© 2017 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 015/17 Hausärztliche Versorgung Verteilung sowie Maßnahmen zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Verteilung der Fachärzte 10 5. Stärkung der Telemedizin 11 6. Aktuelle Literaturbeiträge zur Stärkung der ärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen 12 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 015/17 Seite 4 1. Einleitung Der Gesetzgeber unterteilt die ärztliche Versorgung nach § 73 Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung1 (SGB V) in die haus- und fachärztliche Versorgung . Damit verfolgt er das Ziel, die hausärztliche Tätigkeit zu stärken2. Die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztgruppen sind in § 73 Absatz 1a SGB V aufgeführt. Es handelt sich in der Regel um Allgemeinärzte, Kinderärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung , die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben. Bereits 2009 stellte der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen3 in einem Sondergutachtenfest, dass es auf eine nachhaltige Funktionsfähigkeit der hausärztlichen Versorgung entscheidend ankomme, um die gesundheitlichen Belange der Bevölkerung in Deutschland sichern zu können. Einerseits gebe es einen Nachwuchsmangel, andererseits böten der demografische Wandel und die Veränderung des Krankheitsspektrums gerade mit Blick auf die hausärztliche Versorgung besondere Herausforderungen4. Der vorliegende Sachstand beschäftigt sich zunächst mit der Verteilung der Hausärzte sowie mit den Möglichkeiten zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung. Ergänzend wird kurz auf die fachärztliche Versorgung sowie die Stärkung der Telemedizin eingegangen, bevor aktuelle Literaturbeiträge zur Stärkung der ärztlichen Versorgung generell in ländlichen Regionen aufgeführt werden. 2. Verteilung der Hausärzte 2.1. Versorgungsatlas Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland5 (Zi) bietet mit dem Versorgungsatlas eine Informationsquelle zur medizinischen Versorgung in Deutschland6. Die 2015 veröffentlichten Zahlen, die sich auf den Stichtag 31.12.2013 beziehen, stellen die Ärztedichte je 1 Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das durch Artikel 4 des Gesetzes vom 6. März 2017 (BGBl. I S. 403) geändert worden ist. 2 Huster in: Becker/Kingreen, SGB V, 5. Auflage 2017, § 73 Rn. 2; Rademacker in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht , 92. EL Dezember 2016, § 73 SGB V, Rn. 3. 3 Nach § 142 Absatz 2 SGB V hat der Sachverständigenrat die Aufgabe, Gutachten zur Entwicklung der gesundheitlichen Versorgung mit ihren medizinischen und wirtschaftlichen Auswirkungen zu erstellen. Er hat u. a. Prioritäten für den Abbau von Versorgungsdefiziten zu entwickeln und Wege zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens aufzuzeigen. 4 Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Sondergutachten 2009, Koordination und Integration - Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens, Kurzfassung, Kapitel 6.1, abrufbar unter: http://www.svr-gesundheit.de/index.php?id=192 (Stand: 24. April 2017). 5 Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland ist ein Forschungsinstitut in der Rechtsform einer Stiftung des bürgerlichen Rechts. Träger der Stiftung sind die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung. 6 Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Versorgungsatlas, abrufbar unter: http://www.zi.de/cms/projekte/versorgungsatlas/ (Stand: 24. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 015/17 Seite 5 100.000 Einwohner dar7. Dabei sind verschiedene Regionen wie Mittelbereiche, Kreise, Raumordnungsregionen sowie Bereiche nach den einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen abgebildet. Die großflächigste Unterteilung in die einzelnen Bundesländer zeigt, dass Länder wie Bayern mit 69,7 Hausärzten pro 100.000 Einwohner sowie die Stadtstaaten Hamburg und Berlin mit einer Hausarztdichte von 69,1 über dem Bundesdurchschnitt (63,9) liegen, während Nordrhein-Westfalen (60,1) und Brandenburg (60,2) weniger dicht versorgt sind. Die kleinteiligere Untergliederung in Kreise zeigt starke Unterschiede in der hausärztlichen Versorgung. Während Straubing am oberen Ende der Skala mit einer Hausarztdichte von 96,2 je 100.000 Einwohner steht, führt der Saalekreis das untere Ende der Skala mit einer Dichte von 50 Hausärzten an. Die besser versorgten Regionen sind dabei überwiegend in Bayern und Baden-Württemberg zu finden, wenn auch vereinzelt Kreise aus anderen Bundesländern eine hohe Versorgungsdichte aufweisen (z. B. Eisenach mit 83 oder Schwerin mit 79,8 Hausärzten pro 100.000 Einwohner). Zu den schlechter versorgten Regionen gehören vor allem Kreise in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen , Brandenburg und Rheinland-Pfalz, wenn auch mitunter Kreise in Baden-Württemberg wie Rastatt mit 55,7 und in Bayern wie Bamberg mit 56,5 eine geringe Hausarztdichte aufweisen. 2.2. Ärzteatlas Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO)8 erstellte den Ärzteatlas 20169, der sich auf Daten aus dem Jahr 2015 bezieht. Ausgehend von einem im Rahmen der Bedarfsplanung10 vorgesehenen Versorgungsgrad von 100 Prozent, zeigt der Ärzteatlas einen Gesamtversorgungsgrad für Hausärzte von 109,6 Prozent auf. Damit gab es im Jahr 2015 in Deutschland 9,6 Prozent mehr Hausärzte als in der Bedarfsplanung vorgesehen. Auf Ebene der Bundesländer sowie bezogen auf 7 Schulz, Mandy/Schulz, Maike/Bätzing-Feigenbaum, Jörg/von Stillfried, Dominik, Vertragsärzte und -psychotherapeuten je 100.000 Einwohner nach Bedarfsplanungsfachgebieten und -regionen im Jahr 2013, Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi), Versorgungsatlas-Bericht Nr. 15/02, Berlin 2015, abrufbar unter: http://www.versorgungsatlas.de/themen/versorgungsstrukturen/?tab=2&uid=58 (Stand: 24. April 2017). 8 Das WIdO ist eine selbständige Einheit innerhalb des AOK-Bundesverbandes ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Die durchgeführten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sollen insbesondere die AOK-Gemeinschaft unterstützen . 9 Klose, Joachim/Rehbein, Isabel, Ärzteatlas 2016, Daten zur Versorgungsdichte von Vertragsärzten, Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Berlin 2016, abrufbar unter: http://www.wido.de/fileadmin/wido/downloads /pdf_ambulaten_versorg/wido_amb_pub-aerzteatlas2016_0716.pdf (Stand: 24. April 2017). 10 Die Bedarfsplanung dient dazu, eine bundesweit ausgewogene haus- und fachärztliche Versorgung zu sichern. Einzelheiten sind in der am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen und zuletzt 2016 geänderten Bedarfsplanungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses niedergelegt (vgl. auch § 92 Absatz 1 Satz 2 Nr. 9 SGB V), abrufbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/62-492-1249/BPL-RL_2016-06-16_iK-2016-09-15.pdf (Stand: 24. April 2017). Planungsgrundlage sind demnach die Mittelbereiche. Die allgemeine Verhältniszahl, die im Rahmen der Bedarfsplanung einem Versorgungsgrad von 100 Prozent entspricht, beträgt 1.671 Einwohner je Hausarzt (im Ruhrgebiet: 2.134 Einwohner je Hausarzt). Allerdings ist bei der Aufstellung der Bedarfspläne ein Abweichen von den Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie – beispielsweise durch eine veränderte Bemessung der Planungsbereiche oder Festlegung der Verhältniszahlen – möglich, sofern dies aufgrund regionaler Besonderheiten für eine bedarfsgerechte Versorgung erforderlich ist. Regionale Besonderheiten können sich insbesondere aus der demografischen Situation, aus der Morbiditätsstruktur oder aus bestimmten sozioökonomischen Faktoren einer Region ergeben. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 015/17 Seite 6 die Bereiche der einzelnen kassenärztlichen Vereinigungen liegen alle Werte über 100 Prozent. Die höchsten Werte sind in Berlin (118 Prozent), Hamburg (116,6 Prozent), Bayern (116,2 Prozent ) und Schleswig-Holstein (114 Prozent) zu finden. Die niedrigsten Werte weisen Sachsen-Anhalt (101,5 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (102,5 Prozent) auf. Bei der kleinteiligen Betrachtung der Planungsbereiche in den einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen zeigt sich allerdings , dass acht Bereiche einen Versorgungsgrad von bis zu 75 Prozent, 70 Bereiche einen Versorgungsgrad zwischen 75 und 90 Prozent und 171 Bereiche einen Versorgungsgrad zwischen 90 und 100 Prozent aufweisen. 665 Bereiche weisen einen Versorgungsgrad über 100 Prozent auf. Die höchsten Versorgungsgrade sind in Westerland (208,7 Prozent), in Pocking/Ruhstorf (184,1 Prozent) und in Oberstdorf (178,8 Prozent), die niedrigsten Versorgungsgrade in Grimmen in Mecklenburg-Vorpommern (67,3 Prozent), im nordrhein-westfälischen Altena 67,6 Prozent) und im baden-württembergischen Eberbach (67,7 Prozent) zu finden11. Nach Darstellung des Ärzteatlasses ist die Versorgungsdichte in der Mitte Deutschlands, im Südosten und in Schleswig-Holstein eher von Überversorgung geprägt, vereinzelte Planungsbereiche mit niedrigen Versorgungsgraden finden sich, abgesehen von den Stadtstaaten, in nahezu allen Bundesländern. 2.3. Aktuelle Diskussion zur Thematik Ärztemangel Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht „die flächendeckende Rund-um-die-Uhr-Versorgung durch einen Mangel an Ärzten in Gefahr“12. Immer weniger Mediziner seien bereit, sich vor allem in ländlichen Gebieten niederzulassen. Diese Problematik betreffe vor allem Hausärzte, so die KBV. Die Bundesärztekammer (BÄK) stuft ebenfalls die künftige medizinische Versorgung als kritisch ein, da der Bedarf schneller steige als die Zahl der Ärzte. Dies sei auch auf die alternde Gesellschaft zurückzuführen. Einen Ärztemangel befürchtet die BÄK insbesondere im hausärztlichen Bereich13. Nach einer im Rahmen des Versorgungsatlasses 2016 veröffentlichten Modellrechnung14 wird eine zusätzliche Beanspruchung von Hausärzten bis in das Jahr 2035 von rund neun Prozent erwartet . Laut Modellrechnung werden die Hausärzte vor allem im Großraum Berlin-Brandenburg, 11 Klose, Joachim/Rehbein, Isabel, Ärzteatlas 2016, Daten zur Versorgungsdichte von Vertragsärzten, Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Berlin 2016, S. 19 ff, abrufbar unter: http://www.wido.de/fileadmin /wido/downloads/pdf_ambulaten_versorg/wido_amb_pub-aerzteatlas2016_0716.pdf (Stand: 24. April 2017). 12 KBV, Ärztemangel, abrufbar unter: http://www.kbv.de/html/themen_1076.php (Stand: 24. April 2017). 13 BÄK, Ärztestatistik 2015: Medizinischer Versorgungsbedarf steigt schneller als die Zahl der Ärzte, abrufbar unter : http://www.bundesaerztekammer.de/ueber-uns/aerztestatistik/aerztestatistik-2015/ (Stand: 24. April 2017). 14 Schulz, Mandy/Czihal, Thomas/Bätzing-Feigenbaum, Jörg/von Stillfried, Dominik, Zukünftige relative Beanspruchung von Vertragsärzten – Eine Projektion nach Fachgruppen für den Zeitraum 2020 bis 2035, Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Versorgungsatlas-Bericht Nr. 16/02, Berlin 2016, abrufbar unter: http://www.versorgungsatlas.de/fileadmin/ziva_docs/67/VA-16-02-Bericht-Final_V3.pdf (Stand: Zur Presseerklärung des Zi siehe http://www.versorgungsatlas.de/presse/detail/titel/deutsche-werden-in-derzukunft -mehr-aerztliche-arbeitszeit-benoetigen/ (Stand: 24. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 015/17 Seite 7 in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg künftig stärker in Anspruch genommen. Hintergrund dafür seien der demografische Wandel wie auch das Anwachsen der Städte. 3. Möglichkeiten zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung 3.1. Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung Um auch in Zukunft eine gut erreichbare medizinische Versorgung auf hohem Niveau, insbesondere in unterversorgten Regionen auf dem Land, sicherzustellen, wurde 2015 das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung15 (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG) erlassen. Am 23. Juli 2015 trat das Gesetz in seinen wesentlichen Teilen in Kraft. In der Gesetzesbegründung16 heißt es: „Um dieses hohe Niveau (gemeint ist: des deutschen Gesundheitssystems, Anmerkung d. Verf.) zu halten und zu verbessern, gibt es angesichts der demographischen Entwicklung, der unterschiedlichen Versorgungssituation von Ballungsräumen und ländlichen Regionen und der neuen Möglichkeiten, die der medizinisch-technische Fortschritt mit sich bringen wird, gesetzgeberischen Handlungsbedarf. (…) Werden die Rahmenbedingungen nicht geändert, so droht insbesondere in ländlichen Regionen ein Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten, aber auch an Fachärztinnen und Fachärzten. Dieser Mangel wirkte sich für die Patienten und ihre Versorgung direkt aus. Daher bedarf es eines Bündels von Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen, um strukturellen Problemen der Versorgung rechtzeitig zu begegnen .“ Nach Darstellung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)17 gibt das Gesetz den Verantwortlichen vor Ort mehr Möglichkeiten, stärkere Anreize für eine Niederlassung insbesondere in unterversorgten oder strukturschwachen Gebieten zu setzen (vgl. z. B. § 105 Absatz 1 SGB V, Zahlung von Sicherstellungszuschlägen an Vertragsärzte in bestimmten unterversorgten Gebieten ). So wird die Einrichtung eines Strukturfonds zur Förderung der Niederlassung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen erleichtert. Um die hausärztliche Versorgung nachhaltig zu stärken , wird die Zahl der mindestens zu fördernden allgemeinmedizinischen Weiterbildungsstellen von 5.000 auf 7.500 erhöht. 15 BGBl. I S. 1211. 16 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) vom 5. September 2011, S. 1, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/069/1706906.pdf (Stand: 24. April 2017). 17 BMG, GKV-Versorgungsstärkungsgesetz, Gesundheitsversorgung zukunftsfest machen, abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenversicherung/gkv-versorgungsstaerkungsgesetz /gkv-versorgungsstaerkungsgesetz.html (Stand: 24. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 015/17 Seite 8 3.2. Masterplan Medizinstudium 2020 Am 31. März 2017 wurde ein „Masterplan Medizinstudium 2020“ vereinbart, dessen konkrete Umsetzung aber noch unter Haushaltsvorbehalt steht18. Mit ihm sollen u. a. die Allgemeinmedizin gestärkt sowie weitere konkrete Maßnahmen im Hinblick auf eine flächendeckende Versorgung auf dem Land umgesetzt werden. Im Einzelnen: Allgemeinmedizin in der Ausbildung stärken: Alle Studierenden werden am Ende des Studiums in der Allgemeinmedizin geprüft, ein Wahlfach im „Praktischen Jahr“ ist im ambulanten vertragsärztlichen Bereich zu absolvieren , es finden regelmäßig wiederkehrende Hospitationen in allgemeinmedizinischen Praxen von Beginn des Medizinstudiums an statt, auch durch Ableistung eines Praktikums in der hausärztlichen Versorgung (bevorzugt in ländlichen Regionen); die medizinischen Fakultäten werden durch Mentoring-Programme unterstützend tätig, an allen medizinischen Hochschulen werden Lehrstühle für Allgemeinmedizin errichtet. Mehr Nachwuchs für eine flächendeckende hausärztliche Versorgung: Verstärkte Einbindung von Lehrkrankenhäusern im ländlichen Raum durch die Hochschulen , Studierende werden z. B. im Rahmen des Strukturfonds unterstützt, um finanzielle Belastungen durch Fahrt- und Unterkunftskosten, die im Einzelfall mit Ausbildungsabschnitten im ländlichen Raum einhergehen, zu minimieren, in der Vergabeverordnung der Stiftung für Hochschulzulassung wird die Möglichkeit eröffnet , bis zu 10 Prozent der Medizinstudienplätze vorab an diejenigen zu vergeben, die sich verpflichten, nach Abschluss des Studiums und der fachärztlichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin für bis zu zehn Jahre in der hausärztlichen Versorgung in unterversorgten bzw. von Unterversorgung bedrohten ländlichen Gebieten tätig zu sein (sogenannte Landarztquote); Auswahlkriterien sind die fachliche Eignung und die Motivation, 18 Bundesgesundheitsminister und Bundesforschungsministerin sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gesundheits - und der Kultusministerkonferenz der Länder und der Koalitionsfraktionen des Deutschen Bundestages beschlossen den Masterplan Medizinstudium 2020. Presseerklärungen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sind abrufbar unter: http://www.bundesgesundheitsministerium .de/presse/pressemitteilungen/2017/1-quartal/masterplan-medizinstudium- 2020.html (Stand: 24. April 2017) bzw. https://www.bmbf.de/de/wichtiger-schritt-zu-modernemmedizinstudium -masterplan-medizinstudium-2020-4026.html (Stand: 24. April 2017). Der Beschlusstext Masterplan Medizinstudium 2020 ist abrufbar unter: https://www.bmbf.de/files/2017-03-31_Masterplan%20Beschlusstext .pdf (Stand: 24. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 015/17 Seite 9 hausärztlich tätig zu werden; die eingegangene Verpflichtung wird mit Sanktionen abgesichert 19. Bayern hat bereits geäußert, dass es von der Landarztquote Gebrauch machen will. Danach sollen bis zu fünf Prozent der Studienbewerber über die Vorabquote einen Platz bekommen20. Mit der Verabschiedung des „Masterplans Medizinstudium 2020“ wird eine Expertenkommission eingesetzt, die Auswirkungen der getroffenen Maßnahmen auf die Studienplatzsituation und die Kosten untersucht und innerhalb eines Jahres einen Vorschlag zur Änderung der Approbationsordnung für Ärzte erarbeiten soll21. 3.3. Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen In seinem Gutachten 201422 widmet sich der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen auch der bedarfsgerechten Versorgung in ländlichen Regionen. Ein Teil seiner Empfehlungen wurde bereits aufgegriffen und hat Eingang in das GKV-VSG und den Masterplan Medizinstudium 2020 gefunden (wie beispielsweise die Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium und die Landarztquote). Der Rat empfiehlt darüber hinaus u. a.: Einführung eines signifikanten Vergütungszuschlags von 50 Prozent („Landarztzuschlag“) auf alle in einer unterversorgten Region erbrachten hausärztlichen Leistungen, Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch konkrete Maßnahmen wie arbeitsplatznahe, flexible Kinderbetreuung, Wiedereinstiegsprogramme nach einer Familien - oder Pflegepause, neue Konzepte mit Flexibilisierung der Arbeitszeit und einer verstärkten Möglichkeit, beispielsweise administrative Aufgaben zu Hause zu erledigen, Aus- 19 Bedenken gegen die sog. Landarztquote wurden u. a. von der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e. V. (bvmd) vorgebracht: „Eine Landarztquote ist nicht nur deshalb bedenklich, weil so Studienplätze ungerecht verteilt werden. Sie birgt außerdem die Gefahr eines Arztes „2. Klasse“, der, vermeintlich nur wegen seiner Zusage, aufs Land zu gehen, studieren konnte. Stattdessen sollte der Fokus schon im Studium und vor allem auch in der Assistenzarztausbildung darauf gerichtet werden, das Ansehen des Allgemeinmediziners weiter zu stärken und vor allem die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin attraktiver zu gestalten.“ Siehe hierzu bvmd, abrufbar unter: https://www.bvmd.de/unsere-arbeit/masterplan-medizinstudium-2020/was-istder -mm2020/ (Stand: 24. April 2017). 20 Siehe Pressemitteilung des Bayrischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 15. Januar 2017, abrufbar unter: https://www.stmgp.bayern.de/presse/huml-will-mit-massnahmenbuendel-aerztinnen-und-aerzteaufs -land-holen-bayerns/ (Stand: 24. April 2017). 21 Siehe gemeinsame Presseerklärung von BMG und BMBF vom 31. März 2017, abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium .de/fileadmin/Dateien/4_Pressemitteilungen/2017/2017_1/170331_PM_Masterplan _Medizinstudium.pdf (Stand: 24. April 2017). 22 Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Gutachten 2014, Bedarfsgerechte Versorgung – Perspektiven für ländliche Regionen und ausgewählte Leistungsbereiche, Kurzfassung, Kapitel 6, abrufbar unter: http://www.svr-gesundheit.de/index.php?id=501 (Stand: 24. April 2017). Die Langfassung des Gutachtens ist abrufbar unter: http://www.svr-gesundheit.de/fileadmin/user_upload/Gutachten/2014/SVR-Gutachten _2014_Langfassung.pdf (Stand: 24. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 015/17 Seite 10 bau von Teilzeitarbeitsplätzen, belastungsreduzierte Organisation von Notarzt- und Bereitschaftsdiensten sowie „Dual career“-Modelle, die auch Beschäftigungsmöglichkeiten für den Partner berücksichtigen, Abbau von Überversorgung durch obligatorischen Aufkauf von Arztsitzen bei einem Versorgungsgrad ab 200 Prozent (ab einem Versorgungsgrad von 200 Prozent „Soll“-Regelung des § 103 Absatz 3a Satz 7 SGB V in „Muss“-Regelung überführen). 4. Verteilung der Fachärzte In seinem Gutachten 2014 weist der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen auf einen mittleren Versorgungsgrad für die allgemeine fachärztliche Versorgung von 145 Prozent hin. Am Beispiel der Augenärzte mit dem im Mittel niedrigsten Versorgungsgrad (123,6) und der Chirurgen mit dem im Mittel höchsten Versorgungsgrad (170 Prozent) zeigt der Sachverständigenrat zwar klare Unterschiede innerhalb der Kassenärztlichen Vereinigungen . Dennoch fällt die Versorgung in keiner Kassenärztlichen Vereinigung weit unter 100 Prozent 23. Im Jahr 2013 wurde in ganz Deutschland eine Ärztedichte auf dem Land von 56 Fachärzten je 100.000 Einwohner gemessen. Im städtischen Raum betrug das Verhältnis demgegenüber 78 Fachärzte zu 100.000 Einwohnern. Die höchste Facharztdichte auf dem Land weist Mecklenburg -Vorpommern mit 63 Fachärzten zu 100.000 Einwohnern auf. In Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg fällt der Anteil der ländlichen Fachärzte mit 47 bzw. 48 Fachärzten je 100.000 Einwohner am geringsten aus24. Der oben genannte Versorgungsatlas25 des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland stellt die regionale Verteilung der Fachärzte je 100.000 Einwohner, bezogen auf die einzelnen Fachgebiete (Anästhesisten, Augenärzte, Chirurgen etc.), mit Stand vom 23.12.2013 dar. 23 Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Gutachten 2014, Bedarfsgerechte Versorgung – Perspektiven für ländliche Regionen und ausgewählte Leistungsbereiche, Kurzfassung, Kapitel 6, abrufbar unter: http://www.svr-gesundheit.de/index.php?id=501 (Stand: 24. April 2017). 24 Gesundheit in Deutschland, Gesundheitsberichterstattung des Bundes gemeinsam getragen von RKI und Destatis , 2015, S. 305, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung /GesInDtld/gesundheit_in_deutschland_2015.html?nn=2379316 (Stand: 24. April 2017). 25 Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Versorgungsatlas, abrufbar unter: http://www.zi.de/cms/projekte/versorgungsatlas/ (Stand: 24. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 015/17 Seite 11 Nach der oben erwähnten Modellrechnung im Rahmen des Versorgungsatlasses 2016 wird allerdings eine zusätzliche Beanspruchung von Urologen im Jahr 2035 in Höhe von 23 Prozent, von Augenärzten in Höhe von 20 Prozent und von Fachinternisten in Höhe von 15 Prozent erwartet26. 5. Stärkung der Telemedizin Mit dem Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) vom 21. Dezember 2015 wurden gem. § 87 Absatz 2 a Satz 18 in Verbindung mit § 291 g SGB V Videosprechstunden in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen. Die Online-Sprechstunden sollen den persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt ersetzen und werden ab dem 1. April 201727 von den Krankenkassen vergütet. Sie dürfen nur von bestimmten Ärzten, wie etwa von Hausärzten, Kinderärzten, Hautärzten und Orthopäden, zur Verlaufskontrolle von bereits vorstellig gewordenen Patienten abgerechnet werden. Die Vergütung beschränkt sich auf spezifische Krankheitsbilder, u.a. auf Hautkrankheiten, Störungen des Bewegungsapparates und Operationswunden. Eine Erweiterung der zu vergütenden Leistungen ist vorgesehen28. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) 29 erklärte in seiner Stellungnahme zum Entwurf des E-Health-Gesetzes, dass die im Gesetzesentwurf enthaltenen Regelungen zur Telemedizin nicht ausreichend seien. Eine Beschleunigung des Einsatzes telemedizinischer Dienste im Gesundheitswesen sei erforderlich und überfällig. Der DIHK befürwortet eine Ausweitung der telemedizinischen Anwendungen auf weitere Krankheitsbilder, wie etwa auf kardiologische, neurologische Beschwerden, Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen, für die bereits telemedizinische Verfahren erprobt wurden. Um die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen Ostsachsens in enger Vernetzung mit den vor Ort ansässigen Hausärzten zu sichern, wurde das aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Freistaates Sachsen geförderte Projekt Carus Consilium Ostsachsen Telehealth (CCS Telehealth Ostsachsen) ins Leben gerufen. Im Sommer 2015 ging das 26 Schulz, Mandy/Czihal, Thomas/Bätzing-Feigenbaum, Jörg/von Stillfried, Dominik, Zukünftige relative Beanspruchung von Vertragsärzten – Eine Projektion nach Fachgruppen für den Zeitraum 2020 bis 2035, Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Versorgungsatlas-Bericht Nr. 16/02, Berlin 2016, abrufbar unter: http://www.versorgungsatlas.de/fileadmin/ziva_docs/67/VA-16-02-Bericht-Final_V3.pdf (Stand: 24. April 2017). Zur Presseerklärung des Zi siehe http://www.versorgungsatlas.de/presse/detail/titel/deutschewerden -in-der-zukunft-mehr-aerztliche-arbeitszeit-benoetigen/ (Stand: 24. April 2017). 27 Am 21. Februar 2017 hat sich die kassenärztliche Bundesvereinigung zusammen mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen auf eine entsprechende Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen mit Wirkung bis zum 1. April 2017 geeinigt. Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt gem. § 87 Abs. 2 SGB V den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen. Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 389. Sitzung am 21. Februar 2017 zur Änderung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) mit Wirkung zum 1. April 2017, abrufbar unter: http://www.kbv.de/media /sp/EBM_2017_04_01_BA_389_BeeG_DFE_Videosprechstunde.pdf (Stand: 24. April 2017). 28 Kassenärztliche Bundesvereinigung, Vergütung für Videosprechstunden geregelt – Start schon im April, 23. Februar 2017, abrufbar unter: http://www.kbv.de/html/1150_27150.php (Stand: 24. April 2017). 29 Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz), 1. Oktober 2015, S. 6, abrufbar unter: https://www.dihk.de/themenfelder/wirtschaftspolitik/fachkraeftesicherung-verantwortung/gesundheitswirtschaft /positionen/e-health-gesetz (Stand: 24. April 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 015/17 Seite 12 Projekt mit dem Ziel, eine offene Plattform zur Nutzung telemedizinischer Anwendungen zu schaffen und eine breite Vernetzung in der Gesundheitsregion Ostsachsen zu erreichen, ans Netz. Das CSS Telehealth Ostsachsen entwickelte beispielhaft drei Anwendungen (Behandlung von Herzschwächen, Schlaganfallnachsorge und Zweitbefundung von Gewebeproben), die die Arbeitsweise der Plattform verdeutlichen sollen 30. 6. Aktuelle Literaturbeiträge zur Stärkung der ärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen Vanessa Gieseler und Stefan Fleßa, Stefan31 stellen die Entwicklung eines Projekts zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung im dünn besiedelten Landkreis Vorpommern-Greifswald, die Initiative Leben und Wohnen im Alter (ILWiA), vor. Im Rahmen des Projekts wurde eine zentrale Leitstelle konzipiert, die einerseits Gesundheitsdienstleistungen koordinieren (z. B. Sammelfahrten und –bestellungen, Außensprechstunden) und andererseits Informationen bereitstellen und beraten kann (Informationsbereitstellung zu regionalen Gesundheitsdienstleistern, Offenlegung möglicher Handlungsalternativen bei gesundheitlichen Anliegen sowie Weiterleitung an den passenden Ansprechpartner/Leistungserbringer). Dabei sei der Einsatz der Telemedizin ein Mittel zur Überwindung längerer Distanzen. Vor einer möglichen Umsetzung seien diverse Fragen der Machbarkeit (in technischer und rechtlicher Hinsicht) zu klären. Ulrike Stenzel, Neeltje Van den Berg und Wolfgang Hoffmann32 schlagen bezogen auf den ländlichen Ärztemangel in Mecklenburg-Vorpommern vor, ärztlichen Fachkräften entsprechende Anreize zur Niederlassung auf dem Land zu schaffen, insbesondere die in Mecklenburg-Vorpommern approbierten Ärzte an der Abwanderung in andere Bundesländer zu hindern. Hierzu gehörten eine Verbesserung der beruflichen Bedingungen, beispielsweise in Form von finanziellen Förderungen und Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, sowie ein breiteres Angebot an Kulturund Freizeitaktivitäten. Auch Uwe Deh und Jessica Lehnhardt33 sehen Lösungswege bei der hausärztlichen Versorgung in unterversorgten ländlichen Gebieten durch die arztentlastende Einbindung von Pflegefachleuten und medizinischem Fachpersonal. Der Kontakt zum Hausarzt werde so gefiltert und unnötige Arztbesuche vermieden. Gleichzeitig sei eine ärztliche Begleitung über die Anbindung der Mitarbeiter an den Hausarzt gegeben. Hierzu bedürfe es klar ausgestalteter gesetzlicher Regelungen. 30 CCS Telehealth Ostsachsen, abrufbar unter: http://www.telehealth-ostsachsen.de/aktuelles/deutschlands-groesstes -telemedizin-projekt-ccs-telehealth-ostsachsen-geht-in-dresden-online (Stand: 24. April 2017). 31 Sicherstellung der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum, Eine exemplarische Konzeptentwicklung für den Landkreis Vorpommern-Greifswald in: Gesundheits- und Sozialpolitik: Zeitschrift für das gesamte Gesundheitswesen , 2016, S. 37. 32 Stenzel, Ulrike/ Van den Berg, Neeltje/ Hoffmann, Wolfgang, Gesundheitsberufe in Mecklenburg-Vorpommern – Angebot und Nachfrage von Qualifikationen und Qualifizierten in: Daseinsvorsorge und Gemeinwesen im ländlichen Raum, Herbst/Dünkel/Stahl (Hrsg.), 2016, S. 39. 33 Deh, Uwe/Lehnhardt, Jessica, Kein (Land-)Arzt in Sicht? Neue Wege der Gesundheitsversorgung auf dem Land in: Landflucht 3.0 Welche Zukunft hat der ländliche Raum?, Herbert Quandt-Stiftung (Hrsg.), 2015, S. 114. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 015/17 Seite 13 Darüber hinaus plädieren die Autoren für den Ausbau der Telemedizin und den Einsatz spezieller Software, die einen Informationsaustausch zwischen mehreren Leistungserbringern erleichtert . Johannes Beermann34 führt verschiedene in Sachsen eingeführte Maßnahmen zur Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen an. U. a. sind dies: Ausbildungsbeihilfe für Medizinstudenten, die sich vertraglich verpflichten, eine Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin zu machen und anschließend für sechs Jahre hausärztlich im ländlichen Raum tätig zu werden, Aufbau mehrerer telemedizinischer Netzwerke wie Schlaganfallnetzwerk, Kardionetzwerk , telediabetologisches Kompetenzzentrum. Neeltje Van den Berg und Wolfgang Hoffmann35 sehen die Delegation ärztlicher Tätigkeiten an nichtärztliches Personal als wesentlichen Beitrag zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung auf dem Land. Beispielhaft wird die arztentlastende, gemeindenahe, E-Health-gestützte, systemische Intervention (AGnES)36 des Institutes für Community Medicine der Universität Greifswald genannt , die darauf abzielt, allgemeinmedizinische Aufgaben und Hausbesuche auf nichtärztliche medizinische Fachkräfte zu verlagern, u.a. auf Krankenschwestern und Arzthelfer. Das soeben genannte Konzept sieht ebenfalls eine telemedizinische Betreuung der Patienten vor, so etwa die Verwendung von Telecare-Geräten. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der medizinischen Versorgung auf dem Land seien nach Auffassung der Autoren die Stärkung der Infrastruktur und die Schaffung attraktiver Lebensbedingungen für Ärzte. *** 34 Beermann, Johannes, Mit Schrumpfung leben, Wie die sächsische Landesregierung dem demografischen Wandel mit innovativen Gesundheitsprojekten begegnet in: Landflucht 3.0 Welche Zukunft hat der ländliche Raum?, Herbert Quandt-Stiftung (Hrsg.), 2015, S. 138. 35 Van den Beerg, Neeltje/ Hoffmann, Wolfgang, Regional Health Care in Rural Areas, in: Think Rural! Dynamiken des Wandels in peripheren ländlichen Räumen und ihre Implikationen für die Daseinsvorsorge, Dünkel /Herbst/Schlegel (Hrsg.), 2014, S. 40f. 36 Ernst-Moritz-Arndt- Universität Greifswald, Institut für Community Medicine, Aktuelle Projekte der Abteilung Versorgungsepidemiologie und Community Health, abrufbar unter: http://www2.medizin.uni-greifswald .de/icm/index.php?id=347 (Stand: 24. April 2017).