WD 9 - 3000 - 001/20 (29. Januar 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Personen, die in der Privaten Krankenversicherung (PKV) versichert sind, können nur dann in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wechseln, wenn ein Tatbestand vorliegt, der nach § 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V1) zu einer Versicherungspflicht in der GKV führt. Dies ist z. B. bei der Aufnahme einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt der Fall, die grundsätzlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zu einer Versicherungspflicht führt. Allerdings darf das erzielte Arbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht überschreiten, da diese Beschäftigung ansonsten versicherungsfrei nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist. Personen, die zuvor aufgrund eines Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei waren, können – sofern sie aus der GKV ausgeschieden und privat krankenversichert waren – z. B. durch Reduzierung ihres Arbeitsentgeltes unter diese sog. Versicherungspflichtgrenze kommen und dadurch das Eintreten einer Versicherungspflicht und damit einen Wechsel von der PKV in die GKV erreichen. Hauptberuflich selbstständig Tätige können eine Versicherungspflicht durch die Aufnahme einer versicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung nur erreichen, sofern sie ihrer selbstständigen Tätigkeit nicht mehr hauptberuflich, sondern nur noch nebenberuflich nachgehen. Üben sie ihre selbstständige Tätigkeit weiterhin hauptberuflich aus, sind sie gemäß § 5 Abs. 5 SGB V nicht versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Für bisher privat krankenversicherte Personen, bei denen die Versicherungspflicht z. B. durch Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung erst nach Vollendung des 55. Lebensjahres eintritt, ist der Wechsel von der PKV in die GKV jedoch nur eingeschränkt möglich. So sind diese Personen unter bestimmten Voraussetzungen nach § 6 Abs. 3a SGB V – trotz des Vorliegens eines Tatbestandes , der an sich nach § 5 SGB V zu einer Versicherungspflicht führt – versicherungsfrei und können somit nicht in die GKV wechseln. Dies gilt, wenn sie nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden und sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Diese Voraussetzung ist an keine Mindestdauer 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2913), abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/BJNR024820988.html (zuletzt abgerufen am 29. Januar 2020). Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Wechsel von der Privaten in die Gesetzliche Krankenversicherung nach Vollendung des 55. Lebensjahres Kurzinformation Wechsel von der Privaten in die Gesetzliche Krankenversicherung nach Vollendung des 55. Lebensjahres Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 gekoppelt. Insofern führt bereits das Vorliegen einer Versicherung in der GKV für mindestens einen Tag im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum dazu, dass bei einer nach der Vollendung des 55. Lebensjahres eintretenden Versicherungspflicht keine Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 3a SGB V eintritt und somit eine Pflichtmitgliedschaft in der GKV begründet wird. Hierfür ist unerheblich, ob die Person selbst als pflicht- oder freiwillig versichertes Mitglied oder im Rahmen einer Familienversicherung nach § 10 SGB V in der GKV versichert war. Damit eine Person, die bei Eintritt der Versicherungspflicht bereits das 55. Lebensjahr beendet hat, versicherungsfrei nach § 6 Abs. 3a SGB V ist und damit von der GKV ausgeschlossen bleibt, ist die Erfüllung einer weiteren Voraussetzung notwendig. So muss diese Person nach § 6 Abs. 3a Satz 2 SGB V mindestens die Hälfte der letzten fünf Jahre (30 Monate) vor Eintritt der Versicherungspflicht versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 SGB V nicht versicherungspflichtig gewesen sein. Nur wenn beide Voraussetzungen – also keine Versicherung in der GKV im Fünfjahreszeitraum sowie das Vorliegen einer Versicherungsfreiheit , einer Befreiung von der Versicherungspflicht oder einem Ausschluss der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 5 SGB V für mindestens die Hälfte dieses Zeitraums – kumulativ erfüllt sind, besteht Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 3a SGB V. Ein Wechsel in die GKV ist somit in diesen Fällen trotz Eintretens eines Tatbestandes, der grundsätzlich zur Versicherungspflicht führt, ausgeschlossen. Die Regelung des § 6 Abs. 3a SGB V wurde im Rahmen des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Gesundheitsreform 20002) mit Wirkung zum 1. Juli 2000 eingeführt. Durch die Einführung der Versicherungsfreiheit für Personen, die erst nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, wollte der Gesetzgeber eine klarere Abgrenzung zwischen der Gesetzlichen und Privaten Krankenversicherung erreichen und die Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten schützen (vgl. hierzu BT-Drs. 14/1245, S. 59 f.). So sollte durch diese Regelung der Grundsatz gestärkt werden, dass versicherungsfreie Personen, die sich frühzeitig für eine Absicherung in der PKV entschieden haben, diesem System auch im Alter angehören sollen. Vor dem Inkrafttreten von § 6 Abs. 3a SGB V konnten diese Personen z. B. durch Veränderungen in der Höhe ihres Arbeitsentgelts, durch Übergang von Voll- in Teilzeitbeschäftigung oder von selbstständiger Tätigkeit in eine abhängige Beschäftigung auch dann Pflichtmitglied in der GKV werden, wenn sie vorher zu keinem Zeitpunkt einen eigenen Beitrag zu den Solidarlasten geleistet hatten. Auf diesem Weg wechselten im Zeitraum von 1992 bis 1997 circa 943.000 Personen von der PKV in die GKV. In der Gesetzesbegründung wird darauf verwiesen, dass die Leistungsausgaben für ältere Versicherte ihre Beiträge im Regelfall erheblich überstiegen und die Beitragszahler durch diesen Wechsel zwischen den Versicherungssystemen unzumutbar belastet würden. Mit der Festsetzung der Altersgrenze auf 55 Jahre sollte dieser Tatsache Rechnung getragen werden. Auch bestehe für 2 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Gesundheitsreform 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626 – 2656), abrufbar unter: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=%2F%2F*[%40attr_id%3D%27bgbl199s2626.pdf%27]#__bgbl_ _%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl199s2626.pdf%27%5D__1580376454944 (zuletzt abgerufen am 29. Januar 2020). Kurzinformation Wechsel von der Privaten in die Gesetzliche Krankenversicherung nach Vollendung des 55. Lebensjahres Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 einen Wechsel zwischen den Krankenversicherungssystemen bei dem betroffenen Personenkreis regelmäßig keine sozialpolitische Notwendigkeit, weil ein soziales Schutzbedürfnis wegen des seit langem bestehenden privaten Krankenversicherungsschutzes nicht gegeben sei. Der Gesetzgeber verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Prämienkalkulationen der privaten Krankenversicherungsunternehmen Alterungsrückstellungen berücksichtigten, die den Privatversicherten im Alter zu Gute kämen. Gleichzeitig mit der Einführung von § 6 Abs. 3a SGB V wurde auch die Altersgrenze für den Zugang zum Standardtarif (§ 257 Abs. 2a SGB V) von 65 Jahren auf 55 Jahre gesenkt und dadurch die Schutzfunktion des Standardtarifs erhöht. Auch zielten flankierende Regelungen im Versicherungsaufsichtsgesetz ebenfalls auf die Begrenzung der Prämienbelastung privat Krankenversicherter im Alter. Ist aufgrund von § 6 Abs. 3a SGB V ein Wechsel von der PKV in die GKV nicht möglich, kann unter den Voraussetzungen des § 10 SGB V ggf. ein Wechsel in die GKV über die sog. Familienversicherung erfolgen. Dies ist jedoch nur möglich, sofern der Ehe- bzw. Lebenspartner gesetzlich krankenversichert ist. Darüber hinaus darf hierfür u. a. keine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit vorliegen und das Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches (SGB IV3) nicht überschreiten. Sollte keine Familienversicherung und damit kein Wechsel in die GKV möglich sein, kann ggf. bei dem jeweiligen privaten Krankenversicherungsunternehmen ein Wechsel in den sog. Standardtarif angestrebt werden . Dadurch wird das Leistungsniveau abgesenkt, wodurch in der Vergangenheit gebildete Altersrückstellungen (teilweise) aufgelöst und zur Reduzierung des Beitrags verwendet werden können. Ein Wechsel in den Standardtarif ist jedoch nur möglich, wenn der Eintritt in die PKV vor dem Jahr 2009 stattfand und weitere Voraussetzungen erfüllt sind.4 *** 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710, 3973; 2011 I S. 363), zuletzt geändert durch Artikel 7a des Gesetzes vom 14. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2789), abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet .de/sgb_4/BJNR138450976.html (zuletzt aufgerufen am 29. Januar 2020). 4 Vergleiche hierzu z. B. https://www.finanztip.de/pkv/pkv-standardtarif/ (zuletzt aufgerufen am 29. Januar 2020).