© 2019 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 074/19 1 Zu finanziellen Einbußen durch Nichteinhaltung von klima- und umweltbezogenen Verpflichtungen Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 074/19 Seite 2 Zu finanziellen Einbußen bei Nichteinhaltung von klima- und umweltbezogener Verpflichtungen Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 074/19 Abschluss der Arbeit: 28.06.2019 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 074/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Klimaschutzziele und Verpflichtungen 4 3. Finanzielle Auswirkungen 4 3.1. Kyoto-Protokoll und Pariser Klimaschutzübereinkommen 4 3.2. Verfehlung von EU-Emissionsvorgaben 4 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 074/19 Seite 4 1. Einleitung Deutschland hat sich in verschiedenen Kontexten verpflichtet, Emissionen zu reduzieren. Die folgende Dokumentation gibt einen kurzen und nicht abschließenden Überblick über die festgesetzten Klimaschutzziele Deutschlands und geht dabei auf die Frage ein, inwiefern aus den abgeschlossenen Verpflichtungen finanzielle Auswirkungen erwachsen können. 2. Klimaschutzziele und Verpflichtungen Eine detaillierte Zusammenfassung über die eingegangenen Verpflichtungen und Klimaschutzziele auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene ergibt sich aus einer bereits erstellten Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages (Anlage 1) 1. 3. Finanzielle Auswirkungen Seitens des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) wurde hinsichtlich der finanziellen Risiken für den Bundeshaushalt auf eine Kleine Anfrage der der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema „Finanzielle Risiken für den Bundeshaushalt durch Zukauf von Emissionszertifikaten im Rahmen der EU-Lastenteilung“2 verwiesen. 3.1. Kyoto-Protokoll und Pariser Klimaschutzübereinkommen Für die Frage, ob sich aus den internationalen Klimaschutzabkommen Sanktionsmöglichkeiten ergeben können, wird auf die Anlage 23 verwiesen, in der die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages eine Kurzinformation bezüglich der Thematik erarbeitet haben. Entsprechend der Ausführungen ergeben sich für das Kyoto-Protokoll als auch für das Pariser Klimaschutzübereinkommen keine finanziellen Sanktionsmechanismen. 3.2. Verfehlung von EU-Emissionsvorgaben Sollte Deutschland das Klimaziel 2020 auf europäischer Ebene mit den Emissionsminderungen in den verschiedenen Bereichen nicht erreichen, müssen unter Umständen Zertifikate von anderen EU-Staaten dazu gekauft werden. In Bezug auf die möglichen Kosten durch eine Zielverfehlung bzw. Nichterreichung des Minderungsanteils am europäischen Klimaschutzziel führt die Bundesregierung aus: 1 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: WD 8, 009/18, 18.01.2018, Aktuelle Klimaschutzziele auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene, Nominale Ziele und Rechtsgrundlagen. 2 Antwort der Bundesregierung vom 24.04.2019 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lisa Badum, Sven- Christian Kindler, Dr. Julia Verlinden, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Finanzielle Risiken für den Bundeshaushalt durch Zukauf von Emissionszertifikaten im Rahmen der EU-Lastenteilung , BT-Drs. 19/9683 (Vorabfassung) http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/096/1909683.pdf (zuletzt aufgerufen am 26.06.2019). 3 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: WD 7, 172/18, 20.07.2018, Sanktionsmöglichkeiten bei Klimaschutzabkommen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 074/19 Seite 5 „Es ist derzeit unklar, ob Deutschland ESD4-Emissionszuteilungen von anderen Mitgliedstaaten verwenden wird. Sollten die Überschüsse in der ESD aus früheren Jahren ausreichen , um die erwartete Lücke zu schließen, werden keine Kosten entstehen. Der Projektionsbericht vom Mai 2017 geht davon aus, dass die Überschüsse knapp ausreichen (ein kumulierter Überschuss von 9,5 bis 37,8 Millionen t CO2 Äq, siehe oben). Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die tatsächliche Emissionsentwicklung vom Projektionsbericht 2017 abweicht (siehe Antwort zu Frage 2). Ob hieraus folgt, dass die „angesparten “ Überschüsse möglicherweise nicht ausreichen werden, bleibt den endgültigen Berechnungen vorbehalten. Dabei ist grundsätzlich zu bedenken, dass die Erfassung und Überprüfung der Emissionsdaten sowie der Abgleich mit den jährlichen ESD-Zuteilungen ungefähr zwei Jahre in Anspruch nimmt.“5 In den nicht vom EU-Emissionshandel erfassten Sektoren sind 30 Prozent Emissionsminderungen bis 2030 gegenüber 2005 verpflichtend. Deutschland ist dabei zu nationalen Minderungszielen von 14 Prozent bis 2020 und 38 Prozent bis 2030 verpflichtet. Die Verfehlung der CO2-Einsparziele in den Bereichen Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft könnte Deutschland nach den Berechnungen von Experten des Öko-Instituts6 5 bis 30 Milliarden Euro kosten, während Agora Energiewende7 sogar von einem Kostenrisiko von 30 bis 60 Milliarden Euro bis 2030 ausgeht.8 Die Bundesregierung wurde in einer Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP danach gefragt, ob sie die Schätzung des Öko-Instituts über den Haushaltsaufwand für den Erwerb überschüssiger Emissionsminderungen von anderen Mitgliedstaaten für den Zeitraum 2013 bis 2020 teilen würde: 4 Effort-Sharing-Decision. 5 Antwort der Bundesregierung vom 26.02.2018 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lisa Badum, Annalena Baerbock, Ingrid Nestle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 19/923, S. 4 f. abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/009/1900923.pdf (zuletzt aufgerufen am 26.06.2019). 6 Öko-Institut e.V., Kurzstudie, Abschätzung des erforderlichen Zukaufs an Annual Emission Allowances bis 2030 abrufbar unter: https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Abschaetzung-des-Zukaufs-von-AEA-bis-2030.pdf (zuletzt aufgerufen am 26.06.2019). 7 Agora Energiewende, Das Klimaschutzziel von -40 Prozent bis 2020: Wo landen wir ohne weitere Maßnahmen? abrufbar unter: https://www.agora-energiewende.de/fileadmin2/Projekte/2015/Kohlekonsens/Agora_Analyse _Klimaschutzziel_2020_07092016.pdf (zuletzt aufgerufen am 26.06.2019). 8 So auch New Climate Institute, 06.03.2019, Was kostet ein Verfehlen des 2030-Klimaziels im Verkehrssektor, abrufbar unter: https://newclimate.org/2019/03/06/was-kostet-ein-verfehlen-des-2030-klimaziels-im-verkehrssektor / (zuletzt aufgerufen am 26.06.2019). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 074/19 Seite 6 „Die EU-Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, die Kosten für Transfers von jährlichen Emissionszuweisungen zu veröffentlichen. Daher sind die Preise für Emissionszuweisungen unter der Lastenteilungsentscheidung nicht bekannt. Ferner lässt sich die genaue Höhe des Defizits über den gesamten Zeitraum 2013 bis 2020 für Deutschland derzeit nicht belastbar abschätzen. Daher kann über den möglichen Haushaltsaufwand nur spekuliert werden . An diesen Spekulationen beteiligt sich die Bundesregierung nicht.“9 Ebenso heißt es erst kürzlich: „Die Bundesregierung macht sich die genannten Einschätzungen nicht zu Eigen. Die Bundesregierung stützt ihre Einschätzungen auf den Projektionsbericht der Bundesregierung. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Emissionen in den Sektoren außerhalb des Emissionshandels vergleichsweise starken Schwankungen unterliegen, zum Beispiel aufgrund der Witterung oder der Konjunkturentwicklung. Daher unterliegen alle Vorhersagen zur Emissionsentwicklung in diesen Sektoren hohen Unsicherheiten“10 Weiter heißt es in einer schriftlichen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in der darauf eingegangen wird, mit welchen EU-Mitgliedstaaten die Bundesregierung mittlerweile Gespräche bezüglich eines möglichen Zukaufs von Zertifikaten im Rahmen der Einhaltung der EU- Klimaziele außerhalb des europäischen Emissionshandels führt: „Die Bundesregierung hat noch keine Entscheidung bzgl. des Zukaufs von Emissionszuweisungen im Rahmen der Lastenteilungsentscheidung (EU-Effort-Sharing-Decision) getroffen . Die geschätzten Emissionsbudgetüberschreitungen Deutschlands in den Sektoren der Lastenteilungsentscheidung werden die geschätzten überschüssigen Emissionszuweisungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten nach Daten der European Environment Agency aller Voraussicht nach nicht übersteigen, da bis zum Jahr 2020 mit starken Überschüssen an Emissionszuweisungen gerechnet wird (vgl. European Environment Agency 2018: Trends and projections in Europe 2018. Tracking progress towards Europe’s climate and energy targets. EEA Report No 16/2018, Tabelle A1.5). Ein möglicher Zukaufbedarf von Emissionszuweisungen im Rahmen der EU-Klimaschutzverordnung (Effort-Sharing-Regulation) im Zeitraum der Jahre von 2021 bis 2030 lässt sich derzeit nicht bestimmen. Die Nachfrage- und Angebotssituation in der Europäischen 9 Antwort der Bundesregierung vom 27.09.2018 auf die Kleine Anfrage Dr. Lukas Köhler, Frank Sitta, Grigorius Aggelidis, weiterer Abgeordneter, und der Fraktion der FDP, Klimaschutzziele Deutschlands im Lichte des EU- Effort-Sharing, BT-Drs. 19/4659, S. 2 abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/046/1904659.pdf (zuletzt aufgerufen am 26.06.2019). 10 Antwort der Bundesregierung vom 24.04.2019 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lisa Badum, Sven- Christian Kindler, Dr. Julia Verlinden, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Finanzielle Risiken für den Bundeshaushalt durch Zukauf von Emissionszertifikaten im Rahmen der EU-Lastenteilung , BT-Drs. 19/9683, S. 2 (Vorabfassung) http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/096/1909683.pdf (zuletzt aufgerufen am 26.06.2019). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 074/19 Seite 7 Union wird wesentlich von den Klimapolitiken der EU-Mitgliedstaaten abhängen. Anzumerken ist, dass es in der EU-Klimaschutzverordnung nicht mehr die Möglichkeit gibt, mit internationalen Zertifikaten ein Defizit zu kompensieren.“11 So bemerkt die Bundesregierung in einer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Auf Arbeitsebene gibt es regelmäßig Austausch mit anderen EU-Mitgliedstaaten zur Nutzung von Flexibilitäten im Rahmen der Lastenverordnung. Es wurden noch keine Absprachen bezüglich des Zukaufs von Emissionszuweisungen getroffen.“12 *** 11 Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 11. März 2019 eingegangenen Antworten der Bundesregierung, S. 129 f. abrufbar unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/084/1908434.pdf (zuletzt aufgerufen am 26.06.2019). 12 Antwort der Bundesregierung vom 29.11.2018 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Annalena Baerbock, Lisa Badum, Sven-Christian Kindler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT- Drs. 19/6176, S.3 abrufbar unter: https://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/061/1906176.pdf (zuletzt aufgerufen am 26.06.2019).