danach häufiger übergewichtig als Kinder. Während 18 Prozent der Jugendlichen im Alter von elf bis 17 Jahren übergewichtig sind, trifft dies nur auf zwölf Prozent der Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren zu. Bezogen auf den Zeitraum, in dem die Referenzwerte erhoben wurden, hat sich der 16 Pressemitteilung der TUM vom 2. Juni 2021, „Corona befeuert eine andere Pandemie“ – TUM-Studie zu Ernährung und Bewegung seit Beginn der Corona-Pandemie vorgestellt, abrufbar unter https://www.ekfz.tum.de/- fileadmin/PDF/Pressemitteilung_Ernaehrung_und_Bewegung_in_Zeiten_von_Corona_final_020621.pdf. 17 Die KiGGS-Basiserhebung fand im Zeitraum zwischen Mai 2003 und Mai 2006 statt. Insgesamt wurden 17.641 Kinder im Alter von 0 bis 17 Jahren (davon 8.656 Mädchen und 8.985 Jungen) in die Studie einbezogen, wobei neben einer Befragung der Teilnehmer Laboranalysen und körperliche Untersuchungen stattfanden und unter anderem deren Körpergröße sowie deren Gewicht erfasst wurden. In den Jahren 2009 bis 2012 führte das RKI eine Wiederholungserhebung (KiGGS1 – erste Welle) durch, die sich im Gegensatz zur Basiserhebung jedoch auf eine telefonische Befragung der Teilnehmer beschränkte. Eine zweite Wiederholungserhebung (zweite Welle) fand zwischen September 2014 bis Ende 2016 statt. Ausführliche Informationen zur Studie des RKI lassen sich im Internet abrufen unter http://www.kiggs-studie.de/. Ausführlichere Informationen zu den verschiedenen Datenerhebungen einschließlich der erreichten Teilnehmerkreise lassen sich im Internet abrufen unter http://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Kiggs/kiggs_node.html sowie http://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Kiggs/Kiggs_w1/kiggs_welle1_broschuere .pdf?__blob=publicationFile, S. 10f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 8 Anteil der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen um 50 Prozent erhöht; der Anteil der adipösen Heranwachsenden hat sich im gleichen Zeitraum verdoppelt.18 4. Einflussfaktoren auf das Entstehen von Adipositas und deren Prävention Insbesondere im Bereich der Primärprävention ist es für die Implementierung erfolgreicher Präventionsangebote wichtig, die Faktoren zu kennen, die für ein Entstehen des jeweiligen Gesundheitsrisikos ursächlich sind bzw. einen Einfluss darauf haben (können). Da ein Großteil der Personen , die bereits im Kindes- und/oder Jugendalter übergewichtig bzw. adipös sind, auch im Erwachsenenalter unter Adipositas leidet, ist bei der Adipositasprävention darüber hinaus der Zeitpunkt für die Durchführung entsprechender Präventionsmaßnahmen von großer Bedeutung. Zur Ermittlung relevanter Einflussfaktoren auf das Entstehen von Adipositas wurde in Deutschland vor einigen Jahren das bevölkerungsweite Monitoring adipositasrelevanter Einflussfaktoren im Kindesalter (AdiMon19) eingeführt. Dieses wurde vom RKI entwickelt, um die Planung, Umsetzung und Evaluation präventiver Aktivitäten zu unterstützen. Dabei handelt es sich um ein webbasiertes Indikatorensystem, das bevölkerungsweit aussagekräftige und regelmäßig aktualisierte Daten über adipositasrelevante Einflussfaktoren bei Kindern liefert. Die Identifizierung relevanter Einflussfaktoren erfolgte dabei im Rahmen systematischer Literaturrecherchen. In einem ersten Schritt wurden dabei die adipositasrelevanten Einflussfaktoren bezogen auf Kinder im Alter von null bis sechs Jahren identifiziert und verschiedenen Indikatorenbereichen zugeordnet. Mittlerweile liefert AdiMon auch Informationen zu den adipositasrelevanten Einflussfaktoren bei Kindern im Schulalter. Dazu hat das RKI eine weitere systematische Literaturrecherche20 durchgeführt , in deren Rahmen insgesamt 280 Publikationen aus den Jahren 2006 bis 2018 ausgewertet wurden. Dabei konnten über 80 adipositasrelevante Einflussfaktoren identifiziert werden, die sich den Einflussbereichen Verhalten, Verhältnisse, Biologie, vor und nach der Geburt, Psychosoziales und Kontext zuordnen lassen. Circa ein Zehntel dieser Einflussfaktoren sind im Vergleich zu den für das Kita-Alter ermittelten Einflussfaktoren neu hinzugekommen, so z. B. der Einfluss 18 Vergleiche hierzu WD 9 – 3000 – 042/19, Verbreitung von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen, abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource/blob/653850/7256afa- 3e85e6ba49c9ebb191b2806c3/WD-9-042-19-pdf-data.pdf. Ausführlichere Informationen zur Verbreitung von Adipositas in der Bevölkerung Deutschlands finden sich auch in BT-Drs. 19/17012, Adipositas – Prävention und Versorgung in Deutschland, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Andrew Ullmann, Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP (Drucksache 19/16570) vom 3. Februar 2020, abrufbar unter https://dserver.bundestag .de/btd/19/170/1917012.pdf. 19 Ausführliche Informationen zu AdiMon sind abrufbar unter RKI - Adipositasmonitoring. 20 RKI (Hrsg.) (2020), Einflussfaktoren der Adipositas im Schulalter – Eine systematische Literaturrecherche im Rahmen des Adipositasmonitorings, Gesundheitsberichterstattung des Bundes gemeinsam getragen von RKI und DESTATIS, Journal of Health Monitoring MAI 2020 SPECIAL ISSUE 2, abrufbar unter https://www.rki.de- /DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/JoHM_S2_2020_Adipositasmonitoring _Review.pdf?__blob=publicationFile. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 9 der Peergroup und Mobbingerfahrungen. Ausführliche Informationen zu den einzelnen Indikatoren von Adipositas im Kindes- und Jugendalter hat das RKI in Themenblättern21 veröffentlicht. Darüber hinaus liegt ein Abschlussbericht zu AdiMon22 vor, dem ebenfalls Informationen zu den verschiedenen Einflussfaktoren entnommen werden können. 5. Maßnahmen zur Prävention von Adipositas 5.1. Policy-Maßnahmen Ein wichtiges Instrument im Rahmen der Prävention und Gesundheitsförderung stellen sog. Policy -Maßnahmen dar. Dabei handelt es sich vor allem um Gesetze, Regulierungen und Strategien von Regierungen und anderen Institutionen, die das Potential haben, die Gesundheit oder das Gesundheitsverhalten der Bevölkerung zu beeinflussen. Diese können sowohl im öffentlichen Sektor (z. B. gesetzliche Reglementierungen), im privaten Sektor (z. B. Selbstverpflichtungen) und im zivilgesellschaftlichen Sektor (z. B. Empfehlungen) konzipiert und umgesetzt werden. Im Bereich der Adipositasprävention können Policy-Maßnahmen verschiedene Ansätze verfolgen. Hierzu zählen neben Informationskampagnen und fiskalpolitischen Ansätzen, wie die höhere Besteuerung zuckergesüßter Erfrischungsgetränke, reglementierende Ansätze, wie die Einschränkung von Werbemaßnahmen, sowie infrastrukturell orientierte Ansätze, wie die Verabschiedung eines nationalen Radverkehrsplans.23 Auf europäischer Ebene wurden im Jahr 2007 mit dem Weißbuch der EU-Kommission "Ernährung , Übergewicht, Adipositas: Eine Strategie für Europa“24 wichtige Vorgaben geschaffen, um eine Verringerung von Erkrankungen, wie insbesondere Adipositas, zu bewirken. Die Gemeinschaft sollte durch Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene Maßnahmen entwickeln, wie etwa zur Entwicklung von Vorschriften (z. B. Kennzeichnungspflichten auf Lebensmitteln) oder zur Finanzierung von Projekten. Einen besonderen Fokus legt das Weißbuch auf die Notwendigkeit der Überwachung von Aktivitäten, was erforderlich sei, um festzustellen, welche Strategien sich bewähren und welche Maßnahmen verbessert werden müssten. Die Kommission hebt im Übrigen im Weißbuch hervor, dass der Schwerpunkt der Maßnahmen von den Mitgliedstaaten selbst ausgehen müsse und die Kommission innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs (lediglich) unterstützend und ggfs. ergänzend tätig werden könne. 21 Diese sind abrufbar unter RKI - Liste aller Themenblätter des Projekts "Bevölkerungsweites Monitoring Adipositas -relevanter Einflussfaktoren im Kindesalter". Einen Überblick über sämtliche Einflussfaktoren findet sich bei RKI (Hrsg.) (2018), Kindliche Adipositas: Einflussfaktoren im Blick. Das AdiMon Indikatorensystem Robert Koch-Institut, Berlin 2018, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Adipositas _Monitoring/AdiMon_Infobroschuere.pdf?__blob=publicationFile. Im Rahmen von AdiMon wurden darüber hinaus Informationen zu umgesetzten Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung zusammengetragen ; auch hierzu liegen einzelne Themenblätter vor. 22 RKI (Hrsg.) (2019), Sachbericht – Bevölkerungsweites Monitoring adipositasrelevanter Einflussfaktoren im Kindesalter (AdiMon), abrufbar unter https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen /Gesundheit/Berichte/1907_AdiMon_Abschlussbericht.pdf. 23 RKI (Hrsg.) (2020), AdiMon-Themenblatt – Policy-Maßnahmen, abrufbar unter AdiMon-Themenblatt: Policy- Maßnahmen (rki.de). 24 Abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=celex:52007DC0279. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 10 In den darauf folgenden Jahren hat die EU eine Reihe von Projekten finanziert, darunter u. a. das Projekt OBESCLAIM, in dem die Bedeutung der Nährwertkennzeichnung für die Lebensmittelproduktion im Kampf gegen Adipositas untersucht wurde.25 In Deutschland werden mit Hilfe von Maßnahmen zur Verbesserung der Verpflegung in Kitas und Schulen, die Veröffentlichung von Bewegungs- und Ernährungsleitlinien sowie Informations - und Bildungsangebote, die eine gesündere Ernährung der Bevölkerung fördern sollen, im Bereich der Adipositasprävention bereits einige Policy-Maßnahmen umgesetzt. Dennoch besteht nach Ansicht des RKI für zentrale Policy-Maßnahmen aus dem Bereich der Adipositasprävention im Kindes- und Jugendalter noch erhebliches Potential. So sei zwar die Einführung des Nutri- Scores26 ein wichtiger Schritt hinsichtlich einer leicht verständlichen Nährwertkennzeichnung, jedoch seien im Bereich der Einschränkungen für die Vermarktung von Lebensmitteln an Heranwachsende , die im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung nur mäßig verzehrt werden sollten, derzeit keine maßgeblichen Entwicklungen absehbar.27 Am 3. Juli 2020 fasste der Deutsche Bundestag den Entschluss28, eine nationale Diabetes-Strategie zu initiieren. In diesem Rahmen soll auch die Prävention von und die Versorgungsforschung zu Adipositas vorangetrieben werden. Bereits im Jahr 2008 wurde der Nationale Aktionsplan IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung der Bundesregierung ins Leben gerufen, gemeinsam vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Im Rahmen dieses Aktionsplans wurden rund 100 Projekte gefördert, u. a. Initiativen zur besseren Verpflegung von Kindern in Kitas und Schulen. Zehn Jahre nach Einführung des Aktionsplans wurde dieser im Hinblick auf seine Zielerreichung evaluiert und die entsprechenden Ergebnisse im Jahr 2019 im Evaluationsbericht veröffentlicht.29 Nach Angaben der Ministerien hat die Evaluation ergeben, dass mit den durchgeführten Aktivitäten insgesamt ein Beitrag zur Erreichung aller im Aktionsplan formulierten Ziele geleistet werden konnte. Auch sei 25 Zu diesem Projekt sowie sieben weiteren siehe: Europäische Kommission, CORDIS, Forschungsergebnisse der EU, Adipositas: EU-Forschung sagt Übergewicht den Kampf an, Juli 2019, abrufbar unter Adipositas: EU-Forschung sagt Übergewicht den Kampf an | Research*eu Magazine | Issue 84 | CORDIS | European Commission (europa.eu). 26 Hierbei handelt es sich um ein Bewertungsinstrument in Form einer sog. Lebensmittelampel, mit dessen Hilfe die Verbraucher Lebensmittel miteinander hinsichtlich ihres Nährwerts vergleichen können. Der Nutri-Score wurde zum November 2020 eingeführt, seine Anwendung ist für die Lebensmittelhersteller freiwillig. Ausführlichere Informationen zum Nutri-Score finden sich auf der Internetseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), abrufbar unter https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittel-kennzeichnung /freiwillige-angaben-und-label/nutri-score/nutri-score-erklaert-verbraucherinfo.html. 27 Vergleiche hierzu RKI (Hrsg.) (2020), AdiMon-Themenblatt – Policy-Maßnahmen, abrufbar unter AdiMon-Themenblatt : Policy-Maßnahmen (rki.de). 28 BT-Drs. 19/20619, Start einer Nationalen Diabetes-Strategie – Gesundheitsförderung und Prävention in Deutschland und Versorgung des Diabetes mellitus zielgerichtet weiterentwickeln, Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 01.07.2020, abrufbar unter https://dserver.bundestag.de/btd/19/206/1920619.pdf. 29 BMEL (Hrsg.) (2019), Abschlussbericht der Evaluation des Nationalen Aktionsplans IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung – Nationaler Aktionsplan zur Prävention von Fehlernährung , Bewegungsmangel, Übergewicht und damit zusammenhängenden Krankheiten, abrufbar unter https://www.in-form.de/in-form/allgemein/in-form-evaluationsbericht/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 11 als positiv anzuerkennen, dass im Rahmen der IN FORM Projekte die Themen Ernährung und Bewegung sowie verhaltens- und verhältnispräventive Ansätze eng miteinander verzahnt seien. Als positive Entwicklungen seien dabei eine Verbesserung der Schulverpflegung durch Verbreitung der Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sowie eine Intensivierung der schulischen Ernährungsbildung u. a. durch Qualifizierungsangebote für Pädagogen hervorzuheben . Hinsichtlich der Prävention von Kinderübergewicht sollten Erfolgsfaktoren und Aufklärungsmaterialien verbreitet sowie die Qualität der Maßnahmen verbessert werden. Gefördert wurden in diesem Zusammenhang Projekte zum Einsatz elektronischer Medien sowie zur Entwicklung prototypischer Interventionsmaterialien zur Bewegungsförderung. Auch Initiativen, die Kindern und Eltern Wege zu einer gesunden Ernährung aufzeigten, wurden gefördert. Dem Abschlussbericht zufolge wurden vereinzelt in diesbezüglichen Projektevaluationen Effekte auf die Gewichtsentwicklung und Fitness untersucht und nachgewiesen.30 Zwar werden in Deutschland, anders als in einigen anderen Ländern, ungesunde Lebensmittel wie z. B. zuckerhaltige Getränke derzeit nicht gesondert besteuert, es liegen jedoch erste Berechnungen zu den möglichen Auswirkungen einer sog. Zuckersteuer vor. So betrachteten Forscher der Universität Hamburg in einer Szenario-Studie31 die Auswirkungen gesetzgeberischer Änderungen des Mehrwertsteuersatzes auf bestimmte Lebensmittelkategorien auf die Adipositas-Prävalenz und daran anknüpfend mögliche Einsparungen an jährlichen Krankheitskosten in Deutschland. Im Rahmen der Studie wurden vier verschiedene Varianten einer möglichen zusätzlichen Besteuerung von Lebensmitteln mit hohem Fett-, Salz- und Zuckeranteil (ungesunde Lebensmittel) bzw. einer geringeren Besteuerung von Obst und Gemüse (gesunder Lebensmittel) entworfen – anknüpfend an das derzeit in Deutschland bestehende Umsatzsteuersystem. Die verschiedenen betrachteten Szenarien unterscheiden sich dabei lediglich in der konkreten Höhe der Steuersätze für die als ungesund definierten Lebensmittel32; für Obst und Gemüse würde danach keine Mehrwertsteuer mehr erhoben werden. Für jedes Szenario hat man die Auswirkungen auf die tägliche Kalorienaufnahme, das Gewicht, die Prävalenz von Adipositas in der Bevölkerung, die Krankheitskosten sowie das Steueraufkommen berechnet.33 Bei der Auswertung der errechneten Daten kamen die Autoren zu dem Ergebnis, dass bereits durch eine bloße Neuordnung der 30 BMEL (Hrsg.) (2019), Abschlussbericht der Evaluation des Nationalen Aktionsplans IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung – Nationaler Aktionsplan zur Prävention von Fehlernährung , Bewegungsmangel, Übergewicht und damit zusammenhängenden Krankheiten, S. 6 f., abrufbar unter https://www.in-form.de/in-form/allgemein/in-form-evaluationsbericht/. 31 Effertz, Tobias (2017), Die Auswirkungen der Besteuerung von Lebensmitteln auf Ernährungsverhalten, Körpergewicht und Gesundheitskosten in Deutschland, November 2017, abrufbar unter https://adipositas-gesellschaft .de/wp-content/uploads/2020/07/Studie-gesunde-MwSt.pdf. 32 In den verschiedenen betrachteten Szenarien wurde hierfür teilweise ein einheitlicher Steuersatz für sämtliche als ungesund eingestuften Lebensmittel angesetzt, teilweise galt je nach Kategorie entsprechend der Lebensmittelampel ein unterschiedlich hoher Steuersatz. 33 Für diese Berechnungen wurden verschiedene Daten, u. a. zu den Preiselastizitäten herangezogen. Zentrale Grundlage für diese Berechnungen war der Datensatz der Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II). Hierbei handelt es sich um eine repräsentative Befragung von circa 20.000 deutschsprachigen Personen im Alter von 14 bis 80 Jahren zu ihrem Ernährungsverhalten. Informationen hierzu lassen sich u. a. abrufen unter https://www.mri.bund.de/de/institute/ernaehrungsverhalten/forschungsprojekte/nvsii/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 12 Mehrwertsteuer durch eine einheitliche Besteuerung aller Lebensmittel mit 19 Prozent mit Ausnahme von Obst und Gemüse (Verzicht auf Besteuerung) beachtliche Effekte erreicht werden könnten. Im Rahmen der einzelnen Szenarien wurden unterschiedlich hohe Effekte ermittelt; höhere Steuersätze erzielten danach höhere Effekte. Durch eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf als gesund eingestufte Lebensmittel34 von derzeit 19 auf sieben Prozent sowie einer Nullbesteuerung von Obst und Gemüse bei gleichzeitiger Erhöhung der Mehrwertsteuer auf ungesunde Lebensmittel von derzeit sieben auf 29 Prozent sowie auf Softdrinks von 19 auf 29 Prozent sinkt den Berechnungen zufolge ein Jahr nach Änderung der Steuerstruktur die Adipositas-Prävalenz bei Männern um 12 Prozent, bei Frauen um sieben Prozent. Daraus resultierend sänken die direkten Krankheitskosten um bis zu 3,8 Mrd. Euro bzw. circa 13 Prozent. Steuererhöhungen auf adipogene Lebensmittel stellen nach Ansicht des Autors das aussichtsreichste Präventionsinstrument gegen Adipositas dar. Er verweist in diesem Zusammenhang auf Erhebungen aus anderen Ländern, denen zufolge sich eine höhere Besteuerung ungesunder Lebensmittel positiv auf die Reduktion von Adipositas auswirke.35 Die Senkung der Mehrwertsteuer auf null Prozent für gesunde Lebensmittel bei gleichzeitiger Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent hätte einen Rückgang von starkem Übergewicht von circa acht Prozent bei Männern und drei Prozent bei Frauen zur Folge. In diesem Szenario würden Männer innerhalb eines Jahres durchschnittlich 2,25 kg, Frauen 1,5 kg abnehmen, wodurch sich die Krankheitskosten um ca. 5 Milliarden Euro jährlich verringern würden. Darüber hinaus würden Steuermehreinnahmen in Höhe von knapp 5 Milliarden Euro entstehen, die wiederum zur Gesundheitsförderung eingesetzt werden könnten .36 Darüber hinaus gibt es auch Policy-Maßnahmen, die bereits unmittelbar nach der Geburt und damit deutlich vor dem Kindergarten- und/oder Schulalter ansetzen. Wesentliche Maßnahme in diesem Zusammenhang ist die Förderung des Stillens in den ersten Lebensmonaten eines jeden Kindes. So empfiehlt z. B. die WHO, Kinder in den ersten sechs Lebensmonaten ausschließlich zu stillen; es ist erklärtes Ziel der WHO, den Anteil der für sechs Monate voll gestillten Kinder bis zum Jahr 2025 auf mindestens 50 Prozent zu erhöhen.37 Auch in Deutschland wird das Stillen 34 Die Angabe der jeweiligen Steuersätze für verschiedene Lebensmittelkategorien im Rahmen der Szenario-Studie erfolgte auf der Grundlage einer dreistufigen Lebensmittelampel (grün, gelb, rot). Die verwendete Skala weicht insofern von der im November 2020 eingeführten, freiwilligen Kennzeichnung des sog. Nutri-Scores von Lebensmitteln mit Hilfe einer fünfstufigen Skala ab. Als gesund eingestuft und damit geringer besteuert wurden in diesem Szenario Lebensmittel der Ampelkategorien Grün und Gelb. 35 Vergleiche hierzu Thow, Anne Marie (u. a.) (2014), A systematic review of the effectiveness of food taxes and subsidies to improve diets: Understanding the recent evidence, in: Nutrition Reviews; 72(9): 551–565, abrufbar unter https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25091552/ sowie Andreyeva, Tatiana (u. a.) (2010) The Impact of Food Prices on Consumption: A Systematic Review of Research on the Price Elasticity of Demand for Food, in: American Journal of Public Health; 100(2): 216-222, abrufbar unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles /PMC2804646/. 36 DAG (Hrsg.), Mehrwertsteuer nach Ampel-System: Eine wirksame Maßnahme gegen Adipositas, Factsheet Steuer, abrufbar unter https://adipositas-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2020/06/180327_th012_Factsheet _Steuer_03_final.pdf. 37 Vergleiche hierzu die Global nutrition targets, abrufbar unter https://www.who.int/publications/i/item/WHO- NMH-NHD-14.2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 13 gefördert. Zuständig hierfür ist die Nationale Stillkommission am RKI, die seit 1994 die Entwicklung einer neuen Stillkultur unterstützt. Deutschlandweit werden Informationskampagnen zur Bedeutung des Stillens für Mütter und Kinder durchgeführt. Die Förderung des Stillens als normale Ernährung für Säuglinge ist offensichtlich auch im Zusammenhang mit der Prävention von Adipositas von Bedeutung. So habe Studien zufolge das Stillen einen Einfluss auf die Prävalenz von Adipositas. Im Jahr 2019 wurde eine Studie38 zur Auswirkung des Stillens auf die Prävalenz von Adipositas veröffentlicht. Dabei wurden die Daten für insgesamt 100.583 Kinder aus insgesamt 22 europäischen Staaten im Alter von sechs bis neun Jahren ausgewertet. Die Erhebung der Daten erfolgte im Rahmen der vierten Welle der sog. WHO European Childhood Obesity Surveillance Inititative (COSI) in den Jahren 2015 und 2017; für Deutschland flossen dabei keine Daten in die Auswertung ein. Für 19 der teilnehmenden Länder zeige sich, dass die Dauer der Stillzeit einen (zum großen Teil signifikanten) Einfluss auf die Prävalenz von Adipositas bei Kindern habe. So seien Kinder, die für eine Dauer von mindestens sechs Monaten voll gestillt wurden, (signifikant) seltener adipös als Kinder, die nicht oder für weniger als sechs Monate gestillt worden waren. In der Hälfte der teilnehmenden Länder war darüber hinaus Übergewicht bei Kindern der untersuchten Altersgruppe mit einem höheren Geburtsgewicht assoziiert. Auch wurde für einzelne Länder ein Zusammenhang zwischen einer vorfristigen Geburt und Übergewicht im Kindesalter festgestellt. 5.2. Konkrete Präventionsmaßnahmen in Deutschland In Deutschland wird eine Vielzahl an Präventionsmaßnahmen zur Bekämpfung von Übergewicht und Adipositas – insbesondere bei Kindern und Jugendlichen – durchgeführt. Zwar liegen keine genauen Angaben über die konkrete Anzahl entsprechender Präventionsangebote in Deutschland vor, jedoch liefert z. B. der jährlich erscheinende Präventionsbericht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) statistische Angaben zur Anzahl der Präventionsmaßnahmen, die von der GKV finanziert werden. Die Anzahl entsprechender Präventionsmaßnahmen in der Lebenswelt Kindertagesstätte (Kita) ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich deutlich angestiegen. Lag diese im Jahr 2015 noch bei 7.16039 und im folgenden Jahr bei 8.68740, wurden im Jahr 2019 bereits 15.221 Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention in Kitas von der GKV finanziert .41 Dadurch konnten im Jahr 2020 insgesamt 1.265.690 Kinder erreicht werden. Gemäß dem 38 Rito, A. I. (u.a.) (2019), Association between Characteristics at Birth, Breastfeeding and Obesity in 22 Countries: The WHO European Childhood Obesity Surveillance Initiative – COSI 2015/2017, in: Obesity Facts 2019; 12: 226-243, abrufbar unter https://www.karger.com/Article/FullText/500425. 39 GKV-Spitzenverband (Hrsg.), Präventionsbericht 2016 – Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung: Primärprävention und betriebliche Gesundheitsförderung – Berichtsjahr 2015, S. 34, abrufbar unter 2016_GKV_- MDS_Praeventionsbericht.pdf (gkv-spitzenverband.de). 40 GKV-Spitzenverband (Hrsg.), Präventionsbericht 2017 – Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung: Primärprävention und Gesundheitsförderung – Berichtsjahr 2016, S. 38, abrufbar unter 2017_GKV_MDS_Praeventionsbericht .pdf (gkv-spitzenverband.de). 41 GKV-Spitzenverband (Hrsg.), Präventionsbericht 2020 - Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung: Primärprävention und Gesundheitsförderung – Leistungen der sozialen Pflegeversicherung: Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen – Berichtsjahr 2019, S. 45, abrufbar unter Präventionsbericht 2020 (Berichtsjahr 2019) (gkv-spitzenverband.de). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 14 Leitfaden Prävention sollen Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung in Kitas insbesondere die Förderung von Bewegung, gesunder Ernährung, Entspannung, Stressbewältigung, sozial-emotionaler Kompetenzen und Resilienz umfassen.42 Dementsprechend bezog sich ein Großteil der Maßnahmen auf verschiedene Einflussfaktoren bei der Entstehung von Adipositas; so zielten 82 Prozent der im Jahr 2015 finanzierten Maßnahmen auf eine Verbesserung der Ernährung , 77 Prozent auf eine Erhöhung der körperlichen Bewegung der teilnehmenden Kinder ab. Die durchschnittliche Laufzeit der im Jahr 2015 in Kitas von der GKV unterstützten Maßnahmen lag bei 27 Monaten.43 Um eine Übersicht zu konzeptionellen Ansätzen in der Prävention von Kinder- und Jugendübergewicht in Deutschland zu erhalten und Lücken und Handlungsfelder in diesem Bereich zu identifizieren , wurde das Projekt zur Systematisierung konzeptioneller Ansätze zur Prävention von Kinderübergewicht in Lebenswelten (SkAP) durchgeführt. Zum Projekt wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.44 Von den im Zuge des Projekts insgesamt 347 Interventionen aus den Jahren 2009-2015 in den Lebenswelten Familie, Schule und Kommune wurden 141 in die weitere Auswertung einbezogen. Im Rahmen des Projekts wurden Typen konzeptioneller Ansätze bestimmt, die von einem singulär fokussierten bis hin zu einem komplex koordinierten Ansatz reichen. Durch einen Abgleich mit relevanten Variablen des Kriterienkatalogs sind darüber hinaus generische und lebensweltspezifische Lücken bzw. Handlungsfelder bestimmt worden. Die verfügbaren Informationen zu den Interventionen reichten nach Angabe der Autoren für eine nähere Charakterisierung jedoch häufig nicht aus. So würden theoretische Konzeptionen oft nur summarischplakativ erwähnt und zudem häufig nur Haupt-, aber keine Teilziele formuliert. Auch mangele es vielfach an Angaben zur Wirksamkeit.45 Einer Auswertung des RKI auf der Grundlage des SkAP- Projekts zufolge verfolgen die meisten Maßnahmen zur Prävention von Übergewicht bei Kindern einen Ansatz, der sowohl die Verhältnisse im Setting als auch das Verhalten der Zielgruppe adressiert. Die Maßnahmen im Setting Kita erfolgen dabei zumeist durch Informationsmaterialien , Kurse und Schulungen.46 42 GKV-Spitzenverband (Hrsg.), Präventionsbericht 2020 - Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung: Primärprävention und Gesundheitsförderung – Leistungen der sozialen Pflegeversicherung: Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen – Berichtsjahr 2019, S. 47, abrufbar unter Präventionsbericht 2020 (Berichtsjahr 2019) (gkv-spitzenverband.de). 43 Vergleiche hierzu RKI (Hrsg.) (2020a), AdiMon-Themenblatt – Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung in Kindertagesstätten, abrufbar unter AdiMon-Themenblatt: Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung in Kitas (rki.de). Darin werden die statistischen Daten des Präventionsberichts der GKV aus dem Jahr 2016 (bezogen auf das Berichtsjahr 2015) ausgewertet. 44 BZgA (Hrsg.), Systematisierung konzeptioneller Ansätze zur Prävention von Kinderübergewicht in Lebenswelten (SkAP) – Abschlussbericht, abrufbar unter SkAP Abschlussbericht (bundesgesundheitsministerium.de). 45 Vergleiche hierzu BZgA (Hrsg.), Systematisierung konzeptioneller Ansätze zur Prävention von Kinderübergewicht in Lebenswelten (SkAP) – Abschlussbericht, S. 8 ff., abrufbar unter SkAP Abschlussbericht (bundesgesundheitsministerium .de). 46 Vergleiche hierzu RKI (Hrsg.) (2020b), AdiMon-Themenblatt – Konzeptionelle Ansätze von Präventionsmaßnahmen , abrufbar unter AdiMon-Themenblatt: Konzeptionelle Ansätze von Präventionsmaßnahmen (rki.de). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 15 6. Studien 6.1. Übersichtsarbeiten In den vergangenen Jahrzehnten wurden sowohl in Deutschland als auch weltweit verschiedene Studien zur Wirksamkeit von Maßnahmen zur Prävention von Adipositas durchgeführt. Der weit überwiegende Teil der bisher veröffentlichten Studien bezieht sich dabei auf Interventionen, die Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen und damit indirekt auch in der erwachsenen Bevölkerung verhindern sollen. Neben einer Vielzahl an Einzelstudien liegen verschiedene Übersichtsarbeiten (Reviews) vor, in deren Rahmen jeweils mehrere Studien zur Wirksamkeit entsprechender Interventionen ausgewertet wurden. Nachfolgend werden die Ergebnisse ausgewählter Reviews knapp dargestellt. Der Fokus der einzelnen Übersichtsarbeiten unterscheidet sich dabei teilweise, sowohl im Hinblick auf die betrachtete Altersgruppe als auch auf die Art der Durchführung oder das Setting der jeweils evaluierten Präventionsmaßnahmen. Die Darstellung im Rahmen dieser Arbeit beschränkt sich auf Veröffentlichungen, in deren Rahmen eine oder mehrere Einflussfaktoren auf die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Adipositasprävention identifiziert werden konnten.47 Im Jahr 2020 wurde eine Auswertung48 von 33 Publikationen aus den Jahren 2000 bis Anfang 2019 zu insgesamt 27 Präventionsprogrammen veröffentlicht. Ziel der Auswertung war die Feststellung , welche Arten von Präventionsprogrammen den größten positiven Einfluss auf das Vorliegen von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen hatten. Berücksichtigt wurden dabei Studien bzw. Programme, die an Grundschulen – unter Einbeziehung der Familie – durchgeführt wurden, mindestens ein Schuljahr dauerten und sowohl auf eine Erhöhung der körperlichen Aktivität als auch auf eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen zielten. Von den berücksichtigten Präventionsprogrammen wiesen 15 einen signifikanten Effekt auf den Gewichtsstatus und/oder Übergewicht bzw. Adipositas auf. Drei der Programme hatten einen signifikanten Effekt hinsichtlich der meisten Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Energiebalance; neun der Programme wirkten sich auf einige bzw. einzelne Verhaltensweisen oder Determinanten aus. Präventionsprogramme waren u. a. dann erfolgreich, wenn Lehrer als Vorbild fungierten und aktiv in das Programm einbezogen wurden und die jeweilige Schulpolitik die Verfügbarkeit von gesundem Essen und Getränken unterstützte bzw. von ungesunden Snacks einschränkte. Veränderungen der Schulhöfe sowie der Pausenregelungen und des Sportunterrichts zur Erhöhung der körperlichen Aktivität wurden ebenso wie die Einbeziehung der Eltern in das Präventionsprogramm – z. B. durch Treffen, Informationsmaterial und Ermutigungen zur Verbesserung der häuslichen Umstände – von den Autoren als Erfolgsfaktoren 47 Daneben gibt es durchaus Veröffentlichungen, denen zufolge die jeweils untersuchten Präventionsmaßnahmen im Hinblick auf harte Endpunkte wie anthropometrische Indikatoren und gesundheitsbezogene Verhaltensweisen keine oder lediglich geringe Effekte aufwiesen. Zu diesem Ergebnis kamen z. B. die Autoren eines im Jahr 2016 veröffentlichten Reviews, in dessen Rahmen 13 ausgewählte Präventionsmaßnahmen zur Bekämpfung von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen untersucht wurden; vergleiche hierzu Walter, Ulla (u. a.) (2016), Universelle Programme zur Primärprävention kindlichen Übergewichts – Ein Überblick, in: Bundesgesundheitsblatt 2016, 59, S 1372-1384, abrufbar unter https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-016-2446-0. 48 Lambrinou, Christina-Paulina (u. a.) (2020), Effective strategies for childhood obesity prevention via school based , family involved interventions: a critical review for the development of the Feel4Diabetes-study school based component, in: BMC Endocrine Disorders 20, 52 (2020), abrufbar unter https://bmcendocrdisord.biomedcentral .com/articles/10.1186/s12902-020-0526-5. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 16 identifiziert. Anreize für die Kinder, Socialmarketingtechniken und die Zusammenarbeit mit lokalen Interessensgruppen erhöhten danach ebenfalls die Effektivität der Präventionsprogramme. Als weniger erfolgreich wurden hingegen Programme identifiziert, deren Fokus ausschließlich auf die Informationsvermittlung bei den Eltern lag. Insgesamt zogen die Autoren die Schlussfolgerung , dass es nicht einen einzelnen wirksamen Ansatz zur Adipositasprävention bei Kindern gebe; vielmehr hätten sehr unterschiedliche Arten von Maßnahmen positive Ergebnisse gezeigt. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse entwickelten die Autoren die sog. Feel4Diabetes-Intervention und damit eine Empfehlung zur Gestaltung zukünftiger Programme zur Prävention von Adipositas bei Kindern. Danach sollten u. a. die Interventionen an die jeweilige Zielgruppe angepasst , Gemeinden sowie die Lokalpolitik und Medien einbezogen und Lehrer als Vorbild eingesetzt werden. Auch sollten die Familien in die Intervention einbezogen werden und Schulhöfe sollten auch nach Unterrichtsende zugänglich sein. Eine weitere Studie49 aus dem Jahr 2020 konzentrierte sich auf Wirksamkeit von Maßnahmen zur Adipositas-Prävention bei Kindern im Alter von zwei bis fünf Jahren. Dabei wurden 51 Studien aus den USA ausgewertet, die insgesamt 58 Interventionen im Hinblick auf ihren Einfluss auf den Gewichtsstatus der teilnehmenden Kinder mit Hilfe des BMI evaluierten. Die Studien wurden im Zeitraum Januar 2005 bis August 2019 veröffentlicht und lieferten Daten für insgesamt 29.085 Kinder. Der Auswertung zufolge hatten die Kinder, die an Präventionsmaßnahmen teilnahmen , sowohl zum Ende der Intervention als auch zum Zeitpunkt der letzten Nachuntersuchung – dieser lag je nach Studie 18 bis 143 Wochen nach dem Ende der Maßnahme – einen geringeren BMI als die Kinder aus der Vergleichsgruppe. Nach Angabe der Autoren gab es Evaluationen , die diesen Effekt bis zu drei Jahre nach dem Ende der Präventionsmaßnahme feststellten. Im Rahmen der Auswertung identifizierten die Autoren die Reduzierung der Bildschirmzeit als wichtigen Faktor bei der Reduzierung von Übergewicht bzw. Adipositas im Kindesalter. Eine entsprechende Schulung des Personals in Einrichtungen zur Kinderbetreuung könne daher eine wichtige Strategie bei der Bekämpfung von Adipositas im Kindesalter sein. Im Rahmen einer ebenfalls im Jahr 2020 veröffentlichten Übersichtsarbeit50 wurden verschiedene gemeindebasierte Programme zur Primärprävention von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen ausgewertet. Berücksichtigt wurden dabei kommunale Policy-Maßnahmen; die Maßnahmen selbst wurden im Setting Schule durchgeführt. In die Auswertung flossen insgesamt 92 Studien ein, die die jeweils untersuchten Programme hinsichtlich ihres Erfolgs auf den BMI oder BMI Z- Score der teilnehmenden Kinder untersuchten. Ein Großteil der ausgewählten Studien stammte aus den USA und Australien, aber auch Studien aus anderen Ländern waren in die Auswertung einbezogen. Nach Angabe der Autoren zeigte die Auswertung, dass im Hinblick auf den BMI ein signifikanter Einfluss der untersuchten Präventionsprogramme feststellbar sei; die festgestellten Effekte auf den BMI Z-Score seien hingegen nicht signifikant. Darüber hinaus lag nach Angabe 49 Scott-Sheldon, Lori A.J. (u. a.) (2020), Childhood Obesity Evidence Base Project: A Systematic Review and Meta-Analysis of a New Taxonomy of Intervention Components to Improve Weight Status in Children 2–5 Years of Age, 2005–2019, in: Childhood Obesity, Vol. 16, Nr. S2, abrufbar unter https://www.liebertpub.com/doi/- 10.1089/chi.2020.0139. 50 Taghizadeh, Shahnaz (u. a.) (2020), The effectiveness of pediatric obesity prevention policies: a comprehensive systematic review and dose-response meta-analysis of controlled clinical trials, in: Journal of Translational Medicine 2020, 18: 480, abrufbar unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7734784/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 17 der Autoren eine nicht-lineare Assoziation zwischen der Dauer der Programme und dem BMI sowie dem BMI Z-Score vor. Die Analyse der in den einbezogenen Studien veröffentlichten Ergebnisse bezogen auf Untergruppen habe ergeben, dass die besten Ergebnisse in der Altersgruppe der fünf- bis zehnjährigen Kinder bei einer Kombination von Maßnahmen im Hinblick auf die Ernährung sowie auf die körperliche Bewegung beobachtet worden seien. Die Autoren zogen daraus die Schlussfolgerung, dass kurzzeitige Maßnahmen der Adipositasprävention mit einer Dauer von weniger als zwei Jahren effektiv sein könnten, wenn sie sich an Schulkinder im Alter von fünf bis zehn Jahren richten und sowohl auf eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten als auch auf eine Erhöhung der körperlichen Aktivität zielten. Die Wirksamkeit von schulbasierten Präventionsprogrammen stand auch im Fokus eines weiteren Reviews aus dem Jahr 2019.51 Anders als bei der zuvor dargestellten Überblicksarbeit wurden hierbei nicht nur Studien zur Wirksamkeit von Maßnahmen in Grund-, sondern auch in weiterführenden Schulen betrachtet. Hierbei handelte es sich um Präventionsmaßnahmen zur Förderung der körperlichen Aktivität. Im Rahmen einer Literaturrecherche wurden aus 395 Veröffentlichungen aus den Jahren 2010 bis 2019 insgesamt 19 Studien ausgewählt. Im Rahmen der einzelnen Studien betrachtete man die Wirksamkeit der jeweiligen Maßnahme anhand mindestens eines Messwerts zur Ermittlung von Adipositas, der körperlichen Aktivität oder der physischen Fitness. In 18 der berücksichtigten Studien konnte zumindest für einen dieser Werte eine signifikante Verbesserung ermittelt werden Am wirksamsten erwiesen sich nach Angaben der Autoren dabei – bezogen auf sämtliche betrachteten Variablen – aktivitätsorientierte Maßnahmen. Schulbasierte Interventionen hätten somit ein wichtiges Potenzial zur Prävention von Adipositas, wenn sie sich auf den Inhalt, die Qualität, die Dauer sowie die Priorität von körperlicher Aktivitäten fokussierten. Die Autoren empfehlen dabei eine Zusammenarbeit von Lehrern und Sportwissenschaftler bei der Erstellung konkreter schulbasierter Programme zur Erhöhung der körperlichen Aktivität. Eine weitere Überblicksarbeit52 aus dem Jahr 2016 bezieht sich konkret auf den Erfolg von elternfokussierten eHealth-Präventionsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche. Im Rahmen der Literaturrecherche sichteten die Autoren Studien aus den Jahren 1995 bis April 2015. Insgesamt flossen acht Studien mit Daten für insgesamt 1.487 Eltern-Kind/Jugendliche-Paaren in die Auswertung ein. Diese ermittelten den Erfolg entsprechender Programme primär anhand des BMI bzw. des BMI Z-Scores vor und nach der Durchführung der Präventionsmaßnahmen, berücksichtigten sekundär aber auch Erfolgsindikatoren wie Ernährungsgewohnheiten, körperliche Aktivitäten und Bildschirmzeiten. Die in den Studien betrachteten Programme nutzten verschiedene eHealth-Medien und richteten sich ausschließlich an die Eltern von adipösen Kindern und Jugendlichen im Alter bis zu 18 Jahren. Lediglich drei der einbezogenen Programme stellten Präventionsmaßnahmen dar, bei den übrigen fünf Programmen handelte es sich um Maßnahmen zur Behandlung von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen. In keiner Studie wurden statistisch 51 Yuksel, Hidayet Suha (u. a.) (2019), School-Based Intervention Programs for Preventing Obesity and Promoting Physical Activity and Fitness: A Systematic Review, in: International Journal of Environmental Research and Public Health, Januar 2020, 17(1); 347. abrufbar unter School-Based Intervention Programs for Preventing Obesity and Promoting Physical Activity and Fitness: A Systematic Review (nih.gov). 52 Hammersley, Megan L. (u. a.) (2016), Parent-Focused Childhood and Adolescent Overweight and Obesity eHealth Interventions: A Systematic Review and Meta-Analysis, in: Journal of Medical Internet Research, Juli 2016, 18(7), abrufbar unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4974451/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 18 signifikante Unterschiede bezogen auf den BMI bzw. BMI Z-Score zwischen den Teilnehmern der Programme sowie den jeweiligen Kontrollgruppen festgestellt. Jedoch sei in vier von sechs Studien , die sich mit den Auswirkungen der Maßnahmen auf die Ernährungsgewohnheiten befassten , eine signifikante Verbesserung in mindestens einem ernährungsbezogenen Indikator feststellbar gewesen. Darüber hinaus berichteten die Autoren einer von sechs Studien, die das Ausmaß der körperlichen Aktivitäten als Erfolgsindikator betrachteten, eine signifikante Verbesserung im Vergleich zur Kontrollgruppe. Allerdings weisen die Autoren der Vergleichsstudie darauf hin, dass die Qualität der berücksichtigten Maßnahmen insgesamt nicht hoch sei, so dass diese Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren seien. Sie empfahlen daher die Durchführung größerer , längerer und qualitativ höherwertigerer Studien zu elternfokussierten eHealth-Programmen mit jüngeren Zielgruppen. Bereits im Jahr 2014 wurden verschiedene Übersichtsarbeiten zur Frage, wie wirksam ernährungs - und bewegungsbezogene primärpräventive Interventionen im Setting Kita im Hinblick auf das Gewicht und das Gesundheitsverhalten sind, im Rahmen einer Übersichtsarbeit53 ausgewertet . In die Auswertung flossen insgesamt 13 veröffentlichte Übersichtsarbeiten ein, die sich mit der Wirksamkeit von insgesamt 22 kitabasierten Interventionen auseinandersetzten. Ein großer Teil der betrachteten Interventionen fand in Nordamerika statt; aber auch Interventionen, die in Europa, Asien sowie Australien durchgeführt wurden, waren Gegenstand der ausgewerteten Publikationen . Dabei richtete sich die Hälfte der Interventionen an ethnische Minoritäten oder Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien. Betrachtet wurden Angaben zu Effekten auf anthropometrische Maße (z. B. BMI), das Ernährungs- und Bewegungsverhalten sowie Merkmale effektiver Programme. Im Hinblick auf anthropometrische Maße konnte nach Angabe der Autoren keine gesicherte Evidenz zu Effekten der Interventionen festgestellt werden. Im Hinblick auf ernährungsbezogene Effekte, wie z. B. den Obst-/Gemüsekonsum der teilnehmenden Kinder, zeigten sich in sieben von neun Studien positive Effekte. Bezüglich des Bewegungsverhaltens ergaben sich nach Angabe der Autoren hingegen lediglich vereinzelt positive Effekte. Im Rahmen der Übersichtsarbeit wurde auch ausgewertet, welche Merkmale der durchgeführten Interventionen mit einer erhöhten Wirksamkeit in Verbindung gebracht werden konnten. Danach wurde durch die Vermittlung von Fähigkeiten und Kompetenzen eine starke Einbeziehung der Eltern sowie durch Informationen über den Zusammenhang zwischen Verhalten und Gesundheit für Eltern die Wirksamkeit der Präventionsangebote erhöht. Die Autoren kamen insgesamt zu der Schlussfolgerung , dass erste Hinweise auf frühzeitige Verbesserungen im Ernährungs- und Bewegungsverhalten durch Präventionsprogramme in Kitas vorlägen. Allerdings werde die Evidenz durch eine geringe Studienzahl, methodische Mängel und Inkonsistenzen in der Zielparameter-Erfassung eingeschränkt. Der Nachweis für die Wirksamkeit der Interventionen auf objektive Maße von Übergewicht stehe demnach noch aus. Eine andere systematische Übersichtsarbeit54 aus dem Jahr 2015 untersuchte die Wirksamkeit ausschließlich elternbasierten Interventionen im Vergleich zu Präventionsmaßnahmen, in die das 53 Steenbock B. (u. a.) (2014), Wie wirksam sind ernährungs- und bewegungsbezogene primärpräventive Interventionen im Setting Kita?, in: Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 58: 609-619, abrufbar unter s00103-014-2100-7.pdf (springer.com). 54 Ewald H. (u. a.) (2015), Parent-only interventions in the treatment of childhood obesity: a systematic review of randomized controlled trials, in: Journal of Public Health (Oxford Academic) 2014 Sep;36(3):476–89, abrufbar unter http://jpubhealth.oxfordjournals.org/cgi/pmidlookup?view=long&pmid=24273229. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 19 jeweilige Kind eingebunden wird. Einbezogen wurden insgesamt acht Arbeiten; davon waren sechs zum Zeitpunkt der Auswertung bereits veröffentlicht, während zwei Studien sich noch in der Durchführung befanden. Die Hälfte der Studien stammten aus den USA, die übrigen aus Israel , der Schweiz und Australien. Berücksichtigt wurden randomisierte kontrollierte Studien zur Prävention von Übergewicht/Adipositas bei Kindern im Alter von fünf bis zwölf Jahren mit einer Nachuntersuchung nach mindestens sechs Monaten. Die Autoren kamen zum Ergebnis, dass ausschließlich elternbasierte Präventionsmaßnahmen effektiver oder mindestens so effektiv wie kind- oder Eltern-Kind-basierte Maßnahmen sind. So hätten zwei Studien eine größere Reduzierung des Übergewichts als bei anderen Maßnahmen und vier Studien eine mindestens gleich hohe Reduktion ermittelt. Keine Studie habe eine geringere Wirksamkeit ausschließlich elternbasierter Präventionsmaßnahmen festgestellt. Im Rahmen einer Studie wurden die Kosten entsprechender Präventionsmaßnahmen betrachtet. Danach seien elternbasierte Maßnahmen kostengünstiger als die Vergleichsmaßnahmen. Allerdings weisen die Autoren in diesem Zusammenhang darauf hin, dass dies auch von der Ausgestaltung der anderen Präventionsmaßnahmen (z. B. im Hinblick auf die räumliche Gestaltung der Studien) abhänge. Auch seien die Ergebnisse ihrer Auswertung insgesamt aufgrund nicht auszuschließender Verzerrungen vorsichtig zu interpretieren . Anders als von den Autoren zunächst erwartet, stellten sie für ausschließlich elternbasierte Maßnahmen eine höhere Ausstiegsquote fest. Insgesamt bestehe hinsichtlich der untersuchten Fragestellungen weiterer Forschungsbedarf. Im Jahr 2012 wurde ein Review55 veröffentlicht, in dessen Mittelpunkt die Frage nach einer möglichen Auswirkung einer Elternbeteiligung an Maßnahmen zur Adipositasprävention bei Kindern und Jugendlichen auf deren Wirksamkeit stand. Hierfür wurden insgesamt 42 randomisierte kontrollierte Studien aus den Jahren 2004 bis 2010 ausgewertet. Die berücksichtigten Präventionsmaßnahmen reichten dabei von Ernährungsbildung, über Wissensvermittlung zur körperlichen Aktivität, Bewegungseinheiten, Verhaltensschulungen bis hin zu Verhaltenstherapien oder einer Kombination dieser Maßnahmen. Die Autoren stellten dabei signifikante Unterschiede im Hinblick auf eine Elternbeteiligung im Rahmen dieser Maßnahmen fest. So führe eine Beteiligung der Eltern zu einer effektiveren Reduzierung des BMI. Darüber hinaus seien längere Präventionsmaßnahmen erfolgreicher als kürzere Interventionen mit Elternbeteiligung. Bereits im Jahr 2009 wurde eine Metastudie56 zur Effizienz und Effektivität verschiedener verhaltens - und verhältnisbezogener Maßnahmen zur Primärprävention von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Im Auftrag des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) wurde ein systematischer Literaturreview mit Forschungsstand August 2007 durchgeführt. Insgesamt flossen 31 randomisierte kontrollierte Studien, die aus 1.649 Veröffentlichungen ausgewählt wurden, in die Auswertung ein. Berücksichtigt wurden dabei nur Studien mit einem Interventions- oder Beobachtungszeitraum von mindestens einem 55 Niemeier BS (u. a.) (2012), Parent participation in weight-related health interventions for children and adolescents : a systematic review and meta-analysis, in: Preventive Medicine 2012 Jul;55(1):3–13, Abstract abrufbar unter Parent participation in weight-related health interventions for children and adolescents: A systematic review and meta-analysis - ScienceDirect. 56 Fröschl, B. (u. a.) (2009), Prävention von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen (Verhalten- und Verhältnisprävention ), Schriftenreihe Health Technology Assessment, Bd. 85, herausgeben vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), Köln (2009), abrufbar unter https://portal .dimdi.de/de/hta/hta_berichte/hta242_bericht_de.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 20 Jahr, an denen mindestens 30 Personen teilgenommen hatten und für die anthropometrische Werte (wie z. B. Körpermaße wie Körpergröße, Körpergewicht und Taillenumfang) vorlagen. Die Autoren kommen dabei zu dem Ergebnis, dass nur wenige Primärstudien zur Adipositas-Prävention bei Kindern und Jugendlichen vorliegen. So seien vor allem zielgruppenorientierte und verhältnisbezogene Maßnahmen wenig erforscht, auch mangele es an vergleichenden Studien. Im Hinblick auf zukünftige Präventionsmaßnahmen empfehlen sie die Kombination von verhältnispräventiven und verhaltenspräventiven Maßnahmen, deren Durchführung systematisch erfasst werden sollte. Dies sei notwendig für die Formulierung von Erfolgskriterien, da dies auf der Grundlage der ausgewerteten Studien nicht möglich sei. Es gäbe jedoch Anzeichen für einen starken Zusammenhang zwischen sozioökonomischer Benachteiligung und Adipositas. 6.2. Kieler Adipositas-Präventionsstudie Wichtige Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Maßnahmen der Adipositasprävention liefert die in Deutschland durchgeführte sog. Kieler Adipositas-Präventionsstudie (Kiel Obesity Prevention Study – KOPS). Ziel der Studie war neben der Analyse der Gewichtsentwicklung der Kinder (Prävalenz, Persistenz, Inzidenz und Remission von Übergewicht und zu hoher Fettmasse) die Identifizierung der Determinanten von Übergewicht sowie die Evaluation niedrigschwelliger Interventionen , die im Rahmen von KOPS in der ersten Klassenstufe in der Schule beziehungsweise der Familie durchgeführt worden sind. Im Rahmen der zunächst als Querschnittsstudie angelegten Untersuchung wurden im Zeitraum von 1996 bis 2010 in drei verschiedenen Zeiträumen Daten für Kinder im Hinblick auf ihre Körpergröße und Körpergewicht ermittelt. So fand zunächst in den Jahren 1996 bis 2001 eine Eingangsuntersuchung (Basisuntersuchung bei Einschulung ) statt, bei der sowohl die aktuellen Daten für die teilnehmenden Kinder ermittelt als auch die entsprechenden Daten zum Zeitpunkt der Geburt sowie zum zweiten Geburtstag erhoben wurden. Vier bzw. acht Jahre später wurde jeweils eine Nachuntersuchung von Kindern in der vierten bzw. achten Jahrgangsstufe durchgeführt. Die Teilnehmer wurden dabei jeweils aus der Gesamtheit der Kinder, die zum entsprechenden Zeitpunkt Schüler in der jeweiligen Jahrgangsstufe in Kiel waren, rekrutiert. Zwar wurden dabei in jedem Untersuchungszeitraum Daten für mehrere tausend Kinder erhoben, jedoch nahm nur ein kleiner Teil der Kinder an allen drei Erhebungen teil; hierbei handelte es sich insofern um eine zufällige Überschneidung der Teilnehmergruppen . Im Jahr 2011 wurden die Ergebnisse einer Auswertung dieser Längsschnittdaten der Kohorte veröffentlicht.57 Die Auswertung der anthropometrischen Daten der teilnehmenden Kinder ergab, dass die Prävalenz von Adipositas im Alter von sechs Jahren mit sieben Prozent deutlich geringer ist als im Alter von zwei Jahren (12,9 Prozent). Allerdings wurde ab dem Alter von sechs Jahren ein Anstieg der Inzidenz verzeichnet. Der Zeitpunkt von Maßnahmen der primären Prävention von Adipositas sollte daher nach Ansicht der Autoren so gelegt werden, dass dieser Anstieg vermieden wird. Gleichzeitig dürfe aber die Durchführung entsprechender Maßnahmen nicht zu früh erfol- 57 Insgesamt haben 4.497 Kinder im Alter von sechs Jahren an der Eingangsuntersuchung teilgenommen. Davon wurden 1.671 Kinder im Alter von zehn Jahren im Rahmen der Vier-Jahres-Nachuntersuchung, die in den Jahren 2000 bis 2005 stattfand, erneut untersucht. Von diesen wiederum nahmen im Zuge der Acht-Jahres-Nachuntersuchung zwischen 2004 und 2010 insgesamt 748 Kindern im Alter von 14 Jahren teil; vergleiche hierzu Plachta-Danielzik, S. (u. a.) (2012), Längsschnittdaten der Kieler Adipositas-Präventionsstudie (KOPS), in: Bundesgesundheitsblatt . 55, 885-891, abrufbar unter https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-012-1494-3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 21 gen. So sei bis zu diesem Zeitpunkt eine hohe Remission in Bezug auf das Vorliegen von Adipositas zu beobachten, d. h. ein Großteil der Kinder, die bei der Geburt übergewichtig waren, sei bis zum zweiten Lebensjahr normalgewichtig geworden. Auch sei über diesen Zeitpunkt hinaus bis zum Alter von sechs Jahren eine hohe Remission feststellbar. Ab diesem Alter stellten die Autoren hingegen eine besonders hohe Persistenz von Adipositas fest. So seien mit 69 Prozent mehr als zwei Drittel der Kinder, die im Alter von sechs Jahren übergewichtig waren, auch im Alter von zehn Jahren noch übergewichtig. Im Rahmen der Studie wurde auch untersucht, in welchem Ausmaß die tägliche Energiemenge bei erfolgreichen Interventionen im Bereich der sekundären und tertiären Prävention reduziert werden müsse. Die Autoren kommen dabei zu dem Ergebnis, dass die bei der Nahrungsaufnahme einzusparende Energiemenge zwischen 100 und 140 kcal pro Tag58 betragen sollte; hierbei handele es sich um eine relativ geringe Energieeinsparung. Im Hinblick auf die Untersuchung signifikanter Determinanten der Inzidenz von Adipositas wurden für Jungen das Vorhandensein von Adipositas und Tabakkonsum bei den Eltern sowie eine niedrige körperliche Aktivität festgestellt. Für Mädchen wurde hingegen nur das Vorhandensein von Adipositas bei den Eltern als signifikante Determinante identifiziert. Die Autoren empfehlen daher, dass Ansätze zur Prävention von Adipositas bei Kindern die familiäre Situation und die körperliche Aktivität miteinbeziehen sollten. Bereits im Jahr 2006 wurde eine Auswertung der im Rahmen von KOPS durchgeführten Präventionsmaßnahme , die in Form eines sechsstündigen Unterrichts bei Erstklässler erfolgte, veröffentlicht .59 Dabei wurden sowohl eine Prozess- als auch eine Ergebnisanalyse u. a. im Hinblick auf mögliche Verhaltensänderungen sowie eine ökonomische Analyse zur Charakterisierung des finanziellen Einsparpotentials im Gesundheitswesen durch die Maßnahme durchgeführt. Hinsichtlich des Verhaltens seien in der Interventionsgruppe nach Durchführung der Präventionsmaßnahme tendenziell Änderungen erkennbar gewesen. Während 50 Prozent der teilnehmenden Kinder , die bereits vor der Präventionsmaßnahme ein gutes Ernährungsmuster hatten, dieses auch vier Jahre nach der Intervention behielten, traf dies nur auf zehn Prozent der Kinder in der Vergleichsgruppe zu. Ein Effekt hinsichtlich des BMI sei hingegen nicht feststellbar gewesen. Die Prävalenz gesundheitlicher Risikofaktoren wie ein erhöhter Blutdruck sei hingegen in der Interventionsgruppe tendenziell geringer als in der Vergleichsgruppe. Die durchgeführte Kosten-Nutzen -Analyse belegte nach Angabe der Autoren die Kosteneffektivität der Maßnahme, wenn der ursprüngliche Erfolg der Intervention bis ins Jahr 2040 erhalten bleiben würde. Bei einem geringeren Erfolg sei die Kosteneffektivität nur eingeschränkt gegeben. 6.3. Europäische IDEFICS-Studie Von zentraler Bedeutung auf europäischer Ebene ist die sog. IDEFICS-Studie (Identification and prevention of Dietary- and lifestyle-induced health EFfects In Children and infantS), an der insgesamt acht europäische Länder – Schweden, Deutschland60, Estland, Ungarn, Zypern, Italien, 58 Dieser Betrag wurde unter Berücksichtigung der sog. energy gap, also des Betrags an Energie, der zu der beobachteten Gewichtszunahme führte, ermittelt. 59 Pust, Svenja (Evaluation eines Adipositas-Präventionsprogrammes für Kinder. Ergebnisse der Kieler Adipositas- Präventionsstudie (KOPS), abrufbar unter https://www.agrar.uni-kiel.de/de/promotion-habilitation/promotion /kurzfassungen.pdf/svenja-pust 60 In Deutschland beteiligten sich zwei Städte in Niedersachsen an der IDEFICS-Studie. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 22 Spanien und Belgien – teilgenommen haben. Ziel der Studie war die Identifikation und Prävention ernährungs- und lebensstilbedingter Effekte bei Kindern. Insgesamt nahmen 16.228 Kinder im Alter von zwei bis neun Jahren an der Studie teil; aus jedem Land und damit auch aus Deutschland stammten jeweils circa 2.000 Studienteilnehmer, die in Kindergärten und Grundschulen rekrutiert wurden. Im Zeitraum zwischen September 2007 bis Mai 2008 wurden zunächst alle Kinder untersucht. Zwei Jahre später erfolgte jeweils eine Nachuntersuchung. IDE- FICS richtete sich an die teilnehmenden Kinder und deren Eltern, die Schulen und Kindergärten sowie die teilnehmenden Gemeinden. Die Kinder wurden dabei der Interventionsgruppe oder der gleichgroßen Kontrollgruppe zugeteilt. Die Wirksamkeit des Programms wurde nach Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums anhand bestimmter Bewertungsmaßstäbe ermittelt. Betrachtet wurden dabei der BMI Z-Score, der prozentuale Körperfettanteil und das Taille-zu-Größe-Verhältnis. Einer Auswertung aus dem Jahr 201561 zufolge stiegt die Prävalenz für Übergewicht und Adipositas sowohl in der Interventions- als auch der Vergleichsgruppe. In der Interventionsgruppe sei die Prävalenz von 18 auf 22,9 Prozent gestiegen, in der Vergleichsgruppe von 19 auf 23,6 Prozent. Unterschiede zwischen den beiden Gruppen seien nicht signifikant gewesen. Zwar habe es aufgrund der Intervention durchaus Änderungen in bestimmten Verhaltensweisen gegeben, diese seien jedoch durch andere Verhaltensweisen in der Vergleichsgruppe ausgeglichen worden. Im Ergebnis kommen die Autoren daher zu der Schlussfolgerung, dass das Programm während des zweijährigen Beobachtungszeitraums im Hinblick auf die Verringerung der Prävalenz von Übergewicht und Adipositas nicht erfolgreich war. Andere Auswertungen kommen zu dem Ergebnis, dass das Ziel einer Reduktion der entsprechenden Prävalenz zwar knapp, jedoch statistisch nicht signifikant erreicht worden sei.62 Hinsichtlich sekundärer Endpunkte wie Verhaltensänderungen hätten sich hingegen keine oder nur unwesentliche Effekte gezeigt. 6.4. Beispiel aus dem außereuropäischen Ausland: Australien Auch in Australien sind Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen weit verbreitet . So sind mittlerweile 25 Prozent der australischen Kinder und Jugendlichen übergewichtig oder adipös.63 Zur Bekämpfung von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen im Alter von null 61 De Henauw, S. (u. a.) (2015), Effects of a community-oriented obesity prevention programme on indicators of body fatness in preschool and primary school children. Main results from the IDEFICS study, in: Obesity Reviews , Dezember 2015, 16 Supplement 2:16-29, abrufbar unter https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/- 10.1111/obr.12346. 62 Vergleiche hierzu Walter, Ulla (u. a.) (2016), Universelle Programme zur Primärprävention kindlichen Übergewichts – Ein Überblick, in: Bundesgesundheitsblatt 2016, 59, S 1372-1384, S. 1373, abrufbar unter https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-016-2446-0. 63 Vergleiche hierzu Hayes, Alison (u. a.) (2019), A New Model for Evaluation of Interventions to Prevent Obesity in Early Childhood, in: Frontiers in Endocrinology, 1. März 2019, abrufbar unter https://www.frontiersin.org/articles /10.3389/fendo.2019.00132/full. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 23 bis 18 Jahren wurde in Südaustralien das sog. Obesity Prevention and Lifestyle (OPAL) Programm in insgesamt 20 ausgewählten Kommunen64 durchgeführt. Mit Hilfe dieses staatlich finanzierten Programms sollte der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die ein gesundes Gewicht aufweisen , erhöht werden. Das Programm zielte dabei sowohl auf eine Verbesserung der Ernährungsgewohnheiten der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen sowie eine Erhöhung ihrer körperlichen Aktivität. Zum Erreichen dieser Ziele wurden verschiedene Strategien implementiert. Ob und inwieweit OPAL tatsächlich Einfluss auf die Verbreitung von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen entfaltete, wurde im Rahmen einer umfassenden Projektevaluation ebenso wie die ökonomischen Auswirkungen des Programms untersucht. Ein entsprechender Abschlussbericht65 des Projekts wurde im September 2016 veröffentlicht. Danach wurden bei den Vorschulkindern keine statistisch signifikanten Veränderungen beim BMI Z-Score oder dem Gewichtsstatus festgestellt, auch wenn es durchaus leichte Veränderung des BMI und dem BMI Z-Score gab. Bei den Kindern im Grundschulalter fielen diese Veränderungen etwas höher aus, waren jedoch ebenfalls nicht signifikant. Auch die Wahrscheinlichkeit eines gesunden Gewichts stieg während der zwei- bis dreijährigen Evaluationszeit nicht signifikant an, jedoch sank die Wahrscheinlichkeit von Adipositas in der Interventionsgruppe um 20 Prozent, während diese in der Vergleichsgruppe in demselben Zeitraum deutlich um 71 Prozent stieg. Daraus resultierte eine um 53 Prozent geringere Adipositaswahrscheinlichkeit in der Interventionsgruppe zum Ende des Präventionsprogramms. Bezogen auf Kinder im Alter von neun bis elf Jahren wurden im Hinblick auf deren anthropometrische Daten, ihre Lebensqualität (health-related quality of life – HRQoL) sowie ihr Verhalten ähnliche Ergebnisse ermittelt. In die Auswertung einbezogen wurden dabei sowohl Kinder aus den zwanzig Kommunen, die an OPAL teilgenommen hatten, sowie aus zwanzig Vergleichskommunen , die nicht Teil des Programms waren. Nach Angabe der Autoren war kein signifikanter Unterschied im Hinblick auf die Prävalenz eines gesunden Körpergewichts zwischen den teilnehmenden Kommunen und den Vergleichskommunen feststellbar. Zwar seien sowohl hinsichtlich der Veränderung der Wahrscheinlichkeit von Übergewicht, dem ermittelten BMI Z-Score sowie der Lebensqualität (HRQoL) günstigere Werte für die Teilnehmerkommunen ermittelt worden , diese seien jedoch nicht signifikant. Auch im Hinblick auf Verhaltensänderungen sei kein signifikanter Unterschied ermittelt worden. Die Autoren kommen daher zum Ergebnis, dass das Programm keinen signifikanten Einfluss auf den Anteil der neun bis zwölfjährigen Kinder mit 64 Zunächst nahmen sechs Kommunen an OPAL teil; dort wurde das Programm im Zeitraum von September 2009 bis September 2014 durchgeführt. Die übrigen Kommunen wurden erst zu einem späteren Zeitpunkt in das Programm einbezogen; das Programm begann dort im September 2010 und endete im Juni 2015. Vergleiche hierzu Flinders University (Hrsg.) (2016), Opal Evaluation Project Final Report, S. 22, abrufbar unter FLINDERSOPAL- FINALREPORT.PDF (sahealth.sa.gov.au). 65 Flinders University (Hrsg.) (2016), Opal Evaluation Project Final Report, S. 22, abrufbar unter FLINDERSOPAL- FINALREPORT.PDF (sahealth.sa.gov.au). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 017/21 Seite 24 einem gesunden Körpergewicht, dem BMI Z-Score, dem HRQoL sowie das Verhalten der Kinder hatte. Langzeituntersuchungen hierzu seien ihrer Ansicht nach notwendig.66 Ebenfalls aus Australien stammt eine Veröffentlichung aus dem Jahr 201967 zur Entwicklung eines neuen Modells zur Bewertung des ökonomischen Nutzens von Präventionsmaßnahmen zur Bekämpfung von Adipositas in der Kindheit und Validierung epidemiologischer Vorhersagen/Berechnungen (Early Prevention of Obesity in Childhood (EPOCH) model)). Im Zuge der Modellentwicklung wurden die Daten für mehr 250.000 Kinder im Alter von vier bis fünf Jahren hochgerechnet und die sich daraus ergebenden Prävalenzraten durch repräsentative Daten für Kinder im Alter von 14 bis 15 Jahren verifiziert. Mit Hilfe des Modells sollen insbesondere durch die geplante zukünftige Berücksichtigung sozio-ökonomischer Daten Prävalenzen von Adipositas bei Mädchen und Jungen sowie deren ökonomischen Auswirkungen auf das Gesundheitssystem besser vorausgesagt werden können. Dies helfe nach Ansicht der Autoren dabei, den besten Zeitpunkt für eine Intervention zur Vermeidung von Adipositas in der Kindheit, die kosteneffektivsten Präventionsmaßnahmen sowie die Personengruppen, die am meisten von entsprechenden Maßnahmen profitieren, zu ermitteln. Eine weitere Veröffentlichung68 aus Australien befasste sich mit den ökonomischen Auswirkungen von Maßnahmen zur Adipositas-Prävention. Das Forschungsprojekt wurde in den Jahren 2012 bis 2018 durchgeführt und finanziell vom australischen National Health and Medical Research Council unterstützt. Im Rahmen der Studie wurde für insgesamt 16 Maßnahmen zur Prävention von Übergewicht und Adipositas eine ökonomische Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt. Dabei handelte es sich um neun gesetzgeberische und sieben programmbasierte Maßnahmen. Gesetzgeberische bzw. regulatorische Maßnahmen sind nach Angabe der Autoren besonders kosteneffizient , da sie mit relativ geringem finanziellem Aufwand signifikante verhältnis- und verhaltensbezogene Resultate erreichen. Als erfolgreiche Beispiele werden in diesem Zusammenhang die Erhöhung von Alkoholsteuern sowie von Steuern auf mit Zucker gesüßte Getränke sowie die Beschränkung von TV-Werbung für ungesunde Lebensmittel genannt. *** 66 Vergleiche hierzu auch Bell, Lucinda (u. a.) (2019), Changes in weight status, quality of life and behaviours of South Australian primary school children: results from the Obesity Prevention and Lifestyle (OPAL) community intervention program, in: BMC Public Health 2019, 19, 1338, abrufbar unter Changes in weight status, quality of life and behaviours of South Australian primary school children: results from the Obesity Prevention and Lifestyle (OPAL) community intervention program (nih.gov). 67 Hayes, Alison (u. a.) (2019), A New Model for Evaluation of Interventions to Prevent Obesity in Early Childhood , in: Frontiers in Endocrinology, 1. März 2019, abrufbar unter https://www.frontiersin.org/articles /10.3389/fendo.2019.00132/full. 68 Ananthapavan J. (u. a.) (2020), Priority-setting for obesity prevention —The Assessing Cost-Effectiveness of obesity prevention policies in Australia (ACE-Obesity Policy) study, in: PLOS ONE 15(6): e0234804, abrufbar unter https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0234804.