© 2020 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 059/20 Abfackelung von Gasen im Rahmen der Erdgasförderung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 059/20 Seite 2 Abfackelung von Gasen im Rahmen der Erdgasförderung Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 059/20 Abschluss der Arbeit: 8. Oktober 2020 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 059/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Rechtliche Grundlagen 4 2.1. Nach dem BImSchG genehmigungsbedürftige Fackeln 4 2.1.1. Luftverunreinigungen 4 2.1.2. Lichtimmissionen 4 2.1.3. Geräuschbelastung 5 2.2. Nicht nach dem BImSchG genehmigungsbedürftige Fackeln 5 3. Einhaltung der Betreiberpflichten 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 059/20 Seite 4 1. Einleitung Bei der Erdgasförderung ist das Abfackeln von brennbaren gasförmigen Stoffen grundsätzlich nur aus sicherheitstechnischen Gründen (z.B. zur Druckabsicherung in Gastrocknungsanlagen) oder aus besonderen betrieblichen Erfordernissen (z.B. Wartungsarbeiten an Fernleitungen, Reinigungsarbeiten an Erdgasbohrungen) notwendig. Betriebliche Erfordernisse ergeben sich aus diskontinuierlich anfallenden, stark schwankenden oder nur in kurzen Zeitspannen anfallenden Gasmengen, z.B. auch bei Test- und Freiförderarbeiten. Ein kontinuierlicher Fackelbetrieb ist bei Anlagen der Erdgasförderung im Regelfall nicht vorgesehen.1 2. Rechtliche Grundlagen 2.1. Nach dem BImSchG genehmigungsbedürftige Fackeln Die Förderung von Erdgas unterliegt der Genehmigungspflicht nach dem Bundesberggesetz (BBergG) sowie den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften des Umweltrechts, wie etwa dem BImSchG. Gemäß Ziff. 8.1.3 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV bedürfen Anlagen zum Abfackeln von Deponiegas oder anderen gasförmigen Stoffen, ausgenommen über Notfackeln, die für den nicht bestimmungsgemäßen Betrieb erforderlich sind, einer Genehmigung nach § 4 BImSchG. § 5 BImSchG normiert die Betreiberpflichten für genehmigungsbedürftige Anlagen. Diese sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) bzw. durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen Vorsorge getroffen wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG). 2.1.1. Luftverunreinigungen Zur Konkretisierung dieser Betreiberpflichten enthält Ziff. 5.4.8.1a.2.2 der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) bestimmte bauliche und betriebliche Anforderungen für Anlagen zum Abfackeln von brennbaren gasförmigen Stoffen, die nicht aus Abfallbehandlungsanlagen stammen. Dazu zählt die Anforderung, dass die Mindesttemperatur bei Fackeln in der Flamme 850° C betragen soll, und bei Fackeln zur Verbrennung von Gasen aus Betriebsstörungen und Sicherheitsventilen ein Emissionsminderungsgrad von 99 %, bezogen auf den Gesamtkohlenstoff , nicht unterschritten werden soll. Vorgaben hinsichtlich des zeitlichen Betriebes von Fackeln sind der TA Luft nicht zu entnehmen. 2.1.2. Lichtimmissionen Weitere konkretisierende Anhaltspunkte liefert der Beschluss der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) „Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von 1 Umweltbundesamt (2018): Kurzstudie „Bewertung der Vorkettenemissionen bei der Erdgasförderung in Deutschland“, CLIMATE CHANGE 02/2018, S. 10; Niedersächsischer Landtag (2014): Antworten auf Mündliche Anfragen, Drucksache 17/1535, S. 28; Niedersächsischer Landtag (2014): Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort, Drucksache 17/1832, S. 2; ExxonMobil (2019): Förderung von Erdgas, https://www.erdgas-aus-deutschland.de/Erdgas/Forderung/Forderung-von-Erdgas (letzter Zugriff: 5.10.2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 059/20 Seite 5 Lichtimmissionen“. Er empfiehlt in Ziff. 6.10. eine Begrenzung der Betriebsdauer auf die nötige Zeit. Insbesondere während des Beurteilungszeitraumes „nachts“ könne eine Abschaltung oder Reduzierung des Beleuchtungsniveaus sinnvoll sein. Die Landesregierung Niedersachsen2 teilte in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage mit, dass Fackelarbeiten in Abstimmung mit den Förderunternehmen nur noch dann im Dunkeln durchgeführt würden, wenn dies aus Sicherheitsgründen oder technischen Gründen erforderlich sei, um unnötige Belästigungen der Nachbarschaft durch Lichteinwirkungen zu vermeiden.3 2.1.3. Geräuschbelastung Zur Konkretisierung im Bereich akustischer Umwelteinwirkungen enthält die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) Immissionsrichtwerte differenziert nach den Beurteilungszeiten „tags“ (6:00-22:00 Uhr) und „nachts“ (22:00-6:00 Uhr) unter Berücksichtigung von Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit beispielsweise für Wohngebiete. Hinsichtlich der Geräuschemission von Fackeln sowie möglicher Maßnahmen zur Geräuschminderung bietet die technische Regel des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) 3732 „Emissionskennwerte technischer Schallquellen – Fackeln“ 4 nähere Anhaltspunkte. Eine nennenswerte Pegelreduzierung sei bei Hochfackeln durch Beeinflussung der Ausstromgeräusche des Dampfes möglich. Eine rauchlose Verbrennung ganz ohne Dampf, wie z.B. für Erdgas, sei deutlich leiser. Hier wachse die Schallleistung mit zunehmender Austrittsgeschwindigkeit des Fackelgases. 2.2. Nicht nach dem BImSchG genehmigungsbedürftige Fackeln Handelt es sich bei einer Fackel um eine nicht-genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne des BImSchG, so gelten die Betreiberpflichten des § 22 BImSchG. Diese Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften wie die TA Luft und die TA Lärm sowie technische Regelwerke können als Beurteilungsgrundlage herangezogen werden. Bei Fackeln zur Verbrennung von Gasen aus Betriebsstörungen und Sicherheitsventilen sind emissionsbegrenzende Anforderungen im Einzelfall festzulegen (5.4.8.1a.2 TA Luft). 3. Einhaltung der Betreiberpflichten Die Einhaltung der Betreiberpflichten gemäß § 22 BImSchG wird im Zulassungsverfahren nach dem BBergG durch Vorlage entsprechender Betriebspläne, die Einhaltung der Betreiberpflichten gemäß § 5 BImSchG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren geprüft. Die behördliche Entscheidung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. Auflagen zur zeitlichen 2 Der Anteil Niedersachsens an der deutschen Erdgasförderung beträgt 96,7 %. 3 Drucksache 17/1832, S. 3 (siehe Fn. 1). 4 Die Technischen Regeln in der DIN-Norm 25457 „Erdöl-, petrochemische und Erdgasindustrie - Fackeln für den allgemeinen Betrieb in Raffinerien und petrochemischen Service“ betreffen Auswahl, Planung, Baubeschreibung , Betrieb und Wartung von Fackeln. Vorgaben zu bestimmten Betriebszeiten sind darin nicht enthalten. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 059/20 Seite 6 Einschränkung von planbaren Fackeleinsätzen sind im Einzelfall denkbar. Über die diesbezügliche Genehmigungspraxis liegen hier jedoch keine Erkenntnisse vor. ***