WD 8 - 3000 - 087/18 (20.08.2018) © 2018 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Geschichte der Erwachsenenbildung Der Autor Wolfgang Seitter hebt in seiner Einleitung hervor, dass eine Geschichte der Erwachsenenbildung zu schreiben, ein schwieriges Unterfangen sei. Dies habe nicht nur mit den Schwierigkeiten bei der Eingrenzung und Bestimmung ihres Gegenstandes zu tun, sondern hänge auch mit dem vergleichsweise bescheidenen Stand erwachsenenpädagogischer Historiographie zusammen . „Historiographische Einführungen in die Erwachsenenbildung beginnen dem gemäß mit dem 18. Jahrhundert, sie sind epochengeschichtlich ausgerichtet und fragen in einer institutionenbezogenen Engführung danach, wie sich das Institutionengefüge der Erwachsenenbildung in den unterschiedlichen Epochen darstellt, welche bildungsprogrammatischen Entwürfe ihm zugrunde liegen und welche politischen, wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe für seine jeweils spezifische Ausprägung verantwortlich sind (…). Derartige epochenorientierte Überblicksdarstellungen setzen durch die Form ihrer Präsentation (…) auf Einheit, Geschlossenheit, Sicherheit und Ordnung. Sie bieten ein Gerüst und eine Orientierung für diejenigen, die sich informieren wollen, sie problematisieren ihren Zugriff auf Geschichte nicht und sie setzen einen Teil - nämlich Einrichtungen - als Ganzes der Erwachsenenbildung . Mit solchen Vereindeutigungen und Ausblendungen produzieren sie Sicherheiten nicht nur für die Wissenschaft, sondern gerade auch für die Bildungspraxis. (…) Diese Favorisierung von programmatischen Entwürfen und deren organisatorischer Umsetzung wird zudem von der Quellenlage unterstützt, da Programmatik und Organisation quellenmäßig wesentlich leichter zugänglich und identifizierbar sind als Rezeption und Verarbeitung. In Abgrenzung und als Kontrast zu einem derartigen Einführungstypus lässt sich ein zweiter - bislang noch kaum ausgearbeiteter - problemorientierter Typus skizzieren. Für einen solchen Typus ist es charakteristisch, Geschichte der Erwachsenenbildung nicht in einer epochenbezogenen Überblicksperspektive zu entwerfen, sondern sie in einer problembezogenen Perspektivenkombina- Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Literaturhinweis zur Geschichte der Erwachsenenbildung Kurzinformation Literaturhinweis zur Geschichte der Erwachsenenbildung Fachbereich WD 8 (Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 tion zu präsentieren - und zwar so, dass in zeitlich ausgreifenden Längsschnittanalysen der historische Verlaufscharakter der jeweiligen Perspektiven in den Blick kommt. Oder anders ausgedrückt : Bei einer problemorientierten Einführung geht es nicht um eine materialreich gesättigte Überblicksdarstellung, in der der Gegenstand als ein enzyklopädisch geordnetes und beschreibbares Feld erscheint. Vielmehr geht es um die Herausarbeitung und Zuspitzung von zentralen Problemstellungen, die mit je einer bestimmten Perspektive verbunden sind. (…) Insofern sind derartige Einführungen selbst Ausweis dafür, dass es nicht die Erwachsenenbildung oder die Geschichte der Erwachsenenbildung gibt, sondern nur unterschiedliche Sichtweisen und Perspektiven, die allerdings mehr oder weniger überzeugend begründet sein können. Die vorliegende Einführung versucht einen derartigen multiperspektivischen Blick auf die Geschichte der Erwachsenenbildung. Sie verfährt dabei selektiv, abkürzend und thesenhaft verdichtend , da nicht deskriptive Vollständigkeit, sondern problembezogene Perspektivität ihr analyseund darstellungsleitendes Prinzip ist. In den folgenden acht Kapiteln werden acht problembezogene Perspektiven vorgestellt, die zwar nicht beliebig gewählt sind, jedoch ohne Schwierigkeiten durch weitere Perspektiven ergänzt werden könn(t)en. Jeder dieser acht Perspektiven ist eine Prozesskategorie und eine These zugeordnet , um ihre jeweilige Perspektivität deutlich herauszuarbeiten. Bei den acht Perspektiven handelt es sich um - Erwachsenenbildung als Institution (Institutionalisierung), - Erwachsenenbildung als Beruf (Professionalisierung), - Erwachsenenbildung als Lernarrangement (Didaktisierung), - Erwachsenenbildung als Adressatenkonstruktion (Verzielgruppung), - Erwachsenenbildung als subjektive Aneignung (Biographisierung), - Erwachsenenbildung als internationaler Rezeptionsprozess (Internationalisierung), - Erwachsenenbildung als Wissenschaft (Verwissenschaftlichung), - Erwachsenenbildung als Begriffsgeschichte (Temporalisierung). Zur Bündelung des … historischen Materials werden in darstellungstechnischer Hinsicht aus einem Zeitraum von zweihundert Jahren, die die Geschichte der modernen Erwachsenenbildung ausmachen, drei zeitliche Phasen herausgegriffen, um in der konsekutiven Abhandlung dieser Phasen die These der jeweiligen Perspektive zu entfalten. Es sind drei Phasen, die bildungshistorisch formative Perioden darstellen und die auch die Erwachsenenbildungsgeschichte nachhaltig geprägt haben: Kurzinformation Literaturhinweis zur Geschichte der Erwachsenenbildung Fachbereich WD 8 (Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 - Die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert als Entstehungszeit moderner Volksaufklärung/ Volksbildung mit dem Problembezug der Herstellung allgemeiner, wissensgestützter Kommunikationsfähigkeit ; - Die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert als Zeit der definitiven Institutionalisierung und Verbandlichung der Volks-/ Erwachsenenbildung mit dem Problembezug der wohlfahrtsstaatlichen Integration durch aktive Teilhabe der Bevölkerung an Wissenschaft und Kunst; - Die Bildungsreform der 1960er und 1970er Jahre als Zeit der Modernisierung der Erwachsenen -/ Weiterbildung mit dem Problembezug des Ausbaus der Erwachsenenbildung zur quartären Säule des Bildungswesens und ihrer Begründung durch bildungsökonomische (Qualifikation ) und demokratietheoretische (Recht auf Bildung) Argumente.“1 2. Anlage Seitter, Wolfgang (2006). Geschichte der Erwachsenenbildung. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. https://www.die-bonn.de/doks/2007-bildungsreform-01.pdf *** 1 Vergleiche: Seitter, Wolfgang (2006). Geschichte der Erwachsenenbildung. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage . https://www.die-bonn.de/doks/2007-bildungsreform-01.pdf (Seite 11-14).