Deutscher Bundestag Kosteninfrastruktur der Kindertagesbetreuung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2010 Deutscher Bundestag WD 09 – 3000-013/2010 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 2 Kosteninfrastruktur der Kindertagesbetreuung Ausarbeitung: WD 09 – 3000-013/2010 Abschluss der Arbeit: Datum: 24. Feb. 2010 Fachbereich: WD 09: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gesamtkosten der Kindertagesbetreuung 4 3. Ausgaben und Eingaben 5 4. Ausgaben für Einzel- und Gruppenhilfen 7 5. Ausgaben nach Bundesländern 7 6. Ausgaben nach Körperschaftsgruppen 8 7. Entwicklung der Ausgaben 9 7.1. Ausgaben in Ost- und Westdeutschland 10 7.2. Ausgaben für den Um- und Neubau von Kindertagesein- richtungen (Investitionskosten) 11 8. Die Rolle des Bundes bei der Finanzierung 12 8.1. Finanzierungshilfen durch den Bund 13 9. Quellen 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 4 1. Einleitung Bei den Ausgaben für die Kindertagesbetreuung handelt es sich hauptsächlich um die Ausgaben für Kinderkrippen, Kindergärten und Kinderhorte. Hinzu kommen die Ausgaben für Einzel- und Gruppenhilfen (u. a. Tagespflege), die aber nur einen kleinen Teil der Gesamtausgaben ausmachen . Die Ausgaben für Einzel- und Gruppenhilfen werden in den meisten Statistiken separat aufgeführt, d. h. sie sind in den Gesamtausgaben für die Kindertagesbetreuung in der Regel nicht enthalten. Für die Darstellung der öffentlichen Ausgaben für Tageseinrichtungen für Kinder stehen hauptsächlich zwei Datenquellen zur Verfügung: die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik und die Jahresrechnungsstatistik der kommunalen und staatlichen Haushalte (Finanzstatistik). In der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik werden die jährlichen öffentlichen Ausgaben und Einnahmen an den „Letztempfänger“ aufgeführt, so dass keine Unterscheidung der Finanzierungsanteile der Länder und der Kommunen erfolgen kann. Da die Angaben für die Kinder- und Jugendhilfestatistik vor dem Abschluss der Jahresrechnungsergebnisse gemeldet werden müssen, können nur vorläufige Zahlen aufgenommen werden. In der Jahresrechnungsstatistik (Finanzstatistik ) erfolgt eine getrennte Erfassung der Kostenanteile nach Ländern und Kommunen sowie die Darstellung der unterschiedlichen Ausgleichszahlungen zwischen den einzelnen staatlichen Ebenen . Insgesamt erweist sich die Darstellung der Kosten für die Kindertagesbetreuung als kein leichtes Thema, da in den Rechnungsergebnissen der kommunalen und staatlichen Haushalte nur die Ausgaben der öffentlichen Hand nachgewiesen werden. Nicht berücksichtigt sind dabei die Eigenanteile der freien Träger und ein Teil der Elternbeiträge (die Elternbeiträge, die direkt an die Träger der freien Jugendhilfe gezahlt werden). Über die Höhe dieser Elternbeiträge sowie über die Höhe der Eigenanteile der Träger der freien Jugendhilfe existiert kein exaktes Wissen. Um sich den ungefähren Dimensionen dieser Beträge anzunähern, hat das Deutsche Jugendinstitut (DJI) hierfür nach einem speziellen methodischen Verfahren (DJI 2007: 220f) Schätzungen vorgenommen und diese in ihre Berechungen miteinbezogen. 2. Gesamtkosten der Kindertagesbetreuung Nach den Berechnungen des DJI ergeben sich wahrscheinliche Gesamtkosten für Tageseinrichtungen für Kinder im Jahre 2006 in Höhe von 14.1 Mrd. Euro. Die reinen Ausgaben der öffentlichen Hand belaufen sich auf 11,1 Mrd. Euro; davon sind 4,4 Mrd. Euro (31,5%) Ausgaben der Länder und 6,7 Mrd. Euro (47,4%) der Gemeinden. Die Elternbeteiligung wird nach dieser Berechnung auf knapp 2 Mrd. Euro (ca. 14% der Gesamtkosten) und die Eigenmittel der freien Träger auf ca. 0,75 Mrd. Euro (ca. 5 %) geschätzt. Der privat finanzierte Anteil an den Gesamtkosten würde damit bei ca. 19 % liegen (DJI 2007: 222). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 5 Tabelle 1: Kosten der Kindertagesbetreuung (Tageseinrichtungen und Tagespflege) nach Kostenträgern einschließlich der Unterscheidung nach Landes- und Kommunalanteilen in Deutschland 2006 (Quelle: Deutsches Jugendinstitut 2007: 223) 3. Ausgaben und Eingaben Im Jahr 2008 haben Bund, Länder und Gemeinden nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes auf der Grundlage der Berechnungen der Kinder- und Jugendhilfe-Statistik1 insgesamt 24,6 Mrd. Euro für Kinder- und Jugendhilfe ausgegeben. Über die Hälfte der Gesamtausgaben (14,2 Milliarden Euro) wurden für die Einrichtungen der Kindertagesbetreuung wie Kinderkrippen, Kindergärten oder Horte und die Kindertagespflege ausgegeben. 1 D.h. die Elternbeiträge sind nur z. T. einbezogen und der Eigenanteil der freien Träger gar nicht, siehe Einleitung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 6 Tabelle 2: Ausgaben2 in 1000 Euro 2005 2006 2007 2008 Ausgaben insgesamt 11.542.452 11.638.762 13.091.747 14.227.842 Quelle: Statistisches Bundesamt 2005, 2006, 2007, 2008. Die Ausgaben für Kindertagesbetreuung sind im Zeitraum von 2005 bis 2008 deutlich gestiegen. Hier zeigt sich vermutlich der verstärkte Ausbau der Kindertagesbetreuung seit Inkrafttreten des Tagesbetreuungsausbaugesetzes 2005 (siehe auch 8.1). In den beiden folgenden Tabellen sind die Ausgaben und Einnahmen detaillierter aufgeschlüsselt . Sie fallen insgesamt niedriger aus als bei obiger Tabelle (2), weil der Bereich der Einzel- und Gruppenhilfen darin nicht enthalten ist (siehe Einleitung und Punkt 4.). Den Hauptanteil der Ausgaben bilden die laufenden Ausgaben (speziell Personalausgaben). Die Zuschüsse für Investitionen sind gering (Die Bundeszuschüsse im Jahr 2007 sind in diesen Berechnungen vermutlich noch nicht enthalten). Die Einnahmen, die hauptsächlich durch Elternbeiträge entstehen, decken nach dieser Berechnung etwa ein Zehntel der Gesamtausgaben ab. Tabelle 3: Ausgaben und Einnahmen im Einzelnen in 1000 Euro 2005 2006 2007 2008 Ausgaben insgesamt 11.055.518 10.383.084 11.865.854 12.821 356 öffentliche Träger 5.729.720 5.174.091 5.412.856 5.940.133 laufende Ausgaben 5.524.016 4.945.578 5.111.944 5.541.471 Personalausgaben 4.412.250 4.146.518 4.232.028 4.587.115 sonstige laufende Ausgaben 1.111.766 799.060 879.916 954.357 investive Ausgaben 205.704 228.513 300.913 398.662 freie Träger 5.325.799 5.208.993 6.453.028 6.881.223 laufende Zuschüsse 5.256.176 5.127.141 6.356.309 6.750.997 investive Zuschüsse 69.623 81.852 96.719 130.225 Einnahmen insgesamt 1.326.193 1.376.129 1.454.613 1.494.771 öffentliche Träger 1.254.205 1.320.855 1.380.748 1.433.472 Gebühren Entgelte 1.078.476 1.124.967 1.169.154 1.193.430 sonstige Einnahmen 175.729 195.888 211.593 240.043 Rückflüsse aus Zuschüssen für freie Träger 71.988 55.274 73.865 61.298 reine Ausgaben insgesamt 9.729.325 9.006.955 10.411.272 11.326.585 Quelle: Statistisches Bundesamt 2005, 2006, 2007, 2008. 2 Auch hier muss wieder berücksichtigt werden, dass die Ausgaben und Einnahmen insgesamt höher sind, da in den Berechnungen der Kinder- und Jungendhilfe-Statistik nur ein Teil der Elternbeiträge und der Eigenanteil der Freien Träger gar nicht berücksichtigt wurden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 7 4. Ausgaben für Einzel- und Gruppenhilfen Der Bereich Einzel- und Gruppenhilfen umfasst Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen, Unterstützung selbstorganisierter Förderung und die Tagespflege (Tagesmütter und –väter). Die Ausgaben für Einzel- und Gruppenhilfen haben sich seit 2005 mehr als verdoppelt. Auch hier zeigt sich der verstärkte Ausbau der Kindertagesbetreuung. Tabelle 4: Ausgaben für Einzel- und Gruppenhilfen in 1000 Euro Ausgaben 2005 2006 2007 2008 insgesamt 646.277 1.436.076 1.445.837 1.677.119 in Tageseinrichtungen 486.934 1.255.678 1.225.862 1.406.487 in Tagespflege 139.838 160.640 199.517 247.394 Unterstützung selbstorganisierter Förderung 19.506 19.758 20.458 23.238 Quelle: Statistisches Bundesamt 2005, 2006, 2007, 2008. 5. Ausgaben nach Bundesländern Die Entwicklung der Ausgaben verläuft in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich. In Westdeutschland ergeben sich Zuwachsraten bei der preisbereinigten Entwicklung zwischen 1997 und 2006 in einem Spektrum von praktisch konstanten Ausgaben in Bremen bis hin zu Ausgabensteigerungen von 35% in Baden-Württemberg. Somit zeigt sich, dass nach Abschluss der Ausbauphase zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz3 die Ausgabensteigerungen nur noch in einem deutlich geringeren Maße stattfinden. Die stärkeren Ausgabensteigerungen in einzelnen Ländern können einerseits auf die Deckung noch nicht erfüllter Betreuungsbedarfe im Kindergarten oder andererseits auf den weiteren Ausbau für Kinder im Alter von unter drei Jahren, die Beitragsfreiheit für das letzte Kindergartenjahr oder den Ausbau der Ganztagsangebote zurückgeführt werden. Für Ostdeutschland sind sehr uneinheitliche Entwicklungen zu konstatieren. Auf der einen Seite gibt es preisbereinigt Ausgabensteigerungen in Mecklenburg-Vorpommern von 16% und in Sachsen von 19% und auf der anderen Seite sind Ausgabenrückgänge von bis zu 29% in Brandenburg oder auch 26% in Sachsen-Anhalt zu verzeichnen . Die deutlichen Ausgabenrückgänge fallen aber durchweg in die Zeit vor dem Jahr 2000 und sind somit wahrscheinlich durch die Anpassung des Kindertageseinrichtungsangebotes an die demografischen Veränderungen zu erklären (DJI 2007: 231f). 3 Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab dem dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt gilt in Deutschland seit 1996 (§ 24 SGB VIII). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 8 Tabelle 5: Reine Ausgaben für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege in den Bundesländern 1997 bis 2006 (Anzahl in Mio. Euro; Veränderung in %; preisbereinigt) 1 Aufgrund der unvollständigen Angaben aus Bayern werden die Ergebnisse hier nicht ausgewiesen. 2 Bei den Einnahmen der öffentlichen Träger für eigene Einrichtungen der Kindertagesbetreuung sind die Einnahmen von Einrichtungen in freier Trägerschaft mit enthalten, da in NRW Elternbeiträge von den öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe mit vereinnahmt werden. Die schrittweise Korrektur in den Jahren 2005 und 2006 haben zu den geringeren Zahlen geführt, so dass diese Werte in Klammern gesetzt sind. 3 Für Rheinland-Pfalz sind 2006 Doppelmeldungen von Landesfördermitteln in Höhe von 202,8 Mio. EUR im Bereich der Kindertagesbetreuung bereinigt worden. Die Werte der Vorjahre sind deswegen nicht direkt vergleichbar und daher in Klammern gesetzt. 4 Aufgrund der allgemeinen Preisentwicklung ist von einer Preissteigerung zwischen 1997 und 2006 von 13% auszugehen; Gesamtindexfür Verbraucherpreise 1997 = 97,1; 2006 = 110,1. Quelle: Deutsches Jugendinstitut 2007: 231 6. Ausgaben nach Körperschaftsgruppen Kinder- und Jugendhilfe ist im Wesentlichen eine kommunale Aufgabe. Die dafür anfallenden öffentlichen Ausgaben teilen sich i. d. R. die Länder und Gemeinden. Die öffentlichen Haushalte gaben 2006 für Kindertageseinrichtungen 10,9 Mrd. Euro (2005: 10,8 Mrd. Euro) aus. Das waren 1,4 % mehr als im Vorjahr oder 56,9 % mehr als 1995. Eliminiert man die Unterschiede in der Veranschlagungspraxis (z. B. bei den Stadtstaaten), so ist die Ausgabensteigerung gegenüber 1995 mit 26,5 % deutlich niedriger. Auch 2007 wurden die öffentlichen Ausgaben für Kindertageseinrichtungen erhöht. Nach vorläufigen Ergebnissen stiegen die Ausgaben um 23,7 % bzw. 2,6 Mrd. Euro auf 13,5 Mrd. Euro. Der sprunghafte Anstieg ist temporär und erklärt sich durch die Sonderausgaben des Bundes im Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 9 Rahmen des Ausbaus der Kindertagesbetreuung bis zum Jahr 2013 (siehe auch Punkt 5.1) (Statistisches Bundesamt 2009: 42). Tabelle 6: Öffentliche Ausgaben für Kindertageseinrichtungen in Mrd. Euro4 Quelle: Statistisches Bundesamt (2009). Bildungsfinanzbericht: S. 43. Stand 2006. 7. Entwicklung der Ausgaben Die Entwicklung der öffentlichen Ausgaben für die Kindertagesbetreuung zwischen 1995 und 2006 wird in der Jahresrechnungsstatistik unvollständig nachgewiesen. So wird der Zeitvergleich durch Unterschiede in der Veranschlagungspraxis und durch die Revision der Haushaltssystematiken beeinträchtigt. Eliminiert man die Unterschiede in der Veranschlagungspraxis bei den Bundesländern, so sind in den meisten Bundesländern Ost im Vergleichszeitraum die öffentlichen Ausgaben für Tageseinrichtungen reduziert worden, während sie in den Bundesländern West generell gestiegen sind (ein Überblick der Ausgaben aller Bundesländer mit den Anteilen der Länder und Gemeinden von 1995 bis 2009, siehe Tabelle 9 im Anhang). In der DDR war die Versorgung mit Krippen-, Hort- und Kindergartenplätzen umfassend. Auf Grund des Geburtenrückgangs nach der Wende wurden die Kapazitäten an den Bedarf angepasst, 4 Der Ausgabenanstieg beim Bund 2007 entsteht durch Zuführung von 2,15 Mrd. Euro zum Sondervermögen „Kinderbetreuungsausbau“. In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Hamburg wurden die öffentlichen Ausgaben für Kindertageseinrichtungen 1995 und 2000 unter anderen Funktionen verbucht. Einschließlich dieser Zahlungen errechnen sich für 1995 insgesamt Grundmittel für Kindertageseinrichtungen in Höhe von 8,6 Mrd. Euro und für 2000 von 9,1 Mrd. Euro. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 10 wodurch eine Reduzierung der Ausgaben möglich war. Im früheren Bundesgebiet war und ist die Versorgung mit Plätzen und Tageseinrichtungen deutlich geringer. Um die neuen Ziele zu erreichen , mussten daher die Kapazitäten erweitert und die Ausgaben gesteigert werden. Ausgabensteigerungen im Bereich der Kindertagesbetreuung sind auch auf eine veränderte Schwerpunktsetzung bei den Aufgaben der Kindertageseinrichtungen zurückzuführen. Während in der Vergangenheit der Betreuungscharakter im Vordergrund stand, wird nun – ähnlich wie in den meisten anderen westlichen Ländern – die Bildungsaufgabe dieser Einrichtungen betont. Dies hat dazu geführt, dass seit 1996 jedes Kind ein Recht auf einen Kindergartenplatz hat und sich viele Bundesländer bemühen, die Gebühren für einen Kindergartenplatz zu reduzieren oder den Besuch des letzten Jahres vor Schuleintritt kostenfrei zu ermöglichen. Außerdem wird angestrebt , bis zum Jahr 2013 für 35 % der unter 3-jährigen Kinder einen Krippenplatz oder einen Platz in der Kindertagespflege anzubieten. Des Weiteren besteht ein Trend zur Vorverlegung des Eintrittsalters in Kindergarten und Schule und der Anteil der Kindergärten in privater Trägerschaft hat sich kontinuierlich erhöht. Außerdem wirken sich Veränderungen im Ganztagsschulangebot in den Ländern in spezifischer Form auf das Hortangebot aus (Statistisches Bundes 2009: 43). 7.1. Ausgaben in Ost- und Westdeutschland Für die Analyse der zeitlichen Entwicklung müssen die Ausgaben zwischen West- und Ostdeutschland getrennt betrachtet werden. Dies gilt umso mehr, als dass sich die teilweise gegenläufigen Entwicklungen in Ost- und Westdeutschland in der Summe mitunter aufheben. In Westdeutschland ergibt sich zwischen 1997 und 2006 eine prozentuale Steigerung der reinen Ausgaben von 26,2% (preisbereinigt 11.3%). In Ostdeutschland werden von der öffentlichen Hand im Jahre 1997 2,0 Mrd. Euro für die Kindertagesbetreuung ausgegeben. Bis zum Jahr 2000 sind die reinen Ausgaben noch leicht gesunken. Dieser Rückgang ist auf die letzten Auswirkungen des Geburteneinbruchs (1994) zurückzuführen. Seit 2000 steigen die Geburten wieder leicht. Zumindest sind in Ostdeutschland seit 2000 wieder jährliche Ausgabensteigerungen zwischen 2%und 4% zu beobachten. In der Summe ergibt sich somit in den letzten zehn Jahren ein leichter prozentualer Anstieg der Ausgaben um knapp 6%. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Preissteigerung jedoch bedeutet dies ein Ausgabenrückgang von fast 7% (DJI 2007: 228ff). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 11 Tabelle 7: Reine Ausgaben der öffentlichen Hand1 für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege in Deutschland, Ost- und Westdeutschland 1997 bis 2006 (Anzahl in EUR; Veränderung in %; preisbereinigt) Deutschland (mit Berlin)2 Ostdeutschland (ohne Berlin) Westdeutschland (ohne Berlin) Jahre In Euro 1997 8.792 2.027 5.958 1998 8.798 1.905 6.114 1999 8.831 1.882 6.184 2000 8.887 1.857 6.273 2001 9.254 1.881 6.589 2002 9.753 1.953 7.007 2003 10.051 1.988 7.246 2004 10.223 1.978 7.440 2005 10.376 2.063 7.530 2006 10.443 2.146 7.517 Veränderung zwischen 1997 und 2006 Absolut in Euro +1.651 +0,119 +1.559 in % (nominal) +18,8 +5,9 +26,2 in % (preisbedingt)3 +4,8 -6,6 +11,3 1 Haushaltsunterabschnitte 454 und 464/Funktionen 264 und 274 abzüglich der Einnahmen; diese Ergebnisse werden vom Statistischen Bundesamt als „reine Ausgaben“ ausgewiesen. 2 Die Ausgaben für Deutschland (mit Berlin) beinhalten die Aufwendungen der obersten Bundesjugendbehörde . 3 Aufgrund der allgemeinen Preisentwicklung ist von einer Preissteigerung zwischen 1997 und 2006 von 13% auszugehen; Gesamtindex für Verbraucherpreise 1997 = 97,1; 2006 = 110,1. (Quelle: Deutsches Jugendinstitut 2007: 229) 7.2. Ausgaben für den Um- und Neubau von Kindertageseinrichtungen (Investitionskosten) In den öffentlichen Ausgaben sind auch die Ausgaben für Investitionen, also Umbau- und Neubaumaßnahmen von Einrichtungen enthalten. Die Auswertung der zeitlichen Entwicklung der Ausgaben für Investitionen zwischen 1992 und 2006 für Deutschland zeigt eindeutig, dass die Investitionen kontinuierlich zurückgegangen sind: Betrugen diese in Zeiten der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz in Westdeutschland noch jährlich 1 Mrd. Euro, so sind die Investitionsausgaben mit 196 Mio. Euro im Jahre 2006 mehr als deutlich gesunken (vgl. Abb. 9.3). Insbesondere der weitere Rückgang zwischen 2004 und 2005 von 235 Mio. Euro auf 192 Mio. Euro war nicht zu erwarten, da im Jahre 2005 eigentlich die Ausbaubemühungen der Angebote für Kinder unter drei Jahren als Konsequenz des Tagesbetreuungsausbaugesetzes (TAG) hätte beginnen müssen. Würde man diese Werte preisbereinigt darstellen, würde der reale Wert erheblich höher als der hier dargestellte nominale Rückgang ausfallen. Offensichtlich wird also die Ausweitung des Angebotes insbesondere für Kinder im Alter von unter drei Jahren in der Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 12 Regel durch Unschichtungen der vorhandenen räumlichen und personellen Ressourcen bewerkstelligt . Die Investitionsausgaben in Ostdeutschland sind über die Jahre relativ konstant. Dokumentiert wird hierüber vermutlich der übliche Investitionsaufwand zur Erhaltung von Einrichtungen sowie zum Neubau von Einrichtungen, und zwar vor allem in neu erschlossenen Wohngebieten. Tabelle 8: Ausgaben der öffentlichen Haushalte für Investitionen für Kindertageseinrichtungen (Anzahl in Mio. Euro) Quelle: DJI 2007: 228 8. Die Rolle des Bundes bei der Finanzierung Nach Artikel 74 Nr. 7 des Grundgesetzes (GG) – Öffentliche Fürsorge" – liegt zwar die Gesetzgebungskompetenz beim Bund. Unter diesen, dem Bereich der sog. "konkurrierenden Gesetzgebung " zugeordneten Kompetenztitel fällt das gesamte Feld der Jugendhilfe und damit auch die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflege. Von dieser Regelungskompetenz hat der Bundesgesetzgeber in den §§ 22 ff. des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) Gebrauch gemacht. Er hat sich dabei allerdings auf Grundsatzregelungen beschränkt, und im Übrigen in § 26 Satz 1 KJHG bestimmt, dass das Nähere über Inhalt und Umfang dieser Aufgaben und Leistungen durch Landesrecht zu regeln ist. In Artikel 83 GG ist geregelt, dass die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit ausführen, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt. Da im Grundgesetz für die Jugendhilfe keine Ausnahme von dieser Regel geschaffen wurde, liegt die Ausführungskompetenz für Tageseinrichtungen für Kinder bei den Ländern. Die Finanzierungslast wiederum knüpft die Finanzverfassung des Grundgesetzes an die Ausführungskompetenz , nicht an die Gesetzgebungskompetenz (Artikel 104a GG). Dies hat zur Folge, dass die Finanzierung von Kindertagesstätten Aufgabe der Länder und Gemeinden und nicht des Bundes ist. Auch aufgrund der Föderalismusreform sind in dieser Hinsicht keine Änderungen eingetreten (Zahlenspiegel 2005: 15ff). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 13 8.1. Finanzierungshilfen durch den Bund Der Bund hat die Kommunen seit Inkrafttreten des Tagesbetreuungsausbaugesetzes (TAG) im Januar 2005 mit jährliche 1,5 Milliarden entlastet. Mit dem am 16. Dezember 2008 in Kraft getretenen Kinderförderungsgesetz (KiföG) wurde die Grundlage für den weiteren Ausbau der Kindertagesbetreuung geschaffen. Demnach soll bis zum Jahr 2013 bundesweit im Durchschnitt für jedes dritte Kind unter drei Jahren ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehen – rund ein Drittel der neuen Plätze sollen in der Kindertagespflege geschaffen werden. Im gleichen Jahr erhält jedes Kind mit Vollendung des ersten Lebensjahres einen Rechtsanspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in der Tagespflege. Mit diesen Maßnahmen soll Deutschland den Anschluss an die familienpolitisch erfolgreichen Länder in Nord- und Westeuropa schaffen. Die Finanzierung des Ausbaus ist in dem Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetz geregelt. Bund und Länder hatten sich im August 2007 darauf geeinigt, dass der Bund von den insgesamt 12 Milliarden Euro, die für den Ausbau benötigt werden, 4 Milliarden Euro trägt. Davon stehen bis zum Jahr 2013 insgesamt 2,15 Milliarden Euro für Investitionsmittel bereit. Die restlichen 1,85 Milliarden Euro des Bundes entlasten die Bundesländer bei der Finanzierung der Betriebskosten. Diese Änderung des Finanzausgleichgesetzes wird im KiföG geregelt und gilt bis 2013. Ab 2014 beteiligt sich der Bund dann dauerhaft mit jährlich 770 Millionen Euro an der Finanzierung der Betriebskosten. Diese Entlastung stellt aber keine direkte Finanzierung und damit keine direkte Übernahme von Ausgaben für die Tagesbetreuung dar (BMFSFJ 2008). 9. Quellen Bertelsmann Stiftung. Ländermonitor. Frühkindliche Bildungssysteme 2009. http://www.laendermonitor.de/#id=0 http://www.laendermonitor.de/#id=2_1_7 BMFSFJ (2008). Ausbau der Kindertagesbetreuung auf dem Weg. http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/kinder-und-jugend,did=113450.html BMBF (2004): Konzeptionelle Grundlagen für den Nationalen Bildungsbericht, Band 6. http://www.bmbf.de/pub/nonformale_und_informelle_bildung_kindes_u_jugendalter.pdf Deutsches Jugendinstitut (2005). Zahlenspiegel. Kindertagesbetreuung im Spiegel der Statistik. Deutsches Jugendinstitut (2007). Zahlenspiegel. Kindertagesbetreuung im Spiegel der Statistik. Land Brandenburg. Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBFJ). http://www.mbjs.brandenburg.de/sixcms/detail.php/lbm1.c.235427.de Statistisches Bundesamt (2008, 2009, 2010): Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe. Ausgaben und Einnahmen. Statistisches Bundesamt (2009). Bildungsfinanzbericht. http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2009/2009_12_09-Bifi.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 09 – 3000-013/2010 Seite 14 Anlage: Tabelle 9 Öffentliche Ausgaben für Kindertageseinrichtungen nach Ländern und Körperschaftsgruppen in 1 000 Euro Quelle: Statistisches Bundesamt (2009). Bildungsfinanzbericht: 108.