© 2018 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 067/18 Zum wissenschaftlichen Diskurs einzelner Aspekte des Klimawandels Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 2 Zum wissenschaftlichen Diskurs einzelner Aspekte des Klimawandels Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 067/18 Abschluss der Arbeit: 19. Juli 2018 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Zur Diskussion der Experten-Glaubwürdigkeit und dem wissenschaftlichen Konsens im Hinblick auf den anthropogenen Klimawandel 6 3. Beispiele der „unconvinced evidence“-Gruppe 13 3.1. Globale Temperaturveränderungen im Ozean 13 3.2. Zum Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur 14 3.3. Diskussion zur Satellitenmessmethodik 15 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 4 1. Einleitung Die Diskussion um den menschlichen Beitrag zur globalen Klimaerwärmung wird in der allgemeinen Öffentlichkeit seit Jahren kontrovers geführt. In regelmässigen Abständen publiziert der Weltklimarat Sachstandberichte zum gegenwärtigen Wissensstand der Fachwelt bezüglich des Klimawandels. Diese sind immer wieder auch Gegenstand strittiger Diskussionen, insbesondere in der allgemeinen Öffentlichkeit, sehr viel weniger in der Fachöffentlichkeit. Ausführlich wird auf den aktuellen Fünften Sachstandsbericht und die Arbeitsweise des Weltklimarates in einer Arbeit der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages von 2017 eingegangen.1 Daher werden die Ergebnisse dieses Berichtes in der vorliegenden Arbeit nicht beleuchtet. Tatsächlich zeigen verschiedene analysierende Publikationen, die in einer Auswahl in der vorliegenden Arbeit dargestellt werden, dass – nach Maßgabe der in der Wissenschaft üblichen und erprobten peer-reviewed Veröffentlichungen - eine eindeutige Mehrheit der Wissenschaftler die menschlichen Treibhausgas-Emissionen von Kohlendioxid (CO2) als ausschlaggebenden Faktor für die globale Erwärmung ansehen (anthropogener Klimawandel). Allerdings erscheint es zuweilen in der Öffentlichkeit, als sei man sich in der Wissenschaft nicht mehrheitlich einig über den anthropogenen Faktor des Klimawandels. In einer Publikation aus dem Jahr 2014, die aus einem Projekt der Leopoldina, der acatech2 und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften hervorgegangen ist, wird zum Thema „Erfolg und Scheitern der Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit“ in einem Artikel mit dem Titel „Social Media in der Wissenschaftsöffentlichkeit. Forschungsstand und Empfehlungen“3 auf die Problematik von Internetkampagnen und die Auswirkungen auf den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit eingegangen. Hierin konstatiert der Autor, Christoph Neubauer4: „Das Thema `Klimawandel´ und speziell `Climategate´ als Einzelereignis werden in der Literatur häufig als Paradebeispiele für den Einsatz von Blogs und anderen Internetformaten für Kampagnen angeführt […]. Die Veröffentlichung der E-Mail-Korrespondenz von Klimaforschern an der University of East Anglia unmittelbar vor dem UN-Klimagipfel in Kopenhagen 2009 sollte den Nachweis einer Manipulation von Daten zu Gunsten der These des Klimawandels liefern. Ausgehend von einer kleinen Zahl von Bloggern und NGOs, die zum Teil ideologisch motiviert waren, 1 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Anthropogener Treibhausgaseffekt und Klimaänderungen . Darstellung des gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes. Ausarbeitung WD8 – 3000 -028/17 vom 27. September 2017, abrufbar unter https://www.bundestag .de/blob/531134/6f730f684478a5be392a914110e05489/wd-8-028-17-pdf-data.pdf [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. 2 Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften e.V. ist eine 2002 gegründete deutsche Wissenschaftsakademie für Technik und angewandte Wissenschaften: http://www.acatech.de/ [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. 3 Seite 352ff, in; Weingart, P. und Schulz, P (Hrsg.): Wissen, Nachricht, Sensation, Zur Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Medien, Velbrück Verlag, ISBN 978-3-942393-80-5. Das Kapitel ist im Internet abrufbar unter: https://www.acatech.de/fileadmin/user_upload/Baumstruktur_nach_Website/Acatech /root/de/Projekte/Abgeschlossene_Projekte/WOEM/Neuberger_aus_Weingart_Schulz_Wissen_Nachricht _Sensation.pdf [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. 4 Christoph Neuberger ist Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 5 sei es [diesen] gelungen, die Agenda und öffentliche Debatte im Vorfeld des Klimagipfels entscheidend zu beeinflussen.“ 5 Der Autor führt diesen Vorfall im Vorfeld des Klimagipfels an, um ein Beispiel dafür zu liefern, „dass im professionellen Journalismus die Kontrolle als »Gatekeeper« über den Zugang zum öffentlichen Diskurs entglitten“ sei.6 Er stützt sich dabei insbesondere auf eine Publikation von Richard Holliman, die in der Zeitschrift Journalism 2011 unter dem Titel „Advocacy in the tail: Exploring the implications of ‘climategate’ for science journalism and public debate in the digital age“ erschienen ist.7 In diesem Artikel werden Implikation aus dem genannten Vorfall für den Wissenschaftsjournalismus und den öffentlichen Diskurs erörtert. In Folge des Vorfalls seien in Großbritannien drei Überprüfungen angestellt worden, um die gegen die Climatic Research Unit und die University of East Anglia erhobenen Vorwürfe zu bewerten 8. Alle drei Überprüfungen hätten die Wissenschaftler der Climatic Research Unit von schwerwiegendem Fehlverhalten oder akademischem Fehlverhalten hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Arbeitsweise befreit. Allerdings enthielten die Berichte auch eine Reihe Empfehlungen. Für die Berichterstattung über die Klimawissenschaften sei es besonders wichtig, dass alle Wissenschaftler mit Medien- und Kommunikationsprofis zusammenarbeiteten, um ihre Forschung zu kommunizieren. Gerade die Wissenschaftsjournalisten müssten sich kritisch mit den Internetpublikationen auseinandersetzen. "Climategate" sei ein Beispiel für eine inoffizielle und weitgehend unstrukturierte Form des öffentlichen Engagements: auf der einen Seite Kritiker von anthropogenen Erklärungen des Klimawandels in sozio-technischen Netzwerken, auf der anderen Seite Wissenschaftler, Politiker und andere mit dem Ziel, den wissenschaftlichen und politischen Konsens auf dem COP-15-Gipfel zu „reparieren“. In der vorliegenden Arbeit wird zunächst auf eine Auswahl von peer-reviewed Studien eingegangen , in denen der Konsens unter Wissenschaftlern zum anthropogenen Klimawandel aus unterschiedlicher Sicht beleuchtet wird. Anschließend werden zwei peer-reviewed Publikationen und ihr Diskurs aufgeführt, die den anthropogenen Anteil am Klimawandel in dem Ausmaß, wie es der Weltklimarat darstellt, kritisieren. 5 Ebd. Seite 352. Der Autor nimmt hierbei Bezug auf eine Publikation, auf die weiter unten noch eingegangen wird: Holliman, R. (2011): Advocacy in the tail: Exploring the implications of ›climategate‹ for science journalism and public debate in the digital age. Journalism 12: 832-846. 6 Ebd. 7 Holliman, R. (2011): Advocacy in the tail: Exploring the implications of ›climategate‹ for science journalism and public debate in the digital age. Journalism 12: 832-846. Im Internet abrufbar unter: http://oro.open .ac.uk/29462/ [zuletzt abgerufen am 17. Juli 2018]. 8 (1) House of Commons Science and Technology Committee (2010) The Disclosure of Climate Data from the Climatic Research Unit of the University of East Anglia. Eighth Report of Session 2009–10. London: HMSO. (2) Oxburgh R, Davies H, Emanuel K et al, . (2010) Report of the International Panel set up by the University of East Anglia to examine the research of the Climatic Research Unit. (3) Russell M, Boulton G, Clarke P, Eyton D, Norton J (2010) The Independent Climate Change Emails Review. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 6 2. Zur Diskussion der Experten-Glaubwürdigkeit und dem wissenschaftlichen Konsens im Hinblick auf den anthropogenen Klimawandel Die überwiegende Mehrheit der Klimawissenschaftler ist sich einig, dass ein wesentlicher Anteil am Klimawandel menschenbedingt ist (anthropogener Anteil). In der allgemeinen Öffentlichkeit wie auch von einzelnen Wissenschaftlern werden immer wieder Zweifel an (1) der anthropogenen Ursache und (2) an dem Ausmaß der wissenschaftlichen Übereinstimmung, aus der auf einen anthropogenen Klimawandel geschlossen werden kann, geäußert. Nachfolgend wird eine Auswahl von vier peer-reviewed Papieren aufgeführt, die sich der Frage widmen, in welchem Ausmaß Wissenschaftler sich über den anthropogenen Anteil am Klimawandel einig sind. Nordamerikanische Wissenschaftler haben 2010 eine Arbeit mit dem Titel „Expert credibility in climate change“ in der Wissenschaftlichen Zeitschrift PNAS9 veröffentlicht, in der sie einen Datensatz von insgesamt 1.372 „Klimaexperten“ aufstellen und analysieren.10 Sie beleuchten dabei die Frage, wer in der „Klimadebatte“ auf wissenschaftlicher Basis als „Experte“ gezählt werden kann und wie hoch unter diesen die Übereinstimmung zum anthropogenen Klimawandel ist. Dieser Konsensus wird in der Wissenschaft in aller Regel durch die Veröffentlichung insbesondere von peer-reviewed Literatur erreicht. Daher wird von den Autoren eine eingangs aufgestellte „Klimaexperten“-Liste hinsichtlich ihres Publikationsverhaltens analysiert. Die Autoren konstatieren , dass zwar Publikations- und Zitationsanalysen keine perfekten Indikatoren für die Glaubwürdigkeit von Forschern darstellen, allerdings wurden sie in den Naturwissenschaften für den Vergleich von Produktivität, Qualität und Bekanntheit der Forschung bereits vielfach verwendet und seien ein (legitimer) Ansatz. Das Vorgehen wird im Folgenden beschrieben: Die Autoren ordnen jeden der „Experten“ entweder der Gruppe der CE (convinced evidence: überzeugt von der Evidenz eines anthropogenen Klimawandel) oder UE (unconvinced evidence: nicht überzeugt von der Evidenz eines anthropogenen Klimawandel) zu. Die Zuordnung (unter Herausstreichen von mehrfach erscheinenden Namen) erfolgt, indem alle Namen der Liste 1: • IPCC AR4 Working Group I Contributors (coordinating lead authors, lead authors, and contributing authors; 619 names listed), • 2007 Bali Declaration (212 signers listed), • Canadian Meteorological and Oceanographic Society (CMOS) • 2006 statement (120 names listed), • CMOS 2008 statement (130 names listed), 9 Wissenschaftliche Fachzeitschrift der National Academy of Sciences. Schwerpunkte liegen im Bereich Biologie, Medizin und Biotechnologie. Die Veröffentlichungen in der Zeitschrift unterliegen einem Peer-Reviewing (externes Expertenevaluationsverfahren). Der Impact Faktor der Zeitschrift lag 2016 bei 9,661 und zählt damit zu den hochrangigen Fachzeitschriften in ihrem Sektor. Beim Impact Factor handelt es sich um einen errechneten Wert, dessen Höhe den Einfluss (Impact) einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift wiedergibt. Er dient zum bibliometrischen Vergleich verschiedener wissenschaftlicher Zeitschriften. 10 William R. L. Anderegg et al.: Expert credibility in climate change; www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1003187107; im Internet abrufbar unter: http://www.pnas.org/content /pnas/early/2010/06/04/1003187107.full.pdf [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018] Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 7 • open letter protesting The Great Global Warming Swindle film errors (37 signers) der Gruppe CE zugeordnet werden und alle Namen der Liste 2: • 1992 statement from the Science and Environmental Policy Project (46 names), • 1995 Leipzig Declaration (80 names), • 2002 letter to Canadian Prime Minister Jean Chretien (30 names), • 2003 letter to Canadian Prime Minister Paul Martin (46 names), • 2006 letter to Canadian Prime Minister Stephen Harper (61 names), 2007 letter to U.N. Secretary General Ban Ki-Moon (100 names), • 2007 TV film The Great Global Warming Swindle interviewees (17 names), • NIPCC: 2008 Heartland Institute document “Nature, Not Human Activity, Rules the Climate ," ed. S. Fred Singer (24 listed contributors), • 2008 Manhattan Declaration from a conference in New York City (206 names listed as qualified experts), • 2009 newspaper ad by the Cato Institute challenging President Obama’s stance on climate change (115 signers), • 2009 Heartland Institute document “Climate Change Reconsidered: 2009 Report of the Nongovernmental Panel on Climate Change (NIPCC)” (36 authors), • 2009 letter to the American Physical Society (61 names). in die Gruppe UE klassifiziert werden. Als Klimawissenschaftler wurden nur diejenigen weiterverfolgt, die mindestens 20 klimarelevante Publikationen (Autor oder Koautor) vorweisen konnten. Dies verringerte den Datensatz auf 908 Einträge.11 Für jeden Wissenschaftler wurde die Anzahl der Zitate seiner vier höchst-zitierten Publikationen berechnet. Dabei ergaben sich folgende Beobachtungen: (1) Die UE-Gruppe umfasst 2 % der Top 50 Klimaforscher (geordnet nach Anzahl der Klimapublikationen ), 3 % der Forscher der Top 100 oder 2,5 % der Top 200. (2) Die UE-Gruppe verfügt über rund die Hälfte (60) Publikationen im Vergleich mit der CE- Gruppe (119 Publikationen) (3) Gemessen an dem Zitationsindikator haben Top-CE-Forscher eine stärkere Expertise in der Klimawissenschaft als die der Top-UE-Gruppe. (4) Die Top-Papiere der CE-Forscher wurden durchschnittlich 172 mal zitiert, im Vergleich zu 105 mal für UE-Forscher. Die Autoren schließen ihre Arbeit mit der Feststellung: „Trotz der medialen Tendenzen, beide Seiten in den anthropogenen Klimawandel-Debatten darzustellen, die zu anhaltenden Missverständnissen in der Öffentlichkeit über anthropogenen Klimawandel beitragen können, sind nicht 11 Es wird darauf hingewiesen, dass eine Verringerung der Publikations-Schwelle die Ergebnisse nicht signifikant beeinflusst. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 8 alle Klimaforscher in Bezug auf wissenschaftliche Glaubwürdigkeit und Expertise im Klimasystem gleichwertig.“ Aufgrund ihrer umfassenden Analyse des Mainstreams in der Forschung im Vergleich zu skeptischen/konträren Forschern müsse der Schluss gezogen werden, dass für die künftigen Diskussionen zum anthropogenen Klimawandel in Medien, Politik und öffentlichen Foren die Glaubwürdigkeit von Experten mit beachtet werden solle. Dem Argument, dass CE-Forscher mehr hochrangige Papiere vorweisen können und häufiger zitiert werden, wird von Kritikern entgegengehalten, dass Wissenschaftler, die als UE-Forscher einzuordnen sind, das peer reviewing weitgehend nicht mehr passieren könnten.12 Peer reviewing ist allerdings derjenige wissenschaftliche Diskurs, über den Studien und wissenschaftliche Schulen von dritter, ebenfalls wissenschaftlicher Seite beurteilt und qualitätsgeprüft werden. Soweit keine unabhängige Qualitätsprüfung erfolgt oder aber ein auf diese Weise zustande gekommener Mehrheitskonsens in der Wissenschaft besteht, ist eine Einschätzung der wissenschaftlichen Plausibilität, da eben nicht von dritter, wissenschaftlicher Seite begutachtet, schwerlich möglich. Insbesondere in der vorliegenden Dokumentation kann und soll sich die Arbeit nur auf Peer-Review-Studien stützen. Im Jahr 2014 erschien ein peer-reviewed Artikel in der Zeitschrift Environmental Science & Technology13 mit dem Titel „Scientists’ Views about Attribution of Global Warming“. Das Forscherteam aus den Niederlanden und Australien hat eine Umfrage unter 1.868 Wissenschaftlern, die sich mit verschiedenen Aspekten des Klimawandels befassen, untersucht.14 Sie konstatieren, dass im Einklang mit anderen Studien mit wachsender „Expertise in der Klimaforschung“ auch das Ausmass einer Annahme anthropogener Ursachen für den Klimawandel wuchs. 90 % der Befragten mit mehr als zehn klimarelevanten Peer-Review-Publikationen stimmten ausdrücklich zu, dass anthropogene Treibhausgase die dominierende Rolle bei der aktuellen globalen Erwärmung spielen. Die Einschätzung des Treibhausgasbeitrags war stark abhängig von der Beurteilung oder Kenntnis der kühlenden Wirkung von Aerosolen; ein anderer als wichtig beurteilter Faktor war die Landnutzung. Diejenigen Befragten, die den menschlichen Einfluss auf das Klima als unbedeutend einschätzten, berichteten häufiger, dass sie vorrangig in den Medien ihre Ansichten zum Klimawandel dargestellt/publiziert hätten. Für die Befragung wurden Wissenschaftler ausgewählt, die Autoren oder auch Koautoren in peerreviewed Artikeln waren, die sich mit Aspekten des Klimawandels beschäftigen. Rund 6.000 Namen wurden von Artikeln gesammelt. Gesucht wurde in der Datenbank Web of Science im Publikationszeitraum 1991 - 2011 zu den Stichwörtern „global warming“ und/oder „global climate change“. Rund 2.000 Namen wurden aus einer öffentlichen Datenbank (von Jim Prall) gesammelt, die auf wissenschaftlicher Literatur bis zum Jahr 2009 basierte. Hinzu kamen rund 500 Autoren 12 Axel Bojanowski: Die Angst der Klimaforscher vor dem Gruppenzwang. Spiegel Online vom 17. Mai 2014. Im Internet abrufbar unter: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/streit-in-klimaforschung-um-lennart-bengtsson -a-969841.html [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. 13 Der Impact Factor lag 2016 bei 5,308. 14 Bart Verheggen et al.: Scientists’ Views about Attribution of Global Warming; dx.doi.org/10.1021/es501998e | Environ. Sci. Technol. 2014, 48, 8963−8971; https://pubs.acs.org/doi/pdf/10.1021/es501998e [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 9 aktueller (2009 - 2011) klimawissenschaftlicher Peer-Review-Literatur. Pralls Datenbank enthält auch Einträge von Unterzeichnern öffentlicher Erklärungen, die die „Mainstream-Klimawissenschaft “ kritisieren. Dies wurde von den Wissenschaftlern in die Analyse mit aufgenommen, damit auch Hauptkritikpunkte abgebildet wurden. Diese letztere Gruppe machte weniger als 5 % der Gesamtzahl der Antwortenden aus. Unter Ausschluss von Doppelungen kamen die Wissenschaftler auf rund 8.000 Namen, von denen in Abhängigkeit der Verfügbarkeit von Email-Adressen 7.555 kontaktiert wurden. Rund 1.000 waren nicht erreichbar; insgesamt wurden so 6.550 Personen erfolgreich befragt. Es gab einen Rücklauf von 1.868 (nicht alle komplett beantwortet). Es wurden insgesamt 19 Fragen (mit Unterfragenkomplexen) zu unterschiedlichen Themenkomplexen gestellt15: • Einflussfaktoren auf den gegenwärtigen Klima-Trend • Ausmass der Konfidenz zur Angabe des gegenwärtigen Trends • Änderungen im gegenwärtigen Trend • Interpretation des gegenwärtigen Trends • Einflussfaktoren • Einflussfaktoren – wissenschaftliches Niveau des Kenntnisstandes • Aerosole, Landnutzung, Sonne, natürliche Änderungen, Erwärmungsbias, Sensitivität, Erklärung der Sensitivität • Perturbation lifetime16 • Professioneller Hintergrund der Befragten • Publikationen • Wissensbandbreite der Befragten • Ursprung der Kontroverse • Themenkomplex: Wissenschaft und Öffentlichkeit, Medien • Eigene Besorgnis • Mittlerer Meeresspiegelanstieg • Klimabeobachtungen • Klimamodelle. In der Zeitschrift Environmental Research Letters17 wurde 2014 eine Studie veröffentlicht mit dem Titel „The climate change consensus extends beyond climate scientists“. Für diese Studie wurden biophysikalische Fakultäten von zwölf großen US-Universitäten (Big 12) befragt: Indiana University, Michigan State University, Northwestern University, Ohio State University, Pennsylvania State University, Purdue University, University of Illinois, University of Iowa, University of Michigan, University of Minnesota, University of Nebraska, and University of Wisconsin. Es wurden die Universitäts-Seiten, die unter die Kategorien “sciences, biological sciences, natural sciences, physical sciences, earth sciences, agriculture, environmental sciences, natural resources , and other geosciences” fielen, durchsucht. Zur Standardisierung unter den Universitäten 15 Diese sind im Internet abrufbar unter: http://www.pbl.nl/sites/default/files/cms/nieuwsberichten/Climate_Science _Survey_Questions_PBL_2012.pdf [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. 16 Die Störungslebensdauer (perturbation lifetime) ist ein Maß für die Zeit, über die anomale CO2- oder Temperaturwerte in der Atmosphäre verbleiben. 17 Der Impact Factor lag im Jahr 2016 bei 4,404. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 10 wurden Personen mit dem Status „Tenured“, „Tenure Track“, „Visiting Status“ und emeritierte Fakultätsmitglieder einbezogen. Die Emeritus-Mitglieder wurden deswegen berücksichtigt, weil frühere Arbeiten gezeigt hatten, dass sog. Skeptiker des Klimawandels in der Regel aus älteren Jahrgängen stammten. Insgesamt wurden 4.816 Namen gesammelt. Aus diesem Pool wurden zufällig 2.000 Namen gezogen . Von diesen ermittelten Personen erhielt eine je gleiche Anzahl von Personen einen Fragebogen mit zusätzlich kulturrelevanten Fragen und eine zweite Gruppe ohne diese Fragen. Nach Ausschluss von ungültigen Adressen wurde ein Datensatz von 1.868 Wissenschaftlern ausgewertet . 93,6 % der Befragten über alle Disziplinen hinweg gaben an, die Temperaturen seien (gemessen an dem Niveau vor dem Jahr 1800) gestiegen, 2,1 % glaubten, die Temperaturen seien relativ konstant geblieben, 0,6 % glaubten, dass die Temperaturen gefallen seien und 3,7 % gaben an, sie hätten keine Meinung oder wüssten es nicht. Von denen, die glaubten, dass die Temperaturen gestiegen seien, gaben 98,2 % an, dass sie überzeugt seien, dass „menschliche Aktivität“ ein wesentlicher Faktor bei der Veränderung des globalen Mittelwerts sei. Insgesamt gaben 91,9 % der befragten Wissenschaftler an, dass anthropogene Faktoren ausschlaggebend seien. Die Autoren stellten ebenfalls fest, dass diejenigen, die vermehrt Informationen aus den Massenmedien (mass media) beziehen, insgesamt weniger überzeugt davon sind, dass es einen wesentlichen menschlichen Beitrag zum Klimawandel gibt. Eine weitere peer-reviewed Studie zum „Konsens“ unter Klimawissenschaftlern wurde von einem Team aus Wissenschaftlern aus Australien, den USA, Großbritannien und Kanada 2013 unter dem Titel „Quantifying the consensus on anthropogenic global warming in the scientific literature “ publiziert.18 Die Studie verlief in zwei Phasen. Zunächst durchsuchten die Autoren die ISI Web of Science Datenbank nach Publikationen nach den Stichwörtern „global warming“ und „global climate change“, die zwischen 1991 und 2011 erschienen waren. Dabei wurde die Suche auf Publikationen des Typus „Article“ eingeschränkt (somit wurden beispielsweise Kommentare, Standpunkte, Editoriale Bemerkungen etc. ausgeschlossen). Desweiteren wurden Buchbeiträge, Diskussionspapiere und Konferenzbeiträge nicht einbezogen19. Nicht peer-reviewed Papiere, Papiere ohne Klimabezug oder ohne Abstract wurden eliminiert. Es blieben 11.944 Publikationen von insgesamt 29.083 Autoren in 1.980 Zeitschriften übrig. Nun wurden die Papiere hinsichtlich der Stellungnahme zur anthropogenen Klimaerwärmung kategorisiert: (1) Explicit endorsement with quantification (2) Explicit endorsement without quantification (3) Implicit endorsement (4) No position or Uncertain 18 John Cook et al.: Quantifying the consensus on anthropogenic global warming in the scientific literature; Environ . Res. Lett. 8 (2013) 024024 (7pp); doi:10.1088/1748-9326/8/2/024024. Im Internet abrufbar unter: http://iopscience .iop.org/article/10.1088/1748-9326/8/2/024024/meta [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018] 19 Hier ist zu beachten, dass in diesen Kategorien das Peer Reviewing ggf. nicht in gleichem Ausmaß oder sogar gar nicht durchgeführt wird und aus diesen Gründen ein Verzicht auf diesen Publikationstypus sinnvoll ist. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 11 (5) Implicit rejection (6) Explicit rejection without quantification (7) Explicit rejection with quantification Hierbei bedeutet “Explicit endorsement with/without quantification”, dass die Gruppe derjenigen Papiere, in denen eine anthropogene Klimaerwärmung gesehen wird, noch weiter aufgeteilt wird in eine Gruppe von Publikationen, bei denen der Anteil quantifiziert wird und solche, die diese Quantifizierung (zumindest im Abstract) nicht vornehmen. Die Einschätzung der Abstracts wurde ohne Kenntnis der Autorennamen, des Publikationsdatums und des Zeitschriftennamens vorgenommen. Unter den Abstracts, die einen Standpunkt zur anthropogenen Klimaerwärmung vertraten, bestätigten 97,1 % den wissenschaftlichen Konsens einer anthropogenen Klimaerwärmung . Die Verbindung der Abstracts mit den Autorennamen ergab, dass unter Wissenschaftlern, die eine Position zur anthropogenen Klimaerwärmung im Abstract vertraten, 98,4 % den Konsens unterstützten.20 In einem zweiten Schritt wurden Email-Adressen von insgesamt 8.547 Autoren gesammelt (in der Regel waren dies „corresponding Author“ und/oder Erstautor). Diese Autoren wurden angeschrieben , sich an einer Umfrage zu beteiligen, in der ihre eigenen Papiere eingeordnet werden sollten. Die Autoren sollten ihr Papier einer Kategorie zuordnen: “(1) Impacts: effects and impacts of climate change on the environment, ecosystems or humanity (2) Methods: focus on measurements and modeling methods, or basic climate science not included in the other categories. (3) Mitigation: research into lowering CO2 emissions or atmospheric CO2 levels (4) Not Climate Related: This includes social science research about people's views on climate (5) Opinion: Not peer-reviewed (6) Paleoclimate: examining climate during pre-industrial times”21 20 Mit dieser Unterscheidung zwischen Abstracts und den Autoren kann ggf. die Differenz zwischen der Zahl an Autoren und an Papieren, die einen anthropogenen Anteil befürworten, und solchen, die diesen ablehnen, erklärt werden. Allerdings sind die prozentualen Anteile fast identisch. 21 Zusatzmaterial zu John Cook et al.: Quantifying the consensus on anthropogenic global warming in the scientific literature; Environ. Res. Lett. 8 (2013) 024024 (7pp); doi:10.1088/1748-9326/8/2/024024. Im Internet abrufbar unter: http://iopscience.iop.org/article/10.1088/1748-9326/8/2/024024/meta [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]; Im Internet abrufbar unter: http://iopscience.iop.org/1748-9326/8/2/024024/media/erl460291suppdata .pdf [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 12 und das Ausmaß der dargestellten Überzeugung zur anthropogenen Klimaerwärmung einordnen: “(1) Explicit Endorsement with Quantification (2) Explicit Endorsement without Quantification (3) Implicit Endorsement (4) Neutral (5) Implicit Rejection (6) Explicit Rejection without Quantification (7) Explicit Rejection with Quantification”22 Die Selbsteinschätzung ergab, dass unter den selbst eingeschätzten Papieren, die eine Position zur anthropogenen Klimaerwärmung formulierten, 97,2 % den wissenschaftlichen Konsens bestätigten . Unter antwortenden Autoren, in deren Papier eine Position zur anthropogenen Klimaerwärmung formuliert wurde, unterstützten 96,4 % den Konsens. Abschliessend wird auf eine Publikation, die häufig zitiert wird, eingegangen. Diese ist nicht peer-reviewed, allerdings in einer der renommiertesten wissenschaftlichen Zeitschriften weltweit erschienen und unterliegt einem editorialen Auswahlprozess. In der Zeitschrift Science ist 2004 ein Artikel in der Kategorie Commentary and Perspective unter dem Titel „The Scientific Consensus on Climate Change“ erschienen23, in dem die Autorin der Frage nach dem wissenschaftlichen Konsens nachgeht.24 Hierzu analysiert sie 928 Abstracts aus peer-reviewed Zeitschriften aus den Jahren 1993 - 2003. Diese Publikationen ordnet sie sechs Kategorien zu: (1) Ausdrückliche Billigung des Konsenses, (2) Bewertung der Auswirkungen, (3) Abschwächende Vorschläge, (4) Methoden, (5) Paläoklima Analyse (6) Ablehnung der Konsensposition. 22 Ebd. 23 Diese Kategorie wird nach Ermessen des Editors gegutachtet und unterliegt somit nicht dem regulären Begutachtungsprozess (siehe hierzu: http://www.sciencemag.org/authors/science-information-authors). Da es sich bei der Zeitschrift um eine der renommiertesten naturwissenschaftlichen Zeitschriften überhaupt handelt und zudem häufig zitiert wird, wird die Studie in dieser Arbeit aufgenommen. 24 Naomi Oreskes : The Scientific Consensus on Climate Change; 3.12.2004 VOL 306 SCIENCE im Internet abrufbar unter: http://science.sciencemag.org/content/sci/306/5702/1686.full.pdf [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 13 Von 928 Publikationen fallen 75 % in die ersten drei Kategorien, 25 % in die Kategorien vier und fünf; hier wurden keine Positionen zum aktuellen anthropogenen Klimawandel bezogen. Keine Arbeit fiel in die Kategorie sechs. 3. Beispiele der „unconvinced evidence“-Gruppe Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte keine peer-reviewed Studie zum Ausmaß und der Qualität des Konsens unter Wissenschaftlern gefunden werden, die zwar ganz allgemein einen gewissen Grad der Erwärmung des Klimas annehmen, aber das Ausmaß des menschlichen Beitrags als verhältnismäßig gering einschätzen. Darum werden im Folgenden zwei peer-reviewed Studien von Wissenschaftlern sowie deren Diskurs vorgestellt, die den anthropogenen Beitrag zum Klimawandel für vergleichsweise gering ansehen. Zudem wird kurz auf die Diskussion zur Verwendung von Satellitenmessungen eingegangen. 3.1. Globale Temperaturveränderungen im Ozean Roy W. Spencer & William D. Brawell: The Role of ENSO in Global Ocean Temperature Changes during 1955-2011 Simulated with a 1D Climate Model25 Erschienen ist die Publikation 2014 nach Peer-Reviewing in der Zeitschrift Asia-Pacific Journal of Atmospheric Sciences26. Die Autoren simulieren globale durchschnittliche Meerestemperaturschwankungen bis 2.000 m Tiefe in den Jahren 1955 - 2011 mittels eines „40 layer 1D forcingfeedback -mixing“-Modells. Es werden dabei drei Szenarien betrachtet: (1) nur menschliche und vulkanische Einflüsse (d.h. vom Menschen verursachte globale Erwärmung und Kühleffekte nach Vulkanausbrüchen); (2) zusätzlich interne Variabilität des Klimas im Zusammenhang mit der Ozeanmischung; (3) zusätzliche Eneregieänderungsaspekte. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis , dass die Sensibilität27 des Erdklimas gegenüber zunehmender Treibhausgasemmissionen in herkömmlichen Modellen deutlich überschätzt werde. 25 Im Internet abrufbar unter: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2Fs13143-014-0011-z.pdf [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. 26 Hierbei handelt es sich um eine vierteljährlich erscheinende peer-reviewed Zeitschrift, die verschiedene Bereiche atmosphärischer Wissenschaften abdeckt und 2016 einen Impact Factor von 1,65 hatte. Es ist eine Zeitschrift der Korean Meteorological Society (KMS), die im Springer-Verlag Science+Business Media S.A erscheint. Zum Vergleich: Der Impact Faktor der eingangs zitierten Zeitschrift PNAS lag 2016 bei 9,661. 27 globale Erwärmung der Erdatmosphäre durch die Wirkung von Treibhausgasen im Verhältnis zu einer Strahlungseinheit . Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 14 Das Papier wird in einem ebenfalls peer-reviewed Artikel, der 2014 in der Zeitschrift Journal of Earth cience & Climate Change28 erschienen ist, von einer Forschergruppe aus den USA kritisiert .29 Zu den Kritikpunkten zählen unter anderem, dass die Autoren von einer vollen globalen Ozeanabdeckung ausgingen (statt tatsächlicher 70 %), die sogenannte advektive Wärmeübertragung vernachlässigten, eine asymmetrische Temperaturleitfähigkeit für ihre Wärmeberechnungen benutzten und für das Modell einen Ozeanprozess (El-Nino-Zyklus) global heranzögen, der nur eine begrenzte Region des Pazifiks betreffe. 3.2. Zum Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur Syun-Ichi Akasofu: On the Present Halting of Global Warming30 Der peer-reviewed Artikel ist 2013 in der Zeitschrift Climate31 erschienen. Der Autor stellt fest, dass der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur seit ca. 2000 unverändert sei, obwohl die Freisetzung von CO2 in die Atmosphäre weiter steige. Es würden – so der Autor - in diesem Papier Hinweise gegeben, dass diese Unterbrechung durch die Aussetzung des nahezu linearen Temperaturanstiegs in den letzten zwei Jahrhunderten aufgrund der Erholung von der Kleinen Eiszeit durch eine überlagerte multidekadische Schwingung verursacht werde, die ihren positiven Höhepunkt um das Jahr 2000 erreicht habe. Es sei wahrscheinlich, dass sowohl der nahezu lineare Anstieg als auch die multidekadische Schwingung in erster Linie natürlichen Ursprungssei . Um die Auswirkungen von CO2 in den letzten zwei Jahrhunderten abschätzen zu können, sei es daher erforderlich, dass diese natürlichen Komponenten des Klimawandels aus realen Temperaturdaten herausgenommen würden. Eine Kommentierung des Artikels ist darauffolgend in derselben Zeitschrift erschienen. Hierin halten die kommentierenden Autoren fest, dass der Einfluss der Ozeanschwingungen auf die atmosphärischen Temperaturen tatsächlich von einigen Forschern derzeit betrachtet werde; allerdings werde die Behauptung, dass der lineare Temperaturanstieg innerhalb von zwei Jahrhunderten eine Erholung von einer kürzlichen Kühlperiode sei, nicht von den Daten gestützt. Darüber hinaus sei diese Wärmerückgewinnungshypothese nicht verbunden mit irgendeinem physikali- 28 Hierbei handelt es sich um ein peer reviewed open access-Journal von omicsonline (https://www.omicsonline .org/earth-science-climatic-change.php [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]); Der Impact Factor liegt derzeit bei 1,16. 29 Abraham JP, Kumar S, Bickmore BR, Fasullo JT (2014) Issues Related to the Use of One-dimensional Ocean-diffusion Models for Determining Climate Sensitivity. J Earth Sci Clim Change 5: 220. Doi: 10.4172/2157- 7617.1000220; https://www.omicsonline.org/open-access/issues-related-to-the-use-of-one-dimensional-oceandiffusion -models-for-determining-climate-sensitivity-2157-7617.1000220.php?aid=30958 [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. 30 Syun-Ichi Akasofu: On the Present Halting of Global Warming; Climate 2013, 1, 4-11; doi:10.3390/cli1010004; http://www.mdpi.com/2225-1154/1/1/4/pdf [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. 31 Climate ist eine wissenschaftliche peer-reviewed open access Zeitschrift, die seit Juni 2013 vierteljährlich vom MDPI (Multidisciplinary Digital Publishing Institute) herausgegeben wird. Bislang ist kein Impact Factor erschienen , Scopus Zitationsdetails sind im Internet abrufbar unter: https://www.scopus .com/sourceid/21100826864 [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018].. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 067/18 Seite 15 schen Phänomen, sondern das Ergebnis einer einfachen und zudem inkorrekten Kurven-Anpassungsprozedur . Weitere Fehler innerhalb des Papiers seien: die Behauptung, dass die Erwärmung der Erde gestoppt habe, ein Missverständnis des Zusammenhangs zwischen Kohlendioxidkonzentration und der daraus resultierende Strahlungseinwirkung und das Versäumnis, auch andere Einwirkungen als Kohlendioxid zu berücksichtigen (andere Treibhausgase, atmosphärische Aerosole , Landnutzungsänderungen usw.). Dadurch würden jegliche Schlussfolgerungen des Artikels in Frage gestellt.32 3.3. Diskussion zur Satellitenmessmethodik Wie jede der unterschiedlichen Temperaturmessungsmethoden gibt es auch bei dem Einsatz der Satellitenmessmethoden Vor- und Nachteile. Auf diese wird hier im Einzelnen nicht eingegangen . Die ersten Arbeiten, die diese Methodik angewendet haben, kamen zum Schluss, dass sich die untere Erdatmosphäre sogar abkühle. In der Zwischenzeit wurden Korrekturen an der Methodik vorgenommen und neue Daten gewonnen, so dass die ursprünglichen Schlussfolgerungen einer Abkühlung der Troposphäre dahingehend modifiziert wurden, dass eine Erwärmung stattfinde . Die wissenschaftliche Diskussion zur Satellitenmessung zog sich über Jahre hin. Von kritisierenden Forschergruppen wurde vor allem ein Fehler bei der tageszeitlichen Korrektur von Satellitendaten identifiziert. Dieser Fehler wurde von den ursprünglich die Abkühlung postulierenden Wissenschaftlern 2005 in einer Publikation (einem „Letter“ in der wissenschaftlichen Zeitschrift Science) korrigiert.33 In dieser Publikation mit dem Titel „Correcting Temperature Data Sets“ korrigieren sie ihre Angabe auf eine Erwärmung von +0.123 K/Dekade.34 **** 32 Dana A. Nuccitelli et al.: Comment on: Akasofu, S.-I. On the Present Halting of Global Warming. Climate 2013, 1, 4–11; im Internet abrufbar unter: http://www.mdpi.com/2225-1154/1/2/76 [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. 33 John R. Christy et al.: Correcting Temperature Data Sets. Science 11 Nov 2005: Vol. 310, Issue 5750, pp. 972- 973; DOI: 10.1126/science.310.5750.972. Im Internet abrufbar unter: http://science.sciencemag.org/content /310/5750/972.long [zuletzt abgerufen am 16. Juli 2018]. 34 Angabe von Temperaturdifferenzen erfolgt in Kelvin. Hierbei entspricht eine Temperatur von 0° C umgerechnet 273,15 K. K/Dekade: Kelvin pro Dekade