© 2021 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 096/20 Windkraftanlagen Technische Aspekte der Schallemissionen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 096/20 Seite 2 Windkraftanlagen Technische Aspekte der Schallemissionen Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 096/20 Abschluss der Arbeit: 21. Januar 2021 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 096/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Schallemissionen und Schallimmissionen 5 2.1. Akustische Grundlagen 5 2.2. Einfluss der Turmhöhe 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 096/20 Seite 4 1. Einleitung Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den technischen Rahmenbedingungen zur Bestimmung der Schallemissionen und -immissionen von Windenergieanlagen. Die Geräusche haben im Wesentlichen aerodynamische sowie mechanische Ursachen. Technische und bauliche Weiterentwicklungen der letzten Jahre wie optimierte Rotorblätter, verbesserte Dämmung der Gondeln, Verringerung der Vibrationen im Getriebe und eine geringere Drehzahl haben zu einer Reduzierung der Geräusche geführt.1 Die Arbeiten aus Forschung und Technik der letzten Jahrzehnte haben auch einen Beitrag zur Pegelsenkung beigetragen: „Durch den technischen Fortschritt lässt sich mittlerweile das Geräuschverhalten von modernen Windrädern günstig beeinflussen. Rotorblattprofile konnten schalltechnisch verbessert werden. Neue Lackanstriche der Rotoren führen zu einer Oberflächenoptimierung , die gleichzeitig eine höhere Stromausbeute mit sich bringt. Der „schalloptimierte Betriebsmodus “ ermöglicht durch Leistungs- und Drehzahlbegrenzungen der Anlage eine Minderung der Emissionen.“2 Zum Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner sind bei der Errichtung von Windenergieanlagen und Windparks zahlreiche Vorschriften zu beachten. Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern sind Anlagen im Sinne des BImSchG und unterliegen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht.3 Rechtliche Grundlage zur Überprüfung der Schallemissionen ist die „Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ (TA-Lärm), in der jeweils konkrete Vorgaben für Geräuschpegel festgelegt sind, die in Wohn-, Misch- oder Gewerbegebieten nicht überschritten werden dürfen. Die Vorgaben zur Ermittlung und Bewertung (tieffrequenter) Geräusche sind in DIN-Normen beschrieben.4 1 Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (NRW) (2011). „Repowering: Ertragssteigerung und Lärmminderung “, https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/geraeusche/pdf/RepoweringOkt2011.pdf 2 Fachagentur Windenergie an Land (2021). „Schallimmissionen“, https://www.fachagentur-windenergie.de/themen /schallimmissionen/ 3 Umweltbundesamt (UBA) (2013). „Lärm von Windenergieanlagen“, https://www.umweltbundesamt.de/themen /verkehr-laerm/nachbarschaftslaerm-laerm-von-anlagen/laerm-von-windenergieanlagen 4 Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) (2019). „Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge“, "Bundes- Immissionsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2873) geändert worden ist", https://www.gesetze-im-internet.de/bimschg/ TA Lärm (2017). „Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm)“, https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet .de/bsvwvbund_26081998_IG19980826.htm DIN EN 61400–11 „Windenergieanlagen – Teil 11: Schallmessverfahren (IEC 61400-11:2012)“, https://www.beuth.de/de/norm/din-en-61400-11/302730187 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 096/20 Seite 5 Eine weitere Arbeit der Wissenschaftlichen Dienste hat ausführlich die Abstandsempfehlungen auf Bund- und Länderebene dargestellt.5 Insbesondere aufgrund der von Windenergieanlagen verursachten Geräusche gibt es Mindestabstandsregelungen für Wohngebiete. Zum Kenntnisstand zu Wirkungen von tieffrequentem Infraschall auf Menschen und Tiere wird auf Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste verwiesen.6 2. Schallemissionen und Schallimmissionen 2.1. Akustische Grundlagen Die physikalischen Definitionen der zugrundeliegenden Akustik beschreibt der Verein Wind- Energie wie folgt: „Schall bezeichnet Druckschwankungen, die sich über die Luft als Welle in alle Richtungen um eine Schallquelle ausbreiten. Dabei ist die Anzahl der Schwingungen durch 39. BImSchV „Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen“, https://beck-online .beck.de/Dokument?vpath=bibdata%2Fges%2Fbimschv_39%2Fcont%2Fbimschv_39.inh.htm&anchor=Y- 100-G-BIMSCHV_39 Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft (2019). Referentenentwurf zur Aktualisierung, https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Glaeserne_Gesetze/19._Lp/ta_luft/entwurf /ta_luft_180716_refe_bf.pdf DIN 45680:1997-03 „Messung und Bewertung tieffrequenter Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft“, https://www.beuth.de/de/norm/din-45680/2917742 DIN 45680:2020-06 – Entwurf „Messung und Beurteilung tieffrequenter Geräuschimmissionen“, https://www.beuth.de/de/norm-entwurf/din-45680/321484067 Das Umweltbundesamt führt dazu weiter aus: „Ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren ist sowohl bei der Neuanlage eines Windparks als auch bei einer „Wesentlichen Änderung“ im Zuge des Repowerings notwendig. Jede Windenergieanlage beziehungsweise jeder Windpark muss die Immissionsrichtwerte der TA Lärm einhalten. Darin werden unterschiedlichen Gebieten Immissionswerte zugeordnet. So gelten beispielsweise für allgemeine Wohngebiete tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A). Einzelne Geräuschspitzen dürfen diese Richtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten (tags: 6:00 bis 22:00 Uhr, nachts: 22:00 bis 6:00 Uhr).“ https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehrlaerm /nachbarschaftslaerm-laerm-von-anlagen/laerm-von-windenergieanlagen 5 Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste (2019). „Sicherheitsabstand von Windkraftanlagen (WKA) unter anderem zu Wohngebieten“, WD 7 - 3000 - 042/19, https://www.bundestag.de/resource /blob/644560/b58b8d097cbff1d160fe4f56e825efff/WD-7-042-19-pdf-data.pdf 6 Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste (2019). „Infraschall – Studien zu Wirkungen auf Mensch und Tier“, WD 8- 3000- 099/19, https://www.bundestag.de/resource /blob/657038/05e0a36c803110ae446a7c04dc4e1f6a/WD-8-099-19-pdf-data.pdf Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste (2014). „Emission durch Infraschall bei Windkraftanlagen - Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen“, WD 8-3000-081/14, https://www.bundestag.de/resource /blob/405908/12c26f803f87e264506550b0e3b82e64/WD-8-083-14-pdf-data.pdf Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste (2020). „Einzelfragen zu Artenschutz und Schallimmissionen bei Windkraftanlagen“, WD 8 - 029/2020, https://www.bundestag.de/resource /blob/710904/8c201f7c973218109e18804e326dba62/WD-8-029-20-pdf-data.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 096/20 Seite 6 die Maßeinheit (Hz) definiert. Für die Wahrnehmung von Geräuschen ist die Tonhöhe (A) von Bedeutung. Die Lautstärke wird durch den Schalldruckpegel (dB) beschrieben. In Bezug auf die Empfindlichkeit des Gehörs wird die Maßeinheit dB(A) verwendet. Der Hörbereich des Menschen umfasst etwa einen Frequenzbereich von 20 bis 20.000 Hz. Schallwellen außerhalb des menschlichen Hörbereichs werden im Bereich tiefer Frequenzen (< 16 Hz) als Infraschall und im Bereich hoher Frequenzen (> 16.000 Hz) als Ultraschall bezeichnet. Windenergieanlagen haben einen spezifischen Schallleistungspegel.“7 In der Fachliteratur werden (Stand 2016) für Anlagen der Multi-Megawatt-Klasse mit Rotordurchmessern bis zu 130 m Schallleistungspegel in Höhe von 105-107 dB(A) als Orientierungswerte angegeben.8 Hersteller geben an, dass diese Werte auch von Anlagen der neuesten Generation mit Rotordurchmessern über 160 m nicht überschritten werden.9 Moderne Anlagen bieten in der Regel schallreduzierte Betriebsmodi als Möglichkeit an, in denen die Schallleistungspegel unter Hinnahme gewisser Ertragseinbußen um bis zu 10 db(A) reduziert sind. Der Schallleistungspegel ist der Schall, den Windenergieanlagen emittieren (Emissionsmessung) und der Schalldruckpegel ist die relative Stärke des Schalls beispielsweise am Ohr, der durch eine Immissionsmessung bestimmt wird. Der Schalldruckpegel ist ein Maß für die Stärke des Schalls an einem bestimmten Ort. Er hängt vom Abstand zur Schallquelle ab. Er kann mit einem Schallpegelmesser gemessen werden. Schallausbreitung und Entfernung hängen über ein invers-quadratisches Gesetz zusammen. „Die Energie von Schallwellen (und daher auch die Schallintensität) sinkt mit dem Quadrat der Entfernung von der Schallquelle.“ Dies bedeutet, dass bei einem Abstand von 200 m von der Windkraftanlage der Schallpegel nur ein Viertel des Wertes bei einer Entfernung von 100 m ist. Bei freier Schallausbreitung verringert sich der Schalldruckpegel bei jeder Verdopplung des Abstandes um jeweils 6 dB. Ein Beispiel: „An einem Punkt, der einen Rotordurchmesser (43 m) von der Anlage mit einem Schallpegel von 100 dB(A) entfernt liegt, werden wir einen Pegel von 55-60 dB(A) messen. Das entspricht der Lautstärke eines Wäschetrockners. Bei einer Entfernung von vier Rotordurchmessern (170 m) haben wir 44 dB(A), was der Lautstärke eines mäßig bevölkerten Wohnzimmers entspricht. Bei sechs Rotordurchmessern (260 m) zeigt das Messgerät rund 40 7 Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE) (2018). „Schallimmissionen von Windenergieanlagen“, https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/publikationen-oeffentlich/themen/01-menschund -umwelt/05-schall/20181123_BWE_Informationspapier_Schall_und_WEA.pdf 8 Hau, E. (2016). „Windkraftanlagen – Grundlagen, Technik, Einsatz, Wirtschaftlichkeit“, Springer-Vieweg, 6. Auflage, Kapitel 14 und 15, insb. S. 676. 9 Beispielhaft seien hier Anlagen von Vestas (V162-5.6MW, https://www.vestas.de/~/media/germany/brochures /20190125_enventus_brochure_german_screen.pdf, S. 11: 104db(A)), Enercon (https://www.enercon .de/fileadmin/Redakteur/Medien-Portal/broschueren/EC_Datenblaetter_WEA_de_082019.pdf, S. 31: 106,2 dB(A)) und GE Renewable Energy (Cypress-Plattform, https://www.ge.com/renewableenergy/de/sites /de/files/related_documents/Broschuere_Cypress_DE_210111.pdf: 107 db(A)) genannt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 096/20 Seite 7 dB(A).“ Die nachfolgende Grafik verdeutlicht den Zusammenhang. Je größer der Abstand von der Emissionsquelle ist, desto geringer ist der Schalldruckpegel.10 Die Schalldruckpegel von mehreren Schallquellen können nicht in “dB“ summiert werden. Überlagern sich zwei gleichgroße Schallpegel, so ergibt dies einen um 3 dB(A) höheren Pegel im Vergleich zu einer Schallquelle. Führt man das Bespiel weiter, so ergeben vier Anlagen eine Erhöhung um 6 dB(A) und 10 Anlagen eine um 10 dB(A).11 Die Messung von Windenergieanlagen ist deutlich komplexer als die Messung „normaler“ Schallquellen . Örtliche Begebenheiten, wie die Abschirmung durch Gebäude oder Lärmschutzwände, die Windgeschwindigkeit als natürliche Beeinflussung, Umgebungsgeräusche von Verkehr und Industrie und unterschiedliche Einwirkungen der Vegetation, wie Wiese oder Wald/-rand, beeinflussen den gemessenen Schallleistungs- und Schalldruckpegel. Die Geräuschcharakteristik verschiedenerer Anlagentypen und Windparkkonfigurationen kann sich sehr stark unterscheiden. Windenergieanlagen erzeugen neben dem hörbaren Schall auch Infraschall. Dieser kann in Abhängigkeit von Windstärke und Windrichtung durch am Ende der Rotorblätter entstehende Wirbelablösungen sowie weitere Verwirbelungen durch Kanten, Spalten 10 Verband der dänischen Windkraftindustrie (2003). „Messung und Berechnung von Schallpegeln“, http://xn-- drmstrre-64ad.dk/wp-content/wind/miller/windpower%20web/de/tour/env/db/dbdef.htm Zahlen und Rechenbeispiele zum „Schallpegel in Abhängigkeit der Entfernung“ unter: http://xn--drmstrre- 64ad.dk/wp-content/wind/miller/windpower%20web/de/stat/unitssnd.htm#dbdist 11 Verband der dänischen Windkraftindustrie (2003). „Überlagerung der Schallpegel zweier Quellen“, http://xn-- drmstrre-64ad.dk/wp-content/wind/miller/windpower%20web/de/stat/unitssnd.htm#dbdist bzw. „WKA und Akustik“, http://xn--drmstrre-64ad.dk/wp-content/wind/miller/windpower%20web/de/stat/unitssnd.htm Enercity, AMT Ingenieurgesellschaft mbH (2015). „Geräusche von Windkraftanlagen“, https://www.enercity .de/infothek/downloads/wind/vortrag2-esperke.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 096/20 Seite 8 und Verstrebungen entstehen. Auch die am Mast vorbeistreichenden Rotorblätter können tieffrequenten Schall erzeugen.12 „Die Geräusche von Windenergieanlagen können eine besondere Störwirkung verursachen, wenn tonale Anteile im Gesamtschallpegel enthalten sind. Diesem Umstand wird durch die Vergabe von Tonzuschlägen bei der Bewertung der Schallemissionen nach DIN EN 61400-11 Rechnung getragen.“13 Auf Grund der Vielzahl an variablen Einflussfaktoren entwickeln Windenergiebetreiber in der Regel ein mit einem Messinstitut auf den Einzelfall abgestimmtes Messkonzept. „Bei Windenergieanlagen ist eine Immissionsmessung jedoch problematisch und wird daher nur selten durchgeführt .“14 Eine ausführliche Darstellung der physikalischen Gesetzmäßigkeiten, Messungen bzw. Berechnungen und technischer Grundlagen zu Schallimmissionen hat das Umweltbundesamt verfasst. Zur Bestimmung des Schalls für noch nicht erbaute Anlagen führt das UBA insbesondere aus: „Ist die Messung von Schallimmissionen nicht möglich oder zu aufwendig, können Schallpegel mit Hilfe von Berechnungsverfahren – häufig auch als Prognoseverfahren bezeichnet – bestimmt werden. Geräuschbelastungen durch Industrieanlagen werden mittels der TA Lärm untersucht. Eine Berechnung ist die einzige Möglichkeit, wenn es sich um 12 Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE) (2018). „Windenergie und Infraschall“, https://www.wind-energie .de/fileadmin/redaktion/dokumente/publikationen-oeffentlich/themen/01-mensch-und-umwelt/05- schall/20181028_Hintergrundpapier_Infraschall_WEA_Rev2.pdf LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (2020). Bericht über Ergebnisse des Messprojekts 2013- 2015 „Tieffrequente Geräusche inkl. Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen“, s.a. (2020). „Schallpegelmessungen an Windenergieanlagen“, https://www.lfu.bayern.de/laerm/gewerbe_anlagen/schallmessungen _windenergieanlagen/index.htm 13 Weitere Ausführungen zur Thematik unter: Ingenieuer.de (2016). „Tonalitäten bei Windkraftanlagen“ https://www.ingenieur.de/fachmedien/laermbekaempfung/laermwirkung/minderung-von-tonalitaeten-in-windenergieanlagen -mit-aktiven-tilgern/ 14 Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) (2016). Messprojekt „Tieffrequente Geräusche inkl. Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen“, https://pudi.lubw.de/detailseite/-/publication/84558-Bericht _%C3%BCber_Ergebnisse_des_Messprojekts_2013-2015.pdf Agatz, M. (2018) „Windenergie-Handbuch“, 15. Auflage, http://windenergie-handbuch.de/wp-content/uploads /2020/03/Windenergie-Handbuch-2019.pdf, Immissions- und Emissionsmessungen Seite 254-258 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) (2013). „Windenergieexperimente“, https://www.dlr.de/wx/de/desktopdefault.aspx/tabid-15701/25429_read-64487/ Zur Berechnung der Ausbreitung und der Immission des von Windenergieanlagen (WEA) emittierten Schalls in unterschiedlichen atmosphärischen Grenzschichtströmungen über topografisch und orografisch gegliedertem Gelände im Rahmen s. a. Ergebnisse des Projekts: „Wetterabhängige Charakterisierung der Schallimmission in der Umgebung von Windenergieanlagen in topografisch gegliedertem Gelände (Lips)“, https://www.enargus .de/pub/bscw.cgi/?op=enargus.eps2&q=Deutsches%20Zentrum%20f%c3%bcr%20Luft-%20und%20Raumfahrt %20e.V.%20(DLR)&m=2&id=661486&p=13&s=14&v=10 (Kauflink) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 096/20 Seite 9 zukünftige Lärmsituationen handelt oder eine flächenhafte Lärmbelastung großräumig bestimmt werden soll. Prognoseverfahren bestehen im Wesentlichen aus: Annahmen über die Emissionen der Schallquelle und einer mathematischen Nachbildung der Schallausbreitung (Ausbreitungsmodell).“15 2.2. Einfluss der Turmhöhe Zum tieferen Verständnis von Abhängigkeit von Narbenhöhe bzw. Turmhöhe, Windgeschwindigkeit , Schalldruckleistung und Schalldruckpegeln liefert das Windenergie-Handbuch einer Umweltverwaltungsexpertin weitergehende Informationen: „Des Weiteren gibt die FGW-Richtlinie16 ein Verfahren für die Umrechnung des Schallleistungspegels auf andere Nabenhöhen vor. Hierzu ist klarzustellen, dass ein höherer Turm das akustische Verhalten einer WEA nicht verändert. Eine WEA gleichen Typs erzeugt bei gleicher Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe die gleiche Schallemission, unabhängig von der Nabenhöhe. Das bedeutet, dass WEA eines Typs, aber unterschiedlicher Nabenhöhe in Bezug auf den für die Schallprognose maßgeblichen Betriebspunkt maximaler Schallemission (i.d.R. bei 95% der Nennleistung) keinen Unterschied aufweisen. Allein durch die Darstellungssystematik der FGW-Richtlinie, die die Schalleistungspegel auf die standardisierte Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe anstatt auf diejenige in Nabenhöhe bezieht, ergibt sich ein scheinbarer Unterschied: Die Windgeschwindigkeit steigt mit der Höhe über Grund an. Bei einer bestimmten (standardisierten) Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe steht eine WEA mit großer Nabenhöhe daher in einer höheren Windgeschwindigkeit als eine WEA mit kleiner Nabenhöhe. Deshalb läuft sie bereits mit einer höheren Leistung und damit auch mit einer höheren Schallemission, während die WEA mit kleiner Nabenhöhe noch eine geringere Leistung und Schallemission aufweist. In den höheren Windgeschwindigkeitsklassen nähern sich die elektrischen Leistungen und somit die Schallleistungspegel der WEA unterschiedlicher Nabenhöhe an, da sich die WEA auf großer Nabenhöhe bereits im Bereich der pitch-Regelung17 befindet, so dass Leistung und 15 Umweltbundesamt (UBA) (2018). „Grundlagen der Akustik“, https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr -laerm/verbraucherservice-laerm/grundlagen-der-akustik#textpart-1 16 FGW e.V. – Fördergesellschaft Windenergie und andere Dezentrale Energien, FGW-Richtlinie: Technische Richtlinie zur Bestimmung der Leistungskurve, des Schallleistungspegels und der elektrischen Eigenschaften von Windenergieanlagen - Teil 1: Bestimmung der Schallemissionswerte, Rev. 18 vom 1.2.08; Herausgeber: Fördergesellschaft Windenergie e.V., Elbehafen, 25541 Brunsbüttel 17 „Die FGW-Richtlinie sowie die DIN 61400-11 unterscheiden nicht zwischen pitch- und stallgesteuerten WEA. Bei pitch-gesteuerten WEA wird der Anstellwinkel der Rotorblätter bei Erreichen der Nennleistung verändert, so dass elektrische Leistung, Rotordrehzahl und Schallleistungspegel auch bei weiter zunehmender Windgeschwindigkeit nicht weiter ansteigen.“ Agatz, M. (2018) „Windenergie-Handbuch“, 15. Auflage, http://windenergie -handbuch.de/wp-content/uploads/2020/03/Windenergie-Handbuch-2019.pdf, Seite 88 „Bei stall-gesteuerten WEA können die Rotorblätter im Gegensatz zu pitch-gesteuerten WEA nicht aus dem Wind gedreht werden, so dass die Windströmung bei weiter steigender Windgeschwindigkeit von den Rotorblättern abreißt (sog. stall-Effekt) und dadurch die Leistung nicht weiter ansteigt. Hierdurch entsteht einerseits ein charakteristisches Abrissgeräusch und andererseits kann auch der reine Schallleistungspegel weiter ansteigen “, Seite 89 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 096/20 Seite 10 Schallemission konstant bleiben, während die WEA mit niedriger Nabenhöhe nun mit weiter steigender Leistung zur WEA mit hoher Nabenhöhe aufschließen kann, bis auch sie schließlich 95% der Nennleistung erreicht hat und damit auch den gleichen Schallleistungspegel wie die WEA hoher Nabenhöhe. Bei der standardisierten Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe, bei der alle WEA des Typs auf verschiedenen Nabenhöhen den Betriebspunkt von 95% Nennleistung erreicht haben, geben alle WEA gleichen Typs, aber unterschiedlicher Nabenhöhe stets dieselbe Schallleistung ab. Der subjektive Eindruck, dass hohe WEA „lauter“ sind, resultiert also nicht aus einer akustisch bedingten erhöhten Schallemission der hohen WEA, sondern aus der Tatsache, dass die WEA bereits bei niedrigen Windgeschwindigkeiten in Bodennähe mit einer hohen Leistung laufen und somit einerseits häufiger höhere Schallleistungspegel emittieren und andererseits in Bodennähe noch keine hohe windbedingte Geräuschkulisse gegeben ist, die teilweise verdeckend in Bezug auf das WEA-Geräusch wirkt.“18 Die nachfolgenden Grafiken verdeutlichen visuell die Abhängigkeit von der Leistung der Anlage, dem Schallleistungspegel, der Anlagenhöhe und Windgeschwindigkeit. Die Bemessungsleistung einer Windenergieanlage ist eine Größe, die für die Höhe der erhaltenen Einspeisevergütung gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) relevant sein kann. Sie liegt meist unterhalb der installierten Leistung. Die Leistung der Windenergieanlage nimmt mit der Geschwindigkeit zunächst zu, aber mit dem Erreichen der Bemessungsleistung steigt der Geräuschpegel nicht weiter an.19 18 Agatz, M. (2019) „Windenergie-Handbuch“, 16. Auflage, http://windenergie-handbuch.de/wp-content/uploads /2020/03/Windenergie-Handbuch-2019.pdf, Seite 93 19 Eco-Energy (2021). „Windverhältnisse in Deutschland“, https://shef-eco-energy.com/ee-grundlagen/windenergieanlagen /windverhaltnisse/ Enercity, AMT Ingenieurgesellschaft mbH (2015). „Geräusche von Windkraftanlagen“, https://www.enercity .de/infothek/downloads/wind/vortrag2-esperke.pdf Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 096/20 Seite 11 Im Zusammenhang mit Repowering-Maßnahmen von Windenergieanlagen hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (NRW) „anhand von Beispielrechnungen aufgezeigt, wie in durch Lärm stark vorbelasteten Gebieten das Repowering bei einer Verringerung der Anzahl der Windenergieanlagen sowohl zu höheren Erträgen als auch zu einer Verminderung der Geräuschimmissionen führen kann.“ Nach Aussage der Autoren zeigen die Beispiele, „dass im Rahmen des Repowerings trotz Zunahme der Gesamt-Nennleistung eine deutliche Verminderung der Geräuschbelastung in der Nachbarschaft von Windparks erreicht werden kann.“ Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass auch im Falle des Repowerings eine Geräuschprognose zu erstellen wäre, um die Wirkungen im jeweiligen Einzelfall zu untersuchen.20 Einen Zusammenhang zwischen technischer Messung von Schallemissionen und subjektivem Störempfinden von Anwohnern von Windenergieanlagen untersucht eine aktuell abgeschlossene Studie. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderte Forschungsvorhaben analysierte mittels einer Langzeitstudie die Auswirkungen von Infraschall und Bodenerschütterungen . Die Forscher untersuchten tieffrequentem Schall (inkl. Infraschall) sowie seismischen Wellen (Bodenerschütterungen) in der Nähe der Windenergieanlagen und in Gebäuden. Die Experten werteten diese Messdaten in Verbindung mit Befragungsdaten aus, um herauszufinden , warum Personen durch Windenergieanlagen stark belästigt sein könnten. Die Forscher konnten „keinen Zusammenhang zwischen akustischen oder seismischen Wellen und körperlichen oder psychischen Beschwerden plausibel nachweisen.“21 *** 20 Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (NRW) (2011). „Repowering: Ertragssteigerung und Lärmminderung “, https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/geraeusche/pdf/RepoweringOkt2011.pdf 21 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2020). TremAc „Objektive Kriterien zu Erschütterungsund Schallemissionen durch Windenergieanlagen im Binnenland“, https://www.windindustrie-in-deutschland .de/f/aa99/0/5fad2c32653237dbbc00029b/TremAc_Schlussbericht_UmweltpsychologischeAnalyse _HbnerundPohl.pdf