Klimaschutz: Kyoto-Protokoll und künftige Entwicklungen - Sachstand - © 2005 Deutscher Bundestag WF VIII - 111/2005 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Klimaschutz: Kyoto-Protokoll und künftige Entwicklungen Sachstand WF VIII - 111/2005 Abschluss der Arbeit: 30.11.2005 Fachbereich VIII: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - Klimaschutz: Kyoto-Protokoll und künftige Entwicklungen Das Klima unterliegt seit jeher natürlichen Schwankungen. Die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler ist sich jedoch einig, dass sich das Klima im 20. Jahrhundert und besonders in den letzten drei Jahrzehnten bedingt durch die Aktivitäten des Menschen weltweit verändert: Die mittlere Temperatur steigt und Extremereignisse wie Stürme und lange Trockenperioden treten im Schnitt häufiger auf. Für das 21. Jahrhundert wird ein Anstieg der Temperatur zwischen zwei und sechs Grad Celsius vorausgesagt. Als Ursache für den Klimawandel wurde unter anderem die verstärkte Emission bestimmter Gase ausgemacht. Zu diesen so genannten Treibhausgasen zählen Kohlendioxid , Methan, Distickstoffoxid, teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe, perfluorierte Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid, aber auch Wasserdampf. Seit den achtziger Jahren beschäftigen sich Politiker und Wissenschaftler verstärkt mit den Folgen des Klimawandels und mit Maßnahmen, ihn zu vermindern. Als erstes international wirksames Abkommen zur Vermeidung der globalen Erderwärmung wurde 1992 in Rio de Janeiro das Klimarahmenübereinkommen der Vereinten Nationen unterzeichnet. Darin vereinbarten die Vertragsparteien, die Treibhausgasemissionen auf das Niveau von 1990 abzusenken. Im Protokoll von Kyoto zum Klimarahmenübereinkommen (Kyoto-Protokoll) verständigten sich die Vertragsparteien 1997 zudem auf rechtsverbindliche Reduktionsverpflichtungen. Bestimmte Industrieländer (Annex-B- Länder) einigten sich darauf, den Ausstoß der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Distickstoffoxid, der teilhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffe, der perfluorierten Kohlenwasserstoffe und von Schwefelhexafluorid bis 2012 um mindestens fünf Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Die beteiligten Industrienationen erklärten sich im Kyoto-Protokoll jeweils zu einer bestimmten Reduktion des Treibhausgasausstoßes bereit, um gemeinsam mit den übrigen Vertragspartnern das Ziel von durchschnittlich Minus fünf Prozent zu erreichen. Die EU verpflichtete sich zu einer Reduktion von acht Prozent, wobei Deutschland sowie Dänemark mit jeweils -21 Prozent nach Luxemburg den zweitgrößten Part übernehmen. Damit das Kyoto-Protokoll in Kraft treten konnte, mussten mindestens 55 Vertragsstaaten des Klimarahmenübereinkommens, die mindestens 55 Prozent der Kohlendioxid- Emissionen im Jahre 1990 verursachten, das Protokoll offiziell annehmen. Ausschlag gebend für das Inkrafttreten war letzten Endes die Entscheidung Russlands, das Kyoto- Protokoll am 18. November 2004 zu ratifizieren. Daraufhin trat das Protokoll am 16. Februar 2005 völkerrechtlich in Kraft. Es ist für 156 Vertragsparteien (Stand: 19. September 2005) gültig, die 1990 für einen Anteil von 61,6 Prozent des Kohlendioxidausstoßes verantwortlich waren. - 4 - Damit die Vertragsparteien ihre Reduktionsverpflichtungen ökonomisch effizient erfüllen können, gibt das Kyoto-Protokoll den Staaten auf internationaler Ebene verschiedene marktwirtschaftliche Instrumente an die Hand. Die wichtigsten drei sind der Emissionshandel sowie die projektbezogenen Mechanismen Joint Implementation und Clean Development Mechanism. Die letztgenannten Instrumente erlauben es, den Industrieländern , Klimaschutzmaßnahmen in anderen Industriestaaten oder in Entwicklungsländern zu finanzieren und sich die so erzielten Emissionsminderungen gut schreiben zu lassen. Dagegen beruht der Emissionshandel auf einem anderen Prinzip: Unternehmen erhalten „Verschmutzungsrechte“ in Form von Zertifikaten, von denen jedoch im Laufe der Zeit immer weniger in Umlauf gebracht werden. Emittiert ein Unternehmen weniger Kohlendioxid als es darf, kann es die überflüssigen Zertifikate verkaufen. Da die Zertifikate zunehmend knapper und deshalb teurer werden, müssen Unternehmen für hohe Treibhausgas-Emissionen immer mehr bezahlen. Der internationale Emissionshandel zwischen den Vertragsparteien des Kyoto- Protokolls wird 2008 beginnen; ebenso werden dann Joint-Implementation- und Clean- Development-Mechanism-Projekte gestartet werden. Unabhängig davon wurde in den EU-Mitgliedstaaten gemäß der Emissionshandelsrichtlinie bereits seit dem 1. Januar 2005 der Handel mit Emissionszertifikaten aufgenommen. Am Handel beteiligen sich in Deutschland etwa 1850 energieintensive Unternehmen der Industrie und der Energiewirtschaft . In den ersten Monaten hat sich entgegen den Erwartungen der Zertifikatpreis mehr als verdoppelt und liegt zurzeit bei etwa 22 Euro je Tonne Kohlendioxid (Stand: November 2005). Seit Januar 2005 können in den EU-Mitgliedstaaten auch Emissionsgutschriften aus Clean Development-Projekten genutzt werden. Seit dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls hat sich die Diskussion intensiviert, welche Weichenstellungen für den Klimaschutz nach 2012 vorzunehmen sind. Unter dem Schlagwort „post-2012“ oder „post-Kyoto“ wurden bereits verschiedene Konzepte und Zielvorgaben präsentiert. Der Rat der Europäischen Union fordert, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 15 bis 30 Prozent und bis 2050 um 60 bis 80 Prozent zu reduzieren. Die Bundesregierung verabschiedete am 13. Juli das Nationale Klimaschutzprogramm 2005. Darin fasst sie das Ziel ins Auge, den Ausstoß der Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu mindern, sofern die EU-Mitgliedstaaten sich insgesamt auf eine Reduktion von 30 Prozent einigen. Als weltweit größter Einzelemittent an Treibhausgasen lehnen die USA bisher eine Ratifikation des Kyoto-Protokolls ab. Als Gegenmodell zum Kyoto-Protokoll haben sie im Juli 2005 gemeinsam mit Indien, Japan, China und Südkorea ein Klimaschutzabkommen vorgestellt, das keine quantitativen Emissionsminderungen vorsieht, sondern auf die Entwicklung von klimafreundlichen Technologien und Technologietransfer setzt.