© 2020 Deutscher Bundestag WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Sicherung des Existenzminimums in Ausbildung und Studium Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 2 Aktenzeichen: WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Abschluss der Arbeit: 15. Januar 2020 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung WD 6: Arbeit und Soziales Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) 4 2.1. Voraussetzungen der Förderung 4 2.2. Anrechnung von Einkommen und Vermögen 5 2.3. Elternunabhängige Förderung 5 2.4. Förderungsart 5 2.4.1. Förderungsdauer 5 2.4.2. Förderungsart 6 2.4.3. Rückzahlung 6 3. Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld 6 3.1. Förderungsfähige Berufsausbildung 7 3.2. Förderungsberechtigter Personenkreis 7 3.3. Gesamtbedarf und Bedürftigkeit 8 3.3.1. Ermittlung des Gesamtbedarfs 8 3.3.2. Bedürftigkeit und Einkommensabrechnung 8 3.4. Ausbildungsgeld 9 4. Leistungen nach den Bestimmungen des SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) 9 4.1. Leistungen und Leistungsausschluss nach § 27 SGB II 10 4.1.1. Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II und Rücknahme nach § 7 Abs. 6 SGB II 10 4.1.2. Leistungen nach § 27 SGB II 11 4.1.2.1. Mehr- und Sonderbedarfe und Leistungshöhe 11 4.1.2.2. Härtefallregelung: Darlehen für ausbildungsbedingte Bedarfe 12 4.2. Nicht von den Leistungen des SGB II ausgeschlossene Auszubildende 12 5. Leistungen nach den Bestimmungen des SGB XII (Sozialhilfe) 13 5.1. Leistungsausschluss und Härtefallregelung 13 5.2. Ausnahmen vom Leistungsausschluss 14 5.3. Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen 15 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 4 1. Einleitung Der Sicherung des Existenzminimums von Studierenden und Auszubildenden dient in der Regel zunächst der Elternunterhalt. Kann dieser nicht geleistet werden, greifen diverse andere Regelungen , die der Existenzsicherung von Auszubildenden dienen. Dazu zählen vorrangig Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Daneben aber auch die Berufsausbildungsbeihilfe , das Ausbildungsgeld und Leistungen nach den Bestimmungen des SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) oder des SGB XII (Sozialhilfe). Im Folgenden soll näher auf die genannten Regelungen eingegangen und dargestellt werden unter welchen Bedingungen das Existenzminimum durch den Staat für Personen, die sich in der Ausbildung befinden, sichergestellt wird. 2. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bietet Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Möglichkeit, ihre Ausbildung zu finanzieren, wenn ihnen die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen.1 Der Anspruch auf Ausbildungsförderung wird durch das BAföG konkretisiert. Es bestimmt die Voraussetzungen, den Inhalt, die Vorausleistung der Ausbildungsförderung nach dem BAföG sowie Besonderheiten des Bewilligungsverfahrens und der Rückforderung. Das BAföG ist ein besonderer Teil des SGB (vgl. § 68 Nr. 1 SGB I), sodass das SGB I und das SGB X grundsätzlich auch in der Ausbildungsförderung nach dem BAföG gelten. Die Vorschriften des SGB I und des SGB X kommen nur dann nicht zur Anwendung, wenn im BAföG eine abschließende Regelung getroffen wurde (vgl. § 37 S. 1 SGB).2 Das BAföG wird zudem durch zahlreiche spezielle Verordnungen , wie der Verordnung über Zuschläge zu dem Bedarf bei einer Ausbildung im Ausland (BAföG-AuslandszuschlagsV) oder der Verordnung über Zusatzleistungen in Härtefällen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (HärteV), ergänzt. In den Bundesländern gibt es darüber hinaus Ausführungsgesetze und Durchführungsverordnungen mit überwiegend organisationsrechtlichen Regelungen. 2.1. Voraussetzungen der Förderung Der Anspruch auf Ausbildungsförderung für allgemeinbildende weiterführende Ausbildungen und die erste berufsqualifizierende Ausbildung ergibt sich aus § 7 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 BAföG. Demnach fördert der Staat die erste Ausbildung an berufsbildenden Schulen, Kollegs, Hochschulen und Akademien. Unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 BAföG kann für eine einzige weitere Ausbildung die Förderung beantragt werden. Diese weitere Ausbildung muss zu 1 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Welche Aufgabe hat das BAföG?, abrufbar unter. https://www.xn--bafg-7qa.de/de/welche-aufgabe-hat-das-bafoeg--368.php (zuletzt abgerufen am 16.01.2020). 2 Winkler in: Beck’scher Onlinekommentar Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 54. Edition Stand: 1. September 2019, BAföG § 3-7. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 5 einer Erweiterung der bereits vorhandenen Berufsqualifikation führen. Bloße Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen erfüllen diese Voraussetzung regelmäßig nicht. Eine Promotion nach Abschluss der ersten Ausbildung kann nicht gemäß § 7 Abs. 2 BAföG gefördert werden.3 Die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen ergeben sich aus §§ 2 ff. BAföG. Demnach gehört zu den materiellen Voraussetzungen, das Vorliegen einer förderungsfähigen Ausbildung (§§ 2-7), das Erfüllen der persönlichen Voraussetzungen (§§ 8-10) und die Bedürftigkeit der/des Auszubildenden (§§ 11 ff., 21 ff.). Darüber hinaus müssen die formellen Voraussetzungen erfüllt sein. Darunter fällt die sachliche (§41) und örtliche (§§ 45, 45a) Zuständigkeit der entscheidenden Behörde und die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens, darunter fällt insbesondere auch der Antrag im Sinne des § 46 BAföG. Kommen die Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nach, wird das BAföG vorausgeleistet. Dies setzt neben den oben genannten Voraussetzungen zusätzlich die des § 36 voraus.4 Dazu muss der Auszubildende glaubhaft machen, dass seine Eltern den Unterhaltszahlungen nicht nachkommen und die Ausbildung dadurch gefährdet ist. Dies gilt auch, wenn er glaubhaft machen kann, dass seine Eltern die erforderlichen Auskünfte nicht erteilen und eine Bußgeldfestsetzung oder die Einleitung eines Verwaltungszwangsverfahren nicht innerhalb von zwei Monaten zur Mitteilung der erforderlichen Angaben geführt hat. 2.2. Anrechnung von Einkommen und Vermögen Die Leistungen nach dem BAföG erfolgen nach pauschalen Bedarfsbeträgen, auf die eigenes Einkommen und Vermögen des Auszubildenden sowie das Einkommen von Ehegatten und Eltern angerechnet wird. Der Bedarfsbetrag ist somit abhängig vom Einkommen der Eltern und Lebenspartner . Die Bedarfsbeträge sind in den §§ 11 ff. BAföG geregelt. 2.3. Elternunabhängige Förderung Das Einkommen der Eltern bleibt bei der Bedarfsberechnung unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 2a und Abs. 3 BAföG außer Betracht. Dies gilt beispielsweise bei unbekanntem Aufenthaltsort der Eltern, Ausbildungen auf dem Zweiten Bildungsweg (z.B. bei Besuch einer Abendschule) oder bei Beginn der Ausbildung nach Vollendung des 30. Lebensjahres. 2.4. Förderungsart 2.4.1. Förderungsdauer Das BAföG wird grundsätzlich für die gesamte Dauer der Ausbildung geleistet. Bei Studiengängen jedoch nur bis zum Ende der Förderungshöchstdauer, welche der Regelstudienzeit des betreffenden Studienganges entspricht, vgl. § 15a BAföG. Unter der Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 BAföG ist eine Förderung auch über die Förderungshöchstdauer hinaus möglich. Darunter fallen u.a. das erstmalige Nichtbestehen einer Abschlussprüfung, eine Behinderung, Schwangerschaft 3 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Zweitausbildungen, abrufbar unter. https://www.xn--bafg-7qa.de/de/zweitausbildungen-194.php (zuletzt abgerufen am 16.01.2020). 4 Winkler in: Beck’scher Onlinekommentar Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 54. Edition Stand: 1. September 2019, BAföG § 12-14a. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 6 oder die Pflege eines nahen Angehörigen oder Kindes. Neben den Härtefallregelungen des § 15 Abs. 3 BAföG, kann nach Überschreiten der Förderungshöchstdauer für maximal 12 Monate eine sogenannte „Studienabschlussförderung“ beantragt werden. Dies gilt jedoch nur, wenn der Auszubildende innerhalb von vier Semestern nach Überschreiten der Förderungshöchstdauer zur Prüfung zugelassen wurde und die Ausbildungsstätte bescheinigt, dass die Ausbildung innerhalb der Dauer der Hilfe zum Studienabschluss abgeschlossen werden kann. Gesetzliche Grundlage für die Studienabschlussförderung ist § 15 Abs. 3a i.V.m. § 17 Abs. 3 BAföG.5 2.4.2. Förderungsart Die Förderungsarten sind in § 17 BAföG geregelt. Demnach erhalten Schüler die Leistungen als verlorenen Zuschuss. Dieser ist nicht zurückzuzahlen. Studenten und Auszubildende an höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen erhalten die Ausbildungsförderung in der Regel zur Hälfte als nicht zu verzinsendes Darlehen und als nicht zurückzuzahlenden Zuschuss. 2.4.3. Rückzahlung Die Rückzahlungsverpflichtung beginnt fünf Jahre nach dem Ende der Förderungshöchstdauer. Der maximale Zeitraum für die Tilgung beträgt 20 Jahre. Für Absolventen von Zweitstudien ist die Förderungshöchstdauer des mit BAföG-Darlehen geförderten Erststudiums maßgeblich. Die monatliche Regelrate für die Rückzahlung beträgt 105 Euro. Ab dem 1. April 2020 wird sie auf 130 Euro angehoben. In der Regel sind die Raten für drei Monate in einer Summe zu entrichten. Wer nach Einsetzen der Rückzahlungspflicht so wenig verdient, dass sein monatlich nach dem BAföG anrechenbares Einkommen den aktuellen Freibetrag von 1225 Euro nicht um mindestens 42 Euro übersteigt, kann einen Antrag auf vorübergehende Freistellung von der Rückzahlungspflicht beantragen. Der Freibetrag erhöht sich für jedes Kind und für Ehegatten und Lebenspartner , soweit diese jeweils kein eigenes Einkommen erzielen und in keiner förderungsfähigen Ausbildung stehen. Zusätzliche Freibeträge gibt es für behinderungsbedingte Aufwendungen oder Alleinerziehende. Zuständig für die Rückforderung ist das Bundesverwaltungsamt.6 3. Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld Gemäß § 56 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) haben Auszubildende Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) während einer Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung förderungsfähig ist, sie zum förderungsberechtigten Personenkreis gehören und ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen. Der Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe besteht für die Dauer der Berufsausbildung, § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB III. 5 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Was ist die Hilfe zum Studienabschluss?, abrufbar unter. https://www.xn--bafg-7qa.de/de/hilfe-zum-studienabschluss-389.php (zuletzt abgerufen am 16.01.2020). 6 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Darlehnsrückzahlung, abrufbar unter. https://www.xn--bafg-7qa.de/de/darlehensrueckzahlung-200.php (zuletzt abgerufen am 16.01.2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 7 3.1. Förderungsfähige Berufsausbildung Eine Berufsausbildung ist förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach dem Pflegeberufegesetz oder dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist, § 57 Abs. 1 SGB III. Grundsätzlich ist die erste Berufsausbildung förderungsfähig; eine zweite Berufsausbildung kann gefördert werden, wenn zu erwarten ist, dass eine berufliche Eingliederung dauerhaft auf andere Weise nicht erreicht werden kann und durch die zweite Berufsausbildung die berufliche Eingliederung erreicht wird, § 57 Abs. 2 SGB III. Eine Berufsausbildung , die teilweise im Ausland durchgeführt wird, ist auch für den im Ausland durchgeführten Teil förderungsfähig, wenn dieser Teil im Verhältnis zur Gesamtdauer der Berufsausbildung angemessen ist und die Dauer von einem Jahr nicht übersteigt, § 58 Abs. 1 SGB III. Der Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe besteht auch während einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme gemäß § 51 SGB III und der Teilnahme an einer ausbildungsvorbereitenden Phase nach § 130 SGB III. Nicht erfasst sind schulische oder universitäre Ausbildungsgänge7, zum Beispiel zum Physiotherapeuten8. 3.2. Förderungsberechtigter Personenkreis Auszubildende sind bei einer Berufsausbildung förderungsberechtigt, wenn sie außerhalb des Haushalts der Eltern wohnen und die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern aus nicht in angemessener Zeit erreichen können, § 60 Abs. 1 SGB III. Auszubildende, die bei ihren Eltern wohnen, sind folglich grundsätzlich von der Förderung ausgeschlossen. Für Teilnehmer an einer berufsfördernden Bildungsmaßnahme gilt eine entsprechende Beschränkung nicht.9 Die Einschränkung, die auf die Entfernung der elterlichen Wohnung von der Ausbildungsstätte abstellt, gilt gemäß § 60 Abs. 2 SGB III nicht für Auszubildende, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, verheiratet oder in einer Lebenspartnerschaft verbunden sind oder waren, mit mindestens einem Kind zusammenleben oder aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern verwiesen werden können. In diesen Fällen genügt das bloße Wohnen außerhalb des Haushalts der Eltern. 7 Schmidt in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, 54. Edition, Stand: 1. September 2019, SGB III, § 57, Rn. 1. 8 Bundesagentur für Arbeit, Berufsausbildungsbeihilfe (BAB), abrufbar unter: https://www.arbeitsagentur.de/bildung /ausbildung/berufsausbildungsbeihilfe-bab (zuletzt abgerufen am 14. Januar 2020). 9 Schmidt in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, 54. Edition, Stand: 1. September 2019, SGB III, § 60, Rn. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 8 3.3. Gesamtbedarf und Bedürftigkeit 3.3.1. Ermittlung des Gesamtbedarfs Die Berufsausbildungsbeihilfe gemäß §§ 56 ff. SGB III umfasst den Bedarf für den Lebensunterhalt (§§ 61, 62 SGB III), die Fahrkosten (§ 63 SGB III) sowie sonstige Aufwendungen (§ 64 SGB III). Sind die Auszubildenden während der Berufsausbildung außerhalb des Haushalts der Eltern untergebracht , bestimmt sich der Bedarf laut § 61 Abs. 1 SGB III nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BAföG. Anderes gilt gemäß § 61 Abs. 2 SGB III, wenn die Auszubildenden in einem Wohnheim oder einem Internat untergebracht sind. Während einer berufsvorbereitenden Maßnahme wird für Auszubildende, die im Haushalt der Eltern untergebracht sind, der jeweils geltende Bedarf nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG und bei Unterbringung außerhalb des elterlichen Haushalts der Bedarf nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 BAföG zugrunde gelegt, § 62 Abs. 1 und 2 SGB III. Die Fahrkosten umfassen unter anderem die Kosten für Fahrten zwischen Unterkunft, Ausbildungsstätte und Berufsschule sowie bei einer erforderlichen auswärtigen Unterbringung Kosten für die An- und Abreise und für eine monatliche Familienheimfahrt, § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Eine auswärtige Unterbringung ist dabei erforderlich, wenn die Ausbildungsstätte vom Familienwohnort aus nicht in angemessener Zeit erreicht werden kann, § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB III. Besondere Regelungen gelten bei einer Förderung im Ausland, vgl. § 63 Abs. 2 SGB III. Unter die sonstigen Aufwendungen im Sinne des § 64 SGB III fallen unter anderem eine Pauschale für Kosten der Arbeitskleidung in Höhe von 14 Euro monatlich (§ 64 Abs. 1 SGB III) sowie der Bedarf für Kinderbetreuungskosten in Höhe von 140 Euro monatlich je Kind (§ 64 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Darüber hinaus können gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB III sonstige Kosten anerkannt werden soweit sie durch die Berufsausbildung oder die Teilnahme an der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme unvermeidbar entstehen, die Berufsausbildung oder die Teilnahme an der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme andernfalls gefährdet ist und die Aufwendungen von dem Auszubildenden oder seinen Erziehungsberechtigten zu tragen sind. 3.3.2. Bedürftigkeit und Einkommensabrechnung Voraussetzung für die Förderung ist nach § 56 Abs. 1 Nr. 3 SGB III ferner, dass den Auszubildenden die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen. Die Berufsausbildungsbeihilfe wird folglich grundsätzlich nur bedürftigkeitsabhängig gewährt.10 Von dem nach den §§ 61 ff SGB III ermittelten Gesamtbedarf des Auszubildenden sind die ihm anderweitig zur Verfügung stehenden Mittel abzuziehen. Dies erfolgt mittels der Einkommensanrechnung nach § 67 SGB III. Danach sind in der Reihenfolge ihrer Nennung die Einkommen des 10 Schmidt in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, 54. Edition, Stand: 1. September 2019, SGB III, § 56, Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 9 Auszubildenden, seines Ehegatten oder Lebenspartners und seiner Eltern auf den Gesamtbedarf anzurechnen, § 67 Abs. 1 SGB III. Für die Ermittlung des Einkommens und dessen Anrechnung sowie die Berücksichtigung von Freibeträgen gelten § 11 Abs. 4 BAföG sowie die Vorschriften des Vierten Abschnitts des BAföG mit den hierzu ergangenen Rechtsverordnungen entsprechend, § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB III. Eine Vermögensanrechnung erfolgt nicht.11 § 67 Abs. 2 Satz 2 SGB III enthält eine Reihe von Regelungen , die von den Bestimmungen des BAföG abweichen. So bleiben beispielsweise 65 Euro der Ausbildungsvergütung und zusätzlich 649 Euro anrechnungsfrei, wenn die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern aus nicht in angemessener Zeit erreicht werden kann, § 67 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III. Besondere Regelungen gelten bei einer Ausbildung im Betrieb der Eltern oder des Ehegatten oder Lebenspartners, § 67 Abs. 3 SGB III. Eine Einkommensanrechnung erfolgt nicht für Teilnehmende an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen , § 67 Abs. 4 SGB III. Das Einkommen der Eltern bleibt außer Betracht, wenn ihr Aufenthaltsort nicht bekannt ist oder sie rechtlich oder tatsächlich gehindert sind, im Inland Unterhalt zu leisten. Das Einkommen ist ferner nicht anzurechnen, soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht oder dieser verwirkt ist, § 67 Abs. 5 SGB III. 3.4. Ausbildungsgeld Menschen mit Behinderungen haben bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Ausbildung, einer individuellen betrieblichen Qualifikation nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - (SGB IX) oder einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen einen Anspruch auf Ausbildungsgeld, § 122 SGB III. Dessen Art und Höhe orientieren sich grundsätzlich an den Bestimmungen, die für die Berufsausbildungsbeihilfe gelten.12 4. Leistungen nach den Bestimmungen des SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) haben gemäß § 7 Abs. 1 SGB II grundsätzlich Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das Regelrenteneintrittsalter noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Nach § 7 Abs. 2 SGB II sind auch Personen leistungsberechtigt, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören unter ande- 11 Schmidt in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, 54. Edition, Stand: 1. September 2019, SGB III, § 67, Rn. 2. 12 Bermig in: BMAS, Übersicht über das Sozialrecht, 16. Auflage 2019, Kapitel 3, Rn. 116. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 10 rem die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs , soweit sie die Leistungen nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können , § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II. Ob und inwieweit Schüler, Auszubildende und Studierende Leistungen nach dem SGB II erhalten können, ist sehr differenziert geregelt. 4.1. Leistungen und Leistungsausschluss nach § 27 SGB II 4.1.1. Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II und Rücknahme nach § 7 Abs. 6 SGB II Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Demgegenüber können Personen, deren Berufsausbildung oder Berufsausbildungsvorbereitung nach den §§ 51, 57 und 58 SGB III (BAB) förderungsfähig ist, bei Vorliegen der übrigen Leistungsvoraussetzungen Arbeitslosengeld II ergänzend zu ihrer Ausbildungsvergütung und einer gegebenenfalls zu beanspruchenden Förderung mit Berufsausbildungsbeihilfe erhalten.13 Ausgeschlossen von den Leistungen nach dem SGB II (mit Ausnahme von § 27 SGB II) sind aber gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II wiederum diejenigen Auszubildenden, die eine grundsätzlich nach dem SGB III förderungsfähige Berufsausbildung absolvieren und in einem Wohnheim oder Internat mit voller Verpflegung untergebracht sind.14 Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist die Ausschlussregelung auf die Erwägung zurückzuführen, dass bereits die Ausbildungsförderung nach dem BAföG auch die Kosten des Lebensunterhalts umfasst und deshalb im Grundsatz die Grundsicherung nicht dazu dient, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Die Ausschlussregelung soll die nachrangige Grundsicherung mithin davon befreien, eine - versteckte - Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene zu ermöglichen.15 Maßgebend ist grundsätzlich, ob die Ausbildung dem Grunde nach gemäß den Bestimmungen des BAföG gefördert werden kann, auch wenn der Betroffene konkret keinen Anspruch auf entsprechende Leistungen aufgrund von persönlichen Ausschlussgründen hat, zum Beispiel aus Gründen des Ausbildungs- oder Fachrichtungswechsels.16 Für die Bejahung des Ausschlusstatbestands ist es daher ohne Bedeutung, wenn die hilfesuchende Person keine Ausbildungsförderungsleistungen nach dem BAföG erhält, weil sie etwa die Altersgrenze überschritten hat (§ 10 13 Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7, 4. Auflage 2017, Rn. 183. 14 Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7, 4. Auflage 2017, Rn. 183. 15 BSG, Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 28/07 R, BeckRS 2009, 50015, Rn. 14. 16 Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7, 4. Auflage 2017, Rn. 185 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 11 BAföG), die Staatsangehörigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt (§ 8 BAföG), die Förderungshöchstdauer überschritten hat (§ 15 BAföG) oder eine Zweitausbildung betreibt (§ 7 BAföG).17 § 7 Abs. 6 SGB II normiert wiederum Rückausnahmen zu § 7 Abs. 5 SGB II. Demgemäß fallen nicht unter den Leistungsausschluss Auszubildende (Schüler), die keinen Anspruch auf BAföG haben, weil sie bei ihren Eltern wohnen (§ 2 Abs. 1a BAföG). Von der Rückausnahme sind ferner Auszubildende erfasst, deren Bedarf sich nach §§ 12, 13 Abs. 1 BAföG in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Nr. 1 BAföG (Schüler von Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt, Abendgymnasien und Kollegs sowie alle Studierenden, die im Haushalt der Eltern wohnen) oder nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG (Schüler von Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt, Abendgymnasien und Kollegs, die nicht bei ihren Eltern wohnen) bemisst, und die BAföG auch tatsächlich erhalten oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten. Einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben zudem Auszubildende, die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen und wegen Überschreitens der Altersgrenze nach § 10 Abs. 3 BAföG keinen Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG haben. 4.1.2. Leistungen nach § 27 SGB II Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II erfasst grundsätzlich nur ausbildungsbedingte Bedarfe und damit insbesondere den Regelbedarf.18 In den Fällen, in denen eine besondere, nicht ausbildungsbezogene Bedarfslage entstanden ist, legt § 27 SGB II fest, nach welcher Maßgabe auch Studierende und Auszubildende im Sinne des § 7 Abs. 5 SGB II Leistungen nach dem SGB II erhalten. Den in § 27 SGB II geregelten Ausnahmen liegt der Gedanke zugrunde, dass trotz des Grundsatzes, dass die Leistungen des SGB II nicht der Ausbildungsförderung dienen sollen, Auszubildende dennoch in bestimmten Konstellationen nicht zum Abbruch einer die Eingliederungschancen erheblich steigernden Ausbildung gezwungen sein sollen.19 4.1.2.1. Mehr- und Sonderbedarfe und Leistungshöhe § 27 Abs. 2 SGB II regelt die für Auszubildende im Sinne des § 7 Abs. 5 SGB II unabhängig von einer besonderen Härte zugänglichen Mehr- und Sonderbedarfe.20 Demgemäß können Leistungen nach §§ 21 und 24 SGB II für werdende Mütter und bei Geburt, Alleinerziehende, kostenaufwän- 17 Mushoff in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, 54. Edition, Stand: 1. September 2019, SGB II, § 7, Rn. 127. 18 Breitkreuz in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, 54. Edition, Stand: 1. September 2019, SGB II, § 27, Vorbemerkung. 19 Breitkreuz in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, 54. Edition, Stand: 1. September 2019, SGB II, § 27, Rn. 1. 20 Silbermann in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 27, Rn. 24. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 12 dige Ernährung aus medizinischen Gründen und bei bestimmten im Einzelfall bestehenden unabweisbaren Bedarfen erbracht werden, soweit die Mehrbedarfe nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gedeckt sind. Durch § 27 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB II wird somit eine „fiktive“ Bedürftigkeitsprüfung nach den entsprechend anzuwendenden Maßstäben des SGB II (§§ 9, 11 ff. SGB II) angeordnet.21 4.1.2.2. Härtefallregelung: Darlehen für ausbildungsbedingte Bedarfe Bedeutet der Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 5 SGB II eine besondere Härte, so können bestimmte ausbildungsbedingte Leistungen nach dem SGB II gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II als Darlehen erbracht werden. Eine besondere Härte kann zum Beispiel vorliegen bei einem drohenden Abbruch einer nachweislich vor dem Abschluss in absehbarer Zeit stehenden Ausbildung wegen Mittellosigkeit oder wenn nur eine nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt.22 Umfasst sind Regelbedarfe , der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II (Mehrbedarf für Warmwasser), Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Stehen einem nach §§ 12 oder 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG Berechtigten Leistungen nach dem BAföG aufgrund Überschreitens der Altersgrenze gemäß § 10 Abs. 3 BAföG nicht zu, so werden Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen als Zuschuss erbracht, § 27 Abs. 3 Satz 2 SGB II. Unabhängig von einem Härtefall können ferner für den Monat der Aufnahme einer Ausbildung Leistungen in Form eines Überbrückungsdarlehens erbracht werden (Anschubfinanzierung), § 27 Abs. 3 Satz 4 SGB II. Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass Ausbildungsvergütung, Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld für den abgelaufenen Monat gezahlt werden.23 Lediglich § 51 Abs. 1 Satz 1 BAföG sieht eine monatliche Vorauszahlung vor. 4.2. Nicht von den Leistungen des SGB II ausgeschlossene Auszubildende Für die nicht von den Leistungen des SGB II ausgeschlossenen Auszubildenden gelten die allgemeinen Regelungen des SGB II. Die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen richtet sich nach den §§ 9, 11 ff. SGB II. Dabei sind gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II bei unverheirateten Kindern (bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres), die mit ihren Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, auch das Einkommen und Vermögen der Eltern und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. 21 Silbermann in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 27, Rn. 26. 22 Breitkreuz in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, 54. Edition, Stand: 1. September 2019, SGB II, § 27, Rn. 5. 23 Silbermann in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 27, Rn. 48. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 13 Auch wenn keine Bedarfsgemeinschaft besteht, können Kinder nach Vollendung des 25. Lebensjahrs mit ihren Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft leben. Eine solche ist anzunehmen, wenn die Mitglieder aus einem Topf wirtschaften, also zum Beispiel gemeinsam Lebensmittel einkaufen oder Mahlzeiten zubereiten.24 Gemäß § 9 Abs. 5 SGB II wird vermutet, dass Leistungsberechtigte , die in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten leben, von diesen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Es besteht in diesen Fällen also eine Unterhaltsvermutung. Der vermutete Umfang der Leistungen richtet sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Person, mit der der Leistungsberechtigte in Haushaltsgemeinschaft lebt. Ab welcher Einkommenshöhe und in welchem Umfang Leistungen des Verwandten oder Verschwägerten erwartet werden können und inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist, regeln die §§ 1 Abs. 2, 7 Abs. 2 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld -Verordnung (Alg II-V). Die Leistungen gelten beim Leistungsberechtigten als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II und mindern dessen Leistungsanspruch gegenüber den Leistungsträgern.25 Ergänzend wird darauf verwiesen, dass die Unterhaltsansprüche minderjähriger Leistungsberechtigter und Leistungsberechtigter, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet und die Erstausbildung noch nicht abgeschlossen haben, gegen ihre Eltern auf den Träger der Grundsicherungsleistungen übergehen, vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 SBG II. 5. Leistungen nach den Bestimmungen des SGB XII (Sozialhilfe) Personen erhalten Leistungen nach dem Zwölften Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII), insbesondere Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 bis 40 SGB XII), wenn sie nicht erwerbsfähig sind, ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln , insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können, und nicht mit einem erwerbsfähigen, nach dem SGB II Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, vgl. §§ 19 Abs. 1, 21 SGB XII, §§ 7 Abs. 2, 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Nicht erwerbsfähig sind Personen, die wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 8 Abs. 1 SGB II). 5.1. Leistungsausschluss und Härtefallregelung Gemäß § 22 SGB XII haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 51, 57 und 58 SGB III (BAB) dem Grunde nach förderungsfähig ist, grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten (Hilfe zum Lebensunterhalt) und Vierten Kapitel 24 Neumann in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, 52. Edition Stand: 1. September 2019, SGB II § 9, Rn. 23. 25 Mecke in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 9, Rn. 86 und 93. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 14 (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) des SGB XII. Maßgebend ist die abstrakte Förderungsfähigkeit.26 Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII, beispielsweise Eingliederungshilfen für behinderte Menschen, bleiben grundsätzlich unberührt.27 In besonderen Härtefällen können jedoch Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden, § 22 Abs. Abs. 1 SGB XII. Eine besondere Härte besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) erst, „wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden und vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden ist“.28 Ein besonderer Härtefall liege daher erst dann vor, wenn im Einzelfall Umstände hinzuträten, die einen Ausschluss von der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart, das heißt als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erscheinen ließen.29 So könne nach Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG) ein Härtefall insbesondere dann angenommen werden, „wenn wegen einer Ausbildungssituation Hilfebedarf entstanden sei, der nicht durch BAföG oder Berufsausbildungsbeihilfe gedeckt werden könne und deswegen begründeter Anlass für die Annahme bestehe , dass die vor dem Abschluss stehende Ausbildung nicht beendet werde und damit das Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit drohe“.30 5.2. Ausnahmen vom Leistungsausschluss § 22 Abs. 2 SGB XII normiert wiederum Rückausnahmen zu dem Leistungsausschluss. Demgemäß fallen nicht unter den Leistungsausschluss Auszubildende (Schüler), die keinen Anspruch auf BAföG haben, weil sie bei ihren Eltern wohnen (§ 2 Abs. 1a BAföG) oder keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben, da sie bei ihren Eltern wohnen (§ 60 SGB III). Von der Rückausnahme sind ferner Auszubildende erfasst, deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG beziehungsweise nach § 62 Abs. 1 SGB III bemisst. Betroffen sind Auszubildende, die Berufsfachschulklassen oder Fachschulklassen ohne das Erfordernis einer vorherigen Ausbil- 26 Groth in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, 54. Edition Stand: 1. Juni 2019, SGB XII § 22, Rn. 1. 27 Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Auflage 2018, § 22, Rn. 2. 28 BVerwG, NVwZ-RR 1994, 267, 268; Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Auflage 2018, § 22, Rn. 32. 29 BVerwG, NVwZ-RR 1994, 267, 268; Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Auflage 2018, § 22, Rn. 32. 30 BSG, Urteil vom 2. April 2014 – Az. B 4 AS 26/13 R, Rn. 46 (zitiert nach Beck Online). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8-3000-162/19 - WD 6-3000-148/19 Seite 15 dung (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 BAföG) beziehungsweise berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen besuchen und die bei ihren Eltern wohnen. Entsprechendes gilt, soweit Leistungsberechtigte nach dem SGB XII Zugang zum Ausbildungsgeld (§ 124 SGB III) haben.31 Einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII können zudem Auszubildende haben, die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen und wegen Überschreitens der Altersgrenze nach § 10 Abs. 3 BAföG keinen Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG haben. 5.3. Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen Der Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt setzt voraus, dass der Anspruchsberechtigte seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten kann. Als eigene Mittel sind bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen, § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB XII. Gehören minderjährige unverheiratete Kinder dem Haushalt ihrer Eltern an und können sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht bestreiten, sind grundsätzlich auch das Einkommen und das Vermögen der Eltern zu berücksichtigen , § 27 Abs. 2 Satz 3 SGB XII. Auch bei volljährigen Kindern, die mit ihren Eltern wohnen, kann unter Umständen eine Anrechnung des Einkommens und Vermögens der Eltern erfolgen. Nach § 39 SGB XII wird vermutet , dass Personen, die gemeinsam in einer Wohnung oder einer entsprechenden anderen Unterkunft leben, gemeinsam wirtschaften (Haushaltsgemeinschaft) und dass die nachfragende Person von den anderen Personen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Beide Vermutungen (Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft und Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt) sind widerleglich.32 Für die Festlegung, ab welcher Einkommenshöhe und in welchem Umfang Leistungen der anderen Personen erwartet werden können, sind grundsätzlich die Regelungen im SGB II zur Auslegung heranzuziehen .33 Im Übrigen sind Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Eltern nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen beträgt mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze), § 94 Abs. 1a SGB XII. *** 31 Groth in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kommentar Sozialrecht, 54. Edition Stand: 1. Juni 2019, SGB XII § 22, Rn. 17. 32 Gebhardt in: Beck’scher Onlinekommentar Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 54. Edition Stand: 1. September 2019, SGB XII, § 39, Rn. 2. 33 Gebhardt in: Beck’scher Onlinekommentar Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 54. Edition Stand: 1. März 2019, SGB XII, § 39, Rn. 6.