© 2018 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 134/18 Zu Teilaspekten der PISA-Studien _________________________________________________________________________________________ Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 134/18 Seite 2 Zu Teilaspekten der PISA-Studien Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 134/18 Abschluss der Arbeit: 20.12.2018 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 134/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Einfluss des Anteils von Schülern mit Migrationshintergrund auf PISA-Studien 5 2.1. PISA-Studie 2003 5 2.2. PISA-Studie 2015 9 3. Vergleich und Fazit 10 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 134/18 Seite 4 1. Einleitung Im Fokus der seit dem Jahr 2000 kontinuierlich durchgeführten PISA1-Studien steht der internationale Vergleich der Leistungsmessung 15-jähriger Schülerinnen und Schüler aus den OECD-Staaten in den Bereichen Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften. Zur besseren Beurteilung der veröffentlichten Ergebnisse wurde die Datenerhebung von Anfang an auch daraufhin konzipiert, dass Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund statistisch gesondert ausgewertet werden konnten, da signifikante Abweichungen vom Leistungsniveau der Muttersprachler des jeweiligen Testlandes zu erwarten waren. Bevor auf den Einfluss von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund auf PISA-Studien eingegangen wird, soll zunächst kurz dargestellt werden, welche Definition des „Migrationshintergrunds “ bei PISA-Studien methodisch vorgenommen wird. „PISA berücksichtigt bei der Erfassung des Migrationsstatus folgende Aspekte: Neben der Frage, ob die Jugendlichen innerhalb des Testlandes geboren sind, wird erhoben, ob die Jugendlichen in ihrer Familie die gleiche Sprache verwenden, in der normalerweise auch der Unterricht erteilt wird. Da Eltern als entscheidende Bezugspersonen den sozio-kulturellen Kontext prägen, in dem die Jugendlichen aufwachsen, wird bei PISA ebenfalls das Geburtsland der Eltern erfragt. Die Analyse für den internationalen Vergleich verwendet eine Einteilung von Personen mit Migrationsstatus , die sich aus dem Geburtsland der Eltern und des getesteten Jugendlichen ableitet. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt darin, dass das Gruppierungsmerkmal eindeutig definiert und trotz der unterschiedlichen Zusammensetzung der Migrationsgruppen in den Teilnehmerstaaten gleichermaßen anwendbar ist. So werden in den folgenden Analysen, basierend auf den Angaben der Jugendlichen, für alle beteiligten Staaten vier Gruppen unterschieden: - Jugendliche ohne Migrationshintergrund: Beide Elternteile sind im Testland geboren. - Jugendliche mit einem im Ausland geborenen Elternteil: Nur ein Elternteil der Jugendlichen ist im Ausland geboren, der andere ist im Testland geboren - Erste Generation: Die Jugendlichen selbst sind im Testland geboren, beide Elternteile aber im Ausland. - Zugewanderte Familien: Beide Elternteile und der beziehungsweise die Jugendlichesind außerhalb des Testlandes geboren und aus einem anderen Land zugewandert.“2 1 Programme for International Student Assessment 2 Prenzel, Manfred, u.a. (2004). PISA 2003. Der Bildungsstand der Jugendlichen in Deutschland – Ergebnisse des zweiten internationalen Vergleichs. https://www.researchgate.net/publication/259210101_PISA_2003_Der_Bildungsstand_der_Jugendlichen _in_Deutschland_-_Ergebnisse_des_zweiten_internationalen_Vergleichs Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 134/18 Seite 5 2. Einfluss des Anteils von Schülern mit Migrationshintergrund auf PISA-Studien „Wie frühere Analysen gezeigt haben, unterscheidet sich die Situation von Heranwachsenden mit Migrationshintergrund verschiedener Herkunftsgruppen oft erheblich. Dies kann durch eine Vielzahl von Faktoren bedingt sein, wie etwa durch Unterschiede in Bezug auf den Bildungshintergrund der Eltern, Bleibeperspektiven, Zugang zu Maßnahmen der Integrationsförderung (z. B. Sprachkurse), wahrgenommene Akzeptanz der eigenen Herkunftsgruppe durch die Aufnahmegesellschaft oder kulturell geprägte Werte und Einstellungen.“3 Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden die PISA-Studien aus dem Jahr 2003 und Jahr 2015 kurz näher dargestellt. 2.1. PISA-Studie 2003 „Im Rahmen von PISA 2003 [Deutschland] wird besonderes Augenmerk auf die Situation und auf die Kompetenzprofile von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Muttersprache gerichtet. Neben der für den Ländervergleich erforderlichen Stichprobenerweiterung wurde ein Oversampling von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund durchgeführt. Dafür wurden in den Schulen zusätzlich bis zu 15 Fünfzehnjährige aus Familien mit Migrationshintergrund zufällig ausgewählt. Der Stichprobenanteil ist damit ausreichend groß, um systematische und aussagekräftige Vergleiche zwischen Jugendlichen deutscher und Jugendlichen nichtdeutscher Muttersprache durchzuführen.“4 Die PISA-Studie 2003 zeigt (…), „dass Jugendliche mit Migrationshintergrund motivierte Schüler sind und der Schule positiv gegenüber stehen. Trotz dieser engagierten Haltung schneiden diese Schülerinnen und Schüler in den Grundbildungsbereichen Mathematik, Lesen und den Naturwissenschaften sowie im Bereich des allgemeinen Problemlösens meist deutlich schlechter ab als ihre Mitschüler aus einheimischen Familien. In Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz sind diese Unterschiede am stärksten ausgeprägt .“5 „Es ist zu vermuten, dass Schülerinnen und Schüler der ersten Generation es am schwersten haben , gute Leistungen in der Schule zu erbringen, da sie direkte Erfahrungen mit den Herausforderungen der Einwanderung gemacht haben. Sie mussten oft eine neue Sprache erlernen, sich an eine neue Kultur und soziale Situation anpassen und sich mit einem ungewohnten Schulsystem vertraut machen. (Tabelle 1) bestätigt, dass die größten Unterschiede in den Mathematikleistungen zwischen den Schülerinnen und Schülern der ersten Generation und ihren Mitschülern aus einheimischen Familien bestehen. (…) In drei der OECD-Länder – Belgien, Dänemark und 3 Klieme, Eckhard u.a. (2010). PISA 2009. Bilanz nach einem Jahrzehnt, S. 200ff. 4 Manfred, Prenzel u.a. (2003). PISA 2003. Der zweite Vergleich der Länder in Deutschland – Was wissen und können Jugendliche?, S. 21. 5 BMBF (Hrsg.) (2006). Schulerfolg von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im internationalen Vergleich. Vorwort. https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/9789264066151-de.pdf?expires=1544538813&id=id&accname =ocid177634&checksum=780A590D56CC28839D5146C9B5F8FBEA Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 134/18 Seite 6 Deutschland – beträgt der Unterschied mehr als eine Kompetenzstufe; in den Niederlanden, in Österreich und der Schweiz liegt er bei etwas weniger als einer Kompetenzstufe (Differenz von mehr als 50 Punkten). In Deutschland ist der Unterschied am größten.“6 Tabelle 17 6 Ebenda: S. 35. 7 BMBF (Hrsg.) (2006). Schulerfolg von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im internationalen Vergleich, S. 38. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 134/18 Seite 7 Tabelle 28 8 Ebenda: S. 39. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 134/18 Seite 8 Tabelle 39 9 Ebenda: S. 40. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 134/18 Seite 9 2.2. PISA-Studie 2015 Als Ausgangspunkt wird zunächst festgehalten, dass Schülerinnen und Schüler in Deutschland in allen drei Erhebungsbereichen von PISA über dem OECD-Durchschnitt liegende Leistungen erzielen. „In Deutschland liegt der Anteil an Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund mit gut 28 Prozent deutlich über dem OECD-Schnitt von 23 Prozent (bezogen auf 15-Jährige im Jahr 2015). Zwischen 2006 und 2015 ist er in ähnlichem Umfang gewachsen wie in anderen OECD- Ländern. Der Zuwachs war aber langsamer als etwa in Österreich und der Schweiz“. 10 Tabelle 411 10 OECD (2017a). The Resilence of Students with an Immigrant Background, Summary for Germany, S.1. http://www.oecd.org/berlin/publikationen/the-resilience-of-students-with-an-immigrant-background_zusammenfassung -DE.pdf 11 OECD (2017b). Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. http://www.oecd.org/berlin /presse/schuelerinnen-und-schueler-mit-migrationshintergrund-brauchen-mehr-unterstuetzung-umerfolgreich -zu-sein-19032018.htm Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 134/18 Seite 10 „Knapp die Hälfte der Schüler mit Migrationshintergrund in Deutschland sind Migranten zweiter Generation (sie sind selbst im Inland geboren, beide Elternteile sind aber im Ausland geboren). In kaum einem anderen OECD-Land ist diese Gruppe unter den Schülern mit Migrationshintergrund stärker vertreten. Der Anteil an Schülern mit gemischter Herkunft (ein Elternteil in Deutschland, ein Elternteil im Ausland geboren) ist mit gut einem Drittel dagegen vergleichsweise klein (…). In Deutschland liegt der Anteil der Schüler mit sehr schwachen Leistungen (Leistungen unterhalb PISA Level 2) unter den im Ausland geborenen Schülern bei 43 Prozent und ist damit fast zweieinhalb Mal so hoch wie bei der Gruppe der Schüler ohne ausländische Wurzeln. Im OECD- Schnitt ist das Verhältnis 1 zu 1,7. (…). Zum Teil erklärt sich der hohe Anteil an leistungsschwachen Schülern unter Migrantenkindern durch das vergleichsweise niedrige Bildungsniveau der Eltern und die eher einfachen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, in denen die Schüler aufwachsen (…). Doch selbst wenn man den sozialen Hintergrund der Eltern berücksichtigt, ist der Anteil der Schüler mit Leistungsschwächen unter Migranten noch immer deutlich größer als unter Schülern ohne ausländische Wurzeln (…). Anders als in vielen anderen OECD-Ländern sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Herkunftsländern in Deutschland gering. So haben Schüler, die in der Türkei geboren wurden, ein ähnlich hohes Risiko für Leistungsschwächen wie Schüler aus Polen. Das gleiche gilt für Migranten zweiter Generation aus Italien und der Türkei (…). Ein weiterer Grund für den hohen Anteil leistungsschwacher Schüler können Schwierigkeiten mit der Sprache sein. So spricht mit knapp 80 Prozent ein vergleichsweise hoher Anteil der Migranten erster Generation zuhause nicht die Unterrichtssprache. Im OECD-Schnitt sind es rund 60 Prozent. Bei Migranten zweiter Generation sind es knapp 50 Prozent, verglichen mit dem OECD-Schnitt von gut 40 Prozent.“12 3. Vergleich und Fazit „In Bezug auf die Bildungsbeteiligung und auf Bildungsabschlüsse war zwar schon vor PISA bekannt , dass Heranwachsende aus zugewanderten Familien das Bildungssystem weniger erfolgreich durchlaufen als Schülerinnen und Schüler ohne Migrationshintergrund. Dass die mit einem Migrationshintergrund verbundenen Disparitäten in Deutschland größer waren als in den meisten anderen OECD-Mitgliedsstaaten, konnte jedoch erst anhand der in PISA 2000 erhobenen Kompetenzdaten gezeigt werden. (...) Während bis zum Jahr 2001 kaum etwas darüber bekannt war, wie sich die Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in Deutschland entwickeln und welche Faktoren diese Entwicklung beeinflussen, liegt inzwischen eine ganze Reihe wichtiger Erkenntnisse vor. (..) In den PISA-Erhebungen 2000, 2003 und 2006 waren die Lesekompetenz sowie die mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenz von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund deutlich geringer als die von Schülerinnen und Schülern ohne Migrationshintergrund. Dieser Unterschied war in der Regel auch dann 12 OECD (2017a: 1f.) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 134/18 Seite 11 noch zu beobachten, wenn man den sozioökonomischen Status und das Bildungsniveau der Eltern in den Analysen berücksichtigte. Auch bei gleichem sozialem Hintergrund konnte also ein mit dem Migrationshintergrund der Schülerinnen und Schüler verbundener Nachteil im Kompetenzniveau nachgewiesen werden. Für Heranwachsende mit Migrationshintergrund, die zu Hause neben dem Deutschen eine zweite Sprache oder ausschließlich eine andere Sprache als Deutsch erworben hatten, war in Englisch als Fremdsprache hingegen ein Leistungsvorteil zu beobachten, wie Befunde der nationalen DESI-Studie aus dem Schuljahr 2003/2004 zeigten. Auch in dem im Jahr 2009 durchgeführten Ländervergleich zu den Bildungsstandards schnitten Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in Englisch besser ab als in Deutsch. Weder in der DESI-Studie noch im Ländervergleich wurde jedoch das Herkunftsland der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund berücksichtigt. Differenzierte Analysen der DESI-Daten weisen darauf hin, dass auch das Befundmuster für Kompetenzen in Englisch als Fremdsprache in Abhängigkeit von der Herkunftsgruppe variiert. In Analysen der PISA-Daten von 2003 und 2006 war der Kompetenznachteil von Schülerinnen und Schülern der zweiten Generation (beide Eltern im Ausland geboren, Kind in Deutschland geboren) größer als der von Schülerinnen und Schülern der ersten Generation (beide Eltern sowie Kind im Ausland geboren). Dieser Befund war im internationalen Vergleich überraschend und erwartungswidrig, da es in Deutschland geborenen Jugendlichen leichter fallen sollte, in der Schule mitzukommen, als jenen, die erst als Kinder oder Jugendliche zugewandert sind. Dieses Befundmuster konnte jedoch allein darauf zurückgeführt werden, dass sich die Zusammensetzung der Gruppen unterschied: Während in der ersten Generation Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler aus der ehemaligen UdSSR oder Osteuropa besonders stark repräsentiert waren, die im Durchschnitt höhere Kompetenzniveaus erzielten, dominierten in der zweiten Generation die türkischstämmigen Jugendlichen, bei denen der Kompetenznachteil deutlich stärker ausgeprägt war. Die Befunde ließen sich also nicht als Hinweis darauf interpretieren, dass sich die Bildungsbenachteiligung der Migrantinnen und Migranten von Generation zu Generation in gleichem Maße fortgesetzt oder gar vergrößert hatte. Im Gegenteil: Innerhalb der einzelnen Herkunftsgruppen waren die Kompetenznachteile in der zweiten Generation geringer als in der ersten Generation . Insbesondere bei Kindern aus Familien, die aus Polen oder der ehemaligen Sowjetunion zugewandert waren, verbesserten sich die Kompetenzen der zweiten Generation im Vergleich zur ersten Generation wesentlich. Dieses Muster war auch für Migrantinnen und Migranten aus der Türkei zu beobachten, allerdings blieb der Rückstand in dieser Herkunftsgruppe über die Generationen relativ groß. Insgesamt ergab sich für Schülerinnen und Schüler türkischer Herkunft eine deutlich ungünstigere schulische Situation als für Schülerinnen und Schüler der anderen größten Herkunftsgruppen in Deutschland. Nach der vorliegenden Befundlage hängen also die von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund erreichten Kompetenzen mit dem sozioökonomischen Status und Bildungshintergrund ihrer Eltern, dem Zeitpunkt der Migration der Familie (vor oder nach Geburt des Kindes ) sowie dem jeweiligen Herkunftsland zusammen. Weiterhin konnten enge Zusammenhänge mit der zu Hause gesprochenen Sprache festgestellt werden. Dies wurde als Hinweis auf die zentrale Rolle von Lerngelegenheiten für den Erwerb der Instruktionssprache Deutsch gewertet. (…) Auf institutioneller Ebene wurde der Zusammenhang zwischen dem Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in Schulen und den von ihnen erreichten Kompetenzen Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 134/18 Seite 12 untersucht. In Schulen mit hohem Anteil von Heranwachsenden mit Migrationshintergrund beziehungsweise von Heranwachsenden nichtdeutscher Herkunftssprache wurden tendenziell geringere Kompetenzniveaus erreicht. Bei Kontrolle des sozioökonomischen Hintergrunds der Schülerschaft reduzierte sich dieser Effekt jedoch in der Regel erheblich, bei Kontrolle von Indikatoren für das Vorwissen der Gruppe verschwand er meist vollständig. Abweichende Befunde auf Basis des IQB-Ländervergleichs dürften darauf zurückzuführen sein, dass keine Indikatoren für das Vorwissen der Schülerinnen und Schüler zur Verfügung standen und sich die Effekte des Anteils der Migrantinnen und Migranten daher nicht präzise schätzen ließen. Der Migrantenanteil in Schulen scheint nach dem aktuellen Forschungsstand also keinen eigenständigen Einfluss auf die Kompetenzentwicklung zu haben; auch in Schulen mit einem hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern, die aus bildungsfernen Familien ohne Migrationshintergrund kommen, ist es offenbar vergleichsweise schwierig, ein hohes Kompetenzniveau zu erreichen. Wie die beschriebenen Befunde verdeutlichen, hat sich der Erkenntnisstand zu verschiedenen Aspekten der Situation von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in den letzten 10 Jahren deutlich verbessert. Dieser wird in Zukunft, etwa anhand von Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS), weiter vertieft und differenziert werden können. Der besondere Beitrag, den PISA in diesem Zusammenhang leisten kann, basiert auf dem zyklischen Charakter der Studie, der es ermöglicht, Veränderungen auf der Ebene des Systems zu bestimmen. Entsprechend wird das Hauptaugenmerk der im Folgenden beschriebenen Analysen auf der Frage liegen, inwieweit sich die Situation von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund im internationalen Vergleich und national zwischen den PISA-Erhebungen in den Jahren 2000 und 2009 verändert hat.“13 Seit dem Jahr 2009 – auf die sich die soeben zitierte Bilanz bezieht – ergeben sich in Hinblick auf den Einfluss des Anteils von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund für die PISA-Studie aus 2015 keine signifikanten Veränderungen. „Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund ist im OECD-Raum zwischen 2006 und 2015 von 9% auf 12% gestiegen, während sich der Leistungsabstand zwischen Schülerinnen und Schülern mit und ohne Migrationshintergrund in Naturwissenschaften im gleichen Zeitraum um 9 Punkte verringerte. Auch wenn bei der Interpretation der Daten für Deutschland aufgrund des seit 2009 hohen Anteils fehlender Angaben der Schüler bei den Fragen zum Migrationsstatus und zur zu Hause gesprochenen Sprache Vorsicht geboten ist (..), ist festzustellen, dass der Leistungsabstand zwischen diesen beiden Gruppen in Deutschland zwischen 2006 und 2015 nicht nennenswert abnahm (..). In Deutschland erzielen Schüler mit Migrationshintergrund durchschnittlich 72 Punkte weniger als Schüler ohne Migrationshintergrund, bei Berücksichtigung des sozioökonomischen Status der Schüler und der zu Hause gesprochenen Sprache verringert sich dieser Leistungsabstand jedoch auf 28 Punkte.“14 *** 13 Klieme, Eckhard u.a., (2009). PISA 2009: Bilanz nach einem Jahrzehnt, S. 200 ff. https://opac.bibliothek.bundestag .btg/aDISWeb/app;jsessionid=F92440DB1492019F3EDD89CF9A897A2A?service=aDISStream/POOLBUNA- PROD20@@_4402EC00_35106000/ZLA3_HTMLGL_1&sp=S%24OTPDF_1&sp=SMT00000001&requestCount=2 14 Ländernotiz, PISA Ergebnisse 2015, Deutschland, S. 6. https://www.oecd.org/pisa/PISA-2015-Germany- DEU.pdf