WD 8 - 3000 - 077/20 (8. Dezember 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Aufgrund der Umwelteinflüsse wie UV-Strahlung, Wind und Temperaturwechsel sind Rotorblätter von Windkraftanlagen anfällig für Erosion. Infolge dessen kann es zu Abnutzungen und Rissbildung kommen. Hierdurch verschlechtern sich die aerodynamischen Eigenschaften der Flügel. Aus diesem Grund müssen die Rotoren regelmäßig gewartet werden. Das Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) entwickelt daher ein Testverfahren, mittels dessen die Beständigkeit verschiedener Beschichtungsmethoden evaluiert werden kann.1 Das Institut betreibt einen Prüfstand zur Lebensdauerprüfung von Beschichtungssystemen für Rotorblätter. Eine bislang offene Frage ist, welcher Mechanismus im Detail zur Schädigung und zum Materialabtrag an Rotorblättern führt. Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie befindet sich derzeit zu dieser Fragestellung ein Forschungsprojekt verschiedener Projektpartner2 in seiner Endphase.3 Die Rotorblätter von Windkraftanlagen selbst bestehen aus einem Verbund aus Kunstharzen (Epoxid oder Polyesterharze) und Fasern (Glas- oder Carbonfasern).4 Beschichtungsmaterialien aus Folien und Lacken werden in verschiedenen Forschungsprojekten optimiert , um auf der einen Seite witterungsbedingte Erosionen zu minimieren, und auf der anderen gleichzeitig die aerodynamischen Eigenschaften zu optimieren.5 Ein spezifischer Aspekt der Erosion ist das Freisetzen von Mikroplastik an den Rotorblättern. Laut Auskunft des IWES sind ihnen bislang keine wissenschaftlichen Untersuchungen zu der 1 Siehe hierzu: https://www.windbranche.de/news/nachrichten/artikel-25242-fraunhofer-iwes-sagt-erosion-vonwindkraftanlagen -den-kampf-an und https://www.iwes.fraunhofer.de/de/presse_medien/archiv-2017/regenerosion -an-rotorblaettern-effektiv-vorbeugen.html. 2 Blade Care, DWT, Fraunhofer IWES (Koordinator) Fraunhofer IZFP, FreiLacke, Jadewind, Nordex, Ocean Breeze, Senvion. 3 https://www.iwes.fraunhofer.de/de/forschungsprojekte/aktuelle-projekte/beleb.html. 4 https://www.ict.fraunhofer.de/content/dam/ict/de/documents/medien/ue/UE_klw_Poster_Recycling _von_Windkraftanlagen.pdf. 5 Siehe hierzu beispielsweise: https://www.hbm.com/de/4802/windenergie-fraunhofer/. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zu einem Einzelaspekt der Erosion von Rotorblättern von Windrädern Kurzinformation Zu einem Einzelaspekt der Erosion von Rotorblättern von Windrädern Fachbereich WD 8 Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Frage bekannt, ob und in welchem Umfang Mikroplastik freigesetzt wird. Dass das Material, welches sich durch Erosion löse, in der Umwelt lande, ließe sich nicht bestreiten. Insbesondere bei Offshore-Anlagen würden die Blätter erst dann getauscht oder repariert, wenn es sich gar nicht mehr vermeiden ließe, d.h. der Erosionsschaden schon erheblich sei. Zu den genauen Mengen gebe es aber keine systematischen Untersuchungen. Als grobe Abschätzung geben die Wissenschaftler des IWES zu bedenken, dass ein Erosionsschaden grob vereinfacht den äußeren Teil eines Rotorblattes beträfe. Nehme man weiterhin zur Vereinfachung an, dass das Rotorblatt linear und nicht spitz zulaufe, komme man auf eine maximal betroffene Oberfläche von ca. 10 m2. Würde man nach vier Jahren die komplette Beschichtung im betroffenen Bereich erodiert vorfinden , ergebe sich ein maximaler Materialabtrag von 1.395 t/a für alle rund 31.000 Windkraftanlagen in Deutschland.6 Das sei als sehr grobe obere Abschätzung anzusehen,7 das heißt durch die vereinfachten Annahmen liegt der tatsächliche Wert mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich darunter . Im Vergleich dazu werden vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) jährliche Abriebwerte von Reifen mit 102.090 t/a und von Schuhsohlen mit 9.047 t/a angegeben.8 *** 6 Detaillierter wurden folgende Annahmen getroffen: In Deutschland werden mit Stand 2019 ca. 31.000 WEA betrieben . Grob vereinfacht betrifft der Erosionsschaden die äußeren 10 m eines Rotorblattes (in Abhängigkeit von der Blattlänge kann dies variieren). Die betroffene Oberfläche spitzt sich von der Rotornarbe bis zum Ende des Rotorblattes zu. Um einfacher rechnen zu können, wird angenommen, dass die betroffene Fläche eine Dreieck- Form hat (eigentlich ist das Rotorblatt in sich gebogen). Von Erosion betroffen ist nur die Vorderkannte des Rotorblatts , das heißt, dass nur eine Flächenseite der Dreieck-Form berechnet werden muss. Die geschätzte Profilbreite in 10 m Entfernung von der Sitze beträgt 2 m. Damit ergibt sich ein Dreieck mit einer Kantenlänge von 10 m und einer weiteren Kantenlänge von 2 m. Hieraus leitet sich eine maximal betroffene Oberfläche von ca. 10m2 ab. Die Beschichtungsdicke beträgt bis zu 5 mm. Sollten nach vier Jahren die komplette Beschichtung im betroffenen Bereich erodiert sein, ergibt sich (mit einer spezifischen Dichte von 1,2 t/m³) ein maximaler Materialabtrag von 1.395 t/a für alle deutschen WEA. (Persönliche Informationen aus dem IWES vom 2. Dezember 2020). 7 Persönliche Informationen aus dem IWES vom 2. Dezember 2020. 8 https://www.umsicht.fraunhofer.de/content/dam/umsicht/de/dokumente/publikationen/2018/kunststoffe-idumwelt -konsortialstudie-mikroplastik.pdf.