© 2020 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 090/20 Energiespeicher der Elektromobilität Entwicklung der Energiedichten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 090/20 Seite 2 Energiespeicher der Elektromobilität Entwicklung der Energiedichten Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 090/20 Abschluss der Arbeit: 17. Dezember 2020 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 090/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Energiedichten 4 3. Forschungsaktivitäten 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 090/20 Seite 4 1. Einleitung In den letzten zehn Jahren hat sich die Energiedichte von Lithium-Ionen-Batterien bzw. Speichern /Akkumulatoren auf durchschnittlich 200 Wh/kg bzw. 400 Wh/l fast verdoppelt. Nach Aussage von Experten könnte sich bis 2030 die (insbesondere volumetrische) Energiedichte nochmals maximal verdoppeln, wenn entsprechende Forschungs- und Entwicklungsvorhaben durchgeführt werden. Um diese Verdopplung bis auf Batteriesystemebene umzusetzen und reale Reichweiten für beispielsweise Pkws jenseits von 600 Kilometern zu erreichen, wären nach Aussage der Experten „zudem raum- und gewichtseinsparende Innovationen in der Modul-/ Packherstellung und Fahrzeugintegration nötig.“1 Die vorliegende Arbeit gibt einen perspektivischen Einblick in die derzeitige Batterieforschung für den Bereich des Verkehrssektors, insbesondere im Hinblick auf die Energiedichte von Batterien verschiedener Anwendungsfelder. 2. Energiedichten Die Energiedichte ist eine relative Energiegröße, die die gespeicherte Energiemenge auf das Volumen oder die Masse des Energiespeichers bezieht. Sie wird als volumetrische Energiedichte in [Wh/m3] bzw. [Wh/l] oder als gravimetrische Energiedichte in [Wh/kg] angegeben. Elektrochemische Speicher der Elektromobilität wie beispielsweise Lithium-Ionen-Speicher haben derzeit eine mittlere Energiedichte von etwa 300 kWh/m3. Die entsprechende Spannbreite liegt bei 190 bis 375 kWh/m3 bzw. 110 bis 190 Wh/kg.2 1 Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) (2020). „Batterien für Elektroautos: Faktencheck und Handlungsbedarf“, https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/cct/2020/Faktencheck-Batterien -fuer-E-Autos.pdf VDI-Nachrichten (2018). „Deutschland sucht die Superbatterie“, Nr. 27/28 Seite 21 Grundsätzliche Informationen zur Lithium-Ionen-Technologie behandelt die Arbeit: Deutscher Bundestag Wissenschaftliche Dienste (2019). „Großbatteriespeicher - Einzelfragen zur Lithium-Ionen-Batterietechnologie“ WD 8-002/19, https://www.bundestag.de/resource/blob/627424/74e15e4e6f393a030176b8cb29effc24/WD-8-002-19- pdf-data.pdf Mit den Aspekten der Nachhaltigkeit von Batterien der Elektromobilität, insbesondere der Ökobilanzierung, dem Treibhausgaspotential, der Umweltbeeinträchtigung und den sozialen Zuständen bei der Herstellung der Rohstoffe befasst sich die Arbeit: Deutscher Bundestag Wissenschaftliche Dienste (2019). „Nachhaltigkeit in der Elektromobilität - Ökologische und soziale Aspekte der Speicherbatterien“, WD 8-3000-081/19, https://www.bundestag.de/resource/blob/813478/29e75079eee43a9c948a64c59921688e/WD-8-081-19-pdfdata .pdf 2 Sterner, M., Stadler, I. (2017). „Energiespeicher“, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2017, Kapitel 2.3.2 Seite 41f Siehe auch: Tabelle 12.1, Kapitel 12, Seite 649 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 090/20 Seite 5 Um Speicher leistungsfähiger und kosteneffizienter zu gestalten, wären weiterhin Forschungsund Entwicklungsarbeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette vonnöten.3 Eine Beschreibung der derzeitigen Ansätze für neue Batterieentwicklungen und eine tabellarische Aufstellung der technischen Parameter, die auch Energiedichten (specific energy) zukünftiger Energiespeicher enthält, hat beispielsweise die Firma Cadex Electronics Inc. zusammengestellt . Eine Tabelle insbesondere für Lithium-Ionen-Speicher enthält Energiedichten der zum Einsatz gekommenen Energiespeicher mit ihren einzelnen Anwendungsbereichen. Als Zeitspanne für neue Speicher-Generationen geben die Experten 10 Jahre als typischen Entwicklungszeitraum an.4 Die Energiedichten liegen in Abhängigkeit von der Lithium-Ionen-Technologie bei derzeit folgenden Werten:5 - Lithium-Kobalt-Oxide (LCO): 150 - 200 Wh/kg - Lithium-Mangan-Oxide (LMO): 100 - 150 Wh/kg - Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Oxide (NMC): 150 - 220 Wh/kg - Lithium-Eisen-Phosphate (LFP): 90 - 120 Wh/kg - Lithium-Nickel-Kobalt-Aluminium-Oxide (NCA): 200 - 260 Wh/kg - Lithium-Titan-Oxide (LTO): 70 - 80 Wh/kg Die Firma Volkswagen hat die Entwicklung der Energiespeicherdichte der Lithium-Ionen-Speicher für Kraftfahrzeuge von 2014 bis 2030 grafisch dargestellt. Dabei beginnen die Energiedichten 2014 mit 140 Wh/kg, liegen heute bei 300 Wh/kg und sollen ab 2030 auf 350 Wh/kg steigen.6 Energiespeicherlösungen für Schienenfahrzeuge können Einsparungseffekte auch durch die Bremsenergie erzielen. Dieser Verkehrssektor setzt neben Batterien bzw. Akkumulatoren als Energiespeicher auch Kondensatoren und Schwungradspeicher ein. Die zur Nutzung empfohlene Technologie hängt von den Ansprüchen des operativen Verkehrsbetriebs ab.7 3 Deutscher Bundestag (2020). „Bundesbericht Energieforschung 2020 Forschungsförderung für die Energiewende “, BT-Drs 19/20365, http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/203/1920365.pdf, Seite 43 4 Cadex Electronics Inc. (2020). „BU-212: Future Batteries“, https://batteryuniversity.com/index.php/learn/article /experimental_rechargeable_batteries Cadex Electronics Inc. (2016). „BU-218: Summary Table of Future Batteries“, https://batteryuniversity .com/learn/article/bu_218_summary_table_of_future_batteries 5 Cadex Electronics Inc. (2019). „BU-216: Summary Table of Lithium-based Batteries“, https://batteryuniversity .com/learn/article/bu_216_summary_table_of_lithium_based_batteries 6 Volkswagen AG (2020). „Leistungsstark und skalierbar: das neue ID. Batteriesystem“, https://www.volkswagenag .com/de/news/stories/2018/10/powerful-and-scalable-the-new-id-battery-system.html 7 Forschungs-Informations-System (FIS) (2017). „Energiespeicher an Bord von Schienenfahrzeugen“, https://www.forschungsinformationssystem.de/servlet/is/342917/ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 090/20 Seite 6 Ein aktuelles Beispiel für den schienenbasierten Verkehr ist das vom BMWi geförderte Projekt „FLIRT-AKKU“. Dieses Projekt soll den Einsatz von Energiespeichern in einem batterieelektrisch angetriebenen Schienenfahrzeug zur Überbrückung ausgedehnter, nicht oder teilweise elektrifizierter Streckenabschnitte im Regionalverkehr, ermöglichen und dieselbetriebene Fahrzeuge ersetzen . Der Betrieb soll 2022 starten.8 Speichermodule für Schienenfahrzeuge sind modular aufgebaut und skalierbar. Sie können eine Energiedichte von bis zu 140 Wh/kg erreichen. Bei einer Kapazität von 30,6 kWh und einem Gewicht von 355 kg ergibt sich eine Energiedichte von knapp 90 Wh/kg und bei einer Kapazität von 42,3 kWh und einem Gewicht von 310 kg eine Energiedichte von 136 Wh/kg.9 Ein Beispiel für Elektrobusse zeigt das folgende aktuelle Zahlenbeispiel für den Energiespeicher eines 12 Meter langen Fahrzeugs: Energiespeicher mit 375 kWh Kapazität auf dem Dach des Fahrzeugs, von denen 337 kWh nutzbar sind, wiegen 3,2 Tonnen inklusive Peripherie. Das ergibt eine Energiedichte von 115,4 Wh/kg, die eine Reichweite von minimal 170 bis 190 Kilometern, bis maximal 230 km ermöglicht.10 Ein weiteres Beispiel zeigt die Firma Mercedes, die neben dem Einsatz von flüssigen auch feste Energiespeicher für Elektrobusse testen: „Mit sieben Batteriepaketen kommt der Festkörperakku im eCitaro G mit 7 Modulen à 63 kWh auf eine Gesamtkapazität von 441 kWh. Ein Modul wiegt etwa 450 kg, der Akku insgesamt kommt auf 3,2 Tonnen. Mehr Kapazität, weniger Gewicht – die Festkörper-Batterie kommt auf eine höhere Energiedichte als die Alternative mit flüssigem Elektrolyt – 0,14 kWh/kg statt 0,11 kWh/kg. Weil seine Wohlfühltemperatur bei etwa 80 Grad (im Vergleich zu 25 Grad bei herkömmlichen Akkus) liegt, muss er gut isoliert sein. Darum braucht er etwas mehr Raum, was aber im Bus kein Problem ist.“ Die Reichweite beträgt etwa 230 Kilometer. Allerdings lässt sich der Feststoffspeicher nicht schnell laden und muss über Nacht im Depot geladen werden.11 8 Deutscher Bundestag (2020). „Bundesbericht Energieforschung 2020 Forschungsförderung für die Energiewende “, BT-Drs 19/20365, http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/203/1920365.pdf, Seite 27 9 Akasol AG (2020). „Schienenfahrzeuge“, https://www.akasol.com/de/schienenfahrzeuge, https://www.akasol.com/de/akasystem-akm-poc Batteriewerk (2020). „HVB-042-400“, https://www.batteriewerk.com/batterie-system-hvb-042-400/ 10 Bus2Bus (2020). „E-Busse: Die Hersteller liefern“, https://www.bus2bus.berlin/Blog/E-BusseDieHerstellerLiefern / 11 Auto-Motor-Sport (2020). „Hier fährt die Feststoffbatterie in Serie“, https://www.auto-motor-und-sport.de/elektroauto /mercedes-ecitaro-g-feststoffbatterie-brennstoffzelle-range-extender/ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 090/20 Seite 7 Weitere Prototypen sind in der Entwicklung, aber noch nicht marktreif, wie die Ankündigung der Firma Samsung über einen Feststoffenergiespeicher mit einer Reichweite 800 km. Die volumetrische Energiedichte soll nach Medienberichten 900 Wh/l betragen.12 Batterien für den Passagierbereich der Luftfahrt sind derzeit aufgrund des hohen Gewichts keine Alternative. Eine voll beladene Boeing 747 benötigt 90 Megawatt (MW) um 400 Tonnen aufsteigen zu lassen. Diese Leistung soll der größte Lithium-Ionen-Batteriespeicher der Welt, die Hornsdale Power Reserve in Australien, für zwei Stunden und fünfzehn Minuten bereitstellen können. Dieser Speicher soll etwa die Fläche eines Fußballfelds bedecken und das Vielfache eines Jumbojets wiegen. Die Experten des Energiebetreibers RWE sehen für diesen Einsatzbereich Wasserstoff als einen geeigneteren Energiespeicher.13 Die Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gehen davon aus, dass „batteriebetriebene Flugzeuge allenfalls als ‚Flugreisebusse‘ mit einer Reichweite von wenigen hundert Kilometern in Betracht kommen.“ Die Experten sehen im elektrischen Fliegen großes Potential hinsichtlich der Schadstoffreduzierung und forschen intensiv an hybrid-elektrischen Flugzeugen.14 Die Fachleute von Lombardier meinen, „dass zwar elektrische Kurzstreckenflüge in Sicht sind, Batterien aber weiterhin zu groß und zu schwer sind, um Flüge von Hunderten von Menschen über Tausende von Kilometern zu ermöglichen. Ändern kann sich das nur durch einen langfristigen technologischen Paradigmenwechsel, den Feststoffbatterien bewirken könnten. Bis dahin könnten hybride Flugzeuge als Brückentechnologie dienen.“15 Auch in unbemannten Luftfahrzeugen (Drohnen) kommen elektrochemische Energiespeicher zum Einsatz. Das EU-finanzierte Projekt „QLEX Creo“ entwickelte beispielsweise eine Drohne 12 Auto-Motor-Sport (2020). „Bringt Samsung die Super-Batterie?“, https://www.auto-motor-und-sport.de/techzukunft /alternative-antriebe/feststoff-batterie-akku-samsung-lebensdauer-reichweite-elektroauto/ 13 En-former (2020). „Eine Frage der Energiedichte: Wie elektrische Flugzeuge abheben“, https://www.en-former .com/eine-frage-der-energiedichte-wie-elektrische-flugzeuge-abheben/ 14 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) (2020). „Elektrisches Fliegen“, https://www.dlr.de/content /de/dossiers/2019/elektrisches-fliegen.html Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) (2020). „Die Zukunft fliegt elektrisch“, https://www.dlr.de/content/de/artikel/luftfahrt/elektrisches-fliegen/vom-lufttaxi-bis-zum-regionaljet-die-zukunft -fliegt-elektrisch.html Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) (2019). Interview, „Revolutioniert der Elektroantrieb die Luftfahrt?“, https://www.dlr.de/content/de/downloads/2019/interview_elektrisches_fliegen_dlr-magazin _160.pdf?__blob=publicationFile&v=7 15 Lombard Odier (Lombadier) (2020). „Auf in eine nachhaltige Zukunft der Luftfahrt“, https://www.lombardodier .com/de/contents/corporate-news/responsible-capital/2020/november/up-in-the-air-the-challenge-of-s.html Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 090/20 Seite 8 mit Flügeln namens „Creo“. Die Energiedichte des darin zum Einsatz kommenden Lithium-Ionen -Akkus beträgt 230 Wh/kg bzw. die des Lithium-Polymer-Akkus 180 Wh/kg.16 3. Forschungsaktivitäten Weltweit forschen Wissenschaftler und Entwickler an der Neuentwicklung und Optimierung von bestehenden Speichertechnologien der Elektromobilität. Im Fokus steht neben der Reduzierung des Gewichts und des Volumens auch die Erhöhung der Energiedichten. Zur perspektivischen Entwicklung der Energiespeicher für der Elektromobilität prognostizieren die Experten des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI: „In heutigen Elektroautos sind Batterien aller Formate (zylindrisch, prismatisch, Pouch) und aller wesentlichen Chemien (NCA, NMC, LMO, LFP) verbaut. In den kommenden Jahren planen die Zellhersteller weltweit zunehmend nickelreiche Hochenergie-Kathoden und -Anoden (Si /C Komposite) einzusetzen. Mittelfristig versprechen Hochkapazitäts-NMC-Materialien (zum Beispiel Lithium-reiche »integrierte Komposite«) oder Hochvoltmaterialien eine noch höhere Energiedichte. Damit dürfte für konventionelle Zellen eine Erhöhung auf bis zu 350 Wh/kg bzw. auf über 800 Wh/l möglich sein. Eine ultimative Steigerung der Energiedichte wäre durch Lithium-Metall-Anoden machbar (über 1.000 Wh/l bzw. etwa 400 Wh/kg). Ihr Einsatz könnte jedoch die Verwendung von Feststoffelektrolyten und damit von kommerziell bislang nicht verfügbaren Technologien erfordern. Im Labormaßstab erreichen Feststoffbatterien bereits beeindruckende Energiedichten , die sie für den Einsatz im Automobil höchst interessant machen. Hinsichtlich Fertigungsverfahren und Stabilität sind weiterhin große FuE-Anstrengungen auf dem Weg zur großskaligen Kommerzialisierung notwendig. Das teilweise hohe Engagement wichtiger industrieller und wissenschaftlicher Akteure lässt darauf schließen, dass erste Feststoffbatterien in größerem Maßstab ab etwa 2025 auf den Markt kommen könnten, allerdings zunächst wohl nicht im Automobil. Bislang sind zylindrische Zellen Spitzenreiter bei den Energiedichten. Gerade der Übergang von konventionellen zu Feststoffbatterien könnte jedoch den Vorsprung zylindrischer gegenüber Pouch- oder prismatischen Zellen auflösen, nämlich dann, wenn die Verwendung fester Elektrolyte ein Stapeln der Elektroden erfordert und das zylindrische Aufwickeln nicht mehr möglich ist. Beim Übergang von Zell- auf Modulebene ergeben sich je nach Zellformat Verluste von 8 bis 18 Prozent bei der gravimetrischen und 20 bis 50 Prozent bei der volumetrischen Energiedichte. Diese Reduktion setzt sich beim Übergang auf Systemebene fort und ist insbesondere dann ausgeprägt, wenn zum Beispiel aufgrund einer hohen Schnellladefähigkeit hohe Anforderungen an das Kühl- und Sicherheitssystem bestehen. Durch Innovationen außerhalb der Batteriezelle, wie zum Beispiel der Verschmelzung von Modulen und Batteriepacks , ließe sich in Zukunft dennoch die Energiedichte der Zellen besser auf Systemebene 16 Europäische Kommission (2019). „QLEX Creo – Bringing reach to the drone market“, https://cordis.europa .eu/article/id/262242-longer-flights-for-drones-may-see-unmanned-aerial-taxis-emerge/de Qlex (2020). „Qlex- Creo“, https://qlex.one/, nach telefonischer Auskunft des CEOs Immo Weidner Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 090/20 Seite 9 übertragen. Dies und ein weiter verringerter Energieverbrauch der Fahrzeuge [kWh/km], zum Beispiel durch Isolation und Verringerung des Heizaufwands, eine Verringerung des Energieverbrauchs durch Elektronik, Leichtbau etc. könnte bei gleichem Batterieplatzbedarf zu einer Verdopplung der Reichweite von heute etwa 250 bis 400 Kilometern auf 500 bis 800 Kilometer in den kommenden zehn Jahren führen. Höhere gegebenenfalls in der Literatur genannte Energiedichten und damit verbundene Reichweiten auf Basis alternativer und meist noch in der Grundlagenforschung befindlicher Batteriechemien sind aus heutiger Sicht spekulativ. Fragen zum Beispiel der Lebensdauer, Sicherheit und Produzierbarkeit lassen den Einsatz derartiger Technologien in E-Fahrzeugen aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich erscheinen. Im stationären Bereich könnten jedoch Technologien wie Natrium-Ionen-Batterien eine Rolle spielen.“17 Der weltweit aktive Forschungscluster CELEST bearbeitet unter Beteiligung des Karlsruher-Instituts für Technologie (KIT), der Universität Ulm und des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff -Forschung Baden-Württemberg im Wesentlichen drei Forschungsfelder: Lithium-Ionen- Technologie, Energiespeicherung jenseits von Lithium sowie alternative Techniken zur elektrochemischen Energiespeicherung und -konversion. Die Forschungsinitiative „BATTERY 2030+“ soll die Aktivitäten des Clusters zur Batterieentwicklung durch eine Kombination von automatisierter Synthese, Charakterisierung und Materialmodellierung sowie Data-Mining-Techniken und KI in der Versuchsauswertung und -planung beschleunigen.18 Zentrales Ziel des geplanten Forschungsclusters ist es, ein fundamentales Verständnis der elektrochemischen Energiespeicherung in neuartigen Systemen zu erarbeiten, grundlegende Materialeigenschaften mit kritischen Leistungsparametern zu verbinden und so die Grundlagen für die praktische Nutzung von Post-Lithium-Technologien zu schaffen. Der Exzellenzcluster POLiS (Post-Lithium-Storage) als Teil von CELEST hat die Entwicklung neuer Speicher wie die Natriumbatterie und Magnesiumbatterie als Aufgabe und erforscht Kalzium , Aluminium und Chlorid als Ladungsträger und in der gemeinsam von KIT und Universität Ulm getragenen Initiative „Energy Storage Beyond Lithium“ arbeiten „Wissenschaftlerinnen und 17 Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) (2020). „Batterien für Elektroautos: Faktencheck und Handlungsbedarf, Wie entwickeln sich Batterien und welche Reichweiten sind zu erwarten?“, https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/cct/2020/Faktencheck-Batterien-fuer-E-Autos.pdf, Kapitel 7, Seite 17, siehe auch Kommentare [85, 86] Thielmann, A. et al. Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) (2017). Energiespeicher- Roadmap (Update 2017), „Hochenergie-Batterien 2030+ und Perspektiven zukünftiger Batterietechnologien“, https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/cct/lib/Energiespeicher-Roadmap-Dezember- 2017.pdf 18 Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe (CELEST) (2020). „Celeste“, https://www.celest .de/en/ Karlsruher Institut für Technologie (KIT) (2020). „Roadmap für die Batterieforschung in Europa“, https://www.kit.edu/kit/pi_2020_025_roadmap-fur-die-batterieforschung-in-europa.php Europäische Union (2020). „BATTERY 2030+“, https://battery2030.eu/ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 090/20 Seite 10 Wissenschaftler aus Elektrochemie, Materialwissenschaften, theoretischer Modellierung und Ingenieurwissenschaften in einem multidisziplinären Ansatz zusammen.“19 Im Gegensatz zu konventionellen Lithiumionenbatterien enthalten Feststoffbatterien anstelle des leicht brennbaren, flüssigen Elektrolyten, einen Festelektrolyten. Die Wissenschaftler erhoffen sich neben einer erhöhten Sicherheit auch eine verbesserte Energiedichte. Grundlagenforschern der Humboldt-Universität zu Berlin und der Justus-Liebig-Universität Gießen ist es gemeinsam mit dem Industriepartner BASF gelungen, die Vorgänge in einer Feststoffbatterie (mit Lithium als Minuspol und Kupfersulfid als Pluspol) genauer zu verstehen. Bis zu einer Produktion ist es nach Aussage der Autoren noch ein langer Weg. Die Wissenschaftler geben die Energiedichte mit 961 Wh/kg bzw. 2283 Wh/l (bezogen auf den Rauminhalt im geladenen Zustand) an.20 Es gibt eine Vielzahl aktueller Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die an der Optimierung bestehender Systeme und neuen Batteriesystemen arbeiten.21 *** 19 Karlsruher Institut für Technologie (KIT) (2020). „Post Lithium Storage“, https://www.postlithiumstorage .org/de/ 20 Aggunda L. et al (2020). „Macroscopic displacement reaction of copper sulfide in lithium solid-state batteries“, Advanced Energy Materials, 2020, 2002394, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/aenm.202002394 21 Bundesministerium für Bildung- und Forschung (BMBF) (2020). „Zukünftige Batteriesysteme“, https://batterie- 2020.de/projekte/forschungsfelder/zukuenftige-batteriesysteme/