© 2015 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 062/15 Unterschiedliche Wahrnehmung von Flug-, Straßen- und Schienenverkehrslärm Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 062/15 Seite 2 Unterschiedliche Wahrnehmung von Flug-, Straßen- und Schienenverkehrslärm Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 062/15 Abschluss der Arbeit: 12. September 2015 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 062/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Lärm beeinträchtigt Lebensqualität 4 2. Unterschiedliche Wahrnehmung von Verkehrslärm 5 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 062/15 Seite 4 1. Lärm beeinträchtigt Lebensqualität „Eine der Umweltbelastungen, von denen sich die Bürgerinnen und Bürger am meisten betroffen fühlen, ist Lärm. Lärmbelästigungen am Wohnort treffen unterschiedliche Bevölkerungsgruppen unterschiedlich stark. Sie hängen unmittelbar mit den individuellen Möglichkeiten zusammen, zum Beispiel inwieweit sich die Menschen ruhigere – und damit meist teurere – Wohngebiete leisten können oder nicht. Die jeweilige Lärmbelästigung ist daher ein wichtiger Indikator für Umweltgerechtigkeit und wurde – wie in den Vorgängerstudien – auch 2014 differenziert nach unterschiedlichen Lärmquellen erhoben. Die meisten fühlen sich in irgendeiner Form durch Lärm belästigt. Insgesamt von Lärm überhaupt nicht gestört oder belästigt fühlt sich gerade einmal ein Viertel der Befragten. Allerdings sieht sich auch nur jede oder jeder Zehnte von Lärm äußerst stark oder stark gestört. Zwei Drittel meinen, dass Lärm sie mittelmäßig oder etwas belästigt. Dieser Anteil ist in den (möglicherweise altersbedingt weniger lärmempfindlichen) traditionellen und in den (meist privilegiert wohnenden ) gehobenen Milieus leicht unterdurchschnittlich (minus sieben beziehungsweise minus vier Prozentpunkte). Im bürgerlichen Mainstream sowie in den einfachen, prekären Milieus, die oft mehrfachen Lärmquellen – Straße, Schiene, Flugverkehr, Industrie, Nachbarn und so weiter – ausgesetzt sind, ist der Anteil geringfügig überdurchschnittlich (plus vier beziehungsweise drei Prozentpunkte). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 062/15 Seite 5 Straßenverkehrslärm stört die meisten Bei den einzelnen abgefragten Lärmquellen steht der Straßenverkehr mit Abstand im Vordergrund (siehe obige Abbildung). Insgesamt 54 Prozent der Befragten fühlen sich durch Straßenverkehrslärm zumindest etwas gestört oder belästigt. An zweiter Stelle steht der Lärm aus der Nachbarschaft . Jeweils etwas mehr als ein Fünftel der Befragten fühlt sich durch den Flugverkehr sowie Industrie und Gewerbe und 17 Prozent durch Schienenverkehrslärm gestört. Gegenüber 2012 ist auf Grundlage der CAPI-Befragung, bei der die gleiche Frageformulierung wie 2012 verwendet wurde, die (gefühlte) Belästigung durch Lärm gleich geblieben oder geringer geworden“1. 2. Unterschiedliche Wahrnehmung von Verkehrslärm Im Jahre 2008 veröffentlichten Julia Quehl und Mathias Basner eine Untersuchung mit dem Titel: „Nächtlicher Flug-, Straßen- und Schienenverkehrslärm: Belästigungsunterschiede und kumulative Wirkungen“. Dazu wurden in drei aufeinander folgenden laborexperimentellen Studien die kumulative Wirkung nächtlichen Verkehrslärms mit insgesamt 72 gesunden und altersentsprechend normal hörenden Versuchspersonen (32 Männer, 40 Frauen) im Alter von 19 bis 71 Jahren untersucht. Als Studienzeitraum fungierten elf aufeinander folgende Nächte im Schlaflabor. Die erste Nacht war lärmfrei und diente der Gewöhnung an die Laborbedingungen. Nacht 11 wurde als Back-up im Falle des Verlusts wichtiger elektrophysiologischer Daten genutzt. Während der neun Beschallungsnächte 2 bis 10 wurden neun verschiedene Verkehrslärmmuster in die zuvor akustisch eingemessenen Schlafräume über Lautsprecher dargeboten. Belästigung durch nächtlichen Verkehrslärm „Die Versuchspersonen wurden morgens befragt, welche Verkehrslärmarten sie in der Nacht wahrgenommen haben. War es der Lärm von zwei oder drei Verkehrsträgern, dann wurden sie gefragt, durch welche der Verkehrslärmarten. sie sich stärker (zwei Verkehrslärmarten: „Durch welche Verkehrslärmart fühlten Sie sich in der vergangenen Nacht STÄRKER belästigt?") oder am stärksten (drei Verkehrslärmarten: „Durch welche Verkehrslärmart fühlten Sie sich in der vergangenen Nacht AM STÄRKSTEN belästigt?") belästigt fühlten. Im direkten Vergleich belästigt Fluglärm stärker als Bahnlärm (68% vs. 32%) und stärker als Straßenverkehrslärm (73% vs. 27 %). Auch in Nächten, in denen alle drei Verkehrslärmarten wahrgenommen wurde, belästigte Fluglärm am stärksten (70% vs. 13% bzw. 17%). Im direkten Vergleich zwischen Bahnlärm und Straßenverkehrslärm fühlten sich mehr Probanden durch den Bahnlärm stärker belästigt (64% vs. 36%)“2 1 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) (2015).Umweltbewusstsein in Deutschland 2014. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage. Berlin, März 2015. http://www.umweltbundesamt .de/sites/default/files/medien/378/publikationen/umweltbewusstsein_in_deutschland_2014.pdf. S. 44f. 2 Quehl, Julia; Basner, Mathias(2008). Nächtlicher Flug-, Straßen- und Schienenverkehrslärm: Belästigungsunterschiede und kumulative Wirkungen. http://www.dlr.de/me/Portaldata/25/Resources/dokumente/flugphysiologie /Laerm_x493.pdf. S. 243 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 062/15 Seite 6 F = Fluglärm, S = Straßenlärm, Z = Zuglärm „Aus den vorliegenden .Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass die Fluglärmbelästigung höher ausfällt, wenn zusätzlich zum Fluglärm eine zweite oder dritte Verkehrslärmquelle auf den Betroffenen einwirkt. Eine Fluglärmsituation, in der zusätzlich eine oder zwei Quellen gegeben sind, wird negativer eingestuft als eine Bedingung, in der es „nur" Fluggeräusche gibt. Wie bereits in anderen Untersuchungen zur Belästigungswirkung von Verkehrslärm deutlich gemacht wurde, sind bei der Beurteilung von Geräuschsituationen, in denen mehr als ein Lärmverursacher einwirkt, die einzelnen Quellen nicht einzeln und getrennt voneinander zu bewerten. Die bisherigen Studien gelten allerdings für den Tag und nicht für die nächtliche Verkehrslärmexposition . Vergleichbare Untersuchungen zur kumulativen Lärmwirkung mehrerer Verkehrsträger in der Nacht existieren momentan praktisch nicht. Da die vorliegenden Ergebnisse auf Befragungen zur Wirkung nächtlichen Verkehrslärms unter Laborbedingungen basieren, ist ihre Übertragbarkeit auf die Gegebenheiten in der realen Wohnumgebung von Flughafenanwohnern begrenzt. Nur durch die Untersuchung im Labor war es jedoch möglich, durch die systematische Kombination der Verkehrslärmarten mögliche kumulative Effekte zu überprüfen. Um die Gültigkeit der Ergebnisse für das Feld zu verifizieren, sind weitere Studien erforderlich, anhand derer das Zusammenwirken mehrerer Verkehrslärmarten modelliert und valide Regeln zur Gesamtlärmwirkung definiert werden können“.3 Ende der Bearbeitung 3 Ebenda: 245.