© 2019 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 135/18 Lithium Vorkommen, Abbau und ökologische Auswirkungen in Bolivien Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/18 Seite 2 Lithium Vorkommen, Abbau und ökologische Auswirkungen in Bolivien Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 135/18 Abschluss der Arbeit: 09.01.2019 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Zur Ausbeutung des Lithiumvorkommens in Bolivien 4 2. Vorkommen am Beispiel des bolivianischen Salzsees „Salar de Uyuni“ 5 3. Abbau des Lithiums durch Gewinnung aus der Sole 6 4. Ökologische Aspekte 8 5. Potentiale zur Lithiumgewinnung in Bolivien 9 6. Quellenverzeichnis 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/18 Seite 4 1. Zur Ausbeutung des Lithiumvorkommens in Bolivien „Aufgrund seiner spezifischen Eigenschaften findet Lithium in vielen unterschiedlichen Bereichen Anwendung. […] Der mit Abstand wichtigste Verwendungszweck von Lithium liegt im Bereich der wiederaufladbaren Batterien.“ Dieser Bereich machte 2015 in Summe etwa 37 % der Verwendung aus. Die zweitgrößte Verwendung findet in der Glas- und Keramikindustrie statt (30,5 %).1 Mit der stetig wachsenden Zahl der Elektroautobatterien (Lithium-Ionen-Batterien, LIB) wächst auch der Bedarf an Lithium (Li). Im Rahmen eines auf 70 Jahre angelegten bolivianisch-deutschen Projekts soll in Bolivien, in dessen weltweit größten Salzsee „Salar de Uyuni“, Lithium gefördert werden. Das baden-württembergische Unternehmen ACISA (ACI Systems Alemania) und der bolivianische Staatskonzern Yacimientos de Litio Bolivianos (YLB) vereinbarten eine Kooperation. Ab 2022 soll eine Förderung von 30.000 bis 40.000 Tonnen Lithiumhydroxid (LHM) möglich sein. Die Investition soll 300 bis 400 Millionen Euro betragen.2 Der bolivianische Salzsee liegt in der Hochebene auf einer Höhe von 3653 m in einer sehr schwach besiedelten Gegend. Es herrscht dünne Höhenluft und – verstärkt durch die Salzkruste – eine sehr starke UV-Strahlung. Bislang existieren für die Lithium-Förderung keine Logistikinfrastruktur und keine Wasser-, Gas- oder Stromleitungen. Unter der dicken Salzkruste des Sees befindet sich eine Salzlauge, in der das Lithium enthalten ist. Aus den umliegenden Bergen fließt stetig Wasser in den See nach. Im zufließenden Wasser sind auch teils „störende“ Mineralien enthalten. Durch das Verdunsten der Lauge kann Lithium gewonnen werden. Im Jahr 2008 wurde eine Pilotfabrik gebaut, die seit 2016 Lithium verarbeitet.3 „Das Lithium ist vom bolivianischen Präsidenten Evo Morales 2008 als strategische Ressource benannt worden. Der Plan: Aus eigener Kraft sollen sämtliche Produktionsstufen, vom Trocknen 1 Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (2017). „Rohstoffrisikobewertung – Lithium“, https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads /DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-33.pdf?__blob=publicationFile&v=2, Seite 25f. 2 Der Tagesspiegel (2018). „Der Schatz im Salzsee - Ein bolivianisch-deutsches Konsortium will im größten Salzsee der Welt Lithium für Batterien fördern“, 13.12.2018, Seite 15 Der Tagesspiegel (2019). „Mit Lithium aus Bolivien unabhängiger von China“, https://www.tagesspiegel .de/wirtschaft/e-auto-batteriehersteller-mit-lithium-aus-bolivien-unabhaengiger-von-china/23831474.html, 07.01.2019, 08:02 h Lithiumhydroxid (LHM) wird für die Herstellung der immer leistungsstärkeren Kathoden mit hohem Nickelgehalt benötigt und soll Lithiumcarbonat mit der Zeit aus dem Autobatteriebau verdrängen. Diese Kathoden können nur mit LHM hergestellt werden. Spiegel Online (2018). „Vertrag mit Bolivien - Deutschland sichert sich Lithium-Vorkommen“, https://www.greenpeace-magazin.de/track/click/10414/0, 12.12.2018, 17:35 Uhr 3 3sat (2011). „Bolivien im Lithium-Rausch - Das neue Gold der Anden“, https://www.youtube .com/watch?v=LSa-WsvKylY Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/18 Seite 5 des Salzwassers bis zum fertigen Lithium-Akku, komplett in Bolivien ablaufen.“4 Die vor wenigen Jahren erneuerte bolivianische Verfassung sieht allerdings vor, dass betroffene Städte und Gemeinden befragt und eingebunden werden müssen, wenn es um den Abbau von Bodenschätzen geht. Unter Umweltgesichtspunkten wird allerdings auch in Lateinamerika Kritik am Lithium-Abbau geäußert: befürchtet werden Umweltbelastungen durch Staub und die Entnahme von Wasser in der extrem wasserarmen Region.5 Die vorliegende Arbeit skizziert Vorkommen, Abbau und die möglichen ökologischen Folgen des Lithiumabbaus. 2. Vorkommen am Beispiel des bolivianischen Salzsees „Salar de Uyuni“ Das Wuppertal Institut hat in einer Studie u. a. Quellen ausgewertet, die die weltweiten Ressourcen für Lithium schätzen.6 „In Boliviens westlichem Hochland liegen auf ca. 3.600 m Höhe die größten identifizierten Lithiumreserven der Welt. Laut neuester Schätzungen des United States Geological Survey (USGS) verbergen sich hier unter der mit über 10.000 km2 größten Salztonebene der Welt, dem Salar de Uyuni, ca. 6-9 Millionen Tonnen Lithium.“7 Die Experten ziehen in ihrer Studie von 2010 das Fazit: „Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, erscheint es deshalb notwendig, die Abbaukapazitäten zu erhöhen. Dies wäre eine Entwicklungschance für Bolivien, eines der ärmsten Länder Lateinamerikas. Denn seine enormen Lithiumvorkommen sind bis jetzt unerschlossen. Doch die lange Geschichte von Ressourcenkonflikten in Bolivien führt deutlich vor Augen, wie wichtig ein konfliktsensitives Vorgehen ist. Auch sollten vergangene Erfahrungen und Konflikte im Öl- und Gassektor ernst genommen werden, v. a. in Bezug auf Good Governance und Korruption, die Verteilung der Einnahmen aus natürlichen Rohstoffen sowie der Zerstörung von Einkommens- und Lebensgrundlagen (z. B. Landwirtschaft und Tourismus ) durch die Umweltauswirkungen des Bergbaus. Die starke Zivilgesellschaft Boliviens und die Haltung der Regierung Morales bieten dafür Lösungsansätze. Da die Lithiumextraktion noch am Anfang steht, gibt es zum ersten Mal in der Geschichte Boliviens eine Chance, die natürlichen 4 Deutschlandfunk (DF) (2018). „Riskantes Lithium-Projekt-Millionen für ein bisschen bolivianische Industrie“, https://www.deutschlandfunk.de/riskantes-lithium-projekt-millionen-fuer-ein-bisschen.724.de.html?dram:article _id=309367 5 Edison (2018). „Lithium: Die Umweltgefahren des weißen Goldes“, https://edison.handelsblatt.com/erklaeren /lithium-die-umweltgefahren-des-weissen-goldes/23140064.html?ticket=ST-287502-yvZF5oqvKJoiic OjnBHt-ap4, 16.10.2018 6 Wuppertal Institut, Umweltbundesamt (UBA) (2010). „Rohstoffkonflikte nachhaltig vermeiden: Risikoreiche Zukunftsrohstoffe? Fallstudie und Szenarien zu Lithium in Bolivien (Teilbericht 3.3)“, https://www.adelphi .de/de/system/files/mediathek/bilder/rohkon_bericht_3-3_bolivien_1_0.pdf, Seite 10 7 Wuppertal Institut, Umweltbundesamt (UBA) (2010). „Rohstoffkonflikte nachhaltig vermeiden: Risikoreiche Zukunftsrohstoffe? Fallstudie und Szenarien zu Lithium in Bolivien (Teilbericht 3.3)“, https://www.adelphi .de/de/system/files/mediathek/bilder/rohkon_bericht_3-3_bolivien_1_0.pdf, Seite 3 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/18 Seite 6 Ressourcen von Beginn an unter Einbeziehung der Bevölkerung und zu deren Nutzen zu erschließen .“8 Die Deutsche Rohstoffagentur bemerkt: “Es bleibt jedoch unbestritten, dass Bolivien über sehr große Potenziale zur Lithiumförderung verfügt.“9 „Angaben zu den Reserven Boliviens im Salar de Uyuni sind nicht verfügbar.“10 Es gibt jedoch Schätzungen: Durchschnittliche Gehalte an Lithium, Magnesium, Kalium, Natrium, Sulfat und Chlorid für das Vorkommen in Salar de Uyuni, Bolivien: Li 349 Ø (ppm), 6.500 Mg Ø (ppm), 7.200 K Ø (ppm), 87.200 Na Ø (ppm), 8.500 SO4 Ø (ppm), 157.100 Cl Ø (ppm) mit den Verhältnissen : Mg/Li 18,62, K/Li 20,63 und SO4/Li 24,35.11 „Dem USGS (2017) nach liegen die Lithiumressourcen (inferred, indicated, measured) bei etwa 41 Mio. t Li-Inh. [Lithium-Inhalt]. In dieser Kategorie führt Bolivien das Ranking mit rund 9 Mio. t Li-Inh. (22 %) an [...]. Nach Gruber et al. (2011) belaufen sich die Ressourcen im Salar de Uyuni auf ca. 10,2Mio.tLi-Inh. Garret (2004) beziffert die Ressourcen Boliviens aber nur mit etwa 5–5,5 Mio. t Li-Inh. […] Die Deutsche Bank (2016) gibt die weltweiten Lithiumressourcen (inferred, indicated, measured) mit etwa 51 Mio. t Li-Inh. an. “12 Unter den drei wichtigsten Ländern ist auch Bolivien (10,1 Mio. t Li-Inh., 19,8 %). 3. Abbau des Lithiums durch Gewinnung aus der Sole „Die Gewinnung von Lithium aus Solen findet vorrangig im sogenannten ‚Lithium Triangle‘ in Südamerika statt. Dabei handelt es sich um ein Gebiet zwischen Chile, Argentinien und Bolivien. 8 Wuppertal Institut, Umweltbundesamt (UBA) (2010). „Rohstoffkonflikte nachhaltig vermeiden: Risikoreiche Zukunftsrohstoffe? Fallstudie und Szenarien zu Lithium in Bolivien (Teilbericht 3.3)“, https://www.adelphi .de/de/system/files/mediathek/bilder/rohkon_bericht_3-3_bolivien_1_0.pdf, Seite 27 9 Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (2017). „Rohstoffrisikobewertung – Lithium“, https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads /DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-33.pdf?__blob=publicationFile&v=2, Seite 13 10 Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (2017). „Rohstoffrisikobewertung – Lithium“, https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads /DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-33.pdf?__blob=publicationFile&v=2, Seite 80 11 Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (2017). „Rohstoffrisikobewertung – Lithium“, https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads /DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-33.pdf?__blob=publicationFile&v=2, Tabelle 4 Seite 17 12 Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (2017). „Rohstoffrisikobewertung – Lithium“, https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads /DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-33.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Seite 81 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/18 Seite 7 Einzelne Vorkommen gibt es auch in Peru. Darüber hinaus werden Lithium-haltige Solen in den USA (Nevada) und China (Tibet) gefördert und verarbeitet.“13 In vielen Abbauregionen wird ein etablierter Prozess eingesetzt. „Die folgende Prozessdarstellung bezieht sich auf die Vorkommen im Salar de Atacama und das Unternehmen Rockwood Lithium (Albemarle). […] Traditionell werden diese Solen durch Bohrlöcher an die Oberfläche gepumpt und in einem ersten Schritt in nacheinander geschalteten Evaporationsbecken [Verdampfungsbecken ] durch Sonnenenergie aufkonzentriert. Ziel ist es, störende Inhalte (Karbonate, Sulfate, Salze) durch fraktionierte Kristallisation zu entfernen und gleichzeitig den Lithiumgehalt auf etwa 6 % zu erhöhen.“14 „Je nach Vorkommen unterscheiden sich die geförderten Solen in ihren chemischen Zusammensetzungen […]. Somit unterscheiden sich auch die nachgelagerten Prozessschritte bis zum fertigen Zwischenprodukt (Lithiumkarbonat, Lithiumhydroxid, Lithiumchlorid usw.) von Vorkommen zu Vorkommen. Sogar innerhalb einzelner Vorkommen unterscheiden sich die Solen je nach Bohrlochtiefe und -lage. Prinzipiell gilt, die Menge an Verunreinigungen wie bspw. Mg, K, Na, SO4 u. a. bestimmt den technischen Aufwand, der notwendig ist, um die gewünschten Lithiumprodukte in der entsprechenden Reinheit herstellen zu können. Somit stellen diese Verunreinigungen durchaus einen wichtigen Kostenfaktor in der Produktion dar. Generell sind Solen wünschenswert , die geringe Mg/Li und geringe SO4/Li [Verhältnisse] aufweisen.“15 „Die Solen werden von Becken zu Becken gepumpt und die ausgefällten Minerale abgetrennt und aufgehaldet. Die gewonnene mit Lithium angereicherte Sole wird dann in einer großtechnischen Anlage (La Negra) weiterverarbeitet und kann nach einem Wasch- und Trocknungsprozess bereits vermarktet werden.“16 Das Prozesswasser (abgereicherte Sole) wird dem Kreislauf wieder zugeführt, da es immer noch Lithium enthält. Zu diesem etablierten Prozess gibt es neue Prozessketten ohne Evaporationsbecken : „Somit könnten die Produkte einerseits schneller hergestellt und auf der anderen Seite die von Verunreinigungen entsprechend gereinigten Restsolen wieder in den Untergrund verbracht werden, was sich positiv auf den Gesamtwasserhaushalt der Salare auswirken würde. Weitere 13 Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (2017). „Rohstoffrisikobewertung – Lithium“, https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads /DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-33.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Seite 23 14 Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (2017). „Rohstoffrisikobewertung – Lithium“, https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads /DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-33.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Seite 23 15 Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (2017). „Rohstoffrisikobewertung – Lithium“, https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads /DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-33.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Seite 23 16 Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (2017). „Rohstoffrisikobewertung – Lithium“, https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads /DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-33.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Seite 23 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/18 Seite 8 Prozessentwicklungen, in denen beispielsweise Lithium direkt aus Solen gewonnen werden soll, wurden von verschiedenen Firmen angekündigt.“17 4. Ökologische Aspekte Der industrielle Lithiumabbau hat auch Auswirkungen auf die Umwelt und die indigene Bevölkerung Boliviens. Die beim Lithiumabbau eingesetzten Verdampfungsbecken gelten nicht als geeignete Methode für Salar de Uyuni, weil die Magnesiumanteile hoch sind und es im Vergleich zu anderen Regionen im Jahr eine kräftige Regenzeit gibt.18 Wenn das aus den Verdampfungsbecken nicht benötigte Wasser dem See wieder zugeführt wird, so befürchten Kritiker eine Veränderung der bisherigen Zusammensetzung der Sole, das sich auf den Salzabbau der indigenen Bevölkerung und die Umwelt auswirken kann.19 Die indigene Bevölkerung nutzt den Salzsee hauptsächlich für den Abbau von Salz aus der Salzschicht , die sich oberhalb der Salzsole befindet. Um Lithium abbauen zu können, muss diese Schicht im großen Maßstab entfernt werden. Die Schicht ist etwa 40 cm dick, sehr hart und schwer zu entfernen. Kommt das Salz mit der darunterliegenden Salzsole in Berührung, so ist dieser Teil aufgrund von Verunreinigungen im Wasser nicht mehr für die landwirtschaftliche Verwertung des Salzes geeignet. Bolivien baut u. a. Quinoa an. Der Quinoa-Anbau benötigt mineralhaltigen Boden und ein wenig Wasser. Für die Herstellung von einer Tonne Lithiumsalz werden zwei Millionen Liter Wasser benötigt.20 Da das Wasser in der Region aber schon jetzt knapp ist, wird befürchtet, dass durch die Lithiumgewinnung eine weitere Verknappung des Wassers entsteht.21 17 Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (2017). „Rohstoffrisikobewertung – Lithium“, https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads /DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-33.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Seite 25 18 Deutschlandfunk (DF) (2018). „Riskantes Lithium-Projekt-Millionen für ein bisschen bolivianische Industrie“, https://www.deutschlandfunk.de/riskantes-lithium-projekt-millionen-fuer-ein-bisschen.724.de.html?dram:article _id=309367 19 3sat (2011). „Bolivien im Lithium-Rausch - Das neue Gold der Anden“, https://www.youtube .com/watch?v=LSa-WsvKylY ab 23:58 min Deutschlandfunk (DF) (2018). „Lithiumabbau in Chile - Ökologisch und sozial schwierige Verhältnisse“, https://www.deutschlandfunk.de/lithiumabbau-in-chile-oekologisch-und-sozial-schwierige .697.de.html?dram:article_id=415667, 16.4.2018 20 Business Insider Deutschland (2017). „Hinter dem Rohstoff Lithium steckt ein dunkles Geheimnis, das E-Auto- Käufer kennen sollten“, https://www.businessinsider.de/e-autos-hinter-dem-rohstoff-lithium-steckt-ein-dunkles -geheimnis-2017-12, 8.12.2017, 16:50 h 21 Business Insider Deutschland (2017). „Hinter dem Rohstoff Lithium steckt ein dunkles Geheimnis, das E-Auto- Käufer kennen sollten“, https://www.businessinsider.de/e-autos-hinter-dem-rohstoff-lithium-steckt-ein-dunkles -geheimnis-2017-12, 8.12.2017, 16:50 h Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/18 Seite 9 Neben den landwirtschaftlichen Aspekten spielt auch der Tourismus in der Region eine Rolle. Der unberührte Salzsee ohne Industrieanlagen gilt als Touristenmagnet.22 Auch Auswirkungen auf die Biodiversität befürchten Kritiker des Lithiumabbaus. Der Salar de Uyuni ist so gut wie frei von jeglicher Art von Lebewesen, aber Brutplatz einiger nur in Südamerika vorkommender Flamingo-Arten. Die vom Aussterben bedrohten Andenflamingos sind nur dort heimisch. Auch auf die Pflanzenwelt kann es ökologische Auswirkungen geben.23 Inmitten der Salzpfanne gibt es Inseln. Die Isla Incahuasi (Quechua für Haus des Inka) ist bekannt für ihre meterhohen und teilweise mehr als 1200 Jahre alten Säulenkakteen.24 5. Potentiale zur Lithiumgewinnung in Bolivien25 Die Deutsche Rohstoffagentur bewertet das Potential Boliviens wie folgt: „Bolivien verfügt aufgrund seiner Ressourcen von rund 9 Mio. t Li-Inh. über ein sehr großes Potenzial zur Lithiumgewinnung […]. Im Länderranking liegt Bolivien somit an zweiter Stelle hinter Chile und vor den USA und Argentinien in Bezug auf seine Lithiumressourcen (Kap. 2.5.1, S.92). Angaben zu Reserven für das Land liegen jedoch nicht vor.“ Nach Informationen aus der Tagespresse ist Australien inzwischen der größte Lithiumproduzent vor Chile.26 In ihrer Risikobewertung beschreibt die Deutsche Rohstoffagentur auch die ökonomische, politische und ökologische Situation Boliviens hinsichtlich seiner Lithiumvorkommen: „Lithium kommt in Bolivien vor allem im Salar de Uyuni vor, dem mit ca. 10.600 km2 größten Salar der Erde. Er liegt im Altiplano auf einer Höhe von etwa 3.653 m. Die Region Deutschlandfunk (DF) (2018). „Riskantes Lithium-Projekt-Millionen für ein bisschen bolivianische Industrie“, https://www.deutschlandfunk.de/riskantes-lithium-projekt-millionen-fuer-ein-bisschen.724.de.html?dram:article _id=309367 22 Deutschlandfunk (DF) (2018). „Riskantes Lithium-Projekt-Millionen für ein bisschen bolivianische Industrie“, https://www.deutschlandfunk.de/riskantes-lithium-projekt-millionen-fuer-ein-bisschen.724.de.html?dram:article _id=309367 23 Edison (2018). „Lithium: Die Umweltgefahren des weißen Goldes“, https://edison.handelsblatt.com/erklaeren /lithium-die-umweltgefahren-des-weissen-goldes/23140064.html?ticket=ST-287502-yvZF5oqvKJoiic OjnBHt-ap4, 16.10.2018 24 Encyclopædia Britannica, Inc. (2019). „Uyuni – BOLIVIA“, https://www.britannica.com/place/Uyuni#ref951822 25 Alle Angaben der DERA in diesem Kapitel: Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (2017). „Rohstoffrisikobewertung – Lithium“, https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads/DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen -33.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Seite 84f 26 Der Tagesspiegel (2018). „Lithium Valley in Australien“, https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/rohstoffpreiselithium -valley-in-australien/23166486.html, 09.10.2018, 18:04 Uhr Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/18 Seite 10 ist durch eine ausgeprägte Regenzeit (Dezember–Juni) geprägt. Darüber hinaus unterscheidet sich der Salar de Uyuni bezüglich seiner Lithium-, Magnesium- und Sulfatgehalte deutlich von z. B. dem Salar de Atacama oder Salar de Hombre Muerto […]. Diese Faktoren können direkte Implikationen für die wirtschaftliche Gewinnung von Lithium haben (Kap. 1.2, S. 22). Darüber hinaus spielen die Thematik des Fachkräftemangels , die Einbeziehung der indigenen Bevölkerung, der Tourismus und Umweltschutz eine wichtige Rolle für die Entwicklung des Salar de Uyuni. Neben diesen genannten Faktoren sind zusätzlich die Betrachtung und Einschätzung der politischen Situation im Land sowie die Betrachtung des Geschäftsumfeldes für Investitionen in Bolivien unerlässlich […]. Aufgrund der genannten Aspekte (s. o.) ist Bolivien bisher kein kommerzieller Produzent von Lithium bzw. Lithiumverbindungen. Es gibt jedoch seitens der bolivianischen Regierung ambitionierte Pläne einer vertikal integrierten Produktion am Salar de Uyuni. Diese sehen sogar eine Lithium-Ionen-Zellenproduktion im Land vor. Im Jahr 2008 wurde die staatliche Bergbaugesellschaft COMBIBOL mit dem Projekt bzw. dessen Entwicklung betraut. Durch die Einrichtung einer eigenen Abteilung zur Gewinnung von Lithium und einem Budget von ca. 6 Mio. US$ sollte ein Pilotprojekt gestartet werden. Eine kleine Pilotanlage wurde daraufhin im Jahr 2008 in Llipi Loma gebaut. Diese produzierte nach Industrial Minerals im Jahr 2016 aber nur sehr geringe Mengen an Lithiumkarbonat […]. Bereits seit 2009 begleitet das deutsche Unternehmen K-Utec Salt-Technologies, eine private Nachfolgegesellschaft des früheren DDR-KaliForschungsinstituts, COMIBOL bei den Planungen zu Uyuni. Im Jahr 2015 setzte sich K-Utec gegen Ercosplan aus Deutschland und Salt & Evaporation Plant (SEP) aus der Schweiz in einer internationalen Ausschreibung zur Planung einer Lithiumgewinnungsanlage im Salar de Uyuni durch. Das Unternehmen ist nun damit beauftragt, eine Anlage zu konzipieren, mit der pro Jahr bis zu 30.000 t LCE [Lithium-Carbonate-Equivalent] (ca. 5.650 t Li-Inh.) hergestellt werden können . Weiterhin wird die Firma die Ausschreibung für den Bau der Anlage betreuen. Die bolivianische Regierung will bis zu 600 Mio. US$ in das Projekt investieren. Aus Sicht der DERA [Deutsche Rohstoffagentur] spielt eine mögliche Förderung von Lithium in Bolivien aus den oben genannten Gründen für den Zeitraum bis 2025 nur im Angebotsszenario 2 (high case) eine Rolle. Hierbei wird von einem potenziellen Förderbeginn im Jahr 2022 ausgegangen (Kap. 2.5.6). Die mögliche Fördermenge wird mit 3.000 t Li-Inh. (ca. 16.000 t LCE) angesetzt.“ Die Experten des Wuppertal-Instituts fassen nach Auswertung von Studien die ökonomische und ökologische Situation der indigenen Bevölkerung der Region um den Salar de Uyuni wie folgt zusammen: „Rund um die Salztonebene hängt ein Großteil der Bevölkerung direkt und indirekt vom Salar de Uyuni für ihren Lebensunterhalt ab. Rund 46 Prozent der lokalen Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft und Viehzucht. Für diese ist der Salar de Uyuni von entscheidender Bedeutung, da er eines der wichtigsten Wassereinzugsgebiete der Region ist. Die lo- Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/18 Seite 11 kale Landwirtschaf und Viehzucht sind für ihre Wasserversorgung auf dieses funktionierende Ökosystem angewiesen. Der Salar de Uyuni ist außerdem mit ca. 50.000 Touristen eine der Haupttouristenattraktionen Boliviens […] und ein fragiles Ökosystem mit vielen endemischen Arten […]. So bildet z. B. der Rio Grande, der größte Fluss der Region, auf den lithiumreichsten Teilen des Salar eine Lagune. Diese bietet vielen Vögeln einen wichtigen Lebensraum. Der Tourismus, von dem 23 Prozent der Bevölkerung leben, stützt sich auf diese unberührten Landschaften. Daneben leben weitere 12 Prozent der Bevölkerung direkt von der Salzernte. Die Auswirkungen der Lithiumproduktion auf das Ökosystem wären neben der Habitatzerstörung vor allem der Wasserverbrauch (durch das Anlegen von Verdunstungsbecken ) sowie Abwasser- und Luftverschmutzungen durch die chemische Aufbereitung des Lithiums. Die Wasserreserven der Salar de Uyuni gelten als nicht-erneuerbar, da sich das Grundwasser nur extrem langsam regeneriert. Außerdem herrscht in der Region schon heute Wassermangel […].“27 6. Quellenverzeichnis Germany Trade & Invest (GTAI) (2018). „Wirtschaftsdaten kompakt – Bolivien“, https://www.gtai.de/GTAI/Content/DE/Trade/Fachdaten /MKT/2016/11/mkt201611222085_159450_wirtschaftsdaten-kompakt---bolivien.pdf?v=6 3sat (2011). „Bolivien im Lithium-Rausch - Das neue Gold der Anden“, https://www.youtube .com/watch?v=LSa-WsvKylY Business Insider Deutschland (2017). „Hinter dem Rohstoff Lithium steckt ein dunkles Geheimnis , das E-Auto-Käufer kennen sollten“, https://www.businessinsider.de/e-autos-hinter-dem-rohstoff -lithium-steckt-ein-dunkles-geheimnis-2017-12, 8.12.2017, 16:50 h Der Tagesspiegel (2018). „Der Schatz im Salzsee - Ein bolivianisch-deutsches Konsortium will im größten Salzsee der Welt Lithium für Batterien fördern“, 13.12.2018, Seite 15 Der Tagesspiegel (2018). „Lithium Valley in Australien“, https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft /rohstoffpreise-lithium-valley-in-australien/23166486.html , 09.10.2018, 18:04 Uhr Der Tagesspiegel (2019). „Mit Lithium aus Bolivien unabhängiger von China“, https://www.tagesspiegel .de/wirtschaft/e-auto-batteriehersteller-mit-lithium-aus-bolivien-unabhaengiger-vonchina /23831474.html, 07.01.2019, 08:02 h 27 Wuppertal Institut, Umweltbundesamt (UBA) (2010). „Rohstoffkonflikte nachhaltig vermeiden: Risikoreiche Zukunftsrohstoffe? Fallstudie und Szenarien zu Lithium in Bolivien (Teilbericht 3.3)“, https://www.adelphi .de/de/system/files/mediathek/bilder/rohkon_bericht_3-3_bolivien_1_0.pdf, Seite 24 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 135/18 Seite 12 Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (2017). „Rohstoffrisikobewertung – Lithium“, https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames /Produkte/Downloads/DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen- 33.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Deutschlandfunk (DF) (2018). „Riskantes Lithium-Projekt-Millionen für ein bisschen bolivianische Industrie“, https://www.deutschlandfunk.de/riskantes-lithium-projekt-millionen-fuer-einbisschen .724.de.html?dram:article_id=309367 Deutschlandfunk (DF) (2018). „Lithiumabbau in Chile - Ökologisch und sozial schwierige Verhältnisse “, https://www.deutschlandfunk.de/lithiumabbau-in-chile-oekologisch-und-sozialschwierige .697.de.html?dram:article_id=415667, 16.4.2018 Edison (2018). „Lithium: Die Umweltgefahren des weißen Goldes“, https://edison.handelsblatt .com/erklaeren/lithium-die-umweltgefahren-des-weissen-goldes/23140064.html?ticket=ST- 287502-yvZF5oqvKJoiicOjnBHt-ap4, 16.10.2018 Encyclopædia Britannica, Inc. (2019). „Uyuni – BOLIVIA“, https://www.britannica .com/place/Uyuni#ref951822 Spiegel Online (2018). „Vertrag mit Bolivien - Deutschland sichert sich Lithium-Vorkommen“, https://www.greenpeace-magazin.de/track/click/10414/0, 12.12.2018, 17:35 Uhr Wuppertal Institut, Umweltbundesamt (UBA) (2010). „Rohstoffkonflikte nachhaltig vermeiden: Risikoreiche Zukunftsrohstoffe? Fallstudie und Szenarien zu Lithium in Bolivien (Teilbericht 3.3)“, https://www.adelphi.de/de/system/files/mediathek/bilder/rohkon_bericht_3-3_bolivien _1_0.pdf ***