© 2016 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 014/15 Strafrechtliche und außerstrafrechtliche Regelungen zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen in Österreich und der Schweiz Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 2 Strafrechtliche und außerstrafrechtliche Regelungen zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen in Österreich und der Schweiz Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 014/15 Abschluss der Arbeit: 8. April 2015 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Die Rechtslage in Österreich 6 2.1. Reformen der Korruptionsbestimmungen im österreichischen Strafrecht 6 2.2. Unterschiede zwischen privatem und öffentlichem Korruptionsstrafrecht 7 2.3. Korruptionsdelikte im öffentlichen Bereich 7 2.3.1. Der Begriff des Amtsträgers nach § 74 Abs. 1 Nr. 4a StGB als zentraler Anknüpfungspunkt der einzelnen Korruptionsstraftatbestände im öffentlichen Bereich 7 2.3.2. Bestechlichkeit und Bestechung (§§ 304, 307 StGB) 10 2.3.3. Vorteilsannahme und Vorteilszuwendung für die pflichtgemäße Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts (§§ 305, 307a StGB) 10 2.3.4. Vorteilsannahme und Vorteilszuwendung zur Beeinflussung der Amtstätigkeit (§§ 306, 307b StGB) 11 2.3.5. Verbotene Intervention (§ 308 StGB) 12 2.4. Korruptionsdelikte im privaten Bereich 12 2.4.1. Geschenkannahme und Bestechung von Bediensteten oder Beauftragten (§ 309 StGB) 13 2.4.2. Geschenkannahme durch Machthaber (§ 153a StGB) 14 2.5. Außerstrafrechtliche Regelungen zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen 14 2.5.1. Dienstordnungen der österreichischen Sozialversicherung 14 2.5.2. Beamten-Dienstrechtsgesetz und Vertragsbedienstetengesetz 14 2.5.3. Ärztegesetz 15 2.5.4. Arzneimittelgesetz 15 2.5.5. Medizinproduktegesetz 16 2.5.6. Bundesvergabegesetz 16 3. Die Rechtslage in der Schweiz 17 3.1. Überblick über die strafrechtlichen Regelungen zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen 17 3.2. Die Korruptionstatbestände der Art. 322ter bis Art. 322sexies des Schweizerischen Strafgesetzbuches 17 3.2.1. Der Adressatenkreis der einzelnen Korruptionstatbestände des Schweizerischen Strafgesetzbuches 18 3.2.1.1. Beamte im Sinne des Art. 110 Nr. 3 StGB als „Amtsträger“ 18 3.2.1.1.1. Beamte im formellen Sinne 19 3.2.1.1.2. Beamte im funktionalen Sinne 20 3.2.1.2. Mitglieder einer Behörde als „Amtsträger“ im Sinne der Art. 322ter ff StGB 21 3.2.1.3. Den „Amtsträgern“ gleichgestellte Private im Sinne des Art. 322octies Nr. 3 StGB 21 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 4 3.2.1.4. Die Akteure im schweizerischen Gesundheitswesen als formelle oder funktionale Beamte im Sinne des Art. 110 Nr. 3 StGB 22 3.2.2. Aktive und passive Bestechung (Art. 322ter und Art. 322quater StGB) 23 3.2.3. Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme (Art. 322quinquies und Art. 322sexies StGB) 24 3.2.4. Der Begriff des „nicht gebührenden Vorteils“ im Sinne der Art. 322ter ff StGB 24 3.3. Bestechung und Sich-Bestechen-Lassen im privaten Sektor nach Art. 4a und Art. 23 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 25 3.4. Das Verbot des Versprechens und Annehmens geldwerter Vorteile nach Art. 33 des Bundesgesetzes über Arzneimittel und Medizinprodukte 27 4. Literaturverzeichnis 27 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 5 1. Einleitung Die Verhinderung und Bekämpfung der Korruption in allen gesellschaftlichen Bereichen und Ausprägungen stellen zentrale gesellschaftspolitische Aufgaben dar. Dies gilt auch für den Bereich des Gesundheitswesens. Korruption im Gesundheitswesen beeinträchtigt den Wettbewerb, verursacht erhebliche Kostensteigerungen und untergräbt das Vertrauen der Patienten in eine von unlauteren Zuwendungen unbeeinflusste Gesundheitsversorgung. Wegen der großen wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung des Gesundheitswesens besteht Einigkeit darüber, dass korruptiven Praktiken in diesem Bereich auch mit den Mitteln des Strafrechts entgegenzutreten ist. In Deutschland ist dies nach der gegenwärtigen Rechtslage aber nur unzureichend möglich. Nach dem Strafgesetzbuch (StGB)1 sind die Korruptionstatbestände der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung (§§ 331, 333 StGB) sowie der Bestechlichkeit und Bestechung (§§ 332, 334 StGB) nur dann einschlägig, wenn auf Nehmerseite ein sog. Amtsträger involviert ist. Amtsträger im Sinne des StGB ist unter anderem, wer nach deutschem Recht dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB). Insbesondere niedergelassene, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassene Ärzte sind nach einem Beschluss des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29. März 20122 jedoch keine Amtsträger, da ein Vertragsarzt gerade nicht Angestellter oder bloßer Funktionsträger einer öffentlichen Behörde ist. Dies gilt auch für sonstige freiberuflich tätige Ärzte. Nach der Entscheidung des BGH vom 29. März 2012 handelt ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben auch nicht als Beauftragter der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) ist damit auf freiberuflich tätige Ärzte, Apotheker oder sonstige freiberuflich tätige Angehörige von Heilberufen ebenfalls nicht anwendbar. Auch die auf den Vermögensschutz ausgerichteten Straftatbestände der Untreue (§ 266 StGB) und des Betrugs (§ 263 StGB) können das Geben und Nehmen von Bestechungsgeldern nur eingeschränkt erfassen und greifen bei korrupten Verhaltensweisen nicht immer. Um die nach der aktuellen Rechtslage bei der strafrechtlichen Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen bestehenden Lücken zu schließen, hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Februar 2015 einen Referentenentwurf vorgelegt, der die Einführung eines neuen Straftatbestandes der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen vorsieht . Er bezieht alle Heilberufe ein, die für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordern, und gilt für Sachverhalte sowohl innerhalb als auch außerhalb des Bereichs der gesetzlichen Krankenversicherung. Der vorgeschlagene Straftatbestand soll als neuer § 299a StGB in den 26. Abschnitt des StGB (Straftaten gegen den Wettbewerb) eingefügt und der Struktur des § 299 StGB nachgebildet werden. Zudem enthält der Entwurf eine relative Antragspflicht als Voraussetzung für die Strafverfolgung (§ 301 StGB). Antragsberechtigt sollen danach die von korruptiven Absprachen Verletzten – also in der Regel die 1 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10) 2 GSSt 2/11, abgedruckt unter anderem in: MedR 2012, S. 656 ff Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 6 Mitbewerber – Patienten, rechtsfähige Berufsverbände von Mitbewerbern, die gesetzlichen Kranken - und Pflegekassen sowie private Kranken- und Pflegeversicherungsunternehmen sein. Der Referentenentwurf enthält darüber hinaus Regelungsvorschläge zur Änderung des SGB V, durch die insbesondere ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen unter Einbeziehung der Staatsanwaltschaften etabliert werden soll. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Rechtslage in Deutschland und des vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Referentenentwurfs wird nachfolgend der Frage nachgegangen, welche strafrechtlichen und außerstrafrechtlichen Regelungen in Österreich und der Schweiz zur Verfügung stehen, um korruptive Verhaltensweisen im Gesundheitswesen bekämpfen zu können. Ein Überblick über die Rechtslage in diesen beiden Ländern erscheint insbesondere deshalb lohnenswert, weil die Gesundheitssysteme in Österreich, der Schweiz und Deutschland jeweils auf der Grundlage des Bismarckschen Sozialversicherungsmodells ausgestaltet worden sind und auch im übrigen – trotz vielfältiger Unterschiede und Differenzierungen im Einzelnen – große Gemeinsamkeiten in den Grundstrukturen aufweisen. 2. Die Rechtslage in Österreich 2.1. Reformen der Korruptionsbestimmungen im österreichischen Strafrecht Mit dem zum 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 (KorrStrÄG 2012)3 ist es in Österreich zu maßgeblichen Neuerungen des Korruptionsstrafrechts gekommen, die auch für die strafrechtliche Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen von Bedeutung sind. Nach einer zwischenzeitlichen Verschärfung des bis 2007 geltenden Rechts durch das Strafrechtsänderungsgesetz (StRÄG) 20084 war die Zeit von 2009 bis Ende 2012 aufgrund des Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetzes (KorrStrÄG) 20095 vorübergehend durch eine weitgehende Entschärfung des Korruptionsstrafrechts im öffentlichen Sektor geprägt. Nachdem dieser Rückzug des Korruptionsstrafrechts sowohl innerstaatlich als auch international – vor allem von der Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (GRECO) – kritisiert worden war, hat der Gesetzgeber mit dem KorrStÄG 2012 eine erneute umfassende Reform beschlossen, deren Anliegen es war, einen akzeptablen Mittelweg zwischen den beiden vorangegangenen Reformschritten zu finden. Unter der Überschrift „Strafbare Verletzungen der Amtspflicht, Korruption und verwandte strafbare Handlungen“ wurde der 22. Abschnitt des österreichischen Strafgesetzbuches (StGB)6 neu gefasst und einige Verschärfungen vor allem im öffentlichen Korruptionsstrafrecht vorgenommen. Im Zentrum dieser Reform standen der Amtsträgerbegriff, die Umschreibung des strafrechtlich nicht relevanten Vorteils und die Bestimmung rund um das sog. „Anfüttern“ von Amtsträgern. Darüber hinaus wurden auch die verbotene Intervention 3 BGBl I 2012/61 4 BGBl I 2007/109 5 BGBl I 2009/98 6 Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 106/2014 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 7 (§ 308 StGB) und die Bestechung im privaten Sektor in den Straftatbestandskatalog aufgenommen . Die Bestimmungen hinsichtlich der tätigen Reue wurden hingegen aufgehoben. 2.2. Unterschiede zwischen privatem und öffentlichem Korruptionsstrafrecht Das Korruptionsstrafrecht für den öffentlichen Bereich (§§ 304 bis 308 StGB) ist dadurch gekennzeichnet , dass es im Vergleich zum Korruptionsstrafrecht für den privaten Bereich (§ 309 StGB) mehr Delikte kennt und strengere Strafdrohungen vorsieht. Eine Abweichung besteht insbesondere darin, dass im privaten Sektor Pflichtwidrigkeit für die Strafbarkeit vorausgesetzt wird, während im öffentlichen Sektor zwischen pflichtwidriger und pflichtgemäßer Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts unterschieden wird. Der wesentlichste Unterschied bestand bis Ende 2012 jedoch darin, dass die Strafverfolgung im privaten Sektor ausschließlich über eine Privatklage des Verletzten oder einer hierfür berechtigten Person erfolgen konnte, und nur bei Verwirklichung der qualifizierten Form der Bestechung die Verfolgung von Amts wegen durch die Staatsanwaltschaft als Offizialdelikt möglich war. Dies bedeutete, dass im privaten Sektor bis zu einer Wertgrenze von 5.000,- Euro7 bzw. 3.000,-Euro8 das Verfolgungsrisiko gering war, wenn Vorteilsgeber und -empfänger zusammenspielten, während im öffentlichen Bereich jede kleinste Korruptionshandlung mit Strafe bedroht war. Erst durch das KorrStrÄG 2012 wurden die Korruptionstatbestände im privaten Bereich nunmehr generell zu Offizialdelikten. Im Gegensatz zum amtlichen Korruptionsstrafrecht werden aber weiterhin nur Rechtshandlungen vom Tatbestand des § 309 StGB erfasst9. 2.3. Korruptionsdelikte im öffentlichen Bereich 2.3.1. Der Begriff des Amtsträgers nach § 74 Abs. 1 Nr. 4a StGB als zentraler Anknüpfungspunkt der einzelnen Korruptionsstraftatbestände im öffentlichen Bereich Die Reichweite des Korruptionsstrafrechts für den öffentlichen Bereich wird in Österreich – ebenso wie in Deutschland – ganz wesentlich von dem in § 74 Abs. 1 Nr. 4a StGB definierten Begriff des „Amtsträgers“ geprägt, an den die einzelnen Korruptionstatbestände der §§ 304 bis 308 StGB anknüpfen. Mit dem KorrStrÄG 2012 wurde der Amtsträgerbegriff in den wesentlichen Grundzügen beibehalten, aber in jenen Punkten verschärft und erweitert, die bis Ende 2012 zu Lücken und nicht gerechtfertigten Differenzierungen geführt hatten. Insbesondere wurde neben den Gebietskörperschaften (Bund, Land, Gemeindeverband, Gemeinde) wieder grundsätzlich jede juristische Person des öffentlichen Rechts (ausgenommen Kirchen und Religionsgemeinschaften ) in die Definition des „Amtsträgers“ einbezogen. Amtsträger ist danach grundsätzlich jeder, der als Organ oder Dienstnehmer einer Person des öffentlichen Rechts Aufgaben der Gesetzgebung , Verwaltung oder Justiz wahrnimmt (§ 74 Abs. 1 Nr. 4a lit b. StGB) und darüber hinaus jeder, der – auch ohne Organ oder Dienstnehmer zu sein – im Namen einer solchen Körperschaft befugt ist, in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen (§ 74 Abs. 1 Nr. 4a lit. 7 StrÄG 2008, BGBl I 2007/109 8 KorrStrÄG 2009, BGBl I 2009/98 9 Grimm, Korruption im stationären Bereich – Gestaltungsmöglichkeiten im Spannungsfeld von Klinik, Forschung , Pharmasponsoring und Korruptionsstrafrecht, in: Pfeil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 87 (98) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 8 c. StGB). Damit ist die kaum erklärbare Differenzierung des KorrStrÄG 2009, wonach neben den Gebietskörperschaften nur die „Sozialversicherungsträger oder deren Hauptverband“ erfasst waren und damit alle anderen Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere alle Selbstverwaltungskörperschaften wie Ärztekammern oder Universitäten, ausgeklammert blieben, wieder bereinigt . Dies hat zur Folge, dass nicht nur Bedienstete der Sozialversicherungsträger und des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger sowie sämtliche Rechtsträger, die in der Form einer juristischen Person des öffentlichen Rechts konstituiert sind, unter den Amtsträgerbegriff fallen , sondern dass auch alle Ärzte an öffentlichen Universitäten und das Personal der Kärntner Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft10 einheitlich als Amtsträger anzusehen sind11. Mit dem KorrStrÄG 2012 wurde zugleich die Bestimmung des § 74 Abs. 1 Nr.4a lit. d. StGB modifiziert , sodass nunmehr wiederum alle Organe und Bediensteten eines „öffentlichen Unternehmens “ in den Begriff des „Amtsträgers“ einbezogen sind. Damit knüpft das KorrStrÄG 2012 inhaltlich an den Rechtszustand bis 2007 an. Amtsträger gemäß § 74 Abs. 1 Nr. 4a lit. d StGB neuer Fassung sind alle Personen, die als Organ oder Bediensteter eines Unternehmens tätig sind, an dem eine oder mehrere inländische oder ausländische Gebietskörperschaften unmittelbar oder mittelbar mit mindestens 50 Prozent des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt sind, das eine solche Gebietskörperschaft allein oder gemeinsam mit anderen solchen Gebietskörperschaften betreibt oder durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht, jedenfalls aber jedes Unternehmen, dessen Handeln der Überprüfung durch den Rechnungshof, dem Rechnungshof gleichartige Einrichtungen der Länder oder einer vergleichbaren internationalen oder ausländischen Kontrolleinrichtung unterliegt. Mit dieser Regelung wird unter anderem erreicht, dass wieder alle Ärzte sowie sonstigen Organe und Bediensteten eines von Bund, Land oder Gemeinde betriebenen Krankenhauses als „Amtsträger “ einzustufen sind, ohne dass es darauf ankommt, ob die Gebietskörperschaft das Krankenhaus unmittelbar führt (dann § 74 Abs. 1 Nr. 4a lit. b StGB) oder über eine zwischengeschaltete privatrechtliche Gesellschaft, zum Beispiel eine GmbH (dann § 74 Abs. 4a lit d StGB). Dass diese beiden Konstellationen nach dem KorrStrÄG 2009 unterschiedlich behandelt wurden, da bei Zwischenschaltung einer GmbH die Amtsträgereigenschaft entfiel, war mehrfach Gegenstand von Kritik12. Nach der gegenwärtigen Rechtslage ist wiederum allein entscheidend, ob die Gebietskörperschaft zu mindestens 50 Prozent am Krankenhaus beteiligt ist bzw. ob sonst eine Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofs oder einer gleichartigen Einrichtung besteht13. Damit gelten nunmehr für alle Ärzte eines Landes- oder Gemeindekrankenhauses wieder dieselben Regeln. 10 Kärntner Landeskrankenanstalten-Betriebsgesetz,LGBl 1993/44 11 Grimm, Korruption im staatlichen Bereich – Gestaltungsmöglichkeiten im Spannungsfeld von Klinik, Forschung , Pharmasponsoring und Korruptionsstrafrecht, in: Pfleil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 87 (104) 12 Vgl. insbesondere Reindl-Krauskopf, Korruptionsstrafrecht neu – ein Überblick, in: ecolex 2009 S. 732 (733) 13 Schmoller, Rechtlicher Rahmen von Korruption – neue Rechtslage ab 1.1.2013, in: Pfeil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 51 (61). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 9 Gleiches gilt für alle Mitarbeiter von Medizinischen Universitäten, die gemäß § 15 Abs. 6 Universitätsgesetz (UG) der Rechnungshofprüfung unterliegen und damit über mehrere Kategorien des § 74 Abs. 1 Nr. 4a StGB als Amtsträger fungieren. Die Mitarbeiter von Privatuniversitäten sind hingegen nur dann unter den Amtsträgerbegriff subsumierbar, wenn Rechtsträger eine juristische Person ist, die mittelbar oder unmittelbar von einer oder mehreren Gebietskörperschaften beherrscht wird oder der Rechnungshofprüfung unterliegt14. Weiterhin nicht vom Amtsträgerbegriff umfasst sind hingegen Mitarbeiter, die in privaten Krankenanstalten beschäftigt sind, die nicht in der Rechtsträgerschaft einer „staatsnahen“ juristischen Person stehen15. Vertragsärzte des Sozialversicherungsträgers bzw. von Krankenkassen sind demgegenüber nicht als Amtsträger im Sinne des § 74 Abs. 1 Nr. 4a StGB anzusehen. Im Anschluss an den Beschluss des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. März 201216 wird auch in Österreich ganz überwiegend die Auffassung vertreten, dass ein niedergelassener Vertragsarzt, der beispielsweise von einem Arzneimittelunternehmen Provisionen für die Verschreibung bestimmter Arzneimittel annimmt, insoweit weder hoheitlich handelt noch als Organ des Sozialversicherungsträgers öffentliche Aufgaben der Verwaltung wahrnimmt und deshalb nicht als Amtsträger im Sinne des § 74 Abs. 1 Nr. 4a lit b. oder c. StGB zu qualifizieren ist17. Er wird auch nicht als Organ oder Bediensteter eines öffentlichen Unternehmens im Sinne des § 74 Abs. 1 Nr. 4a lit d. StGB tätig18. Ein niedergelassener Vertragsarzt ist deshalb unabhängig davon, ob man den Sozialversicherungsträger als „Person des öffentlichen Rechts“ (§ 74 Abs. 1 Nr. 4a lit b. und c. StGB) oder als „öffentliches Unternehmen“ (§ 74 Abs. 1 Nr. 4a lit. d. StGB) versteht, kein „Amtsträger“. Nimmt er für die Verschreibung bestimmter Arzneimittel Provisionen an, begeht er zwar eine Verwaltungsübertretung nach §§ 55a, 84 Abs. 1 Nr. 20 Arzneimittelgesetz (AMG), nicht jedoch eine Korruptionsstraftat als Amtsträger. 14 Grimm, Korruption im stationären Bereich – Gestaltungsmöglichkeiten im Spannungsfeld von Klinik, Forschung , Pharmasponsoring und Korruptionsstrafrecht, in: Pfeil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 87 (105). 15 Grimm, Korruption im stationären Bereich – Gestaltungsmöglichkeiten im Spannungsfeld von Klinik, Forschung , Pharmasponsoring und Korruptionsstrafrecht, in: Pfleil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug Option im Gesundheitswesen , 2013, S. 87 (105) 16 GSSt 2/11 17 Schmoller, Rechtlicher Rahmen von Korruption – Neue Rechtslage ab 1.1.2013, in: Pfeil/Prantner (Hrsg.),Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 51 (60); Gruber/Keck/Labek, Sachfremde Einflüsse und Korruption aus Perspektive der Sozialversicherung, in: Pfeil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 117 (120): Eder-Rieder, Strafrechtliche und strafprozessuale Aspekte der neuen Korruptionsbestimmungen im österreichischen Strafrecht, in: Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik 2014, S. 71 (73), ebenso die Antwort des auf die entsprechende Anfrage der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages 18 Schmoller, Rechtlicher Rahmen von Korruption – Neue Rechtslage ab 1.1.2013, in: Pfleil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, 2013, S. 51 (61) in Fußnote 39 und S. 61 f Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 10 2.3.2. Bestechlichkeit und Bestechung (§§ 304, 307 StGB) Die zentralen Straftatbestände der Bestechlichkeit (§ 304 StGB) und der Bestechung (§ 307 StGB) betreffen die Vorteilsannahme bzw. -zuwendung für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts, somit einen besonders strafwürdigen Bereich der Korruption. Auf Seiten des Amtsträgers ist nicht nur die Annahme des Vorteils, sondern bereits das Fordern für sich oder einen Dritten sowie das Sich-Versprechen-Lassen, auf Seiten des Bestechenden nicht nur die Gewährung, sondern bereits das Anbieten oder Versprechen eines Vorteils strafbar, und zwar jeweils als vollendetes Delikt. Ohne Bedeutung ist für die §§ 304, 307 StGB, ob das pflichtwidrige Amtsgeschäft als solches bereits durchgeführt wurde. Die Wendung „für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts“ setzt lediglich voraus, dass die Tathandlung (Fordern, Annehmen, Sich-Versprechen-Lassen bzw Anbieten, Versprechen, Gewähren) unter Begleitumständen geschieht, die den Bezug zu einem konkreten pflichtwidrigen Amtsgeschäft deutlich werden lassen19. Da die Vorteilsannahme bzw. -zuwendung für ein pflichtwidriges Amtsgeschäft stets als uneingeschränkt strafwürdig angesehen wurde, hat sich während der Reformen der letzten Jahre an diesen beiden Straftatbeständen wenig geändert – abgesehen von Umformulierungen und einer deutlichen Anhebung des Strafrahmens auf eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bei Vorteilen von über 50.000,- Euro. 2.3.3. Vorteilsannahme und Vorteilszuwendung für die pflichtgemäße Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts (§§ 305, 307a StGB) Um die Annahme bzw. Zuwendung von Vorteilen für die pflichtgemäße Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts geht es bei den Straftatbeständen der „Vorteilsannahme“ (§ 305 StGB) sowie der „Vorteilszuwendung“(§ 307a StGB). Ein Amtsträger, der für die pflichtgemäße Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts für sich oder einen Dritten einen Vorteil fordert oder einen ungebührlichen Vorteil im Sinne des § 305 Abs. 4 StGB annimmt oder sich versprechen lässt, ist nach § 305 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen. Die gleiche Strafdrohung sieht das Gesetz für denjenigen vor, der einem Amtsträger für die pflichtgemäße Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts einen ungebührlichen Vorteil für ihn oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt (§ 307a StGB). Kein ungebührlicher und damit unzulässiger Vorteil liegt nach § 305 Abs. 4 Nr. 1 StGB zum einen dann vor, wenn die Annahme der Zuwendungen aufgrund einer Erlaubnisnorm gesetzlich zulässig ist oder Vorteile im Rahmen von Veranstaltungen gewährt werden, an deren Teilnahme ein amtlich oder sachlich gerechtfertigtes Interesse besteht. Nach den Gesetzesmaterialien20 ist die Annahme dann gerechtfertigt, wenn eine Vorschrift des Dienst- oder Organisationsrechts oder eine sonstige Rechtsvorschrift die Annahme von Zuwendungen erlaubt. Auch die Erfüllung von Repräsentationsverpflichtungen und in diesem Zusammenhang erfolgende Zuwendungen wie die Übernahme von Eintritts- und Teilnahmegebühren sowie Übernachtungs- und Verpflegungskosten sind durch § 305 Abs. 4 Nr. 1 StGB straffrei gestellt. Voraussetzung für die Zulässigkeit ist 19 Schmoller, Rechtlicher Rahmen von Korruption – Neue Rechtslage ab 1. 2013, in: Pfeil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 51 (63) 20 Siehe IA 1950/A BlgNR 24. GP 5 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 11 jedoch, dass die Veranstaltungsteilnahme in den dienstlichen bzw. geschäftlichen Aufgabenbereich des Amtsträgers fällt und nicht nur persönliche Vorteile nach sich zieht21. Durch die Bestimmung des § 305 Abs. 4 Nr. 2 StGB wird klargestellt, dass Zuwendungen, die der Förderung der Allgemeinheit und damit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützen, unproblematisch sind, soweit der Amtsträger auf deren Verwendung keinen bestimmenden Einfluss ausübt. Gemäß § 35 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) gilt dies insbesondere auch für die Förderung der Wissenschaft und Gesundheitspflege. Als Auffangtatbestand sieht § 305 Abs. 4 Nr. 3 StGB schließlich vor, dass – auch wenn es keine entsprechenden Erlaubnisnormen gibt – orts- oder landesübliche Aufmerksamkeiten geringen Werts gewährt werden dürfen, soweit die Tat nicht gewerbsmäßig begangen wird22. 2.3.4. Vorteilsannahme und Vorteilszuwendung zur Beeinflussung der Amtstätigkeit (§§ 306, 307b StGB) Neu konzipiert wurden durch das KorrStrÄG 2012 jene Straftatbestände, mit denen nunmehr erneut die bloße „Klimapflege“ gegenüber Amtsträgern unter Strafe gestellt wird. Die neuen Delikte der „Vorteilsannahme zur Beeinflussung“(§ 306 StGB) sowie der „Vorteilszuwendung zur Beeinflussung “(§ 307b StGB) verlangen keinen Bezug zu einem bestimmten (rechtmäßigen) Amtsgeschäft , sondern begnügen sich mit dem allgemeinen Vorsatz des Amtsträgers, „sich dadurch in seiner Tätigkeit als Amtsträger beeinflussen zu lassen“, bzw. des Zuwendenden, den Empfänger „dadurch in seiner Tätigkeit als Amtsträger zu beeinflussen“. Der auf die „Beeinflussung der Tätigkeit als Amtsträger“ gerichtete Vorsatz ist in Fällen der §§ 306 und 307b StGB mithin noch nicht auf ein bestimmtes Amtsgeschäft spezifiziert, zumal oft auch noch gar nicht absehbar ist, welche Amtsgeschäfte in Zukunft relevant werden23. Die Straftatbestände der §§ 306, 307b StGB sind dann ausgeschlossen, wenn eine Vorteilsannahme oder -zuwendung aus ganz anderen Gründen als der Beeinflussung der künftigen Amtstätigkeit stattfindet, etwa wenn eine (wechselseitige ) Einladung aus rein freundschaftlichen Gründen erfolgt oder wenn sonst nach der Situation vom Betreffenden gar nicht in Erwägung gezogen wird, dass die Zuwendung einen Einfluss auf die Amtsführung haben könnte. Die Strafdrohung ist jeweils dieselbe wie bei der Vorteilsannahme bzw. -zuwendung für ein pflichtgemäßes Amtsgeschäft nach den §§ 305,307a StGB. Während bei den Straftatbeständen der §§ 305 und 307a StGB, die auf den Bezug zu einem bestimmten Amtsgeschäft abstellen, das Amtsgeschäft gleichermaßen in der Vergangenheit wie in der Zukunft liegen kann, ist eine „Beeinflussung der Tätigkeit als Amtsträger“ stets nur für die Zukunft möglich. Wenn ein Vorteil erst nachträglich für ein bestimmtes Verhalten des Amtsträgers angenommen oder gegeben wird, ist deshalb die Strafbarkeit stets allein nach den §§ 305, 21 Grimm, Korruption im stationären Bereich – Gestaltungsmöglichkeiten im Spannungsfeld von Klinik, Forschung , Pharmasponsoring und Korruptionsstrafrecht, in: Pfeil/Prantner (Hrsg.), Wien 2013, S. 87 (95) 22 Näher zu den Regelungen in § 305 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 StGB und deren Bedeutung für die Korruption im Gesundheitswesen : Schmoller, Rechtlicher Rahmen von Korruption – Neue Rechtslage ab 1.1.2013, in: Pfleil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 52 (66 ff) 23 Schmoller, Rechtlicher Rahmen von Korruption – Neue Rechtslage ab 1.1.2013, in: Pfeil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 51 (65) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 12 307a zu beurteilen. Ein im Nachhinein gegebener Vorteil, der sich nicht auf ein bestimmtes Amtsgeschäft bezieht, sondern etwa als Abschluss für eine allgemein gute Zusammenarbeit gewährt wird und der somit auch nicht mit dem Vorsatz verbunden ist, die künftige Tätigkeit als Amtsträger beeinflussen, bleibt daher insgesamt straflos. Auch die §§ 306, 307b StGB sind auf „ungebührliche“ Vorteile im Sinne des § 305 Abs. 4 StGB beschränkt24. 2.3.5. Verbotene Intervention (§ 308 StGB) Die Bestimmung des § 308 StGB soll das Interventionsunwesen, das heißt Formen des gesetzwidrigen Lobbyismus bekämpfen25. Wer für sich oder einen Dritten dafür einen Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, dass er einen ungebührlichen Einfluss auf die Entscheidungsfindung eines Amtsträgers nehme, ist nach § 308 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer einem anderen dafür einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, dass dieser einen ungebührlichen Einfluss auf die Entscheidungsfindung eines Amtsträgers nehme (§ 308 Abs. 2 StGB). Eine Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung eines Amtsträgers ist nach § 308 Abs. 4 StGB dann ungebührlich, wenn sie auf die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts abzielt oder mit dem Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines ungebührlichen Vorteils im Sinne des § 305 Abs. 4 StGB für den Amtsträger oder für ihn an einen Dritten verbunden ist. Eine Bestrafung nach § 308 StGB wegen verbotener Intervention scheidet aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 308 Abs. 5 StGB aus, wenn die Tat nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist. 2.4. Korruptionsdelikte im privaten Bereich Vergleichsweise wenige inhaltliche Änderungen hat das KorrStRÄG 2012 für die Korruptionsdelikte im privaten Bereich gebracht. Eine wesentliche Auswirkung auf den Anwendungsbereich hat aber die bereits dargestellte26 Wiedereinbeziehung aller „öffentlichen Unternehmen“ in die Korruptionsdelikte des öffentlichen Sektors gemäß § 74 Abs. 1 Nr. 4a lit. d. StGB, da deren Organe und Bedienstete jetzt nicht mehr – wie noch nach dem KorrStrÄG 2009 – „bloß“ unter die Korruptionsdelikte des privaten Bereichs fallen, sondern als „Amtsträger“ unter das strengere Korruptionsstrafrecht des öffentlichen Sektors27. Als Korruptionsdelikte des privaten Bereichs werden insbesondere die Delikte der „Geschenkannahme und Bestechung von Bediensteten oder Beauftragten“ nach § 309 StGB und der „Geschenkannahme durch Machthaber“ gemäß § 153a StGB angesehen28. 24 Zu den Regelungen in § 305 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 StGB siehe näher oben zu dem Gliederungspunkt 2.3.3. 25 Eder/Rieder, Strafrechtliche und strafprozessuale Aspekte der neuen Korruptionsbestimmungen im österreichischen Strafrecht, in: Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik 2014, S. 71 (81) 26 Vgl. oben zu Gliederungspunkt 2.3.1. 27 Schmoller, Rechtlicher Rahmen von Korruption – Neue Rechtslage ab 1.1.2013, in: Pfeil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 51 (69). 28 Gruber/Keck/Labek, Sachfremde Einflüsse und Korruption aus Perspektive der Sozialversicherung, in: Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 117 (121). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 13 2.4.1. Geschenkannahme und Bestechung von Bediensteten oder Beauftragten (§ 309 StGB) Zentrales Korruptionsdelikt des privaten Bereichs ist die „Geschenkannahme und Bestechung von Bediensteten oder Beauftragten“ nach § 309 StGB. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist ein Bediensteter oder Beauftragter eines Unternehmens, der im geschäftlichen Verkehr für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung einer Rechtshandlung von einem anderen für sich oder einen Dritten einen Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer einem Bediensteten oder Beauftragten eines Unternehmens im geschäftlichen Verkehr für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung einer Rechtshandlung für ihn oder einen Dritten einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt (§ 309 Abs.2 StGB). Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte werden nach der im österreichischen Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung nicht von dem Korruptionstatbestand des § 309 StGB erfasst29. Aus denselben Gründen, aus denen ein Vertragsarzt nicht „Organ oder Dienstnehmer“ bzw. „Organ oder Bediensteter“ des Sozialversicherungsträgers (als Körperschaft des öffentlichen Rechts bzw. als öffentliches Unternehmen) sei und deshalb nicht als „Amtsträger“ im Sinne des § 74 Abs. 1 Nr. 4a lit b. c. oder d. StGB qualifiziert werden könne30, sei er auch nicht als „Bediensteter oder Beauftragter“ des Sozialversicherungsträgers im Sinne des § 309 StGB Sinn anzusehen. Der Begriff „Bediensteter oder Beauftragter“ bei einem privaten Unternehmen (§ 309 StGB) sei insofern nicht anders auszulegen als die Umschreibung „Organ oder Bediensteter“ bei öffentlichen Unternehmen (§ 74 Abs. 1 Nr. 4a lit d. StGB); vielmehr erscheine eine harmonisierende Auslegung sachgerecht. Der vom Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 20. März 2012 entschiedene Fall31, in dem ein niedergelassener Arzt von einem Arzneimittelunternehmen Prämien für die Verschreibung bestimmter Arzneimittel erhalten habe, unterfalle folglich nicht dem Korruptionsdelikt des § 309 StGB, und zwar selbst dann nicht, wenn die Verschreibung der Medikamente in manchen Fällen pflichtwidrig gewesen sein sollte32. 29 Schmoller, Rechtlicher Rahmen von Korruption – Neue Rechtslage ab 1.1.2013, in: Pfleil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 51 (71); ebenso die Antwort des auf eine entsprechende Anfrage der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages. Anderer Ansicht hingegen Höcher/Krauskopf, Zur strafrechtlichen Relevanz von Provisionszahlungen an Vertragsärzte: Korruption im Gesundheitssektor, in: RdM 2012 S. 164 (167 ff) zu der Vorläufervorschrift des § 168 c StGB; so auch Gruber/Keck/Labek, Sachfremde Einflüsse und Korruption aus Perspektive der Sozialversicherung, in: Pfeil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen , Wien 2013, S. 118 (121). 30 Vgl. hierzu näher oben zu dem Gliederungspunkt 2.3.1. am Ende 31 GSSt 2/11 32 Schmoller, Rechtlicher Rahmen von Korruption – Neue Rechtslage ab 1.1.2013, in: Pfeil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, 2013, S. 51 (71) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 14 2.4.2. Geschenkannahme durch Machthaber (§ 153a StGB) Die Annahme eines Geschenks für eine pflichtgemäße Handlung ist im privaten Bereich allein in dem Sonderfall des bereits im Jahre 1987 eingeführten § 153a StGB strafbar. Nach diesem Straftatbestand ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen, wer für die Ausübung der ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumten Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil angenommen hat und pflichtwidrig nicht abführt. Das Verbot der „Geschenkannahme durch Machthaber“ soll nach der Konzeption des Gesetzgebers als eine Art Auffangtatbestand Sachverhalte unter Strafe stellen, die den Tatbestand der Untreue (§ 153 StGB) nicht erfüllen , wohl aber rechtspolitisch im Sinne der Verwerflichkeit der Tat als strafwürdig zu erachten sind33. Vertragsärzte der Sozialversicherungsträger werden von manchen Autoren aufgrund ihrer vertraglichen Berechtigung beispielsweise Heilmittel auf Kosten der Sozialversicherung zu verschreiben , als Machthaber im Sinne des § 153a StGB angesehen34. 2.5. Außerstrafrechtliche Regelungen zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen Auch außerhalb des Strafrechts existieren in Österreich rechtliche Regelungen zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, die allerdings – anders als die allgemein formulierten und durchgängig geltenden Strafvorschriften – jeweils so abgefasst sind, dass sie nur für einzelne Berufsgruppen (Sozialversicherungs-Mitarbeiter, Beamte, Ärzte) oder Gebiete (Arzneimittel- und Medizinproduktebereich) gelten. 2.5.1. Dienstordnungen der österreichischen Sozialversicherung Die Dienstordnungen für Sozialversicherungsmitarbeiter (Verwaltungsangestellte, Pflegepersonal, Medizinisch Technische Dienste, Ärzte, Arbeitgeber) sehen Bestimmungen zur Vermeidung von Korruption im Gesundheitswesen vor. So darf kein diesen Bestimmungen unterliegender Mitarbeiter in Ausübung seines Dienstes Versicherte und Leistungsempfänger oder ihre Dienstgeber bevorzugen oder benachteiligen. Er darf für seine Dienstleistungen – mit Ausnahme von ortsund landesüblichen Aufmerksamkeiten – weder Geschenke annehmen, noch sich einen sonstigen Vorteil mittelbar oder unmittelbar zuwenden oder zusichern lassen35. 2.5.2. Beamten-Dienstrechtsgesetz und Vertragsbedienstetengesetz Ein ausdrückliches dienstrechtliches Geschenkannahmeverbot ist auch in § 59 Beamten-Dienstrechtsgesetz geregelt. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist es Beamten untersagt, im Hinblick auf ihre amtliche Stellung für sich oder einen Dritten ein Geschenk, einen anderen Vermögensvorteil oder einen sonstigen Vorteil zu fordern, anzunehmen oder sich versprechen zu lassen. Orts- oder 33 IA 2/A BlgNR 17. GP 19 34 So etwa Höcher/Krauskopf, Zur strafrechtlichen Relevanz von Provisionszahlungen an Vertragsärzte: Korruption im Gesundheitssektor, in: RdM 2012, S. 164 (166 f). 35 Gruber/Keck/Labek, Sachfremde Einflüsse und Korruption aus Perspektive der Sozialversicherung, in: Pfeil/Prantner (Hrsg.), Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, Wien 2013, S. 117 (122) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 15 landesübliche Aufmerksamkeiten von geringem Wert gelten nach § 59 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz nicht als Geschenke in diesem Sinne. Die Vorschrift des § 59 Beamten-Dienstrechtsgesetz gilt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Vertragsbedienstetengesetz auch für Vertragsbedienstete des Bundes. Ähnliche Bestimmungen finden sich in jenen Landesgesetzen, die das Dienstrecht der Landes- und Gemeindebeamten regeln. Verstöße gegen diese Vorschriften ziehen jeweils disziplinar - oder dienstrechtliche Konsequenzen nach sich. 2.5.3. Ärztegesetz Die Bestimmung des § 53 Abs. 2 Ärztegesetz regelt ein Provisionsverbot für Ärzte. Nach Satz 1 dieser Vorschrift darf ein Arzt keine Vergütungen für die Zuweisung von Kranken an ihn oder durch ihn sich oder einem anderen versprechen, geben, nehmen oder zusichern lassen. Rechtsgeschäfte , die gegen dieses Verbot verstoßen, sind nichtig (§ 53 Abs. 2 Satz 1 Ärztegesetz). Leistungen aus solchen Rechtsgeschäften können nach § 53 Abs. 2 Satz 3 Ärztegesetz zurückgefordert werden. 2.5.4. Arzneimittelgesetz Die Vorschrift des § 55a Arzneimittelgesetz (AMG) verbietet grundsätzlich die Gewährung sowie die Annahme von Prämien im Rahmen der Verkaufsförderung für Arzneimittel. Nach § 55a Abs. 1 AMG ist es im Rahmen der Verkaufsförderung für Arzneimittel bei den zur Verschreibung oder Abgabe berechtigten Person verboten, diesen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, es sei denn, diese sind von geringem Wert und für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang. Die Bestimmung des § 55a Abs. 2 AMG trifft nähere Aussagen über den zulässigen Repräsentationsaufwand bei Veranstaltungen zur Verkaufsförderung für Arzneimittel. Danach muss der Repräsentationsaufwand im Zusammenhang mit Veranstaltungen zur Verkaufsförderung immer streng auf deren Hauptzweck begrenzt sein und darf nicht anderen Personen als den zur Verschreibung oder zur Abgabe berechtigten Personen gelten. Die Vorschrift des § 55a Abs. 3 AMG regelt ergänzend, dass die Bestimmungen des § 55a Abs. 1 AMG der direkten oder indirekten Übernahme von angemessenen Reise- und Aufenthaltskosten und der Teilnahmegebühren bei ausschließlich berufsbezogenen wissenschaftlichen Veranstaltungen nicht entgegenstehen, wobei der Repräsentationsaufwand immer streng auf den wissenschaftlichen Hauptzweck der Veranstaltung begrenzt sein muss. Außerdem dürfen die Übernahme von Reise- und Aufenthaltskosten und der Teilnahmegebühren sowie der Repräsentationsaufwand nicht anderen Personen als den zur Verschreibung oder zur Abgabe berechtigten Personen gelten. Den zur Verschreibung oder zur Abgabe berechtigten Personen ist es nach § 55a Abs. 4 AMG untersagt, entgegen § 55 a Abs. 1 bis 3 AMG eine Prämie oder sonstige finanzielle oder materielle Vorteile zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 16 Verstöße gegen die in § 55a AMG geregelten Verbote stellen nach § 84 Abs. 1 Nr. 19 und 20 AMG sog. Verwaltungsübertretungen36 dar, die mit Geldstrafe bis zu 25.000 € und im Wiederholungsfalle mit Geldstrafe bis zu 50.000 € zu bestrafen sind. Die Bestimmung des § 55b AMG verbietet darüber hinaus bestimmte korruptive Praktiken bei der Gewährung und Annahme von Naturalrabatten. Nach § 55b Abs. 1 AMG ist die Gewährung, das Anbieten und das Versprechen von Naturalrabatten an zur Verschreibung oder Abgabe berechtigte Personen verboten, sofern es sich dabei um Arzneimittel handelt, die im vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger herausgegebenen Erstattungskodex enthalten sind. Auch das Fordern, das sich Versprechen lassen und das Annehmen von durch § 55b Abs. 1 AMG erfassten Naturalrabatten durch die zur Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen sind verboten (§ 55 b Abs. 2 AMG). Zuwiderhandlungen gegen diese Verbote sind gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 19 und 20a AMG ebenfalls als Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe bis zu 25.000 Euro, im Wiederholungsfalle mit Geldstrafe bis zu 50.000 €uro zu bestrafen. 2.5.5. Medizinproduktegesetz Die Vorschrift des § 108 Medizinproduktegesetz (MPG) regelt in ähnlicher Weise wie § 55a AMG, dass es im Rahmen der Verkaufsförderung für Medizinprodukte bei den Personen, denen im Rahmen der Verschreibung, Abgabe, Beschaffung für Einrichtungen des Gesundheitswesens, Errichtung , Inbetriebnahme oder Anwendung Aufgaben zukommen, verboten ist, diesen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, es sei denn, sie sind von geringem Wert und für die medizinische oder medizintechnische Praxis von Belang. Den Personen, denen im Zusammenhang mit der Verschreibung, Abgabe, Beschaffung für Einrichtungen des Gesundheitswesens, Errichtung, Inbetriebnahme oder Anwendung von Medizinprodukten Aufgaben zukommen, ist es untersagt, eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen. Wer gegen die in § 108 MPG geregelten Verbote verstößt, macht sich, sofern die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, nach § 111 Nr. 42, 43 oder 44 MPG einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 Euro, im Wiederholungsfalle mit Geldstrafe bis zu 50.000 €uro zu bestrafen. 2.5.6. Bundesvergabegesetz Abschließend ist im vorliegenden Zusammenhang noch auf das Bundesvergabegesetz hinzuweisen . Einer der Hauptzwecke dieses Gesetzes ist – neben der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter und des Transparenzgebots – der Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbs. Daraus folgend sind Bestechung, Preisabsprachen und die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung verboten. Um die Einhaltung dieser Grundsätze zu gewährleisten, stellt das Vergaberecht umfangreiche Rechtsschutzinstrumente zur Verfügung. Zuständige Rechtsschutzbehörde für die Sozialversicherung ist das Bundesvergabeamt. 36 Den sog. Verwaltungsübertretungen entsprechen in Deutschland die Ordnungswidrigkeiten. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 17 3. Die Rechtslage in der Schweiz 3.1. Überblick über die strafrechtlichen Regelungen zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen Eine spezielle rechtliche Regelung zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen findet sich in der Schweiz nur in Art. 33 des Bundesgesetzes über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG), der in Verbindung mit Art. 87 Abs. 1 Buchstabe b. HMG ein auf den Bereich der Arzneimittel beschränktes strafbewehrtes Verbot des Versprechens und Annehmens geldwerter Vorteile vorsieht37. Darüber hinaus kommen im öffentlichen Sektor die im Schweizerischen Strafgesetzbuch (StGB) geregelten Korruptionstatbestände der aktiven und passiven Bestechung (Art. 322ter und Art. 322quater) sowie der Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme (Art. 322quinquies und Art. 322sexies) zur Anwendung, wenn und soweit die auf der Nehmerseite dieser Delikte beteiligten Akteure im schweizerischen Gesundheitswesen – wie beispielsweise angestellte Ärzte eines öffentlichen Krankenhauses oder Bedienstete von Krankenversicherungsträgern – als „Amtsträger“ im Sinne dieser Bestimmungen, genauer als formelle oder funktionale Beamte nach Art. 110 Nr. 3 StGB qualifiziert werden können38. Unter welchen Voraussetzungen auch die Bestechung und das Sich-Bestechen-Lassen im privaten Bereich strafbar sind, ist demgegenüber nicht im StGB, sondern in Art. 4a und Art. 23 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt39. Im Gegensatz zu den Korruptionsdelikten nach den Art. 322ter bis Art. 322sexies StGB werden diese Straftaten nach derzeitiger Rechtslage allerdings nur auf Antrag, also nicht bereits von Amts wegen verfolgt. Zu der Frage, ob niedergelassene Vertragsärztinnen und Vertragsärzte als „Beauftragte“ im Sinne des Art. 4a Abs. 1 UWG unter diesen Korruptionstatbestand fallen, gibt es – soweit ersichtlich – bislang keine gerichtliche Praxis. 3.2. Die Korruptionstatbestände der Art. 322ter bis Art. 322sexies des Schweizerischen Strafgesetzbuches Die Tatbestände der Inlandskorruption sind in den Art. 322ter bis Art. 322sexies StGB geregelt40. Hierbei wird zwischen der aktiven und passiven Bestechung (Art. 322ter und Art. 322quater StGB) einerseits und der Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme (Art. 322quinquies und Art. 322sexies StGB) andererseits unterschieden. Um den Adressatenkreis dieser Regelungen näher zu bestimmen, ist vor allem der Begriff des „Amtsträgers“ maßgeblich, an den die einzelnen Korruptionstatbestände der Art. 322ter bis Art. 322sexies anknüpfen41. Eine nur scheinbare Erweiterung 37 Vgl. hierzu näher unten zu Gliederungspunkt 3.4. 38 Vgl. hierzu eingehend unten zu Gliederungspunkt 3.2. 39 Vgl. hierzu näher unten zu Gliederungspunkt 3.3. 40 Darüber hinaus kennt das Schweizerische Strafgesetzbuch in Art. 322septies den Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern, die für einen fremden Staat oder eine internationale Organisation tätig sind; eingehend zu dieser sog. Auslandsbestechung nach Art. 322septies StGB: Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht – Art. 322ter bis Art. 322octies, 2004, S. 391 ff 41 Vgl. hierzu nachfolgend zu den Gliederungspunkten 3.2.1.1. und 3.2.1.2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 18 erfährt der Anwendungsbereich dieser Korruptionsdelikte dadurch, dass Private, die öffentliche Aufgaben erfüllen, nach Art. 322octies StGB den Amtsträgern gleichgestellt sind42. 3.2.1. Der Adressatenkreis der einzelnen Korruptionstatbestände des Schweizerischen Strafgesetzbuches Bei dem Terminus „Amtsträger“ handelt es sich – anders als in Österreich – um einen Sammelbegriff , der im Schweizerischen Strafgesetzbuch – abgesehen von den im Korruptionsstrafrecht verwendeten Titelüberschriften (Art. 322ter StGB: Bestechung schweizerischer Amtsträger und Art. 322septies StGB: Bestechung fremder Amtsträger) und der durch Art. 322octies Nr. 3 StGB vorgenommenen Gleichstellung öffentliche Aufgaben erfüllender Privater mit Amtsträgern – nicht verwendet wird43. Nach der in den Art. 322ter bis Art. 322sexies StGB jeweils gleichlautend verwendeten Aufzählung fallen unter diesen Sammelbegriff des „Amtsträgers“ Mitglieder einer richterlichen oder anderen Behörde, Beamte, amtlich bestellte Sachverständige, Übersetzer oder Dolmetscher , Schiedsrichter und Angehörige der Armee. Als tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die strafrechtliche Würdigung korruptiver Verhaltensweisen im Gesundheitswesen kommen von diesem Adressatenkreis der einzelnen Korruptionsdelikte von vornherein nur „Beamte“ und „Mitglieder einer Behörde“ in Betracht. 3.2.1.1. Beamte im Sinne des Art. 110 Nr. 3 StGB als „Amtsträger“ Der Begriff des“ Beamten“ stammt grundsätzlich aus dem Verwaltungsrecht, besitzt im Strafrecht jedoch eine eigenständige Bedeutung. Er wird zwar in Art. 110 Nr. 3 des Schweizerischen Strafgesetzbuches für das gesamte Strafrecht definiert, die Auslegung muss indes für jeden Tatbestand , in dem er Anwendung findet, individuell erfolgen44. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 110 Nr. 3 StGB gelten als Beamte insbesondere „die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben “. Unerheblich ist damit, auf welcher Ebene im föderalistischen Aufbau der schweizerischen Eidgenossenschaft der Beamte anzusiedeln ist. Die Korruptionstatbestände der Art. 322ter bis Art. 322sexies StGB erfassen also Beamte des Bundes, der Kantone sowie der Gemeinden. Ebenfalls unerheblich ist, ob es sich um besoldete oder ehren-, haupt-, oder nebenamtliche Beamte handelt und ob die Position eine bloß vorübergehende oder provisorische ist45. Der Beamte im vorgenannten Sinne wird durch seine Funktion im Dienst der Öffentlichkeit charakterisiert; er 42 Vgl. hierzu nachfolgend zu dem Gliederungspunkt 3.2.1.3. 43 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S.308 f 44 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 310 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur in Fußnote 1354 45 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 310 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur in den Fußnoten 1355 bis 1357 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 19 nimmt grundsätzlich öffentliche Aufgaben wahr. Unerheblich ist dabei, ob diese hoheitlicher Natur sind46. Diese allgemeine Umschreibung vermag den Beamtenbegriff jedoch nicht in seiner gesamten Breite zu erfassen und muss daher in verschiedener Hinsicht ergänzt werden. Hierbei ist insbesondere zwischen Beamten im formellen und im funktionalen Sinne zu unterscheiden47. 3.2.1.1.1. Beamte im formellen Sinne Beamte im formellen Sinne sind grundsätzlich solche, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen. Ausschlaggebend ist ihre formelle Bindung zum Staatswesen, wobei es sich um gewählte oder öffentlich-rechtlich angestellte Personen handeln kann. Auf den eigentlichen Beamtenstatus kommt es nicht an. Keine Beamten im formellen Sinne sind dagegen die vom Gemeinwesen auf rein privatrechtlicher Basis Verpflichteten. Sie fallen allenfalls in die Kategorie der funktionalen Beamten48. Jeder entsprechend mit dem Gemeinwesen Verbundene ist als formeller Beamter im Sinne des Strafrechts zu betrachten, wenn er amtliche Funktionen ausübt. Dabei handelt es sich neben rein hoheitlichen um sämtliche Handlungen, die der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben dienen49. Ob und unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen auch die Ausübung privatrechtlicher Tätigkeiten der mit dem Gemeinwesen im Sinne des Art. 110 Nr. 3 StGB verbundenen Personen vom formellen Beamtenbegriff erfasst wird, ist im rechtswissenschaftlichen Schrifttum zum Teil streitig. Diesbezüglich wird zwischen privatwirtschaftlicher Staatstätigkeit oder fiskalischer Wettbewerbswirtschaft50, Teilen der Leistungsverwaltung51, Verwaltung des Finanzvermögens52 46 Josisch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 311 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur in den Fußnoten 1358 und 1359. 47 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 311 ff 48 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 311 mit Nachweisen aus der Literatur in den Fußnoten 1362 und 1363 49 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 311 f 50 Privatwirtschaftliche Staatstätigkeit oder fiskalische Wettbewerbswirtschaft ist durch die Teilnahme des Gemeinwesens am Wirtschaftsleben in Konkurrenz mit der privaten Wirtschaft gekennzeichnet. Das Gemeinwesen handelt dabei privatrechtlich; vgl. zu diesen Begriffen näher Häfelin/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 283 51 Dort, wo der Staat oder staatliche Anstalten für den Privaten wirtschaftliche Leistungen erbringen, bedienen sie sich zum Teil der Rechtsformen des Privatrechts; vgl. hierzu näher Häfelin/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht , Rn. 285 52 Das Finanzvermögen umfasst alle realisierbaren Aktiven des Gemeinwesens, d.h. diejenigen Vermögenswerte, die dem Gemeinwesen nur mittelbar durch ihren Vermögenswert dienen. Die Handlungen der Verwaltungsbehörden , die das Finanzvermögen betreffen, erfolgen in den Formen des Privatrechts; vgl. hierzu näher Häfelin /Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 281 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 20 und administrativer Hilfstätigkeit53 unterschieden54. Die beiden Letzteren werden ganz überwiegend als administrative Unterstützungstätigkeiten angesehen, die trotz der privatrechtlichen Natur des Geschäfts der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen, und werden deshalb auch in diesem Bereich unter den strafrechtlichen Beamtenbegriff im formellen Sinne subsumiert. Das Gleiche soll auch für die erwähnten Teile der Leistungsverwaltung gelten, sofern sie zumindest mittelbar öffentlichen Interessen dienen55. Ob und nach Maßgabe welcher Kriterien unter den strafrechtlichen Beamtenbegriff gemäß Art. 110 Nr. 3 StGB darüber hinaus auch die privatwirtschaftliche Staatstätigkeit bzw. die fiskalische Wettbewerbswirtschaft fallen, wird in der Literatur demgegenüber unterschiedlich beurteilt56. 3.2.1.1.2. Beamte im funktionalen Sinne Die Definition des Beamten in Art. 110 Nr. 3 StGB umfasst neben den formellen auch die sogenannten funktionalen Beamten. Bei den funktionalen Beamten handelt es sich um Personen, die keine Beamten im formellen Sinn darstellen, denen jedoch eine aus der Staatsgewalt abgeleitete Aufgabe öffentlich-rechtlicher Natur anvertraut ist. Keine Rolle spielt dabei die vertragliche Beziehung zwischen dem Amtsträger in diesem Sinne und der öffentlichen Hand. Der funktionale Beamte kann daher auch für einen privatrechtlichen Handlungsträger tätig sein, der vom Staat mit der Ausführung öffentlicher Aufgaben betraut worden ist57. Das zentrale Moment der funktionalen Beamteneigenschaft ist mithin die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, eine Voraussetzung , die beim funktionalen Beamten zwingend erfüllt sein muss. Die Frage, um welche Art öffentlicher Aufgaben es sich hierbei handeln muss, ist eine straf-, und keine verwaltungsrechtliche ; ihre Beantwortung hat deshalb im Hinblick auf das zu schützende Rechtsgut zu erfolgen58. Die Korruptionstatbestände dienen dem Schutz der Objektivität und Sachlichkeit amtlicher Tätigkeit . Als funktionale Beamte im Sinne der Art. 322ter ff StGB kommen daher nur diejenigen 53 Administrative Hilfstätigkeiten sind jene Tätigkeiten des Gemeinwesens, durch die es die zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben notwendigen Sachgüter und Leistungen beschafft. Zum Teil ist in diesem Zusammenhang auch von Bedarfsverwaltung die Rede. Sie ist privatrechtlicher Natur; vgl. hierzu näher Häfelin/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 279 54 Balmelli, Die Bestechungstatbestände des schweizerischen Strafgesetzbuches, 1996, S. 116 ff 55 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 312 56 Zu dem diesbezüglichen Streitstand vgl. eingehend Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 312 ff. 57 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 314 f mit weiteren Nachweisen aus der Literatur in den Fußnoten 1382 und 1383 58 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 315 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur in Fußnote 1385 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 21 Personen in Frage, die – ohne Beamte im formellen Sinn zu sein – amtliche Aufgaben wahrnehmen . Auch hier geht es nicht allein um hoheitliche Tätigkeiten, sondern generell um die Erfüllung des staatlichen Auftrags59. Wird ein Zweig der öffentlichen Verwaltung privatisiert, so verliert er als Tätigkeitsbereich seinen staatlichen Charakter. Die Aufgabe wird von einer öffentlichen, vom Staat auszuführenden, zu einer privaten, die grundsätzlich von jedermann entsprechend den privatwirtschaftlichen Regeln wahrgenommen werden kann. Diejenigen Privatpersonen, die sich der vormaligen Staatsaufgabe annehmen, handeln somit nicht anstelle des Staates, da dieser die Verantwortung für den gesamten Bereich nicht lediglich delegiert, sondern gänzlich abgegeben hat. Die privaten Akteure stellen folglich auch keine funktionalen Beamten im Sinne des Strafrechts dar60. 3.2.1.2. Mitglieder einer Behörde als „Amtsträger“ im Sinne der Art. 322ter ff StGB Zu dem Adressatenkreis der einzelnen Korruptionstatbestände der Art. 322ter bis Art. 322sexies StGB gehören – wie bereits erwähnt – neben den Beamten auch Mitglieder einer Behörde. Der Behördenbegriff wurde im Rahmen der Schaffung des Schweizerischen Strafgesetzbuches im Jahre 1914 in das Korruptionsstrafrecht aufgenommen, weil man der Auffassung war, dass die Behördenmitglieder nicht unter den Begriff des Beamten subsumiert werden könnten61. Tatsächlich charakterisieren sich in der Schweiz – anders als in Deutschland – die Behördenmitglieder im Unterschied zu den Beamten durch ihre Selbstständigkeit gegenüber dem Staat. Die behördliche Tätigkeit besteht dort in der unabhängigen, kollegialen Ausübung öffentlicher Aufgaben62. Zu den Behörden im Sinne dieser Terminologie gehören damit insbesondere die Parlamente auf den verschiedenen Ebenen sowie die Mitglieder des Bundesrates und der kantonalen Regierungen, aber auch die Exekutiven der Gemeinden. Die Abgrenzung zwischen Behördenmitgliedern und Beamten kann in der Praxis Schwierigkeiten bereiten. Für den Bereich der Korruptionstatbestände ist diese Unterscheidung jedoch ohne Bedeutung, da nach den Art. 322ter ff StGB nicht nur Beamte, sondern auch Mitglieder einer Behörde als „Amtsträger“ im Sinne dieser Bestimmungen angesehen werden. 3.2.1.3. Den „Amtsträgern“ gleichgestellte Private im Sinne des Art. 322octies Nr. 3 StGB Da funktionale Beamte – wie oben näher dargelegt63 – unter den in Art. 110 Nr. 3 StGB definierten Beamtenbegriff fallen, stellt sich die Frage, welche Bedeutung der Regelung in Art. 322octies 59 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 315 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur in Fußnote 1386 60 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 316 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur in Fußnote 1394 61 StGB Protokoll V 1914, S. 192 62 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 317 umfassenden Nachweisen aus Literatur Fußnote 1398 63 Vgl. hierzu oben zu Gliederungspunkt 3.2.1.1.2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 22 Nr. 3 StGB zukommt, der zufolge Private, die öffentliche Aufgaben erfüllen, Amtsträgern gleichgestellt sind. Diese Präzisierung zum Amtsträgerbegriff ist erst durch die nationalrätliche Kommission eingefügt worden, ohne dass deren Beweggründe explizit erwähnt worden wären. Die vorgeschlagene Änderung wurde vom Nationalrat kommentarlos übernommen64. In der rechtswissenschaftlichen Literatur besteht Einigkeit darüber, dass Art. 322octies Nr. 3 StGB zu keiner Erweiterung des Anwendungsbereichs der einzelnen Korruptionstatbestände der Art. 322ter bis Art. 322sexies StGB führt. Da es sich bei den funktionalen Beamten um Personen handelt, denen eine aus der Staatsgewalt abgeleitete Aufgabe öffentlich-rechtlicher Natur anvertraut ist, sie mithin öffentliche Aufgaben wahrnehmen, sind sie auch ohne den Hinweis in Art. 322octies Nr. 3 StGB unter den für das Korruptionsstrafrecht maßgeblichen Beamtenbegriff im Sinne des Art. 110 Nr. 3 StGB zu subsumieren. Die Bestimmung des Art. 322octies Nr. 3 StGB wird daher als überflüssig angesehen65. 3.2.1.4. Die Akteure im schweizerischen Gesundheitswesen als formelle oder funktionale Beamte im Sinne des Art. 110 Nr. 3 StGB Zusammenfassend ist festzustellen, dass die im StGB geregelten Korruptionstatbestände der aktiven und passiven Bestechung (Art. 322ter und Art. 322quater) sowie der Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme (Art. 322quinquies und Art. 322sexies) immer dann zur Anwendung kommen, wenn und soweit die auf der Nehmerseite beteiligten Akteure im schweizerischen Gesundheitswesen als formelle oder funktionale Beamte nach Art. 110 Nr.3 StGB angesehen werden können. Mit der Frage, welche dieser Akteure in den Anwendungsbereich der Korruptionsdelikte des StGB fallen, haben sich jedoch in der Schweiz – soweit erkennbar – bislang weder die Rechtsprechung noch die Literatur beschäftigt. Nach den vorstehenden Ausführungen wird man aber davon ausgehen können, dass zumindest alle angestellten Ärzte sowie sonstigen Organe und Bediensteten eines vom Bund, den Kantonen oder den Gemeinden betriebenen öffentlichen Krankenhauses und alle Ärzte an öffentlichen Universitäten als Beamte im Sinne des Art. 110 Nr. 3 StGB einzustufen sind. Gleiches gilt für die Bediensteten von Krankenversicherungsträgern. Vertragsärzte der Versicherungsträger der obligatorischen Krankenpflegeversicherung66 wird man demgegenüber nicht als formelle oder funktionale Beamte in diesem Sinne ansehen können. Im Anschluss an die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 29. März 201267 ist vielmehr davon auszugehen, dass ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung in der Schweiz zugelassener Arzt bei der Erfüllung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben weder hoheitlich handelt noch als Organ des Sozialversicherungsträgers 64 Verhandlung Nationalrat 1999, 2126 65 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 316 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur in Fußnote 1396 66 Die gesetzliche Krankenversicherung in der Schweiz beruht in ihrer heutigen Gestaltung auf dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) vom 18. März 1994. Es regelt die soziale Krankenversicherung als obligatorische Krankenpflegeversicherung und eine freiwillige Tagegeldversicherung (Art. 1a KVG). Zur obligatorischen Krankenversicherung in der Schweiz vgl. eingehend Tiemann, Gesundheitssysteme in Europa, 2006, S. 135 (138 ff) 67 GSSt 2/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 23 öffentliche Aufgaben der Verwaltung wahrnimmt und deshalb nicht als Beamter im Sinne des Art. 110 Nr. 3 StGB zu qualifizieren ist. Dies gilt erst recht für sonstige freiberuflich tätige Ärzte. 3.2.2. Aktive und passive Bestechung (Art. 322ter und Art. 322quater StGB) Die aktive Bestechung schweizerischer Amtsträger ist in Art. 322ter StGB geregelt. Nach dieser Bestimmung wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer einem Beamten oder einem Mitglied einer Behörde im Zusammenhang mit dessen amtlicher Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung zu dessen Gunsten oder zu Gunsten eines Dritten einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt. Wegen passiver Bestechung gemäß Art. 322quater StGB macht sich demgegenüber strafbar , wer als Beamter oder als Mitglied einer Behörde im Zusammenhang mit seiner amtlichen Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung für sich oder einen Dritten einen nicht gebührenden Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt . Auch die passive Bestechung wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Kern der Korruptionsbeziehung zwischen Extraneus68 und Amtsträger ist das Äquivalenzverhältnis 69. Es bezeichnet die rechtsgeschäftsähnliche Verbindung, die sogenannte Unrechtsvereinbarung , welche die aktive und passive Bestechung nach den Art. 322ter und Art. 322quater StGB gleichermaßen charakterisiert. Die Unrechtsvereinbarung braucht nicht abgeschlossen zu werden, damit ein Bestechungstatbestand erfüllt ist. Es reicht vielmehr aus, wenn einer der Beteiligten seinen Beitrag offeriert, mithin das Geschäft vorschlägt, was mit der Wendung „do ut des“70 zum Ausdruck gebracht wird. Ein Äquivalenzverhältnis besteht somit dann, wenn der Extraneus den tatbestandsmäßigen Vorteil für die amtliche Tätigkeit anbietet, verspricht oder gewährt bzw. der Amtsträger einen solchen für die amtliche Tätigkeit fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Dem Vorteil muss dabei immer eine bestimmte oder bestimmbare Handlung oder Unterlassung des Amtsträgers gegenüberstehen71. Die entsprechende Amtshandlung oder Unterlassung muss zudem pflichtwidrig sein oder sich als eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung darstellen72. 68 Im Strafrecht wird mit Extraneus ein Teilnehmer an einem Amtsdelikt bezeichnet, der selbst nicht Amtsträger ist. 69 Näher hierzu Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 352 f 70 Ich gebe, damit du gibst. Die einseitige Handlung reicht also aus, die Gegenleistung muss lediglich die Zielrichtung der Tat darstellen. 71 Zur Bestimmbarkeit der amtlichen Handlung oder Unterlassung vgl. eingehend Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 353 ff 72 Zu den Tatbestandsmerkmalen der Pflichtwidrigkeit und der Ermessensausübung vgl. eingehend Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 361 ff Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 24 3.2.3. Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme (Art. 322quinquies und Art. 322sexies StGB) Die Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme sind in Art. 322quinquies und Art. 322sexies StGB geregelt. Wer einem Beamten oder einem Mitglied einer Behörde im Hinblick auf die Amtsführung einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, wird wegen Vorteilsgewährung gemäß Art. 322quinquies StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft . Wegen Vorteilsannahme nach Art. 322sexies StGB macht sich dagegen strafbar, wer als Beamter oder als Mitglied einer Behörde im Hinblick auf die Amtsführung einen nicht gebührenden Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Auch für die Vorteilsannahme sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Die Tatbestände der Vorteilsgewährung und -annahme unterscheiden sich von den Bestechungsdelikten nach Art. 322ter und Art. 322quater StGB vor allem im Bereich der Gegenleistung des Amtsträgers. Während bei der aktiven und passiven Bestechung – wie dargelegt73 – der „nicht gebührende Vorteil“ jeweils auf eine konkrete amtliche Handlung oder Unterlassung gerichtet ist, genügt bei der Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme nach den Art. 322quinquies und Art. 322sexies StGB die Gewährung oder Annahme eines Vorteils „im Hinblick auf die Amtsführung “. Für die Strafbarkeit bedarf es deshalb keines bestimmten oder zumindest bestimmbaren Zusammenhangs zu einer konkreten Amtshandlung, ausreichend ist vielmehr, wenn ein bloß abstrakter Zusammenhang zur Amtstätigkeit besteht. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Vorteilszuwendung nicht in einem privaten Kontext erfolgt, der sie zu legitimieren vermag74. Die Art. 322quinquies und Art. 322sexies erfassen damit auch Sachverhalte, die als „Anfüttern“ oder „Klimapflege“ bezeichnet werden75. 3.2.4. Der Begriff des „nicht gebührenden Vorteils“ im Sinne der Art. 322ter ff StGB Die Korruptionstatbestände der Art. 322ter ff StGB sind allein auf Vorteile bezogen, die dem Amtsträger „nicht gebühren“. Nicht gebührend sind nach ganz vorherrschender Auffassung im Schrifttum Vorteilszuwendungen, auf die der Amtsträger keinen Rechtsanspruch hat76. Dies bedeutet umgekehrt, dass nur diejenigen Vorteile als gebührend zu betrachten sind, die auf einem klaren gesetzlichen Anspruch beruhen. Ist dies der Fall, so beispielsweise wenn der Extraneus eine tatsächlich bestehende Schuld begleicht, liegt kein tatbestandsmäßiger Vorteil vor. In Art. 322octies StGB wird außerdem festgehalten, dass dienstrechtlich erlaubte sowie geringfügige , sozial übliche Vorteile keine nicht gebührenden Vorteile im Sinne des Korruptionsstrafrechts darstellen. 73 Vgl. oben zu Gliederungspunkt 3.2.2. 74 Jositsch, Möglichkeiten und Grenzen der strafrechtlichen Korruptionsbekämpfung in der Schweiz in: ZStrR 2005, S. 241 (245) 75 Siehe dazu Jositsch, Der Tatbestand des Anfütterns im Korruptionsstrafrecht, in: ZStR 2000, S. 53 ff 76 Jositsch, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht, S. 333 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur in Fußnote 1510 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 25 3.3. Bestechung und Sich-Bestechen-Lassen im privaten Sektor nach Art. 4a und Art. 23 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb Die Bestechung und das Sich-Bestechen-Lassen im privaten Sektor sind – wie bereits erwähnt – nicht im Schweizerischen Strafgesetzbuch, sondern in Art. 4a und Art. 23 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt. Im Gegensatz zu den Korruptionsdelikten nach den Art. 322ter bis Art. 322sexies StGB wird die Privatbestechung nach derzeitiger Rechtslage 77 nicht von Amts wegen, sondern ausschließlich auf Antrag strafrechtlich verfolgt (Art. 23 UWG). Die systematische Einordnung des Straftatbestands der Privatbestechung in das UWG schafft eine Verknüpfung zwischen dieser Straftat und dem Begriff des unlauteren Wettbewerbs im Sinne des UWG. Gegenwärtig wird die Privatbestechung ausschließlich dann bestraft, wenn sie in den Geltungsbereich des UWG fällt78. Nach Art. 2 UWG gilt dieses Gesetz für jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst. Die Privatbestechung im Sinne des UWG verzerrt somit den Markt und verfälscht den Wettbewerb in unzulässiger Weise79. Nach der Rechtsprechung muss die Handlung objektiv geeignet sein, den Erfolg gewinnstrebiger Unternehmen im Kampf um Abnehmer zu verbessern oder zu mindern oder deren Marktanteile zu vergrößern oder zu verringern 80. Nach der Strafbestimmung des Art. 23 Abs. 1 UWG wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich unlauteren Wettbewerb nach Art. 4a UWG begeht, wobei das Bestechen Privater in Art. 4a Absatz 1 Buchstabe a. UWG und das Sich-Bestechen-Lassen als Privater in Art. 4a Abs. 1 Buchstabe b. UWG geregelt ist. Unlauter handelt gemäß Art. 4a Abs. 1 Buchstabe a. UWG, wer einem Arbeitnehmer, einem Gesellschafter, einem Beauftragten oder einer anderen Hilfsperson eines Dritten im privaten Sektor im Zusammenhang mit dessen dienstlicher oder geschäftlicher Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung zu dessen Gunsten oder zu Gunsten eines Dritten einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt. Nach Art. 4a Abs. 1 Buchstabe b. UWG handelt ebenfalls unlauter, wer als Arbeitnehmer, als Gesellschafter, als Beauftragter oder als andere Hilfsperson eines Dritten im privaten Sektor im Zusammenhang mit seiner dienstlichen oder geschäftlichen Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder 77 Nach der Botschaft des Schweizerischen Bundesrates über die Änderung des Strafgesetzbuches (Korruptionsstrafrecht ) vom 30. April 2014, S. 3591 (3597 ff) – abrufbar im Internet unter: http://www.admin.ch/opc/de/federal -gazette/2014/3591.pdf - soll die Bestechung im privaten Sektor zukünftig von Amts wegen verfolgt werden können. 78 Nach der Botschaft des Schweizerischen Bundesrates über die Änderung des Strafgesetzbuches (Korruptionsstrafrecht ) vom 30. April 2014, S. 3591 (3601 f) soll der Straftatbestand der Bestechung Privater zukünftig vom Begriff des unlauteren Wettbewerbs losgelöst und als eigener Straftatbestand in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden, da die systematische Einordnung dieses Straftatbestandes in die Gesetzgebung zum unlauteren Wettbewerb nicht überzeuge. 79 Botschaft des Schweizerischen Bundesrates über die Änderung des Strafgesetzbuchs (Korruptionsstrafrecht) vom 30. April 2014, S. 3591 (3601) 80 BGE 126 III 198, E. 2c, S. 202 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 26 Unterlassung für sich oder einen Dritten einen nicht gebührenden Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Keine nicht gebührenden Vorteile sind gemäß Art. 4a Abs. 2 UWG u. a. geringfügige, sozial übliche Vorteile. Strafantrag stellen kann, wer nach den Art. 9 und 10 UWG zur Zivilklage berechtigt ist. Das UWG verfolgt damit nicht denselben Ansatz wie das StGB, in dem das Klagerecht ausschließlich der geschädigten Person zusteht. Mit der Bestimmung des Art. 10 UWG wird es – über die in Art. 9 UWG genannten Geschädigten hinaus – auf Berufs- und Wirtschaftsverbände sowie Konsumentenschutzorganisationen ausgedehnt. Auch der Bund kann nach Art. 10 Abs. 3 UWG in bestimmten Fällen klagen, insbesondere zur Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken großen Ausmaßes . Auch wenn der Kreis der Klageberechtigten nach den Art. 9 und 10 UWG danach relativ weit gefasst ist, ist es nach Erkenntnissen des Schweizerischen Bundesrates in der Praxis bisher offenbar noch zu keiner Verurteilung gekommen, obwohl die Bestimmung schon vor acht Jahren in Kraft getreten ist81. Dass es bislang zu keiner Verurteilung gekommen sei, dürfe – so der Bundesrat – allerdings nicht so ausgelegt werden, dass es die Privatbestechung in der Schweiz nicht gebe. Mit der Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen niedergelassene Vertragsärztinnen und Vertragsärzte in der Schweiz als „Beauftragte“ der Versicherungsträger der obligatorischen Krankenpflegeversicherung im Sinne des Art. 4a Abs. 1 Buchstaben a. und b. UWG angesehen werden können und damit in den Anwendungsbereich dieser Korruptionsdelikte fallen, haben sich – soweit ersichtlich – bislang weder die Rechtsprechung noch die Literatur beschäftigt 82. Vieles spricht allerdings dafür, dass sich die vom Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 29. März 2012 für die bundesdeutsche Bestimmung des § 299 StGB entwickelten Grundsätze83, wonach niedergelassene Vertragsärztinnen und Vertragsärzte nicht als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne von § 299 StGB zu qualifizieren sind, in den wesentlichen Punkten auf die schweizerischen Korruptionstatbestände der Art. 4a Abs. 1 Buchstaben a. und b. UWG übertragen lassen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung in der Schweiz zugelassener Arzt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben nicht als „Beauftragter“ der Versicherungsträger der obligatorischen Krankenpflegeversicherung im Sinne des Art. 4a Abs. 1 Buchstaben a. und b. UWG handelt und deshalb nicht in den Anwendungsbereich dieser Korruptionstatbestände fällt. 81 Aufgrund der Einordnung der Straftat in das UWG gestalte sich – so der Schweizerische Bundesrat – eine genauere statistische Erhebung schwierig. Eine Umfrage des Bundesamtes für Justiz bei den kantonalen Staatsanwaltschaften im Sommer 2012 habe ergeben, dass keiner von ihnen ein Fall von Verurteilung wegen Bestechung Privater bekannt gewesen sei. Eine zusätzliche Umfrage im Februar 2014 bei denjenigen Staatsanwaltschaften, die anhängige Verfahren gemeldet hätten, habe ebenfalls keine Verurteilungen gezeitigt; vgl. die Botschaft des Schweizerischen Bundesrates über die Änderung des Strafgesetzbuchs (Korruptionsstrafrecht) vom 30. April 2014, S. 3591 (3597 mit Fußnote 22) 82 So die schriftliche Auskunft auf eine entsprechende Anfrage der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages; ebenso das Ergebnis einer eingehenden Recherche in den einschlägigen juristischen Datenbanken und im Internet . 83 GSSt 2/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 27 3.4. Das Verbot des Versprechens und Annehmens geldwerter Vorteile nach Art. 33 des Bundesgesetzes über Arzneimittel und Medizinprodukte Ein spezielles, auf den Arzneimittelbereich beschränktes und strafbewehrtes Verbot des Versprechens und Annehmens geldwerter Vorteile sieht Art. 33 in Verbindung mit Art. 87 Abs. 1 Buchstabe b. des Bundesgesetzes über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG) vor. Nach Art. 33 Abs. 1 HMG dürfen den Personen, die Arzneimittel verschreiben oder abgeben, und den Organisationen, die solche Personen beschäftigen, für die Verschreibung oder die Abgabe eines Arzneimittels geldwerte Vorteile weder gewährt noch angeboten noch versprochen werden. Personen, die Arzneimittel verschreiben oder abgeben, und Organisationen, die solche Personen beschäftigen, dürfen gemäß Art. 33 Abs. 2 HMG für die Verschreibung oder die Abgabe von Arzneimitteln auch keine geldwerten Vorteile fordern oder annehmen. Das grundsätzliche Verbot der Gewährung und Annahme von geldwerten Vorteilen wird in Art. 33 Absatz 3 HMG durch zwei Ausnahmebestimmungen eingeschränkt. Zulässig sind demnach geldwerte Vorteile von bescheidenem Wert, die für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Bedeutung sind (Art. 33 Abs. 3 Buchstabe a. HMG) sowie handelsübliche und betriebswirtschaftlich gerechtfertigte Rabatte, die sich direkt auf den Preis auswirken (Art. 33 Abs. 3 Buchstabe b. HMG). Das Vorteilsverbot nach Art. 33 HMG hat der schweizerische Gesetzgeber damit begründet, dass geldwerte Vorteile wie zum Beispiel Warenboni, Reisen, Einladungen, Geschenke oder Gratismuster Fachpersonen, die Arzneimittel verschreiben, abgeben oder anwenden, so beeinflussen könnten, dass sie zu viele Arzneimittel oder solche mit einem ungünstigen Kosten-Nutzen-Verhältnis einsetzten. Unter Umständen gefährde dieses Verhalten die Arzneimittelsicherheit, führe zu einer suboptimalen Versorgung mit Arzneimitteln und beeinträchtige die Gesundheit oder das Leben von Mensch und Tier. Gleichzeitig erhöhten sich die Kosten im Gesundheitswesen84. Wer vorsätzlich gegen das Verbot des Versprechens und Annehmens geldwerter Vorteile nach Art. 33 HMG verstößt, wird gemäß Art. 87 Abs. 1 Buchstabe b. HMG wegen einer sog. Übertretung 85 mit Haft oder mit Buße bis zu 50 000 Franken bestraft. Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Buße bis zu 100 000 Franken wird bestraft, wer in diesen Fällen gewerbsmäßig handelt. Wer fahrlässig handelt, wird mit Buße bis zu 10 000 Franken bestraft. 4. Literaturverzeichnis Balmelli, Marco, Die Bestechungstatbestände des Schweizerischen Strafgesetzbuches, Abhandlungen zum schweizerischen Recht, neue Folge, Heft 586, Basel/Bern 1996 Eder-Rieder, Maria, Strafrechtliche und strafprozessuale Aspekte der neuen Korruptionsbestimmungen im österreichischen Strafrecht, in: Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik 2014, S. 71 - 88 84 Botschaft des Schweizerischen Bundesrats zur Änderung des Heilmittelgesetzes vom 7. November 2012, S. 15 85 Übertretungen sind nach Art. 103 des Schweizerischen Strafgesetzbuches Taten, die mit Buße bedroht sind. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 014/15 Seite 28 Grimm, Markus, Korruption im stationären Bereich – Gestaltungsmöglichkeiten im Spannungsfeld von Klinik, Forschung, Pharmasponsoring und Korruptionsstrafrecht, in: Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, herausgegeben von Walter J. Pfeil und Michael Prantner, S. 87 – 115, Manzsche Verlags- Universitätsbuchhandlung, Wien 2013 Gruber, Veronika/Keck, Wolfgang/Labek, Anna, Sachfremde Einflüsse und Korruption aus Perspektive der Sozialversicherung, in: Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, herausgegeben von Walter J. Pfeil und Michael Prantner, S. 117 - 147, Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung , Wien 2013 Häfelin, Ulrich/Müller, Georg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Auflage, Zürich 2002 Höcher, Markus/Krauskopf, Beatrix, Zur strafrechtlichen Relevanz von Provisionszahlungen an Vertragsärzte: Korruption im Gesundheitssektor, in: Recht der Medizin (RdM), Zeitschrift, 2012, S. 164 – 171 Jositsch, Daniel, Der Tatbestand des Anfüttern im Korruptionsstrafrecht, in: Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht (ZStrR) 2000, S.53 ff Jositsch, Daniel, Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht – Art. 322ter bis Art. 322octies StGB, Schulthess Juristische Medien AG, Zürich/Basel/Genf 2004 Jositsch, Daniel, Möglichkeiten und Grenzen der strafrechtlichen Korruptionsbekämpfung in der Schweiz, in: Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht (ZStrR) 2005, S. 241 - 255 Reindl, /Krauskopf, Beatrix, Korruptionsstrafrecht neu – ein Überblick, in: ecolex, Zeitschrift, 2009, S. 732 ff Schmoller, Kurt, Rechtlicher Rahmen von Korruption – Neue Rechtslage ab 1.1.2013, in: Sozialbetrug und Korruption im Gesundheitswesen, herausgegeben von Walter J. Pfleil und Michael Prantner, S. 51 – 72, Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 2013 Tiemann, Susanne, Gesundheitssysteme in Europa – Experimentierfeld zwischen Staat und Markt: Frankreich, Niederlande, Schweiz, Schweden und Großbritannien – Analyse und Vergleich , herausgegeben von der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e. V. (GVG), Schriftenreihe der GVG Bd. 53, Köln 2006