WD 9 - 3000 - 010/19 (5. März 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) hat zum 31. Dezember 2013 die bisherige Krankenversichertenkarte abgelöst. Seit dem 1. Januar 2015 gilt nunmehr die eGK als Berechtigungsnachweis für die Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen. Die gesetzlichen Krankenkassen sind gemäß § 291 Absatz 1 Satz 1 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V)1 verpflichtet, jedem Versicherten eine eGK auszustellen. Privaten Krankenversicherern , der Postbeamtenkrankenkasse sowie der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten ist die Ausstellung einer eGK freigestellt. Der Verwendungszweck der eGK ist gesetzlich eng und abschließend begrenzt. Nach § 291 Absatz 1 Satz 2 SGB V dient sie dem Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sowie der Abrechnung mit den Leistungserbringern . Daneben hat die eGK gemäß § 291 Absatz 1 Satz 3 SGB V die Durchführung der Anwendungen nach § 291a Absätze 2 und 3 SGB V zu gewährleisten. Die eGK muss beispielsweise geeignet sein, die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von medizinischen Daten, soweit sie für die Notfallversorgung erforderlich sind, zu unterstützen, § 291a Absatz 3 Nummer 1 SGB V. Bei der eGK handelt es sich insbesondere nicht um ein Ausweisdokument wie der Personalausweis.2 Zur Verhinderung von Leistungsmissbrauch enthält die eGK als Mittel zur Identitätsprüfung die Angabe des Geschlechts und des Namens des Versicherten, dessen persönliche Unterschrift gemäß 1 Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2394) geändert worden ist. 2 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kathrin Vogler, Sabine Zimmerman (Zwickau), Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3016 –, Mögliche Datenschutzprobleme und technische Unsicherheiten bei der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte , Deutscher Bundestag Drucksache 18/3235 vom 18. November 2014, Seite 12, abrufbar unter: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/032/1803235.pdf. (Dieser und alle weiteren Links wurden zuletzt am 4. März 2019 aufgerufen.) Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Die elektronische Gesundheitskarte als Versicherungsnachweis Kurzinformation Die elektronische Gesundheitskarte als Versicherungsnachweis Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 § 291 Absatz 1 Satz 4 SGB V und grundsätzlich ein Lichtbild nach § 291 Absatz 2 Satz 4 SGB V. Bei der Herstellung der eGK erfolgt jedoch keine Identitätsprüfung, sondern diese wird erst anlässlich der Inanspruchnahme von vertragsärztlichen Leistungen im Rahmen der Feststellung des Mitgliedschaftsverhältnisses vorgenommen.3 Die genannten Mittel ermöglichen jedoch keine rechtlich verbindliche Feststellung der Identität.4 Die medizinischen Daten sind auf einem in die Karte eingelassenen Mikroprozessor gespeichert.5 Der Zugriff auf diese Daten ist auf die vertragsärztlichen Leistungserbringer und deren Personal beschränkt und darf nur erfolgen, soweit dies für die Versorgung des Versicherten im Einzelfall erforderlich ist. Die Authentifizierung der Leistungserbringer erfolgt mittels eines elektronischen Heilberufsausweise bzw. Berufsausweises, vgl. § 291a Absatz 5 Satz 5 SGB V. In Bezug auf das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Sozialdaten sind die Bestimmungen im Ersten Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I)6, Zehnten Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X)7 und SGB V zu beachten. Die sozialdatenschutzgesetzlichen Vorschriften haben gegenüber dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)8 – vgl. § 1 Absatz 2 Satz 1 BDSG – und den Landesdatenschutzgesetzen Vorrang9 und ergänzen die Regelungen der Verordnung 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (DSGVO)10. Dem Sozialdatenschutz der §§ 67 ff. SGB X unterfallen nur Daten, wenn die Erhebung, Verarbeitung sowie Nutzung durch die in § 35 Absatz 1 SGB I genannten Stellen im Hinblick auf ihre jeweilige Aufgaben nach dem einschlägigen Sozialgesetzbuch erfolgen.11 § 67b Absatz 1 SGB X regelt auf der Grundlage von Art. 6 Absatz 1 lit. c und e, Absatz 3 DSGVO, dass die Speicherung, Veränderung, Nutzung, Übermittlung, Einschränkung der Verarbeitung und Löschung von Sozialdaten nur zulässig ist, wenn dies die Bestimmungen der §§ 67b ff. SGB X oder andere Vorschriften des Sozialgesetzbuches erlauben oder anordnen. 3 Scholz, in: BeckOK SozR, 51. Ed. 1.12.2018, SGB V § 291 Rn. 3. 4 Michels, in: Becker/Kingreen, 6. Aufl. 2018, SGB V § 291 Rn. 5. 5 Scholz, in: BeckOK SozR, 51. Ed. 1.12.2018, SGB V § 291 Rn. 5. 6 Das Erste Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3214) geändert worden ist. 7 Das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130), das zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) geändert worden ist. 8 Bundesdatenschutzgesetz vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2097). 9 Greiner, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, 5. Aufl. 2017, SGB I § 35 Rn. 1. 10 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung). 11 Vgl. Bieresborn, in: v. Wulffen/Schütze, 8. Aufl. 2014, SGB X § 67 Rn. 11. Kurzinformation Die elektronische Gesundheitskarte als Versicherungsnachweis Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 Eine Verarbeitung von Sozialdaten ist zudem nach Art. 6 Absatz 1 lit. a DSGVO zulässig, wenn eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt.12 Grundsätzlich besteht für Vertragsärzte eine Behandlungspflicht gegenüber Kassenpatienten. Sie sind jedoch unter anderem dann zur Ablehnung der Behandlung gemäß § 13 Absatz 7 Satz 1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV)13 berechtigt, wenn der volljährige Versicherte keine eGK vorlegen kann. Anstelle der eGK kann im Einzelfall von der Krankenkasse ein Anspruchsnachweis ausgegeben werden, vgl. § 19 Absatz 2 BMV.14 Eine Ablehnung der Behandlung darf jedoch nicht bei akuter Behandlungsbedürftigkeit sowie bei der nicht persönlichen Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch den Versicherten erfolgen, § 13 Absatz 7 Satz 2 BMV. Dazu bestimmt auch § 15 Absatz 5 SGB V, dass in dringenden Fällen15 die eGK oder der Berechtigungsschein nachgereicht werden können. Liegen diese Ausnahmen nicht vor, obliegt es den Vertragsärzten, ob sie eine Behandlung dennoch vornehmen. Wurde der gesetzlich Versicherte ohne vorherige Vorlage der eGK behandelt, darf der behandelnde Arzt eine privatärztliche Vergütung fordern, wenn der Versicherte nicht innerhalb von zehn Tagen die eGK oder einen anderen Anspruchsnachweis nachträglich vorlegt, § 18 Absatz 8 Satz 3 Nummer 1 BMV. Eine entsprechend geleistete Vergütung ist aber dann zurückzuzahlen, wenn dem Vertragsarzt bis zum Quartalsende die eGK bzw. ein entsprechender Anspruchsnachweis vorgelegt wird, § 18 Absatz 9 BMV. *** 12 Vgl. Westphal, in: BeckOK SozR, 51. Ed. 1.12.2018, SGB X § 67b Rn. 6, 7. 13 Bundesmantelvertrag – Ärzte vom 1. Januar 2019, Vertragsdatum: 21. August 2013, Fassung vom 10. Dezember 2018. 14 Die Techniker Krankenkasse gibt beispielsweise auf ihrer Webseite an, dass sie einen sofort benötigten Anspruchsnachweis auch direkt in die Arztpraxis per Fax zusendet: https://www.tk.de/techniker/service/leistungen -und-mitgliedschaft/mitgliederservice/bescheinigung-anfordern/bescheinigung-arzt-2012336. 15 Zum Merkmal „dringend“: vgl. Lang, in: Becker/Kingreen, 6. Aufl. 2018, SGB V § 15 Rn. 21.