CO2-Bilanzen verschiedener Energieträger im Vergleich Zur Klimafreundlichkeit von fossilen Energien, Kernenergie und erneuerbaren Energien - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 8 - 056/2007 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages CO2-Bilanzen und Netto-Energiebilanzen verschiedener Energieträger Klimafreundlichkeit von fossilen Energien, Kernenergie und erneuerbaren Energien im Vergleich Ausarbeitung WD 8 - 056/2007 Abschluss der Arbeit: 04.04.2007 Fachbereich WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - Zusammenfassung - Der anthropogene Klimawandel wird zu erheblichen Teilen durch Treibhausgase – vor allem CO2 – verursacht, die im Zuge der menschlichen Energiegewinnung produziert und in die Atmosphäre emittiert werden. Eine Möglichkeit, die Emissionsmengen zu reduzieren, besteht darin, von „klimaschädlichen“ (CO2-intensiveren) auf „klimafreundlichere “ (CO2-ärmere) Energieformen umzusteigen. Um solche Änderungen im Energie -Mix im einzelnen beurteilen zu können, ist es notwendig, die jeweiligen CO2- Intensitäten aller Energieträger im Vergleich zu kennen. Der vorliegende Text gibt einen Überblick über die CO2-Intensitäten der fossilen Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas), der Kernenergie und verschiedener Formen der erneuerbaren Energien (Wind, Wasser, Sonne, Biomasse). Dabei wird zunächst qualitativ dargestellt, in welchen Formen nicht nur beim Betrieb, sondern auch beim Bau und bei der Rohstoff-Versorgung und Entsorgung eines Kraftwerks Treibhausgase entstehen. Sodann wird diskutiert, inwieweit die entstehenden Mengen von einigen Randbedingungen und den Betriebsparametern eines Kraftwerks abhängen. Schließlich werden veröffentliche CO2-Bilanzen aus der aktuellen Literatur gegenübergestellt, verglichen und auf Übereinstimmungen und Abweichungen untersucht. Die Darstellung schließt mit einem allgemeinen Fazit zur „Klimafreundlichkeit“ der verschiedenen Energieträger . Inhalt 1. Einleitung: Klimawandel und Energiegewinnung 4 2. Klimafreundlichkeit: Quantitative Indikatoren und Messgrößen 5 2.1. CO2-Intensität 5 2.2. Netto-Energiebilanz 6 2.3. Energie-Rücklaufzeit 6 2.4. CO2-Vermeidungskosten 7 2.5. Indikatoren – Fazit 8 3. Methodisches zur Bestimmung von CO2-Bilanzen 9 3.1. Allgemeines 9 3.1.1. CO2 und andere Treibhausgase 9 3.1.2. Kraftwerke und Heizkraftwerke 10 3.1.3. Betriebsweise 11 3.1.4. Transport 11 3.2. Einzelne Energieträger 12 3.2.1. Kohle 12 3.2.2. Erdgas 12 3.2.3. Erdöl 13 3.2.4. Kernkraft 13 3.2.5. Erneuerbare Energien 15 3.2.5.1. Wasserkraft 16 3.2.5.2. Windkraft 16 3.2.5.3. Solarstrom (Photovoltaik) 17 3.2.5.4. Biomasse 19 4. Ergebnisse: CO2-Bilanzen im Vergleich 21 4.1. Ergebnisse im Überblick 21 4.2. Weitere Anmerkungen zu einzelnen Energieträgern 25 4.2.1. Kernenergie 25 4.2.2. Windkraft 26 4.2.3. Photovoltaik 27 4.2.4. Biomasse 29 5. Zusammenfassung und Fazit 30 6. Quellen und Literaturhinweise 31 - 4 - 1. Einleitung: Klimawandel und Energiegewinnung Die Problematik des Klimawandels und der globalen Erwärmung sind auf der politischen und medialen Tagesordnung sehr weit oben angekommen. Im Februar 2007 wurde der vierte Sachstandsbericht des UN-Klimarats (IPCC) der Weltöffentlichkeit vorgestellt . Nach Aussage von Prof. H.J. Schellnhuber, am IPCC-Bericht beteiligter Wissenschaftler und Klimaberater der Bundesregierung, ist mit diesem Bericht „die Beweisaufnahme abgeschlossen und der Täter überführt“1: die Treibhausgas-Emissionen sind verantwortlich für den menschlich verursachten Klimawandel. Um die globale Erwärmung zu bremsen, wenn nicht zu stoppen, ist es daher unabdingbar, die Menge der in die Atmosphäre emittierten Treibhausgase zu reduzieren. Das bekannteste Treibhausgas ist das Kohlendioxid (CO2). Zwar existieren mehrere andere Treibhausgase, die teilweise sogar eine erheblich höhere spezifische Treibhaus- Wirksamkeit (sog. global warming potential, GWP) haben. Jedoch kommt (derzeit) dem CO2 die größte Bedeutung zu, weil es in sehr großer Menge freigesetzt wird. Es entsteht in Verbrennungsprozessen immer dann, wenn kohlenstoffhaltige Substanzen (Kohle, Erdöl, Erdgas, Holz…) verbrannt werden. In Deutschland geschieht dies vor allem in Kraftwerken, die zur Stromerzeugung betrieben werden. Weitere Beiträge zur stammen aus der Verbrennung von Kraftstoffen im Verkehr, von Öl und Gas in privaten Haushalten zu Zwecken der Heizung und Warmwasserbereitung, und aus industriellen Prozessen2. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welcher Beitrag zu einer Reduktion der Treibhausgas-Emissionen dadurch erbracht werden kann, dass ein Brennstoff durch einen anderen ersetzt bzw. der bisherige Brennstoff-Mix verändert wird. Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig zu wissen, wie viel Treibhausgas-Emissionen jeder einzelne Energieträger pro bereitgestellter Energiemenge verursacht. Dabei kommt es jedoch nicht nur auf die eigentliche Verbrennungsreaktion an. Vielmehr müssen im Sinne einer vollständigen Bilanzierung auch alle anderen Schritte der Prozesskette – von der Gewinnung und Aufbereitung des Brennstoffs über Bau, Betrieb und Steuerung des Kraftwerks bis hin zur Entsorgung eventueller Rückstände – mit in die Betrachtung einbezogen werden. Ziel des vorliegenden Textes ist es, eine solche Gesamtbilanz der Klimafreundlichkeit verschiedener Energieträger im Überblick darzustellen. Die Untersuchung konzentriert sich dabei auf CO2 und vernachlässigt andere Treibhausgase. Ebenso widmet sie sich 1 Siehe z.B. Tagesspiegel v. 03.02.2007, oder http://www.germanwatch.org/zeitung/2007-1-int.htm. 2 Im Falle der industriellen Prozesse entsteht CO2 nicht nur durch Verbrennung, sondern teilweise auch im Rahmen anderer chemischer Reaktionen (z.B. in der Zementherstellung). - 5 - vorwiegend dem Bereich der Stromerzeugung und berücksichtigt nicht die (prinzipiell kaum weniger interessanten) Bereiche des Verkehrs, der Wärme und der industriellen Prozesse. 2. Klimafreundlichkeit: Quantitative Indikatoren und Messgrößen Um die Klimafreundlichkeit von Energieträgern bzw. ihren jeweiligen Beitrag zum Treibhauseffekt beurteilen und quantitativ vergleichen zu können, stehen mehrere verschiedene Messgrößen und Bilanzierungsmethoden zur Verfügung. Jede von ihnen hat – je nach Zielsetzung und Betrachtungsweise – spezifische Vor- und Nachteile, daher seien hier alle vorgestellt. 2.1. CO2-Intensität Die CO2-Intensität gibt an, wie viel Kohlendioxid bei der Verbrennung eines Energieträgers pro erzeugter Energiemenge entsteht. Sie wird, zumindest im Bereich der Stromerzeugung , in der Einheit „Gramm CO2 pro Kilowattstunde“ ( g CO2 / kWh ) angegeben . Im Falle von reinen Verbrennungsprozessen lässt sich diese Größe aus der chemischen Reaktionsgleichung relativ einfach berechnen, sobald die genaue Zusammensetzung des Brennstoffs, sein Heizwert (Energiegewinn pro Brennstoffmenge) und der Wirkungsgrad des Kraftwerks bekannt sind. Schwieriger wird die Bewertung, wenn auch andere Energieträger in den Vergleich mit einbezogen werden sollen, bei denen die Stromerzeugung nicht direkt auf chemischen Verbrennungsprozessen beruht. Dies gilt für die Kernenergie, aber auch für die meisten erneuerbaren Energien (Wasserkraft, Windenergie, Sonnenenergie, Erdwärme, Meeresenergie ). Bei all diesen Energieformen wird während des eigentlichen Betriebs eines Kraftwerks kaum bzw. gar kein CO2 freigesetzt. Jedoch muss für einen fairen Vergleich berücksichtigt werden, dass bei der Rohstoffgewinnung (z.B. Uran-Bergbau), beim Bau und Betrieb der Kraftwerke (z.B. Herstellung von Solarzellen) und möglicherweise beim Abbau und der Entsorgung teilweise erhebliche Energiemengen aufgewendet werden müssen. Werden diese wiederum durch CO2-intensive Energieträger bereitgestellt, so muss dies im Sinne einer vollständigen Lebenszyklus-Analyse in der CO2-Bilanz der jeweiligen Energieform berücksichtigt werden. Ähnliche Argumente gelten umgekehrt auch für die fossilen Energieträger (Kohle, Öl, Gas), bei denen für Bergbau, Aufbereitung (Raffinerien) und Transport ebenfalls externe Energie aufgewendet werden muss. Ein sinnvoller Vergleich zwischen verschiedenen Energieträgern ist daher nur möglich, wenn in jedem Fall alle Elemente der Prozesskette in die CO2-Bilanz eingehen. Diese kann letztlich wieder in der Einheit „Gramm CO2 pro erzeugter Kilowattstunde“ beziffert werden. - 6 - 2.2. Netto-Energiebilanz Ein andere Möglichkeit, die energetischen Verluste im Vorfeld der Verbrennung bzw. der Stromerzeugung zu quantifizieren, ist das Aufstellen einer Netto-Energiebilanz. Dabei werden von der beim Betrieb eines Kraftwerks gewonnenen Energie diejenigen Energiemengen abgezogen, die für Kraftwerksbau, Rohstoffgewinnung etc. „investiert“ werden mussten. Netto-Energiebilanzen können vor allem dann hilfreiche Größen sein, wenn es darum geht, gewisse Thesen zu überprüfen. Beispielsweise wurde vielfach behauptet, Solarzellen verbrauchten für ihre Herstellung mehr Energie, als sie im Betrieb wieder einspielen könnten. Von anderer Seite wurde argumentiert, die Herstellung von Uran-Brennstäben koste ähnlich viel Energie, wie später durch Kernspaltung wieder freigesetzt würde. Vorab sei bemerkt, dass beide Thesen nicht zutreffen. Netto-Energiebilanzen sind ein wichtiges Instrument, um solche Aussagen im Detail zu überprüfen. 2.3. Energie-Rücklaufzeit Sowohl CO2-Bilanzen als auch Netto-Energiebilanzen sind in einer Hinsicht problematisch : Sie sind nur dann zuverlässig und objektiv, wenn die freigesetzte CO2-Menge bzw. die verbrauchte Energiemenge im wesentlichen proportional zur eingesetzten Brennstoffmenge ist. Dies ist der Fall z.B. für Kohle- oder Gaskraftwerke. Zwar wird auch bei diesen z.B. für den Bau des Kraftwerks einmalig zusätzliche Energie benötigt bzw. CO2 freigesetzt, die in absoluten Mengen durchaus erheblich sein können. Im Vergleich zu den Emissionen im späteren Betrieb des Kraftwerks sind diese Einmal-Effekte jedoch sekundär. Anders liegen die Verhältnisse teilweise schon bei der Kernkraft, vor allem jedoch bei Windenergie, Wasserkraft und Sonnenenergie. Hier werden die gesamten CO2- Emissionen zum überwiegenden Teil durch die Einmal-Aufwendungen bei Bau des Kraftwerks (bzw. der Herstellung der Solarzellen) bestimmt. Will man diese Emissionen dann auf die erzeugte Strommenge umlegen, um die CO2-Bilanz (Wert in Gramm CO2 pro kWh) zu bestimmen, so kommt es dafür entscheidend auf die Lebensdauer des Kraftwerks an: Je länger das Kraftwerk läuft, desto niedriger wird der CO2-Wert liegen, da sich die einmaligen Emissionen auf eine größere Strommenge verteilen. Der CO2- Wert lässt sich also nur unter Zugrundelegung einer genau bestimmten Lebensdauer präzise beziffern. Diese Lebensdauer wird aber umgekehrt von vielen nur schwer prognostizierbaren Effekten (technischen Defekten, Witterungseinflüssen, ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen) abhängen. Daher sind sowohl CO2-Bilanzen als auch Netto-Energiebilanzen für diese Energieträger nur begrenzt sinnvoll. Jedoch bietet sich eine andere Größe an, die in diesen Fällen - 7 - mit größerer Objektivität berechenbar ist: Vergleicht man die für den Bau des Kraftwerks aufzuwendende Energie- oder CO2-Menge mit der Energie, die später im Betrieb pro Monat/Jahr erzeugt wird (bzw. der CO2-Menge, die pro Zeiteinheit gegenüber anderen Energieformen eingespart wird), dann kann man den Zeitpunkt bestimmen, zu dem die Anfangs-Investition genau wieder „hereingeholt“ wurde. Läuft das Kraftwerk länger , so produziert es „netto“ Energie bzw. spart CO2 ein. Dieser Zeitpunkt wird als „Energie -Rücklaufzeit“ (energetische Amortisationszeit) bezeichnet, und liegt oft im Bereich von einigen Monaten bis Jahren Betriebsdauer. Ob sich die Energie-Investition für den Bau des Kraftwerks im Einzelfall gelohnt hat, hängt dann von der individuellen tatsächlichen Lebensdauer3 ab, die weiterhin schwer prognostizierbar bleibt. Soweit es jedoch um politische Entscheidungen für oder gegen (die Förderung von) bestimmten Kraftwerks-Typen geht, kann die Energie-Rücklaufzeit ein wertvoller Indikator sein. Energie-Rücklaufzeiten lassen sich generell auch für fossil befeuerte Kraftwerke (Kohle , Gas, Öl) berechnen. Die Ergebnisse liegen oft im Bereich von einigen (wenigen) Monaten Betriebsdauer, bis die Energie-Investition für den Kraftwerksbau amortisiert ist. Dieser geringe Wert verdeutlicht, dass in diesen Fällen die Emissionen während des eigentlichen Betriebs überwiegen. 2.4. CO2-Vermeidungskosten Neben den bisher genanten physikalischen und chemischen Indikatoren spielen beim Übergang zu einem klimafreundlicheren Energiesystem natürlich auch ökonomische Erwägungen als zusätzliche Dimension eine Rolle. Eine Umstellung des Energie-Mixes wird dabei vermutlich in kleinen Schritten und auf Grundlage des „status quo“ als Referenzwert erfolgen. Für die Entscheidungsfindung von Bedeutung sind daher nicht so sehr die (absoluten) Kosten der verschiedenen Energieträger, sondern in erster Linie die (relativen) Kosten einer Umstellung des Energie-Mixes zugunsten von weniger Treibhausgas -Emissionen. Diese werden üblicherweise in Euro pro vermiedener Tonne CO2 beziffert. Auf derselben Skala können auch andere Klimaschutzmaßnahmen in den Vergleich einbezogen und hinsichtlich ihrer ökonomischen Effizienz beurteilt werden. So werden oft z.B. einerseits Aufforstungsprogramme, andererseits die Technologie zur Abscheidung und Speicherung von CO2 aus Kraftwerksabgasen (Carbon Capture and Sequestration, CCS – siehe Donner/Lübbert 2006) in der „Währung“ der CO2-Vermeidungskosten beurteilt. Für weitere Details zu Vermeidungskosten verschiedener Szenarien wird auf die Literatur verwiesen (siehe z.B. Sims et al. 2003). 3 Das Verhältnis zwischen der tatsächlichen Lebensdauer und der zur Amortisation notwendigen Betriebsdauer (d.h. der Energie-Rücklaufzeit) wird auch als Erntefaktor bezeichnet. Die Aufstellung einer Anlage hat sich dann gelohnt, wenn dieser Faktor zumindest größer als 1 ist. Je höher er darüber hinaus liegt, desto mehr Energie hat die Anlage während ihrer Betriebsdauer netto eingespielt. - 8 - 2.5. Indikatoren – Fazit Der verbleibende Teil dieser Überblicksdarstellung wird ökonomisch-finanzielle Aspekte ausklammern und sich allein auf zwei der oben diskutierten Indikatoren konzentrieren : CO2-Bilanzen über den gesamten Lebenszyklus eines Kraftwerks, und Energie- Rücklaufzeiten. Mit Hilfe der Kombination dieser beiden Indikatoren können nahezu alle Energieformen in einen sinnvollen Vergleich einbezogen werden. - 9 - 3. Methodisches zur Bestimmung von CO2-Bilanzen Die Bestimmung von CO2-Bilanzen, Netto-Energiebilanzen oder Energie-Rücklaufzeiten für alle Energieträger ist in vielen Teilbereichen noch Gegenstand aktueller Forschungsbemühungen . Ihre genaue Berechnung kann, je nach angestrebter Genauigkeit, erheblichen Aufwand notwendig machen. In diesem Abschnitt werden einige der Parameter vorgestellt, die dabei berücksichtigt werden müssen. Zunächst sollen Argumente diskutiert werden, die übergreifende für viele oder alle Energieformen eine Rolle spielen , um danach auf spezielle Details jedes einzelnen Energieträgers einzugehen. 3.1. Allgemeines 3.1.1. CO2 und andere Treibhausgase Im Hinblick auf den Treibhauseffekt und die Klimafreundlichkeit verschiedener Energieträger ist zunächst kritisch zu fragen, ob es sinnvoll ist, die Diskussion auf nur ein einziges Treibhausgas (CO2) zu verengen. Während beispielsweise der EU- Emissionshandel bisher auf CO2 konzentriert ist, sind im Kyoto-Protokoll von 1997 bereits sechs (Gruppen von) Treibhausgasen benannt. Neben CO2 sind dies Methan (CH4), Lachgas (N2O), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe, perfluorierte Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid. Es existieren noch weitere Treibhausgase, zu denen insbesondere auch Ozon zählt4. Einige dieser Gase sind wesentlich treibhauswirksamer als CO2. Das Verhältnis der Wirksamkeiten kann als Multiplikator berechnet und die jeweiligen Emissionsmengen jedes dieser Gase in CO2-Äquivalente umgerechnet werden, um die Gesamtwirkung eines Gemisches emittierter Gase zu beziffern. In seinem vierten Sachstandsbericht hat der IPCC im Frühjahr 2007 darauf hingewiesen , dass insbesondere Methan eine nicht zu vernachlässigende Rolle beim anthropogenen Treibhauseffekt spielt und deshalb in die Bemühungen um Emissions-Reduktionen mit einbezogen werden muss. Methan entsteht in nennenswerten Mengen u.a. in der Landwirtschaft, so beim Reisanbau und bei der Rinderzucht. Denkbar ist, dass Methan auch bei der Produktion mancher Arten von Biomasse für die Energieerzeugung entsteht . Um die Klimafreundlichkeit von Energieträgern oder Herstellungsprozessen zu beurteilen, muss daher generell nicht nur auf CO2, sondern auch auf Methan bzw. generell auf alle Treibhausgase geachtet werden. Diese können jedoch am Ende der Bilanzierung wieder in CO2-Äquivalente umgerechnet werden. Daher ist einer publizierten CO2-Bilanz nicht immer ohne weiteres anzusehen, ob die Bilanzierung sich nur auf CO2 4 Einen erheblichen Treibhauseffekt verursacht auch Wasserdampf (H2O). Dessen Konzentration in der Atmosphäre unterliegt jedoch nur in geringerem Maße menschlichen Einflüssen, sondern hängt vor allem von natürlicher Verdunstung, Wolkenbildung und Niederschlag ab. Daher wird Wasserdampf bei der Diskussion um zu reduzierende Treibhausgas-Emissionen üblicherweise nicht mit berücksichtigt . - 10 - oder aber auch auf weitere Gase erstreckte. Daraus resultiert ein gewisser Grad an Unsicherheit , der in Teilen auch Abweichungen zwischen den Bilanzen verschiedenerer Autoren erklären könnte. 3.1.2. Kraftwerke und Heizkraftwerke Die in den meisten „klassischen“ Energieträgern enthaltene Energie wird im Kraftwerk nicht direkt in elektrische Energie umgewandelt. Vielmehr wird daraus zunächst Wärme (thermische Energie) erzeugt, aus der in einem zweiten Schritt über Turbine und Generator Strom gewonnen wird. Dies gilt gleichermaßen für alle fossilen Energien (Kohle, Erdgas, Erdöl) wie für die Kernenergie, aber auch für die Stromerzeugung aus Biomasse 5. Aufgrund von Naturgesetzen kann in diesem zweitstufigen Prozess niemals die gesamte im Brennstoff enthaltene Energie in Strom umgewandelt werden. Vielmehr liegt aus teils grundlegend-physikalischen, teils technisch-praktischen Gründen der elektrische Wirkungsgrad nur selten wesentlich über 40%. Die restlichen etwa 60% verbleiben als Wärme. Wird diese thermische Energie an Flüsse oder über Kühltürme an die Umgebungsluft abgegeben, so ist der entsprechende Anteil des ursprünglichen Energiegehalts des Brennstoffs für die menschliche Nutzung verloren. Dies wirkt sich auch auf die CO2-Bilanz aus, die dementsprechend relativ hoch liegt. Eine Möglichkeit, die Bilanz zu verbessern, liegt darin, die überschüssige Wärme entweder für industrielle Prozesse („Prozesswärme“) oder aber zu Heizzwecken („Fernwärme “) zu nutzen. Man spricht in diesem Fall von Kraft-Wärme-Kopplung. Hierzu muss zunächst eine Infrastruktur an Leitungen aufgebaut werden, durch die dann Wärme z.B. in Form von erhitztem Wasser in Wohngebäude transportiert wird. Die Investitionskosten steigen dabei mit der Länge des Leitungsnetzes. Daher wird diese Form der Wärmenutzung bei größeren Kraftwerken meist nur dann praktiziert, wenn ihr Standort in oder unmittelbar bei großen Städten liegt. Bei kleinen Kraftwerken, deren Wärmeleistung von einzelnen Gebäuden oder Wohnblöcken abgenommen werden kann („Nahwärme “), liegen die Kosten ebenso wie die Wärmeverluste beim Transport wegen der kürzeren Leitungen niedriger. Dezentrale Anlagen mit systematischer Kraft-Wärme- Kopplung („Blockheizkraftwerke“) nutzen den Energiegehalt des Brennstoffs daher oft zu 80 bis 90% aus. Die CO2-Bilanz ist daher keine alleinige Eigenschaft eines Energieträgers. Vielmehr muss bei allen Brennstoffen unterschieden werden, ob sie ohne, mit zentraler oder mit dezentraler Kraft-Wärme-Kopplung verfeuert werden. Wird die Wärme genutzt, so kann dies in der CO2-Bilanz berücksichtigt werden, indem von der bei der Verbrennung 5 Anders liegen die Verhältnisse jedoch bei Kraftwerken, die mechanische Energie nutzen und diese direkt (einstufig) in elektrische Energie umwandeln: Wasserkraftwerke und Windenergieanlagen erreichen Wirkungsgrade über 80%. - 11 - entstandenen CO2-Menge diejenige Menge wieder abgezogen wird, die sonst bei der (nun eingesparten) Gebäudeheizung entstanden wäre. Die genaue Höhe dieser „CO2- Gutschrift“ hängt dann noch davon ab, ob die imaginäre (eingesparte) Vergleichsheizung als Öl- oder als Gas-Heizung angenommen wird. 3.1.3. Betriebsweise Wie erwähnt hat der Wirkungsgrad eines Kraftwerks direkte Auswirkungen auch auf die CO2-Emissionen pro erzeugter Kilowattstunde. Der Wirkungsgrad hängt, neben der oben diskutierten Frage der Kraft-Wärme-Kopplung, von vielen weiteren Parametern ab. Ein sehr wichtiger Parameter ist die Betriebstemperatur: je höher sie liegt, desto höher kann aufgrund physikalischer Naturgesetze der Wirkungsgrad für die Stromerzeugung liegen. Höhere Temperaturen erfordern jedoch feuerfestere Materialien. Durch fortschreitende Optimierung der Feuerungstechnik und der verfügbaren Materialien können daher die Wirkungsgrade im Laufe der Zeit steigen und die CO2-Bilanzen fossiler Kraftstoffe sich entsprechend verbessern. Auch weitere Aspekte der Konstruktion und Betriebsweise können einen Einfluss auf den Wirkungsgrad haben. Beispielsweise kann er davon abhängen, ob Kraftwerke kontinuierlich im Grundlastbetrieb oder – zur kurzfristigen Abdeckung von Bedarfsspitzen – im Spitzenlastbetrieb gefahren werden. Dies ist grob vergleichbar mit einem Kraftfahrzeug , das im innerstädtischen Stop-and-Go-Verkehr einen höheren Verbrauch hat als auf einer Landstraße. Hieran wird erneut deutlich, dass die CO2-Bilanz keine reine Eigenschaft eines Brennstoffs ist, sondern vielfach auch von den Rahmenbedingungen abhängt. 3.1.4. Transport Während Braunkohle in großen Mengen in Deutschland abgebaut wird, müssen viele andere Energieträger zunächst importiert werden, bevor sie in Deutschland zur Stromerzeugung genutzt werden. Dies gilt für Erdöl und Erdgas ebenso wie für das Uran, aus dem Brennstäbe für Kernkraftwerke hergestellt werden. Aus Steinkohle wird aus Kostengründen zu erheblichen Teilen importiert. Dies muss auch in der Energie- bzw. CO2-Bilanz berücksichtigt werden, indem die Energie -Aufwendungen für den Transport (Kraftstoff bzw. Strom für Schiffe, Züge, Lastwagen oder Pipeline-Pumpen) in die Gesamtbilanz eingerechnet werden. Dabei unterscheidet sich die relative Bedeutung dieses Beitrags je nach Energiedichte des Energieträgers : Während z.B. Kohle in sehr großen Mengen transportiert werden muss, genügen wenige hundert Tonnen Uran, um den Jahresverbrauch eines großen Kernkraftwerks zu decken. Im Fall der Kernkraft macht sich der Transport-Aufwand daher in der Energiebilanz kaum bemerkbar, während er bei den fossilen Energien erheblich sein - 12 - kann. Energie aus erneuerbaren Quellen wird meist „vor Ort“ gewonnen und erfordert gar keinen Transportaufwand. Neben dem Transport der Brennstoffe sind schließlich auch Leitungsverluste des erzeugten Stroms auf dem Weg vom Kraftwerk zum Abnehmer in der Energiebilanz zu berücksichtigen. Diese sind für alle Kraftwerkstypen im wesentlichen identisch, steigen allerdings mit der Abstand vom Kraftwerk zum Verbraucher. 3.2. Einzelne Energieträger 3.2.1. Kohle Kohle besteht überwiegend (jedoch nicht ausschließlich) aus dem chemischen Element Kohlenstoff. Bei ihrer Verbrennung entsteht daher Kohlendioxid in konzentrierter Form. Es wird grob zwischen Braunkohle und Steinkohle unterschieden: Steinkohle als höherwertige, stärker verdichtete Form enthält neben Kohlenstoff vor allem Feuchtigkeit (Wasser) und geringere Mengen an anderen, nicht brennbaren Bestandteilen. Braunkohle hingegen, in erdgeschichtlich jüngerer Zeit entstanden und deshalb in höheren Schichten (teils im Tagebau) abbaubar, ist noch weniger stark verdichtet und enthält größere Mengen an Wasser, Pflanzenresten und anderen Bestandteilen6. Es entsteht daher bei der Verbrennung zunächst weniger CO2 pro verfeuerter Menge an Braunkohle . Wegen des geringeren Brennwerts liegt jedoch die CO2-Bilanz (in Gramm CO2 pro erzeugter Kilowattstunde Strom) der Braunkohle deutlich höher als die der Steinkohle. Eine Möglichkeit, die CO2-Bilanz der Braun- und Steinkohle zu verbessern, besteht darin, das bei der Verbrennung produzierte CO2 abzufangen und in unterirdische Lagerstätten zu pumpen. So könnte zwar nicht die Entstehung des Treibhausgases, aber sein Entweichen in die Atmosphäre verhindert werden. Diese Technologie, bekannt als CO2- Sequestrierung (engl. Carbon Capture and Sequestration, CCS), wird derzeit intensiv erforscht, ist jedoch noch ca. 10-15 Jahre von einer möglichen Anwendungsreife entfernt . Die technischen Erfolgsaussichten und die zu erwartende finanzielle und energetische Rentabilität der CCS-Technologie werden momentan in Wissenschaft und Politik kontrovers debattiert (vgl. Donner/Lübbert 2006). 3.2.2. Erdgas Erdgas besteht vorwiegend aus Methan (CH4) und geringeren Mengen anderer Kohlenwasserstoffe (z.B. Ethan, Propan, Butan, Ethen). Bei der Verbrennung entsteht daher ein 6 Dazu zählt auch Schwefel, der zu Schwefeldioxid verbrennt und für die Problematik des Sauren Regens mit verantwortlich ist. Diese und andere Umweltfolgen des Braunkohlebergbaus stehen jedoch im Rahmen der vorliegenden Darstellung, die sich auf die Klima-Thematik konzentriert, nicht im Fokus. - 13 - Gemisch aus Kohlendioxid (CO2) und Wasserdampf (H2O), weshalb die CO2- Konzentration im Abgas geringer ist als im Fall der Kohle7. Erdgas wird in mehreren verschiedenen Kraftwerkstypen zur Stromerzeugung eingesetzt . Gasturbinenkraftwerke nutzen primär die mechanische Energie (Geschwindigkeit /Druck) des Verbrennungsgases über eine Turbine mit angeschlossenem Generator zur Stromerzeugung aus. Sie zeichnen sich u.a. durch ihre Schnellstartfähigkeit aus, weshalb sie oft zur Abdeckung von kurzfristigen Bedarfsspitzen („Spitzenlast-Strom“) genutzt werden. Ihr Wirkungsgrad ist jedoch eher gering. Besser ausgenutzt wird der Brennstoff Erdgas in sog. Gas- und Dampfturbinen- (GuD-) Kraftwerken (bzw. Kombikraftwerk, engl. Combined Cycle Power Plant), bei dem auch die hinter der Turbine noch vorhandene thermische Energie (Wärme) des Verbrennungsgases in einem weiteren Dampfkreislauf zur zusätzlichen Stromerzeugung genutzt wird. Der Energiegehalt des Brennstoffs Erdgas wird so deutlich besser ausgenutzt, d.h. der Wirkungsgrad liegt höher. Damit liegt auch der CO2-Ausstoß pro erzeugter Kilowattstunde niedriger . Bei der Angabe von CO2-Bilanzen muss daher im Fall des Erdgases immer auch spezifiziert werden, welcher Kraftwerkstyp gemeint ist. 3.2.3. Erdöl Erdöl spielt als Kraftstoff eine wichtige Rolle in den Bereichen Verkehr und Gebäude (Heizung). Für die Stromerzeugung spielt es jedoch, zumindest in Deutschland, kaum eine Rolle. Im Rahmen der vorliegenden, auf die Stromerzeugung konzentrierten Darstellung wird es daher nicht weiter diskutiert. 3.2.4. Kernkraft Die Kernenergie unterscheidet sich von den oben diskutierten fossilen Energieträgern dadurch, dass während des unmittelbaren Betriebs eines Kraftwerks kein CO2 entsteht. Der Grund liegt darin, dass es sich bei dem Energie erzeugenden Prozess nicht um eine chemische Verbrennungsreaktion, sondern um eine kernphysikalische Spaltung handelt. An dieser sind Atome des Elements Uran (evtl. auch Plutonium) beteiligt, jedoch weder Kohlenstoff noch Sauerstoff, weswegen auch kein Kohlendioxid entstehen kann. Wenn jedoch nicht nur der Betrieb eines Kraftwerks, sondern auch die gesamte Prozesskette der Rohstoffgewinnung, der Steuerung und Überwachung des Kraftwerks sowie der Entsorgung von Brennstäben und Kraftwerksmaterialien betrachtet wird, so sind 7 Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Methan (CH4) als Hauptbestandteil des Erdgases selbst ein Treibhausgas ist, dessen Klima-Wirksamkeit pro Menge deutlich höher ist als die seiner Verbrennungsprodukte (CO2 und H2O). Sollten daher im Zuge der Förderung, des Transports oder der Verwendung im Kraftwerk Lecks auftreten, aus denen Erdgas in die Atmosphäre entweichen kann, so könnte die Klima-Bilanz deutlich schlechter ausfallen als im Falle einer ordnungsgemäßen, vollständigen Verbrennung. - 14 - einige Quellen zu identifizieren, die zur CO2-Bilanz eines Kernkraftwerks beitragen können. Uran-Erz wird im Bergbau gewonnen (vgl. Lübbert (2006). Dabei ist Uran meist nur zu geringen Mengen im Gestein enthalten. Daher müssen zunächst relativ große Gesteinsmengen bewegt und in metallisches Erz und Wirtsgestein getrennt (aufgebrochen , gemahlen) werden. Danach wird das Uran chemisch angereichert und in eine für die spätere Anreicherung geeignete Form (meist als Gas UF6 (Uranhexafluorid )) gebracht („Konversion“). Die eigentliche Anreicherung des spaltbaren Isotops U- 235 kann mit verschiedenen Verfahren durchgeführt werden, wobei das traditionelle Diffusionsverfahren deutlich mehr Energie verbraucht als das modernere Zentrifugenverfahren . Schließlich muss das angereicherte Uran wieder in feste Form gebracht, zu Brennstäben verarbeitet werden und zum Kraftwerk transportiert werden. Die genaue CO2-Bilanz dieser Prozesskette hängt davon ab, in welcher Form die dafür benötigte Energie bereitgestellt wird. Die im Bergbau eingesetzten Bagger und Maschinen verbrauchen meist Erdöl-basierte Kraftstoffe, die bei der Verbrennung im Motor CO2 freisetzen. Ebenso kann die Herstellung und Verwendung der für die Konversion benutzten Chemikalien CO2-Emissionen verursachen. Der bedeutendste Teil des Energieverbrauchs geht jedoch auf die Anreicherung zurück, für die erhebliche Mengen elektrischer Energie aufgewendet werden müssen. Die CO2-Bilanz dieses Prozessschritts hängt nicht nur davon ab, welche Technologie (Diffusion oder Zentrifuge) zum Einsatz kommt, sondern auch, aus welcher Quelle der dafür benötigte Strom erzeugt wird: Handelt es sich z.B. um Kohlestrom, so kann daraus ein erheblicher Beitrag zur CO2-Bilanz der Kernkraft resultieren. Werden die Anreicherungsanlagen hingegen wiederum mit Atomstrom betrieben, so können die entsprechenden CO2-Emissionen sehr gering gehalten werden. In diesem Sinne kann die Kernenergie (ebenso wie z.B. die Biomasse) unter günstigen Bedingungen teilweise in der Lage sein, sich „am eigenen Schopf aus der Treibhausgas-Problematik zu ziehen“8. Neben der Rohstoffversorgung können auch der Bau eines Kernkraftwerks, die Sicherung vor Betriebsunfällen und die Entsorgung der verbrauchten Brennstäbe zur CO2- Bilanz der Kernenergie beitragen. Werden beim Bau größere Mengen an Beton verwendet – z.B. zum Schutz des Reaktors, aber auch zur Errichtung von Kühltürmen -, so kann der Beitrag zur CO2-Bilanz erheblich sein. Der Herstellung von Zement als einem wesentlichen Bestandteil von Beton ist als besonders CO2-intensiv bekannt, nicht nur wegen ihres hohen Energieaufwands, sondern weil die chemische Reaktion der Zementbildung selbst unvermeidlich CO2 als „Abfallprodukt“ hervorbringt. Wie zuvor diskutiert, hängt der genaue Beitrag dieser „Einmaleffekte“ beim Kraftwerksbau zur 8 Auch hier gilt: Es existieren weitere mögliche Umweltfolgen dieser Art der Energie-Bereitstellung, die jedoch im Rahmen der vorliegenden, auf die Klima-Problematik konzentrierten Darstellung nicht weiter diskutiert werden sollen. - 15 - CO2-Bilanz pro kWh stark von der Lebensdauer des Kraftwerks ab. Diese hängt jedoch auch und gerade bei der Kernkraft stark von technischen, ökonomischen und politischen Randbedingungen ab. Der Beitrag zur CO2-Bilanz lässt sich daher nicht immer präzise beziffern. Dies gilt in noch stärkerem Maße für die Entsorgung von Brennstäben. Hier muss nicht nur Energie für Überwachungsmaßnahmen und die Abfuhr der in den Brennstäben sich entwickelnden Nachwärme aufgewendet werden. Vielmehr müssen gerade unterirdische Lagerstätten mit relativ großen Mengen an Beton gesichert und abgedichtet werden, bei deren Herstellung wiederum CO2 anfällt. Da bisher kein endgültiges Konzept für ein Endlager vorliegt, können diese Effekte derzeit nicht genauer quantifiziert werden. Es ist daher davon auszugehen, dass Aspekte der Entsorgung bei den meisten der bisher vorliegenden CO2-Bilanzen noch nicht berücksichtigt sind9. Bei CO2-Bilanzen der Kernkraft wird üblicherweise nicht zwischen verschiedenen Bauarten von Leichtwasserreaktoren (Druckwasserreaktor vs. Siedewasserreaktor) unterschieden . Vermutlich ist dies darauf zurückzuführen, dass deren Verbrauchsdaten in ähnlicher Größenordnung liegen. In Hochtemperaturreaktoren (HTR) wäre prinzipiell eine bessere Ausnutzung der Brennstoff-Energie und damit eine günstigere CO2-Bilanz erreichbar. Dieses Prinzip wird in einigen Ländern (z.B. Südafrika, China) weiter verfolgt , in Deutschland hingegen wurde das HTR-Projekt in Hamm-Uentrop Ende der 1980er Jahre endgültig eingestellt. Daher wird hier auf eine weitere Diskussion des HTR-Prinzips verzichtet. 3.2.5. Erneuerbare Energien Als dritte Gruppe neben fossilen Energien und Kernkraft spielen die Erneuerbaren Energien eine immer wichtigere Rolle in der politischen Diskussion, aber auch in der tatsächlichen Stromerzeugung gerade in Deutschland. Bei der Untersuchung ihrer „Klimafreundlichkeit “ ist zu beachten, dass die Erneuerbaren Energien – ebenso wie die Kernenergie – zwar im Betrieb meist weitgehend CO2-frei sind, dass jedoch die Herstellung von Kraftwerken und Anlagen auch hier einen spürbaren Beitrag zur CO2-Bilanz leisten kann. Für eine genauere Untersuchung können die Erneuerbaren nicht mehr pauschal betrachtet werden, sondern es muss zwischen verschiedenen Formen unterschieden werden. Im Folgenden werden die vier Fälle Wasserkraft, Windenergie, Solarener- 9 Als Alternative zur Endlagerung in geologischen Formationen wird in der Wissenschaft teilweise die Transmutation diskutiert (bisher allerdings nur als theoretisches Konzept). Dabei sollen langlebige Isotope aus den abgebrannten Brennstäben mit energiereichen Elementarteilchen aus Teilchenbeschleunigern beschossen werden, um sie so in andere Isotope mit kürzerer Halbwertszeit umzuwandeln , die danach nur über kürzere Zeiträume gelagert werden müssten. Hierzu muss allerdings ein Teilchenbeschleuniger betrieben werden, für den erhebliche Energiemengen aufgewendet werden müssten. Diese alternative Form der Entsorgung würde die CO2-Bilanz der Kernkraft daher vermutlich eher ungünstiger werden lassen. - 16 - gie (Photovoltaik) und Biomasse diskutiert. Weitere Formen der Erneuerbaren Energien wie z.B. die Geothermie (Stromerzeugung aus Erdwärme) oder die Meeresenergie (Stromerzeugung mit Wellenkraftwerken etc. – weisen noch technisches Entwicklungspotenzial auf. Sie spielen jedoch zumindest in Deutschland bisher nur eine untergeordnete Rolle und sollen daher hier nicht genauer untersucht werden. 3.2.5.1. Wasserkraft Die Wasserkraft ist mit die älteste Form von erneuerbarer Energie. Sie trägt in Deutschland grob 4%, in der Schweiz und Österreich jedoch über die Hälfte zur gesamten Stromerzeugung bei. Der Betrieb eines Wasserkraftwerks ist praktisch vollständig CO2-frei. Werden jedoch beim Bau eines neuen Kraftwerks, z.B. zur Errichtung einer Staumauer, größere Mengen an Beton eingesetzt, so kann über den Prozess der Zement-Herstellung wiederum ein Beitrag zur CO2-Bilanz resultieren. Für eine genauere Berücksichtigung müsste noch zwischen Laufwasserkraftwerken (geringes Gefälle an Flussläufen, große Wassermengen) und Speicherkraftwerken (größeres Gefälle im Gebirge, mit Staumauer ) unterschieden werden. Daneben können weitere Treibhausgase dann entstehen, wenn künstliche Stauseen neu angelegt und die bestehende Vegetation (Wälder) nicht vor Überflutung entfernt werden . Die unter Wasser verrottenden Pflanzen können dann u.a. Methan freisetzen, das als Treibhausgas deutlich wirksamer ist als Kohlendioxid. Beide „Einmaleffekte“ sind jedoch auf besonders lange Zeiträume verteilt zu betrachten , da Wasserkraftwerke Lebensdauern von bis zu 100 Jahren und mehr erreichen können . 3.2.5.2. Windkraft Auch Windkraftanlagen sind im Betrieb praktisch CO2-frei. Wiederum müssen jedoch für Bau, Transport und Errichtung der Anlage Energiemengen aufgewendet werden, die in der CO2-Bilanz entsprechend zu berücksichtigen sind. Werden ein größeres Beton- Fundament verwendet, so gilt die obige Diskussion zur Zementherstellung hier analog. Alle diese einmaligen Beiträge zur Treibhausgas-Bilanz sind wiederum über die gesamte Lebensdauer der Anlage zu verteilen, die auch hier von ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen (z.B. auch der Dauer einer steuerlichen Förderung, einer garantierten Einspeisevergütung etc.) abhängt. Im Falle der Windkraft kommt hinzu, dass die beim Betrieb erzeugte Strommenge stark vom Standort abhängt. Aufgrund physikalischer Naturgesetze („Betzsches Gesetz“) steigt die Energie-„Ernte“ mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Dies bedeu- - 17 - tet: Ist die Windgeschwindigkeit an einem guten Standort im Mittel doppelt so hoch wie an einem schlechten, so kann dort nicht nur die doppelte, sondern die achtfache Menge an Strom erzeugt werden; eine Verdreifachung der Windgeschwindigkeit kann zu 27fach erhöhter Stromerzeugung führen10. Dieser deutliche Einfluss der Windgeschwindigkeit macht sich sowohl in den CO2- Bilanzen als auch in den Energie-Rücklaufzeiten bemerkbar. Beide können daher streng genommen nur unter Annahme eines konkreten Standorts oder zumindest einer mittleren Windstärke beziffert werden. 3.2.5.3. Solarstrom (Photovoltaik) Sonnenenergie kann grundsätzlich auf mehrere verschiedene Arten zur menschlichen Energiegewinnung genutzt werden. Bei der Photovoltaik wird Sonnenstrahlung in Solarzellen direkt in Strom umgewandelt. Im Bereich der Solarthermie wird Sonnenlicht zur Erwärmung verwendet, um Warmwasser bereit zu stellen oder damit Gebäude zu heizen. Werden dabei sehr hohe Temperaturen erreicht – was insbesondere mit konzentrierter (fokussierter) Sonnenstrahlung gelingt – so kann die so gewonnene Wärmeenergie (thermische Energie) wiederum zur Stromerzeugung genutzt werden. Schließlich existieren auch Ansätze, Sonnenenergie zum Aufheizen großer Luftmassen zu nutzen und anschließend in Aufwindkraftwerken zur Stromerzeugung zu verwenden. Beschränkt man die Untersuchung auf den Bereich der Photovoltaik, so verbleibt immer noch eine Vielzahl technischer Ansätze: Solarzellen zur Stromerzeugung werden bisher überwiegend aus Silizium hergestellt, wobei zwischen monokristallinem, polykristallinem und amorphem11 Silizium unterschieden werden muss. Daneben können Solarzellen jedoch auch aus anderen kristallinen Materialien (wie z.B. Gallium-Arsenid (GaAs), Cadmium-Tellurid (CdTe) oder Kupfer-Indium-Selenid (CuInSe, kurz: CIS)) oder aus organischen Materialien oder aus organischen Farbstoffen („Grätzel-Zelle“) hergestellt werden. In allen Fällen muss zur Herstellung der Solarzellen zunächst Energie aufgewendet werden, die später im Betrieb zunächst wieder hereingespielt werden muss (Energie- Rücklaufzeit, s.o.). Die Höhe dieser Energie-Investitionen unterscheidet sich teilweise 10 Aus diesem Grunde können Standorte auf See („offshore“) für Windparks besonders attraktiv sein. 11 Diese Bezeichnungen beziehen sich auf die Anordnung der Silizium-Atome im Kristallgitter des Si- Halbleitermaterials: Sie können entweder perfekt periodisch angeordnet sein („monokristallin“), gelegentliche Brüche der Anordnung aufweisen („polykristallin“) oder vollständig ungeordnet sein („amorph“). Oft hat ein besser geordnetes Kristallgitter auch einen höheren Wirkungsgrad der daraus hergestellten Solarzelle zur Folge. Umgekehrt sind für perfektere Kristalle jedoch auch größere Energiemengen bei der Herstellung aufzuwenden. Der Einfluss dieser beiden Effekte auf die Energie -Rücklaufzeiten von Solarzellen ist gegensätzlich, und die Gesamtwirkung nicht immer einfach absehbar. - 18 - stark von einer Art von Solarzellen zur anderen. Traditionell werden Solarzellen- Materialien auf ähnliche Weise hergestellt wie Halbleiter-Materialien (v.a. Silizium) für Anwendungen in Computer-Prozessoren bzw. generell in der Elektronik. Dabei wird Silizium sehr aufwändig gereinigt, geschmolzen und in großen Blöcken zu möglichst perfekten Kristallen verfestigt, um danach in dünne Scheiben („wafer“) geschnitten zu werden. Der Energieaufwand für dieses Verfahren kann sehr hoch liegen. Er lässt sich einerseits reduzieren, indem die Scheiben („wafer“) so dünn wie möglich geschnitten, solange der Wirkungsgrad der fertigen Solarzelle dadurch nicht zu sehr reduziert wird. Mit anderen Verfahren können Solarzellen-Materialien von vornherein nur als sehr dünne Schicht auf ein Trägermaterial (Glas, Metall o.ä.) aufgebracht werden (sog. Dünnschicht- Solarzellen). Dies kann den Materialaufwand und den Energieverbrauch erheblich verringern . Weitere Ansätze zur Verringerung der Energiekosten bestehen u.a. darin, nicht mehr primär auf hochwertiges („electronic-grade“) Silizium zurückzugreifen, sondern für Solarzellen verstärkt auch Material geringerer Reinheit („dirty silicon“) zu verwenden . In allen Fällen muss zwischen den erzielbaren Energie-Einsparungen bei der Herstellung und einem möglichen Verlust an Wirkungsgrad im Betrieb abgewogen werden. Die Forschung und Entwicklung im Bereich der Photovoltaik ist bestrebt, durch diese und ähnliche Ansätze einerseits den Energieverbrauch bei der Herstellung von Solarzellen zu senken, andererseits möglichst die Wirkungsgrade zu erhöhen. Beide Effekte wären geeignet, die Energie-Rücklaufzeit von Solarzellen zu verkürzen. Die Forschung hat dabei in den letzten Jahren teils erhebliche Fortschritte erzielt. Vertreter der Solarwirtschaft weisen daher darauf hin, dass Angaben zu energetischen Amortisationszeiten nur eine Momentaufnahme des jeweils aktuellen technischen Standes darstellen und deshalb immer mit einer Jahreszahl versehen werden sollten. Neben der Herstellung des eigentlichen Solarzellen-Materials haben jedoch viele weitere Faktoren einen Einfluss auf die Energie-Rücklaufzeit gesamter Anlagen. Dazu zählt, wie im Fall der Windenergie, einerseits der Standort: Wegen stärkerer und längerer Sonneneinstrahlung liegen die Rücklaufzeiten in Süddeutschland tendenziell bei kürzeren Werten als in Norddeutschland. In südlicheren Ländern – Spanien, Mittelmeerraum, Afrika – sind die Verhältnisse noch deutlich günstiger. Neben der geographischen Breite haben einige weitere Faktoren Auswirkungen auf den Ertrag der Stromerzeugung, so vor allem die optimale Ausrichtung auf die Sonne (horizontal und vertikal) und die Frage , ob die Anlage stationär ausgerichtet ist oder aber dem Gang der Sonne im Tagesverlauf nachgeführt wird. Andererseits ergibt sich ein Einfluss auf die Energiekosten der Herstellung, und damit auf die Rücklaufzeiten, auch aus den Materialien, die für Montage und Aufständerung - 19 - verwendet werden. Ein beliebter Werkstoff ist Aluminium; für seine Herstellung muss jedoch besonders viel Energie investiert werden. Daher können freistehende Solaranlagen längere Rücklaufzeiten haben als solche, die beispielsweise auf Hausdächern montiert oder in Gebäudefassaden integriert werden. 3.2.5.4. Biomasse „Biomasse“ ist ein Oberbegriff für verschiedene Arten organischen Materials – teils tierischen, vorwiegend aber pflanzlichen Ursprungs –, die verbrannt und damit als Energieträger genutzt werden können (vgl. Herkommer 2004). Beispiele sind Stroh, Gülle , Mist, Restholz, Pflanzenbestandteile und Bioabfälle aller Art. Traditionell werden von allem Abfälle und Reste als Biomasse thermisch verwertet. Mehr und mehr werden jedoch auch schnell wachsende, energiehaltige Pflanzen (Raps, Mais, teilweise auch weitere Getreide) explizit zum Zwecke der Verwendung als Energieträger angebaut. Im Zuge der Verarbeitung kann die Biomasse in feste (z.B. Holz-Pellets), flüssige (Bio- Ethanol und Bio-Diesel) oder gasförmige (Biogas) Form gebracht werden. Sie wird dann oft zu Heizzwecken oder als Kraftstoff in Fahrzeugen eingesetzt. Sie kann jedoch auhc zu Zwecken der Stromerzeugung in Kraftwerken eingesetzt werden. Dies geschieht oft in kleinen, dezentralen Einheiten (Blockheizkraftwerken). Im Unterschied zu den oben diskutierten Formen der erneuerbaren Energien ist die Biomasse-Verbrennung nicht grundsätzlich CO2-frei. Vielmehr entsteht bei der Verbrennung z.B. von Holz-Pellets genauso CO2 wie bei der Verfeuerung von Kohle oder Erdöl; Biogas unterscheidet sich diesbezüglich kaum von Erdgas. Dennoch unterscheidet sich Biomasse hinsichtlich ihrer Klima-Wirkung erheblich von den fossilen Energien: Wenn bei der Biomasse-Verbrennung CO2 freigesetzt wird, so handelt es sich dabei um Kohlenstoff, der wenige Monate bis Jahre zuvor von der Pflanze im Zuge ihres Wachstums mittels Photosynthese aus der Atmosphäre aufgenommen worden war. Dieser Kohlenstoff wird bei der Verbrennung wieder in die Atmosphäre zurückgeführt, so dass sich ein kurzfristiger Kreislauf schließt. Würde die Biomasse nicht verbrannt, so würde im Übrigen das CO2 in den meisten Fällen dennoch auf anderem Wege (Kompostierung , Verfaulen, Gärung) freigesetzt werden. Anders im Falle der fossilen Energien: Zwar sind auch diese in erdgeschichtlicher Zeit aus Pflanzenresten entstanden, so dass auch ihr Kohlenstoff-Anteil ursprünglich aus der Atmosphäre stammt. Jedoch wurden diese Kohlenstoff-Mengen durch Ablagerung und Überdeckung mit Gesteinsschichten dauerhaft dem atmosphärischen Kreislauf entzogen . Erst durch die Kombination von Bergbau und Verfeuerung gelangen sie als CO2 wieder in die Atmosphäre. Die Nutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas trägt daher dazu bei, den CO2-Gehalt der Atmosphäre dauerhaft (wieder) zu erhöhen, während die Biomasse -Verbrennung ihn kaum langfristig beeinflusst. - 20 - Die unmittelbaren CO2-Emissionen aus Biomasse-Verbrennung werden daher in der CO2-Bilanz der Biomasse üblicherweise nicht berücksichtigt. Dennoch liegt die CO2- Bilanz nicht bei Null: Bei der landwirtschaftlichen Herstellung der Biomasse werden Traktoren und Landmaschinen eingesetzt, die üblicherweise mit Erdöl-basierten Kraftstoffen betrieben werden, bei deren Verbrennung im Motor wiederum CO2 entsteht. Außerdem muss zur Herstellung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln in der chemischen Industrie Energie aufgewendet werden. Bei einigen chemischen Reaktionen können in diesem Zusammenhang auch direkt CO2 oder andere Treibhausgase als Nebenprodukt entstehen. Schließlich entstehen bei manchen Verarbeitungsprozessen der Biomasse (Gärung) z.B. auch Methan. Falls dieses nicht abgefangen und/oder verbrannt wird, sondern direkt in die Atmosphäre entweicht, ergibt sich daraus ein weiterer Beitrag zur Treibhausgas-Bilanz der Biomasse-Produktion. Ebenso wie im Fall der Kernkraft besteht auch hier zumindest theoretisch die Möglichkeit , sich mit Biomasse „am eigenen Schopf“ aus der Klima-Problematik zu ziehen: Werden Traktoren und Landmaschinen mit Bio-Diesel betrieben und auf chemische Dünger und Pflanzenschutzmittel verzichtet, dann gelten obige Argumente nicht mehr. Eine solche Biomasse-Produktion in rein biologischer Landwirtschaft könnte prinzipiell tatsächlich weitestgehend CO2-frei sein. Dies ist jedoch nicht der Normalfall, und wird aus Gründen der ökonomischen Rentabilität vermutlich auch in Zukunft nicht dazu werden . Wird die Stromerzeugung aus Biomasse in (Block-)Heizkraftwerken mit Kraft-Wärme- Kopplung verbunden, so ergibt sich daraus auch hier eine rechnerische Gutschrift für die CO2-Bilanz, um die eingesparten Mengen an Heizöl bzw. Erdgas zu berücksichtigen . Übersteigt diese Gutschrift die Menge der bei der Biomasse-Herstellung emittierten Treibhausgase, so ergibt sich ein zunächst erstaunlicher Effekt: Die CO2-Bilanz der Biomasse kann, anders als bei praktisch allen anderen Energieträgern, in diesem Falle rechnerisch auch negativ werden. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die CO2-Bilanz der Biomasse von vielerlei Faktoren abhängt. Dazu zählen nicht nur die Art der angebauten Pflanzen und der weiteren Verarbeitung , sondern auch die Vegetationszone bzw. die klimatischen Bedingungen und die Wirtschaftsweise der Landwirte. - 21 - 4. Ergebnisse: CO2-Bilanzen im Vergleich 4.1. Ergebnisse im Überblick Das vorangegangene Kapitel zur Methodik der Bilanzierung hat gezeigt, dass die Details von CO2- und Energie-Bilanzen relativ stark von Annahmen und Szenarien abhängen können. Jedenfalls aber erfordert eine präzise Bilanzierung einigen Aufwand und oft auch sehr genaue Kenntnisse von Prozessketten und vielen einzelnen Zahlenwerten. So erklärt sich, dass zwischen publizierten CO2-Bilanzen teils deutliche Abweichungen auftreten. Das vorliegende Kapitel hat daher zum Ziel, einige in der Literatur zu findende Bilanzen zu diskutieren und zu vergleichen. Jenseits von Unsicherheiten und methodischen Differenzen ist nicht auszuschließen, dass einige der Abweichungen auch durch die jeweilige Interessenlage der Autoren beeinflusst sein könnten . Um hier ein vollständiges Spektrum abstecken zu können, wurden exemplarisch drei Bilanzen aus Quellen mit stark unterschiedlicher Ausrichtung ausgewählt. Die in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichte Bilanz (s. Abbildung 1) zeigt alle fossilen Energien inklusive des Erdöls, die Kernenergie sowie drei Formen der erneuerbaren Energien – nicht jedoch die Biomasse . In vielen Fällen sind nicht nur absolute Zahlenwerte, sondern auch Schwankungsbreiten angegeben, die laut Legende „unterschiedliche Berechnungsmethoden und Standorte“ berücksichtigen, ohne dass dies genauer spezifiziert würde (die Quellenangaben „PSI, IER“ scheinen nicht einfach nachvollziehbar). Die Daten wirken insgesamt plausibel, wobei auffällig ist, mit welch deutlichem Abstand die Kernkraft in dieser Darstellung vor der Photovoltaik liegt. Abbildung 1: Erste Überblicksdarstellung der CO2-Bilanzen verschiedener Energieträger. (Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 08.03.2007, http://www.sueddeutsche.de/wissen/arti kel/867/104763/). - 22 - Die zweite Überblicksdarstellung (Abbildung 2) stammt vom Welt-Kernenergie- Verband (World Nuclear Association). Viele der Werte liegen in ähnlicher Größenordnung wie in Abbildung 1, wobei die Spannbreite der Abweichungen hier nicht nur pauschal , sondern konkret durch einen Ländervergleich Japan-Schweden-Finnland angegeben wird. Im Fall von Spitzenlast-Kraftwerken (Schweden) weicht der Wert für Erdgas hier gegenüber Abbildung 1 um fast 100% nach oben ab. Teilweise niedriger als zuvor liegen hingegen nicht nur die Zahlen für die Kernenergie, sondern auch diejenigen für Wind, Wasser und insbesondere die Photovoltaik. Die dritte Überblicksdarstellung (Abbildung 3) unterscheidet systematisch zwischen Kraftwerken und Heizkraftwerken, zwischen verschiedenen Standorten von Kernkraftwerken , Windparks und Solarzellen, und geht zusätzlich auch auf den Fall der Biomasse (hier: Biogas) ein. Die Zahlenwerte für fossile Energien stimmen in etwa mit denjenigen der vorigen Abbildungen überein, wobei auffällt, dass sowohl die Obergrenzen für „nur“-Kraftwerke als auch die Untergrenzen für Heizkraftwerke etwas niedriger liegen als die entsprechende Spannbreite in Abbildung 1. Abbildung 2: Eine weitere Überblicksdarstellung der CO2-Bilanzen verschiedener Energieträger, Autoren: World Nuclear Association (WNA). „Coal“ steht für Steinkohle. Braunkohle ist nicht berücksichtigt, ebenso wenig die Biomasse. Die drei Datenspalten mit den jeweiligen Werten für Japan, Schweden und Finnland vermitteln einen ersten Eindruck nicht nur von den mittleren Werten, sondern auch von den möglichen Abweichungen nach oben und unten. Nach Angaben der WNA enthalten die Werte für Gaskraftwerke den Transport des Gases auf dem Seeweg. Die Werte für die Kernenergie („nuclear“) beziehen sich auf Siedewasserreaktoren . Die Zahl für Schweden beruhen auf Uran-Anreicherung vorwiegend per Zentrifugen, während in Finnland zu einem größeren Teil auch per Diffusions -Verfahren angereichert wird. Dies erklärt die in Finnland höheren CO2- Werte. (Quelle: World Nuclear Association - WNA, http://www.worldnuclear .org/info/inf11.html, nach Daten des Japan Central Research Institute of the Electric Power Industry.) - 23 - Abbildung 3: Eine dritte, detailliertere Überblicksdarstellung von CO2- Bilanzen verschiedener Energieträger. Oben: Zahlenwerte, unten: graphische Darstellung derselben Daten. Bei Kohle- und Gas-Kraftwerken werden die Fälle mit und ohne Kraft-Wärme-Kopplung unterschieden, bei Atomkraftwerken nach der Herkunft des Urans (bzw. der Methode der Anreicherung). Die Unterscheidung zwischen „onshore“- und „offshore“-Windkraftwerken zeigt keinen wesentlichen Unterschied. Solarzellen sind an sonnenreichen Standorten (Spanien) auch energetisch rentabler. (Quelle: Öko-Institut, s. Fritsche (2007)). - 24 - Die Zahlen für Wind- und Wasserkraft ebenso wie für Kernenergie (v.a. aus Südafrika) liegen deutlich höher als in Abbildung 1, während der Wert für Solarenergie an sonnenreichen Standorten gegenüber Abbildung 1 signifikant reduziert ist. Zur genaueren Begründung der Werte in Abbildung 3 verweist die Publikation (Fritsche 2007) auf Berechnungen mit einer Datenbank, in der Betriebs- und Herstellungsprozesse aller Kraftwerkstypen und die zugehörigen Energieverbrauchs-Daten und Treibhausgas- Emissionen im Detail erfasst sind. Insgesamt bleibt festzustellen, dass die drei gezeigten Bilanzen zwar in der groben Tendenz übereinstimmen. Sie unterscheiden sich aber nicht nur in einzelnen Zahlenwerten voneinander, sondern auch in der Rangfolge von Wasser-, Wind- und Kernenergie an der Spitze der CO2-Bilanz ebenso wie bei der Einordnung der Sonnenenergie relativ zum Spitzentrio. Solange verschiedene Bilanzen in dieser Weise voneinander abweichen , sind einzelne Studien jeweils nur als grobe Orientierung zu betrachten, die im Einzelnen nicht notwendigerweise zuverlässig sein müssen. Zur Beurteilung ihrer Glaubwürdigkeit muss auf die Detailgenauigkeit der Begründungen und die genaue Offenlegung der Berechnungs-Methoden geachtet werden. Die Ergebnisse können sich im Übrigen auch zukünftig noch signifikant verändern, sowohl aufgrund einer verbesserten Methodik der Ökobilanz-Erstellung als auch aufgrund von technischem Fortschritt bei den Kraftwerks-Technologien. - 25 - 4.2. Weitere Anmerkungen zu einzelnen Energieträgern 4.2.1. Kernenergie Im Fall der Kernenergie hängt die Gesamt-Bilanz an CO2-Emissionen von vielen Details der Prozesskette ab. Eine wichtige Rolle spielt dabei die zur Uran-Anreicherung und Brennstab-Produktion verwendete Technologie - siehe Abbildung 4 (aus Fritsche 2007). Abbildung 4: Treibhausgas-Bilanz der Stromproduktion aus Kernenergie in sechs verschiedenen Ländern (in Gramm CO2 pro Kilowattstunde Strom). Die rechte Spalte berücksichtigt nur CO2, während die mittlere Spalte zusätzlich auch die Emissionen anderer Treibhausgase (v.a. CH4 und Lachgas) im Lauf der gesamten Prozesskette berücksichtigt. Frankreich erreicht besonders niedrige Werte, weil hier die Uran-Anreicherung primär wiederum mit Atomstrom betrieben wird. In Südafrika (ZA) hingegen liegend die Werte besonders hoch, weil dort mit dem energie-aufwändigen Diffusionsverfahren angereichert wird und der dafür benötigte Strom aus Kohlekraftwerken stammt. (Quelle: Öko- Institut Darmstadt, s. Fritsche (2007)). - 26 - 4.2.2. Windkraft Abbildung 5 zeigt beispielhaft, welche Energie-Mengen für die Herstellung einer größeren Windkraftanlage aufgewendet werden müssen, und wie sie sich auf die einzelnen Komponenten einer Anlage verteilen. Wenn diese Mengen im Betrieb wieder eingespielt sind, hat sich der Bau energetisch amortisiert; erst danach kann praktisch CO2-frei Strom produziert werden. In der Literatur angegebene Energie -Rücklaufzeiten für Windkraftanlagen an deutschen Standorten liegen bei 3 bis 6 Monaten (Wagner 2004) bzw. bei 2,9 bis 4,4 Monaten (Emissionshaus 2002). Für Details zur Methodik der Bilanzierung siehe auch Geuder (2004); dort errechnete Amortisationszeiten liegen zwischen 3,7 und 6,1 Monaten für Standorte an der Küste bzw. im Binnenland (Geuder 2004, Tab. 6-15, S. 78). Es besteht also weitgehender Konsens, dass die Energie-Rücklaufzeiten für Windräder relativ kurz sind; dies lässt die in Abschnitt 4.1 wiedergegebenen niedrigen CO2-Werte der Windkraft plausibel erscheinen. Abbildung 5: Energiebilanz der Herstellung eines Windrades: Die für die Produktion der einzelnen Anlagenteile benötigten Energiemengen sind in Megawattstunden (1 MWh = 1000 kWh) angegeben. (Quelle: Wagner 2004). - 27 - 4.2.3. Photovoltaik Umweltbilanzen und Energie-Rücklaufzeiten von Solarzellen werden derzeit in einer Vielzahl von Forschungsprojekten untersucht, so z.B. dem EU-Projekt „Crystal Clear“ (s. Alsema et al. 2006). Aktuelle Ergebnisse für Rücklaufzeiten von Silizium- Solarzellen sind in Abbildung 6 wiedergegeben; weitere Details und Diagramme zu CO2-Bilanzen der Photovoltaik finden sich z.B. in Wild-Scholten (2006). Bei der Interpretation ist immer zu beachten, dass die Bilanzen nicht nur erheblich vom Standort abhängen, wobei eine höhere mittlere Sonneneinstrahlung zu deutlich kürzeren Rücklaufzeiten und niedrigeren CO2-Bilanzen führt (siehe Abbildung 6 für den Vergleich zwischen Mittel- und Süd-Europa, sowie Abbildung 7 für eine genauere Unterscheidung zwischen einzelnen Regionen in Deutschland). Vielmehr hängen alle Bilanzen immer auch von der Solarzellen-Technologie ab. Abbildung 6 zeigt dass z.B. monokristalline Silizium-Solarzellen tendenziell höhere Rücklaufzeiten aufweisen als multikristalline. Abbildung 6: Energie-Rücklaufzeiten für drei verschiedene Typen von Solarzellen auf Hausdächern an zwei Standorten. Die Amortisationszeiten an sonnenreichen Standorten in Süd-Europa sind für alle Typen kürzer als in Mittel -Europa. Die farbig unterteilten Balkendiagramme zeigen darüber hinaus, wie sich die Rücklaufzeiten aus den Energieaufwendungen für die Silizium- Fertigung, die Bauteil-Produktion und –Montage sowie die Aufständerung und die elektrischen Anschlüsse zusammensetzt. (Quelle: Alsema et al. 2006). - 28 - Vertreter der Solarwirtschaft weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Photovoltaik in den letzten Jahren eine sehr rasche technologische Entwicklung erfahren hat. „Technologische Schübe“ ermöglichen dabei nicht nur Kostensenkungen, sondern auch Material-Einsparungen bei der Herstellung und höhere Wirkungsgrade im Betrieb (vgl. Luther 2003). Die beiden letzteren Faktoren sind gleichermaßen geeignet, Energie- Rücklaufzeiten zu verkürzen. Diese liegen heute bei ca. 2-5 Jahren für die im Markt verbreiteten Technologien; für multikristalline Zellen werden bessere Werte von 1,5 bis 2,5 Jahren genannt, für Dünnschicht-Zellen sogar nur 1,5 Jahre. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) e.V. geht davon aus, dass sich diese Amortisationszeiten durch weiteren technischen Fortschritt in den nächsten Jahren halbieren lassen. Nach BSW- Angaben seien bei Dünnschicht-Solarzellen schon heute Amortisationszeiten von unter einem Jahr Realität. Langfristig sei dies auch bei kristallinen Zellen möglich. Abbildung 7: Geographische Verteilung der Sonneneinstrahlung in Deutschland (gemessen in Kilowattstunden pro Jahr und pro Quadratmeter Fläche - siehe linke Skala). Das Maximum wird teils in Südbaden, vor allem aber im Süden Bayerns erreicht. Die mittlere Skala gibt die zugehörigen Energie-Rücklaufzeiten (energy payback time – EPBT) an. Die Zahlenwerte– zwischen 2,6 Jahren in Süddeutschland und 3,6 Jahren im Nordwesten – gelten für multikristalline Silizium -Solarzellen auf dem technischen Entwicklungsstand des Jahres 2004. Die rechte Skala zeigt die zugehörigen Werte der CO2-Bilanzen, die je nach Strahlungsintensität zwischen 44 und 60 g CO2 pro kWh liegen. (Quelle: Energy Research Center of the Netherlands, http://www.ecn.nl, basierend auf Daten nach Alsema et al. (2006)). - 29 - Die genaue CO2-Bilanz von Solarstrom hängt dann wiederum von dem Vergleich der Energie-Rücklaufzeit mit der gesamten Betriebsdauer einer Anlage zusammen. Nimmt man eine Lebensdauer12 von 20 Jahren an, dann ergeben sich typische CO2-Werte von ca. 100 g/kWh, wobei neuere Studien nach BSW-Angaben eher Werte in der Größenordnung von 40-60 g CO2/kWh aufweisen. Mit Dünnschicht-Solarzellen sollen Werte von 20 g CO2/kWh erreichbar sein. Generell gilt auch hier: Je länger die tatsächliche Lebensdauer im Vergleich zur Amortisationszeit, desto niedriger die CO2-Bilanz. 4.2.4. Biomasse Die genaue CO2-Bilanz der Biomasse hängt stark von den Bedingungen des Anbaus und der landwirtschaftlichen Wirtschaftsweise, der Verarbeitung, dem Transport und der energetischen Verwendung ab. Allgemeine Aussagen sind daher kaum möglich. Für eine erste Annäherung müsste zumindest zwischen den Formen fester Biomasse (Holz, Stroh usw.), Bio-Diesel, Bio-Ethanol, Bio-Gas und anderen unterschieden werden. In diesem Bereich besteht teilweise noch erheblicher Forschungsbedarf; viele jüngere und aktuelle Projekte widmen sich der Klärung dieser Fragen. Eine genaue und differenzierte Untersuchung würde den Rahmen der vorliegenden Darstellung überschreiten; es sei daher an dieser Stelle nur auf die bereits existierende Literatur verwiesen (siehe z.B. zu Biodiesel: IFEU 2003, zu Bioethanol: Bernhardt 2006, zu Biogas: Scholwin 2006). Nach Angaben der „Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe“ (FNR) wird im Auftrag der FNR derzeit von Instituten in Leipzig und Heidelberg eine weitere Studie erstellt, die CO2-Bilanzen von Biomasse untersucht und dabei zwischen verschiedenen Biomasse -Typen, Herkunftsländern und Verwendungsarten (Strom, Wärme, Kraftstoff) unterscheidet . Mit der Fertigstellung ist im Mai 2007 zu rechnen. Auch im Fall der Biomasse gilt, dass Verbesserungen in den Techniken der Produktion und Nutzung von Biomasse ebenso wie in der Methodik der Erstellung von Ökobilanzen die Ergebnisse im Laufe der nächsten Jahre möglicherweise noch merklich verändern können. Generell ist noch einmal anzumerken, dass bei der Verbrennung von Biomasse CO2 entsteht. Ihre energetische Nutzung ist daher im engeren Sinne nicht CO2- frei. Erweitert man jedoch das Zeitfenster der Betrachtung so, dass auch die Wachstumsphase der Pflanzen eingeschlossen ist, während der durch Photosynthese CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen wird, so ist die Biomasse-Nutzung in der Gesamtbilanz jedoch zumindest CO2-neutral. Die Daten in Abbildung 3 zeigen, dass unter günstigen Umständen – insbesondere bei Verfeuerung in kleinen, dezentralen Anlagen mit Kraft- 12 Der Zeitraum von 20 Jahren entspricht der im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgelegten Dauer der garantierten Mindest-Einspeisevergütung für Solaranlagen-Betreiber. Auch Solaranlagen-Hersteller garantieren oft die Funktionsfähigkeit ihrer Anlage für mindestens 20 Jahre. Technisch realistisch sind jedoch auch deutlich längere Laufzeiten, wobei allerdings der Wirkungsgrad der Anlagen oft auf 90% oder weniger des Anfangswertes absinkt. Einen Überblick über weitere Risikofaktoren, die die Lebensdauer von Anlagen verkürzen können, gibt Fthenakis (2006). - 30 - Wärme-Kopplung – die Biomasse-Nutzung deutlich mehr Treibhausgas vermeiden kann, als bei ihrer Produktion emittiert wird, so dass die Gesamtbilanz sogar rechnerisch negativ wird. 5. Zusammenfassung und Fazit Zusammenfassend bleibt zunächst festzuhalten, dass zuverlässige Auskunft über die „Klima-Freundlichkeit“ verschiedener Energieträger nur von vollständigen Lebenszyklus -Analysen zu erwarten sind, die neben dem Betrieb des Kraftwerks auch die Rohstoffgewinnung , den Kraftwerksbau und die Entsorgung möglicher Rückstände berücksichtigen . Doch auch im Rahmen solcher Analysen hängt die CO2-Bilanz jedes Energieträgers in gewissem Maße von den detaillierten Bedingungen der Herstellung, des Kraftwerksbetriebs und weiteren Umständen ab. Genaue (absolute) Zahlenwerte – sei es für die emittierte CO2-Menge pro erzeugter Kilowattstunde Strom oder für Energie- Rücklaufzeiten – sind daher nur begrenzt zuverlässig. Mit größerer Sicherheit lässt sich jedoch eine (relative) Rangfolge der „klimafreundlichsten “ Energieformen angeben. Diese weist einen Rest an Unsicherheit nur in der „Spitzengruppe“ auf, wo nicht immer einfach zu entscheiden ist, welche von zwei CO2-armen Energiearten tatsächlich die CO2-ärmere ist. Zu dieser Spitzengruppe zählen diverse Formen der erneuerbaren Energien, aber auch die Kernkraft. Ihre Rangfolge hängt von den Details der Herstellungsprozesse der Kraftwerksmaterialien bzw. Brennstoffe und der Betriebsart ab. Durch weiteren technischen Fortschritt können sich diese Verhältnisse in Zukunft auch noch gegeneinander verschieben. Am anderen Ende der Skala besteht hingegen keinerlei Unsicherheit: Fest steht, dass Kohle mit deutlichem Abstand der CO2-intensivste Energieträger ist, wobei die Verhältnisse im Fall der Steinkohle noch etwas günstiger liegen als bei der Braunkohle. Die CO2-Bilanz beider Kohlearten verbessert sich dann, wenn Kraftwerke mit Kraft- Wärme-Kopplung betrieben werden. Darüber hinaus kann die Klima-Wirkung der Kohleverstromung eventuell noch durch CO2-Sequestrierung verbessert werden. Eine Einsatzreife dieser Technologie ist jedoch im Moment noch nicht absehbar. Sollte die Sequestrierung sich mittelfristig großtechnisch durchsetzen können, so wird allerdings auch damit die Kohle voraussichtlich nicht zur Spitzengruppe der CO2-Bilanz aufschließen können, da die Abscheidung niemals vollständig ist, sondern immer noch spürbare Restmengen an CO2 entweichen werden. Das Mittelfeld dieser Rangliste wird gefüllt von Erdgas-Kraftwerken: Während einfache Gasturbinenkraftwerke für den Spitzenlastbereich teilweise nicht wesentlich klimafreundlicher als Kohlekraftwerke sind, reichen kleine, moderne Anlagen mit Kraft- - 31 - Wärme-Kopplung (Blockheizkraftwerke) bis an die Spitzengruppe der Erneuerbaren und der Kernenergie heran. Zum Abschluss muss festgehalten werden, dass die Klimafreundlichkeit zwar ein wichtiges , aber keineswegs das einzige Kriterium ist, das zum Vergleich von Energieträgern herangezogen werden kann und muss. Eine vollständige Umweltbilanz verschiedener Arten von Energieerzeugung muss darüber hinaus viele weitere Aspekte berücksichtigen . Dazu zählen u.a. weitere Arten von Schadstoffemissionen, Bodenschutz, Gewässerschutz und Landschaftsschutz, die Betriebssicherheit und Entsorgungsfragen. Schließlich muss die Auswahl von Energieträgern bzw. der Energiemix auch jenseits der Umweltbilanz vielen weiteren Kriterien genügen. Zu den „traditionellen“ Kriterien der Energiepolitik gehören neben der Umweltverträglichkeit die Wirtschaftlichkeit, die Sozialverträglichkeit, die langfristige Versorgungssicherheit und die Unabhängigkeit von Importen. 6. Quellen und Literaturhinweise Environmental impacts of PV electricity generation - a critical comparison of energy supply options. Im Internet : http://www.ecn.nl/docs/library/report/2006/rx06016.pdf Ökobilanz von Bioethanol – eine Literaturstudie. Bonn: Germanwatch . Im Internet: http://www.germanwatch.org/handel/eth06.pdf BSW – Bundesverband Solarwirtschaft (2006). Energetische Amortisation von Photovoltaikanlagen . Berlin: BSW-Info, Juni 2006. Kohlendioxid-arme Kraftwerke. Info-Brief der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags (52 Seiten). Im Internet: http://www.bundestag.de/bic/analysen/2006/Kohlendioxid-arme_Kraftwerke.pdf Emissionshaus – „Das grüne Emissionshaus“ (2002). Berechnung der Ökobilanz für eine Windkraftanlage. Im Internet: http://www.windenergie .de/fileadmin/dokumente/Themen_A- Z/Energiebilanzen/Datenblatt_EnergAmortisation_WEA.pdf Evaluation of risks in the life cycle of photovoltaics in a comparative context. Dresden: 21st European PV Solar Energy Conference. Im Internet: http://www.pv.bnl.gov/abs_191.pdf Treibhausgasemissionen und Vermeidungskosten der nuklearen, fossilen und erneuerbaren Strombereitstellung. Arbeitspapier des Öko-Instituts, März 2007. Im Internet: http://www.oeko.de/oekodoc/318/2007-008-de.pdf Energetische Bewertung von Windkraftanlagen. Diplomarbeit , Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt. Im Internet: http://www.windenergie .de/fileadmin/dokumente/Themen_A-Z/Energiebilanzen/Studie_FH- W%FCrzburg_EnergBewertung.pdf Die Energiefrage – Bedarf und Potenziale, Nutzung, Risiken und Kosten. 2. Auflage. Braunschweig/Wiesbaden: Vieweg. Biomasse. Aktueller Begriff Nr. 14/2004 der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages. Im Internet: http://www.bundestag.de/bic/analysen/2004/2004_08_02.pdf - 32 - IFEU – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (2003). Erweiterung der Ökobilanz für Raps-Methyl-Ester (RME). Gutachten im Auftrag der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen. Im Internet: http://www.ifeu.org/landwirtschaft/pdf/rme-2003.pdf Das Meer als Energiequelle - Wellenkraftwerke, Osmose- Kraftwerke und weitere Perspektiven der Energiegewinnung aus dem Meer. Info- Brief der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags (26 Seiten). Im Internet : http://www.bundestag.de/bic/analysen/2005/2005_11_101.pdf Uran als Kernbrennstoff: Vorräte und Reichweite. Info-Brief der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags (16 Seiten). Im Internet: http://www.bundestag.de/bic/analysen/2006/Uran_als_Kernbrennstoff- Vorraete_und_Reichweite.pdf Photovoltaik – Neue Horizonte. Forschungsverbund Sonnenenergie . Im Internet: http://www.fv-sonnenenergie.de/publikationen/photovoltaikneue _horizonte_02.pdf Ökologische Analyse einer Biogasnutzung aus nachwachsenden Rohstoffen. IFEU - Institut für Energetik und Umwelt, Leipzig. Im Internet: http://www.fnrserver .de/pdf/literatur/pdf_273ie%20(2007)%20endbericht_oekobilanzen_final.pdf Carbon emission and mitigation cost comparisons between fossil fuel, nuclear and renewable energy resources for electricity generation. In: Energy Policy, Bd. 31, S. 1315-1326. Im Internet : http://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S0301421502001921 Ganzheitliche Energiebilanzen von Windkraftanlagen: Wie sauber sind die weißen Riesen? Im Internet: http://www.windenergie .de/fileadmin/dokumente/Themen_A-Z/Energiebilanzen/Artikel_Wagner_2004.pdf A cost and environmental impact comparison of grid-connected rooftop and ground-based PV systems. Dresden: 21st European PV Solar Energy Conference. Im Internet: http://www.pv.bnl.gov/abs_194.pdf