WD 9 - 3000 - 006/20 (12. März 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. In Deutschland stellt das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG1) die gesetzliche Grundlage zur Vorbeugung übertragbarer Krankheiten beim Menschen, zur frühzeitigen Erkennung von Infektionen und zur Verhinderung ihrer Weiterverbreitung dar. Nach § 6 IfSG sind der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod in Bezug auf bestimmte Krankheiten namentlich zu melden. Bei bestimmten Krankheitserregern ist nach § 7 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis namentlich zu melden, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen. In Bezug auf Lyme-Borreliose (LB) besteht keine bundesweite krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht gemäß IfSG. Die Anzahl der an LB erkrankten Personen wird daher in Deutschland statistisch nicht erfasst; auch Ausbruchsgeschehen sind nach Angaben des zuständigen Robert Koch-Instituts (RKI) bisher in Deutschland nicht registriert worden.2 Es existieren jedoch in einzelnen Bundesländern – teils bereits seit mehreren Jahrzehnten – entsprechende landesrechtliche Regelungen, die eine Meldepflicht im Hinblick auf die drei häufigsten Manifestationen der LB3 vorsehen. So müssen mittlerweile in den Bundesländern Bayern, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und damit in neun der insgesamt sechzehn Bundesländer nachgewiesene Infektionen mit LB an die jeweils zuständigen Behörden gemeldet werden. Für diese Bundesländer liegen somit entsprechende statistische Daten vor; für die übrigen Bundesländer existieren hingegen aufgrund der fehlenden Meldepflicht keine entsprechenden Daten. In den Bundesländern mit einer Meldepflicht leben circa 42 Prozent der Gesamtbevölkerung Deutschlands . 1 Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. Februar 2020 (BGBl. I S. 148), abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/BJNR104510000.html. 2 Vergleiche hierzu Informationen des RKI-Ratgeber zur Borreliose, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content /Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_LymeBorreliose.html (zuletzt aufgerufen am 11. März 2020). 3 Dabei handelt es sich um Erythema migrans (Wanderröte als Hautmanifestation der LB), akute Neuroborreliose sowie Lymearthritis. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zahl der (jährlichen) Neuinfektionen mit Lyme-Borreliose sowie Präventionsmaßnahmen Präventionsmaßnahmen Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familien, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Nach Angaben des RKI schwankt die Meldeinzidenz in den Bundesländern mit Meldepflicht zwischen jährlich 26 Erkrankungen/100.000 Einwohnern (2015) und 41 Erkrankungen/100.000 Einwohnern (2013); die genaue Häufigkeit der Lyme-Borreliose in Deutschland sei nicht bekannt. In den Jahren 2013 bis 2017 wurden für die neun Bundesländer mit einer entsprechenden Meldepflicht insgesamt 56.446 Fälle von LB registriert.4 Durchschnittlich wurden somit in diesem Zeitraum jährlich 11.289 Fälle an die jeweiligen Landesbehörden gemeldet, wobei die tatsächliche Anzahl der jährlich gemeldeten Fälle Schwankungen unterliegt.5 Zwar wurden in allen Bundesländern , in denen eine Meldepflicht besteht, Fälle von LB gemeldet, allerdings ist die Verteilung der Fälle regional sehr unterschiedlich.6 Der Auswertung von Abrechnungsdaten von Ärzten und Krankenhäusern zufolge treten Neuinfektionen aber durchaus im gesamten Bundesgebiet auf.7 Das RKI verweist in diesem Zusammenhang auf eine Studie, in der basierend auf diesen Daten geschätzt wird, dass in Deutschland von jährlich 214.000 Patienten Lyme-Borreliose-Abrechnungen erstellt werden.8 Unabhängig von der genauen Anzahl der jährlichen Neuerkrankungen pro Jahr handelt es sich nach Ansicht des RKI bei LB um eine weit verbreitete und damit ernstzunehmende Krankheit. Aus diesem Grund informieren verschiedene Institutionen die Bevölkerung und die Fachöffentlichkeit permanent über die Möglichkeiten zur Prävention von durch Zecken übertragenen Infektionskrankheiten und damit auch im Hinblick auf LB. So stellen die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), das Umweltbundesamt (UBA) sowie das RKI ebenso wie das Nationale Referenzzentrum für Borrelien umfangreiche Informationen auf ihren Internetseiten zur Verfügung. Gleiches gilt für die zuständigen Landesministerien und entsprechende nachgeordnete Behörden. Zudem existieren Informationsmaterialen für den Schulbereich, die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit angeboten werden. Darüber hinaus werden die Öffentlichkeit sowie betroffene Fachkreise durch Presseinformationen über 4 Eine grafische Übersicht über die Anzahl der jährlichen Neuinfektionen findet sich in BT-Drs. 19/15614, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage verschiedener Abgeordnete, Borreliose und FSME – Evaluierung und besserer Schutz für Risikogruppen, S. 3, Antwort zu den Fragen 3 und 4, abrufbar unter http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/19/156/1915614.pdf. 5 Eine ausführlichere Auswertung der Inzidenz von LB in diesem Zeitraum findet sich bei Enkelmann, Julia (u. a.) (2018), Incidence of notified Lyme borreliosis in Germany, 2013-2017, in: scientific reports 8/2018, abrufbar unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6175818/. 6 Einen grafischen Überblick hierzu bietet eine interaktive Karte, der für die einzelnen Landkreise die Anzahl der in den Jahren 2013 bis 2017 gemeldeten Fälle von LB pro 100.000 Einwohner entnommen werden kann. Die Karte enthält auch Angaben im Hinblick auf die Verbreitung von FSME, eine ebenfalls von Zecken übertragene Erkrankung, sie ist unter Hinweis auf Daten des RKI in einem Beitrag der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) veröffentlicht, abrufbar unter https://interaktiv.waz.de/zecken-atlas-deutschland/. 7 Auf Grundlage von Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung wurde ebenfalls eine geographische Übersicht der Anzahl der Fälle von LB bezogen auf 100.000 Einwohner erstellt. Anders als die auf Grundlage der Meldedaten erstellte Karte enthält sie Daten für das gesamte Bundesgebiet. Allerdings bezieht sie sich auf die Jahre 2007 bis 2009 und enthält insofern keine Angaben im Hinblick auf die Neuinfektionen mit LB in den letzten zehn Jahren. Die Übersichtskarte ist abrufbar unter https://www.scinexx.de/news/biowissen/borrelioserisiko -in-ostdeutschland-am-hoechsten/. 8 Vergleiche hierzu Informationen des RKI-Ratgeber zur Borreliose, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content /Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_LymeBorreliose.html (zuletzt aufgerufen am 11. März 2020). Präventionsmaßnahmen Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familien, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 die mögliche Einschleppung und die zukünftig günstigeren Etablierungsbedingungen neuer Zeckenarten in Deutschland informiert. Hierzu werden die zukünftige Verbreitung analysiert und Projekte zum Monitoring des Vorkommens von Zecken durchgeführt.9 *** 9 Vergleiche hierzu BT-Drs. 19/15614, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage verschiedener Abgeordnete , Borreliose und FSME – Evaluierung und besserer Schutz für Risikogruppen, S. 4, Antwort zu Frage 5, abrufbar unter http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/19/156/1915614.pdf.