© 2019 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 109/19 Einzelfragen zum Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung in den OECD-Staaten Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 2 Einzelfragen zum Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung in den OECD-Staaten Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 109/19 Abschluss der Arbeit: 23.08.2019 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Wissenschaft Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Nationalen Bewerbungs- und Zulassungskriterien für den Zugang zum Tertiärbereich 4 1.1. Kontext 5 1.2. Weitere wichtige Ergebnisse 5 1.3. Analyse und Interpretationen 6 1.4. Qualifikations- und Leistungsanforderungen für die Aufnahme von grundständigen Bildungsgängen im Tertiärbereich 8 1.5. Prüfungen und Tests zur Zulassung zu grundständigen Bildungsgängen an öffentlichen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs 9 1.6. Weitere Zulassungskriterien für grundständige Bildungsgänge im Tertiärbereich 11 1.7. Bewerbungs-/Zulassungsverfahren zum Tertiärbereich 11 1.8. Definitionen 13 2. Prüfungen 21 3. Zur Vergleichbarkeit von Abschlüssen in föderalen und nichtföderalen Systemen 24 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 4 1. Nationalen Bewerbungs- und Zulassungskriterien für den Zugang zum Tertiärbereich „In mehr als der Hälfte aller Länder und subnationalen Einheiten mit verfügbaren Daten gibt es offene Zulassungssysteme (d. h., alle Bewerber, die die Mindestanforderungen erfüllen, werden zugelassen) für zumindest einige öffentliche und/oder private Bildungseinrichtungen. Dennoch kann der Zugang zu bestimmten Fächergruppen und/oder Bildungseinrichtungen in diesen Ländern auf einigen Auswahlkriterien beruhen. Die am weitesten verbreiteten Prüfungen/Tests zur Zulassung zu einem grundständigen Bildungsgang im Tertiärbereich sind nationale/zentrale Prüfungen gegen Ende des Sekundarbereichs II sowie von den Einrichtungen des Tertiärbereichs durchgeführte Zulassungsprüfungen. In den meisten Ländern berücksichtigen die Zulassungsstellen selektiver Bildungseinrichtungen auch andere Aspekte als die Ergebnisse nationaler/zentraler Prüfungen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Am weitesten verbreitet als Zulassungskriterien für öffentliche Bildungseinrichtungen im Tertiärbereich sind Notendurchschnitte, Bewerbungsgespräche und Berufserfahrung .“1 Ebenda. 1 OECD (2015). Bildung auf einen Blick 2015. OECD-Indikatoren, S. 513. Internetabruf: https://www.oecdilibrary .org/docserver/eag-2015-de.pdf?expires=1566462901&id=id&accname=ocid177634&checksum= 59FB71ED5BD10526CE9B70238E3B8E7E [Abruf 5.9.2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 5 1.1. Kontext „Die Bildungsbeteiligung im Tertiärbereich ist auch abhängig von der Anzahl der verfügbaren Plätze in Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs. Die steigende Nachfrage nach Bildung im Tertiärbereich stellt die Bildungseinrichtungen und die politischen Entscheidungsträger vor die Herausforderung, ein ausreichendes Angebot zu gewährleisten. Bis dies erreicht ist, könnte die gestiegene Nachfrage zu einem stärkeren Konkurrenzdruck zwischen den Bewerbern für einen Ausbildungsplatz im Tertiärbereich führen. In einigen Ländern sind Entscheidungen über die Anzahl der verfügbaren Plätze in den einzelnen Fächergruppen des Tertiärbereichs stärker mit dem Bedarf auf dem Arbeitsmarkt verknüpft (und) (…) kann sich (deshalb) auf die Bildungsbeteiligung und die selektive Zulassung in den verschiedenen Fächergruppen des Tertiärbereichs auswirken . Die Analyse nationaler Auswahlkriterien und Zulassungssysteme für den Zugang zu grundständigen Bildungsgängen im Tertiärbereich zeigt bestehende Unterschiede zwischen den Ländern auf, insbesondere zwischen offenen und selektiven Zulassungssystemen.“2 1.2. Weitere wichtige Ergebnisse „Grundständige Bildungsgänge im Tertiärbereich werden meist durch eine Kombination aus zentraler Mittelzuweisung (öffentliche Mittel) und Marktverteilung (private Mittel, z. B. Bildungsgebühren ) finanziert. Nur ein Drittel der Länder und subnationalen Einheiten verfügt über ausschließlich aus zentral vergebenen staatlichen Mitteln finanzierte öffentliche Einrichtungen des Tertiärbereichs. In rund der Hälfte der Länder und subnationalen Einheiten mit verfügbaren Daten werden, zusätzlich zu den üblichen Qualifikationsanforderungen, auf zentralstaatlicher Ebene schulische Mindestleistungen für den Zugang zu grundständigen Bildungsgängen des Tertiärbereichs festgelegt . Diese Leistungsanforderungen beruhen meist auf Abschlusszertifikaten/-zeugnissen aus dem Sekundarbereich, einschließlich der Noten oder Ergebnisse aus nationalen/zentralen Prüfungen im Sekundarbereich II. In rund zwei Drittel der Länder und subnationalen Einheiten mit verfügbaren Daten muss man zumindest für die Zulassung zu manchen Fächergruppen in öffentlichen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs nationale/zentrale Prüfungen, andere standardisierte Tests im Sekundarbereich II und/oder Zulassungsprüfungen zu Einrichtungen des Tertiärbereichs bestehen. Eine direkte Bewerbung bei öffentlichen Einrichtungen des Tertiärbereichs ist in fast der Hälfte der Länder und subnationalen Einheiten erforderlich, während es in ungefähr ebenso vielen Ländern ein zentrales System zur Zulassung zu öffentlichen Bildungseinrichtungen oder eine Kombination aus beiden Ansätzen gibt. Bewerbungen an privaten Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs durchlaufen seltener ein zentrales Bewerbungssystem.“3 2 Ebenda: 513f. 3 Ebenda: 514. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 6 „In rund der Hälfte der Länder und subnationalen Einheiten sind die Bewerbungs- und Zulassungssysteme zu grundständigen Bildungsgängen des Tertiärbereichs für inländische und nicht inländische bzw. internationale Bewerber ähnlich. In fast allen Ländern und subnationalen Einheiten gibt es politische Leitlinien, Maßnahmen oder Kampagnen zur Förderung und Steigerung der Bildungsbeteiligung an grundständigen Bildungsgängen des Tertiärbereichs. Diese Maßnahmen beziehen sich meist auf die Bildungsgebühren (z. B. auf eine Abschaffung oder Deckelung der Gebühren und eine Reduzierung der Gebühren für bestimmte Fächergruppen) und finanzielle Unterstützung für Bildungsteilnehmer im Tertiärbereich (durch Bildungsdarlehen, Stipendien und Beihilfen oder durch steuerliche Maßnahmen ).“4 1.3. Analyse und Interpretationen Offene und selektive Zulassungssysteme „Die Zulassungssysteme zu grundständigen Bildungsgängen des Tertiärbereichs spiegeln den Aufbau und die Organisation des Tertiärbereichs in den einzelnen Ländern wider. In fast allen Ländern und subnationalen Einheiten mit verfügbaren Daten sind öffentliche Bildungseinrichtungen im Tertiärbereich weit verbreitet. Private Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs sind fast ebenso verbreitet. Nur in Dänemark und Griechenland gibt es keine staatlich subventionierten privaten und keine unabhängigen privaten Bildungseinrichtungen. In rund der Hälfte der Länder und subnationalen Einheiten mit verfügbaren Daten sind staatlich subventionierte private Bildungseinrichtungen ebenfalls Teil der Bildungslandschaft im Tertiärbereich . Die Zulassung aller Bewerber (die die Leistungsanforderungen für den Zugang zu einem ersten Bildungsgang im Tertiärbereich erfüllen) zu grundständigen Bildungsgängen im Tertiärbereich, auch als offener Zugang oder nicht selektive Zulassung bezeichnet (im Gegensatz zu selektiven Systemen), ist sowohl in öffentlichen als auch privaten Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs relativ weit verbreitet. In der Hälfte der Länder und subnationalen Einheiten mit verfügbaren Daten zu öffentlichen Bildungseinrichtungen gibt es zumindest einige Bildungseinrichtungen mit offenen Zulassungssystemen. In privaten Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs sind offene Zulassungssysteme ähnlich weit verbreitet: Den Angaben zufolge gibt es in der Hälfte der Länder und subnationalen Einheiten mit staatlich subventionierten privaten Bildungseinrichtungen und fast der Hälfte der Länder mit unabhängigen privaten Bildungseinrichtungen zumindest einige Bildungseinrichtungen mit offenen Zulassungssystemen. Jedoch können auch offene Zulassungssysteme gewisse Begrenzungen der Zahl verfügbarer Plätze in grundständigen Bildungsgängen im Tertiärbereich beinhalten.“5 4 Ebenda: 515. 5 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 7 „Die Zulassung zu bestimmten Fächergruppen und/oder bestimmten Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs kann beschränkt sein, wobei dann bestimmte Auswahlkriterien über die Zulassung entscheiden. In fast allen der 18 Länder und subnationalen Einheiten mit einem offenen Zulassungssystem für die öffentlichen Bildungseinrichtungen gibt es zumindest in einigen Fächergruppen oder tertiären Bildungseinrichtungen gewisse Zulassungsbegrenzungen. In Deutschland ist beispielsweise die Einschreibung in einigen Fächergruppen durch Quoten begrenzt, wenn die Zahl der Bewerber die Anzahl der in allen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs verfügbaren Plätze übersteigt. Für diese Fächergruppen gilt ein Auswahlverfahren, in dem der Notendurchschnitt des Abiturs berücksichtigt wird, also des Abschlusses, der in Deutschland im Sekundarbereich II erworben wird und als Zugangsqualifikation für den Tertiärbereich dient. In Neuseeland gibt es für einige Fachrichtungen wie Zahnmedizin, Flugwesen, Tiermedizin und Medizin eine feste Anzahl von Plätzen. In einigen anderen Ländern ist eine Begrenzung der Teilnehmerzahlen in Bildungsgängen im Bereich Gesundheit/Medizin Element der Zulassungsverfahren für öffentliche Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs. Ähnliche zahlenmäßige Begrenzungen findet man in staatlich subventionierten privaten und unabhängigen privaten Bildungseinrichtungen . In der Hälfte der Länder gibt es ein selektives System zur Zulassung zu grundständigen Bildungsgängen . In diesen Ländern gelten Zugangsbegrenzungen eher für bestimmte Bildungseinrichtungen als für einzelne Fächergruppen. So gibt es beispielsweise bei den tertiären Bildungseinrichtungen in den Vereinigten Staaten verschiedenste Formen der Selektivität, da die Zulassungsentscheidungen auf Ebene der Bildungseinrichtungen gefällt werden. Einige Bildungseinrichtungen haben ein offenes Zulassungssystem, während andere in mehr oder minder großem Ausmaß selektiv vorgehen. Das Bild ist für öffentliche, staatlich subventionierte private und unabhängige private Bildungseinrichtungen recht ähnlich. Wenn die Zahl der verfügbaren Plätze in öffentlichen Bildungseinrichtungen im Tertiärbereich begrenzt ist (ob in selektiven oder offenen Zulassungssystemen), werden die Grenzen in der Regel auf zentral-/bundesstaatlicher Ebene festgelegt. Die Hochschulen können jedoch an der Entscheidung beteiligt sein. In rund einem Drittel der Länder und subnationalen Einheiten mit verfügbaren Daten liegt die Zuständigkeit für Entscheidungen zu derartigen Begrenzungen allein bei den öffentlichen Bildungseinrichtungen. In manchen Ländern sind sowohl die zentralstaatliche Ebene als auch die Hochschulen für solche Entscheidungen zuständig. Das kann sich daraus ergeben , dass für manche Fächergruppen die zentralstaatliche Ebene zuständig ist und für andere Fächergruppen die Hochschulen zuständig sind. Dies ist in Italien der Fall, wo das Bildungsministerium jedes Jahr entscheidet, wie viele Plätze landesweit in Medizin, Zahnmedizin und anderen Fachrichtungen im Bereich Gesundheit sowie in Tiermedizin und Architektur zur Verfügung stehen. In manchen Ländern ist die Anzahl der verfügbaren Plätze das Resultat einer Übereinkunft zwischen der zentralstaatlichen Ebene und den Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs. In Finnland beispielsweise werden organisatorische und qualitative Ziele für Hochschulen und Hochschulen für angewandte Wissenschaften sowie die erforderlichen finanziellen Mittel in Leistungsvereinbarungen festgelegt, die zwischen der jeweiligen Bildungseinrichtung und dem Ministerium ausgehandelt werden. Bei privaten Bildungseinrichtungen ist die zentral- bzw. bundesstaatliche Ebene seltener für derartige Entscheidungen zuständig, und wenn, dann in der Regel in Kooperation mit den Hochschulen . Dennoch ist in einigen wenigen Ländern die zentral- oder bundesstaatliche Ebene allein Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 8 zuständig (in Israel und Slowenien für staatlich subventionierte private Bildungseinrichtungen, in der Türkei für unabhängige private Bildungseinrichtungen).“6 „Die Verteilung der verfügbaren Plätze auf die einzelnen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs erfolgt in den einzelnen Ländern auf unterschiedliche Art und Weise. In öffentlichen Bildungseinrichtungen obliegt sie meist hauptsächlich der zentralstaatlichen Ebene. In 11 Ländern gilt ein System der zentralen Verteilung, nach dem die zentralstaatliche Ebene Prioritäten setzt und die verfügbaren Plätze zuteilt, die dann entsprechend finanziert werden (wobei bestimmte Fächer, Anbieter von Bildung im Tertiärbereich oder Teilnehmergruppen Priorität genießen können ). In weiteren 13 Ländern ist die Verteilung der verfügbaren Plätze das Ergebnis eines gemeinsamen Entscheidungsprozesses zwischen der zentralstaatlichen Ebene und den tertiären Bildungseinrichtungen selbst (ein kombinierter Ansatz). 4 Länder verfolgen einen anderen Ansatz, der eine Vereinbarung zwischen der zentralstaatlichen Ebene und den Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs beinhalten könnte (so z. B. in Finnland und Japan). In nur 7 Ländern gibt es ein nachfrageorientiertes System (Marktverteilung), in dem die Bildungsanbieter im Tertiärbereich Entscheidungen hinsichtlich der Fächer, Kurse, Teilnehmergruppen, Gebühren, der verfügbaren Plätze usw. treffen, und die Bildungsteilnehmer entscheiden, ob sie die Kurse zu den festgelegten Gebühren erwerben wollen. 1.4. Qualifikations- und Leistungsanforderungen für die Aufnahme von grundständigen Bildungsgängen im Tertiärbereich In allen Ländern ist für die Zulassung zu einem grundständigen Bildungsgang im Tertiärbereich (in öffentlichen wie in privaten Bildungseinrichtungen) eine Mindestqualifikation erforderlich, in der Regel ein Abschluss im Sekundarbereich II. Die zentralstaatliche Ebene kann für die Zulassung zu einem grundständigen Bildungsgang im Tertiärbereich auch gewisse schulische Mindestleistungen von Absolventen des Sekundarbereichs II verlangen. In rund der Hälfte der Länder und subnationalen Einheiten mit verfügbaren Daten (19 von 38) gibt es zumindest für die Zulassung zu einigen grundständigen Bildungsgängen des Tertiärbereichs von der zentralstaatlichen Ebene festgelegte schulische Mindestleistungen. Diese Mindestanforderungen gelten eher für bestimmte Fächergruppen als für bestimmte Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs. In 14 Ländern gibt es für einige bzw. alle Fächergruppen Mindestleistungsanforderungen, während es sie nur in 8 Ländern für einige oder alle tertiären Bildungseinrichtungen gibt. In Griechenland, Kolumbien und Portugal gelten diese Leistungsanforderungen sowohl für Fächergruppen als auch für Bildungseinrichtungen. Die Mittel, anhand derer die Mindestleistung bewertet wird, können sich von Land zu Land unterscheiden , die meisten Länder verwenden jedoch ein Abschlusszertifikat/-zeugnis des Sekundarbereichs II oder die Ergebnisse von nationalen/zentralen Prüfungen im Sekundarbereich II. In Ungarn müssen die Schüler beispielsweise im Schulabschlusszeugnis eine Mindestpunktzahl (280 von 500) erreichen, um zu einem grundständigen Bildungsgang im Tertiärbereich zugelassen zu werden. In einigen Ländern wie Litauen, Neuseeland, den Niederlanden, Polen, Portugal, 6 Ebenda: 516. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 9 der Türkei und Ungarn gilt eine Kombination aus Abschlusszertifikat/-zeugnis des Sekundarbereichs II und dem Ergebnis von nationalen/ zentralen Prüfungen im Sekundarbereich II. “7 1.5. Prüfungen und Tests zur Zulassung zu grundständigen Bildungsgängen an öffentlichen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs „In den Ländern können im Rahmen des Zulassungsverfahrens zu grundständigen Bildungsgängen im Tertiärbereich verschiedene Prüfungen oder Tests eingesetzt werden. Zusätzlich zu Zulassungsprüfungen , die Bewerber an Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs absolvieren müssen , kann das Zulassungssystem auch Prüfungen oder Tests (entweder nationale/zentrale oder nicht nationale und zentrale Prüfungen, bei denen es sich um standardisierte oder nicht standardisierte Tests handelt) für Schüler im Sekundarbereich II vorsehen. Zwischen den einzelnen Ländern bestehen große Unterschiede im Hinblick auf die Kombinationen aus verschiedenen Arten von Prüfungen und auf die Bedeutung dieser Prüfungen für die Zulassung zum Tertiärbereich. Von allen Ländern mit verfügbaren Daten ist Lettland das einzige, in dem alle diese Arten von Prüfungen/Tests vorkommen (obgleich nicht alle dazu dienen, über die Zulassung zum Tertiärbereich zu bestimmen). Dagegen gibt es in Ländern wie Brasilien, Dänemark , Italien, Kolumbien, Portugal, Spanien und Ungarn nur nationale/zentrale Prüfungen (und sie werden in einigen dieser Länder genutzt, um über die Zulassung zum Tertiärbereich zu bestimmen ). In den meisten Ländern mit verfügbaren Daten (27 Ländern) werden nationale/zentrale Prüfungen (standardisierte Tests, die formale Auswirkungen für die Schüler haben) zum Ende des Sekundarbereichs II abgehalten. Auch wenn in allen Ländern die Mehrheit der Schüler diese Prüfungen ablegt, gibt es große anteilsmäßige Unterschiede: In Tschechien und Ungarn sind es weniger als drei Viertel der Schüler im Sekundarbereich II, in mehr als einem Drittel der Länder (10 Ländern) sind es alle. Andere Arten von Prüfungen, die in Schulen des Sekundarbereichs II abgehalten werden (nicht nationale und zentrale standardisierte oder nicht standardisierte Prüfungen ), sind weniger verbreitet. Solche Prüfungen gibt es in 40 Prozent der Länder mit verfügbaren Daten, und weniger Länder sind in der Lage, Angaben zum Anteil der Schüler zu machen, die diese Prüfungen ablegen. Zulassungsprüfungen zu grundständigen Bildungsgängen im Tertiärbereich gibt es in rund der Hälfte der Länder mit verfügbaren Daten (21 Ländern), obwohl nur sehr wenige Länder Angaben dazu machen können, wie viele Schüler daran teilnehmen. In diesen Ländern werden diese Tests entweder von einem kleinen Teil der Schüler (höchstens 10 Prozent in 5 Ländern) oder von den meisten Schülern (mehr als 75 Prozent in 4 Ländern) abgelegt. Der Anteil der Schüler, die diese Tests ablegen, ergibt sich möglicherweise zum Teil daraus, dass diese Tests Bestandteil der verbindlichen Zulassungsvoraussetzungen zu grundständigen Bildungsgängen im Tertiärbereich sind. Das Bestehen von nationalen/zentralen Prüfungen gegen Ende des Sekundarbereichs II und/oder Zulassungsprüfungen zum Tertiärbereich (die nicht von Schulen des Sekundarbereichs II abgehalten werden) kann verbindliche Voraussetzung für die Zulassung zu grundständigen Bildungsgängen sein. In fast zwei Drittel der Länder ist das Bestehen von nationalen/zentralen Prüfungen 7 Ebenda: 517. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 10 Voraussetzung für die Zulassung zu den meisten oder allen Fächergruppen in öffentlichen Bildungseinrichtungen , während in einem Drittel der Länder Zulassungsprüfungen zumindest für einige Fächergruppen in öffentlichen Bildungseinrichtungen Zugangsvoraussetzung sind. In einigen Ländern wie beispielsweise Estland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Norwegen, der Russischen Föderation, der Schweiz und Slowenien muss man für die Zulassung zu einigen Fächergruppen beide Arten von Tests absolvieren. Bei öffentlichen Bildungseinrichtungen sind diese beiden Arten von Tests besonders relevant für Bewerber an selektiven und/oder stark nachgefragten Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs oder in bestimmten Fächergruppen oder Spezialgebieten. In 6 Ländern verwenden Bildungseinrichtungen diese Ergebnisse für Entscheidungen über Stipendien und sonstige finanzielle Unterstützung .“8 Ebenda: 519. 8 Ebenda: 517f. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 11 1.6. Weitere Zulassungskriterien für grundständige Bildungsgänge im Tertiärbereich „Die Zulassungskriterien für grundständige Bildungsgänge im Tertiärbereich gehen über die Ergebnisse der Schüler in nationalen/zentralen Prüfungen gegen Ende des Sekundarbereichs II oder Zulassungsprüfungen zu Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs hinaus. Ein Drittel der Länder verwendet unabhängig davon, ob ein offenes oder selektives Zulassungssystem besteht, den Notendurchschnitt aus dem Sekundarbereich zur Zulassung zu öffentlichen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs, und ein weiteres Viertel gibt an, dass die Bildungseinrichtungen über seine Verwendung autonom entscheiden. Jedoch wurde dieses Kriterium in mehr als der Hälfte dieser Länder als von mittlerer oder hoher Bedeutung für die Entscheidung über eine Zusage erachtet. Mehr als zwei Drittel der Länder geben an, dass Bewerbungsgespräche stattfinden, entweder in allen öffentlichen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs (in einem Viertel der Länder) oder nach Ermessen der öffentlichen Bildungseinrichtung (in mehr als einem Drittel der Länder). Weitere Kriterien, die von öffentlichen Bildungseinrichtungen in einer signifikanten Zahl Länder für die Zulassung zu grundständigen Bildungsgängen herangezogen werden, sind Berufserfahrung (21 Länder), abgeleisteter Wehrdienst oder ehrenamtliche Tätigkeit (15Länder), Empfehlungen von Bewerbern (11 Länder) und Bewerbungsschreiben (16 Länder). Jedoch entscheiden öffentliche Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs in den meisten Ländern , in denen diese Kriterien angewandt werden, eigenständig über ihre Verwendung. In den meisten Ländern wird in öffentlichen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs eine Kombination mehrerer dieser Kriterien und nicht nur ein einzelnes eingesetzt. Ungarn ist eine Ausnahme, da dort nur ein Kriterium (der Notendurchschnitt aus dem Sekundarbereich) zusätzlich zum Bestehen nationaler Prüfungen über die Zulassung zu öffentlichen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs entscheidet. Notendurchschnitte aus dem Sekundarbereich, Bewerbungsgespräche und Berufserfahrung sind auch die häufigsten Kriterien in den Zulassungsverfahren zu grundständigen Bildungsgängen an privaten tertiären Bildungseinrichtungen (sowohl staatlich subventionierten als auch unabhängigen privaten Bildungseinrichtungen). Aber im Gegensatz zum Zulassungssystem zu öffentlichen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs liegt die Verwendung dieser Kriterien weitgehend im Ermessen der Bildungseinrichtungen.“ 9 1.7. Bewerbungs-/Zulassungsverfahren zum Tertiärbereich „Zwischen den Bewerbungs- und Zulassungsverfahren zu grundständigen Bildungsgängen im Tertiärbereich an öffentlichen Bildungseinrichtungen der einzelnen Länder gibt es beträchtliche Unterschiede. In nahezu der Hälfte der Länder mit verfügbaren Daten muss man sich direkt bei 9 Ebenda. 519f. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 12 den öffentlichen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs bewerben, während in rund einem Viertel der Länder die Bewerbung bei einer zentralen Stelle erfolgt. Ein weiteres Viertel der Länder kombiniert ein zentrales Bewerbungssystem mit direkten Bewerbungen an öffentlichen Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs. Bei einem zentralen System (ob als einziger Bewerbungsmöglichkeit oder in Kombination mit einer direkten Bewerbung bei Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs) kann die Zahl der Präferenzen , die Bewerber angeben können, ebenso wie die Zahl der möglichen Zusagen begrenzt sein. Die maximale Anzahl der Präferenzen, die ein Bewerber bei der Bewerbung an öffentlichen Bildungseinrichtungen angeben kann, beträgt 2 in Brasilien und 3 in Kanada, den Niederlanden, der Russischen Föderation und Slowenien. Dagegen kann man in Frankreich, Schweden und der Türkei 20 oder mehr Präferenzen angeben. In Griechenland, Italien und Neuseeland gibt es keine maximale Anzahl an Bewerbungen.“10 „Unabhängig von der maximalen Anzahl an Bewerbungen erhalten Bewerber in den meisten Ländern mit einem zentralen System nur eine Zusage. Jedoch gibt es in Australien, Italien, Kanada und Korea, in denen eine Kombination aus einem zentralen Bewerbungssystem und direkten Bewerbungen bei Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs existiert, keine maximale Anzahl an Zusagen. Ebenda: 520. Bei Bewerbungen an privaten Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs ist eine zentrale Vergabe weniger wahrscheinlich. Dennoch ist ein zentrales System in einigen wenigen Ländern die einzige (oder die häufigste) Möglichkeit, sich an privaten Bildungseinrichtungen zu bewerben – in Chile, Finnland und Schweden bei staatlich subventionierten privaten Bildungseinrichtungen und in der Türkei und Ungarn bei unabhängigen privaten Bildungseinrichtungen. In fast der Hälfte der Länder mit staatlich subventionierten privaten Bildungseinrichtungen und in den meisten Ländern mit unabhängigen privaten Bildungseinrichtungen werden Bewerbungen direkt 10 Ebenda: 520. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 13 an die jeweilige private Bildungseinrichtung gerichtet. Jedoch existiert in einem Drittel der Länder mit dieser Art von Bildungseinrichtungen im Tertiärbereich eine Kombination aus zentralem Bewerbungssystem und direktem Bewerbungsverfahren.“11 1.8. Definitionen „Eine standardisierte Prüfung oder ein standardisierter Test ist ein Test, der in verschiedenen Schulen unter einheitlichen Bedingungen durchgeführt und bewertet wird, sodass die Schülerleistungen zwischen den Schulen direkt vergleichbar sind. In einigen Fällen bezieht sich dieser Begriff auch auf Multiple-Choice-Fragen oder Fragen mit fest vorgegebenen Antworten, da diese Form der Fragestellung eine einheitliche Bewertung des Tests ermöglicht und vereinfacht. Mittels festgelegter Antwortbereiche und der genauen Einweisung von Korrektoren (die Fragen mit offenen Antworten jeweils einzeln bewerten) sind jedoch auch standardisierte Tests möglich, die über Multiple Choice und fest vorgegebene Antworten hinausgehen. Nationale/Zentrale Prüfungen sind standardisierte Tests, die formale Konsequenzen für die Schüler haben, wie z. B. ihre Berechtigung zum Übergang auf die nächsthöhere Bildungsstufe oder das Erreichen eines offiziell anerkannten Abschlusses. Sie bewerten einen Großteil dessen, was Schüler in einem bestimmten Fach wissen oder können sollen. Der Unterschied zwischen Prüfungen und Leistungserhebungen liegt in ihrem Zweck. Nationale Leistungserhebungen sind zwar verpflichtend, haben jedoch anders als Prüfungen keine Auswirkungen auf die Versetzung oder Zeugnisse der Schüler. Sonstige (nicht nationale und zentrale) standardisierte Prüfungen sind standardisierte Tests, die an verschiedenen Schulen auf bundesstaatlicher/regionaler/kommunaler/lokaler Ebene unter einheitlichen Bedingungen durchgeführt und benotet werden, sodass die Schülerleistungen direkt vergleichbar sind. Zulassungsprüfungen sind Prüfungen, die nicht von Schulen des Sekundarbereichs II durchgeführt werden. Sie dienen in der Regel dazu festzulegen, wer Zugang zu Bildungsgängen im Tertiärbereich erhält, bzw. sollen als Entscheidungshilfe für diesen Zweck dienen. Diese Prüfungen können auf Schulebene (z. B. durch einzelne Bildungseinrichtungen des Tertiärbereichs oder ein Konsortium von Einrichtungen des Tertiärbereichs) oder von privatwirtschaftlichen Einrichtungen konzipiert und/oder benotet werden. Grundständige Bildungsgänge im Tertiärbereich bezieht sich auf Bachelorbildungsgänge oder Bildungsgänge an Hochschulen für angewandte Wissenschaften sowie Masterbildungsgänge, die zu einem ersten Abschluss führen, wie in ISCED 2011 definiert. Öffentliche Bildungseinrichtungen im Tertiärbereich: Eine Bildungseinrichtung gilt als öffentlich , wenn sie 1. der direkten Kontrolle und Verwaltung einer Behörde oder eines Amts für das Bildungswesen des Landes, in dem sie sich befindet, untersteht oder 2. direkt von einer staatlichen Bildungsbehörde kontrolliert oder verwaltet wird oder von einer Regierungsbehörde bzw. 11 Ebenda: 521f. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 14 einem Verwaltungsgremium kontrolliert oder verwaltet wird, dessen Mitglieder überwiegend entweder von einer staatlichen Behörde des Landes, in dem sie sich befindet, ernannt oder mit öffentlichem Wahlrecht gewählt werden. Eine staatlich subventionierte private Bildungseinrichtung des Tertiärbereichs ist eine Bildungseinrichtung des Tertiärbereichs, die entweder mindestens 50 Prozent ihrer Kernfinanzierung von staatlichen Stellen erhält oder deren Lehrkräfte entweder direkt oder über den Staat von staatlichen Stellen bezahlt werden. Eine unabhängige private Bildungseinrichtung im Tertiärbereich ist eine Bildungseinrichtung, die weniger als 50 Prozent ihrer Kernfinanzierung von staatlichen Stellen erhält und deren Lehrkräfte nicht von staatlichen Stellen bezahlt werden.“12 12 Ebenda: 522f. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 15 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 16 Fortsetzung Ebenda: 526f. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 17 Ebenda: 528. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 18 Ebenda: 529. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 19 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 20 Fortsetzung Ebenda: 530f. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 21 2. Prüfungen „In 23 Ländern sind nationale Prüfungen für öffentliche Schulen des Sekundarbereichs II Pflicht, und in 17 Ländern gilt dies für staatlich subventionierte private Bildungseinrichtungen. 24 Länder gaben an, dass alle öffentlichen Bildungseinrichtungen an nationalen Prüfungen teilnehmen , in 5 weiteren Ländern nehmen zwischen 76 und 99 Prozent dieser Schulen teil. In 17 Ländern nehmen alle staatlich subventionierten privaten Bildungseinrichtungen an nationalen Prüfungen teil, in 3 weiteren Ländern liegt deren Anteil zwischen 76 und 99 Prozent. Selbst in Ländern, in denen Schulen und/oder Schüler nicht zwingend an nationalen Prüfungen teilnehmen müssen – wie zum Beispiel in England, Finnland und Polen –, nimmt doch die große Mehrheit der Schulen und Schüler daran teil. Nationale Prüfungen werden auf unterschiedlichen Ebenen standardisiert, in den meisten Ländern (26) erfolgt dies jedoch auf zentraler Ebene. In 5 Ländern werden Prüfungen auf Ebene der einzelnen Bundesstaaten/Bundesländer standardisiert. Die meisten Länder entwickeln die Prüfungen auf nationaler Ebene bzw. in Föderationen auf Ebene der Bundesstaaten oder der Provinzen. In England sind den Angaben zufolge Privatunternehmen an der Ausarbeitung nationaler Prüfungen beteiligt. Die Verantwortung für die Benotung der Prüfungen liegt jedoch in der Regel ganz oder teilweise auf mittlerer oder lokaler Ebene. Nationale Prüfungen decken unterschiedliche Fächer oder Fachrichtungen ab. Im Sekundarbereich II sind die am häufigsten durch nationale Prüfungen abgedeckten Fächer Lesen, Schreiben und Literatur (alle 30 Länder mit verfügbaren Daten gaben an, in diesen Fächern zu prüfen), Mathematik (29 Länder, Belgien [frz.] ist die einzige subnationale Einheit, in der in diesem Fach nicht geprüft wird), andere Sprachen (27 Länder), Naturwissenschaften (26 Länder) und Sozialkunde (26 Länder). Auch Kunst (17 Länder), Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und Technik (jeweils 14 Länder) werden häufig abgedeckt. In Religion (10 Länder), Sport, praktische und berufsbezogene Kompetenzen (jeweils 9 Länder) sowie sonstigen Fächern (6 Länder ) wird weniger häufig geprüft. Die Anzahl der in nationalen Prüfungen erfassten Fächern variiert stark und reicht von 9 bis 12 Fächern in Dänemark, Deutschland, England, Frankreich, Griechenland, Irland, Israel, Italien, Luxemburg, Neuseeland, Schottland, der Slowakei und Slowenien bis zu 2 oder 3 Fächern in Belgien (frz.), Estland, Österreich, Tschechien und den Vereinigten Staaten.“13 „In 22 der 30 Länder mit verfügbaren Daten werden zwar alle Schüler in Lesen, Schreiben und Literatur geprüft, in 6 der übrigen Länder können sich Schüler jedoch freiwillig in diesen Fächern prüfen lassen, während in Norwegen nur eine Auswahl von Schülern in diesen Fächern geprüft wird. Im Gegensatz hierzu können in 16 der 26 Länder, in denen Naturwissenschaften Teil der Prüfungen sind, die Schüler entscheiden, ob sie in diesem Fach geprüft werden wollen 13 OECD (2015). Bildung auf einen Blick 2015. OECD-Indikatoren, S. 624. Internetverweis: https://www.oecdilibrary .org/docserver/eag-2015-de.pdf?expires=1566394185&id=id&accname=guest&checksum= DF003412A696D973F76749013B0262F2 [Abruf 5.9.2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 22 oder nicht. In 6 Ländern werden alle Schüler geprüft, in Dänemark, Italien und Norwegen dagegen nur ausgewählte Schüler. 12 der 29 Länder prüfen alle Schüler in Mathematik, in 12 Ländern haben die Schüler die Wahl, und 4 Länder prüfen nur ausgewählte Schüler. Nationale Prüfungen werden im Sekundarbereich II im Wesentlichen als Zugangsberechtigung zum Tertiärbereich (in 27 Ländern) und als Qualifikationsnachweis oder Abschlussprüfung einzelner Klassenstufen bzw. des gesamten Sekundarbereichs II (in 24 Ländern) eingesetzt.“14 14 Ebenda: 624f. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 23 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 24 Ebenda: 639. 3. Zur Vergleichbarkeit von Abschlüssen in föderalen und nichtföderalen Systemen Italien verfügt über nationale/zentrale Prüfungen, die 100 Prozent der Schüler des Sekundarbereichs II ablegen müssen. Dennoch existiert eine Diskussion zu regionalen Unterschieden der Absolventen . Am 10. Juli 2019 erschien in „la Repubblica“ ein Artikel unter dem Titel „Test Invalsi, il 35% degli studenti di terza media non capisce un testo d'Italiano. E al Sud 8 su 10 in ritardo sull'Inglese“15. Das Nationale Institut für die Bewertung des Bildungs- und Ausbildungssystems, bekannt unter dem Akronym INVALSI, hat die Aufgabe, die Lernergebnisse der italienischen Schüler (die sogenannten nationalen INVALSI-Tests) regelmäßig und systematisch zu überprüfen . Das INVALSI wird vom Ministerium für Bildung, Universität und Forschung beaufsichtigt, das die strategischen Prioritäten für die Aktivitäten des Instituts festlegt und bestimmt, nach welchen Kriterien gemessen werden soll. Im erwähnten Zeitungsartikel wird darauf hingewiesen, dass nach wie vor die schulische Bildung im Süden des Landes ein Problemfall sei. Insbesondere in den Fächern Italienisch, Mathematik und Englisch zeigten sich deutliche Unterschiede, die von der Grundschule bis zum Sekundarbereich immer weiter auseinanderklafften. Deutschland hingegen verfolgt ein föderales Bildungssystem. Die Vergleichbarkeit der Leistungen im Abitur ist immer wieder Gegenstand kontroverser Debatten. Im Juni 2019 erschien im Spiegel ein Artikel „Warum Abi-Prüfungen in jedem Bundesland anders sind“16 Hierin heißt es: „Abitur 15 Übersetzung durch die Verfasser der Arbeit: Laut Ergebnisse des „Invalsi Tests“ verstehen 35% der Schüler der dritten Klasse einen italienischen Text nicht. Zudem zeigen 8 von 10 Schüler im Süden Italiens vergleichsweise schlechtere Ergebnisse in Englisch. Im Netz abrufbar unter: https://www.repubblica.it/scuola/2019/07/10/news/il_35_per_cento_degli_studenti _di_terza_media_non_comprende_un_testo_di_italiano_al_sud_otto_su_dieci_in_ritardo_sull_ingle- 230850156/ [Abruf am 5. September 2019]. 16 Miriam Olbrisch: Warum Abi-Prüfungen in jedem Bundesland anders sind; Spiegel Online vom 08.06.2019, Im Internet abrufbar unter: https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/abitur-pruefungen-in-deutschland-vonvergleichbarkeit -keine-spur-a-1271464.html [Abruf am 5. September 2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 109/19 Seite 25 in Deutschland ist nicht gleich Abitur - es gibt erhebliche Differenzen: Unterschiedliche Lehrpläne und Bewertungsmaßstäbe führen dazu, dass jedes Bundesland seine eigene Reifeprüfung abnimmt. Im Süden und Osten haben sie's schwer, im Norden müssen Schüler für dieselbe Note weniger leisten - dieses Gerücht hält sich hartnäckig.“17 Am 23. Januar 2019 erschien in der Zeit ein Artikel „Föderaler Wildwuchs“18. Hierin wird auf eine an der Berliner Humboldt-Universität verfasste Masterarbeit eingegangen, in der abgeleitet wird, dass im Fach Mathematik die Abiturprüfung in Bayern anspruchsvoller sei als in Berlin. „Die einen müssen im Schnitt 30 Aufgaben lösen, die anderen 14. In Bayern muss man den Stoff der ganzen Oberstufe parat haben, in Berlin reichen Teile davon. In der Hauptstadt dürfen die Schüler aus zwei Problemstellungen wählen, im Süden übernimmt das der Lehrer.“19 Trotz aller einfach messbaren unterschiedlichen Abiturprüfungsanforderungen ist selbstverständlich unbedingt auch zu beachten, inwiefern die Vorbereitungen und Unterrichtsstrukturen, die auf die Abiturprüfungen hinarbeiten, vergleichbar sind. Hinzu kommt die Bewertungspraxis. So wird im erwähnten Zeitartikel zu Bedenken gegeben: ´Die Bewertungspraxis von Lehrern ist aber höchst individuell, und sie richtet sich fast immer nach dem Niveau der Lerngruppe`, sagt der Schulforscher Köller. Anders ausgedrückt: Was in einem starken Kurs eine Drei ist, reicht in einem schwachen für eine Zwei.“20 Trotz unterschiedlicher Prüfungsfragen und Niveaus könnte also gemessen an der Vorbereitung und auch am anschließenden Bewertungsrahmen eine ähnliche Abiturnote sich ergeben. *** 17 Ebenda. 18 Martin Spiewak: Föderaler Wildwuchs, Was muss sich ändern, damit das Abitur zwischen den Bundesländern endlich vergleichbar wird? Die Zeit vom 23. Januar 2019, im Internet abrufbar unter: https://www.zeit.de/2019/05/abitur-bundeslaender-unterschiede-foederalismus [Abruf am 5. September 2019]. 19 Ebenda. 20 Ebenda.