© 2019 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 076/19 Einzelfragen zu Mikroplastik in Kosmetika Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 076/19 Seite 2 Einzelfragen zu Mikroplastik in Kosmetika Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 076/19 Abschluss der Arbeit: 5. Juni 2019 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 076/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Zu Argumenten hinsichtlich eines Verbotes von Mikroplastik in Kosmetika 4 3. Zu Diskussion eines Verbots von Mikroplastik in Kosmetika 8 4. Anlagen 11 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 076/19 Seite 4 1. Einleitung In einem aktuellen Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages wird auf die Problematik der Definition von Mikroplastik eingegangen. Zudem werden Angaben zu Kunststoffemissionen in Form von Makroplastik und Mikroplastik in Deutschland gemacht (Anlage 1).1 2. Zu Argumenten hinsichtlich eines Verbotes von Mikroplastik in Kosmetika Im Juni vergangenen Jahres ist eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) publiziert worden2, in dem die Problematik des Verbleibs von Kunststoffen in der Umwelt betrachtet wurde. Laut dieser Studie hat „primäres Mikroplastik viele Quellen, die sich hinsichtlich der freigesetzten Mengen sehr unterscheiden. Für Deutschland schätzen wir die gesamte Kunststoffemission in Form primären Mikroplastiks auf 330.000 t/a3 bzw. 4.000 g/(cap4 a). Durch Befragungen wurden 74 potenziell relevante Quellen für primäres Mikroplastik ausgewählt, davon wurden von uns bislang 51 quantifiziert.“ Die Ergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Hieraus geht hervor, dass Emissionen aus dem Kosmetik- Sektor mit 19 g/(cap a) gegenüber anderen Emissionsquellen deutlich niedriger liegen. 1 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Einzelfragen zu Mikroplastik, Sachstand, WD 8 - 3000 - 023/19 vom 4. März 2019. 2 Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT: Kunststoffe in der Umwelt: Mikround Makroplastik; Studie, 21. Juni 2018; im Internet abrufbar unter: https://www.umsicht.fraunhofer.de/content /dam/umsicht/de/dokumente/publikationen/2018/kunststoffe-id-umwelt-konsortialstudie-mikroplastik.pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 3 Anmerkung Verf.: Anno (Jahr) 4 Anmerkung Verf.: Capita (pro Kopf) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 076/19 Seite 5 Quelle: Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT: Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik; Studie, 21. Juni 2018, Seite 10f. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 076/19 Seite 6 In einem Artikel der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ wird aus Anlass der Veröffentlichung der Fraunhofer-Studie der Streit um die Verwendung von Mikroplastik von unterschiedlichen Seiten beleuchtet.5 In Hinblick auf Kosmetika wird dort konstatiert: „Geringfügig ist allerdings auch die Bedeutung von Kosmetika, so sehr diese immer wieder als beliebtes Beispiel in den Medien herhalten. So emittiert laut Studie jeder Deutsche im Durchschnitt jährlich eine 65-fach größere Menge Mikroplastik durch den Abrieb von Reifen als durch die Verwendung von Produkten aus der Abteilung Haar-, Haut- und Gesichtspflege. […] Ganz aus dem Schneider ist die Kosmetikindustrie damit jedoch nur bedingt. Sie verweist auf die Wirksamkeit der vor fünf Jahren zwischen Umweltministerium und Herstellern ausgehandelten freiwilligen Selbstverpflichtung. Stolz präsentiert der Branchenverband IKW die Ergebnisse einer europaweiten Umfrage, wonach sich die Menge an „festen , nicht abbaubaren Kunststoffpartikeln, die in abzuspülenden kosmetischen Produkten aufgrund ihres Reinigungs- und Peelingeffekts eingesetzt werden“, bis 2017 um 97 Prozent reduziert habe. Doch steckt der Teufel in der Definition. Denn wo von festen Partikeln die Rede ist, ist Mikroplastik in Gel-, Wachs- und Flüssigform ausgeklammert. BUND und Greenpeace fordern seit jeher, sie einzubeziehen und auch in der Fraunhofer-Studie sind sie enthalten. Sonst hätte man sogenannte Viskositätsregler oder Film- und Gelbildner, wie sie in vielen Kosmetika zu finden sind, ausklammern müssen, sagt Mitautorin Hamann. Eine allgemeingültige Definition gebe es nicht. Deshalb sei auch in anderen Ländern nicht Mikroplastik in jeder Form verboten, sondern eben nur festes. Wer aber das Vorsorgeprinzip beherzige, müsse laut Fraunhofer-Studie alle Eintragsquellen von Mikroplastik reduzieren. Kosmetika seien als Produkte des täglichen Bedarfs nun mal ein Stellvertreter, der das Bewusstsein schärfe. Die Industrie hält dagegen: Mikropartikel seien zur Reinigung unverzichtbar, etwa bei starken Verschmutzungen im gewerblichen Bereich. Und ein effektiver Hitzeschutz beim Haarstyling oder eine gute Abdeckungswirkung bei Make-ups sei ohne Mikroplastik in Gel-, Wachs- und Flüssigform undenkbar. Der fehlende Nachweis über gesundheitliche Gefahren gibt den Herstellern Recht. Der anhaltende Konsum erst recht.“6 Auf die in einer Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN7 gestellte Frage zu „Mengen von Mikro- und Nanoplastik a) in Form fester Partikel und b) in Form gelartiger und löslicher synthetischer Polymere, welche Kosmetik- und Reinigungsprodukten beigefügt sind 5 Niklas Zaboji: Der Streit um Mikroplastik spitzt sich zu; faz.net vom 22. Juni 2018; im Internet abrufbar unter: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/der-streit-um-mikroplastik-spitzt-sich-zu-15654405.html [zuletzt abgerufen am 29. Mai 2019]. 6 Ebd. 7 Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bettina Hoffmann, Steffi Lemke, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/1966 – vom 3. Mai 2018. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 076/19 Seite 7 bzw. über solche Produkte in Verkehr gebracht werden“ antwortet die Bundesregierung am 4. Juni 20188 wie folgt: „Nach Aussagen des europäischen Dachverbands der Kosmetikindustrie wurde aufgrund einer entsprechenden Selbstverpflichtung mit Laufzeit bis zum Jahr 2020 die Menge an festen, nicht abbaubaren Mikrokunststoffpartikeln, die in abzuspülenden kosmetischen Produkten mit Reinigungs- und Peelingeffekt eingesetzt werden, bereits zwischen den Jahren 2012 und 2015 um 82 Prozent reduziert . Zahnpasten sind völlig frei von Mikrokunststoffpartikeln, bei Peelings wurden zwischenzeitlich ebenfalls bereits weitere deutliche Reduzierungen erreicht. Der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e. V. berichtete in seinem Nachhaltigkeitsbericht für die Jahre 2015 – 20169 über den Einsatz fester Kunststoffpartikel in Reinigungsmitteln im Jahr 2016 von unter fünf Tonnen. Der Bericht enthält auch Angaben zu den Einsatzmengen einiger nicht partikelförmiger Polymere in Wasch-, Pflege- und Reinigungsmitteln bis zum Jahr 2015. Darüber hinaus, insbesondere hinsichtlich der Verwendung gelartiger und löslicher synthetischer Polymere in Kosmetikprodukten, liegen der Bundesregierung keine Informationen vor“. In Hinblick auf die Gefährlichkeit von flüssigen und gelartigen Polymere, die typischerweise in der Kosmetikindustrie eingesetzt werden, bemerkt die Bundesregierung: „Für jedes wasserlösliche synthetische Polymer ist grundsätzlich eine eigene Risikobewertung vorzunehmen. Die für REACH zuständigen Bundesoberbehörden (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin , BfR und UBA) sind vom BMU um Prüfung gebeten, ob eine Umweltgefährdung durch entsprechende Stoffe anzunehmen ist. Der Bericht soll bis spätestens Ende September 2018 vorliegen. Ein erster Zwischenbericht ist für Ende Mai 2018 vorgesehen.“10 In einer Kleine Anfrage der Fraktion der AfD vom 12. Februar 201911 zum „Einfluss von Mikroplastik auf die Umwelt und lebende Organismen“ schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 28. Februar 2019 in Hinblick auf den Forschungsstand: „Alle relevanten Studien fließen in laufende Forschungsprojekte der Bundesregierung ein. Aufgrund der komplexen Fragestellungen, der unterschiedlichen methodischen Ansätze und den verschiedenen gesundheitlichen Endpunkten , die von Mikroplastik beeinflusst sein könnten, reichen vereinzelte Studien für eine 8 Antwort der Bundesregierung; Drucksache 19/2451 vom 4. Juni 2018. 9 Siehe hierzu: Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e. V.: Bericht Nachhaltigkeit in der Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittelbranche in Deutschland 2015 – 2016; 31. März 2017; im Internet abrufbar unter: www.ikw.org/fileadmin/ikw/downloads/Haushaltspflege/HP_Nachhaltigkeitsbericht__15_16.pdf [zuletzt abgerufen am 3. Juni 2019]. 10 Ebd. Anmerkung: der anvisierte Zwischenbericht konnte im Zeitraum der Erstellung der vorliegenden Arbeit nicht gefunden werden. 11 Kleine Anfrage der Abgeordneten Andreas Bleck, Marc Bernhard, Udo Theodor Hemmelgarn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/7678 – vom 12. Februar 2019. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 076/19 Seite 8 sachlich abgesicherte Bewertung nicht aus. Aus demselben Grund lässt sich auch die „angemessene Höhe“ der Forschungsgelder nicht benennen. Im Übrigen wird dazu auch international geforscht .“ 3. Zu Diskussion eines Verbots von Mikroplastik in Kosmetika Nachfolgend werden Ergebnisse einer Recherche im Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge (DIP) für den Zeitraum der 18. und 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages zu Mikroplastik in Kosmetika aufgelistet. Abgesehen von den zwei bereits im vorherigen Kapitel erwähnten Kleine Anfragen finden sich die folgenden Einträge: In einer schriftlichen Frage hat der Abgeordnete Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) die Frage gestellt: „Plant die Bundesregierung vergleichbare gesetzliche Regelungen zum vom US- Repräsentantenhaus beschlossenen Verbot von Mikroplastik-Beimischungen in Kosmetika zu beschließen (siehe www.congress.gov/bill/113th-congress/house-bill/1321/text), und wenn nein, welche alternativen Maßnahmen wird sie ergreifen, um die Einträge von Mikroplastik in die Umwelt in Deutschland wirksam zu verringern?“ (BT-Drucksache 18/718112). Auf diese hat der Parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold am 21. Dezember 2015 wie folgt geantwortet: „Hinsichtlich des Eintrags derartiger Partikel in die Meeresumwelt hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit im Oktober des Jahres 2013 den sogenannten Kosmetikdialog mit der Kosmetikindustrie über einen freiwilligen Ausstieg aus der Verwendung von Mikroplastik in kosmetischen Mitteln begonnen. Es besteht Einigkeit darüber, dass das gemeinsame Ziel ein freiwilliger Ausstieg aus der Verwendung von Mikrokunststoffpartikeln sein soll, dem auch seitens der Bundesregierung der Vorzug gegenüber rechtlichen Regelungen/Verboten gegeben wird. Erste Erfolge sind zu berichten. So sind Zahnpasten aktueller Produktion flächendeckend mikrokunststofffrei. Der Dialogprozess mit der Kosmetikindustrie wird weiter geführt. Weitergehende Maßnahmen, z. B. in Form produktbezogener Regelungen , wären aufgrund der weitgehenden EU-Harmonisierung produktrechtlicher Vorschriften vordringlich auf europäischer Ebene zu treffen. So hat die Europäische Kommission eine Studie zu potenziellen freiwilligen und rechtlich verbindlichen Regelungsszenarien in Auftrag gegeben, die seit September des Jahres 2015 im Entwurf vorliegt und derzeit finalisiert wird.“ (BT-Drucksache 18/7181). In einer schriftlichen Frage hat der Abgeordnete Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) die Frage gestellt: „Welche Ergebnisse bezüglich des Fortschritts beim Ausstieg aus der Verwendung von Mikroplastik in Kosmetika und Körperpflegeprodukten hat der Bericht von Cosmetics Europe ergeben, der in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/10740 für Ende Dezember 2016 angekündigt wurde, und wie bewertet die Bundesregierung die Wirksamkeit des freiwilligen Verzichts ?“ (BT-Drucksache 18/1136513) 12 Im Intranet verfügbar unter: http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/18/071/1807181.pdf [zuletzt abgerufen am 4. Juni 2019]. 13 Im Intranet verfügbar unter: http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/18/113/1811365.pdf [zuletzt abgerufen am 4. Juni 2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 076/19 Seite 9 Auf diese hat der Parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold am 2. März 2017 wie folgt geantwortet : „Nach Information von Cosmetics Europe, die auf Auskünften der europäischen Kosmetikhersteller basiert, hat sich die Menge an festen, nicht abbaubaren Kunststoffpartikeln aus Polyethylen (PE), die in abspülbaren kosmetischen Produkten mit dem Ziel von Reinigungs- und Peelingeffekt eingesetzt werden, sogenannte abrasiven-rinse-off-Produkten, zwischen den Jahren 2012 und 2015 von 4.360 t auf 700 t, d. h. um 3 660 t reduziert. Dies entspricht einem Anteil von 82 Prozent. Cosmetics Europe geht davon aus, dass angesichts dieser bereits erreichten deutlichen Reduzierung der Verwendung von nicht abbaubaren Kunststoffpartikeln in abrasiven-rinseoff -Produkten der Komplettausstieg bereits vor dem Jahr 2020, dem von Cosmetics Europe seinen Mitgliedsfirmen empfohlenen Ausstiegsdatum, erreicht sein wird. Anlässlich eines erneuten Kosmetikdialoges am 15. Februar 2017 wurde mit der deutschen Kosmetikindustrie vereinbart, in einem nächsten Schritt ergänzend auch die nicht abrasiven, also alle weiteren rinse-off-Produkte und andere Kunststoffe, die in weitaus geringerem Maße als PE eingesetzt werden, zu adressieren . Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der deutsche Kosmetikdialog sich vereinbarungsgemäß auf Mikroplastik im Sinne fester Kunststoffpartikel bezieht. Die Bundesregierung bewertet diese Ergebnisse als wesentlichen Erfolg der Freiwilligkeit der getroffenen Vereinbarungen. Dabei sieht sie die Entwicklungen auf europäischer Ebene in engem Zusammenhang mit dem deutschen Kosmetikdialog . Nationale Verabredungen mit der Kosmetikindustrie konnten unter Einbeziehung der Arbeiten der OSPAR Kommission, die von Deutschland ebenfalls sehr engagiert vorangetrieben werden, erfolgreich auf die Ebene des europäischen Verbandes gehoben und dort weiterentwickelt werden." In einer schriftlichen Frage hat der Abgeordnete Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) die Frage gestellt: „Über welche Eigenschaften in der (Meeres-)Umwelt verfügen in Kosmetika verwendete synthetische Polymere wie z. B. Polyethylen, Nylon, Polyalkylenglykole, Polytetraflourethylen (PTFE), Polyquaternium- Verbindungen und Silikone nach Kenntnis der Bundesregierung , und plant die Bundesregierung, den Kosmetikdialog zum Ausstieg aus der Verwendung von Mikroplastik auch auf flüssige, wachs- und gelartige Formen von Mikroplastik auszuweiten ?“ (BT-Drucksache 18/1304414) Auf diese hat der Parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold am 27. Juni 2017 wie folgt geantwortet : „Bezüglich der umweltrelevanten Stoffeigenschaften der genannten Stoffe und Stoffgruppen liegen der Bundesregierung wenig belastbare Informationen vor. Der Grund hierfür ist, dass umweltrelevante Stoffeigenschaften von Inhalten von kosmetischen Produkten im Rahmen der REACH-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1907/2006) bewertet werden, Polymere dort aber generell von der Registrierungspflicht ausgenommen sind. Bei den in der Anfrage genannten Stoffgruppen Polyethylen, Nylon, Polyalkylenglykole sowie bei PTFE existieren auch keine harmonisierten Einstufungen nach der CLP-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008) hinsichtlich gefährlicher Eigenschaften. Gemeinhin gelten sie nach Kenntnissen der Bundesregierung vielmehr als weitgehend inert und daher (öko-)toxikologisch unbedenklich. Der Bundesregierung ist bekannt, dass zumindest ein Vertreter der Stoffgruppe der Polyquarternium-Verbindungen (Polyquarternium-16) laut dem Sicherheitsdatenblatt eines Herstellers die Kriterien für die Einstufung als akut und chronisch ökotoxisch erfüllt. Ob eine Regulierung der Verwendung in Kosmetika notwendig ist, kann anhand dieser Information allein aber nicht bewertet werden; darüber 14 Im Intranet verfügbar unter: http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/18/130/1813044.pdf [zuletzt abgerufen am 4. Juni 2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 076/19 Seite 10 hinausgehende Prüfungen sind noch nicht abgeschlossen. Eine Untergruppe der Silikone, die ringförmigen Siloxanverbindungen, werden bereits durch die REACH-Verordnung reguliert: Die beiden relevanten Vertreter dieser Stoffgruppe sind D4 (Octamethylcyclotetrasiloxan) und D5 (Decamethylcyclopentasiloxan). Bei diesen Stoffen wurden besonders besorgniserregende Eigenschaften identifiziert (bei D4 persistent, bioakkumulierend und toxisch bzw. bei D5 sehr persistent und sehr bioakkumulierend). Daher wurde eine Beschränkung der Verwendung von D4 und D5 in abwaschbaren Kosmetikprodukten am 10. Mai dieses Jahres auf EU-Ebene beschlossen. Mit einer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt ist etwa im Herbst 2017 zu rechnen. Nach Inkrafttreten dieser Regelung (zwei Jahre nach Veröffentlichung) dürfen diese Substanzen nicht mehr in Kosmetikprodukten verwendet werden. Zu Wirkungen der bezeichneten Stoffe im Meer hat die Bundesregierung keine Erkenntnisse. Auch ist der Bundesregierung keine wissenschaftliche Veröffentlichung zur Wirkung flüssiger Kunststoffe in der Meeresumwelt bekannt. Der Nachweis dieser Stoffe in der Meeresumwelt könnte im Übrigen schwierig werden, da sie gegebenenfalls in den Kläranlagen zurückgehalten werden. Der Kosmetikdialog, der unter der Überschrift der Vermeidung der Vermüllung der Meere gegründet wurde, ist nicht das geeignete Gremium zur Bearbeitung der genannten Stoffe. Eine Befassung des Kosmetikdialoges mit diesen Stoffen ist daher nicht vorgesehen. Vor Mandatierung eines Gremiums mit diesem Thema bedarf es in jedem Falle zunächst der Klärung der Frage, ob es eine Relevanz dieser Stoffe für die Meeresumwelt gibt.“ (BT-Drucksache 18/13044) Am 18.1.2017 wurde von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein Antrag „Umweltverschmutzung durch Mikroplastikfreisetzung aus Kosmetika und Waschmitteln beenden“ zur Vorlage eines Gesetzentwurfs zur „unverzüglichen Verbannung von Mikroplastik (synthetische Polymere ) aus Kosmetika, Körperpflege-, Reinigungs- und Waschmitteln, Einsatz für Ausweitung des Arbeitsprogramms der Ökodesign-Richtlinie über die Energieeffizienz hinaus auf europäischer Ebene zur Vermeidung der Mikroplastikfreisetzung, Prüfung der Aufnahme von Mikroplastik in die Abwasserverordnung als Voraussetzung zur Erfüllung der Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie“ gestellt. Dieser wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt (BT-Drucksache 18/1300415). Am 6.3.2018 wurde ein Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur „Vorlage eines Gesetzentwurfs nach dem Vorbild Schwedens zum Verbot von Mikroplastik in allen Kosmetika und Körperpflegeprodukten aufgrund der Umweltbelastung der Meere sowie Einsatz für ein vollständiges zeitnahes Verbot innerhalb der EU“ eingereicht. Der Antrag wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen AfD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt (BT-Drucksache 19/479316). 15 Im Intranet verfügbar unter: http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/18/130/1813004.pdf [zuletzt abgerufen am 4. Juni 2019]. 16 Im Intranet verfügbar unter: http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/19/047/1904793.pdf [zuletzt abgerufen am 4. Juni 2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 076/19 Seite 11 Auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMU) sind Informationen zu Mikroplastik abrufbar.17 Zum Verzicht von Mikroplastik in Kosmetika schreibt das BMU: „Das BMUB führt ausgehend von einer am Rande der Berliner "Internationalen Konferenz zur Verhinderung von Meeresmüll in europäischen Meeren" angekündigten Initiative seit Ende Oktober 2013 Gespräche mit den Herstellerfirmen und deren Verbänden über eine zeitnahe Umsetzung des angekündigten Ausstiegs. Einem solchen freiwilligen, nicht allein auf Deutschland beschränkten Ausstieg der Kosmetikindustrie räumt die Bundesregierung den Vorzug gegenüber einem in der Wirkung begrenzten nationalen Vorgehen ein. Ziel der Bundesregierung ist dabei, sowohl das Problem des Primäreintrags von Mikrokunststoffpartikeln (aus kosmetischen Mitteln) als auch des insbesondere durch Kunststoffabfälle (zum Beispiel Plastiktüten /-flaschen, Umverpackungen) verursachten Sekundäreintrags in die Meeresumwelt (Zersetzung des Kunststoffabfalls in Mikropartikel zum Beispiel durch Witterungseinwirkungen und Salzwasser) europaweit einheitlich zu lösen.“18 *** 4. Anlagen Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Einzelfragen zu Mikroplastik, Sachstand, WD 8 - 3000 - 023/19 vom 4. März 2019. Anlage 1 17 Quelle: https://www.bmu.de/suche/?id=1892&no_cache=1&L=0&q=mikroplastik [zuletzt abgerufen am 3. Juni 2019]. 18 Ebd.