Deutscher Bundestag Entzug der Approbation von Ärzt(inn)en und Apotheker(inne)n wegen Mitwirkung bei Doping Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © Deutscher Bundestag WD 9 – 3000/014/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000/014/12 Seite 2 Entzug der Approbation von Ärzt(inn)en und Apotheker(inne)n wegen Mitwirkung bei Doping Aktenzeichen: WD 9 – 3000/014/12 Abschluss der Arbeit: 10.02.2012 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000/014/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung 4 2. Rechtsgrundlagen und Voraussetzungen des Approbationswiderrufs 4 2.1. Ärzt(inn)e(n) 4 2.2. Apotheker(innen) 6 2.3. Widerrufsgrund Doping 6 3. Fallzahlen 8 4. Begründung in Einzelfällen 8 5. Literaturverzeichnis 10 6. Anlagenverzeichnis 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000/014/12 Seite 4 1. Zusammenfassung Der Entzug der Approbation von Ärztinnen und Ärzten sowie Apothekerinnen und Apothekern durch Widerruf ist sowohl bei aktiver als auch bei passiver Mitwirkung an Dopingpraktiken und sowohl im Spitzensport als auch im Breitensport grundsätzlich möglich. Allerdings scheinen die zuständigen Behörden von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch zu machen. Voraussetzung für das behördliche Eingreifen ist ein gravierender Verstoß gegen die Berufsordnung oder ein strafrechtlich relevantes Verhalten von einigem Ausmaß. Die Mitwirkung bei Doping wird oftmals nicht als gravierender Verstoß gegen die Berufsordnung gewertet. Die Rechtsprechung hat in allen öffentlich dokumentierten Fällen den Approbationsentzug wegen Dopings für gerechtfertigt gehalten . Die in der Praxis vorkommenden Entscheidungen sind aber stets Einzelfallentscheidungen und daher bis auf wenige Grundsätze nicht verallgemeinerbar. Bundesweite Fallzahlen sind nicht bekannt. 2. Rechtsgrundlagen und Voraussetzungen des Approbationswiderrufs Die einmal rechtmäßig erteilte Approbation wird durch den Widerruf mit Wirkung für die Zukunft entzogen, wenn Gründe eingetreten sind, die der Fortdauer der Approbation entgegenstehen .1 Da ein solcher Widerruf existenziell in Grundrechte - vor allem in die Berufsfreiheit - der betroffenen Person eingreift, gelten hierfür strenge Maßstäbe. Für die Approbationsbehörde ist der Approbationsentzug daher „ultima ratio“. Insbesondere ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, so dass der Widerruf das mildeste geeignete Mittel sein muss, um Gefahren von Einzelnen oder von der Allgemeinheit abzuwenden.2 2.1. Ärzt(inn)e(n) Der Widerruf der ärztlichen Approbation ist auf der Grundlage des § 5 Absatz 2 Bundesärzteordnung (BÄO)3 möglich. Die Vorschrift unterscheidet zwischen Widerrufsgründen, bei deren Vorliegen die Behörde die Approbation widerrufen muss (§ 5 Absatz 2 Satz 1) und solchen, bei denen der Widerruf im Ermessen der Behörde steht (§ 5 Absatz 2 Satz 2). Für die Mitwirkung bei Dopingpraktiken ist § 5 Absatz 2 Satz 1 BÄO einschlägig. Die Approbation ist danach zwingend zu widerrufen, „wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO weggefallen ist.“ Danach darf sich eine Ärztin oder ein Arzt nicht eines Verhaltens schuldig machen, aus dem sich ihre/seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs herleiten lässt. Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit sind unbestimmte Rechtsbegriffe und insoweit ausfüllungsbedürftig. Die Rechtsprechung hat in einer Vielzahl von Entscheidungen Konkretisierungen getroffen. Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit haben jeweils eine eigenständige Bedeutung und dementsprechend genügt für den Approbationsentzug das Vorliegen eines der beiden Merkmale. Zwischen beiden besteht zunächst ein Unterschied in zeitlicher Hinsicht. 1 Laufs, in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, § 8, Rn. 23, 28. 2 Laufs, a.a.O., Rn. 28; zur Verhältnismäßigkeit eines Approbationswiderrufs allgemein Braun/Gründel, MedR 2001, 396 (400). 3 Abrufbar unter http://www.gesetze-im-internet.de/b_o/index.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000/014/12 Seite 5 Während Unwürdigkeit einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Zeitraum betrifft, verlangt das Kriterium der Unzuverlässigkeit die Prognose, ob das zur Unzuverlässigkeit führende Verhalten auch in der Zukunft zu erwarten ist.4 "Unwürdigkeit" im Sinne der §§ 3, 5 BÄO liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die Ärztin/der Arzt durch ihr/sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufes unabdingbar nötig ist. Sie verlangt ein schwerwiegendes Fehlverhalten der Person, das bei Würdigung aller Umstände ihre weitere Berufsausübung als untragbar erscheinen lässt.5 Insbesondere Straftaten konkretisieren nach der Rechtsprechung den unbestimmten Rechtsbegriff der Unwürdigkeit. Entscheidend sind hierbei immer die Umstände des Einzelfalls wie beispielsweise die Art der Straftat, das Ausmaß der Schuld und der Zusammenhang mit der Tätigkeit des Arztberufs.6 Vor allem Verbrechenstatbestände7 oder eine große Anzahl strafrechtlicher Verfehlungen8 rechtfertigen den Approbationsentzug. Ist die Straftat ein vorsätzliches Körperverletzungs- oder Tötungsdelikt innerhalb einer ärztlichen Behandlung, liegt regelmäßig unwürdiges Verhalten vor, denn ärztliches Ethos verlangt Heilung und Linderung, nicht Verletzung und Tötung.9 Das Bekanntwerden des unwürdigen Verhaltens in der breiten Öffentlichkeit ist nicht erforderlich.10 Als „unzuverlässig“ gilt nach ständiger Rechtsprechung, wer aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft seinen Beruf als Ärztin/Arzt ordnungsgemäß ausüben wird. Es müssen also Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, die Ärztin /der Arzt werde die berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten nicht beachten.11 Bei der somit anzustellenden Prognose sind die gesamte Persönlichkeit und die Lebensumstände auf der Grundlage der Sachlage im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens zu würdi- 4 Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), NJW 1991, 1557. 5 Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.04.1998 -3 B 95/97-, juris; ausführlich zum Begriff Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, § 5 BÄO, Rn. 18 ff. 6 BVerwG, Beschluss vom 04.08.1993 -3 B 5/93-, juris. 7 Beispielhaft Beihilfe zum gemeinschaftlichen Handel mit Betäubungsmitteln: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (VGH), Beschluss vom 23.03.2011 -21 ZB 11.45-, juris. 8 Verurteilung wegen zehn vorsätzlich begangener Straftaten in einem Zeitraum von fünf Jahren: VGH Baden- Württemberg, NJW 1995, 804. 9 Braun/Gründel, MedR 2001, 396, 398 f. 10 Verwaltungsgericht (VG) München, Urteil vom 16.10.2007 -M 16 K 06.4847-, juris; Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, § 5 BÄO, Rn. 32; anderer Ansicht Braun/Gründel, MedR 2001, 396, 400. 11 Ständige Rechtsprechung(stRspr); zum Beispiel BVerwG, Beschluss vom 28.08.1995 -3 B 7.95-, juris; BVerwG, NJW 1998, 2756; wieder ausführlich Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, § 5 BÄO, Rn. 33 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000/014/12 Seite 6 gen.12 Unzuverlässigkeit wird von der Rechtsprechung insbesondere bei wiederholten Vergehen oder einem Verhalten bejaht, dass auf erhebliche Charakterschwächen schließen lässt.13 2.2. Apotheker(innen) Eine parallele Vorschrift zu § 5 Absatz 2 BÄO ist für den Widerruf der Approbation von Apotheker (innen) § 6 Absatz 2 Bundes-Apothekerordnung (BApO)14, wonach die Approbation zu widerrufen ist, „wenn nachträglich eine der Voraussetzungen nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 weggefallen ist.“ Auch hier wird darauf abgestellt, ob sich die Apothekerin oder der Apotheker eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Apothekerberufs ergibt. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gelten hier analog. 2.3. Widerrufsgrund Doping Die Mitwirkung bei Dopingpraktiken ist grundsätzlich eine Straftat und verstößt überdies gegen die Berufsordnung sowohl der Ärzt(inn)e(n) als auch der Apotheker(innen). Darin liegen regelmäßig Gründe für den Approbationswiderruf. Nach § 6a Absatz 1 Arzneimittelgesetz (AMG)15 ist es verboten, Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr zu bringen, zu verschreiben oder bei anderen anzuwenden.16 Die vorsätzliche Zuwiderhandlung ist nach § 95 Absatz 1 Nr. 2a AMG strafbewehrt. Das gilt auch für die versuchte (§ 95 Absatz 2 AMG) und die fahrlässige (§ 95 Absatz 4 AMG) Tatbegehung. Einen besonders schweren Fall (und nach dem Strafmaß bereits ein Verbrechen) begeht nach § 95 Absatz 3 Nr. 2 AMG, wer Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sport an Personen unter 18 Jahren abgibt oder bei diesen Personen anwendet oder wer gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat. Dabei umfasst der Straftatbestand nicht nur (Leistungs-)Sport, „sondern auch "Bodybuilding", ohne dass es darauf ankommt, ob die erstrebte Leistungssteigerung auf Aktivitäten im Wettkampf, im Training oder in der Freizeit gerichtet ist“.17 Doping kann bei Todesfällen außerdem als Tötungsdelikt und im Übrigen dann als Körperverletzungsdelikt nach dem StGB strafbar sein, wenn Ärzte Präparate an Personen ohne deren Wissen oder deren Zustimmung verabreichen oder wenn diese Einwilligung als sittenwidrig zu werten ist.18 Je nach Einzelfall ist die Mitwirkung bei Dopingpraktiken 12 stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.1995 -3 B 7.95-, juris; zuletzt BVerwG, Beschluss vom 27.10.2010 - 3 B 61/10-, juris. 13 9 Straftaten in einem Zeitraum von nur 8 Jahren (u.a. sexuelle Beleidigung einer Patientin, Bestellungsbetrug gegenüber Versandhäusern): VGH Mannheim, NJW 1987, 1502; krankhafte Spielleidenschaft eines Arztes: VGH Kassel, NJW 1986, 2390; mehrfacher Abrechnungsbetrug: BVerwG, NJW 1998, 2756. 14 Abrufbar unter http://www.gesetze-im-internet.de/bapo/index.html. 15 Abrufbar unter http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/. 16 Zu den einzelnen Tathandlungen, die je nachdem vor allem für den Arzt- oder den Apothekerberuf in Betracht kommen: Nickel, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, § 6a, Rn. 12 ff. 17 BGH, Beschluss vom 05.08.2009 -5 StR 248/09-, juris. 18 Hierzu Linck, MedR 1993, 55, 57 ff. mit weiteren Nachweisen (m.w.N.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000/014/12 Seite 7 als schwerwiegende Straftat zu werten. Trotz strafrechtlicher Verurteilung liegt es im Ermessen der Behörde, eine Approbation zu entziehen. Andersherum ist es für den Approbationsentzug nicht zwingend notwendig, dass die Handlungen strafrechtlich relevant geworden sind.19 Die Mitwirkung einer Ärztin/ eines Arztes bei Doping verstößt gegen die ärztliche Berufsordnung 20 und das ärztliche Berufsethos.21 Ein solches Verhalten erfordert eine berufsgerichtliche Ahndung22 und rechtfertigt grundsätzlich den Approbationsentzug.23 Die Aufgabe von Ärzt(inn)en ist es, das Leben zu erhalten und die Gesundheit zu schützen (§ 1 Absatz 2 MBO- Ärzte24); und zu den Berufspflichten gehört es, den Beruf nach dem Gewissen, den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit auszuüben (§ 2 Absatz 1 MBO-Ärzte). Gemäß § 7 Absatz 8 MBO-Ärzte dürfen die Berufsträger einer missbräuchlichen Verwendung ihrer Verschreibung keinen Vorschub leisten. Diese (neu gefasste) Vorschrift zielt nach Angaben der Bundesärztekammer zum Beispiel auf das Verordnen von Medikamenten zu Doping- oder Drogenersatzzwecken .25 Dem soll berufsrechtlich entgegengewirkt werden. Eine Ärztin/ ein Arzt handelt selbst dann berufswidrig, wenn sie/er Anabolika nicht zu Doping-Zwecken verschreibt26, denn mit der Abgabe von derartigen Arzneimitteln an gesunde Menschen geht immer eine Gesundheitsgefährdung oder -beeinträchtigung einher. Pflichten treffen sie/ihn auch im Verhältnis zu einer selbständig Doping betreibenden Person. Sie/Er muss diese den Berufspflichten entsprechend aufklären und ernsthaft warnen.27 Apotheker(innen) sind gemäß ihrer Berufsordnungen verpflichtet, die Gesundheit der Bevölkerung zu fördern und sicherzustellen.28 Sie müssen dem Vertrauen entsprechen, welches ihnen im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebracht wird.29 Die illegale Weitergabe von Arzneimitteln , die unter das Betäubungsmittelgesetz oder Doping-Verbotslisten fallen, verstößt gegen apo- 19 Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, § 5 BÄO, Rn. 52 m.w.N; vgl. auch Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland -Pfalz, Urteil vom 20.09.2005 -6 A 10556/05-, zitiert nach juris Rn. 33, 35. 20 Mestwerdt, Doping, S. 135; Linck, MedR 1993, 55, 56; Laufs, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, Kapitel 1, Rn. 31. 21 Nagel, Doping 1/2011, 15, 15 f. 22 Laufs, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, Kapitel 1, Rn. 31. 23 Linck, MedR 1993, 55, 56 und unten aufgeführte Gerichtsurteile. 24 Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (Stand 2011), abzurufen unter http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=1.100.1143. 25 Erläuterungen zu den Änderungen durch die Beschlüsse des 114. Deutschen Ärztetag in Kiel, zu § 7 Abs. 8, am Ende der MBO-Ärzte angefügt; abzurufen unter zuvor angegebenem Link. 26 Bezirksberufsgericht für Ärzte Stuttgart, MedR 2000, 105. 27 Laufs, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, Kapitel 1, Rn. 31. 28 Zum Beispiel Berufsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, Präambel. 29 Zum Beispiel Berufsordnung der Apothekerkammer Nordrhein, § 1 Abs.1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000/014/12 Seite 8 thekenrechtliche Verpflichtungen und erschüttert das Vertrauen in die Zuverlässigkeit eines Apothekers.30 Die für den Approbationsentzug erforderliche Unwürdigkeit bzw. Unzuverlässigkeit wird zumindest bei einem fortgesetzten berufswidrigen Verhalten wie der systematischen Unterstützung beim Doping zu bejahen sein.31 Zumeist liegt dann aber auch ein strafrechtlich relevantes Verhalten vor, dass den Widerruf der Approbation rechtfertigt. 3. Fallzahlen Statistisch erfasste Fallzahlen zum Approbationswiderruf von Ärzt(inn)en oder Apotheker(inne)n existieren nicht. Angefragt wurde beim Statistischen Bundesamt, der Bundesärztekammer (BÄK), bei der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), bei der Approbationsbehörde für Berlin und der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA). Da die zuständigen Behörden für den Widerruf von Approbationen auf Länderebene angesiedelt sind und sich in größeren Bundesländern auf mehrere Behörden verteilen32, ist eine bundesweite Statistik nicht bekannt. Hinzu kommt, dass Personen, deren Approbation widerrufen wurde, ihre Kammerzugehörigkeit verlieren . Damit werden sie von den Statistiken der Kammern nicht mehr umfasst. Schließlich sind nach Auskunft der Behörden solche Fälle derart selten, dass keine gesonderten Erhebungen vorgenommen werden. Auch die gesichtete Rechtsprechung lässt annehmen, dass es kaum Fälle gibt, in denen Ärzt(inn)en oder Apotheker(inne)n die Approbation wegen Dopings widerrufen wurde. 4. Begründung in Einzelfällen Der Approbationsentzug wegen Mitwirkung bei Doping ist durch die Rechtsprechung äußerst selten dokumentiert worden. - Das Verwaltungsgericht Berlin wies eine Klage gegen den Widerruf einer Apothekenbetriebserlaubnis wegen der wiederholten Abgabe von Hormonpräparaten, Beruhigungsmitteln und Mitteln zur Potenzsteigerung ab.33 Der Apotheker war strafgerichtlich wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in einer Apotheke im besonders schweren Fall und wegen unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in sechs Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport verurteilt worden. Ferner hatte das Strafgericht ein dreijähriges Berufsverbot als Apotheker 30 VG Berlin, Urteil vom 19.05.2010 -14 K 45.09-, juris. 31 Mestwerdt, Doping, S. 137. 32 Eine Liste der zuständigen Approbationsbehörden sind auf der Homepage der BÄK einzusehen unter http://baek.de/page.asp?his=1.101.172. 33 VG Berlin, Urteil vom 19.05.2010 -14 K 45.09-, juris. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000/014/12 Seite 9 ausgesprochen. Bereits die aktive Teilnahme am Anabolikahandel offenbare, so die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes, eine Verantwortungslosigkeit gegenüber apothekenrechtlichen Verpflichtungen, die das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Apothekers grundlegend und nachhaltig erschüttere. Allein dieses Verhalten rechtfertige „ohne Weiteres den Rückschluss“ [...] „auf seine Nichteignung als Apotheker“.34 - In einem bis zum Bundesverwaltungsgericht geführten Rechtsstreit ging es um den Widerruf der Approbation eines Arztes aufgrund verschiedener Straftaten, unter anderem der Verurteilung wegen Verschreibens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken in sechs Fällen.35 Die Vorinstanz bejahte sowohl die Unzuverlässigkeit als auch die Unwürdigkeit des Arztes.36 Das Bundesverwaltungsgericht beanstandete die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts nicht. Der Kläger habe seine Berufspflichten durch die offenbar gewordene mangelnde Gewissenhaftigkeit und Verantwortung bei der Medikation schwerwiegend verletzt. - Nach Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes ist die fortgesetzte Verschreibung von Anabolika zum Zwecke des Bodybuildings an nur einen einzigen Bodybuilder über einen längeren Zeitraum ausreichend dafür, die Unwürdigkeit einer Ärztin zu bejahen und deshalb die ärztliche Approbation zu widerrufen.37 Die Ärztin habe zumindest billigend in Kauf genommen, dass der ihr anvertraute Patient erheblich an seiner Gesundheit geschädigt werden kann. Weiterhin wird ihr zum Vorwurf gemacht, dass sie durch das nachgewiesene Verordnungsverhalten billigend in Kauf genommen habe, dass ein „grauer Markt“ für Anabolikahandel entsteht, wobei sie das ärztliche Privileg der Medikamentenverordnung grob missbraucht habe. Ein solches Verhalten führe neben der Gesundheitsgefährdung des Patienten zu einer Gefährdung der öffentlichen Arzneimittelsicherheit. - Das Verwaltungsgericht Koblenz wies die Klage eines Arztes gegen den Widerruf seiner Approbation zurück, der sich wegen Verschreibens größerer Mengen von Betäubungsmittel- Ersatzstoffen an drogenabhängige Personen in Kenntnis ihrer Abhängigkeit und zu einem späteren Zeitpunkt wegen Verschreibens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken strafbar gemacht hatte .38 Nach Rechtsauffassung des Gerichtes sei sowohl Unwürdigkeit als auch Unzuverlässigkeit gegeben. Der Kläger biete nach seiner offenbaren Gesamtpersönlichkeit keine ausreichende Gewähr für eine künftige ordnungsgemäße Berufsausübung. In allen dokumentierten Gerichtsentscheidungen war der Fall nicht nur einfach gelagert. Die einmalige Abgabe eines Dopingmittels an eine Einzelperson scheint somit keinen Approbationswiderruf zu rechtfertigen. Sobald Dopingmittel fortgesetzt oder in größerem Umfang verschrieben oder abgegeben werden, halten die Gerichte den Widerruf durch die Behörden aufrecht. Dabei 34 VG Berlin, a.a.O., zitiert nach juris Rn. 19 f. Nebenbei bemerkte das Gericht, dass im vorliegenden Fall selbst der Widerruf der Approbation verhältnismäßig gewesen wäre, vgl. a.a.O., Rn. 27. 35 BVerwG, Beschluss vom 09.11.2006 -3 B 7/06-, juris. 36 OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.09.2005 -6 A 10556/05-, juris. 37 OVG Saarlouis, Beschluss vom 29.10.2004 -1 Q 9/04-, juris = ArztR 2005, 162. 38 VG Koblenz, Urteil vom 19. 7. 2004 -3 K 2167/03.Ko-, beck-online. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000/014/12 Seite 10 muss es nicht erst zu schweren Folgen für die Patient(inn)en gekommen sein. Eine systematische Unterstützung beim Doping oder die fortgesetzte Teilnahme am Handel mit Dopingmitteln genügen . Obgleich die Rechtsprechung damit eine relativ niedrige Schwelle ansetzt, wenden die Behörden die „ultima ratio“ des Approbationsentzuges nur selten an.39 5. Literaturverzeichnis Braun, Christian / Gründel, Mirko, Approbationsentzug wegen Unwürdigkeit und Anspruch auf Wiedererteilung der Approbation, Medizinrecht (MedR) 2001, Heft 8, S. 396-401; abrufbar über: http://www.springerlink.com/content/f4nb3bqyeam8y87n/fulltext.pdf Ewers, Christian/ Parth, Christian/ Purschke, Thomas, „Ärzte ohne Grenzen“, STERN Nr. 27 / 25.06.2009, Zugriff über Genios Laufs, Adolf, in Laufs/Kern (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, 4. Auflage 2010; Zugriff über Beckonline : http://beckonline .beck.de/default.aspx?vpath=bibdata/komm/LauKeHdbArztR_4/cont/LauKeHdbArztR.htm Laufs, Adolf, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 6. Auflage 2009; Zugriff über Beck-online: http://beckonline .beck.de/default.aspx?vpath=bibdata/komm/LauKatLipHdbArztR_6/cont/LauKatLipHdbArztR.htm Linck, Joachim, Doping aus juristischer Sicht, Medizinrecht (MedR) 1993, Heft 2, S. 55-62 Mestwerdt, Thomas, Doping - Sittenwidrigkeit und staatliches Sanktionsbedürfnis?, Diss. 1997 Nagel, Sven, Arztethos und Dopingmissbrauch, Doping, Ausgabe 1/2011 S. 15-18, im Internet unter http://www.plattform-sportrecht.de/live/srz/aufsaetze/arztethos.php Nickel, Lars, Kommentierung zu § 6a AMG, in: Kügel/Müller/Hofmann (Hrsg.), Arzneimittelgesetz Kommentar, 1. Auflage 2012, Zugriff über Beck-online: http://beckonline .beck.de/?vpath=bibdata/komm/KueMueHofAMG_1/cont/KueMueHofAMG.htm Schelling, Philip, Kommentierung der BÄO, in: Spickhoff (Hrsg.), Medizinrecht, 1. Auflage 2011, Zugriff über Beck-online: http://beckonline .beck.de/Default.aspx?vpath=bibdata/komm/SpickhoffKoMedR_1/cont/SpickhoffKoMedR.htm 39 Vgl. zum Beispiel Presseartikel „Ärzte ohne Grenzen“, STERN Nr. 27 / 25.06.2009. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 – 3000/014/12 Seite 11 6. Anlagenverzeichnis Linck, Joachim, Doping aus juristischer Sicht, Medizinrecht (MedR) 1993, Heft 2, S. 55-62