© 2019 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 144/19 Einzelfragen zur Kernfusionsforschung Kosten und Programme Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 2 Einzelfragen zur Kernfusionsforschung Kosten und Programme Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 144/19 Abschluss der Arbeit: 3. Dezember 2019 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Fusionsforschung 5 3. Kosten der Fusionsforschung 5 4. Kosten der Energieerzeugung am Beispiel „ITER“ 8 5. Forschungsprogramme weltweit 10 6. Wendelstein 7-X 15 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 4 1. Einleitung Die Fusionsreaktorforschung ist seit Jahrzehnten fester Bestandteil der weltweiten Energieforschung und hat mittlerweile Kosten in Milliardenhöhe verursacht. „Die Forschung konzentriert sich derzeit darauf, eine kontrollierte Fusionsreaktion in einer ringförmigen Brennkammer zu erzeugen .“ Weltweit wird an zwei Konzepten eines Fusionsreaktors, Stellarator und Tokamak, geforscht . „Tokamak-Forschungsanlagen sind beispielsweise ASDEX (Axialsymmetrisches Divertor -Experiment) in Garching und die europäische Gemeinschaftsanlage JET (Joint European Torus) in Culham, Großbritannien.“ Weltweit gibt es etwa 200 Tokamak-Anlagen. Die meisten haben einen kleinen Maßstab. Nur die Anlagen in Europa, den USA, Japan, China und Russland haben eine für Testreaktoren nennenswerte Größe.1 Deutschland ist im Rahmen des internationalen Forschungsprojekts „ITER“ (International Thermonuclear Experimental Reactor) beteiligt. Dieses Projekt hat in einem ersten Schritt den Bau einer Versuchsanlage zur Kernfusion zum Ziel. „Der internationale thermonukleare Versuchsreaktor ITER ist ein prototypisches, langfristiges Projekt zum Bau und Betrieb eines Reaktors, mit dem die Nutzbarkeit der Kernfusion als Energiequelle erprobt werden soll.“ Auch nach jahrzehntelanger Forschung ist dieses Milliardenprojekt technisch gesehen eine sehr große Herausforderung und noch weit davon entfernt, zur Marktreife erforscht zu sein. Mit einer kommerziellen Nutzung der Ergebnisse ist nach Ansicht der Wissenschaftler nicht vor 2060 zu rechnen.2 Die Bundesregierung hält weiterhin an dem ITER-Projekt fest, drängt dabei aber auf die Einhaltung der von der Europäischen Union (EU) gesetzten finanziellen Obergrenze.3 Die vorliegende Arbeit beinhaltet eine Betrachtung der Kosten für Forschung und Energiegewinnung der Kernfusion und eine kurze Beschreibung der weltweiten Forschungslandschaft. 1 Lemke, D., Spektrum der Wissenschaft (2018). „Die Energiequellen - Teil 3: Der Weg zum Fusionsreaktor auf der Erde“, März 2018 Seite 36 ff, https://www.spektrum.de/magazin/der-weg-zum-fusionsreaktor-auf-dererde /1535237 Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) (2919). „Kernfusion Stand & Perspektiven“, https://www.ipp.mpg.de/46293/fusion_d.pdf 2 Europäische Kommission (2018). „Anhang der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Ein moderner Haushalt für eine Union, die schützt, stärkt und verteidigt Mehrjähriger Finanzrahmen 2021-2027 {SWD(2018) 171 final}“, https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2018/DE/COM-2018-321- F1-DE-ANNEX-1-PART-1.PDF Deutscher Bundestag, ID 1 Literaturzusammenstellung „Energie und Rohstoffe“, Abschnitt „Kernfusion“ 3 Donner, S. et al., Deutscher Bundestag, Wissenschaftlichen Dienste (2010). Aktueller Begriff „ITER – Der internationale Testreaktor zur Kernfusion“, https://www.bundestag.de/resource /blob/191518/360d9200cb73173d846ac4b108de3af7/ITER-data.pdf Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste (2016) „Bildungs- und Forschungspolitik auf europäischer Ebene“, https://www.bundestag.de/resource/blob/422680/e6578ec37ace4eb1cef08dac39e5e7c6/WD-8-028-16- pdf-data.pdf, WD 8 - 3000 - 028/16 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 5 2. Fusionsforschung Das Projekt „ITER“ ist auf 35 Jahre angelegt: 10 Jahre Bau, 20 Jahre Betrieb und 5 Jahre Deaktivierung . ITER ist ein globales Forschungsprojekt. Im Jahr 2006 haben sieben Partner, die Europäischen Union (EURATOM), China, Indien, Japan, Russland, Süd-Korea und die USA das Abkommen unterzeichnet. Die Arbeiten im Rahmen des ITER-Projekts sollen klären, ob sich die Fusion für die künftige Energiegewinnung nutzen lässt und welche Materialien geeignet wären, um den Belastungen im Reaktor standzuhalten. Der Beginn des Testbetriebs verzögert sich bis 2025. Die kommerzielle Nutzung der Kernfusion wird frühestens ab 2060 erwartet.4 „EUROfusion ist ein Konsortium von 30 Empfängern aus allen Mitgliedstaaten außer Luxemburg und Malta sowie aus der Schweiz und aus der Ukraine. Das Konsortium hat den Auftrag, den europäischen Fahrplan für die Stromgewinnung aus Fusionsenergie in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts umzusetzen. Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik ist der europäische Koordinator für dieses gemeinsame europäische Programm, das das erste seiner Art ist.“5 3. Kosten der Fusionsforschung Die Anteile am Projekt ITER teilen sich wie folgt auf: „Europa hat bei diesem Projekt mit einer Beteiligung von 45 % an den Baukosten die Führungsrolle übernommen. 80 % dieses Anteils werden aus dem EU-Haushalt und 20 % von Frankreich, dem Standort von ITER, übernommen (auf andere ITER-Mitglieder entfallen jeweils rund 9 %). Diese Kostenaufteilung wird sich in der Betriebsphase ändern. Europa wird dann 34 % der Kosten tragen.“ Japan und die Vereinigten Staaten 13 % und China, Indien, Süd-Korea und Russland 10 %.6 „Nach einer positiven Prüfung durch unabhängige Sachverständige billigte der ITER-Rat im Juni 2016 ad referendum7 einen aktualisierten Zeitplan mit den dazugehörigen Kostenschätzungen für den Abschluss des Baus des ITER bis zum ersten Plasma, der für Dezember 2025 angesetzt wird. Dies ist der früheste technisch mögliche Fertigstellungstermin für den ITER. Dieser Zeitplan um- 4 Donner, S. et al., Deutscher Bundestag, Wissenschaftlichen Dienste (2010). Aktueller Begriff „ITER – Der internationale Testreaktor zur Kernfusion“, https://www.bundestag.de/resource /blob/191518/360d9200cb73173d846ac4b108de3af7/ITER-data.pdf VDI nachrichten (2019). „Kraftwerkstechnik sucht Alternativen“ vom 8. November 2019, Nr. 45, Seite 16 5 Europäische Kommission (2017). Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „EU- Beitrag zum reformierten ITER-Projekt {SWD(2017) 232 final}“,https://ec.europa.eu/transparency/regdoc /rep/1/2017/DE/COM-2017-319-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF, COM(2017) 319 final vom 14.6.2017 6 Europäische Kommission (2017). Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „EU- Beitrag zum reformierten ITER-Projekt {SWD(2017) 232 final}“,https://ec.europa.eu/transparency/regdoc /rep/1/2017/DE/COM-2017-319-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF, COM(2017) 319 final vom 14.6.2017 7 Die Billigung erfolgte „ad referendum“, da noch ein endgültiger Beschluss der Haushaltsbehörden der ITER- Mitglieder aussteht. Für Europa bedeutet dies, dass der Euratom-Beitrag aus dem EU-Haushalt den Vorschlägen der Kommission und dem Ergebnis der Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen nach 2020 nicht vorgreift. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 6 fasst keine Rückstellungen und beruht somit auf der Annahme, dass alle wichtigsten Risiken begrenzt werden können. Der ITER-Rat billigte den detaillierten Zeitplan – vom ersten Plasma im Dezember 2025 bis zum Vollbetrieb im Jahr 2035 unter Verwendung von Deuterium-Tritium- Brennstoff („Deuterium-Tritium-Phase“) – im November 2016 als Grundlage für die neue ITER- Ausgangsbasis (die dazugehörigen Kosten wurden ad referendum gebilligt).“8 „Dieser aktualisierte Zeitplan und die Schätzung der damit verbundenen Kosten ermöglichen es Euratom, die geltende, vom Rat der EU 2010 beschlossene Budget-Obergrenze von 6,6 Mrd. EUR (zu Preisen von 2008) einzuhalten, die bis 2020 gilt.“9 Die Europäische Kommission hat für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen, der sich von 2021 bis 2027 erstreckt, vorgeschlagen, einen Beitrag von 6,07 Mrd. EUR für das ITER-Projekt zu leisten.10 Zwischen 2008 (dem Start der ITER-Tätigkeiten) und 2016 hat die europäische ITER-Organisation „Fusion for Energy“ 839 Aufträge und Finanzhilfen im Wert von rund 3,8 Mrd. EUR an Begünstigte in ganz Europa vergeben. Etwa 300 Unternehmen einschließlich kleiner und Mittlerer Unternehmen (KMU) aus rund 20 verschiedenen EU-Mitgliedstaaten sowie der Schweiz und etwa 60 Forschungseinrichtungen, haben Investitionen erhalten.“11 „Die Mitgliedsländer leisten ihre Beiträge meist durch Bereitstellung von Bauteilen und Systemgruppen , so fließen die Entwicklungskosten überwiegend in die heimische Industrie. Beispielsweise liefern Japan, China, die USA und andere die großen Magnetspulen; Südkorea, Europa und Russland das gigantische Vakuumgefäß und Frankreich die Gebäudeinfrastruktur sowie die aufwändige Energieversorgung.“12 8 Europäische Kommission (2017). Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „EU- Beitrag zum reformierten ITER-Projekt {SWD(2017) 232 final}“,https://ec.europa.eu/transparency/regdoc /rep/1/2017/DE/COM-2017-319-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF, COM(2017) 319 final vom 14.6.2017 9 Europäische Kommission (2017). Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „EU- Beitrag zum reformierten ITER-Projekt {SWD(2017) 232 final}“,https://ec.europa.eu/transparency/regdoc /rep/1/2017/DE/COM-2017-319-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF, COM(2017) 319 final vom 14.6.2017 10 Europäische Kommission (2019). „The ITER project Governance and funding“, https://ec.europa.eu/energy/sites /ener/files/iter_factsheet_governance_and_funding.pdf Deutscher Bundestag (2019). Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN/Bündnis90 „Fusionsreaktor ITER nicht als Klimaschutzmaßnahme ausweisen“, BT-Drs 19/10221, http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/19/102/1910221.pdf 11 Europäische Kommission (2017). Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „EU- Beitrag zum reformierten ITER-Projekt {SWD(2017) 232 final}“,https://ec.europa.eu/transparency/regdoc /rep/1/2017/DE/COM-2017-319-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF, COM(2017) 319 final vom 14.6.2017 12 Lemke, D., Spektrum der Wissenschaft (2018). „Die Energiequellen - Teil 3: Der Weg zum Fusionsreaktor auf der Erde“, März 2018 Seite 36 ff, https://www.spektrum.de/magazin/der-weg-zum-fusionsreaktor-auf-dererde /1535237 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 7 „Es wird davon ausgegangen, dass die ITER-Organisation bis 2025 Vertragsleistungen in Höhe von insgesamt 1,8 Mrd. EUR in Auftrag geben wird, insbesondere in den Bereichen Hochtechnologielösungen für Diagnose-, Fernbedienungs- und Heizsysteme, was auch in europäischen Regionen , die bisher nur seltener zu den Begünstigen gehört haben, neue Möglichkeiten für die dortigen Industriezweige und KMU bieten wird.“13 „International existieren bereits Tokamak-Reaktoren: JET (EU), K-STAR (Korea), EAST (China) und DIII-D (USA). Der JT-60SA Tokamak (Japan) soll mit Euratom Haushaltsmitteln und Finanzmitteln aus Japan gebaut und bis 2020 in Betrieb genommen werden. Im Jahr 2017 beteiligten sich fünf Mitglieder von „Fusion for Energy“ (Spanien, Frankreich, Deutschland, Italien und Belgien ) an dem Konzept auf freiwilliger Basis.14 Die Planungen für das Versuchskraftwerk DEMO (DEMOnstration Power Plant) haben bereits begonnen . Es soll nach 2035 gebaut werden, Mitte der 2040er Jahre Strom liefern und die Grundlage für große Fusionskraftwerke bilden.15 Die nachfolgende Tabelle zeigt die Aufstellung der Euratom-Beiträge für den bisherigen und zukünftigen Projektzeitraum des ITER. 16 13 Europäische Kommission (2017). Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „EU- Beitrag zum reformierten ITER-Projekt {SWD(2017) 232 final}“,https://ec.europa.eu/transparency/regdoc /rep/1/2017/DE/COM-2017-319-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF, COM(2017) 319 final vom 14.6.2017 14 Europäische Kommission (2017). Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „EU- Beitrag zum reformierten ITER-Projekt {SWD(2017) 232 final}“,https://ec.europa.eu/transparency/regdoc /rep/1/2017/DE/COM-2017-319-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF, COM(2017) 319 final vom 14.6.2017 Europäische Kommission (2018). Final report „The European Contribution to ITER: Achievements and Challenges “, https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/european_contribution_to_iter-ramboll.pdf 15 Lemke, D., Spektrum der Wissenschaft (2018). „Die Energiequellen - Teil 3: Der Weg zum Fusionsreaktor auf der Erde“, März 2018 Seite 36 ff, https://www.spektrum.de/magazin/der-weg-zum-fusionsreaktor-auf-dererde /1535237 16 Europäische Kommission (2017). Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „EU- Beitrag zum reformierten ITER-Projekt {SWD(2017) 232 final}“,https://ec.europa.eu/transparency/regdoc /rep/1/2017/DE/COM-2017-319-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF, COM(2017) 319 final vom 14.6.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN (2013). „Bau des Kernfusionsreaktors ITER“, BT-Drs 17/14764, http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/17/147/1714764.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 8 4. Kosten der Energieerzeugung am Beispiel „ITER“ ITER soll mit einem Fusionsplasma im 500-Megawatt-Bereich erstmals zehnmal mehr Energie liefern, als zur Aufheizung des Plasmas benötigt wird, und so die Machbarkeit der kontrollierten terrestrischen Energiegewinnung aus Fusionsprozessen demonstrieren. Das Fusionsfeuer soll im experimentellen Rahmen für acht Minuten aufrechterhalten werden. Dabei würden mit einem Energieeinsatz von 50 Megawatt 500 Megawatt Leistung erzielt.17 17 Donner, S. et al., Deutscher Bundestag, Wissenschaftlichen Dienste (2010). Aktueller Begriff „ITER – Der internationale Testreaktor zur Kernfusion“, https://www.bundestag.de/resource /blob/191518/360d9200cb73173d846ac4b108de3af7/ITER-data.pdf Helmholtz-Gemeinschaft (2019). „Das Programm „‘Nuclear Fusion‘“, https://www.helmholtz.de/forschung /energie/nuclear_fusion/ Deutsche Physikalische Gesellschaft e.V. (DPG) (2014). „Kernfusion – auf dem Weg zum Kraftwerk“, https://www.dpg-physik.de/veroeffentlichungen/publikationen/physikkonkret/pix/physik_konkret_21.pdf, PhysiKonkret Nr.21 Oktober 2014 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 9 Um ein sich selbsterhaltendes Plasma einzustellen, muss das Produkt aus der Teilchenenergie, der Dichte und der Einschlusszeit einen bestimmten Wert überschreiten. Die nachfolgende Grafik zeigt einen Überblick der jahrzehntelangen Fusionsforschung in Abhängigkeit von diesem kritischen Wert und der Temperatur des Plasmas für verschiedene Forschungsdekaden. Dabei zeigt der ITER das bisher beste Verhältnis.18 Das Verhältnis zwischen der von den Fusionsreaktionen erzeugten Leistung und der externen Wärmeleistung, die in ein Tokamak eingespeist werden muss, um die Reaktionen aufrechtzuerhalten , wird in „Q“ (fusion gain) angegeben. Um die für die Deuterium-Tritium-Fusion erforderlichen Temperaturen von etwa 150.000.000 °C zu erreichen, müssen drei externe Heizquellen von außerhalb des Tokamaks eingesetzt werden. Die von diesen Systemen eingespeiste Heizleistung (in Megawatt) ist Teil des von Q gemessenen Verhältnisses, das die eingespeiste Heizleistung mit der Ausgangsfusionsleistung vergleicht. Für den ITER liegt das Ziel bei Q größer bzw. gleich dem Wert 10 (Q ≥10). Wenn dies erreicht werden sollte, bedeutet dies, dass zehn Mal mehr Leistung (500 MW) erhalten würde, als von den Heizsystemen (50 MW) aufgewendet werden musste. 18 Lemke, D., Spektrum der Wissenschaft (2018). „Die Energiequellen - Teil 3: Der Weg zum Fusionsreaktor auf der Erde“, März 2018, Seite 36 ff, https://www.spektrum.de/magazin/der-weg-zum-fusionsreaktor-auf-dererde /1535237 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 10 Der Break-even19 der Energie ist der Moment, in dem der Wirkungsgrad der Fusionsreaktion Q = 1 erreicht, das heißt, wenn die gesamte Schmelzleistung, die während eines Plasmaimpulses erzeugt wird, der Leistung entspricht, die in die Systeme eingespeist wird, die das Plasma erwärmen . Die Betrachtung der Leistungsbilanz eines stromerzeugenden Fusionskraftwerks, des technischen Break-evens, berücksichtigt alle Anlagensysteme. Neben dem Strom für die Heizsysteme muss beispielsweise auch der Strom für den Antrieb der Elektromagnete, die Kühlung der Kryoanlage oder den Betrieb von Diagnose- und Steuerungssystemen betrachtet werden. Höhere Werte von Q (z.B. 30 oder 50) würden nach heutigem Stand der Forschung die Kosten für die Anlage extrem verteuern.20 Für die Fusionstechnologie von Wasserstoffisotopen in Deutschland gehen Experten von geschätzten Größenordnungen zwischen 1 GW und 2 GW aus. Der Betrieb eines Gigawattkraftwerks würde pro Jahr etwa 100 Kilogramm Deuterium und 5000 Kilogramm Lithium benötigen. Die Brennstoffkosten für ein Fusionskraftwerk könnten sich nach diesen Schätzungen auf 1 % der Betriebskosten belaufen. Die bisherigen und zukünftigen Forschungs - und Investitionskosten sind hierbei nicht berücksichtigt worden.21 5. Forschungsprogramme weltweit Das Schweizerische Nuklearforum fasst die europäische, bzw. unter Schweizer Beteiligung stattfindende , Fusionsforschung wie folgt zusammen: „Für die europäische Fusionsforschung ist heute, wie zuvor Euratom, das 2014 im Rahmen von «Horizon 2020» gegründete Konsortium «EUROfusion» zuständig. Parallel zum Bau von ITER hat EUROfusion zur Beantwortung spezifischer Forschungsfragen drei Tokamaks mittlerer Größe ausgewählt: den Tokamak auf dem Gelände der ETH Lausanne, jenem des Culham Centre for Fusion Energy in Großbritannien sowie jenem des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik in Garching bei München.“22 Die Bundesregierung unterrichtet in ihrem Bericht zu Forschung und Innovation: „Die Förderung der Fusionsforschung erfolgt überwiegend durch die programmorientierte Förderung der Helmholtz -Gemeinschaft (HGF). An diesem Programm sind das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie das Forschungszentrum Jülich (FZJ) beteiligt . Im internationalen Vergleich verfügen diese Forschungsinstitute über ein herausragendes wissenschaftliches Know-how. Mit Großgeräten wie dem Tokamak 'ASDEX Upgrade‘ und dem 19 Der Break-even Point ist der Punkt, an dem das Produkt weder einen Gewinn noch einen Verlust erzeugt. 20 ITER Organisation (2019). „ITER – About“, https://www.iter.org/faq#collapsible_12 21 Lemke, D., Spektrum der Wissenschaft (2018). „Die Energiequellen - Teil 3: Der Weg zum Fusionsreaktor auf der Erde“, März 2018 Seite 36 ff, https://www.spektrum.de/magazin/der-weg-zum-fusionsreaktor-auf-dererde /1535237 22 Nuklearforum Schweiz (2017). Factsheet „Strom aus Kernfusion: Option für die Zukunft“, https://www.nuklearforum .ch/sites/default/files/folder-pdf/170320%20Update_Fusion_d_Web_1.pdf, März 2017 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 11 Stellarator ‚Wendelstein 7-X‘, beide am IPP, sowie dem Hochtemperatur-Helium-Kreislauf (HE- LOKA) und der Testeinrichtung für supraleitende Komponenten (TOSKA), beide am KIT, steht eine weltweit einmalige Infrastruktur zur Verfügung.“23 „Am Programm „Nuclear Fusion” beteiligte Helmholtz-Zentren sind das Forschungszentrum Jülich , das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik und das Karlsruher Institut für Technologie.“ Zur Fusionsforschung an den Helmholtz-Zentren berichtet die Bundesregierung: „Die Arbeiten von IPP, KIT und FZJ sind eingebunden in das europäische Fusionsforschungsprogramm von Euratom . Das IPP koordiniert das von 29 nationalen Fusionszentren aus 26 Ländern der EU sowie der Schweiz gegründete Konsortium EUROfusion, das die neue zentrale Struktur der europäischen Fusionsforschung darstellt. Das IPP selbst zählt weltweit zu den führenden Instituten. Auf europäischer Ebene unterstützt Deutschland, als Mitglied von Euratom zusammen mit allen anderen EU-Mitgliedstaaten, den Bau des International Thermonuclear Experimental Reactor (ITER) in Cadarache (Südfrankreich). Euratom vertritt die EU im ITER-Rat. Sie ist einer der sieben Partner im Projekt (EU, Japan, USA, Russland, China, Südkorea und Indien). […] ITER soll der Zwischenschritt zum ersten Demonstrationskraftwerk, DEMO, sein, das Strom ins Netz einspeist. Daher wird ITER viele Technologien testen, die in bisherigen Experimentieranlagen nicht benötigt wurden.“24 „Die Materialfragen sind ein Schlüsselproblem der heutigen Fusionsreaktorforschung. Deshalb wird eine „International Fusion Materials Irradiation Facility“ entwickelt, mit EURATOM und Japan als Partnern. […] Erste Ergebnisse könnten Mitte der 2030er Jahre erwartet werden.“25 Eine Übersicht der europäischen Forschungslandschaft zur Kernfusion zeigt folgende Grafik:26 23 Deutscher Bundestag (2018). Unterrichtung der Bundesregierung „Bundesbericht Forschung und Innovation 2018“, BT-Drs 19/2600, http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/19/026/1902600.pdf, Seite 204 24 Deutscher Bundestag (2018). Unterrichtung der Bundesregierung „Bundesbericht Forschung und Innovation 2018“, BT-Drs 19/2600, http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/19/026/1902600.pdf, Seite 204 Deutscher Bundestag (2018). Unterrichtung der Bundesregierung „Siebtes Energieforschungsprogramm der Bundesregierung – Innovationen für die Energiewende“, BT-Drs 19/4518, http://dip21.bundestag .btg/dip21/btd/19/045/1904518.pdf, Seite 80 ff Helmholtz-Gemeinschaft (2019). „Das Programm „‘Nuclear Fusion‘“, https://www.helmholtz.de/forschung /energie/nuclear_fusion/ 25 Lemke, D., Spektrum der Wissenschaft (2018). „Die Energiequellen - Teil 3: Der Weg zum Fusionsreaktor auf der Erde“, März 2018 Seite 36 ff, https://www.spektrum.de/magazin/der-weg-zum-fusionsreaktor-auf-dererde /1535237 26 Eurofusion (2018). „European Research Roadmap - In Brief to the Realisation of Fusion Energy“, https://www.euro-fusion.org/fileadmin/user_upload/EUROfusion/Documents/TopLevelRoadmap.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 12 Eine Liste der Kernforschungsinstitute der einzelnen Staaten weltweit hat das Max-Planck-Institut zusammengestellt.27 Weltweit investieren auch private Unternehmen in die Fusionsforschung und den Bau von Fusionsanlagen .28 China 27 Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) (2019). „Fusionsforschung weltweit“, https://www.ipp.mpg.de/42193/weltweit 28 Olk, J., Handelsblatt (2019). „Strom aus Kernfusion soll die Energiewelt revolutionieren“, https://www.handelsblatt .com/technik/forschung-innovation/energie-strom-aus-kernfusion-soll-die-energiewelt-revolutionieren /23863638.html?ticket=ST-189354-kaek2f20n2qyNR4O1JLP-ap6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 13 China hat aktuell ein 10-Mrd.-US$-Programm aufgelegt.29 Das chinesische ASIPP, das Institut der chinesischen Wissenschaften, betreibt den Test-Fusionsreaktor EAST (Experimental Advanced Superconducting Tokamak). China möchte im Jahr 2020 entscheiden, ob der China Fusion Engineering Test Reactor (CFETR), der komplementär zum ITER ist, gebaut wird. Dieser Forschungsreaktor soll 2030 in Betrieb gehen.30 USA „Ein gemeinsames Forschungsprojekt zur Untersuchung der Leistungsauskopplung aus einem heißen Stellarator-Plasma haben das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald und die US-amerikanische Universität von Wisconsin-Madison gegründet. Das ‚Helmholtz International Lab for Optimized Advanced Divertors in Stellarators‘ (HILOADS), an dem sich auch das Forschungszentrum Jülich sowie die Auburn-Universität in Alabama beteiligen, wird von der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren finanziell unterstützt. […] Von den für HILOADS insgesamt veranschlagten 6,125 Millionen Euro übernimmt die Helmholtz-Gemeinschaft in den kommenden fünf Jahren 24 %, 35 bzw. 15 % tragen die Universitäten in Madison und Auburn, 18 bzw. 8 % das IPP bzw. das Forschungszentrum Jülich. HILOADS soll im Frühjahr 2020 beginnen.“31 In den Vereinigten Staaten möchte das MIT (Massachusetts Institute of Technology ) und ein privates Start-up des MIT einen kompakten 50-100 MW Fusionsreaktor, genannt SPARC bzw. Compact Fusion Reaktor (CFR), bauen. Das Start-up „Commonwealth Fusion Systems“ (CFS) ist von ehemaligen MIT-Mitarbeitern und Studenten gegründet worden, um Fusionsenergie und verwandte Technologien zu kommerzialisieren. CFS erhält Unterstützung von mehreren Unternehmen , Risikokapitalgesellschaften und Einzelpersonen.32 29 VDI nachrichten Nr. 45 Seite 16 „Kraftwerkstechnik sucht Alternativen“ vom 8. November 2019 30 Deeg, J., Spektrum der Wissenschaften (2018). „Wir haben noch keine Patentlösung für das Energieproblem “,https://www.spektrum.de/news/kernfusion-wie-geht-es-bei-iter-voran-und-ueberholen-uns-die-chinesen /1595228, vom 4.10.2018 31 Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) (2019). „Startschuss für internationales Stellarator-Projekt“, https://www.ipp.mpg.de/de/aktuelles/presse/pi/2019/08_19?c=4312883, vom 25.10.2019 32 Deeg, J., Spektrum der Wissenschaften (2018). „Wir haben noch keine Patentlösung für das Energieproblem “,https://www.spektrum.de/news/kernfusion-wie-geht-es-bei-iter-voran-und-ueberholen-uns-die-chinesen /1595228, vom 4.10.2018 Plasma Science and Fusion Center (PFSC) Massachusetts Institute of Technology (MIT) (2019). „SPARC“, https://www.psfc.mit.edu/sparc Plasma Science and Fusion Center (PFSC) Massachusetts Institute of Technology (MIT) (2019). „SPARC-The high-field path to fusion energy“, https://www.psfc.mit.edu/files/psfc/imce/research/topics/sparc/MIT- SPARCbrochure.pdf Commonwealth Fusion Systems (CFS) (2019). https://cfs.energy/ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 14 Schweiz Nach Aussage der Europäischen Kommission ist die Schweiz das „einzige mit den Euratom-Aktivitäten für das ITER-Projekt assoziierte Land, das nicht Euratom angehört. Die Schweiz ist seit 1978 assoziiertes Land der Tätigkeiten rund um die Kernfusion, was es ihr ermöglicht hat, von Fusion for Energy und der ITER-Organisation Aufträge und Finanzhilfen zu erhalten und zudem als assoziiertes Land an dem Euratom-Programm für die Kernfusionsforschung teilzunehmen.“33 Mit dem in Lausanne seit 1992 in Betrieb stehenden Tokamak untersucht das Swiss Plasma Center (SPC) „den Einfluss der Form auf das Verhalten des Plasmas. Weitere Forschungsschwerpunkte sind die Steuerung des Plasmas sowie der Einsatz von hochfrequenten elektromagnetischen Wellen zum kontinuierlichen Aufheizen des Plasmas – ebenfalls wichtige Beiträge an I- TER. Am PSI verfügt die Gruppe des SPC über die weltweit größte Supraleiter-Testanlage. Sie prüft Proben von supraleitenden Kabeln aus aller Welt, die für ITER bestimmt sind. An der Universität Basel untersucht eine Forschungsgruppe Phänomene in und auf Materialien, die im Tokamak des SPC und im JET dem Plasma ausgesetzt waren.“34 Das Schweizerische Nuklearforum schreibt zur Schweizerischen Fusionsforschung: „Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation vertritt – zusammen mit dem ‚Swiss Plasma Center‘ (SPC) der ETH Lausanne – die Schweiz in den leitenden Ausschüssen des Euratom-Programms . Hauptakteur auf nationaler Ebene ist das SPC, das mit einer Forschungsgruppe auch am Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen (Kanton Aargau) tätig ist. Zudem beteiligt sich die Universität Basel an der Fusionsforschung. […] In den vergangenen Jahren investierte der Bund jährlich 20 bis 25 Millionen Franken in die Fusionsforschung in der Schweiz. Das ist etwas mehr als für die Forschung im Bereich der Kernspaltung, aber deutlich weniger als für die erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz. Die Schweizer Beteiligung an der Fusionsforschung bleibt auch bei einem Atomausstieg der Schweiz erhalten.“35 Großbritannien Die Beteiligung Großbritanniens an der Fusionsforschung hängt vom Ausgang des Brexits ab. Die Bundesregierung schreibt dazu: „Inwieweit die Expertise des Vereinigten Königreichs im Rahmen des ITER-Projektes weiterhin zur Verfügung stehen wird, hängt vom Ergebnis der laufenden Brexit-Verhandlungen ab bzw. wird Gegenstand der ggf. kommenden Verhandlungen zum zukünftigen Verhältnis zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich sein. 33 Europäische Kommission (2017). Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „EU- Beitrag zum reformierten ITER-Projekt {SWD(2017) 232 final}“,https://ec.europa.eu/transparency/regdoc /rep/1/2017/DE/COM-2017-319-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF, COM(2017) 319 final vom 14.6.2017 34 Nuklearforum Schweiz Factsheet „“,https://www.nuklearforum.ch/sites/default/files/folder-pdf/170320%20Update _Fusion_d_Web_1.pdf 35 Nuklearforum Schweiz Factsheet „“,https://www.nuklearforum.ch/sites/default/files/folder-pdf/170320%20Update _Fusion_d_Web_1.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 15 Auf der Grundlage der völkerrechtlichen Verpflichtungen bringt sich die Bundesregierung weiterhin in die Gremien von Fusion for Energy bei ITER ein.“36 6. Wendelstein 7-X Die Experimentieranlage Wendelstein 7-X im IPP-Teilinstitut Greifswald ist die weltweit größte Fusionsanlage vom Typ Stellarator. „Ihre Aufgabe ist es, die Kraftwerkseignung dieses Bautyps zu untersuchen. Dazu wird sie ein optimiertes Magnetfeld für den Einschluss des Plasmas testen. Es wird von einem System aus 50 speziell geformten, supraleitenden Magnetspulen erzeugt – das technische Kernstück der Anlage. Es wird erwartet, dass Plasmagleichgewicht und -einschluss von vergleichbarer Qualität sein werden wie bei einem Tokamak gleicher Größe. Dabei werden jedoch die Nachteile des im Tokamak-Plasma fließenden Stromes vermieden: Mit bis zu 30 Minuten langen Plasmaentladungen soll Wendelstein 7-X die wesentliche Stellaratoreigenschaft zeigen , den Dauerbetrieb. Die Hauptmontage von Wendelstein 7-X wurde 2014 abgeschlossen, das erste Plasma wurde 2015 erzeugt.“37 Bei bis zu 26 Sekunden langen Plasmen konnten bis zu 75 Megajoule Heizenergie in das Plasma eingespeist werden. Danach gelangen zudem langlebige Plasmen von 100 Sekunden Dauer – ebenfalls einer der bislang besten Stellarator-Werte weltweit.38 Der in Japan 1998 nach acht Jahren Bauzeit in Betrieb genommene "Large Helical Device" (LHD) ist ebenfalls eine Fusionsanlage vom Typ Stellarator. Die LHD-Anlage wird vom National Institute for Fusion Science (NIFS) in Toki bei Nagoya betrieben und war - bis zum Betriebsbeginn von Wendelstein 7-X - der weltweit größte Stellarator.39 Die Kosten des Projekts „Wendelstein 7-X“ belaufen sich bisher auf etwa 400 Millionen Euro.40 36 Deutscher Bundestag Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP (2018) „Folgen des Brexit für Deutschland und Europa: Bildung und Forschung“, http://dip21.bundestag .btg/dip21/btd/19/052/1905223.pdf, BT-Drs 19/5223 37 Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) (2019). „Wendelstein 7-X“, https://www.ipp.mpg.de/wendelstein7x Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) (2019). „Fusion“, https://www.ipp.mpg.de/46293/fusion_d.pdf Nuklearforum Schweiz (2019). Factsheet „Fusion“, https://www.nuklearforum.ch/sites/default/files/folderpdf /170320%20Update_Fusion_d_Web_1.pdf 38 Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) (2018). „Die zweite Experimentierrunde“, https://www.ipp.mpg.de/4295022/op_1_2 39 Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) (1998). „Japanische Fusionsanlage LHD in Betrieb gegangen“, https://www.ipp.mpg.de/ippcms/de/presse/archiv/03_98_pi 40 Norddeutscher Rundfunk (NDR) (2019). „25 Jahre Fusionsforschung in Greifswald“, https://www.ndr.de/nachrichten /mecklenburg-vorpommern/25-Jahre-Fusionsforschung-in-Greifswald,wendelstein288.html, vom 19.7.2019 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 144/19 Seite 16 Zahlreiche Kooperationen verbinden das Projekt „Wendelstein 7-X“ mit europäischen und internationalen Fusionslaboratorien.41 *** 41 Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) (2019). „Kooperationen“, https://www.ipp.mpg.de/9390/kooperationen