© 2016 Deutscher Bundestag WD 9 - 3000 - 006/14 Sterbehilfeorganisationen in Deutschland Rechtliche Rahmenbedingungen und Praxis der Suizidbegleitung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 2 Sterbehilfeorganisationen in Deutschland Rechtliche Rahmenbedingungen und Praxis der Suizidbegleitung Aktenzeichen: WD 9 - 3000 - 006/14 Abschluss der Arbeit: Datum: 13. Februar 2014 Fachbereich: WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Grundzüge der geltenden Rechtslage in Deutschland 5 2.1. Strafrechtliche Würdigung der Tätigkeit von Sterbehilfeorganisationen 5 2.2. Strafbarkeit nach dem Betäubungsmittelgesetz 8 2.2.1. Strafbarkeit des Beschaffens und Überlassens von Betäubungsmitteln zu Suizid-zwecken durch einen Sterbehelfer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes 8 2.2.2. Strafbarkeit der Verschreibung und Abgabe von Betäubungsmitteln zu Suizidzwecken durch Ärzte 10 3. Sterbehilfeorganisationen in Deutschland 13 3.1. Sterbehilfe Deutschland (StHD) 14 3.1.1. Allgemeines 14 3.1.2. Vereinszweck 14 3.1.3. Mitgliedschaft 15 3.1.4. Finanzierung des Vereins 15 3.1.5. Voraussetzungen, Vorbereitung und Durchführung der Suizidbegleitung 16 3.1.5.1. Voraussetzungen der Suizidbegleitung 16 3.1.5.2. Vorbereitung der Suizidbegleitung 17 3.1.5.3. Durchführung der Suizidbegleitung 17 3.1.6. Umgang des Vereins mit der geltenden deutschen Rechtslage 18 3.2. DIGNITAS 18 4. Internetpräsenz der Sterbehilfeorganisationen „Sterbehilfehilfe Deutschland (StHD)“ und „DIGNITAS“ 21 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 4 1. Einleitung Die Auseinandersetzung über die Grenzen zulässiger Sterbehilfe gehört seit Jahrzehnten zu den großen Themen der Rechtspolitik. Es handelt sich um einen weltanschaulich in besonderer Weise aufgeladenen Streit, an dem sich auch die großen christlichen Kirchen intensiv beteiligen. Die Debatten werden zum Teil emotional und unter erheblicher medialer Beteiligung ausgetragen, was nicht selten zu Defiziten hinsichtlich der Sachlichkeit und Differenziertheit der Argumente führt. Konzentrierte sich die (juristische) Diskussion zunächst vornehmlich darauf, in strafrechtlicher Hinsicht die sogenannte passive und indirekte Sterbehilfe als Einschränkung des Verbots der Tötung auf Verlangen nach § 216 Strafgesetzbuch (StGB) gesetzlich zu regeln und die Patientenautonomie am Ende des Lebens durch eine zivilrechtliche Regelung (Patientenverfügung)1 abzusichern, so hat sich mit der Gründung der deutschen Sektion der Schweizer Sterbehilfeorganisation „Dignitas“ im September 2005 in Hannover die Blickrichtung erheblich verändert. Das Angebot eines „begleiteten Suizids“ durch „Dignitas“ und andere Sterbehilfeorganisationen stellt die Ausgangslage und die Bedingungen, unter denen die grundsätzlich straflose Beihilfe zum Suizid stattfindet, in Frage: Beihilfe zum Suizid soll nicht mehr nur im privaten Lebensumfeld geleistet werden. Anliegen der Sterbehilfeorganisationen ist es vielmehr einer Vielzahl von Menschen in Form einer entgeltlichen, institutionalisierten Dienstleistung eine schnelle und effiziente Möglichkeit für einen Suizid anzubieten – innerhalb Deutschlands oder auch im Ausland. Vor diesem Hintergrund wurden in der Politik Forderungen laut, die Tätigkeit von Sterbehilfeorganisationen unter Strafe zu stellen. De lege ferenda sind in den letzten Jahren unterschiedliche Vorschläge zur vollständigen oder partiellen Kriminalisierung von Sterbehilfegesellschaften unterbreitet worden. Am weitesten ging hier der von den Ländern Saarland, Thüringen und Hessen eingebrachte „Entwurf eines Gesetzes zum Verbot der geschäftsmäßigen Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung“ vom 27. März 20062, demzufolge die geschäftsmäßige Vermittlung oder Verschaffung von Gelegenheiten zur Selbsttötung generell unter Strafe gestellt werden sollte . Der von der Bundesregierung am 22. Oktober 2012 vorgelegte „Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung“3, der darauf abzielte, nicht jede geschäftsmäßige, wohl aber eine gewerbsmäßige Gewährung, Verschaffung oder Vermittlung einer Gelegenheit zu Selbsttötung unter Strafdrohung zu verbieten, ist in der letzten Wahlperiode gescheitert. Durch den aktuellen Vorstoß des Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe, geschäftsmäßige Hilfe zur Selbsttötung unter Strafe zu stellen4, hat die Debatte erneut hohe Aktualität gewonnen. Nach der dieser Ausarbeitung zugrunde liegenden Anfrage soll geklärt werden, wie „Dignitas“ und andere in Deutschland tätige Sterbehilfeorganisationen in der Praxis arbeiten, sich finanzie- 1 Durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2286) hat der Gesetzgeber die zivilrechtlichen Bedingungen für die Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen bei nicht mehr einwilligungsfähigen Patienten inzwischen geregelt. 2 BR-Drs. 230/06. 3 BT-Drs. 17/11126. 4 Koalition verzichtet auf Fraktionsdisziplin bei Sterbehilfe, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20 Januar 2014. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 5 ren und mit der geltenden Rechtslage umgehen. Im Folgenden wird zunächst eine strafrechtliche Würdigung der Tätigkeit von Sterbehilfeorganisationen unter dem Gesichtspunkt eines Tötungsdelikts oder eines sonstigen Verstoßes gegen Bestimmungen des StGB vorgenommen5. Im Anschluss daran wird der Frage nachgegangen, inwieweit das Beschaffen und Überlassen von Betäubungsmitteln zu Suizidzwecken durch Sterbehelfer sowie die Verschreibung und Abgabe letal wirkender Betäubungsmittel durch Ärzte gegen Vorschriften des Betäubungsmittelstrafrechts verstößt6. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen wird sodann dargelegt, wie die in Deutschland tätigen Sterbehilfeorganisationen in der Praxis arbeiten und inwieweit sie dabei der geltenden Rechtslage Rechnung tragen7. 2. Grundzüge der geltenden Rechtslage in Deutschland 2.1. Strafrechtliche Würdigung der Tätigkeit von Sterbehilfeorganisationen Die strafrechtliche Würdigung der Tätigkeit von Sterbehilfeorganisationen nach deutschem Strafrecht ruht auf zwei Prämissen: Nach dem sog. Grundsatz der (limitierten) Akzessorietät richtet sich die Strafbarkeit des Teilnehmers zum einen nach der des Haupttäters; zum anderen erfüllt der Suizid nicht den Tatbestand eines Tötungsdelikts, da § 212 Strafgesetzbuch (StGB)8 so gelesen wird, dass nur die Tötung eines „anderen Menschen“ erfasst wird. Beide Prämissen beruhen auf gesetzlichen und dogmatischen Festlegungen, die auch anders hätten ausfallen können und im Ausland auch häufig anders ausgefallen sind9. Auch in Deutschland galt früher eine andere Regelung10. Für Sterbewillige bedeutet die gegenwärtige Rechtslage, dass weder ein Selbsttötungsversuch noch die vollendete Tat den Tatbestand einer Strafnorm erfüllt. Es fehlt damit an einer Haupttat, so dass die Beihilfe (§ 27 StGB) oder die Anstiftung (§ 26 StGB) zum Suizid strafrechtlich nicht erfassbar sind. Dies gilt auch dann, wenn die Selbsttötung aus nichtigen, objektiv nicht nachvollziehbaren Motiven heraus begangen wird oder wenn der Helfer oder Anstifter aus verwerflichen Motiven heraus (z. B. aus Gewinnsucht, Rache oder Hass) handelt. Voraussetzung der Straflosigkeit ist, dass der Suizident das Selbsttötungsgeschehen kontrolliert, also die sog. „Tatherrschaft“ besitzt und damit als Täter (gegen sich selbst) einzustufen ist. 5 Vgl. hierzu nachfolgend unter Gliederungspunkt 2.1. 6 Vgl. hierzu nachfolgend unter Gliederungspunkt 2.2. 7 Vgl. hierzu nachfolgend unter Gliederungspunkt 3. 8 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 18 des Gesetzes vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3799). 9 Vgl. den Überblick bei Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Auflage 1996, § 61 VIII. 10 Vgl. Schlutter, Zur Dogmengeschichte der Akzessorietät der Teilnahme, 1941 (Strafrechtliche Abhandlungen Heft 420). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 6 Die strafrechtliche Bewertung ändert sich allerdings grundlegend, wenn nicht der Suizidend, sondern der Helfer die Tatherrschaft besitzt. Dann wird er zum (Haupt-)Täter eines Tötungsdelikts nach § 212 StGB (Totschlag) bzw. § 216 StGB (Tötung auf Verlangen). Der Grundsatz der limitierten Akzessorietät spielt keine Rolle mehr. Wer etwa aus einer überlegenen Stellung heraus einen Verzweifelten zur Selbsttötung drängt und ihm Gelegenheit dazu verschafft, wird sich in der Regel als Täter eines Tötungsdelikts - und nicht bloß als Anstifter oder Gehilfe - strafbar machen. Ein täterschaftlich begangenes Delikt, und zwar eine Tötung durch Unterlassen (§§ 212, 13 StGB), kommt konstruktiv aber dann in Betracht, wenn der Suizident im Rahmen des Selbsttötungsgeschehens die Kontrolle über das Geschehen und damit die Tatherrschaft verliert. Sind andere Personen am Ort des Geschehens anwesend, so erlangen sie die Tatherrschaft und laufen damit Gefahr, sich wegen einer Tötung durch Unterlassen strafbar zu machen, wenn sie nicht sofort helfen. Dies bedeutet, dass man beispielsweise einem Sterbewilligen ohne Strafbarkeitsrisiko den Strick reichen darf, mit dem er sich aufhängt; sobald der Sterbewillige aber das Bewusstsein und damit die Tatherrschaft verloren hat, muss man den Strick sofort abschneiden und Erste Hilfe leisten bzw. einen Arzt benachrichtigen. Dieses Ergebnis erscheint widersinnig, wenn man das Geschehen ethisch bewertet; es ist aber nur konsequent, wenn man sich, ohne inhaltliche Bewertungen vorzunehmen, auf die Anwendung der skizzierten formalen strafrechtlichen Grundsätze beschränkt. Ein zweites Strafbarkeitsrisiko entsteht nach Übergang der Tatherrschaft durch den Tatbestand des § 323c StGB (Unterlassene Hilfeleistung). Auch diese Bestimmung ist quasi „gesperrt“, solange der Suizident das Geschehen beherrscht, wird aber anwendbar, sobald der Anwesende die Tatherrschaft erlangt. Im Schrifttum und auch in der Rechtsprechung wird zunehmend versucht, die als unbefriedigend und widersinnig empfundenen Folgen des Tatherrschaftsübergangs durch entsprechende Neu-Interpretationen der §§ 212, 13 und 323c StGB zu umgehen. So wird unter anderem argumentiert , der zum potenziellen Unterlassungstäter mutierte Anwesende besitze keine Garantenpflichten für das Leben eines frei verantwortlich handelnden Suizidenten11. Im Kontext des 323c StGB kann man beim Begriff des „Unglücksfalles“ ansetzen und einen solchen Fall bei frei verantwortlich handelnden Suizidenten verneinen12. Andere Möglichkeiten, den § 323c StGB einzuschränken , liegen darin, bei Vorliegen von Freiverantwortlichkeit die Zumutbarkeit einer Hilfeleistung abzulehnen13 oder die Unterbrechung eines solchen Suizids nicht als „Hilfeleistung“ im Sinne des § 323c StGB anzusehen14. Ein strafrechtliches Restrisiko bleibt aber, weil der Wortlaut 11 Arzt/Weber, Strafrecht Besonderer Teil, 2000, § 3 Rn 45 mit eingehender Problemdiskussion Rn 42 ff. 12 Cramer/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch Kommentar, 27. Auflage 2006, § 323c Rn 7. 13 BGHSt 32, 367 mit Anmerkung Schultz, in: JuS 1985, 270; Rengier, Strafrecht Besonderer Teil II, 7. Auflage 2007, § 8 Rn 20. 14 OLG München, NJW 1987, 2945 mit zustimmender Anmerkung Herzberg, JZ 1988, 187; Arzt/Weber, Strafrecht Besonderer Teil, § 3 Rn 33. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 7 der einschlägigen Normen eine Anwendung des Strafrechts eben möglich macht. Abhilfe kann hier letztlich nur der Gesetzgeber schaffen.15 Für die Sterbehilfeorganisationen bedeutet dies, dass sie, um eigene Strafbarkeitsrisiken zu minimieren , sicherstellen müssen, dass der Sterbewillige das Geschehen stets noch kontrollieren kann. Dem Suizidenten darf zu keinem Zeitpunkt ein fremder Wille aufgezwungen werden; insbesondere den letzten, tödlichen Schritt muss der Sterbewillige selbst tun. Dies gilt jedenfalls dann, solange der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme die geschilderten Tatherrschaftsgesichtspunkte zugrunde liegen. Ein anderes Ergebnis ließe sich über subjektive Abgrenzungskriterien erzielen - ein Ansatz, der in der aktuellen Diskussion soweit ersichtlich aber nicht vertreten wird. Prüft man die Angebote der Sterbehilfeorganisationen, so kann man überall das Bestreben feststellen , die eben skizzierten Grundsätze peinlich genau zu beachten. Wenn es etwa in den Regularien der Sterbehilfeorganisation Dignitas16 heißt, der Sterbewillige müsse den letzten Akt in seinem Leben selbst vollziehen und das den Tod herbeiführende Medikament selbst trinken, es selbst in den Magen leiten oder sich selbst mittels einer Infusion durch Öffnen des Ventils in den Blutkreislauf befördern, so bedeutet dies nichts anderes, als dass der Sterbewillige bis zuletzt die Tatherrschaft behalten soll. Um dies zu erreichen, bedarf es bei stark behinderten Sterbewilligen nicht selten sehr komplizierter Vorkehrungen. Der Mediziner Julius Hackethal etwa, der in den 80er und 90er Jahren mehrere Sterbewillige bei ihrem Sterben unterstützte, konstruierte Apparate , die sich mit minimalem – auf die jeweiligen Möglichkeiten des Behinderten abgestimmtem – körperlichen Aufwand bedienen ließen. Bemerkenswert ist, dass in den Sterbehilfefällen von Anfang an Tatherrschaftsgesichtspunkte den Ausschlag gegeben zu haben scheinen17, während in der Rechtsprechung sonst die subjektive Theorie, die Täterschaft und Teilnahme nach dem Vorliegen von animus auctoris bzw. animus socii bestimmt, vorherrscht. Grund hierfür dürften die bei Zugrundelegung der subjektiven Theorie offensichtlichen Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Täterschaft und Teilnahme am Suizid gewesen sein. Hinzu kommt, dass es über die subjektive Theorie leicht möglich wäre, den Anwendungsbereich einer straflosen Teilnahme auf solche Fälle auszudehnen, in denen der Sterbewillige körperlich untätig bleibt, der Helfer sich aber seinem Willen beugt und die zur Lebensbeendigung erforderlichen Maßnahmen für den Sterbewilligen durchführt. Solange die Sterbehilfeorganisationen die eben skizzierten Grundsätze einhalten, sich also darauf beschränken, den Sterbewilligen Beihilfe zu einem frei verantwortlich unternommenen Suizid zu 15 Zur Sterbehilfe aus strafrechtlicher Sicht im Einzelnen vgl. etwa Roxin, Claus, Zur strafrechtlichen Beurteilung der Sterbehilfe, in: Handbuch des Medizinstrafrechts, herausgegeben von Claus Roxin und Ulrich Schroth, 4. Auflage 2010, S 75 ff. 16 DIGNITAS-Schweiz – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben, So funktioniert Dignitas: Auf welcher philosophischen Grundlage beruht die Tätigkeit dieser Organisation?, 2. Auflage, Juni 2010 S. 19, 21, abrufbar im Internet unter: http://www.dignitas.ch/images/stories/pdf/so-funktioniert-dignitas-d.pdf 17 Arzt/Weber, Strafrecht Besonderer Teil, § 3 Rn 39 sprechen zu Recht von einer für die Sterbehilfe „maßgeschneiderten materiell-objektiven Teilnahmetheorie“; vgl. auch die zutreffende Kritik in § 3 Rn 14: „Auf Äußerlichkeiten abstellende Spitzfindigkeit“. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 8 leisten, ist ihre Tätigkeit nach deutschem Strafrecht nicht erfassbar18. Denkbar sind allerdings Verstöße gegen das Betäubungsmittelrecht19. Die Aktivitäten der Sterbehilfeorganisationen können also mit den Mitteln des Kernstrafrechts ohne eine gesetzliche (Neu-)Kriminalisierung, wie sie derzeit diskutiert wird, nicht eigeschränkt werden. 2.2. Strafbarkeit nach dem Betäubungsmittelgesetz 2.2.1. Strafbarkeit des Beschaffens und Überlassens von Betäubungsmitteln zu Suizidzwecken durch einen Sterbehelfer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes In einem Urteil aus dem Jahre 2001 hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs einen Sterbehelfer , der einen frei verübten Suizid durch Überlassen eines in den Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes (BtmG)20 fallenden Schlafmittels (Natrium-Pentobarbital, NaP) förderte, nicht unter dem Blickwinkel kernstrafrechtlicher Vorschriften, sondern wegen Verstoßes gegen § 29 BtmG verurteilt21. Eine strafrechtliche Haftung des Angeklagten aus Tötungsdelikten hat der Bundesgerichtshof hingegen verneint22. Diesem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 83-jährige Angeklagte gründete im Jahr 1982 die Vereinigung „Exit“. Der in den Statuten der Vereinigung festgeschriebene Vereinszweck bestand darin, seinen Mitgliedern, die unter hoffnungsloser Krankheit litten, im selbstbestimmten Sterben beizustehen. Voraussetzung für die durch den Beauftragten der Vereinigung zu leistende Freitodbegleitung war u. a. die Erschöpfung aller Alternativmöglichkeiten, welche aus Sicht des Betroffenen ein lebenswertes Leben erlauben würden, die durch ein ärztliches Zeugnis bezeugte hoffnungslose Krankheit und die Zustimmung von Angehörigen bzw. Bezugspersonen. Über die Funktion des Generalsekretärs der Vereinigung hinaus übernahm der Angeklagte auch die Aufgaben eines „Freitodbegleiters“. Für die geleistete Freitodbegleitung wurde kein Entgelt verlangt, lediglich die Vorauserstattung der Reisekosten. Bei seiner Tätigkeit verwendete der Angeklagte regelmäßig das Mittel Natrium-Pentobarbital (NaP), das infolge der hohen Dosierung und der schnellen Anflutung schon ab dem Eintritt einer Bewusstlosigkeit keine Rettungsmöglichkeit lässt. Die im Fall verstorbene Frau litt an Multipler Sklerose. Sie wandte sich an die Vereinigung „Exit“ mit dem Wunsch nach einer „Sterbebegleitung “. Sie hatte die Unheilbarkeit ihrer Krankheit durch einen Arzt bestätigen lassen. Bei einem Besuch verschaffte sich der Angeklagte im persönlichen Gespräch mit der Verstorbenen die Überzeugung, dass diese im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte und ihr Todeswunsch als ernsthaft 18 Vgl. etwa Neumann, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, 4. Auflage 2013, Vorbemerkungen zu § 211 Rn 148 mit weiteren Nachweisen. 19 Vgl. etwa OLG München, NJW 1987, 2940 (2944); BGH NJW 2001, 1802 (1803) = JZ 2002, 150; vgl. hierzu nachfolgend zu Gliederungspunkt 2.2. 20 Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz – BtmG) vom 28. Juli 1981 in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I, S. 358), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 7 des Gesetztes vom 7. August 2013 (BGBl. I, S. 3154). 21 BGH JZ 2002, 150 mit Anmerkung Sternberg-Lieben, JZ 2002, 153 = NStZ 2001, 324 mit Anmerkung Duttge, NStZ 2001, 546 = BGHSt 46, 279. 22 BGH JZ 2002, 150 (151). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 9 einzustufen war. Nach alldem entschloss sich der Angeklagte, die gewünschte „Sterbebegleitung“ zu gewähren, nämlich in der Schweiz 10 g NaP zu beschaffen, diese in die Bundesrepublik einzuführen und hier der Verstorbenen zur Verfügung zu stellen. Nachdem die Verstorbene eine formularmäßig vorbereitete „Freitoderklärung“ ausgefüllt hatte, löste der Angeklagte die 10 g NaP in einem Glas Wasser auf und reichte dies der Frau zur sofort erfolgten Einnahme. Nach der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich damit immer dann ein Strafbarkeitsrisiko für den Suizidhelfer, wenn die Freitodhilfe in der Form der Beschaffung eines schmerzfreien, jedoch hochtoxischen Betäubungsmittels für den Suizidenten gewährt wird. Der unerlaubte Erwerb, die unerlaubte Einfuhr und die unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln sind in § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtmG mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe gedroht . Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des BtmG ergibt sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung weder aus dem Prinzip der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG)23, noch unter dem Gesichtspunkt der Straflosigkeit der Hilfe zur Selbsttötung24. Die Straflosigkeit eines Verhaltens unter dem letztgenannten Aspekt beschränkt sich nach dem Urteil des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs auf eben diesen und nicht auch auf das vom Angeklagten begangene Betäubungsmitteldelikt , mit dem andere Rechtsgüter gefährdet worden seien25: Mit der Entscheidung , Pentobarbital in die Liste der Betäubungsmittel gem. § 1 Abs. 1 BtmG aufzunehmen26, habe der Verordnungsgeber „dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass ein Umgang mit diesem Betäubungsmittel für die Volksgesundheit grundsätzlich gefährlich“ sei27. Inwieweit im Einzelfall Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe eingreifen, konnte der Bundesgerichtshof bislang offen lassen: Der Angeklagte habe weder als Arzt noch als Angehöriger der Verstorbenen oder als sonst persönlich Betroffener gehandelt, auf dessen Gewissensentscheidung es ankommen könne28. Er habe vielmehr im Rahmen einer Organisation ohne persönliches Näheverhältnis agiert29. Das „moralisch-politische Engagement“ des Angeklagten vermöge an der Strafbarkeit seines Handelns nichts zu ändern30. Zur Ablehnung rechtfertigender Notstandshilfe nach § 34 StGB beruft sich das Gericht auf die Höchstrangigkeit des Rechtsgutes Leben in der Werteordnung des Grundgesetzes sowie auf die in § 216 StGB (Tötung auf Verlangen) zum Aus- 23 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2012 (BGBl. I, S. 1478). 24 BGH JZ 2002, 150 (151). 25 BGH JZ 2002, 150 (151). 26 Siehe Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtmG. 27 BGH JZ 2002, 150 (151). 28 BGH JZ 2002, 150 (152); ob Besonderheiten beim Handeln naher Angehöriger oder eines Arztes gelten können, hat das Gericht somit dahinstehen lassen. 29 BGH JZ 2002, 150 (152). 22 BGH JZ 2002, 150 (152). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 10 druck gekommene gesetzgeberische Wertentscheidung, dass die Rechtsordnung die Mitwirkung eines anderen am Freitod eines Menschen grundsätzlich missbillige31. Ausgehend von der so begründeten Strafbarkeit wegen des betäubungsmittelrechtlichen Vergehens gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtmG (Einfuhr – im konkreten Fall aus der Schweiz) und § 29 Abs. 1 Nr. 6 b BtmG (Überlassen zum unmittelbaren Gebrauch) lehnt der 5. Strafsenat – in Abkehr von einer bereits gefestigten gegenläufigen Rechtsprechung32 – eine weitergehende Strafbarkeit aus § 30 Abs. 1 Nr. 3 BtmG und damit die erfolgsqualifizierte Unrechtssteigerung der Tat zu einem Verbrechen wegen leichtfertiger Todesverursachung gleichwohl ab33. Im vorliegenden Fall des Freitods des Betäubungsmittelempfängers greife der Grundsatz der Selbstverantwortung des sich selbst eigenverantwortlich gefährdenden Tatopfers ein34. Das Merkmal der Leichtfertigkeit im Sinne eines Außerachtlassens der sich aufdrängenden Möglichkeit eines tödlichen Verlaufs „aus besonderem Leichtsinn oder aus besonderer Gleichgültigkeit“35 sei in einem „ganz und gar untypischen Fall wie dem vorliegenden“, in dem die Betäubungsmittelempfängerin in jeder Hinsicht selbstverantwortlich gehandelt habe, nicht gegeben36. Der Vorwurf der Leichtfertigkeit erfasse insoweit – ausnahmsweise – nicht „erst recht“ auch vorsätzliches Handeln37. 2.2.2. Strafbarkeit der Verschreibung und Abgabe von Betäubungsmitteln zu Suizidzwecken durch Ärzte Nach dem vorgenannten Urteil des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2001 können sich Suizidwillige – wie dargelegt – im Rahmen des von der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtmG abgesteckten Bereichs des Betäubungsmittelstrafrechts keiner Hilfe altruistisch handelnder Sterbehelfer bedienen38. Damit bleibt der Weg einer organisierten Laien-Freitodhilfe mittels Betäubungsmitteln verbaut. Das beruht weithin auf zwingenden völkerrechtlichen Vorgaben. Insbesondere werden Natrium-Pentobarbital (NaP) und seine Salze in Anhang III des internationalen 31 BGH JZ 2002, 150 (152); überraschenderweise vertritt der Bundesgerichtshof die These der Rechtswidrigkeit des Suizids (!); damit geht BGH JZ 2002, 150 (152) noch über die Entscheidung des Großen Senats aus dem Jahre 1954 (BGHSt 6, 147[153]) hinaus, wo nur von einer Missbilligung durch das Sittengesetz die Rede war. Kritsch hierzu Duttge, NZS 2001, 546 (547); Sternberg-Lieben, JZ 2002 153 (154 f.). 32 Siehe etwa BGH JZ 1991, 571 mit Anmerkung Rudolphi, JZ 1991, 572 und Beulke/Schröder, NZS 1991, 393. 33 Hierin erblickt Duttge das Bemühen des Gerichts um eine „mittlere“ Lösung, NZS 2001, 546. 34 BGH JZ 2002, 150 (152). 35 BGH JZ 2002, 150 (153) mit Verweis auf BGHSt 33, 66 (67). 36 BGH JZ 2002, 150 (153). 29 BGH JZ 2002, 150 (153). 38 Vgl. Sternberg-Lieben, JZ 2002, 153 (156); kritisch hierzu Heuchemer, JA 2001, 627 (631). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 11 Übereinkommens über psychotrope Stoffe vom 21. Februar 1971 aufgeführt39. Dementsprechend ist in Art. 2 Abs. 7 lit. c ii in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 vorgeschrieben, dass der Stoff „zum Gebrauch durch Privatpersonen nur gegen ärztliche Verschreibung ausgeliefert oder abgegeben werden“ darf. Vor diesem völkerrechtlichen Hintergrund können Ärzte innerhalb des von § 13 BtmG festgelegten Rahmens legal Betäubungsmittel verschreiben. Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich deshalb die im Schrifttum bisher wenig beachtete Frage40, ob ein Arzt gegen das Betäubungsmittelstrafrecht verstößt, wenn er ein tödliches Betäubungsmittel zwecks freier Suizidbegehung verschreibt oder zum unmittelbaren Gebrauch überlässt41. Die ärztliche Rezeptier- und Behandlungsfreiheit sind dadurch einschneidend eingeengt, dass einerseits allein die in der Anlage III zum BtmG erwähnten Betäubungsmittel überhaupt verschreibungsfähig sind42 und dass andererseits die Verschreibung, Verabreichung43 und Verbrauchsüberlassung 44 zugelassener Betäubungsmittel – einschließlich des als „geradezu ideal geeignet“ zur Herbeiführung eines „sanften“ Todes eingestuften NaP45 – an das Erfordernis der „Begründetheit“ ihrer Anwendung anknüpfen. Dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 13 Abs. 1 Satz 1 BtmG, derzufolge die in Anlage III bezeichneten – verkehrs- und verschreibungsfähigen – Betäubungsmittel nur von Ärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen Behandlung verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden dürfen, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen Körper „begründet“ ist. Verstöße gegen 39 Vgl. das Übereinkommen über psychotrope Stoffe, abgeschlossen in Wien am 21. Februar 1971 und für Deutschland am 2. März 1978 in Kraft getreten (BGBl. 1976 II, S. 1478). Dieses internationale Übereinkommen teilt psychotrope Stoffe in folgende vier Kategorien ein: die Halluzinogene, die Stimulantien, die Hypnotica und die Tranquilantien. Pentobarbital und seine Salze sind unter der Position 4 in Anhang III (Hypnotica) zu dem Übereinkommen zu finden; vgl. hierzu Petermann, NaP-Rezeptierung, in: Petermann Hrsg., Sterbehilfe, S. 287 (299). 40 Mit dieser Frage befassen sich allerdings Feldmann, Die Strafbarkeit der Mitwirkungshandlungen am Suizid, S. 314 f. sowie Gavela, Ärztlich attestierter Suizid und organisierte Sterbehilfe, 2013, S. 55 ff. 41 Gewiss gibt es auch tödliche Chemikalien, die zwecks Suizidbegehung angewendet werden und nicht dem BtmG unterliegen, wie etwa das Kaliumzyanid, das im Hackethal-Fall zum Einsatz gekommen ist. Der Umgang mit diesen Chemikalien bedürfte einer separaten Prüfung (auf der Grundlage der geltenden Giftverordnungen), die jedoch den Rahmen dieser Arbeit überschreiten würde und deshalb hier ausgeklammert bleibt. 42 Die Verschreibung, Verabreichung oder Verbrauchsüberlassung der in den Anlagen I und II zum BtmG genannten Betäubungsmittel bleibt nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BtmG schlechthin verboten. 43 „Verabreichen“ ist die unmittelbare Anwendung des Betäubungsmittels am Körper des Patienten ohne dessen aktive Mitwirkung; vgl. Weber, Betäubungsmittelgesetz, § 13 Rn. 10; Körner, Betäubungsmittelgesetz, § 29 Rn. 1601; vgl. hierzu auch BT-Drs. 8/3551, S. 32. 44 Unter „Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch“ ist das Zuführen einer Betäubungsmittel-Dosis an Dritte zum sofortigen Verbrauch an Ort und Stelle zu verstehen, ohne das der Adressat an dem Stoff selbst Verfügungsgewalt erlangt; vgl. Körner, Betäubungsmittelgesetz, § 29 Rn. 1601; Weber, Betäubungsmittelgesetz, § 13 Rn. 11. Zum Ausdruck kommen soll damit, dass das Betäubungsmittel vom Patienten direkt in der Praxis eingenommen wird, und dass keine Abgabe an ihn zur Mitnahme und zum späteren Verbrauch vorliegt, so BT-Drs. 8/3551, S. 32. 37 Vom Angeklagten im EXIT-Urteil nach eigenen Angaben auch deshalb bevorzugt; vgl. BGH JZ 2002, 150 (151). NaP als „das bislang mit Abstand am besten erforschte Mittel für medizinisch attestiertes Sterben“ bezeichnend Petermann, NaP-Rezeptierung, in: Petermann (Hrsg.), Sterbehilfe, S. 287 (295). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 12 diese Vorschrift belegt § 29 Abs. 1 Nr. 6 BtmG mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe. Für die hier bedeutsame Fragestellung kommt es damit entscheidend auf den für die Begründetheitsbeurteilung anzulegenden Maßstab an. Der auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 13 Abs. 3 BtmG beruhenden Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV)46 lässt sich dazu nichts Verbindliches entnehmen47. Die Voraussetzungen, die dabei im Einzelnen erfüllt sein müssen, sind vielmehr im Wege der Auslegung zu ermitteln48. Sie ergeben sich „mit der nach Art. 103 Abs. 2 GG gebotenen Bestimmtheit aus der Aufgabe des Arztes“, wobei „Inhalt und Zweck aller für das Verschreiben eines Betäubungsmittels geltenden Beschränkungen“ besondere Berücksichtigung verdienen49. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist demnach zu prüfen, ob der Betäubungsmitteleinsatz zur Heilung – einschließlich der Schmerzlinderung - medizinisch indiziert, d. h. „nach den allgemeinen oder weitaus überwiegend anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft geeignet“ und als ultima ratio erforderlich ist50, wobei Letzteres auf die Nicht-Erreichbarkeit des beabsichtigen Zwecks auf andere Weise hinweist. Das Erfordernis einer solchen „ultima-ratio-Indikation“ hat der Gesetzgeber durch § 13 Abs. 1 Satz 2 BtmG ausdrücklich gesetzlich klargestellt. Danach ist die Anwendung am oder im menschlichen Körper insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann.51 Damit drängt sich die Frage auf, ob die Zielsetzung freier Suizidbegehung dem gesetzlichen Begründetheitserfordernis genügen kann52. Dies wird man verneinen müssen, da einer derart weiten Auslegung insbesondere der Gesetzeszweck der BtmG entgegenstünde. In der amtlichen Begründung zum BtmG wird nämlich ausgeführt, das Gesetz diene dem Schutz der menschlichen Gesundheit , der Sicherstellung der notwendigen medizinischen Versorgung der Bevölkerung sowie 46 Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (Betäubungsmittel -Verschreibungsverordnung-BtMVV) vom 20. Januar 1998 (BGBl. I, S. 74, 80), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 20. Juli 2012 (BGBl. I, S. 1639). 39 So auch Ulsenheimer, in: Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Auflage, § 147 Rn. 2, 6. 48 BGHSt 29, 6 (11). 49 BGHSt 29, 6 (8 f.). 50 BGHSt 29, 6 (9) mit Verweis auf BGHSt 1, 318 (322); so bereits früher RGSt 62, 269 (385); siehe hierzu auch Ulsenheimer, Arztstrafrecht in der Praxis, S. 464 f. 43 Zu dieser „ultima-ratio-Indikation“ nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BtmG siehe Ulsenheimer, in: Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, § 147 Rn. 7; dazu auch Körner, Betäubungsmittelgesetz, § 13 Rn. 21. 52 Gegen den Einschluss einer lebensvernichtenden Zielsetzung im Rahmen des § 13 BtmG Feldmann, Die Strafbarkeit der Mitwirkungshandlungen am Suizid, S. 314 f. sowie Gavela, Ärztlich assistierter Suizid und organisierte Sterbehilfe, 2013, S. 57 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 13 der Missbrauchsverhinderung beim Umgang mit Betäubungsmitteln53. Danach liegt die Einbeziehung einer zu lebensvernichtenden Zwecken erfolgenden Betäubungsmittel-Anwendung dem Gesetz fern. Der Entschluss eines Menschen zur Selbsttötung kann die Bereitstellung eines Betäubungsmittels durch einen Arzt für diesen Zweck nicht begründen, da dieser Zweck keine Therapie einer Erkrankung darstellt und auch über die bloße Symptomlinderung hinausgeht. Ergänzend ist in diesem Zusammenhang auch auf die Präambel der „Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung“ aus dem Jahre 201154 hinzuweisen. Danach ist es „Aufgabe des Arztes, unter Achtung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten Leben zu erhalten, Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen sowie Leiden zu lindern und Sterbenden bis zum Tod beizustehen“. Die Mitwirkung des Arztes bei der Selbsttötung sei hingegen „keine ärztliche Aufgabe“. Nach geltendem Recht darf danach keine Arzt eine letale Dosis von Natrium- Pentobarbital (NaP) verschreiben bzw. zum unmittelbaren Verbrauch überlassen. Eine andere Betrachtung stünde dem Gesetzeszweck zuwider und wäre überdies rechtshistorisch und gesetzessystematisch – richtet man den Blick auf die Gesamtheit der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften samt BtMVV – nicht belegbar. Bei grundsätzlicher Bejahung des Tatbestandes des § 29 Abs. 1 Nr. 6 BtmG bleibt allerdings noch zu fragen, ob unter Umständen nicht aus Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen die Straflosigkeit des am Patientensuizid mitwirkenden Arztes hergeleitet werden könnte, etwa bei Fallgestaltungen wie im EXIT-Fall. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs scheint eine Öffnung in diese Richtung und damit Raum für eine Gewissensentscheidung des Arztes – oder des Angehörigen – beim Umgang mit Betäubungsmitteln zum Zweck der Suizidhilfe zu erwägen55. Dies mag dem Einzelfall gerecht werden, kann aber zur grundsätzlichen Klärung dieses rechtlichen Problems nicht viel beitragen. 3. Sterbehilfeorganisationen in Deutschland Die – soweit ersichtlich – einzige Organisation, die Suizidbegleitungen in Deutschland anbietet und praktiziert, ist der Verein „Sterbehilfe Deutschland“ (StHD). Nach Informationen der „Welt“56 hat StHD im Jahr 2013 insgesamt 41 und im Jahr 2012 zusammen 29 Suizidbegleitungen in Deutschland durchgeführt. Der im September 2005 in Hannover gegründete deutsche Verein „DIGNITAS-Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben“ e.V. sieht sich wegen der geltenden Rechtslage in Deutschland eigenen Angaben zufolge hingegen nicht in der Lage, seinen 53 BT-Drs. 8/3551, S. 23 f.; vgl. zudem die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtmG, in der die drei Zwecke des BtmG festgehalten sind: Sicherstellung der notwendigen medizinischen Versorgung der Bevölkerung, Unterbindung von Betäubungsmittelmissbrauch sowie Abwehr von Betäubungsmittelabhängigkeiten. Die Vorschrift beinhaltet einen zwingenden Versagungsgrund für die Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb von Betäubungsmitteln gem. § 3 BtmG. 54 Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung, Deutsches Ärzteblatt, Jahrgang 108, Heft 7 vom 18. Februar 2011, A 346. 55 BGH JZ 2002, 150 (152). 56 Der Tod wird teuer, in: „Die Welt“ vom 5. Februar 2014. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 14 Mitgliedern eine Freitodbegleitung in Deutschland selbst anzubieten. Er beschränkt sich deshalb auf eine reine Vermittlungstätigkeit, die darin besteht, suizidwillige Mitglieder an die „Partnerorganisation “ DIGNITAS in der Schweiz zu verweisen. Mitglieder von DIGNITAS-Deutschland können sich aufgrund einer entsprechende Vereinbarung mit dieser Organisation in der Schweiz beraten lassen und dort gegebenenfalls auch eine Sterbebegleitung in Anspruch nehmen. Nicht zu den Sterbehilfeorganisationen im vorgenannten Sinne zählt die „Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) e. V. Dieser Verein versteht sich als „eine Bürgerrechtsbewegung sowie Menschenrechts- und Patientenschutzorganisation, die sich seit ihrer Gründung im Jahr 1980 dem lebenslangen Selbstbestimmungsrecht des Menschen verpflichtet fühlt“57 und ausschließlich rechtspolitisch tätig wird. Sie setzt sich dafür ein, den Menschen „ein unerträgliches und sinnloses Leiden zu ersparen und ihnen auch beim Sterben ihre Menschenwürde zu erhalten “58. Vor diesem Hintergrund will die DGHS die rechtlichen Rahmenbedingungen für Schwerstkranke und Sterbende in Deutschland verbessern59. Suizidbegleitungen werden von der DGHS nicht durchgeführt. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich deshalb auf die beiden Sterbehilfeorganisationen „Sterbehilfe Deutschland“ und DIGNITAS. 3.1. Sterbehilfe Deutschland (StHD) 3.1.1. Allgemeines Sterbehilfe Deutschland (StHD) ist ein eingetragener Verein mit Sitz in Oststeinbek bei Hamburg, der am 1. Oktober 2009 gegründet wurde und im Vereinsregister Lübeck eingetragen ist. Vorsitzender dieses Vereins ist der ehemalige Hamburger Justizsenator Roger Kusch. Unter dem Namen StHD besteht darüber hinaus seit dem 1. August 2012 ein Verein im Sinne von Art. 60 ff des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) mit Sitz in Zürich, der im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen ist. Diese beiden Vereine sind rechtlich selbstständig, arbeiten aber nach eigenen Angaben eng zusammen. Der Hamburger Verein kümmert sich um die Mitglieder in Norddeutschland , der Züricher Verein um die Mitglieder in Süddeutschland und der Schweiz. Der Verein Sterbehilfe Deutschland e. V. (Oststeinbek bei Hamburg) hat sich eine Satzung gegeben, die von StHD (Zürich) weitgehend übernommen worden ist60. 3.1.2. Vereinszweck Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung haben alle Menschen „das Recht auf Selbstbestimmung bis zum letzten Atemzug“. Vor diesem Hintergrund verfolgt der Verein in erster Linie „das gesell- 57 Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben: Über uns, abrufbar im Internet unter: http://www.dghs.de/ueberuns .html 58 Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben: Über uns, abrufbar im Internet unter: http://www.dghs.de/ueberuns .html 59 Die Grundsätze, Zielsetzungen und Forderungen der DGHS sind in ihrem Grundsatzprogramm vom Juni 2013 niedergelegt, abrufbar in Internet unter: http://www.dghs.de/fileadmin/user_upload/Dateien/PDF/Flyer/Grundsatzprogramm_2013-08_v01-01.pdf 60 Abrufbar im Internet unter: http://www.sterbehilfedeutschland.de/sbgl/files/PDF/2014-x-Satzung.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 15 schaftspolitische Ziel, dieses Recht in Deutschland nach Schweizer Vorbild zu verankern“ (§ 2 Abs. 1 Satz 2 der Satzung). Der Verein „unterstützt seine Mitglieder bei der Durchsetzung dieses Rechts“ und hat sich hierzu „Ethische Grundsätze, die für alle im und für den Verein tätigen Personen verbindlich sind“, gegeben (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 der Satzung)61. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung steht der Verein seinen Mitgliedern „bei der Gestaltung eines würdigen Ausklangs ihres Lebens beratend zur Seite“. Er erstellt für jedes Mitglied eine individuelle Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung, berät das Mitglied bei der Abfassung dieser Verfügung und unterstützt die Bevollmächtigten bei der Durchsetzung dieser Verfügungen (§ 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Satzung). Will „ein Mitglied aus dem Leben scheiden, ermöglicht der Verein“ nach § 2 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung „unter Beachtung der jeweils geltenden deutschen und schweizerischen Rechtsordnung einen begleiteten Suizid“, sofern die Voraussetzungen der Ethischen Grundsätze des Vereins erfüllt sind. Wartefristen gem. § 5 Abs. 4 der Satzung sind dabei zu beachten (§ 2 Abs. 4 Satz 3 der Satzung). Darüber hinaus unterstützt der Verein alle Bemühungen , bestmögliche Palliativmedizin in Deutschland und in der Schweiz flächendeckend anzubieten (§ 2 Abs. 5 der Satzung). Der Verein ist nach § 2 Abs. 7 der Satzung „parteipolitisch und konfessionell neutral und hat keinerlei wirtschaftliche oder gewerbliche Zielsetzung“. 3.1.3. Mitgliedschaft Mitglieder des Vereins können volljährige Deutsche oder Schweizer, volljährige Ausländer mit Wohnsitz in Deutschland oder in der Schweiz sowie juristische Personen des Privatrechts mit Sitz in Deutschland oder in der Schweiz sein (§ 3 Satz 1 der Satzung). Ein Anspruch auf Aufnahme besteht nach § 3 Satz 3 der Satzung nicht. § 5 Abs. 1 der Satzung sieht insgesamt vier Formen der Mitgliedschaft vor: Die Vollmitgliedschaft (Mitgliedschaft V) mit einem Mitgliederbeitrag in Höhe von 200 € jährlich, die Lebensmitgliedschaft (Mitgliedschaft L) mit einem einmaligen Mitgliederbeitrag in Höhe von 2.000 €, die Lebensmitgliedschaft mit Sonderbeitrag (Mitgliedschaft S), bei der ein einmaliger Mitgliederbeitrag in Höhe von 7.000 € fällig ist sowie die Mitgliedschaft M mit einem Mitgliederbeitrag von 50 € jährlich. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung findet eine Suizidbegleitung gem. § 2 Abs. 4 der Satzung bei der Mitgliedschaft M nicht und bei der Vollmitgliedschaft in den ersten drei Jahren der Mitgliedschaft nach Vereinsbeitritt nicht statt. Bei der Lebensmitgliedschaft verkürzt sich diese Wartefrist auf ein Jahr, während sie bei der Lebensmitgliedschaft mit Sonderbeitrag entfällt (§ 5 Abs. 4 Satz 3 und 4 der Satzung). Bei Beendigung der Mitgliedschaft, die gem. § 4 Abs. 1 der Satzung u.a. mit dem Tod, durch Austritt oder Ausschluss endet, werden Mitgliederbeiträge nicht zurückerstattet (§ 5 Abs. 5 Satz 1 der Satzung). Fällige Mitgliederbeiträge bleiben gem. § 5 Abs. 5 Satz 2 der Satzung zu zahlen. 3.1.4. Finanzierung des Vereins Die Einnahmen des Vereins setzen sich zusammen aus den Mitgliederbeiträgen, deren Höhe von den oben näher dargelegten Formen der Mitgliedschaft abhängt, aus Spenden, anderen Zuwendungen , Kapitalzinsen und sonstigen Erträgen (§ 12 Abs. 1 der Satzung). Die Ausgaben des Ver- 61 Die „Ethischen Grundsätze“ gem. § 2 Abs. 1 Satz 4 der Satzung sind abrufbar im Internet unter: http://www.sterbehilfedeutschland.de/sterbehilfe_2049__Wir_ueber_uns.htm Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 16 eins richten sich gem. § 12 Abs. 2 der Satzung nach dem vom Vorstand bis zum Beginn des neuen Rechnungsjahres zu genehmigenden Jahresbudget. Das Rechnungsjahr des Vereins läuft vom 1. Januar bis zum 31. Dezember (§ 11 der Satzung). Die Mitglieder des Vorstandes (vgl. § 9 der Satzung) üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus und erhalten keine Vergütung und keine Aufwendungs - oder Auslagenpauschale (Ziffer 38 der Ethischen Grundsätze). Soweit Geschäftsführer (vgl. § 10 der Satzung), Angestellte oder freie Mitarbeiter eine Vergütung erhalten, bezieht diese sich nicht auf Suizidbegleitungen, sondern ausschließlich auf die übrigen Tätigkeiten für Sterbehilfe Deutschland (Ziffer 39 Satz 2 der Ethischen Grundsätze). Suizidbegleitungen durch StHD- Mitarbeiter erfolgen nach Ziffer 39 Satz 1 der Ethischen Grundsätze stets ehrenamtlich. Wer im Namen, im Auftrag oder auf Vermittlung von StHD in persönlichen Kontakt zu Vereinsmitgliedern tritt, darf nach Ziffer 40 Satz 1 und 2 der Ethischen Grundsätze Bargeld nur entgegen nehmen , soweit es sich um ein Honorar für eine ärztliche Dienstleistung oder um eine Spende für StHD handelt. Anlässlich einer Suizidbegleitung dürfen weder Geschenke noch Geld entgegengenommen werden (Ziffer 40 Satz 3 der Ethischen Grundsätze). 3.1.5. Voraussetzungen, Vorbereitung und Durchführung der Suizidbegleitung 3.1.5.1. Voraussetzungen der Suizidbegleitung Die Voraussetzungen der Suizidbegleitung durch Sterbehilfe Deutschland sind in den Ziffern 14 bis 21 der Ethischen Grundsätze geregelt. Danach gilt Folgendes: Mitglieder, die um eine Suizidbegleitung bitten, erhalten von StHD einen Fragebogen, der – sorgfältig ausgefüllt und unterschrieben – an StHD zurückzuschicken ist. StHD prüft die Voraussetzungen der Suizidbegleitung erst, wenn der vollständig ausgefüllte Fragebogen und die endgültige Patientenverfügung, die StHD für jedes Mitglied nach dessen Vorgaben erstellt (Ziffer 12 der Ethischen Grundsätze), bei StHD vorliegen. Hilfe beim Suizid setzt nach Ziffer 16 der Ethischen Grundsätze voraus, dass die Einsichts- und Willensfähigkeit des Sterbewilligen ohne jede Einschränkung zu bejahen sind. StHD verlangt vom Sterbewilligen insoweit ein ärztliches Gutachten . Wichtiges Indiz für die Einsichts- und Willensfähigkeit des Sterbewilligen ist nach Ziffer 17 der Ethischen Grundsätze die Auseinandersetzung des Mitglieds mit Alternativen. Wer krankheitsbedingt sterben wolle, müsse sich mit den Möglichkeiten therapeutischer Besserung befassen . In der Regel bedürfe es hierzu der Einholung ärztlichen Rates durch den Sterbewilligen. Der Verein bietet eine Suizidbegleitung auch bei „Menschen mit psychischen Störungen (psychisch Kranken)“ an. Solche Menschen seien „in unserer Gesellschaft besonderen Belastungen ausgesetzt, weil die, die sich psychisch gesund fühlten“, nicht wüssten, „wie sie mit der psychischen Störung eines Menschen umgehen“ sollten und „zur Beruhigung des eigenen Gewissens alles tun“ würden, „den psychisch Kranken am Suizid zu hindern“62 . Auch „beginnende Demenz “ schließe eine Suizidbegleitung durch StHD nicht aus, allerdings nur, so lange „die Einsichts - und Willensfähigkeit ohne Einschränkung zu bejahen“ seien. Nach diesem in Ziffer 16 der 55 Siehe die Ausführungen unter dem Punkt „Psychische Krankheit“ im Rahmen „Häufig gestellter Fragen“ auf der Internetpräsenz des Vereins, http://www.sterbehilfedeutschland.de/sterbehilfe_1671__Haeufige_Fragen.htm Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 17 Ethischen Grundsätze festgelegten Maßstab hat StHD eigenen Angaben zufolge in einigen Fällen beim Suizid geholfen, in anderen Fällen die Hilfe abgelehnt.63 Hinweise darauf, dass andere Personen den Sterbewilligen beeinflusst haben könnten, werden durch StHD nach Ziffer 18 der Ethischen Grundsätze sorgfältig geprüft. Bestätigen sich solche Hinweise, kommt eine Suizidbegleitung durch StHD nicht in Betracht. StHD hilft nach Ziffer 19 der Ethischen Grundsätze beim Suizid nur, wenn der Sterbewille unumstößlich ist. Im Zweifelsfall kann – zusätzlich zu den regulären Fristen des § 5 Abs. 4 der Satzung – eine individuelle Wartefrist festgesetzt werden, insbesondere bei nicht eindeutigen Angaben und jungen Mitgliedern . StHD hilft beim Suizid nur, wenn der Sterbewunsch durchdacht und nachvollziehbar ist. Können Zweifel durch ein ärztliches Gutachten nicht ausgeräumt werden, lehnt StHD eine Suizidbegleitung ab ( Ziffer 20 der Ethischen Grundsätze). 3.1.5.2. Vorbereitung der Suizidbegleitung Die Vorbereitung der Suizidbegleitung durch StHD richtet sich nach den Ziffern 22 bis 28 der Ethischen Grundsätze. Danach gilt Folgendes: Die Voraussetzungen der Suizidbegleitung (Ziffer 14 bis 21 der Ethischen Grundsätze) sind schriftlich oder durch die Videoaufzeichnung eines Gesprächs mit dem Sterbewilligen zu dokumentieren . Nahestehende Angehörige – einschließlich nahestehender Personen ohne Verwandtschaftsverhältnis – sind in vorbereitende Gespräche einzubeziehen. Die spezifischen Risiken der gewollten und geplanten Suizidmethode sind dabei zu erörtern. Für den Fall, dass StHD in eine Sterbebegleitung eingewilligt hat und der Sterbewillige den Sterbewunsch endgültig äußert, erörtert StHD mit ihm alle Möglichkeiten eines Weiterlebens. Bleibt der Sterbewillige bei seinem Wunsch, hilft StHD gemäß der Zusage. 3.1.5.3. Durchführung der Suizidbegleitung Regelungen zur Durchführung der Suizidbegleitung finden sich in den Ziffern 29 bis 36 der Ethischen Grundsätze. Insoweit gilt Folgendes: StHD unterstützt ausschließlich begleitete Suizide. Zur Begründung dieser Verfahrensweise wird in Ziffer 30 der Ethischen Grundsätze darauf hingewiesen, dass kein Suizid sicher sei. Unbegleitete Suizide würden neben dem allgemeinen Risiko des Scheiterns die spezifische Gefahr bergen, dass der Sterbewillige auf Grund seiner psychischen Ausnahmesituation Fehler bei der Durchführung macht. Als Begleiter kommen entweder Angehörige oder StHD-Mitarbeiter in Betracht. Sind Angehörige zur Suizidbegleitung bereit, werden sie von StHD ausführlich über alle medizinischen und organisatorischen Aspekte informiert und können selber Sterbehilfe leisten, ohne dass ein StHD-Mitarbeiter anwesend ist. Hinsichtlich der Ereignisse, die nach Eintritt des Todes zu erwarten sind, berät StHD den Sterbewilligen und seine Angehörigen, beteiligt sich aber nicht an organisatorischen Vorbereitungen. Bitten die Angehörigen oder der Sterbewillige um Diskretion , trägt StHD diesem Wunsch Rechnung, weist aber darauf hin, dass bei einer Obduktion der 56 Siehe die Ausführungen unter dem Punkt „Demenz“ im Rahmen „Häufig gestellter Fragen“ auf der Internetpräsenz des Vereins, http://www.sterbehilfedeutschland.de/sterbehilfe_1671__Haeufige_Fragen.htm Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 18 Suizid offenkundig wird. Langfristig will StHD die Ermittlungsbehörden nach dem Vorbild der Schweiz einbeziehen. Welches konkrete, tödlich wirkende Medikament dem Sterbewilligen im Rahmen der Suizidbegleitung durch StHD zum unmittelbaren Gebrauch überlassen wird, lässt sich den Ethischen Grundsätzen nicht entnehmen. In den Fällen, in denen die orale Einnahme des Suizidmittels nicht möglich ist, steht der Internetpräsenz des Vereins zufolge ein Injektionsautomat zur Verfügung, bei dem das Mitglied den Auslöseschalter selber betätigt.64 3.1.6. Umgang des Vereins mit der geltenden deutschen Rechtslage Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 der Satzung ermöglicht Sterbehilfe Deutschland – wie bereits erwähnt – einen begleiteten Suizid bei sterbewilligen Mitgliedern des Vereins nur unter „Beachtung der geltenden deutschen […] Rechtsordnung“. Die geschilderten Regularien, nach denen StHD Sterbebegleitungen durchführt, spiegeln diese Haltung wider; ob und inwieweit es in der Praxis im Einzelfall gleichwohl zu Verstößen gegen Bestimmungen des deutschen Rechts kommt, kann mangels entsprechender tatsächlicher Anhaltspunkte nicht beurteilt werden. 3.2. DIGNITAS Neben dem in Forch bei Zürich ansässigen Verein „DIGNITAS-Schweiz – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben“ besteht in Deutschland der Verein „DIGNITAS-Deutschland“65. Der Verein ist im Vereinsregister des Amtsgerichts Hannover mit seinem vollständigen Namen „DIG- NITAS – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben (Sektion Deutschland) e. V.“ eingetragen . DIGNITAS-Deutschland wurde am 26. September 2005 in Hannover gegründet und hat dort auch seinen Sitz. Erster Vorsitzender des Vereins ist der Journalist und Rechtsanwalt Ludwig A. Minelli, der Generalsekretär der Sterbehilfeorganisation „DIGNITAS-Schweiz“. DIGNI- TAS-Deutschland finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden und hat nach eigenen Angaben keinerlei kommerzielle Interessen. Wegen der strikten Rechtslage in Deutschland sieht sich DIGNITAS-Deutschland derzeit allerdings nicht in der Lage, Mitgliedern des Vereins in Deutschland selbst eine „risiko- und schmerzfreie Suizidbegleitung“ anzubieten. Das Medikament Natrium –Pentobarbital (NaP) dürfe in Deutschland in der erforderlichen letalen Dosis ärztlich nicht 57 Siehe die Ausführungen unter dem Punkt „Injektionsautomat“ im Rahmen „Häufig gestellter Fragen“ auf der Internetpräsenz des Vereins, http://www.sterbehilfedeutschland.de/sterbehilfe_1671__Haeufige_Fragen.htm 65 DIGNITAS wurde 2005 in Deutschland in einen Namenrechtsstreit verwickelt und nennt sich seitdem in Deutschland hilfsweise „Dignitate“. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 19 verschrieben werden und mögliche medikamentöse Alternativen seien als nicht gleichwertig anzusehen 66. Der Vorstand von DIGNITAS-Deutschland hat deshalb mit DIGNITAS-Schweiz schon bei der Gründung im Jahre 2005 eine Vereinbarung getroffen, mit der sich der schweizerische Verein gegenüber DIGNITAS-Deutschland verpflichtet hat, den Mitgliedern von DIGNITAS-Deutschland in gleicher Weise zur Verfügung zu stehen wie den eigenen Mitgliedern67. Statutengemäß verfolgt die schweizerische Organisation „DIGNITAS – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben “ den Zweck, ihren Mitgliedern „ein menschenwürdiges Leben wie auch ein menschenwürdiges Sterben zu sichern“, und „auch weiteren Personen bei der Durchsetzung dieses Menschenrechts behilflich zu sein und für dessen weltweite Verwirklichung zu kämpfen“ (Art. 2 Abs.1 der Statuten)68. Für das Lebensende verschafft DIGNITAS seinen Mitgliedern nach den Statuten „eine für die Dauer ihrer Mitgliedschaft rechtlich wirksame Patientenverfügung“, die „von Ärzten und Krankenhäusern beachtet“ werden müsse, und sorgt außerdem „bei einem freigewählten Tod“ für „eine menschenwürdige Freitodbegleitung durch geschultes Personal“ (Art. 2 Abs. 3 der Statuten ). Aufgrund der vorgenannten Vereinbarung zwischen DIGNITAS-Deutschland und dem schweizerischen Verein DIGNITAS haben im Jahre 2011 insgesamt 66 sterbewillige Mitglieder von DIGNITAS-Deutschland unter Inanspruchnahme einer Freitodbegleitung durch DIGNITAS- Schweiz ihr Leben in der Schweiz beendet69. Zu den Voraussetzungen für eine Freitodbegleitung und dem konkreten Ablauf einer Suizidbegleitung durch DIGNITAS wird auf die Internetpräsenz von DIGNITAS-Schweiz verwiesen.70 Dass sich suizidwillige Deutsche in die Schweiz begeben, um dort eine Sterbebegleitung vornehmen zu lassen, es mithin zu einem „Suizidhilfe-Tourismus“ von Deutschland in die Schweiz kommt, liegt u. a. an der unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung sowohl des Strafrechts als auch des Heil- und Betäubungsmittelrechts in diesen beiden Ländern. Die rechtlichen Rahmen- 66 DIGNITAS – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben (Sektion Deutschland) e. V. Jahresbericht des Vorstands für das Vereinsjahr 2011, S. 1f, 7; abrufbar im Internet unter: http://www.dignitas.ch/index.php?option=com_content&view=article&id=44&Itemid=78&lang=de 67 DIGNITAS – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben (Sektion Deutschland) e. V. Jahresbericht des Vorstands für das Vereinsjahr 2011, S. 2; abrufbar im Internet unter: http://www.dignitas.ch/index.php?option=com_content&view=article&id=44&Itemid=78&lang=de 68 Die geltenden Statuten von DIGNITAS-Schweiz finden sich im Internet unter: http://www.dignitas.ch/index.php?option=com_content&view=article&id=11&Itemid=52&lang=de 69 DIGNITAS – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben (Sektion Deutschland) e. V., Jahresbericht des Vorstands für das Vereinsjahr 2011, S. 2; abrufbar im Internet unter: http://www.dignitas.ch/index.php?option=com_content&view=article&id=44&Itemid=78&lang=de 70 http://www.dignitas.ch/ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 20 bedingungen des begleiteten Sterbens in der Schweiz stellen sich – grob skizziert – wie folgt dar:71. In der Schweiz ist die Strafbarkeit der Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord in einem Sondertatbestand geregelt. Nach Art. 115 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs72 wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe bestraft, „wer aus selbstsüchtigen Beweggründen jemanden zum Selbstmorde verleitet oder ihm dazu Hilfe leistet“, wenn „der Selbstmord ausgeführt oder versucht wurde“. Hinsichtlich der Suizidhilfeorganisationen wird allgemein angenommen, dass die Entgeltlichkeit ihrer Dienstleistungen – über die Bezahlung von Mitgliederbeiträgen – selbstsüchtige Beweggründe im Sinne dieser Vorschrift nicht zu begründen vermag. Ein Suizidhelfer, der ohne selbstsüchtige Beweggründe handelt, bleibt nach der Rechtslage in der Schweiz auch dann straflos, wenn er nach dem Eintritt der Bewusstlosigkeit des Suizidwilligen auf Rettungsmaßnahmen verzichtet73. Ungeachtet der notwendigen Differenzierungen im Einzelfall, lässt sich deshalb festhalten, dass die Tätigkeit der Suizidhilfeorganisation, zumindest solange sie nicht auf Profit ausgelegt ist, in der Schweiz straflos bleibt. Unterschiede zwischen der Rechtslage in Deutschland und der Schweiz in Bezug auf die Suizidhilfe sind auch im Heil- und Betäubungsmittelrecht auszumachen. Unabhängig von der in Deutschland drohenden Unterlassungsstrafbarkeit des Suizidhelfers74 liegt – wie dargelegt75 – ein strafbarer Verstoß gegen die §§ 29 Abs. 1 Nr. 6 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 BtMG vor, wenn für die Suizidhilfe das regelmäßig verwendete Barbiturat Natrium-Pentobarbital (NaP) an eine sterbewillige Person abgegeben oder verabreicht wird. In der Schweiz hingegen sind die Verschreibung und Abgabe von Natrium-Pentobarbital in letaler Dosis nach dem grundlegenden Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 3. November 200676 zulässig. Zwar ist NaP ähnlich wie in Deutschland im Verzeichnis der Betäubungsmittel aufgeführt und untersteht damit dem Betäubungsmittelrecht 77. Betäubungsmittel können aber nach Art. 2 Abs. 1 BtMG-Schweiz78 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b des Schweizerischen Heilmittelgesetzes (HMG) auch als Heilmittel eingesetzt werden, womit das Heilmittelgesetz zur Anwendung kommt. Auch wenn 71 Zur Rechtslage in der Schweiz im Einzelnen vgl. Kunz, Der Rechtsrahmen des begleiteten Sterbens in der Schweiz und das Wirken der Schweizer Sterbehilfeorganisation, abrufbar in Internet unter: http://www.krim.unibe.ch; Geth, Organisierte Suizidhilfe in der Schweiz – Aktuelle rechtspolitische Entwicklungen , in: Zeitschrift für Lebensrecht (ZfL) 2012, S. 70-75. 72 Vom 21. Dezember 1937 (Stand am 1. Januar 2014), abrufbar im Internet unter: http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19370083/index.html 73 Zur diesbezüglichen Rechtslage in Deutschland vgl. oben zu Gliederungspunkt 2.1. 74 Vgl. hierzu näher oben zu Gliederungspunkt 2.1. 75 Vgl. hierzu näher oben zu Gliederungspunkt 2.2. 76 BGE 133 I 58. 77 Anhänge a und b der Betäubungsmittelverordnung Swissmedic vom 12. Dezember 1996 (SR 812.121.2). 78 Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BtMG) vom 3. Oktober 1951, Stand am 1. Oktober 2013; abrufbar im Internet unter: http://www.admin.ch Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 21 die Verwendung von NaP als Sterbehilfemittel nicht den klassischen Zwecken des Heilmittelrechts (Erkennung, Verhütung oder Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und Behinderungen , vgl. Art. 4 Abs. 1 Buchstabe a HMG) entspricht, kann ein Arzt nach Art. 9 Abs. 2 Buchstabe a HMG Schweiz im Rahmen seiner Therapiefreiheit auch nicht zugelassene Arzneimittel oder Betäubungsmittel verschreiben. Genügen soll dabei nach Ansicht des Schweizerischen Bundesgerichts, dass die sterbewillige Person an einer unheilbaren, dauerhaften, schweren somatischen oder psychischen Beeinträchtigung leidet, die der betroffenen Person das Leben auf Dauer nicht mehr als lebenswert erscheinen lässt79. Insbesondere bei psychischen Leiden sei aber besondere Zurückhaltung angebracht: es gelte zwischen dem Sterbewunsch zu unterscheiden, der Ausdruck einer therapierbaren psychischen Störung sei und nach Behandlung rufe und jenem , der auf einem selbstbestimmten, wohl erwogenen und dauerhaften Entscheid einer urteilsfähigen Person beruhe („Bilanzsuizid“), den es gegebenenfalls zu respektieren gelte80. Die Kriterien zur Feststellung der Urteilsfähigkeit vor der ärztlichen Verschreibung von NaP sind hingegen noch nicht hinreichend geklärt. Abschließend ist in strafrechtlicher Hinsicht noch darauf hinzuweisen, dass die von dem deutschen Verein DIGNITAS vorgenommene Vermittlungstätigkeit, die darin besteht, von Deutschland aus suizidwillige Mitglieder zur Sterbebegleitung an die „Partnerorganisation“ DIGNITAS- Schweiz81 zu verweisen, nach deutschem Recht als strafbare Beihilfe zu einem Betäubungsmitteldelikt gemäß §§ 29 Abs. 1 Nr. 6 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 BtmG, § 27 StGB zu bewerten sein dürfte. Anders als in der Schweiz stellt sich die Verbrauchsüberlassung des tödlich wirkenden Barbiturats NaP an einen Suizidwilligen in Deutschland – wie dargelegt82 - als strafbarer Verstoß gegen das BtMG dar. Obwohl die Haupttat in der Schweiz – wie soeben ausgeführt - straflos bleibt, ist die inländische Beihilfe hierzu nach deutschem Recht gleichwohl strafbar, da gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 StGB für die Teilnahme das deutsche Strafrecht gilt, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist. 4. Internetpräsenz der Sterbehilfeorganisationen „Sterbehilfehilfe Deutschland (StHD)“ und „DIGNITAS“ Sterbehilfe Deutschland (StHD), Satzung in der von der Mitgliederversammlung am 12. Januar 2014 verabschiedeten und am 16. Januar 2014 in das Vereinsregister Lübeck eingetragenen Neufassung , abrufbar im Internet unter: http://www.SterbehilfeDeutschland.de/sbgl/files/PDF/2014- x-Satzung.pdf Sterbehilfe Deutschland (StHD), Ethische Grundsätze gem. § 2 Abs. 1 Satz 4 der Satzung /Statuten, abrufbar im Internet unter: http://www.sterbehilfedeutschland.de/sterbehilfe_2049__Wir_ueber_uns.htm 79 BGE 133 I 58 E 6.3.5.1. 80 BGE 133 I 58 E 6.3.5.1. 81 Zur Vermittlungstätigkeit von DIGNITAS-Deutschland vgl. näher oben zu Gliederungspunkt 3. 82 Vgl. hierzu näher oben zu Gliederungspunkt 2.2.2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 9 - 3000 - 006/14 Seite 22 DIGNITAS – Menschwürdig leben – Menschenwürdig sterben (Sektion Deutschland) e. V., Jahresbericht des Vorstandes für das Vereinsjahr 2011, abrufbar im Internet unter: http://www.dignitas.ch/images/stories/pdf/digde/digde-jahresbericht-2011.pdf DIGNITAS (Schweiz) – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben, Statuten, abrufbar im Internet unter: http://www.dignitas.ch/images/stories/pdf/statuten-dignitas-d.pdf DIGNITAS-Deutschland – Menschenwürdig leben – Menschwürdig sterben (Sektion Deutschland ) e. V. Informations-Broschüre, abrufbar im Internet unter: http://www.dignitas.ch DIGNITAS-Schweiz – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben, hrsg, Informations- Broschüre, abrufbar im Internet unter: http://www.dignitas.ch DIGNITAS-Schweiz – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben (Hrsg), So funktioniert DIGNITAS – Auf welcher philosophischen Grundlage beruht die Tätigkeit dieser Organisation, 2. Auflage 2010, abrufbar im Internet unter: http://www.dignitas.ch/images/stories/pdf/sofunktioniert -dignitas-d.pdf