© 2016 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 011/16 Aktuelle integrationspolitische Maßnahmen im Gesundheitsbereich Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 011/16 Seite 2 Aktuelle integrationspolitische Maßnahmen im Gesundheitsbereich Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 011/16 Abschluss der Arbeit: 10. Februar 2016 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 011/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gesetzliche integrationspolitische Maßnahmen im Gesundheitsbereich ab Ende 2014 4 3. Maßnahmen im Bereich der Projektförderung sowie Fachtagungen im Gesundheitsbereich bezogen auf Migrantinnen und Migranten 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 011/16 Seite 4 1. Einleitung Eine wichtige Voraussetzung für die Integration von Migrantinnen und Migranten in die Gesellschaft ist die gesundheitliche Versorgung und damit der Zugang zu den gesundheitlichen Leistungen . Die integrationspolitischen Maßnahmen im gesundheitlichen Bereich sind den zweijährlich erscheinenden Berichten der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration zu entnehmen. Für den Zeitraum 2005 bis 2014 sind dabei der 7. bis 10. Bericht jeweils zum Gliederungspunkt Gesundheit einschlägig1. Im Folgenden werden zeitlich nachfolgende gesetzliche Maßnahmen, die der gesundheitlichen Integration von Migrantinnen und Migranten dienen, angeführt sowie aktuelle Projekte und Fachtagungen dargestellt. 2. Gesetzliche integrationspolitische Maßnahmen im Gesundheitsbereich ab Ende 2014 Zur Verbesserung der Durchimpfungsrate und damit auch zum Schutz der betroffenen Kinder ist mit dem Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 02.12.2014 2 das Sozialgesetzbuch V (SGB V) dahingehend ergänzt worden, dass die Krankenkassen die Impfstoffkosten bei Kindern und Jugendlichen aus Mitgliedstaaten der EU, deren Versicherteneigenschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung zum Zeitpunkt der Durchführung der Impfung noch nicht festgestellt ist, übernehmen (vgl. nunmehr nach weiteren gesetzlichen Änderungen § 20 i Abs. 3 S. 2 SGB V). Mit dem Präventionsgesetz vom 18.06.20153 werden auch Migrantinnen und Migranten in ihren täglichen Lebenswelten wie Schule, Kita, Stadtteil bzw. Gemeinde, Betrieb oder Pflegeeinrichtung besser mit Angeboten erreicht. Die Krankenkassen sind aufgefordert, in diesen Lebenswelten Leistungen der Gesundheitsförderung und der Prävention anzubieten. Risikofaktoren für die 1 Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration: 7. bis 10. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland, eingestellt auf: http://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/BPA/IB/7-auslaenderbericht.pdf?__blob=publication- File&v=10, https://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/BPA/IB/2010-11-03-8-Lagebericht.pdf?__blob=publication File&v=9, http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/IB/2012-06-27-neunter-lagebericht.pdf?__blob=publication File , http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/IB/2014-10-29-Lageberichtlang .pdf%3F__blob%3DpublicationFile%26v%3D3 (jeweils Stand 10. Februar 2016). 2 BGBl I Nr. 56, S. 1922 3 BGBl I Nr. 31, S. 1368 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 011/16 Seite 5 Entstehung von Krankheiten sollen so reduziert und gesundheitliche Ressourcen gestärkt werden . Mit der Änderung des § 264 Absatz 1 SGB V durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.20154, das in seinen wesentlichen Teilen am 24.10.2015 in Kraft getreten ist, sind die Krankenkassen nunmehr verpflichtet, die gesundheitliche Versorgung von Asylbegehrenden und anderen Flüchtlingen nach Aufforderung durch das Land und entsprechender Vereinbarung zu übernehmen. In dem Zusammenhang kann auch die elektronische Gesundheitskarte ausgegeben werden. Davon betroffen sind Berechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die sich noch nicht 15 Monate in Deutschland aufhalten, sowie Berechtigte, die nach 15 Monaten Aufenthalt diesen rechtsmissbräuchlich verursacht haben. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den auf Bundesebene zuständigen Behörden eine Rahmenvereinbarung zur Übernahme der Krankenversorgung schließt. Diese soll der einheitlichen Erbringung von gesundheitlichen Leistungen dienen. Eine solche Rahmenvereinbarung wird derzeit verhandelt. 3. Maßnahmen im Bereich der Projektförderung sowie Fachtagungen im Gesundheitsbereich bezogen auf Migrantinnen und Migranten Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) legte im Jahr 2009 ein Modellprogramm „trans- Ver“ - transkulturelle Versorgung von Suchtkranken auf, in dem durch die Unterstützung lokaler Projekte an 6 Standorten für eine Laufzeit von drei Jahren spezifisch zugeschnittene Angebote der Suchthilfe und – behandlung für Menschen mit Migrationshintergrund erprobt wurden. Das finanzielle Gesamtvolumen belief sich auf 2.232.197,90 €. Ziel des Programms war vor allem, Zugangsbarrieren abzubauen und zielgruppenspezifische Hilfen bereit zu stellen. Im November 2012 wurden die Erfahrungen dazu auf einer Fachkonferenz vorgestellt sowie Handlungsempfehlungen für die Regelversorgung abgeleitet5. Zu den Handlungsempfehlungen gehören der konkrete Abbau von Zugangsbarrieren wie Sprachbarrieren oder Unkenntnis des Hilfesystems, aber auch die Kooperation mit anderen Hilfesystemen. Die Einbindung von Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund soll ebenso Barrieren senken wie eine zielgruppenspezifische Außendarstellung . Eine konkrete Willkommenskultur z. B. durch umfassende Mehrsprachigkeit und lebensweltorientierte Angebotsstrukturen im öffentlichen Raum sollen den Zugang für Menschen mit Migrationshintergrund erhöhen. Seit 2013 unterstützt das BMG ein Projekt des Deutschen Olympischen Sportbundes6, Zugewandert und geblieben (ZuG) im Umfang von 575.000 €. Das Projekt läuft bis Juli 2016 und hat zum Ziel, ältere Migrantinnen und Migranten für bewegungsorientierte Aktivitäten in Sportvereinen 4 BGBl I Nr. 40, S. 1722 5 http://www.transver-sucht.de/; http://www.transver-sucht.de/fileadmin/transver/downloads/Handreichung _transVer.pdf (Stand: 10. Februar 2016). 6 BMG, eingestellt auf: http://www.bmg.bund.de/presse/pressemitteilungen/2013-03/bmg-foerdert-dosb-gesundheitsprojekt .html (Stand: 10. Februar 2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 011/16 Seite 6 zu gewinnen. Dabei entwickeln die Mitgliedsverbände und Vereine des Deutschen Olympischen Sportbundes zielgruppenspezifische Angebote und Maßnahmen. Seit 2003 führt das Robert-Koch-Institut (RKI) regelmäßig Studien zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen durch (KIGGS). Deren Ergebnisse liefern differenzierte Daten, die gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheit zur Folge haben. Bereits im Rahmen der ersten KIGGS wurde der Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund gesondert berücksichtigt7. Migrationsspezifische Beeinträchtigungen wurden vor allem im Hinblick auf Übergewicht, wie auch auf das Ernährungsverhalten insgesamt, chronische Erkrankungen und den Impfstatus festgestellt. Seit Beginn 2015 fördert das BMG mit einem Gesamtbetrag von 185.565 € die erneute Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in die bereits im September 2014 begonnene zweite Wiederholung der KIGGS Studie des Robert- Koch-Instituts zum Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen8. Im Mai 2015 wurde in Berlin zwischen dem BMG und dem Gesundheitsministerium der Türkei eine Fachtagung mit Expertinnen und Experten zur medizinischen und pflegerischen Versorgung türkischstämmiger Menschen in Deutschland und zur Zusammenarbeit staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen der Gesundheitswesen beider Länder abgehalten. Anlässlich dieses ersten Deutsch-Türkischen Gesundheitssymposiums wurde eine Gemeinsame Erklärung zur Vertiefung der deutsch-türkischen Kooperation im Gesundheitswesen unterzeichnet9. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung veröffentlicht Informationen zu Gesundheitsthemen in vielen Sprachen10. Seit Oktober 2015 wird ein neues Gesundheitsportal Migration, Flüchtlinge und Gesundheit11 aufgebaut. Dieses soll Informationsmaterialien zur medizinischen Versorgung von Asylbegehrenden und Flüchtlingen bündeln. Weiterhin unterstützt das BMG ein im September 2015 begonnenes Modellprogramm zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung, „ Interkulturelle BrückenbauberInnen in der Pflege“, das vom GKV-Spitzenverband gefördert wird. Dieses Modellvorhaben will neue Zugangswege zur Pflegeberatung ausprobieren, um Einwanderer verstärkt am bestehenden Hilfesystem zu beteiligen . Frauen und Männer unterschiedlicher Muttersprachen sollen zu Themen der Pflege ausführlich geschult werden, um danach vermittelnd – „Brücken bauend“ – zwischen den Pflegekräften 7 RKI, eingestellt auf: http://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBE- DownloadsB/KiGGS_migration.pdf?__blob=publicationFile (Stand: 10. Februar 2016). 8 RKI, eingestellt auf: http://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressemitteilungen/2015/04_2015.html (Stand: 10. Februar 2016). 9 BMG, eingestellt auf: http://www.bmg.bund.de/ministerium/meldungen/2015/deutsch-tuerkisches-symposium .html (Stand: 10. Februar 2016). 10 http://www.infodienst.bzga.de/?uid=d65798bab584de453d5742eebf3dda60&id=Seite3333 (Stand: 10. Februar 2016). 11 http://www.infodienst.bzga.de/?uid=d65798bab584de453d5742eebf3dda60&id=Seite3302 (Stand: 10. Februar 2016) (Stand: 10. Februar 2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 9 - 3000 - 011/16 Seite 7 sowie Einrichtungen der Pflege und den Pflegebedürftigen und deren Angehörigen mit Migrationshintergrund tätig zu werden12. Ende der Bearbeitung 12 GKV-Spitzenverband, eingestellt auf; https://www.gkv-spitzenverband.de/pflegeversicherung/forschung/modellprojekte /pflege_laufende_projekte_8/ibip.jsp (Stand: 10. Februar 2016).