© 2019 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 135/19 Die Ermittlung von Wolfspopulationen nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/19 Seite 2 Die Ermittlung von Wolfspopulationen nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 135/19 Abschluss der Arbeit: 31. Oktober 2019 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Berichterstattung nach Art. 17 der FFH-Richtlinie 4 3. Erfassung von Wolfspopulationen in EU-Mitgliedstaaten 5 4. Berechnungsmethode in Deutschland 6 4.1. Wolfsmonitoring 6 4.2. Berechnung der Wolfsindividuen 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/19 Seite 4 1. Einleitung Die Richtlinie 92/43/EWG1 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der wildlebenden Tiere und Pflanzen, auch Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) genannt, ist eine Naturschutz -Richtlinie der Europäischen Union. Ziel der Richtlinie ist es, die wildlebenden Arten, deren Lebensräume und die europaweite Vernetzung dieser Lebensräume zu schützen und zu sichern . Welche Arten und Lebensraumtypen geschützt werden sollen, lässt sich den Anhängen der Richtlinie entnehmen. Der Wolf ist in Anhang II (Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen) und IV (streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse) gelistet und fällt somit unter die von der Richtlinie geschützten Tierarten. Das Monitoring des Erhaltungszustandes und damit auch die Ermittlung der Populationsgröße, ist eine Verpflichtung, die aus der Richtlinie folgt. 2. Berichterstattung nach Art. 17 der FFH-Richtlinie Gemäß Art. 17 der FFH-Richtlinie sind alle Mitgliedstaaten verpflichtet, alle sechs Jahre der EU Kommission einen Bericht zum Stand der Umsetzung der Richtlinie zu übermitteln und darin den Erhaltungszustand aller in den Anhängen erwähnten Lebensräume, Tier- und Pflanzenarten zu bewerten. In Deutschland erfolgt die Erstellung des Berichtes überwiegend auf der Grundlage von Daten der Bundesländer, die auf bundesweit einheitlichen Erhebungsmethoden basieren. Die vollständigen nationalen Berichte aller EU-Mitgliedstaaten sind auf der Website der EU-Kommission abrufbar.2 Auf deren Grundlage erstellt die Kommission einen Gemeinschaftsbericht.3 Nach Art. 17 der FFH-Richtlinie muss der Bericht die Schätzung der Populationsgröße enthalten. Wie diese genau erfasst wird, ist jedoch nicht vorgegeben. Bei der Zählung werden Wölfe nicht als Einzeltiere, sondern als Rudel erfasst. Zu einem Rudel gehören die Elterntiere, die Jungen des Vorjahres, sowie die Welpen des aktuellen Jahres. Das Monitoring ist nicht auf die Erfassung von Welpen ausgerichtet. Da die Sterblichkeit unter den Jungtieren relativ hoch ist, kann man sicher nur die Zahl der erwachsenen Tiere nachweisen. Die 1 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/17/EU des Rates vom 13. Mai 2013, eine konsolidierte Fassung ist abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content /DE/TXT/?uri=CELEX%3A01992L0043-20130701 (Stand: 4.11.2019). 2 Der Gemeinschaftsbericht der Kommission für den Zeitraum 2007-2013, sowie der Vorbericht für den Zeitraum 20013-2018 sind abrufbar unter: https://ec.europa.eu/environment/nature/knowledge/rep_habitats/index _en.htm [Stand: 04.11.2019]. 3 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2016), Natura 2000, abrufbar unter: https://www.bmu.de/themen/natur-biologische-vielfalt-arten/naturschutz-biologische-vielfalt/gebietsschutzund -vernetzung/natura-2000/ [Stand: 29.10.2019]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/19 Seite 5 Daten werden von der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes für den Wolf (DBBW) zusammengeführt und mit den Experten der Länder gemeinsam bewertet.4 Nach den Anforderungen der FFH-Richtlinie ist die Populationsgröße so exakt wie möglich anzugeben . Informationen zu der Populationsstruktur werden jedoch nicht ausdrücklich für die Berichterstattung verlangt.5 Eine EU-weite Einigung über die verwendete Einheit zur Berechnung der Populationsgröße gibt es noch nicht. Empfohlen wird jedoch, möglichst die Einheit „geschlechtsreife Individuen“ zu verwenden.6 3. Erfassung von Wolfspopulationen in EU-Mitgliedstaaten Es gibt verschiedene Vorgehensweisen, um die Populationsgröße von Wölfen zu messen. Welche Methode gewählt wird, hängt von diversen Faktoren, wie der erforderlichen Genauigkeit, den vorhandenen Ressourcen, den Umweltbedingungen oder der Verbreitung der Population ab. Es gibt daher keine artspezifische Methode, die überall in Europa angewendet werden könnte. Vielmehr muss die beste Methode unter den gegeben Umständen gefunden werden.7 Die folgende Tabelle stellt die in den Ländern verwendeten Methoden dar. Für eine genauere Bestimmung der Populationsgröße werden oft mehrere Methoden kombiniert. 8 4 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2016), Wie werden Wölfe gezählt?, abrufbar unter: https://www.bmu.de/faq/wie-werden-woelfe-gezaehlt/ [Stand: 29.10.2019]. 5 Bundesamt für Naturschutz (2015), Monitoring von Wolf, Luchs und Bär in Deutschland, S. 11, abrufbar unter: https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/Skript413.pdf [Stand: 30.10.2019]. 6 Ebenda, S. 11 [Stand: 30.10.2019]. 7 Ebenda, S. 15 ff. [Stand: 30.10.2019]. 8 Ebenda, S. 16 [Stand: 31.10.2019]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/19 Seite 6 4. Berechnungsmethode in Deutschland 4.1. Wolfsmonitoring Das Wolfsmonitoring wird auf Länderebene nach zwischen Bund und Ländern abgestimmten Vorgaben durchgeführt. Die am häufigsten verwendeten Methoden, sind dabei Fotofallen, Telemetrie , genetische Analysen und Heulanimationen.9 Die Überprüfung der Monitoringdaten erfolgt anhand der sog. SCALP-Kriterien (Status and Conservation of the Alpine Lux Population). Diese Methode wird für das Monitoring von Luchsen, Wölfen und Bären verwendet und soll eine Vergleichbarkeit der Daten gewährleisten.10 4.2. Berechnung der Wolfsindividuen Für den FFH-Bericht ist die Populationsgröße in Anzahl geschlechtsreifer Individuen anzugeben. Dafür wird die Anzahl der Rudel und Paare mit zwei multipliziert und die Anzahl geschlechtsreifer , residenter Wölfe anschließend addiert.11 Laut Bundesregierung ist eine wissenschaftlich fundierte Abschätzung der tatsächlichen Zahl der Wolfsindividuen nicht möglich. So heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion vom 17. April 2019 (BT-Drs. 19/9541): „Eine wissenschaftlich fundierte Abschätzung einer Gesamtzahl des Bestandes der Wölfe ist nicht möglich. Die Bundesregierung erhebt keine eigenständigen Zahlen zum Wolfsbestand in Deutschland, sondern ist auf die Ergebnisse des Wolfsmonitorings in den Ländern angewiesen. Die zwischen den Ländern abgestimmten Ergebnisse des Wolfsmonitorings können auf den Internetseiten der DBBW https://www.dbb-wolf.de/ abgerufen werden.“12 Darüber hinaus heißt es: „Systematische Erfassungen der Länder zur Ermittlung von Individuenzahlen bei Wolfsrudeln sind nicht bekannt.“13 *** 9 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2016), Wie werden Wölfe gezählt?, abrufbar unter: https://www.bmu.de/faq/wie-werden-woelfe-gezaehlt/ [Stand: 31.10.2019]. 10 Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf, SCALP-Kriterien, abrufbar unter: https://www.dbb-wolf.de/Wolfsmanagement/monitoring/scalp-kriterien [Stand: 31.10.2019]. 11 Bundesamt für Naturschutz (2015), Monitoring von Wolf, Luchs und Bär in Deutschland, S. 26, abrufbar unter: https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/Skript413.pdf [Stand: 30.10.2019]. 12 Bundestagsdrucksache (17.04.2019), abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/095/1909541.pdf [Stand: 30.10.2019]. 13 Ebenda [Stand: 31.10.2019].