DOKUMENTATION Thema: Gesundheitliche Einflüsse von Windkraftanlagen auf den Menschen Fachbereich VIII Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Abschluss der Arbeit: 17. März 2003 Reg.-Nr.: WF VIII G-065-03 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung. Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages, das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 2 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Vorbemerkung 2 2. Literaturrecherchen 3 2.1. Geräusche / Lärm 3 2.2. Infraschall 4 2.3. Optische Emissionen / Reflektierendes Licht (Disko-Effekt) 5 2.4. Schattenwurf 5 2.5. Sturm / Eiswurf 6 3. Urteile 6 4. Diskussion 6 4.1. Rechtsvorschriften 6 4.2. Bewertung der Risiken nach gegenwärtigem Kenntnisstand 6 5. Anlagen 7 1. Vorbemerkung In Ergänzung der am 14. März 2003 per E-Mail zugestellten Literaturrecherchen wird im Folgenden auf die seit Einsatz von Windkraftanlagen unterschiedlich beurteilten und diskutierten möglichen Risiken für die Gesundheit des Menschen eingegangen und eine Einschätzung des vorliegenden Materials vorgenommen. Zu Einflüssen auf Kinder / Kleinkinder sind der Literatur nur wenige Angaben zu entnehmen, so dass hier hauptsächlich Analogieschlüsse zu ziehen sind. Als mögliche Risiken von Windkraftanlagen kommen Lärmbelästigung, Schattenwurf, biologische Wirkungen durch Körper- oder Infraschall sowie Unfälle durch Eiswurf oder bei Sturm in Betracht. Bei Altanlagen kann der so genannte Disko-Effekt (pulsierende Sonnenreflexionen / reflektierendes Licht) auftreten. Allgemein wird davon ausgegangen, dass die genannten Effekte bei Einhaltung eines bestimmten Mindestabstandes zur Wohnbebauung (mindestens 500 m) keinen Einfluss auf das Wohlbefinden ausüben.1 1 http://www.gegenwind-ev.de/020227.htm (27.02.2002). - 3 - 2. Literaturrecherchen Aufgrund bisher fehlender systematischer Forschungen erlauben die Recherchen keine grundsätzliche Aussage zu gesundheitlichen Risiken. Die Angaben sind meist nur das Ergebnis kleinerer wissenschaftlicher Studien mit geringer Probandenzahl.2 2.1. Geräusche / Lärm Der von Windkraftanlagen ausgehende Lärm führt zu Belästigungen und kann bei Dauereinwirkung speziell bei empfindlichen Personen gesundheitliche Beeinträchtigungen in Form von Schlafstörungen, Ermüdung und Angstzuständen zur Folge haben (Anlagen 1 und 2). Bei längerfristigen Lärmbelastungen sind Veränderungen im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems nicht auszuschließen. In einer Zusammenstellung des Bundesverbandes für Landschaftsschutz (BLS) e. V. von O. Wolfrum - allerdings aus dem Jahr 1995, als die Entfernungen der Windkraftanlagen zu Wohngebieten teilweise noch sehr gering waren - wird erwähnt, dass Kinder nachts wegen des Lärms aufwachen (Anlage 3, S. 34). Vom Hersteller der Windkraftanlagen sind Angaben zu der Geräuschemission nach einem international genormten Messverfahren zu machen (s. Anlage 2, S. 2). Als typischer Schallleistungspegel von Windenergieanlagen mit Nennleistungen zwischen 500 kW und 2 MW kann aufgrund der Datenlage ein Wert von 103 dB (A) genannt werden (Anlage 2, S. 4). Die Geräusche sind abhängig von der Windgeschwindigkeit, die in der Höhe des Rotors herrscht. Mit zunehmender Windgeschwindigkeit steigt zunächst die erzeugte elektrische Leistung und auch die Schallemission. Bei hohen Windgeschwindigkeiten verursacht der Wind allein schon nennenswerte Schalldruckpegel (s. Anlage 2, S. 16). Bei ausreichendem Abstand zu Wohnhäusern, der inzwischen lt. Angaben des Umweltbundesamtes zu berücksichtigen ist, lässt sich die Geräuschbelästigung minimieren. So sollte ein Abstand von 500 bis 1000 m geeignet sein, um die Geräuschpegel so zu reduzieren, dass keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind.3 2 http://huegelland.tripod.com/infraschall.htm (S. 2). 3 Tel. Information vom 14. März 2003. - 4 - 2.2. Infraschall „Infraschall ist ein Schall mit einer Frequenz von 0 bis 20 Hz und wird auch tieffrequenter Schall genannt. Der Mensch kann Infraschall nur indirekt spüren, indem er die erzeugten Schallwellen sehr schwach als Vibration wahrnimmt. Wird der Infraschall als belästigend empfunden, gilt er als Lärm, obwohl er nicht hörbar ist.“4 Infraschall entsteht überall dort, wo Geräte mit großen betriebsbedingten Schwingungen auftreten. Messtechnisch kann nachgewiesen werden, dass Windenergieanlagen Infraschall verursachen. „Die Rotorflügel sind exzellente Erzeuger von luftgeleitetem Infraschall“ (Anlage 4, S. 1). Eine Auswertung von 100 Literaturquellen zeigt, dass bei Infraschall die gleichen Wirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden wie bei hörbarem Schall (Lärm) nicht auszuschließen sind.56 Die festgelegten Infraschallpegel der Windkraftanlagen liegen allerdings weit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Menschen und gelten nach Angaben des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen damit als harmlos.7 Auch das bayerische Landesamt für Umweltschutz stellt fest: „Die im Infraschallbereich liegenden Schallimmissionen liegen weit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Menschen und führen daher zu keinen Belästigungen.“ (Anlage 2, S. 15). Eine Vielzahl gleichartiger Anlagen erhöht jedoch den Schallpegel. Langjährige Exposition könnte bei gleichzeitiger Einwirkung von zusätzlichem Industrieschall zu einer Beschleunigung und Verstärkung der Entwicklung eines Hörverlustes führen (Anlage 5).8 Darüber hinaus werden von bei entsprechender Exposition u. a. folgende Gesundheitsbeeinträchtigungen diskutiert: Augenbeschwerden, Blutdruckbeeinflussung, Depressionen, Durchblutungsstörungen, Gleichgewichtsstörungen, Beeinflussung der Herzschlagfrequenz und der Hypophysenfunktion sowie das Auftreten von Tinnitus. Allerdings wird hier wiederum darauf hingewiesen, dass diese Angaben das Ergebnis kleinerer wissenschaftlicher Studien sind und ein dringendes öffentliches Bedürfnis nach Klärung durch größere Forschungsprojekte besteht.9 (DEWI = Deutsches Windenergie-Institut GmbH) kommt im Zusammenhang mit den Bedenken gegen Windkraftanlagen zu folgendem 4 http://www.naturstrom.de/lexikon/i/infraschall.htm. 5 http://huegelland.tripod.com/infraschall.htm (S. 1); R. Bartsch; Die biologische Wirkung von luftgeleitetem Infraschall. 6 Biologische Wirkung von vorwiegend luftgeleitetem Infraschall. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. 7 Sachinformationen zu Geräuschemissionen und –immissionen von Windenergien, S. 14 (Anlage 2) 8 http://www.baua.de/info/ld/ld07.htm (Anlage 6, S. 1). 9 http://www.landskapsskydd.nu/utland/1gesund.htm. - 5 - Schluss: „Eine unbestrittene Tatsache ist, dass dort wo Infraschall-Ängste vor der Errichtung eines Windparks systematisch geschürt werden, die Anwohner aus Angst vor den vielen in Aussicht gestellten Krankheiten nicht mehr ruhig schlafen können.“10 2.3. Optische Emissionen / Reflektierendes Licht (Disko-Effekt) „An sonnigen Tagen kann im Nahbereich von Windturbinen der Diskoeffekt in Form von Lichtreflexen an den Rotorblättern auftreten. Diese Lichtreflexe sind jedoch nur zufällig und kurzzeitig wahrnehmbar; mit einer Beeinträchtigung über mehrere Stunden ist nicht zu rechnen. Verursacht wird dieser Effekt im Allgemeinen durch spiegelnde Oberflächen. Die Hersteller tragen mittlerweile matte Farben auf die Rotorflächen auf, so dass der Diskoeffekt bei neueren Maschinen keine Rolle mehr spielt.“ (Anlage 6, S. 1). 2.4. Schattenwurf Bei Sonnenschein geht von den Rotorblättern ein sich bewegender Schlagschatten aus, der einen Stressfaktor darstellen kann. „Der Schattenwurf ist abhängig von den Wetterbedingungen, der Windrichtung und dem Sonnenstand sowie dem Betrieb der Anlage. Unterschieden wird zwischen der theoretisch maximal möglichen Einwirkzeit, wobei stets Sonnenschein, eine ungünstige Windrichtung und drehende Rotoren vorausgesetzt werden, und der realen Einwirkzeit, in welcher der Schatten unter normalen Wetterbedingungen berechnet wird. Untersuchungen haben ergeben, dass Schattenwurfzeiten nur 20 Prozent der theoretisch möglichen absoluten Schattenwurfdauer von maximal 30 Stunden im Jahr betragen. Bei Grenzfällen ist im Baugenehmigungsverfahren mit einem Gutachten nachzuweisen, dass keine unzulässigen Schattenemissionen auftreten. Im Vergleich zu Windturbinen ist der von Bäumen und Laternen am Wegrand ausgehende Schattenwurf während einer Auto- oder Zugfahrt wesentlich intensiver.“ (Anlage 6, S. 7). Nach einer Information des Umweltbundesamtes (Berlin) sind Abstandsregeln einzuhalten, da der Licht- und Schattenwurf bei Anlagen, die über 100 m hoch sind, bei einer Einwirkungszeit von 30 Stunden pro Jahr störend ist. Gemäß einer Festlegung ist sicher zu stellen, dass bei einer 100 m hohen und nicht mehr als 1 km entfernten Anlage der Schattenwurf nicht mehr als acht Stunden im Jahr und nicht mehr als 30 min täglich auftritt.11 10 Infraschall bei Windenergieanlagen. Neue Energie (1) 1996, S. 22. 11 Tel. Information vom 14. März 2003. - 6 - 2.5. Sturm / Eiswurf Im Winter besteht die Gefahr von Eisbildung an den Rotorblättern. Über Unfälle und Eiswurfgefährdung wird in persönlichen Mitteilungen einzelner Personen im Internet berichtet.12 Es können sich Eisplatten von den Rotorblättern lösen und weggeschleudert werden.13 Bei ausreichendem Sicherheitabstand von 500 m zwischen Windkraftanlagen und Straßen bzw. Wegen sollte dieses Risiko ausgeschaltet sein.14 3. Urteile Die aus der JURIS-Datenbank recherchierten Urteile betreffend Windkraftanlagen wurden zusammen mit weiterer Literatur sowie Literaturhinweisen und Presseartikeln per E-Mail bereits am 14. März 2003 zugestellt. 4. Diskussion 4.1. Rechtsvorschriften Nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BISchG) und den Verordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes sind Windkraftanlagen grundsätzlich anzeigepflichtig und Windfarmen mit drei oder mehr Windkraftanlagen genehmigungspflichtig, wobei Pflichten nach § 5 BImSchG einzuhalten sind. 4.2. Bewertung der Risiken nach gegenwärtigem Kenntnisstand Da bisher keine umfassenden Studien (mit ausreichender Probandenzahl unter definierten Bedingungen) zu Einflüssen von Windkraftanlagen auf die menschliche Gesundheit bekannt sind, lassen die Literaturrecherchen und teilweise sehr individuellen Eindrücke von Personen15 keine allgemein gültigen Schlüsse hinsichtlich der Risiken zu. Aufgrund der Zunahme der Quellenzahl von Infraschall, wie er auch von Windkraftanlagen ausgeht, ergibt sich verstärkt der Bedarf nach Klärung im Rahmen größerer Forschungsprojekte. „Aus heutigem Kenntnisstand heraus sollten Windkraftanlagen deshalb lediglich weitab von menschlichen Ansiedlungen, besser noch, nicht in deren Sichtweite errichtet werden. Diese Faustregel hat keine besondere wissenschaftliche Begründung, sondern ist der Intensitätsabnahme von Schall pro Meter Abstand geschuldet, die für jede Art Schall gilt. (......) Gesundheitlich muss auch für solche neuen Technologien, heute von Teilen der Bevölkerung als grundsätzlich positiv 12 http://wilfriedheck.tripod.com/unf.htm. 13 http://pro-joe.bei.t-online.de/Joelle9.htm. 14 Tel. Information vom 14. März 2003 und Bundesverband Landschaftsschutz (BLS) Pressemitteilung vom 25. März 1999. - 7 - akzeptiert, die gleiche gesundheitliche Unbedenklichkeit gelten, wie für alle andere Technik.“16 5. Anlagen 1. Welche Lärmbelästigungen gehen von Windkraftanlagen aus? 2. Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen: Sachinformationen zu Geräuschemissionen und –immissionen von Windenergieanlagen. 3. Fragen und Antworten zur Windenergienutzung in Deutschland. 4. Die biologische Wirkung von luftgeleitetem Infraschall. 5. Biologische Wirkung von vorwiegend luftgeleitetem Infraschall. 6. Bundesverband Windenergie e. V.: Grundlagen zur Windenergie. 15 http://www.landskapsskydd.nu/utland/1gesund.htm. 16 http://www.landskapsskydd.nu/utland/1gesund.htm. S. 4.