© 2016 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 010/16 Kinderfreundliche Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst in Frankreich Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 010/16 Seite 2 Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundes-tages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Kinderfreundliche Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst in Frankreich Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 010/16 Abschluss der Arbeit: 26. Februar 2016 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 010/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gesetzliche Regelungen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betreffen 4 3. Weitere Maßnahmen in Frankreich, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betreffen 6 4. Zur Untersuchung von Joseph Lanfranchi und Mathieu Narcy 7 4.1. Familienfreundliche Maßnahmen im öffentlichen Dienst 7 4.2. Monetäre Nebenleistungen in der Privatwirtschaft sowie größerer Lohnvorteil für Frauen im öffentlichen Dienst 8 4.3. Intrinsische Motivation 8 5. Zur Untersuchung von Chloé Duvivier und Mathieu Narcy 8 5.1. Keine Gehaltsdifferenz bei Frauen mit einem Kind 9 5.2. Gehaltsdifferenz bei Frauen mit mehreren Kindern im Verhältnis öffentlicher Dienst und Privatwirtschaft 9 5.3. Längere und häufigere Unterbrechungen in der Privatwirtschaft 9 6. Zur aktuellen Diskussion über den „Supplément familial de traitement“ 10 7. Weitere Veröffentlichungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Frankreich und Deutschland 11 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 010/16 Seite 4 1. Einleitung Frauen sind im öffentlichen Dienst Frankreichs wesentlich stärker vertreten als Männer. Im Jahr 2011 waren rund 61 % der im öffentlichen Dienst Frankreichs Beschäftigten Frauen; im Vergleich dazu waren 44 % der in der Privatwirtschaft Tätigen Frauen1. Zum Vergleich: In Deutschland lag der Anteil an Frauen im öffentlichen Dienst 2011 bei 54,2 %2; 2010 lag der Anteil an Frauen im öffentlichen Dienst bei 56 %, während er in der Privatwirtschaft bei 44 % lag3. Die deutliche Überrepräsentanz von Frauen im öffentlichen Dienst in Frankreich wirft die Frage nach den Gründen auf, auf die hier nachfolgend näher eingegangen wird: Zum einen hat Frankreich gesetzliche Regelungen erlassen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im öffentlichen Dienst betreffen. Darüber hinaus hat die Regierung weitere Maßnahmen getroffen sowie diesbezügliche Untersuchungen initiiert. Die Gründe für die deutliche Überrepräsentanz von Frauen im öffentlichen Dienst in Frankreich wurden vor allem in zwei Untersuchungen näher analysiert, die im Folgenden genauer erörtert werden. Aktuell diskutiert wird in Frankreich, ob eine der Zuwendungen an die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, der „supplément familial de traitement“ (SFT) weiterhin bestehen bleiben soll. Zur allgemeinen Thematik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Ländervergleich – Deutschland und Frankreich – wird abschließend auf weitere Veröffentlichungen verwiesen. 2. Gesetzliche Regelungen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betreffen Der Mutterschaftsurlaub für beschäftigte Frauen im öffentlichen Dienst Frankreichs steigert sich ab der Geburt eines dritten Kindes deutlich von sechs auf acht Wochen vor bzw. zehn auf 18 Wochen nach der Geburt. Der Vaterschaftsurlaub beträgt im Regelfall elf Tage innerhalb der ersten vier Monate nach der Geburt eines Kindes. Zu den gesetzlichen Regelungen jeweils Loi n°84-16 1 Französischer Bericht “Gleichstellung im öffentlichen Sektor”, S. 19, eingestellt auf: http://www.fonction-publique .gouv.fr/files/files/publications/rapport_annuel/RA-egalite-2014.pdf (Stand: 23.02.2016). 2 Bundeszentrale für politische Bildung, eingestellt auf: http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale -situation-in-deutschland/61714/oeffentlicher-dienst (Stand: 23.02.2016). 3 Demografieportal des Bundes und der Länder, eingestellt auf: https://www.demografie-portal.de/Shared- Docs/Informieren/DE/ZahlenFakten/Altersstruktur_oeffentlicher_Dienst_Privatwirtschaft.html (Stand: 23.02.2016). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 010/16 Seite 5 art. 34-5° v. 11.1.84, s.: https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cid- Texte=JORFTEXT000000501099. Elternzeit – Congé parental – kann grundsätzlich bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes genommen werden, s. Le décret n° 2012-1061 vom 18.09.2012, JORF n° 0218 v. 19.9.2012, texte n° 26, abrufbar unter: https://www.legifrance.gouv.fr/eli/decret /2012/9/18/RDFF1220285D/jo. Bei Krankheit des Kindes kann eine Abwesenheitserlaubnis in Abstimmung mit der jeweiligen Personalverwaltung eingeholt werden; zur gesetzlichen Reglung: Circulaire n°1475 v. 20.7.1982, s. http://circulaire.legifrance.gouv.fr/pdf/2009/04/cir_2302.pdf. Urlaub zur Begleitung sterbender Angehöriger ist für drei Monate zuzüglich einmaliger Verlängerung möglich; siehe hierzu décret n°2013-67 v. 18.1.2013, JORF n°0017 v. 20.12.2013, texte n°11, s. https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000026955168&categorie Lien=id. Mit einem Zeitsparkonto können Beschäftigte seit 2002 Überstunden ansparen, die dann als freie Tage genommen werden können, sog. CET: décret n°2009-1065 v. 28.8.2009, JORF n°0200 v. 30.8.2009, texte n°16, s. https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cid- Texte=JORFTEXT000021006639&categorieLien=id. Darüber hinaus gibt es in Frankreich seit vielen Jahren für die im öffentlichen Dienst Beschäftigten den „supplément familial de traitement (SFT)“, eine finanzielle Zuwendung, deren Höhe von der Zahl der Kinder abhängt (110,- € für Eltern mit zwei Kindern, 281,-- € bei drei Kindern), Loi du 25.9.1942 relative au supplément familial de traitement, JORF v. 29.9.1942, S. 3314, s. https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000000882890&categorie Lien=id. Diese Form der Zuwendung wurde in Frankreich im Jahr 1917 eingeführt und unter Vichy 1942 gesetzlich verankert, um die demografische Entwicklung voranzubringen. Aktuelle Kurzinformationen z.B. zur Übernahme von Kinderbetreuungskosten, zur Bereitstellung von Familiendiensten oder Haushaltshilfen für Familien mit Kleinkindern, zu Sonderzahlungen für Kinder mit Behinderungen sowie zum Zugang zu Ferienlagern für Kinder und zu Ferienhäusern für Familien mit Kindern stellt die französische Regierung im Internet zur Verfügung, s. hierzu http://www.fonction-publique.gouv.fr/aide-aux-familles. Regelungen, die beschäftigten Frauen im öffentlichen Dienst den Zugang zu bestimmten Ämtern ermöglichen, enthält das Antidiskriminierungsgesetz für den öffentlichen Dienst vom 12.03.2012. Dieses Gesetz hat zwar sicher nicht in erster Linie zum Ziel, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern, kommt aber zumindest indirekt berufstätigen Müttern zugute. Das Gesetz sieht die schrittweise Durchsetzung eines 40 prozentigen Frauenanteils in den Führungsetagen des öffentlichen Dienstes bis 2018 vor, abrufbar unter http://www.legifrance.gouv.fr/affich- Texte.do?cidTexte=JORFTEXT000025489865&dateTexte=&categorieLien=id. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 010/16 Seite 6 3. Weitere Maßnahmen in Frankreich, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betreffen Der offizielle Bericht aus dem Jahr 2011 an den Präsidenten der Republik, Guégot, Francoise, „L´Égalité professionelle hommes-femmes dans la fonction publique“, zählt bewährte Praktiken für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im öffentlichen Dienst wie Telearbeit, Teilzeit, die Bereithaltung von Betreuungsplätzen durch den Arbeitgeber auf und stellt Vorschläge für weitere Verbesserungen vor (z.B. Verlängerung der Elternzeit für Väter, zeitliche Vorgabe für Konferenzen sollen familienfreundlicher werden, nicht vor 9 Uhr und nicht nach 18 Uhr); der Bericht ist abrufbar unter http://www.ladocumentationfrancaise.fr/var/storage/rapportspublics /114000123.pdf . Ein zentrales Anliegen zur Verbesserung ist es, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Im März 2013 wurde in Frankreich von den Gewerkschaften und den Arbeitgebern im öffentlichen Dienst ein Protokoll zur Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst unterzeichnet , in dem sich die Regierung verpflichtet, diese voranzutreiben, abrufbar unter http://www.fonction-publique.gouv.fr/fonction-publique/la-modernisation-de-la-fonction-publique . Eines der Hauptthemen ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch im Sinne einer sozialen Verantwortung aller öffentlichen Arbeitgeber. In der Folge legten alle Ministerien - ausgehend von einer Bilanz für das Jahr 2014 - einen eigenen Aktionsplan zur Gleichstellung für das Jahr 2015 vor, abrufbar unter http://femmes .gouv.fr/tout-le-gouvernement-mobilise-pour-legalite-entre-les-femmes-et-les-hommes/. Im Jahr 2014 wurde vom Ministère de la Décentralisation et de la Fonction publique eine Gesamtbilanz der Maßnahmen gezogen und die Pläne für die Zukunft wurden dargestellt, abrufbar unter http://www.fonction-publique.gouv.fr/files/files/carrieres_et_parcours_professionnel/egalite _des_chances/Feuille_de_route_egalite_2015_ministere_decentralisation_fonction_publique .pdf. Im Jahr 2013 wurde in Frankreich im Auftrag der französischen Regierung eine Studie veröffentlicht , die bewährte Methoden zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in mehreren EU-Ländern, in der Schweiz, Australien und in den U.S.A. aufführt: "Pour une meilleure articulation entre vie professionnelle et vie familiale - Identification des bonnes pratiques des secteurs public et privé en France et à l’étranger ", abrufbar unter http://www.fonction-publique.gouv.fr/files/files/publications/coll_outils_de_la_GRH/Vie-prof-etvie -privee-2013.pdf. Auch hier stehen flexible Arbeitszeiten, die Möglichkeit der Telearbeit sowie die Bereitstellung von Kinderbetreuungsplätzen im Vordergrund. In den Jahresberichten "Rapport annuel sur l´égalité professionelle entre les femmes et les hommes dans la fonction publique“ (Gleichstellung im öffentlichen Sektor), die auf das im März 2013 unterzeichnete Protokoll für die Gleichstellung von Frauen und Männer im öffentlichen Dienst zurückgehen, finden sich Statistiken über den Ausbildungsstand, den Umfang der Teilzeit und der Elternzeiten von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst, aber auch zur Verteilung der Führungspositionen auf die Geschlechter. Siehe hierzu den Jahresbericht für das Jahr 2014 http://www.fonction-publique.gouv.fr/files/files/publications/rapport_annuel/RA-egalite- 2014.pdf. Eine Übersicht über die Veränderung des Gehalts bei Frauen nach Geburt eines Kindes sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der Privatwirtschaft findet sich im Bericht des Ministère de la Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 010/16 Seite 7 Décentralisation et de la Fonction Publique: „Écarts de rémunérations entre les femmes et les hommes dans la fonction publique : sous le prisme des inégalités de genre“. März 2015, abrufbar unter http://www.fonction-publique.gouv.fr/files/files/statistiques/etudes/remunerations-femmes -hommes.pdf. 4. Zur Untersuchung von Joseph Lanfranchi und Mathieu Narcy Die Untersuchung von Lanfranchi, Joseph und Narcy, Mathieu „Female Overrepresentation in Public and Nonproft Sector Jobs: Evidence From a French National Survey, in: Nonproft and Voluntary Sector Quarterly 2015, Vol. 44 (I), S.47-74 Anlage 1 befasst sich mit den Hintergründen für die deutliche Überrepräsentanz von Frauen im öffentlichen Dienst in Frankreich. Die Autoren führten eine empirische Analyse basierend auf einer Umfrage bei über 9000 Beschäftigten und deren Arbeitgebern aus den Jahren 2004 bis 2005 durch. Sie legten dabei 2721 Antworten der Beschäftigten zugrunde, die detaillierte Angaben über berufliche und familiäre Umstände beinhalteten. Ebenso wurden Antworten der entsprechenden Arbeitgeber über familienfreundliche Maßnahmen und Bezahlung einbezogen. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass folgende Faktoren eine zentrale Rolle bei der im Verhältnis zur Privatwirtschaft stärkeren Repräsentation von Frauen im öffentlichen Dienst spielen: Familienfreundliche Maßnahmen im öffentlichen Dienst Monetäre Nebenleistungen in der Privatwirtschaft sowie größerer Lohnvorteil für Frauen im öffentlichen Dienst Intrinsische Motivation. 4.1. Familienfreundliche Maßnahmen im öffentlichen Dienst Die im Bereich des französischen öffentlichen Dienstes bestehenden Möglichkeiten der Anpassung der Arbeitszeiten nach der Geburt eines Kindes durch Teilzeit, aber auch eine hohe Flexibilität im Bereich der Arbeitszeiten insgesamt werden als Möglichkeit der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesehen. So kann die nach Einführung der 35-Stunden-Woche geschaffene Freizeit in Form von halben oder ganzen arbeitsfreien Tagen gewährt werden. Darüber hinaus sind weitere Arbeitszeitreduzierungen oder die Aussetzung der Arbeit für bestimmte Phasen wie der Beginn eines Schuljahres möglich. Die hier im einzelnen genannten Optionen stehen in direktem Zusammenhang mit Besonderheiten im französischen System, wie etwa dem Betreuungsbedarf an Mittwochnachmittagen (in der Regel der Nachmittag für außerschulische Aktivitäten der Kinder4), den langen Schulferien der Kinder oder auch der jährlichen sog. „Rentrée“, dem 4 Anmerkung: Gegenüber der Situation zum Zeitpunkt der Umfrage, also 2004-2005, hat sich die „Mittwochssituation“ inzwischen aufgrund einer Schulrechtsreform im Jahre 2015 verändert und der Betreuungsbedarf für Eltern an diesen Tagen verringert. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 010/16 Seite 8 Schulbeginn nach den Sommerferien, der für französische Eltern mit erhöhtem Mehraufwand an Betreuung und Unterstützung der Kinder verbunden ist. Darüber hinaus wurde von den Befragten die im öffentlichen Dienst bestehende Möglichkeit der Telearbeit als erleichternder Faktor zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf angegeben. Dazu kommen der erleichterte Zugang zu vom öffentlichen Arbeitgeber reservierten Kinderbetreuungsplätzen, die Möglichkeit für die Kinder , ein vom Arbeitgeber organisiertes Ferienlager zu besuchen, aber auch gesonderte Zahlungen im Falle der Behinderung eines Kindes. Der öffentliche Dienst biete, so das Ergebnis der Untersuchung , den Frauen, die auch in Frankreich nach wie vor die Hauptverantwortung für die Kindererziehung und den Haushalt trügen, eine größere Work-Life-Balance. 4.2. Monetäre Nebenleistungen in der Privatwirtschaft sowie größerer Lohnvorteil für Frauen im öffentlichen Dienst Die Privatwirtschaft biete oftmals monetäre Nebenleistungen speziell für die Beschäftigten wie Sparpläne, Pensionspläne und Lebensversicherungen. Diese monetären Anreize würden häufig von Männern präferiert, so dass diese Maßnahmen die Privatwirtschaft für Männer attraktiv mache . Für Frauen fielen im öffentlichen Dienst die Gehaltsunterschiede nach der Geburt von mehreren Kindern weitaus geringer aus als in der Privatwirtschaft. Darauf wird in der Untersuchung von Duvivier und Narcy unter Gliederungspunkt 5. näher eingegangen. 4.3. Intrinsische Motivation Die Berufswahl von Frauen werde oftmals geprägt von der Möglichkeit, anderen Menschen helfen zu können. Solche Berufe finden sich besonders in den Bereichen Bildung sowie Gesundheit und Soziales; Bereiche, die oftmals dem öffentlichen Dienst zugeordnet sind. 5. Zur Untersuchung von Chloé Duvivier und Mathieu Narcy Die Untersuchung von Duvivier, Chloé und Narcy, Mathieu „The Motherhood Wage Penalty and its Determinants: a Public-Private Comparison“ Anlage 2 orientiert sich ebenfalls an dem französischen Datensatz aus den Jahren 2004 bis 2005. Die Autoren verwendeten dabei Daten von 3140 befragten Personen, die zum Zeitpunkt der Befragung zwischen 20 und 49 Jahre alt waren und Angaben über die gesamte berufliche Laufbahn ab 18 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 010/16 Seite 9 Jahren gemacht hatten. So konnte die Dauer einer Erwerbsunterbrechung wegen der Geburt bzw. Erziehung eines Kindes für jede Mutter genau gemessen werden. Einer der oben genannten Gründe, die – im Verhältnis zur Privatwirtschaft - geringer ausfallende Gehaltsspanne zwischen kinderlosen Frauen und Frauen mit mehreren Kindern im öffentlichen Dienst, ist das zentrale Ergebnis dieser Untersuchung. Duvivier und Narcy kamen zu folgenden zentralen Ergebnissen: Keine Gehaltsdifferenz bei Frauen mit einem Kind Gehaltsdifferenz bei Frauen mit mehreren Kindern im Verhältnis öffentlicher Dienst und Privatwirtschaft Längere und häufigere Unterbrechungen in der Privatwirtschaft. 5.1. Keine Gehaltsdifferenz bei Frauen mit einem Kind Eine Gehaltsdifferenz zwischen Frauen mit einem Kind und kinderlosen Frauen sei unabhängig von einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft nicht vorhanden. 5.2. Gehaltsdifferenz bei Frauen mit mehreren Kindern im Verhältnis öffentlicher Dienst und Privatwirtschaft Bei Frauen mit mehr als einem Kind gebe es Gehaltsunterschiede im Verhältnis zu kinderlosen Frauen. Duvivier und Narcy kommen zu dem Schluss, dass die Gehaltsspanne zwischen Frauen mit mehreren Kindern und kinderlosen Frauen im öffentlichen Dienst in Frankreich mit 6 bis 16 Prozent wesentlich geringer ausfällt als in der Privatwirtschaft mit einer Differenz von 12 bis 25 Prozent. Maßgeblich sei, dass die Gehaltssteigerungen im öffentlichen Dienst vom Dienstalter abhängen und die Elternzeit für das erste Jahr als Arbeitszeit gilt und den Eltern aus dieser Abwesenheit keine Nachteile entstehen dürfen, während in der Privatwirtschaft die Leistungsergebnisse auch unter dem Blickwinkel der Arbeitszeiten gemessen würden. Zudem verbleibe den Frauen im öffentlichen Dienst auch nach der Elternzeit der Zugang zu Führungspositionen; dies nicht zuletzt auch deshalb, weil die Rückkehr in den Beruf nach der Elternzeit oftmals zügig erfolge und Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung gestellt würden. Durch letztere Maßnahme sei die erforderliche Verfügbarkeit der Führungskraft abgesichert. 5.3. Längere und häufigere Unterbrechungen in der Privatwirtschaft Frauen in der Privatwirtschaft unterbrächen ihre berufliche Tätigkeit nach der Geburt eines Kindes häufiger und vor allem länger als im öffentlichen Dienst. Dies habe nachhaltige Auswirkungen , da auch der Zugang zu Führungspositionen in der Privatwirtschaft dadurch erschwert sei. Die schnellere Rückkehr in den öffentlichen Dienst sei auf die Vielzahl an kinderfreundlichen Maßnahmen zurückzuführen. In der Praxis seien im öffentlichen Dienst auch weniger Überstunden zu leisten. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 010/16 Seite 10 6. Zur aktuellen Diskussion über den „Supplément familial de traitement“ In den letzten Jahren wurde vor allem diese Zuwendung für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst immer wieder diskutiert. Vgl. hierzu: Union Générale des Fédérations de Fonctionnaires, „Note Supplément Familial de Traitement“ (SFT) v. 24.10.2014, abrufbar unter http://www.ugff.cgt.fr/spip.php?page=imprimir_articulo &id.article4644 (SFT sei kein Privileg für den öffentlichen Dienst, auch bei den Unternehmen gebe es zusätzliche familiäre Leistungen). „Les allocations familiales des fonctionnaires sur la sellette“, v. 22.10.2014, abrufbar unter: http://www.lefigaro.fr/conjoncture/2014/10/22/20002-20141022ARTFIG00183-les-allocationsfamiliales -des-fonctionnaires-sur-la-sellette.php (die Zuwendung sei ein Gehaltszuschlag und keine Sozialleistung). „Fonctionnaires ou salariés du privé, qui est le mieux loti?“, v. 28.10.2014, in atlantico.fr, abrufbar unter: http://www.atlantico.fr/decryptage/fonctionnaires-ou-salaries-priv-qui-est-mieux-lotipartie -1-allocationas-familiales-jacques-bichot-1829695.html (Ausführungen v. Jacques Bichot, emeritierter Prof. der Universität v. Lyon u. kontroverse Leserkommentare Anlage 3 „Les fonctionnaires garderont leur bonus pour enfants à charge“, v. 17.6.2015, abrufbar unter: http://bfmbusiness.bfmtv.com/france/les-fonctionnaires-vont-garder-leur-supplement-familial- 895252.html (Hinweis auf Veröffentlichung d. Tageszeitung „l’Opinion“, deren Kritik an Höhe des SFT u. Ablehnung der Regierung, dies zu ändern, stattdessen sei SFT umso höher, je mehr die Beschäftigten verdienen würden, demgegenüber habe sich die Ministerin de la Fonction publique, Marylise Lebranchu, 2014 „Pour plus de justice“ (für mehr Gerechtigkeit) ausgesprochen . Auch der Rechnungshof hat sich vor Kurzem mit der SFT befasst. Er schlägt vor, diese Zuwendung , die abhängig sei von der Größe der Familie, abzuschaffen, sie koste den Staat im Jahr 770 Mio €, vgl. La Croix n°40285 v. 10.9.2015 Anlage 4. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 9 - 3000 - 010/16 Seite 11 7. Weitere Veröffentlichungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Frankreich und Deutschland Die folgenden Veröffentlichungen unterscheiden nicht zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft , sondern zielen allgemein auf die Unterschiede der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Frankreich und Deutschland ab. Luci, Angela, „Frauen auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland und Frankreich. Warum es Französinnen besser gelingt, Familie und Beruf zu vereinbaren“, Friedrich Ebert Stiftung März 2011, abrufbar unter http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/07901.pdf (Vorschläge in den Bereichen Familien -, Steuer-, Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Rentenpolitik in Deutschland zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, orientiert an französischen Maßnahmen). Luci, Angela, „Finanzielle Unterstützung von Familien in Deutschland und Frankreich. Hat Frankreich für erwerbstätige Mütter die Nase vorn?“ in Zeitschrift für Sozialreform (SZR) 56 (2010), Heft 1, S. 3.29, abrufbar unter http://angela_luci.site.ined.fr/fichier/s_rubrique/20612/sozialreform _a.luci.fr.pdf (zu den wesentlichen Unterschieden finanzieller Unterstützung von Familien in Frankreich und Deutschland, das deutsche System finanzieller Unterstützung von Familien , wie das Splittingverfahren, erschwere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf). Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Familienbilder in Deutschland und Frankreich, Monitor Familienforschung. Beiträge aus Forschung, Statistik und Familienpolitik , Ausgabe 34“, Januar 2015 Anlage 5 enthält auf den Seiten 7 und 8 einen Überblick über unterschiedliche Geldleistungen für Kinder bzw. nach der Geburt in Frankreich und Deutschland. Ende der Bearbeitung