© 2016 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 015/11 Empirische Erkenntnisse zur Beratungsqualität in Apotheken und zur Arzneimittelversorgung in europäischen Staaten ohne Fremdbesitzverbot Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 015/11 Seite 2 Empirische Erkenntnisse zur Beratungsqualität in Apotheken und zur Arzneimittelversorgung in europäischen Staaten ohne Fremdbesitzverbot Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 015/11 Abschluss der Arbeit: 5. April 2011 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 015/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes und dessen Folgen in Norwegen, Irland, den Niederlanden und Großbritannien 5 2.1. Norwegen 5 2.2. Irland 7 2.3. Niederlande 7 2.4. Großbritannien 8 3. Anlagen 9 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 015/11 Seite 4 1. Einleitung Die Monopolkommission1 hat sich in ihrem 16. Hauptgutachten 2004/20052 für eine Liberalisierung des Apothekenmarktes in Deutschland und in diesem Zusammenhang unter anderem dafür ausgesprochen, die in Deutschland bei dem Betrieb von Apotheken geltenden Verbote des Fremd- und Mehrbesitzes aufzuheben. Damit soll (bezogen auf das Fremdbesitzverbot) der Weg für eine Kapitalbeteiligung auch von Nichtapothekern an Apothekenbetrieben sowie (bezogen auf das Mehrbesitzverbot) die Bildung von Apothekenketten von grundsätzlich nicht beschränkter Größe ermöglicht werden3. Diese Maßnahmen würden nach Einschätzung der Monopolkommission zu einer Belebung des Wettbewerbs, zu Effizienzvorteilen in Bereichen wie Einkauf, Organisation und EDV sowie zu einem Zuwachs wettbewerblicher Innovationen auf dem Arzneimittelmarkt in Deutschland führen4. Obwohl die Verbote des Fremd- und Mehrbesitzes häufig in einem Zusammenhang genannt werden , handelt es sich bei ihnen doch um zwei unterschiedliche Fallgestaltungen5. Während das Mehrbesitzverbot die Frage betrifft, in welchem Umfang ein Apotheker auf dem Gebiet der Arzneimittelversorgung tätig sein darf, geht das Fremdbesitzverbot von dem systemprägenden 1 Die Monopolkommission ist ein unabhängiges Beratungsgremium für die Bundesregierung auf den Gebieten der Wettbewerbspolitik und Regulierung. Ihre Stellung und Aufgaben sind in den §§ 44 bis 47 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB - Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 2005 [BGBl. I S. 2114; 2009 I S. 3850], zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 22. Dezember 2010 [BGBl. I S. 2262]) geregelt. Danach erstellt die Monopolkommission alle zwei Jahre ein Hauptgutachten , in dem sie den Stand und die absehbare Entwicklung der Unternehmenskonzentration in der Bundesrepublik Deutschland beurteilt, die Anwendung der Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle würdigt sowie zu sonstigen aktuellen wettbewerbspolitischen Fragen Stellung nimmt, vgl. zu den Aufgaben im Einzelnen den Internetauftritt der Monopolkommission: http://www.monopolkommission.de/aufgaben.html 2 Vgl. BT-Drs. 16/2460 vom 25. August 2006, Unterrichtung durch die Bundesregierung – Sechszehntes Hauptgutachten der Monopolkommission 2004/2005 3 Während das Mehrbesitzverbot durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) eine nicht unerhebliche Auflockerung erfahren hat, wurde das Fremdbesitzverbot durch den Reformgesetzgeber bisher nicht angetastet. § 1 Abs. 2 Apothekengesetz (ApoG - Apothekengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 1980 [BGBl. I S. 1993], zuletzt geändert durch Artikel 16a des Gesetzes vom 28. Mai 2008 [BGBl. I S. 874]) i.V.m. § 2 Abs. 4 und 5 ApoG erlaubt seit der Änderung durch das GMG mit Wirkung vom 1. Januar 2004 nunmehr auch den Betrieb von bis zu drei sog. „Filialapotheken“, d.h. Apotheken, deren unmittelbare Führung einem angestellten Apotheker übertragen ist, allerdings nur zusammen mit einer sog. „Hauptapotheke“, die der Erlaubnisinhaber persönlich zu führen hat (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 ApoG). Überdies müssen Hauptapotheke und Filialapotheken im gleichen Kreis (bzw. in der gleichen kreisfreien Stadt) oder zumindest in benachbarten Kreisen (bzw. kreisfreien Städten) liegen (§ 2 Abs. 4 Nr. 2 ApoG). 4 Vgl. BT-Drs. 16/2460, S. 419-420 (Nr. 1174 ff.) 5 Vgl. zur Unterscheidung etwa Taupitz, Das apothekenrechtliche Verbot des „Fremd- und Mehrbesitzes“ aus verfassungs - und europarechtlicher Sicht, 1998, S. 4-5.. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 015/11 Seite 5 Grundsatz aus, dass ein Apotheker für die von ihm betriebene Apotheke sowohl in pharmazeutischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht persönlich verantwortlich ist6. Danach umfasst das Fremdbesitzverbot das Verbot des Betriebs von Apotheken durch Nichtapotheker, das Verbot bestimmter Formen der finanziellen Beteiligung an einer Apotheke sowie ein umfassendes Verpachtungsverbot 7. Der Fremdbesitz bei Apotheken ist insbesondere in Belgien, Bulgarien, Estland, Großbritannien, Irland, Island, Litauen, Malta, den Niederlanden, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden , Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern erlaubt8. Im Hinblick auf die zur Verfügung stehende empirische Datenlage beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen auf die rechtliche und tatsächliche Situation auf den Apothekenmärkten in Norwegen, Irland, den Niederlanden und Großbritannien. 2. Die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes und dessen Folgen in Norwegen, Irland, den Niederlanden und Großbritannien 2.1. Norwegen Das norwegische Apothekenrecht wurde zum 1. März 2001 grundlegend liberalisiert. Vor der Liberalisierung durften nur einzelne Apotheker Eigentümer einer Apotheke sein. Mit der Änderung des Apothekengesetzes im Jahr 2001 wurden sowohl die Niederlassungsbeschränkungen als auch das bis dahin geltende Fremd- und Mehrbesitzverbot vollständig abgeschafft9. Für den Apothekenbetrieb sind nunmehr zwei verschiedene Lizenzen erforderlich: eine Lizenz, um eine Apotheke zu besitzen und eine weitere, um sie zu leiten. Abgesehen von Pharmaherstellern und Ärzten ist der Besitz einer Apotheke jedermann gestattet.10 Während die Versorgungsdichte seit der Liberalisierung im Jahre 2001 angestiegen ist (von 397 im Jahr 2001 bis auf 636 Apotheken im Jahr 2009), lag die Anzahl der komplett unabhängigen 6 Dieses Leitbild, das vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 13. Februar 1964 (BVerfGE 17, 232 ff.) mit dem Schlagwort vom „Apotheker in seiner Apotheke“ gekennzeichnet wurde, lässt sich aus dem gesetzessystematischen Zusammenspiel der §§ 1, 2 Abs. 1, 7 und 8 des Apothekengesetzes ableiten 7 Vgl. hierzu etwa Taupitz, Das apothekenrechtliche Verbot des „Fremd- und Mehrbesitzes“ aus verfassungs- und europarechtlicher Sicht, S. 4-5., sowie: Zur Frage der Vereinbarkeit des apothekenrechtlichen Fremdbesitzverbots mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht, insbesondere der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 ff des EG- Vertrages, Ausarbeitung des Fachbereichs WD 9 der Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages vom 11. September 2006 (WD 9 – 148/06), S. 4 f. 8 Verboten ist der Fremdbesitz bei Apotheken hingegen in Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland , Italien, Lettland (Wiedereinführung zum 1. Januar 2011), Österreich und Spanien, vgl. hierzu die Tabelle bei Glaeske/Schicktanz/Janhsen, GEK-Arzneimittel-Report 2009, S. 37, das Papier ist beigefügt als Anlage 1 9 Vgl. hierzu Kiefer, Die Vereinbarkeit des Fremd- und Mehrbesitzverbots für Apotheken mit der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43, 48 EGV und die Nichtanwendung nationalen Rechts durch Verwaltungsbehörden, S. 55, beigefügt als Anlage 2 10 Vgl. hierzu Glaeske/Schicktanz/Janhsen, GEK-Arzneimittel-Report 2009, S. 44-45 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 015/11 Seite 6 Apotheken in Norwegen im Jahre 2006 bei nur noch 13 Apotheken. Der Marktanteil der großen Apothekenketten in Norwegen hat sich von 2001 bis 2005 von 0% auf 80% (bei einem Umsatzanteil von 90%11) gesteigert. Die Veränderung der Besitzverhältnisse zu Gunsten großer internationaler Handelskonzerne ist aber nicht zuletzt auch auf die Aufhebung der Niederlassungsbeschränkungen zurückzuführen.12 Im Hinblick auf Beratungsqualität, Service, Kundenzufriedenheit und Arzneimittelsicherheit fiel eine Befragung sowohl von Konsumenten als auch von Apothekern wie folgt aus: 35% der befragten Konsumenten gaben an, dass sich der Service in den Apotheken insgesamt verbessert habe, während 3% der Befragten der Auffassung waren, der Service habe sich verschlechtert. 54% der Konsumenten erklärten demgegenüber, sie hätten keine Veränderung der Servicequalität wahrgenommen , während der verbleibende Rest der Befragten angab, er sei in seiner Bewertung unsicher . In Bezug auf die Wartezeiten zeigte sich, dass die Bewohner in den dichter besiedelten Gebieten mehr positive Veränderungen wahrgenommen hatten als diejenigen in weniger dicht besiedelten Gebieten. Von den befragten Apothekern gaben 21% an, dass sich seit der Änderung des Apothekengesetzes im Jahr 2001 die Möglichkeiten für eine fachlich qualifizierte Beratung verbessert hätten; gleichzeitig erklärten aber 32% der befragten Apotheker, dass sich die Möglichkeiten für eine fachlich gute Beratung verschlechtert hätten.13 In Bezug auf die Entwicklung des Apothekenmarktes konnte festgestellt werden, dass die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes zu einer Erhöhung der Marktmacht des Groß- und Einzelhandels gegenüber den Herstellern geführt hat14. Hinsichtlich der Versorgungsdichte gelangen die verschiedenen Studien zwar zu dem übereinstimmenden Ergebnis, dass die Anzahl der Apotheken in Norwegen seit dem Jahr 2001 stark angestiegen ist. Unterschiedliche Bewertungen werden jedoch im Hinblick auf die Verteilung der Apotheken im Verhältnis zwischen Ballungsgebieten und ländlichen Regionen vorgenommen. Während Glaeske/Schicktanz/Janhsen sowie Grabein/Greß/Klaucke/Wasem zu dem Ergebnis gelangen , dass trotz einer auf Ballungszentren konzentrierten Verlagerung der Apotheken insgesamt eine deutliche Erhöhung der Versorgungsdichte auch in den ländlichen Regionen festzustellen 11 Vgl. hierzu Grabein/Greß/Klaucke/Wasem, Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes im deutschen Apothekenwesen vor dem Hintergrund internationaler Erfahrungen im Vereinigten Königreich und Norwegen, S. 11, beigefügt als Anlage 3 12 Vgl. Glaeske/Schicktanz/Janhsen, GEK-Arzneimittel-Report 2009, S. 45-46; außerdem Jung, Deregulierung in Europa – am Beispiel des Apothekenrechts, in: Kluth (Hrsg.), Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, S. 467, beigefügt als Anlage 4 13 Grabein/Greß/Klaucke/Wasem, Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes im deutschen Apothekenwesen vor dem Hintergrund internationaler Erfahrungen im Vereinigten Königreich und Norwegen, S. 5 f. und 16 f. 14 Vgl. Grabein/Greß/Klaucke/Wasem, Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes im deutschen Apothekenwesen vor dem Hintergrund internationaler Erfahrungen im Vereinigten Königreich und Norwegen, S. 5-6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 015/11 Seite 7 sei15, meinen Vogler/Arts/Habl einerseits und Burk andererseits, dass sich die flächendeckende Arzneimittelversorgung nach Freigabe des norwegischen Apothekenmarktes in den ländlichen Regionen auf unverändert niedrigem Niveau bewege16. 2.2. Irland Bis in die Mitte der 1990er Jahre gab es in Irland keine Niederlassungs- oder Besitzbeschränkungen bei dem Betrieb von Apotheken. Im Jahre 1996 durch das Gesundheitsministerium eingeführte – am öffentlichen Bedarf orientierte – Beschränkungen des Niederlassungs- und Besitzrechts wurden im Jahr 2002 auf Druck der Wettbewerbsbehörden und angesichts zahlreicher Klagen wieder zurückgenommen. Seitdem existiert in Irland kein Fremdbesitzverbot mehr. Apotheken dürfen nunmehr von jedermann betrieben werden. Vorausgesetzt wird lediglich, dass in jeder Apotheke ein ausgebildeter Apotheker angestellt ist. In Orten ohne nahe gelegene öffentliche Apotheke können auch Ärzte eine eigene Hausapotheke unterhalten. Seit der Aufhebung von Niederlassungsbeschränkungen werden Apotheken vornehmlich in städtischen, wirtschaftlich attraktiven Lagen errichtet. Im Jahr 2006 gehörten 75% der Apotheken einer Apothekenkette an, während es 1985 lediglich 22% waren.17 2.3. Niederlande Der niederländische Apothekenmarkt erfuhr in den 1980/90er Jahren eine tiefgreifende Liberalisierung . Im Jahre 1987 wurde zunächst das Mehrbesitzverbot aufgehoben. Nachdem im Jahre 1996 sodann die gesetzlichen Mindestanforderungen an die Ausstattung von Apotheken aufgehoben wurden, erfolgte im Jahre 1999 auch die Aufhebung des Fremdbesitzverbots. Ferner wurden im Laufe der Zeit die berufsständischen Vorschriften der Königlich-Niederländischen Apothekergesellschaft gelockert, die vorher z.B. gewisse Niederlassungskriterien vorgesehen hatten. Neben Apothekern dürfen in den Niederlanden nunmehr auch Ärzte mit eigener Hausapotheke, Drogerien und sog. OTC-Verkaufsstellen Arzneimittel abgeben. Außerdem ist der Betrieb von reinen Internet- und Versandapotheken gestattet.18 15 Vgl. Glaeske/Schicktanz/Janhsen, GEK-Arzneimittel-Report 2009, S. 46 sowie Grabein/Greß/Klaucke/Wasem, Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes im deutschen Apothekenwesen vor dem Hintergrund internationaler Erfahrungen im Vereinigten Königreich und Norwegen, S. 13 16 Burk, Die Funktionen der unabhängigen Apotheke für die Arzneimittelversorgung der GKV und das Fremd- und Mehrbesitzverbot, S. 133 f., beigefügt als Anlage 5; Vogler/Arts/Habl, in: Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG), Community Phamacy in Europe – Lessons from deregulation – case studies, S. 44 f., die Studie ist beigefügt als Anlage 6 17 Vgl. Jung, Deregulierung in Europa – am Beispiel des Apothekenrechts, in: Kluth (Hrsg.), Jahrbuch des Kammerund Berufsrechts 2005, S. 465; Kiefer, Die Vereinbarkeit des Fremd- und Mehrbesitzverbots für Apotheken mit der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43, 48 EGV und die Nichtanwendung nationalen Rechts durch Verwaltungsbehörden , S. 55-56 18 Vgl. hierzu Jung, Deregulierung in Europa – am Beispiel des Apothekenrechts, in: Kluth (Hrsg.), Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, S. 466; außerdem Kiefer, Die Vereinbarkeit des Fremd- und Mehrbesitzverbots für Apotheken mit der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43, 48 EGV und die Nichtanwendung nationalen Rechts durch Verwaltungsbehörden, S. 56 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 015/11 Seite 8 Die Liberalisierung des niederländischen Apothekenmarktes hat zu einem Anstieg der Apothekenanzahl geführt. Im Jahr 2006 gab es in den Niederlanden 2.700 Apotheker und etwa 1.700 öffentliche Apotheken, was einer Dichte von 9.300 Einwohnern pro einer Apotheke entspricht. Etwa 32% der Apotheken gehörten 2006 Apothekenketten an, die wiederum größtenteils von Großhändlern betrieben wurden. Die Liberalisierung hat zu einem starken Anstieg der Kaufpreise für Apotheken geführt, wodurch es unabhängigen Apothekern heute schwer fällt, bestehende Apotheken zu übernehmen.19 2.4. Großbritannien Auch in Großbritannien ist die Möglichkeit, Eigentum an Apotheken zu erwerben, nicht auf Apotheker beschränkt. Eigentümer von Apotheken können demnach neben einzelnen Apothekern auch Personengesellschaften und juristische Personen sein, wobei aber stets einer der Eigentümer zwingend ein ausgebildeter Apotheker sein muss. Außerdem ist der Vorstand eines entsprechenden Unternehmens mit einem Apotheker zu besetzen, der für die fachlich-pharmazeutischen Entscheidungen zuständig und auch verantwortlich ist.20 Die Eigentümerstruktur der Apotheken in Großbritannien hat sich über viele Jahrzehnte hinweg entwickelt und ist dementsprechend vielfältig. Apothekenketten und Supermärkte mit mehr als zehn Apotheken haben einen Marktanteil von insgesamt 58%. Die drei größten Apothekenketten kommen zusammen auf einen Marktanteil von 34%. Knapp 1000 Apotheken gehören nach dem Register der Royal Pharmaceutical Society of Great Britain eingetragenen selbstständigen Apothekern .21 Die Versorgungsdichte mit Apotheken in Großbritannien ist mit etwa 4.800 Einwohnern pro Apotheke zu beziffern (zum Vergleich: in der Bundesrepublik kommen etwa 3.800 Einwohner auf eine Apotheke). Die regionale Verteilung der Apotheken weist eine leichte Häufung in urbanen Regionen wie z.B. London auf.22 Bezüglich der Beratungsqualität und Kundenzufriedenheit gaben nach einer Befragung 81% der Bevölkerung Englands an, der Service in Apotheken sei gut. In einer anderen Befragung (Proprietary Association of Great Britain/Reader’s Digest Association Ltd 2005) erklärten sogar 90%, dass sie mit der Beratung in ihrer Apotheke sehr zufrieden oder zumindest zufrieden seien. Nach Grabein/Greß/Klaucke/Wasem gibt es insgesamt jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass 19 Jung, Deregulierung in Europa – am Beispiel des Apothekenrechts, in: Kluth (Hrsg.), Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, S. 466 20 Kiefer, Die Vereinbarkeit des Fremd- und Mehrbesitzverbots für Apotheken mit der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43, 48 EGV und die Nichtanwendung nationalen Rechts durch Verwaltungsbehörden, S. 57 21 Vgl. etwa Glaeske/Schicktanz/Janhsen, GEK-Arzneimittel-Report 2009, S. 41 f; Grabein/Greß/Klaucke/Wasem, Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes im deutschen Apothekenwesen vor dem Hintergrund internationaler Erfahrungen im Vereinigten Königreich und Norwegen, S. 11 22 Grabein/Greß/Klaucke/Wasem, Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes im deutschen Apothekenwesen vor dem Hintergrund internationaler Erfahrungen im Vereinigten Königreich und Norwegen, S. 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 015/11 Seite 9 das Fehlen eines Fremd- und Mehrbesitzverbots in Großbritannien zu einer Beeinträchtigung der Beratungsqualität und Kundenzufriedenheit geführt hat.23 3. Anlagen Glaeske, Gerd/Schicktanz, Christel/Janhsen, Katrin, GEK-Arzneimittel-Report 2009 – Auswertungsergebnisse der GEK-Arzneimitteldaten aus den Jahren 2007 bis 2008 –, Bremen, Schwäbisch Gmünd, Juni 2009, Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse, Band 68, Asgard-Verlag, Sankt Augustin , im Internet abrufbar unter: http://www.zes.uni-bremen.de/GAZESse/200902/GEK-Arzneimittel -Report-2009.pdf, Auszug, hier: Gliederungspunkt 1.2 Europäische Apothekensysteme im Vergleich , S. 33-50 Anlage 1 Kiefer, Wolfgang, Die Vereinbarkeit des Fremd- und Mehrbesitzverbots für Apotheken mit der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43, 48 EGV und die Nichtanwendung nationalen Rechts durch Verwaltungsbehörden, Richard Boorberg Verlag, Stuttgart/München/Hannover/Berlin/Weimar/ Dresden 2009, Auszug, hier: Gliederungspunkt C. Europäischer Rechtsvergleich im Überblick, S. 51-58 Anlage 2 Grabein, Kristin/Greß, Stefan/Klaucke, Lena/Wasem, Jürgen, Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes im deutschen Apothekenwesen vor dem Hintergrund internationaler Erfahrungen im Vereinigten Königreich und Norwegen, Diskussionsbeitrag Nr. 167 aus dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen, August 2008, im Internet abrufbar unter: http://www.wiwi.uni-due.de/fileadmin/fileupload/WIWI/pdf/167.pdf Anlage 3 Jung, Michael, Deregulierung in Europa – am Beispiel des Apothekenrechts, in: Kluth, Winfried (Hrsg.), Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 1. Auflage 2006, S. 453-484 Anlage 4 Burk, Enno, Die Funktionen der unabhängigen Apotheke für die Arzneimittelversorgung der GKV und das Fremd- und Mehrbesitzverbot, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 1. Auflage 2008, Auszug, hier: S. 125-139 Anlage 5 Vogler, Sabine/Arts, Danielle/Habl, Claudia, Community Pharmacy in Europe – Lessons from deregulation – case studies, Studie des Österreichischen Bundesinstituts für Gesundheitswesen 23 Grabein/Greß/Klaucke/Wasem, Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes im deutschen Apothekenwesen vor dem Hintergrund internationaler Erfahrungen im Vereinigten Königreich und Norwegen, S. 16. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 015/11 Seite 10 (ÖBIG), Wien, Februar 2006, im Internet abrufbar unter: http://www.pgeu.eu/Portals /6/documents/2006/Position%20and%20policy%20papers/OBIG%20Report%20-%final.pdf Anlage 6 Glaeske, Gerd/Klauber, Jürgen/Lankers, Christoph H.R./Selke, Gisbert W., Stärkung des Wettbewerbs in der Arzneimittelversorgung zur Steigerung von Konsumentennutzen, Effizienz und Qualität – Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) –, Stand: 16. April 2003, im Internet abrufbar unter: http://www.wido.de/fileadmin /wido/downloads/pdf_arzneimittel/wido_arz_gut-bmgs-lg_0403.pdf, Auszug, hier: Gliederungspunkt 4.1 Aufhebung des Mehr- und Fremdbesitzverbots, S. 117-138 Anlage 7