© 2019 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 121/19 Anrechnung von klimaschützenden Maßnahmen im Ausland bei der Klimabilanzierung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Einleitung Klimabilanzen geben an, welcher Ausstoß von Kohlendioxid oder anderen Treibhausgasen auf bestimmte Aktivitäten zurückzuführen ist. Die Definition, die dieser Arbeit zugrunde gelegt wird, ist die der Treibhausgasbilanz bzw. des Treibhausgasinventars, in der Form in der sie auch im Rahmen der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) und des Kyoto-Protokolls verwendet wird. Das sog. Treibhausgasinventar ist die umfassende Emissionsstatistik nach den Vorgaben der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Mithilfe der Statistik wird überprüft, ob Deutschland und die anderen Vertragsstaaten, die internationalen Reduktionsvorgaben gemäß des Kyoto-Protokolls erfüllen.1 2. Völkerrechtliche Grundlage – Kyoto-Protokoll Die völkerrechtliche Grundlage für eine Treibhausgasbilanzierung stellt das Kyoto-Protokoll dar, welches als Teil der Klimarahmenkonvention, seine Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, ein nationales System zur Berechnung der Treibhausgasemissionen einzurichten. Mitgliedstaaten der Klimarahmenkonvention und des Kyoto-Protokolls müssen jährlich ihre nationalen Treibhausgasbilanzen , das sog. Treibhausgasinventar, erstellen und einen nationalen Inventarbericht beim Sekretariat der UNFCCC einreichen. Deutschland ist einer der Mitgliedstaaten der Klimarahmenkonvention und hat sich demnach dazu verpflichtet, regelmäßig Emissionsberichte zu erstellen und vorzulegen. Die Emissionen werden nach international vereinheitlichten Vorgaben berechnet . Dadurch sollen Transparenz, Konsistenz und Vergleichbarkeit gewährleistet werden.2 Durch die europäische Umsetzung des Kyoto-Protokolls mit der Verabschiedung der EU-Entscheidung 280/2004 und der darauffolgenden Richtlinie 2004/101/EG3, sind diese Anforderungen für Deutschland im Jahr 2004 rechtsverbindlich geworden.4 2015 wurde das Übereinkommen 1 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2017), Klimaschutzberichterstattung, abrufbar unter: https://www.bmu.de/themen/klima-energie/klimaschutz/berichterstattung/ [Stand: 25.10.2019]. 2 Umweltbundesamt (2015), Treibhausgas-Emissionen – Wie funktioniert die Berichterstattung?, abrufbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in-deutschland/treibhausgas -emissionen/wie-funktioniert-die-berichterstattung [Stand: 23.10.2019]. 3 Richtlinie 2004/101/EG des Europäischen Parlament und des Rates vom 27. Oktober 2004 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft im Sinne der projektbezogenen Mechanismen des Kyoto-Protokolls (ABl. EU L 338 S. 18-23). 4 Entscheidung Nr. 280/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über ein System zur Überwachung der Treibhausgasemissionen in der Gemeinschaft und zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls (ABl. EU L 49 S. 1). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 121/19 Seite 5 von Paris von den Vertragsparteien der UNFCCC verabschiedet, welches ab 2020 das Kyoto-Protokoll ersetzen wird.5 In Art. 6 des Paris-Abkommens ist die Möglichkeit der Übertragbarkeit von Emissionsminderungsergebnissen auf freiwilliger Basis vorgesehen. 3. Anrechnung klimaschutzpolitischer Erfolge in Drittländern auf die nationale Klimabilanz Das Kyoto-Protokoll sieht neben dem Emissionshandel zwischen den Industrienationen (sog. Annex -I-Staaten), zwei projektbezogene „flexible Mechanismen“ vor, die eine Emissionsreduktion bewirken sollen: Den „Clean Development Mechanism“ und die „Joint Implementation“. Diese Mechanismen können Staaten nutzen, um die im Ausland erbrachten Reduktionsleistungen auf ihre Emissionsziele anrechnen zu lassen.6 3.1. Clean Development Mechanism Der Clean Development Mechanism (CDM), ist ein in Art. 12 des Kyoto-Protokolls geregelter projektbezogener Mechanismus, welcher es den Industrienationen ermöglicht, in Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern zu investieren und sich dann gemäß Art. 12 Abs. 3 b) Kyoto-Protokoll die aus den Projektmaßnahmen ergebenden zertifizierten Emissionsreduktionen als Beitrag zur Erfüllung ihrer Emissionsbegrenzung und Reduktionsverpflichtung anrechnen zu lassen.7 Ein Aufsichtsrat (CDM Executive Board), bestehend aus sechs Mitgliedern aus den Entwicklungsländern und vier aus den Industrienationen, überwacht und entscheidet über die Gültigkeit und Menge der Zertifikate aus CDM-Projekten. Die Anwendung des CDM soll den Transfer von klimafreundlichen Technologien in die Entwicklungsländer fördern und damit zu deren nachhaltiger Entwicklung beitragen.8 3.2. Joint Implementation Bei der Joint Implementation (JI) handelt es sich um ein Instrument, das eine gemeinsame Umsetzung von Klimaschutzprojekten zwischen zwei Industrienationen ermöglicht. Ein Industrieland kann seine Treibhausgasemissionen und damit seine Klimabilanz senken, indem es in ein emissionsminderndes Projekt in einem anderen Land investiert. Das Investorland erhält im Gegenzug 5 Minnerop, Petra (2018), Climate Protection Agreements, Max Planck Encyclopedia of International Law [MPIL], abrufbar unter: https://opil.ouplaw.com/view/10.1093/law-epil/9780199231690/law-9780199231690- e2207?rskey=JyZTPp&result=4&prd=MPIL [Stand: 28.10.2019]. 6 Schröder, Meinhard (2009), Joint Implementation, Max Planck Encyclopedia of International Law [MPIL], abrufbar unter: https://opil.ouplaw.com/view/10.1093/law:epil/9780199231690/law-9780199231690- e1435?rskey=k4JWZm&result=8&prd=MPIL [Stand: 28.10.2019]. 7 Sands, Philippe J., Millar, Ilona (2011), Clean Development Mechanism, Max Planck Encyclopedia of International Law [MPIL], abrufbar unter: https://opil.ouplaw.com/view/10.1093/law:epil/9780199231690/law- 9780199231690-e1565?rskey=Sc37KO&result=8&prd=MPIL [Stand: 28.10.2019]. 8 Schweizerische Eidgenossenschaft – Bundesamt für Umwelt (2019), Treibhausgasinventar, abrufbar unter: https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/daten-indikatoren-karten/daten/treibhausgasinventar .html [Stand: 24.10.2019]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 121/19 Seite 6 für die Investition sog. Minderungszertifikate (Emission Reduction Units, ERUs), welche es sich wiederum positiv auf seine eigene Klimabilanz anrechnen lassen kann.9 4. Nationale Klimabilanzierung Im September 2005 ist das „Gesetz über projektbezogene Mechanismen nach dem Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen vom 11. Dezember 1997“ (Projekt-Mechanism-Gesetz, ProMechG) in Kraft getreten. Mit dem Gesetz wurde die EU-Richtlinie, welche die Verknüpfung der projektbasierten Mechanismen des Kyoto-Protokolls mit dem europäischen Emissionshandel festlegt, in nationales Recht umgesetzt. Es regelt u.a. die Anerkennung von CDM- und JI-Projekten für Deutschland.10 Die Regelungen gelten nicht nur für die Staaten des Kyoto-Protokolls, sondern auch für Unternehmen, die am Europäischen Emissionshandel teilnehmen. Auch sie können Gutschriften internationaler Klimaschutzprojekte für die Erfüllung ihrer Abgabeverpflichtung nach dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) nutzen. Für administrative Aufgaben und die Beratung zur Weiterentwicklung der CDM- und JI-Regelwerke ist in Deutschland die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt zuständig. Die politischen Aspekte der Nutzung von CDM und JI in Deutschland werden vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) geregelt.11 In der Projektdatenbank der DEHSt sind alle JI- und CDM-Projekte mit deutscher Beteiligung aufgelistet .12 5. Zusammenfassung Eine Klimabilanzierung bzw. die Erstellung eines sog Treibhausgasinventars existiert auf völkerrechtlicher Grundlage des Kyoto-Protokolls. Dessen Vorgaben wurden auf EU-Ebene erstmals durch die Entscheidung 280/2004 und in Deutschland in nationales Recht durch das ProMechG umgesetzt. Eine positive Anrechnung von emissionsmindernden Maßnahmen im Ausland auf die eigene Klimabilanz, ist mithilfe der projektbezogenen Instrumente des „Clean Development Mechanism “ und der „Joint Implementation“ möglich. *** 9 Bundestagsdrucksache, 18/1543 (21.05.2014), abrufbar unter: http://dip21.bundestag .de/dip21/btd/18/015/1801543.pdf [Stand: 24.10.2019]. 10 Umweltbundesamt – Deutsche Emissionshandelsstelle, Die projektbasierten Mechanismen des Kyoto-Protokolls (2013), abrufbar unter: https://www.dehst.de/DE/Klimaschutzprojekte-durchfuehren/Projektmechanismen/projektmechanismen -node.html [Stand: 25.10.2019]. 11 Umweltbundesamt (2019), Internationale Marktmechanismen, abrufbar unter: https://www.umweltbundesamt .de/daten/klima/internationale-marktmechanismen#textpart-1 [Stand: 25.10.2019]. 12 Umweltbundesamt – DEHSt, German JI and CDM Project Data Base, abrufbar unter: https://www.jicdm.dehst.de/promechg/pages/project1.aspx [Stand: 28.10.2019].