WD 9 - 3000 - 007/18 (20. Februar 2018) © 2018 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Die gesetzlichen Regelungen zur medizinischen Versorgung von psychisch Kranken in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), in der circa 90 Prozent der Bevölkerung versichert sind, sind Bestandteil des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V1). So umfasst der Anspruch auf notwendige Krankenbehandlung, den jeder Versicherte der GKV nach § 27 Abs. 1 SGB V hat, auch die Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung. Darüber hinaus ist bei der Krankenbehandlung den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen . Dies gilt insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation . Die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit wird nach § 28 Abs. 3 SGB V durch zugelassene Psychologische Psychotherapeuten und Vertragsärzte durchgeführt. Einzelheiten zur Art und zum Umfang sowie zur Qualifikation der Erbringer von psychotherapeutischen Leistungen sind in der sog. Psychotherapie-Richtlinie2 des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) geregelt. Zu Beginn des Jahres 2017 wurden verschiedene Regelungen in die Psychotherapie-Richtlinie, durch die der Zugang zu psychotherapeutischen Leistungen für die Versicherten verbessert werden soll, aufgenommen. Die wichtigsten Neuerungen, die am 1. April 2017 in Kraft getreten sind, sind dabei: - Ärzte und Psychotherapeuten, die eine Genehmigung zur Abrechnung von Psychotherapie nach der Psychotherapie-Richtlinie des GBA haben, müssen im Umfang von mindestens 100 Minuten pro Woche Sprechstunden anbieten. Die psychotherapeutische Sprechstunde , die mindestens 25 Minuten dauern muss, soll einen niedrigschwelligen Zugang 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3214); der Gesetzestext ist in deutscher Sprache im Internet abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet .de/sgb_5/BJNR024820988.html. 2 Psychotherapie-Richtlinie Stand: 16. Februar 2017 des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinie) in der Fassung vom 24. November 2016, in Kraft getreten am 16.02.2017. Die Richtlinie ist in deutscher Sprache im Internet abrufbar unter https://www.g-ba.de/downloads /62-492-1266/PT-RL_2016-11-24_iK-2017-02-16.pdf. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Medizinische Unterstützung psychisch Kranker Kurzinformation Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 zur Psychotherapie darstellen und dient der frühzeitigen diagnostischen Abklärung. Im Rahmen der Sprechstunde soll geklärt werden, ob der Patient eine Psychotherapie oder andere Unterstützungs- und Beratungsangebote benötigt. Ab dem 1. April 2018 ist das Aufsuchen einer Sprechstunde Zugangsvoraussetzung zur weiteren ambulanten psychotherapeutischen Versorgung. - Neben der Sprechstunde müssen Therapeuten unter anderem zur Terminvereinbarung eine telefonische Erreichbarkeit ihrer Praxis im Umfang von 200 Minuten pro Woche sicherstellen . - Zur Verbesserung akuter psychischer Krisen kann eine Akutbehandlung erfolgen. Diese kann als Einzeltherapie bis zu 24-mal zu je 25 Minuten im Krankheitsfall durchgeführt werden und ist nicht genehmigungspflichtig. Die Krankenkasse muss lediglich über die Durchführung der Akutbehandlung informiert werden. - Im Anschluss an eine Langzeittherapie ist die Durchführung einer Rezidivprophylaxe möglich, wodurch bei einem drohenden Rückfall ein schneller Zugang zum Therapeuten ermöglicht werden soll. Hierfür werden Stunden des bewilligten Langzeittherapiekontingents genutzt. Sind Versicherte aufgrund schwerer psychischer Erkrankung nicht in der Lage, ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen in Anspruch zu nehmen, haben sie unter bestimmten Umständen einen Anspruch auf Soziotherapie (§ 37a SGB V). Der Anspruch auf Soziotherapie besteht, wenn dadurch eine Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt werden kann. Seit dem 1. Januar 2017 haben psychiatrische Krankenhäuser sowie Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen die Möglichkeit, in medizinisch geeigneten Fällen anstelle einer vollstationären Behandlung eine stationsäquivalente psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld zu erbringen (§ 115d SGB V). Durch die Einführung dieser Vorschrift sollte die sektorenübergreifende Versorgung gestärkt werden. Um die Qualität und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu verbessern, können die Krankenkassen und ihre Verbände sog. Modellvorhaben durchführen (§ 63 SGB V). Gegenstand dieser Modellvorhaben kann seit dem 1. August 2012 nach § 64b Abs. 1 SGB V auch die Weiterentwicklung der Versorgung psychisch kranker Menschen sein, wobei in jedem Bundesland mindestens ein derartiges Modellvorhaben durchgeführt werden soll. Mit der Einführung dieser Regelung soll ebenfalls die sektorenübergreifende Versorgung psychischer Erkrankungen verbessert und den Besonderheiten der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung Rechnung getragen werden. Im Bereich der Prävention enthält das SGB V ebenfalls explizite Regelungen im Hinblick auf psychische Erkrankungen. So müssen nach § 20 SGB V die Satzungen der Krankenkassen Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten (Gesundheitsförderung ) vorsehen. Seit Inkrafttreten des Präventionsgesetzes zum 25. Juli 2015 sind dabei konkrete Gesundheitsziele zu berücksichtigen, zu denen unter anderem die Verhinderung, die frühe Erkennung und die nachhaltige Behandlung von depressiven Erkrankungen zählen (§ 20 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SGB V). ***