© 2019 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 072/19 Einzelaspekte des Klimawandels Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 2 Einzelaspekte des Klimawandels Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 072/19 Abschluss der Arbeit: 29. Mai 2019 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Zum anthropogenen Anteil am Klimawandel 4 1.1. Zum wissenschaftlichen Diskurs einzelner Aspekte des Klimawandels 4 1.2. Anthropogener Treibhauseffekt und Klimaänderungen 4 2. Zu ausgewählten Einfluss-Faktoren 5 2.1. Sonnenaktivität 5 2.2. Vulkanische Aktivität 6 2.3. Ozonloch 8 2.4. CO2-Emissionen 8 3. Zu positiven Auswirkungen des Klimawandels 9 4. Zu Empfehlungen aus der Wissenschaft zu Folgen der Klimaveränderungen 12 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 4 1. Zum anthropogenen Anteil am Klimawandel Die Diskussion um den menschlichen Beitrag (anthropogener Anteil) zur globalen Klimaerwärmung wird in der allgemeinen Öffentlichkeit seit Jahren kontrovers geführt. Insbesondere nach Erscheinen des aktuellen Sachstandsberichts des Weltklimarates 2014 (Fünfter Sachstandsbericht des Weltklimarats1) wurden die Ergebnisse in der Öffentlichkeit debattiert und unter anderem auch das Ausmaß des menschlichen Anteils am Klimawandel angezweifelt. Nach Maßgabe der in der Wissenschaft üblichen und erprobten peer-reviewed Veröffentlichungen halten eine eindeutige Mehrheit der Wissenschaftler die menschlichen Treibhausgas-Emissionen von Kohlendioxid (CO2) für den ausschlaggebenden Faktor für die globale Erwärmung (anthropogener Klimawandel ). Allerdings erscheint es zuweilen in der Öffentlichkeit, als sei man sich in der Wissenschaft nicht mehrheitlich einig über den anthropogenen Faktor des Klimawandels.2 In Hinblick auf Fakten zum menschlichen Anteil am Klimawandel sind in den vergangenen zwei Jahren zwei Arbeiten der wissenschaftlichen Dienste erschienen, die nachfolgend benannt werden : 1.1. Zum wissenschaftlichen Diskurs einzelner Aspekte des Klimawandels In der Dokumentation „Zum wissenschaftlichen Diskurs einzelner Aspekte des Klimawandels“ (WD 8 – 3000 - 067-18)3 wird zunächst auf eine Auswahl von peer-reviewed Studien eingegangen , in denen der Konsens unter Wissenschaftlern zum anthropogenen Klimawandel aus unterschiedlicher Sicht beleuchtet wird. Anschließend werden zwei peer-reviewed Publikationen und ihr Diskurs aufgeführt, die den anthropogenen Anteil am Klimawandel in dem Ausmaß, wie es der Weltklimarat in seinem fünften Sachstandsbericht darstellt, kritisieren. (Anlage 1) 1.2. Anthropogener Treibhauseffekt und Klimaänderungen In einer Ausarbeitung zum Thema „Anthropogener Treibhauseffekt und Klimaänderungen: Darstellung des gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes“ (WD 8 - 3000 - 028/17)4 werden Publikationen des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC), aber auch verschiedener Behörden und Forschungsinstitutio- 1 Der fünfte Sachstandsbericht ist auf den Internetseiten des Weltklimarates abrufbar. Zudem sind verschiedenes Begleitmaterial und Hintergrundinformationen hinterlegt: https://www.ipcc.ch/assessment-report/ar5/ [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 2 Die Auseinandersetzung mit dieser Diskrepanz ist mitunter Gegenstand einer Arbeit der wissenschaftlichen Dienste des vergangenen Jahres: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Zum wissenschaftlichen Diskurs einzelner Aspekte des Klimawandels, WD 8 – 3000 – 067/2018, im Internet abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/568324/12e8c64d9738bab5db8956c16a8f174a/WD-8-067-18-pdfdata .pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 3 Ebd. 4 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Anthropogener Treibhauseffekt und Klimaänderungen Darstellung des gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes, WD 8 - 3000 - 028/17, im Internet abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/531134/6f730f684478a5be392a914110e05489/wd-8-028-17- pdf-data.pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 5 nen zum Thema des anthropogenen Anteils am Klimawandel zusammengetragen. In einem gesonderten Kapitel wird auf im fünften Sachstandsbericht des IPCC angeführten Ursachen eingegangen , um Klimaänderungen zu erklären. (Anlage 2) 2. Zu ausgewählten Einfluss-Faktoren Klimaänderungen können durch äußere Antriebe wie Modulationen der Sonnenzyklen und Vulkanausbrüche auftreten. Zudem wird die Wechselwirkung zwischen Ozonloch und dem Fortschreiten des Klimawandels debattiert. Im Folgenden wird eine Auswahl wissenschaftlicher Artikel vorgestellt, die sich diesem Themenkomplex widmen. 2.1. Sonnenaktivität Unumstritten ist, dass die Sonne einen Einfluss auf das Erdklima hat. Mit Schwankungen ihrer Aktivität, aber auch mit Unregelmäßigkeiten der Erdumlaufbahn lassen sich über lange Phasen der Erdgeschichte Temperaturphänomene erklären. Diskutiert wird immer wieder, inwieweit Sonneneinstrahlung die derzeit zu beobachtende Klimaänderungen erklären könnten. Das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung hat bereits 2009 ein allgemeinverständliches Informationspapier veröffentlicht unter dem Titel „Der Einfluss der Sonne auf das Erdklima “5. Es gilt als erwiesen, dass über längere erdgeschichtliche Zeiträume hinweg das Klimageschehen durch die Sonne beeinflusst wurde. Allerdings sind dessen genaues Ausmaß und die Wirkungsmechanismen selbst noch unklar. In Hinblick auf die derzeit zu beobachtende globale Erwärmung (vergangene 100 Jahre) gibt es ebenfalls einen gewissen Beitrag der Sonne, dieser trete allerdings spätestens seit etwa 1980 durch den verstärkten Treibhauseffekt (durch die Zunahme von Kohlendioxid in der Atmosphäre) in den Hintergrund. Wissenschaftler des Physikalisch-Meteorologischen Observatoriums Davos (PMOD), der EA- WAG6, der ETH Zürich und der Universität Bern haben 2017 eine auf Modellrechnungen basierende Studie durchgeführt, in der “erstmals eine plausible Möglichkeit auf[gezeigt wurde], wie Schwankungen der Sonnenaktivität einen spürbaren Effekt auf das Klima haben. Gemäß den vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Arbeiten könnte sich die menschgemachte Erderwärmung in den nächsten Jahrzehnten leicht verlangsamen.“ Allerdings kann diese „Abkühlung den menschgemachten Anstieg der Temperatur keineswegs kompensieren“. In einer Pressemitteilung heißt es weiterhin: „Wie genau sich die Sonne in den nächsten Jahren verhalten wird, bleibt allerdings Spekulation: entsprechende Datenreihen gibt es erst seit ein paar Jahrzehnten und über 5 Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung: Der Einfluss der Sonne auf das Erdklima, Forschungsinfo 2/2009; im Internet abrufbar unter: https://www.mps.mpg.de/442697/19Der-Einfluss-der-Sonne-auf-das-Erdklima .pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 6 Schweizer Forschungsanstalt des ETH-Bereichs: https://www.eawag.ch/ [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 6 diese Zeitspanne weisen sie keine Schwankungen auf. `Insofern bleiben auch unsere neuen Ergebnisse noch eine Hypothese´, sagt Schmutz7: `Den nächsten Zyklus vorauszusagen fällt den Solarphysikern nach wie vor schwer.´“ Für die Erstellung des Fünften Sachstandsberichts des Weltklimarates hat sich die IPCC Working Group I (WGI) mit der Problematik „Anthropogenic and Natural Radiative Forcing“ und insbesondere „Natural Radiative Forcing Changes: Solar and Volcanic“ beschäftigt.8 Die Erstellung eines aktualisierten Berichtes der WGI für den Sechsten Sachstandsbericht läuft derzeit; eine Veröffentlichung ist für April 2021 geplant.9 In dem genannten Kapitel für die Erstellung des Fünften Sachstandsberichtes werden sowohl solare als auch vulkanische Einflüsse als die beiden dominanten natürlichen Mitwirkenden am Klimawandel seit der vorindustriellen Zeit als physikalische Größen basierend auf einer Vielzahl wissenschaftlicher Arbeiten ausgewertet. Die Autoren schließen das Kapitel des Einflusses der Solaraktivität mit: Dennoch besteht selbst bei einem derartigen Rückgang der Sonnenaktivität große wissenschaftlicher Sicherheit, dass die TSI-RF-Variationen 10 viel kleiner ausfallen werden als der prognostizierte erhöhte Einfluss aufgrund von Treibhausgasen.11 2.2. Vulkanische Aktivität Auch Vulkaneruptionen hatten einen starken Einfluss auf das Klima. Infolge einer Eruption kann ausgeworfene Masse bis in die Stratosphäre (zwischen 10 und 50 km Höhe) oder sogar in die darüber liegende Mesosphäre gelangen. Klimatisch bedeutsam sind dabei die Sulfatpartikel, die sich im Verlauf einiger Monate aus den schwefelhaltigen Vulkan-Gasen bilden. Durch die daraus resultierende Streuung der Sonnenstrahlen kommt es zu einem abkühlenden Effekt. Hierzu gibt es in jüngster Vergangenheit einige Beispiele (z.B. Ausbruch des Pinatubo 1991 auf den Philippinen ). Die Abkühlung dauert beim Ausbruch einzelner Vulkane allerdings nur wenige Jahre. Auf der anderen Seite emittieren Vulkane CO2. In einer anhaltende Debatte wird über den Einfluss von durch Vulkanen emittierten CO2 gegenüber anthropogenen CO2 diskutiert. Vulkane stoßen Kohlendioxid auf zwei Arten aus: bei Ausbrüchen und durch unterirdisches Magma. Kohlendioxid aus unterirdischem Magma wird durch Lüftungsschlitze, poröse Felsen und Böden und 7 Projektleiter Werner Schmutz vom PMOD. 8 IPCC, 2013: Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change; abrufbar im Internet unter: http://www.climatechange 2013.org/images/uploads/WGIAR5_WGI-12Doc2b_FinalDraft_Chapter08.pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 9 Abrufbar im Internet unter: https://www.ipcc.ch/report/sixth-assessment-report-working-group-i/ [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 10 TS IR: total solar irradiance (TSI) Radiative Forcing (RF). 11 Übersetzung durch die Autorin der Arbeit; Originalzitat: „Nevertheless, even if there is such decrease in the solar activity, there is a high confidence that the TSI RF variations will be much smaller in magnitude than the projected increased forcing due to GHG“ (Kapitel 8 in: IPCC, 2013: Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 7 Wasser freigesetzt, das vulkanische Seen und heiße Quellen versorgt. Bei Schätzungen der globalen Kohlendioxidemissionen von Vulkanen müssen sowohl ausgebrochene als auch nicht ausgebrochene Quellen berücksichtigt werden.12 In einem Peer-Review-Papier aus dem Jahr 2011 fasst Terry Gerlach fünf frühere Schätzungen der globalen vulkanischen Kohlendioxid-Emissionsraten zusammen, die zwischen 1991 und 1998 veröffentlicht wurden. Diese Schätzungen umfassen Studien, die bis in die 1970er Jahre zurückreichen , sie basieren auf einer Vielzahl von Messungen, wie z.B. direkte Probenahme und Satellitenfernerkundung . Die globalen Schätzungen liegen in einem Bereich von etwa 0,3 ± 0,15 Milliarden Tonnen Kohlendioxid pro Jahr, was bedeutet, dass die Kohlendioxidemissionen des Menschen mehr als 90-mal höher waren als die globalen vulkanischen Kohlendioxidemissionen.13 Im Jahr 2013 veröffentlichte eine weitere Gruppe von Wissenschaftlern eine aktualisierte Schätzung , die mehr Daten über die Kohlendioxidemissionen aus unterirdischem Magma verwendet, die in den Jahren seit der letzten globalen Schätzung verfügbar geworden waren. Die Autoren räumten zwar eine große Bandbreite an Variabilität der Schätzungen ein, kamen aber zu dem Schluss, dass die beste Gesamtschätzung etwa 0,6 Milliarden Tonnen Kohlendioxid pro Jahr betrug .14 Obwohl dies höher ist als die Schätzung aus dem Jahr 2011, bedeutet sie immer noch nur einen wesentlich kleinerer Anteil des Kohlendioxidausstoßes durch menschliche Aktivitäten, so die Studie. Im bereits erwähnten Papier der IPCC Working Group I (WGI) für die Erstellung des Fünften Sachstandsberichts des Weltklimarates wird in Kapitel 8.4.2 auf den Einfluss von Vulkanen auf den Klimawandel eingegangen.15 Hierin konstatieren die Autoren: Wir erwarten große Ausbrüche im Laufe des nächsten Jahrhunderts, können aber nicht vorhersagen wann. […] Im Zeitraum 1250-1300 n. Chr. gab es die weltweit klimaschädlichsten Ausbrüche der letzten 1500 Jahre. In der deutschsprachigen Zusammenfassung des Berichtes der Arbeitsgruppe I (WGI) heißt es zum Einfluss von Vulkanen auf das Klima: „Der Antrieb durch stratosphärische vulkanische Aerosole kann nach Vulkanausbrüchen über einige Jahre große Auswirkungen auf das Klima haben. Mehrere kleine Ausbrüche haben in den Jahren 2008 bis 2011 einen RF von -0,11 [-0,15 bis -0,08] W/m2 verursacht, was ungefähr doppelt so viel ist wie während der Jahre 1999 bis 2002. […] Der 12 Michon Scott, Rebecca Lindsey: Which emits more carbon dioxide: volcanoes or human activities? Vom 15. Juni 2016, NOAA Climate.gov (NOAA= National Oceanic and Atmospheric Administration, Behörde im Geschäftsbereich des U.S. Department of Commerce), im Internet abrufbar unter: https://www.climate.gov/newsfeatures /climate-qa/which-emits-more-carbon-dioxide-volcanoes-or-human-activities [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 13 Gerlach, T. (2011). Volcanic versus anthropogenic carbon dioxide, EOS, 92(24), 201–202, im Internet abrufbar unter: https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1029/2011EO240001 [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 14 Burton, M.R., Sawyer, G.M., Granieri, D. (2013). Deep carbon emissions from volcanoes. Reviews in Mineralogy and Geochemistry, 75, 323–354. 15 IPCC, 2013: Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change; abrufbar im Internet unter: http://www.climatechange 2013.org/images/uploads/WGIAR5_WGI-12Doc2b_FinalDraft_Chapter08.pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 8 gesamte natürliche RF von Veränderungen der Sonneneinstrahlung und stratosphärischen vulkanischen Aerosolen trugen nur wenig zum Netto-Strahlungsantrieb im letzten Jahrhundert bei, mit Ausnahme von kurzen Perioden nach großen Vulkanausbrüchen.“16 2.3. Ozonloch Auch der Zusammenhang zwischen Klimawandel und der Ozonschicht bzw. des Ozonlochs ist immer wieder Gegenstand von Medienberichten. Die deutsche Luft- und Raumfahrt Gesellschaft erklärt diesen Zusammenhang wie folgt: „In dem Bericht der WMO [World Meteorological Organization] wird neben den positiven Effekten der FCKW-Reduktion auf die Ozonschicht dargestellt, dass in Zukunft der Klimawandel die Ozonschicht verstärkt beeinflussen wird. Das Ozonloch über der Antarktis wird sich bis etwa Mitte dieses Jahrhunderts wieder weitestgehend geschlossen haben. In einigen Regionen kann es zu einer sogenannten "Übererholung" kommen. Das bedeutet, dass die Ozonkonzentrationen nach dem vollständigen Abbau der FCKW sogar höher sind als vor dem ersten Auftreten des Ozonlochs in den frühen 1980er Jahren. Veränderungen klimarelevanter Spurengase, allen voran Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Distickstoffmonoxid (N2O), werden ab Mitte dieses Jahrhunderts einen deutlichen Einfluss auf die Ozonschicht haben. Es wird vorhergesagt, dass ansteigende Konzentrationen von CO2 und CH4 die globale Ozonschicht verstärken werden, wohingegen ansteigende N2O Konzentrationen zu einer Ozonabnahme führen. Insgesamt führen diese Effekte außerhalb der tropischen Regionen ab Mitte des Jahrhunderts zu einer dickeren Ozonschicht . In den Tropen hingegen reduziert sich die Dicke der Ozonschicht in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts. Denn dort erwarten die Wissenschaftler zusätzlich zu den chemischen Prozessen veränderte vertikale Luftströmungen durch den Klimawandel, die deutlichen Einfluss auf die Ozonverteilung haben. "Es zeigt sich, dass das komplexe Wechselspiel von Klimaveränderungen und der Ozonchemie dazu führen, dass sich die Ozonschicht weiter verändern wird und dies regional unterschiedlich. Die Entwicklung der Ozonschicht muss daher stets weiter beobachtet und analysiert werden", so“ der DLR17-Wissenschaftler Prof. Martin Dameris.18 2.4. CO2-Emissionen Wie bereits eingangs erwähnt, halten – basierend auf in der Wissenschaft üblichen und erprobten peer-reviewed Veröffentlichungen - eine eindeutige Mehrheit der Wissenschaftler die menschlichen Treibhausgas-Emissionen von Kohlendioxid (CO2) für den ausschlaggebenden Faktor für die globale Erwärmung (anthropogener Klimawandel). In einer in Anlage 1 angefügten Arbeit der 16 Fünfter Sachstandsbericht des IPCC (AR5), 2013-2014 Zusammenfassungen für politische Entscheidungsträger (SPM) der drei Arbeitsgruppen (WG I-III); Arbeitsgruppe I „Naturwissenschaftliche Grundlagen“. Im Internet abrufbar unter: https://www.de-ipcc.de/media/content/AR5-WGI_SPM.pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 17 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt. 18 Quelle: https://www.dlr.de/dlr/desktopdefault.aspx/tabid-10081/151_read-11728/#/gallery/16651 [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 9 Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages (WD 8 – 3000 – 067/18) werden der Hintergrund dieses Konsenses sowie Beispiele für wissenschaftliche Gegenmeinungen erläutert. Eine allgemein verständliche und aktuelle Darstellung (in englischer Sprache) zum Einfluss von Kohlendioxid auf den Klimawandel findet sich auf den Seiten der bereits erwähnten U.S.-amerikanische NOAA-Behörde.19 Hierin heißt es, dass (1) Die Kohlendioxid Konzentration in den vergangenen 800.000 Jahren nie derart hoch waren wie derzeit. (2) Kohlendioxid das wichtigste der langlebigen Treibhausgase der Erde ist. Es absorbiert weniger Wärme pro Molekül als die Treibhausgase Methan oder Lachgas, aber es ist verbreiteter und verbleibt wesentlich länger in der Atmosphäre. (3) Natürliche Erhöhungen der Kohlendioxidkonzentrationen die Erdtemperatur während der Eiszeitzyklen in den letzten Millionen Jahren periodisch erwärmt haben. (4) Menschliche Aktivitäten die natürliche Konzentration von Kohlendioxid in unserer Atmosphäre erhöht haben. Eine auf drei Quellen basierenden Animation20 ((1) Fossil-Fuel CO2 Emissions des Carbon Dioxide Information Analysis center21, (2) United Nations Framework Convention on Climate Change, (3) BP statistische Methoden) visualisiert nach Ländern und Art des CO2 Eintrags unterschieden weltweit CO2 Emissionen. 3. Zu positiven Auswirkungen des Klimawandels Im Zuge der Debatte zum Ausmaß des Klimawandels und seinen Folgen, erscheinen auch immer wieder Berichte in den Medien, in denen von positiven Auswirkungen berichtet wird. So veröffentlichte das Handelsblatt bereits 2013 eine Reihe möglicher positiver Auswirkungen, zu denen eine Wissenschaftlerin des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) Stellung bezog:22 Eine Auswirkung ist, dass in Deutschland Sommer wärmer werden könnten, allerdings würden häufiger auch besonders kalte Winter auftreten: „Das Meereis nördlich von Norwegen wird wegen der Erwärmung weniger, und durch die lokale Erwärmung dort werden kalte Luftströme mit einer größeren Wahrscheinlichkeit umgelenkt nach Europa.“ 19 R. Lindsey: Climate Change: Atmospheric Carbon Dioxide, 1. August 2018. Im Internet abrufbar unter: https://www.climate.gov/news-features/understanding-climate/climate-change-atmospheric-carbon-dioxide [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 20 Quelle: http://www.globalcarbonatlas.org/en/CO2-emissions [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 21 Bis 2017 war das Carbon Dioxide Information Analysis Center (CDIAC) eine Organisation innerhalb des United States Department of Energy. 22 Onlineangebot des Handelsblatt: Die positiven Seiten des Klimawandels; Handelsblatt vom 23.05.2013; im Internet abrufbar unter: https://www.handelsblatt.com/technik/energie-umwelt/klima-orakel-die-positiven-seitendes -klimawandels/8242108.html?ticket=ST-2551185-uDWMZ9tEJcr9cS3eG44w-ap2 [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 10 Eine weitere als positiv gewertete Folge betrifft den Weinanbau: „Der Weinbau in Norddeutschland wird einfacher, sogar gute Rote gedeihen jetzt – einerseits. Andererseits haben Winzer im sich aufheizenden Mittelmeerraum es schwerer und müssen mehr bewässern. Und deutsche Weinbauern werden wohl verstärkt Wetterextremen wie Starkregen oder Hagel ausgesetzt sein. Auch wenn in nördlichen Breiten künftig zwei Getreide-Ernten im Jahr möglich werden sollten, stehen dem Ertragsverluste in den Ländern des Südens gegenüber. Der eine Effekt hebt den anderen nicht einfach auf: Afrikanische Kleinbauern werden bei Wegfall ihrer Existenzgrundlage niemals auf dem Weltmarkt das aus den nördlichen Ländern vermehrt angebotene Getreide kaufen können.“ Zudem könnte im Zuge des Klimawandels ein vermehrtes Baumwachstum in der kargen Tundra auftreten. „Doch dadurch wird das alteingesessene Ökosystem dort drastisch verändert. Und im Unterschied zu den tropischen Wäldern ist mehr Bewaldung in nördlichen Breiten nicht unbedingt gut für das Klima: Die Bäume sind dunkler als das bislang vorherrschende Gras, und was dunkler ist, das absorbiert auch mehr Sonnenstrahlung – was die Erderwärmung weiter verstärkt. Dieser sogenannte Albedo-Effekt übertrifft den Nutzen der nördlichen Wälder als Kohlenstoffsenke . Außerdem könnten einzigartige Pflanzen verloren gehen, Tiere ihre Futter- und Brutorte verlieren, Waldbrände häufiger werden.“ Häufig tritt auch das Argument auf, dass die Sahara zum Teil grüner werden könnte, da sich das Niederschlagsmuster ändere. Hierzu bemerkt die Wissenschaftlerin, dass dies örtlich eventuell zutreffe. „Allerdings werden wahrscheinlich an anderen Stellen umgekehrt Steppen Wälder ersetzen . Und so ganz sicher ist das mit dem Ergrünen noch nicht, weil Regen und Trockenheit komplexe Phänomene sind.“ Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) hat bereits 2012 ein Positionspapier zu „Anpassungsstrategien in der Klimapolitik“ publiziert.23 Auf die darin angegebenen Handlungsoptionen wird im nachfolgenden Kapitel eingegangen. Die Autoren verweisen in einem Unterkapitel darauf, dass neu entwickelte Technologien zur Anpassung an den Klimawandel deutschen Unternehmen Chancen auf dem Weltmarkt eröffneten. Neue Anpassungsstrategien seien weltweit erforderlich. Allerdings bestehe noch Bedarf bei der Gewinnung von Informationen über konkrete Klimafolgen und Wirkungszusammenhänge, die für die Privatwirtschaft wichtig seien.24 Im Folgenden werden wissenschaftliche Publikationen aufgeführt, die positive Effekte in der Landwirtschaft thematisieren: 23 Acatech: Anpassungsstrategien in der Klimapolitik; September 2012; im Internet abrufbar unter: https://www.acatech.de/wp-content/uploads/2018/03/acatech_POSITION_Klimawandel_WEB.pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 24 Ebd., Seite 4f. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 11 Climate change transformations in Nordic agriculture? (Journal of Rural Studies, Vol.51, 2017)25 Im Allgemeinen wird erwartet, dass der Klimawandel negative Auswirkungen haben wird. Dem gegenüber stehen aber auch potenzielle Chancen für die Landwirtschaft und die Pflanzenproduktion in den nordischen Ländern. Die Autoren konstatieren, dass auf der Ebene der Landwirte nur wenige Untersuchungen durchgeführt worden seien, um festzustellen, welche Anpassungsmaßnahmen in Betracht gezogen oder bereits ergriffen wurden und welche transformativ seien. Basierend auf Interviews mit Landwirten und Beratern aus zwei der fruchtbarsten landwirtschaftlichen Gebiete Finnlands und Schwedens wird in dieser Studie untersucht, inwieweit nordische Landwirte an der Transformation ihrer Anbausysteme beteiligt sind. Die Ergebnisse zeigten – so die Wissenschaftler, dass einige transformative Veränderungen bereits stattfänden, allerdings sei der Klimawandel derzeit nicht wesentlicher Treiber für ein entsprechendes Handeln. How can forage production in Nordic and Mediterranean Europe adapt to the challenges and opportunities arising from climate change? (European Journal of Agronomy, Vol. 92, 2018)26 Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Graslandproduktivität sind innerhalb Europas unterschiedlich. Das Mittelmeer und der Norden stellen die entgegengesetzten Enden eines Gradienten von Temperatur- und Niederschlagsänderungen dar, mit immer wärmeren und feuchteren Wintern im Norden und immer wärmeren und trockeneren Sommern im Süden. Die Erwärmung und erhöhte Konzentration von atmosphärischem CO2 kann die Futterproduktion in der nordischen Region steigern. Die Produktion in vielen Mittelmeergebieten dürfte in Zukunft durch Dürre noch stärker in Mitleidenschaft gezogen werden. In beiden Regionen wird der Klimawandel die Futterqualität beeinträchtigen und zu einer Änderung der jährlichen Produktionszyklen führen, mit einer verlängerten Vegetationszeit in der nordischen Region und einer Verschiebung in Richtung Winter im Mittelmeerraum. Dies erfordert Anpassungen der Entlaubungsund Befruchtungsstrategien. Es wird argumentiert, dass die Züchtung von Grünlandsorten darauf abzielen sollte, zum einen Pflanzenstrategien zur Bewältigung relevanter abiotischer Belastungen zu verbessern und zum anderen Wachstum und Phänologie auf neue saisonale Schwankungen zu optimieren, und dass die Pflanzenvielfalt auf allen Ebenen eine gute Anpassungsstrategie ist. 25 Sirkku Juhola; Natacha Klein; Janina Käyhkö; Tina-Simone; Schmid Neset: Climate change transformations in Nordic agriculture? Journal of Rural Studies, Volume 51, April 2017, Pages 28-36; Im Internet abrufbar unter: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0743016717300517 [zuletzt abgerufen am 24.5.2019]. 26 A. Ergon et al.: How can forage production in Nordic and Mediterranean Europe adapt to the challenges and opportunities arising from climate change? European Journal of Agronomy, Volume 92, Januar 2018, Seiten 97- 106; https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1161030117301466 [zuletzt abgerufen am 24.5.2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 12 Nordic agriculture under climate change: A systematic review of challenges, opportunities and adaptation strategies for crop production (Land Use Policy, Vol. 77, 2018)27 Der Agrarsektor der nordischen Länder gilt im Zusammenhang des Klimawandels potenziell als Gewinner und Verlierer. Mit einem effektiven Anpassungsmanagement könnte der Klimawandel zu einer höheren landwirtschaftlichen Produktivität führen. Dieses Papier bietet einen systematischen Literaturüberblick über wissenschaftliche Literatur zu klimabezogenen Chancen und Herausforderungen in der nordischen Landwirtschaft, was einen komplexen Überblick über erforderliche Anpassungsmaßnahmen gibt. Die Zusammenfassung der vorgeschlagenen Anpassungsstrategien und -maßnahmen zeigt, dass landwirtschaftliche Anpassungsmaßnahmen in der wissenschaftlichen Literatur häufiger und stärker diskutiert zu werden scheinen als politikgesteuerte Anpassungsmaßnahmen. Dieses Papier zeigt eine Wissenslücke in Bezug auf die Komplexität der Anpassungsbedürfnisse und Kompromisse im nordischen Agrarsektor auf. Abschließend konstatiert die Autorin, dass der Agrarsektor in der nordischen Region zwar mit bestimmten Vorteilen des Klimawandels konfrontiert sei, dass dieser Bericht jedoch tiefe Herausforderungen aufzeige, die direkt mit dem Klimawandel zusammenhingen. Die Zusammenfassung der vorgeschlagenen Anpassungsmaßnahmen zeige außerdem, dass die Anpassung mit Kompromissen verbunden sei, aber auch ein vertiefteres Wissen über dieses Thema unabdingbar sei. Wenn diese Herausforderungen nicht angegangen würden, könnte dies die potenziellen Vorteile der nordischen Landwirtschaft durch den Klimawandel langfristig beeinträchtigen. 4. Zu Empfehlungen aus der Wissenschaft zu Folgen der Klimaveränderungen Es existieren zahlreiche Empfehlungen zum Umgang mit den Folgen der Klimaveränderungen. Im Folgenden werden Beispiele für derartige Empfehlungen aufgeführt, die entweder direkt in wissenschaftlichen Publikationen erschienen sind oder an denen Wissenschaftler maßgeblich beteiligt waren. Die Auswahl demonstriert auch, dass die Empfehlungen gänzlich unterschiedliche Sektoren betreffen und im Allgemeinen nicht knapp beantwortet werden kann. Climate change mitigation beyond agriculture: a review of food system opportunities and implications (Renewable Agriculture and Food Systems, Vol. 33, Special Issue 3, 2018)28 In einem im vergangenen Jahr erschienen Übersichtsartikel (Review) wird wissenschaftliche Literatur zu Auswirkungen des Klimawandels entlang der gesamten Lebensmittelkette zusammenstellt . Hierin heißt es, ein Großteil der Forschung habe sich damit beschäftigt, Möglichkeiten zu 27 L. Wirehn: Nordic agriculture under climate change: A systematic review of challenges, opportunities and adaptation strategies for crop production; Land Use Policy Vol.77, September 2018, Seiten 63-74; https://www.sciencedirect .com/science/article/abs/pii/S0264837717308293 [zuletzt abgerufen am 24.5.2019]. 28 M. T. Niles et al.: Climate change mitigation beyond agriculture: a review of food system opportunities and implications ; Renewable Agriculture and Food Systems; Volume 33, Special Issue 3, Juni 2018, Seiten 297- 308;https://www.cambridge.org/core/journals/renewable-agriculture-and-food-systems/article/climate-changemitigation -beyond-agriculture-a-review-of-food-system-opportunities-and-implications /1A441CC574E74E8F29FEBD284CE92945 [zuletzt abgerufen am 24.5.2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 13 finden, die Auswirkungen des Klimawandels in den Agrarsystemen abzumildern. Wesentlich weniger Ansätze hätten sich damit beschäftigt, Chancen im Nahrungsmittelsystem zu untersuchen . Dabei führen sie Literatur zusammen, die die bestehende Situation analysieren und teilweise Defizite ausführen, für die einzelnen Bereiche entlang der Lebensmittelkette: „Pre-Production “, „Processing and transportation“, „Consumption“, „Food waste and disposal“. Auf jeder Stufe sei eine Weiterentwicklung in Anpassung der Klimaveränderungsvorgaben erforderlich. Die Autoren konstatieren, dass ein Forschungsansatz für Lebensmittelsysteme dringend erforderlich sei, um potenziellen Synergien zu nutzen und Schlüsselbereiche der zusätzlichen Forschung hervorzuheben, einschließlich einer stärkeren Konzentration auf Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Abschließend diskutieren die Autoren die politischen und finanziellen Möglichkeiten , die erforderlich sind, um Minderungsstrategien in den Lebensmittelsystemen voranzutreiben . Insektenkultur: A call to insect scientists: challenges and opportunities of managing insect communities under climate change (Current Opinion in Insect Science, Vol.17, 2016)29 Da der Klimawandel Folgen für die Insekten hat, die allerdings in Gänze bislang nicht verstanden sind, könnte mehr Wissen über sie es ermöglichen, Insektengemeinschaften besser zu verwalten und insbesondere in Zukunft auch zu erhalten. Tatsächlich könne, so die Autoren, der Klimawandel es auch mit sich bringen, dass man nicht nur die Ziele und Strategien des Insektenmanagements auf den Prüfstand stelle sondern auch die wissenschaftliche Herangehensweise überdenke . In ihrer Publikation – ausgehend von zwei Schmetterlingsarten, die einem erheblichen Wandel unterliegen – beschreiben die Autoren Herausforderungen für das zukünftige Management . Nordic agriculture under climate change: A systematic review of challenges, opportunities and adaptation strategies for crop production (Land Use Policy, Vol. 77, 2018)30 Wie bereits im vorigen Kapitel erwähnt, könnte der Klimawandel zu einer Produktionssteigerung im Agrarsektor in nordischen Ländern führen. Dieser fordere allerdings ein effektives Anpassungsmanagement , so die Autorin einer Publikation in der Zeitschrift Land Use Policy aus dem vergangenen Jahr. Wenn gleichzeitige Herausforderungen nicht angegangen würden, könnten Produktivitätsverluste die Gewinne beeinträchtigen. Daher sei die Anpassung an den Klimawandel von entscheidender Bedeutung, um negative Folgen zu vermeiden und Chancen zu nutzen. Der vorliegende Artikel wertet bestehende Literatur aus und zeigt auf, dass für die konkrete Ausgestaltung noch Forschungsbedarf bestehe. 29 J. J. Hellmann et al.: A call to insect scientists: challenges and opportunities of managing insect communities under climate change; Current Opinion in Insect Science Volume 17, Oktober 2016, Seiten 92-97; https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2214574516300980 [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 30 L. Wirehn: Nordic agriculture under climate change: A systematic review of challenges, opportunities and adaptation strategies for crop production; Land Use Policy Vol.77, September 2018, Seiten 63-74; https://www.sciencedirect .com/science/article/abs/pii/S0264837717308293 [zuletzt abgerufen am 24.5.2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 14 Anpassungsstrategien in der Klimapolitik (acatech, 2012) In der bereits zitierten Empfehlung von acatech, wird auf Handlungsoptionen in verschiedenen Schlüsselbereichen eingegangen.31 Hierin werden Empfehlungen an verschiedene Adressaten: Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gerichtet. Für den Bereich „Politik“ wird insbesondere darauf hingewiesen, dass „ein Großteil der Anpassungsmaßnahmen […] insbesondere die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften betreffen. Diese müssen in der Lage sein beziehungsweise in die Lage versetzt werden, angemessen auf die damit verbundenen Herausforderungen zu reagieren. […] Anpassungsmaßnahmen müssen insbesondere auf die Beherrschung der Extreme, von Trockenperioden und Überschwemmungen etwa, ausgerichtet sein. Sicherheitsvorschriften , Regel- und Planungswerke für die verschiedenen Wirtschaftssektoren sind auf ihre Gültigkeit und Sinnhaftigkeit unter Klimawandelbedingungen zu prüfen. […] Anpassungsmaßnahmen müssen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Nachhaltigkeit systemisch und nicht nur sektoral geprüft werden.“32 In Hinblick auf die Forderungen gegenüber der Wissenschaft wird festgehalten, dass es absolut erforderlich sei, „baldmöglichst belastbares, regionen- und sektorspezifisches Wissen zur Verfügung stellen zu können.“ Zudem wird gefordert, dass die Bereiche Wissenschaft und Bildung durch Anpassung der Lehrpläne einbezogen würden. Schließlich sei auch weitergehendes Wissen zu den Auswirkungen auf die Gesundheit erforderlich.33 Defizite sehen die Autoren im Bereich der Wirtschaft insbesondere darin, dass sich zwar abzeichne, dass sich „viele Marktchancen für innovative Unternehmen“ bieten könnten, allerdings seien hierzu „auch gesamtgesellschaftliche Finanzierungsmodelle“ erforderlich. Besonders betroffen seien die Wirtschaftssektoren: Küstenschutz, Forst-, Land-, Fischereiwirtschaft, Tourismus und Stadtentwicklung .34 Abschließend wird für den Sektor „Gesellschaft“ ein „strukturierter Dialog von Politik , Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft unter Einbeziehung der relevanten Stakeholder, insbesondere regionaler Akteure“ gefordert.35 31 Acatech: Anpassungsstrategien in der Klimapolitik; September 2012; im Internet abrufbar unter: https://www.acatech.de/wp-content/uploads/2018/03/acatech_POSITION_Klimawandel_WEB.pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 32 Ebd., Seite 30. 33 Ebd. Seite 30f. 34 Ebd., Seite 31. 35 Ebd., Seite 31. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 15 Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzverwendung (BMEL, 2016)36 Wissenschaftler des Bundesforschungsinstituts für Ländliche Räume, Wald und Fischerei (Johann Heinrich von Thünen-Institut) waren als externe Experten an der Erstellung des 2016 erschienen Gutachtens „Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzverwendung“ beteiligt. Hierin werden „Empfehlungen für einen effektiven und effizienten Klimaschutz in der Land-, Forst- und Holzwirtschaft sowie im Ernährungsbereich “ für einen Zeitraum bis 2050 entwickelt. Zentrale Empfehlungen betreffen: 1. „Anstrengungen für eine globale Klimaschutzstrategie verstärken 2. Bepreisung von THG-Emissionen als anreizorientiertes Instrument nutzen 3. Sektorübergreifende THG-Minderungsziele nicht zu kleinteilig herunterbrechen 4. Klimaschutzpolitik sektorübergreifend kohärent gestalten 5. Transformation zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft als langfristigen Lern- und Anpassungsprozess auffassen 6. Die Quellgruppe Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) in die nationale und die EU-Klimapolitik nach 2020 verstärkt einbeziehen“37 Alternative Antriebe und Kraftstoffe im Straßengüterverkehr – Handlungsempfehlungen für Deutschland (Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI, 2018)38 Das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI hat im vergangenen Jahr ein Thesenpapier veröffentlicht, in dem Empfehlungen für klimafreundlichen Güterverkehr auf der Straße entwickelt werden. Hierin werden die strom- bzw. batteriebetriebenen elektrischen Lkws, vor allem im Nah- und Regionalverkehr, bzw. über Oberleitungen, als besonders aussichtsreiche Entwicklungen beschrieben. Elektrische Lkws reduzierten Treibhausgasemissionen, senkten Kosten im laufenden Betrieb und könnten energiewirtschaftliche Vorteile aufweisen. 36 Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL und Wissenschaftlicher Beirat für Waldpolitik beim BMEL: Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzverwendung; Gutachten November 2016; http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ministerium/Beiraete/Agrarpolitik/Klimaschutzgutachten _2016.pdf?__blob=publicationFile [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. 37 Ebd., Seite II. 38 Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI, Karlsruhe; Öko-Institut, Berlin; ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung, Heidelberg: Alternative Antriebe und Kraftstoffe im Straßengüterverkehr – Handlungsempfehlungen für Deutschland; Oktober 2018; https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente /cce/2018/Thesen_Zukunft_StrG%C3%BCterverkehr.pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 072/19 Seite 16 IPCC-Sonderbericht über 1,5 °C globale Erwärmung (IPCC, 2018) Im Oktober 2018 hat der IPCC einen Sonderbericht verabschiedet. Hierin werden die Folgen einer Erderwärmung um 1,5 Grad beschrieben und zum anderen thematisiert, wie stark Treibhausgas -Emissionen reduziert werden müssen, damit das 1,5 Grad Ziel noch erreicht werden kann.39 Auf deutscher Seite war an dem Bericht Prof. Dr. Daniela Jacob, Direktorin des Climate Service Center Germany, GERICS, beteiligt. In dem Bericht werden verschiedene Szenarien im Einzelnen analysiert und der wissenschaftliche Kenntnisstand zu den Folgen von 1,5 °C globaler Erwärmung gegenüber vorindustriellen Bedingungen zusammengetragen. *** Anlagen Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Zum wissenschaftlichen Diskurs einzelner Aspekte des Klimawandels, WD 8 – 3000 – 067/2018, im Internet abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/568324/12e8c64d9738bab5db8956c16a8f174a/WD-8- 067-18-pdf-data.pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. Anlage 1 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Anthropogener Treibhauseffekt und Klimaänderungen Darstellung des gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes, WD 8 - 3000 - 028/17, im Internet abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource /blob/531134/6f730f684478a5be392a914110e05489/wd-8-028-17-pdf-data.pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019]. Anlage 2 39 Zusammenfassung (2018): IPCC: Global Warming of 1,5° C; im Internet abrufbar unter: https://report .ipcc.ch/sr15/pdf/sr15_spm_final.pdf [zuletzt abgerufen am 28. Mai 2019].