Deutscher Bundestag Stand der Umsetzung des Bologna-Prozesses Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2010 Deutscher Bundestag WD 8 – 3000 – 054/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 2 Stand der Umsetzung des Bologna-Prozesses Aktenzeichen: WD 8 – 3000 – 054/10 Abschluss der Arbeit: 5. Mai 2010 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Ergebnisse der Bologna-Jubiläumskonferenz am 11./12. März 2010 in Wien und Budapest sowie internationaler Stand der Umsetzung des Bologna-Prozesses 4 3. Quantitativer Stand der Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland 5 4. Qualitativer Stand der Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland 6 5. Erfahrungen von Bachelor-Studierenden in Deutschland 7 6. Stellungnahmen zum Stand der Umsetzung/zum Reformbedarf des Bologna-Prozesses von BMBF, Fraktionen und Hochschulverbänden 9 7. Good Practice-Beispiele in Deutschland 12 7.1. Varianten der Umsetzung der Bologna-Reform an deutschen Hochschulen 12 7.2. Ausgezeichnete Bachelor-Reformmodelle 12 8. Ausblick: Bologna-Konferenz am 17. Mai 2010 in Berlin 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 4 1. Einleitung Die Bologna-Erklärung wurde 1999 von zunächst 29 europäischen Staaten unterzeichnet, um einen international wettbewerbsfähigen und attraktiven Europäischen Hochschulraum zu entwickeln , dessen Start 2010 sein sollte. Mittlerweile gibt es 47 (Kasachstan kam im März 2010 hinzu) Teilnehmerländer am Bologna-Prozess. Einzelziele des Zusammenschlusses der Mitgliedsländer sind u. a. ein System gleichwertiger und vergleichbarer Hochschulabschlüsse zu schaffen, eine Qualitätssicherung im europäischen Hochschulraum zu verankern, mehr Mobilität von Studierenden , die Anerkennung von Studienleistungen und Abschlüssen und Beschäftigungsfähigkeit zu erreichen, aber auch die soziale Herausforderung zu meistern, möglichst viele am tertiären Bildungssystem teilhaben zu lassen. Dabei steht neben der Einführung eines zweistufigen Studiensystems (Bachelor, Master), auf dem der PhD aufbaut, und der Einführung eines Leistungspunktesystems (ECTS) insbesondere die Förderung der Mobilität im Zentrum des Bologna- Prozesses. Angestrebt wird, dass jeder fünfte Absolvent im europäischen Hochschulraum einen Teil seiner Studienzeit im Ausland verbringt. Derzeit umfasst der europäische Bologna-Hochschulraum rund 4.000 Hochschulen mit ungefähr 1,5 Mio. Lehrenden (davon 450.000 Forscher) und etwa 20 Mio. Studierenden (http://www.bmwf.gv.at/bologna_jubilaeumskonferenz_2010/, Stand März 2010; vgl. zur Chronologie des gesamten Bologna-Prozesses http://www.bmbf.de/de/3336.php). 2. Ergebnisse der Bologna-Jubiläumskonferenz am 11./12. März 2010 in Wien und Budapest sowie internationaler Stand der Umsetzung des Bologna-Prozesses Anlass der außerordentlichen „Bologna Ministerial Anniversary Conference 2010“ war der Abschluss der ersten Phase des Bologna-Prozesses und der offizielle Start des europäischen Hochschulraums . Die zweiseitige abschließende Erklärung der Ministerkonferenz (46 Teilnehmerländer ) stellt entsprechend die Eröffnung des Europäischen Hochschulraumes in den Mittelpunkt. Unter andrem wird in der Erklärung aber auch anerkannt, dass es kritische Stimmen zum bisherigen Prozess gäbe, denen zugehört werden solle. Festgestellt wird diesbezüglich, „dass Anpassungen und weitere Arbeit unter Einbeziehung des Hochschulpersonals und der Studierenden auf europäischer, nationaler und insbesondere institutioneller Ebene notwendig sind, wenn der Europäische Hochschulraum so wie von uns geplant verwirklicht werden soll“. Zudem fordern die Minister die Bologna Follow-Up Gruppe auf, Maßnahmen vorzuschlagen, „die eine richtige und vollständige Umsetzung der vereinbarten Bologna-Grundsätze und Aktionslinien im gesamten Europäischen Hochschulraum ermöglichen, […], unter anderem durch die Entwicklung zusätzlicher Arbeitsmethoden wie Peer Learning, Studienaufenthalten und anderen Aktivitäten, die dem Informationsaustausch dienen“ (http://www.ond.vlaanderen.be/hogeronderwijs/bologna/links/language/2010_Budapest-Wien- Erkl%C3%A4rung.pdf). Auf der öffentlichen Website der Konferenz ist sowohl eine Kurz- (46 Seiten) als auch eine Langfassung des Berichts der von der Europäischen Kommission und der Bologna Follow-Up beauftragten internationalen Hochschulforschergruppe (CHEPS, INCHER Kassel, ECOTEC) zur Umsetzung des Bologna-Prozesses zugänglich. Ebenfalls sind dort auch explizite Fallstudien (Irland, Niederlande, Estland, Georgien, Serbien, Türkei), weitere Studien sowie einzelne Leistungsbilanzen zusammengestellt: http://www.ond.vlaanderen.be/hogeronderwijs/bologna/2010_conference/ . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 5 In dem genannten internationalen Umsetzungsbericht „First decade of working on the European Higher Education Area (EHEA). The Bologna Process independent assessment” werden neun Teilaspekte der Bologna-Reformen betrachtet. Allgemein wird u.a. bilanziert: „Overall, higher education across the 46 EHEA countries looks substantially different from 10 years ago — perhaps with the exception of the social dimension.” Die meisten der Länder hätten die grundlegenden Voraussetzungen für den europäischen Hochschulreformprozess in Form von Gesetzen und Regelungen geschaffen. In allen Ländern wurde bisher die gestufte Studienstruktur eingeführt (in 95% aller Hochschulen von 46 Ländern). Eine Umsetzung aller Vorgaben gäbe es bislang jedoch in keinem Land. Allerdings “is [there] a large difference in the speed of implementation between individual countries. … Newcomer countries (17 countries joined in 2001–2005, mostly in the East and South-East of the region) had to struggle to catch up with many — though not all — of the early starters. … Especially amongst countries that were relatively new to the Bologna process , a lack of resources and expertise to guide and influence the domestic policy process and subsequent implementation were significant handicaps.” Insgesamt gelte, dass die Umsetzung der beschlossenen Reformen vor Ort an den Hochschulen zukünftig in den Mittelpunkt rücken müsse.1 Zum Teilaspekt der Mobilität wird in dem Bericht festgestellt: “In all EHEA countries, many learners now have the option to continue second or third cycle studies in other institutions in the same country or in other EHEA countries. …Student mobility within the EHEA did not increase substantially in the period up to 2007 (the latest year for which comparable statistics were available ). The main change between 1999 and 2007 was from short-term credit mobility (by ‘free movers’ and learners moving within the framework of European, national or regional programmes ) to degree mobility. There was an absolute rise of 39%, equalling a relative increase of 4% (relative increase takes the growth of the student population into account) to the point where 2.0% of EHEA learners were pursuing a degree in another EHEA country. There is an east-to-west imbalance of student mobility within Europe. The imbalance may call the sustainability of student mobility into question. … Mobility from other parts of the world towards the EHEA has increased substantially and faster than international mobility has grown worldwide. Together, the EHEA countries attracted 30% of the world’s foreign learners in 2007… Equally the EHEA is not seen as an area providing a uniform level of higher education degrees and the USA remains the most prestigious destination, attracting the top tier of learners (e.g. from China)” (http://www.ond.vlaanderen.be/hogeronderwijs/bologna/2010_conference/documents/Independ entAssessment_executive_summary_overview_conclusions.pdf). 3. Quantitativer Stand der Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland Die aktuell – am 28. April 2010 – veröffentlichte Publikation der HRK „Statistische Daten zur Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen. Sommersemester 2010“führt auf, dass inzwischen 81% aller Studiengänge an deutschen Hochschulen umgestellt sind (10.806 von 13.421). Gegenüber dem SoSe 09 ist das ein Plus von 6%, gegenüber dem Vorsemester ein Plus von 4%. Die Studiengänge im Einflussbereich der Hochschulen sind damit weitgehend Teil der 1 Darauf verweist auch der am 9.3.2010 auf der Konferenz vorgestellte „Trends 2010-Report“ der EUA, für den u. a. 27 nationale Rektorenkonferenzen Informationen und Einschätzungen lieferten: Danach gelte es z. B. in den meisten europäischen Ländern, die Studienprogramme zu entschlacken, Prüfungen zu reduzieren, verstärkt Mobilitätsfenster vorzusehen, Studienabschlüsse gegenseitig unbürokratischer anzuerkennen und übergreifende Konzepte für das Lebenslange Lernen zu entwickeln. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 6 Bologna-Struktur. Gerade an den Kunst- und Musikhochschulen wurde im Verhältnis zum WiSe 09/10 ein Plus von 16% erreicht, so dass deren Studienangebote nun zu 46% zu den neuen Abschlüssen führen. Der Großteil der nicht umgestellten Studiengänge (insgesamt 2.615) führt zu staatlichen2 oder aber kirchlichen Abschlüssen (1.918, was 73% der nicht umgestellten Studiengänge entspricht). Nur noch 697 traditionelle Studiengänge bleiben umzustellen. Der Anteil der Studierenden in Master-/Bachelor-Studiengängen lag (gemessen an der Gesamtstudierendenzahl im WiSe 08/09) bei 43% – im Jahr zuvor war es noch jeder Dritte. Rund drei Viertel aller Studienanfänger immatrikulieren sich (WiSe 08/09) in einem der neuen Studiengänge . Der Absolventenanteil neuer Studiengänge liegt noch bei 20%. Die komplette 80-seitige Publikation mit allen Einzelstatistiken kann abgerufen werden unter: http://www.hrkbolog - na.de/bologna/de/download/dateien/HRK_StatistikBA_MA_SoSe_2010_finale_mit_Cover%281% 29.pdf 4. Qualitativer Stand der Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland Qualitative Aspekte zum Stand der Umsetzung des Bologna-Prozesses können dem aktuellen nationalen Umsetzungsbericht entnommen werden. Dieser wird regelmäßig in Vorbereitung der regulären Bologna-Ministerkonferenzen durch das BMBF und die KMK vorgelegt; zuletzt im November 2008 „Bericht zur Umsetzung der Bologna-Zielsetzungen in Deutschland. Nationaler Bericht für Deutschland 2007-2009“ unter http://www.bmbf.de/pub/umsetzung_bologna_prozess_2007_09.pdf bzw. Unterrichtung durch die Bundesregierung „Dritter Bericht zur Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland“ vom 30. März 2009 BT-Drs. 16/12552. Demnach ist z. B. die Mobilität deutscher Studierender ins Ausland von 1999 bis 2007 von 49.000 auf 90.300 gestiegen bzw. gegenüber 34.000 im Jahr 1991. Dabei werde die Mobilität durch das BAföG, die Vergabe von Individualstipendien, Mobilitätsbeihilfen , Struktur- und Partnerschaftsprogramme der deutschen Hochschulen, durch finanzielle Unterstützung der Hochschulen bei der Betreuung ausländischer Studierender (STIBET) und durch die Förderung von lokalen studentischen ERASMUS-Initiativen gefördert. Darüber hinaus wird in der Antwort der Bundesregierung vom 28. Dezember 2009 auf eine kleine Anfrage der Fraktion die LINKE.„Zur Weiterentwicklung und Evaluierung der Umsetzung des Bologna-Prozesses“ ausführlich auf den nationalen Umsetzungsstand eingegangen (BT-Drs. 17/373, http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/003/1700373.pdf ). Dabei werden auch der am 15. Oktober 2009 verabschiedete Beschluss zur „Weiterentwicklung des Bologna -Prozesses“ durch die KMK (http://www.kmk.org/presse-undaktuelles /meldung/weiterentwicklung-des-bologna-prozesses.html) und die „Ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen “ vom 4. Februar 2010 (http://www.hrk.de/bologna/de/download/dateien/2003_10_10-Laendergemeinsame- Strukturvorgaben.pdf), 2 Es handelt sich dabei um rechtwissenschaftliche und medizinische Staatsexamensstudiengänge bzw. (noch) nicht umgestellte Lehramtsstudiengänge. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 7 die am 10. Dezember 2009 erzielte Einigung von KMK und HRK zur Sicherstellung der Studierbarkeit der Studiengänge (http://www.hrk.de/de/presse/95_5235.php) und die von der HRK organisierten Thementage sowie die am 8. Dezember 2009 verabschiedeten neuen Kriterien für die Akkreditierung von Studiengängen und die Systemakkreditierung durch den Akkreditierungsrat (http://www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/Startseite/Beschluss_Akkr editierung_Studiengaenge_Systeme_08_12_09.pdf) thematisiert. Alle genannten Maßnahmen sind von hoher Relevanz, da die Ausgestaltung von Bachelor- und darauf aufbauenden Masterstudiengängen in Deutschland nach der Kompetenzverteilung des GG allein in der Verantwortung der Länder3 liegt bzw. in Fragen der Umsetzung die Hochschulen primäre Verantwortung tragen. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hat zur qualitativen Bewertung zur Umsetzung des Bologna-Prozesses im November 2009 zudem einen „Ländercheck. Der lange Weg nach Bologna . Wo stehen die Bundesländer bei der Studienreform?“ vorgelegt. In diesem wird nicht nur das Voranschreiten der Einführung der gestuften Studienstruktur bundesländerspezifisch verglichen , sondern auch anhand „erster Hinweise aus nur wenigen aussagekräftigen Erhebungen“ der jeweilige Praxisbezug im Studium und die formalen Angebote akademischer Weiterbildung sowie die studentische Mobilität und globale Attraktivität. Danach seien Berlin, Bremen und Brandenburg die Spitzenreiter im Bologna-Prozess, während Hessen, NRW und Thüringen bisher die Endgruppe bildeten. Der knapp 30-seitige Ländercheck ist zu finden unter: http://www.stifterverband.org/publikationen_und_podcasts/positionen_dokumentationen/laende rcheck_bologna/laendercheck_bologna.pdf . 5. Erfahrungen von Bachelor-Studierenden in Deutschland Die Studie „Bachelor-Studierende – Erfahrungen in Studium und Lehre. Eine Zwischenbilanz“ der AG Hochschulforschung der Universität Konstanz von Ende 2009 führt auf über 100 Seiten anhand drei umfangreicher Erhebungen zwischen 2006-2008 die Einschätzungen der Studierenden zum ihrem Bachelor-Studium, ihre fachlichen Motive und beruflichen Erwartungen auf. Ergebnisse der Studie sind u. a.: - Über 80% aller befragten Studierenden unterstützen die Ziele der Bologna-Reform zur internationalen Ausrichtung, der Studienphase im Ausland, der Akkreditierung der Studiengänge oder der Vergleichbarkeit der Standards. 75% halten auch die gestufte Studienstruktur für sinnvoll, aber nur 53% sehen dies für ein grundsätzlich auf 6 Semester festgelegtes Bachelor-Studium so. - Eine kurze Studiendauer wird in allen Fachrichtungen von den Bachelor-Studierenden weit häufiger angestrebt als von den Diplom-Studierenden. Doch die Anpassung an ein straffes Studium ist bei vielen von ihnen weniger durch eine innere Überzeugung (persönlicher Gewinn) getragen, sondern wird häufig als eine pflichtgemäße Erfüllung oder als erzwungene Anforderung erlebt. 3 Darunter fällt neben der inhaltlichen Ausgestaltung des Studiums z. B. auch die mögliche Festlegung von Quoten für den Zugang zum Masterstudium. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 8 - 82% der Bachelor-Studierenden machen in ihrem Studium eine hohe Regulierungsdichte aus. Die vorgeschriebene Studienführung ist für die Mehrheit eher unproblematisch, jeder Dritte benennt mit diesen Reglementierungen aber größere Schwierigkeiten (insbesondere an den Universitäten) zu haben. - Die Modularisierung der Studiengänge beurteilen die Bachelor-Studierenden (vor allem der Ingenieur- und Kulturwissenschaften) mehrheitlich als nicht gut gelungen. - Die Bachelor-Studierenden wenden insgesamt etwas über 35 Stunden in der Woche für ihr Studium auf. Der durchschnittliche Gesamtaufwand ist im Vergleich zu den Diplom- Studierenden kaum unterschiedlich.4 „[Der] oft geäußerte Eindruck von Überforderung und Hetze, was viele Studierende auf die Anlage des Bachelor-Studiums zurückführen, muss andere Gründe haben [als den tatsächlichen Zeitaufwand für das Studium]. Sie liegen offensichtlich in der Fülle der Regelungen, in mehr Verpflichtungen und verlangter Präsenz, in zu vielen Prüfungsleistungen bei zu wenig Transparenz, in unzureichenden Gliederungen, überladenen Modulen, aber auch in ausbleibenden Rückmeldungen und geringer Flexibilität im Lehrangebot. Zugleich ist der Leistungsdruck hinsichtlich Effizienz und Erfolg für die Bachelor-Studierenden höher geworden. Es ist diese Kombination, die vermehrt zu Stress und dem Gefühl des Ungenügens und der Unsicherheit führt.“ - Die Organisation der Lehre (Terminausfälle oder Überschneidungen von Lehrveranstaltungen ) weist im Bachelor-Studium für die Studierenden einige Mängel auf, die ein zügiges Studium behindern. „Im Vergleich zu den Diplom-Studiengängen ist weder eine Verbesserung noch Verschlechterung bei dieser wichtigen Voraussetzung für die Stoffeffizienz und den Studienfortgang eingetreten.“ - Die Kooperation mit ausländischen Hochschulen hat in allen Fachrichtungen zugenommen (Defizite nach Meinung der Bachelor-Studierenden nur in universitären Natur- und Sozialwissenschaften). - Die jetzige finanzielle Lage wird von 28%, die Berufsaussichten und die zukünftige finanzielle Lage von 22% der Bachelor-Studierenden als sehr belastend empfunden. Der Anteil Studierender mit Sorgen wegen ihrer Finanzsituation und der Studienfinanzierung hat sich seit Mitte der 90er Jahre (48%) kontinuierlich (auf 71% an den Universitäten, 76% an den Fachhochschulen erhöht. - In den Bachelor-Studiengängen beschäftigten sich drei Viertel nicht mit der Frage des Studienabbruchs. Der Anteil, der sich jedoch etwas oder ernsthaft mit dem Abbruch des Studiums befasst, ist unter den Bachelor-Studierenden größer (26%) als unter den Diplom -Studierenden (20%). 4 Deutliche Differenzen gibt es nur zwischen den Fachrichtungen. Ansonsten ist der Zeitaufwand beim Bachelor-Studium für den Besuch von Lehrveranstaltungen höher, dafür aber beim Selbststudium geringer , was insgesamt dem bisherigen Studienverhalten an Fachhochschulen entspräche. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 9 - Es ist aus Sicht vor allem der Bachelor-Studierenden an den Universitäten bisher nicht erkennbar, dass in ihrem Studium ein enger Praxisbezug oder eine bessere Berufsvorbereitung hergestellt wird. - „Studentische Sorgen um spätere Arbeitsmarktchancen sind mehr von den konjunkturellen Verläufen als von der Einführung des Bachelor abhängig.“ In der Einschätzung der beruflichen Chancen unterscheiden sich insgesamt die Bachelor-Studierenden kaum von jenen mit anderen Abschlüssen. - In der Rangliste der Wünsche zur Verbesserung ihrer Studiensituation sehen die Bachelor- Studierenden folgende Punkte als sehr dringlich: Verbesserung der Arbeitsmarktchancen (40%), Lehrveranstaltungen mit weniger Teilnehmern (36%), Erhöhung der BAföG-Sätze (36%). - Zur Reform der Hochschulen heben sie folgende Bedingungen als sehr wichtig hervor: Pflichtpraktikum für jeden Studiengang (66%), Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft (56%), Ausstattung der Hochschulen mit mehr Personal (51%). Außerdem werden u. a. die Internationalisierung des Studiums über mehr Möglichkeiten zum Auslandsstudium sowie die Offenheit zur Aufnahme eines Master-Studiums und uneingeschränkter Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung benannt. Die Studie ist abrufbar unter: http://www.hrk.de/bologna/de/download/dateien/bachelor_zwischenbilanz_2010.pdf . 6. Stellungnahmen zum Stand der Umsetzung/zum Reformbedarf des Bologna-Prozesses von BMBF, Fraktionen und Hochschulverbänden Die Stellungnahme des BMBF zum Bologna-Prozess findet sich neben den hier erwähnten Dokumenten insbesondere auf dem aktuellen Sprechzettel des BMBF zum Bologna-Prozess, der den Fachpolitikern der Fraktionen der Regierungsparteien vorliegt bzw. von diesen angefordert werden kann. Die CDU/CSU- und die FDP-Bundestagsfraktion haben im März 2010 einen Antrag verabschiedet , in dem sie hervorheben, dass die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraumes auch weiterhin ein attraktives und herausragendes gesamteuropäisches Projekt der Gegenwart ist. Die Reform sei in Deutschland weit vorangeschritten, jedoch nicht einheitlich umgesetzt worden; Unterscheide gäbe es z. T. von Hochschule zu Hochschule bei den Umsetzungsfortschritten . Aus Sicht der Mehrheit der Studierenden hätten sich aber Qualität von Lehre und Betreuung in den letzten Jahren verbessert. Die Zahl der Studienabbrecher ist rückläufig, die der Studienanfänger steigt. Die Länder hätten bereits erste Schritte für eine verbesserte Implementierung eingeleitet (10-Punkte-Plan der KMK). Von den Ländern werde u. a. erwartet, dass diese die veränderte Hochschullehre angemessen finanzieren. Die Hochschulen sollten neben der Umsetzung der KMK-Beschlüsse z. B. auch die Spielräume zur Gestaltung der Studiendauer besser nutzen , während die Wirtschaft u. a. aufgefordert wird, regional noch besser mit den Hochschulen zusammenzuarbeiten sowie zum Aufbau des nationalen Stipendiensystems beizutragen (Antrag „Bologna-Prozess vollenden – Länder und Hochschulen weiter unterstützen“ vom 3.3.2010, BT- Drs. 17/905 unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/009/1700905.pdf). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 10 Die SPD-Bundestagfraktion hat am 3. Mai 2010 eine Konferenz mit dem Titel “Bologna reloaded – die Zukunft guter Lehre” veranstaltet. In einer im Anschluss veröffentlichten Presseerklärung stellt die Fraktion fest, dass das Nachsteuern bei den bereits reformierten Bologna-Studiengängen zwar notwendig sei und nicht ausbleiben dürfe. Diese Maßnahme müsse jedoch durch ein Personalausbauprogramm vor allem im Mittelbau – einem Pakt für die Lehre – ergänzt werden. Die SPD-Fraktion kritisiert, dass die derzeitigen Vorschläge der Regierung hierzu insofern nicht ausreichend seien, weil die Mittelbemessung für einen solchen Pakt für die Lehre viel zu gering sei (der Wissenschaftsrat spreche von 1,3 Mrd. Euro jährlichem Bedarf) und die Gelder nicht im Wettbewerbsverfahren vergeben werden sollten, da der Bedarf überall bestünde und die Mittel daher nach der Zahl der Studierenden verteilt werden sollten. Im Zusammenhang mit einer erfolgreichen „Reform der Bologna-Reform“ sieht die Fraktion auch Fragen der „vielerorts zu starren Umsetzung der Studienreform, der massiven Unterfinanzierung der Hochschulen, einer attraktiven Studienfinanzierung sowie einer guten Studienberatung und Studienbegleitung“ als auch der ausreichenden Studienplatzbereitstellung und der Aufhebung des Kooperationsverbotes im GG aufgeworfen (PM vom 4. Mai 2010 unter: http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,51981,00.htm; Antrag „Studienpakt für Qualität und gute Lehre jetzt durchsetzen“ vom 1.12.2009, BT-Drs. 17/109 unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/001/1700109.pdf). Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert von der EU, die internationale Mobilität der Studierenden finanziell stärker zu fördern (es gingen 40% des Budgets in die industrielle Landwirtschaft, nur 0,78% würden in Bildungsprogramme investiert). Auch Deutschland bringe insgesamt nicht genügend Geld auf, um die Bologna-Reform national ausreichend gegenzufinanzieren . Die Hochschulen werden von der Fraktion aufgefordert, unverzüglich für eine bessere Anerkennungspraxis, flexiblere Gesamtdauer, Entfrachtung von Studienordnungen, Freiräume für Praxis- und Auslandssemester sowie mehr Master-Studienplätze zu sorgen. Bund und Länder sollten außerdem einen "Pakt für Studierende" vereinbaren, um den Studienplatzaufbau (+ 500.000) ernsthaft voranzubringen und das Studienfinanzierungs-Paket neu (deutlich mehr BAfö G, Zwei-Säulen-Modell, kein Stipendienmodell) schnüren: Das Kooperationsverbot im GG sollte aufgehoben werden (PM vom 11. März 2010 unter: http://www.gruenebundestag .de/cms/presse/dok/331/331576.bolognakonferenz_staerker_in_qualitaet_u.html; PM vom 5. Mai 2010 unter: http://www.gruenebundestag .de/cms/presse/dok/338/338675.bildungsstreik_ultimativer_weckruf_fuer.html; Antrag „Konsequenzen aus dem Bildungsstreik ziehen – Bildungsaufbruch unverzüglich einleiten“ vom 2. Dezember 2009, BT-Drs. 17/131 unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/001/1700131.pdf). Die Bundestagsfraktion DIE LINKE. sieht die bisherige Bologna-Reform als gescheitert, weil der Bologna-Prozess in ganz Europa in erster Linie zum Sparprogramm verkommen sei. Sie fordert, dass die Zugangsbeschränkungen in den Bachelor- und Masterstudiengängen abgeschafft (Bundesgesetz über Hochschulzulassung) sowie die Arbeits-, Prüfungs-, Anwesenheits- und zeitliche Belastung für die Studierenden drastisch gesenkt werden, indem u. a. achtsemestrige Bachelor- Studiengänge eingeführt werden bzw. die Regelstudiendauer flexibilisiert wird. Ebenso sollen der eklatante Mangel an Personal (Abbau von 1500 Professuren in den letzten 15 Jahren) und öffentlicher Finanzierung bekämpft werden. 15% als Studium Generale auszuweisen, wird als kleiner Schritt in die richtige Richtung gewertet. Angestrebt wird ferner die Aufhebung von Studiengebühren und Kooperationsverbot, die Kopplung des BAföG an die Steigerung der Lebenshaltungskosten und Aufstockung der Studienplatzkapazitäten auf 2,5 Mio. bis 2014 (PM vom 12. März 2010 http://www.linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1286238268; PM vom Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 11 11. März 2010 http://www.linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1210168558; Antrag „Forderungen aus dem Bildungsstreik aufnehmen und die soziale Spaltung im Bildungssystem bekämpfen“ vom 2. Dezember 2009, BT-Drs. 17/119 unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/001/1700119.pdf). Die HRK-Präsidentin hat nach der Jubiläumskonferenz in Wien und Budapest die Forderung nach einer zweiten Phase der großen Studienreform formuliert, in der nun Nachsteuerungen anstünden nachdem die Einführung von Bachelor- und Masterprogrammen europaweit praktisch abgeschlossen sei. Wichtig werde jetzt, dass die Programme vielfach entschlackt würden, dass Mobilität besser gefördert werde und die Hochschulen mehr Handlungsspielräume erhielten. Größtes Hindernis für eine erfolgreiche Bologna-Reform bleibe für die deutschen Hochschulen die unzureichenden Betreuungsrelationen. Die HRK halte es daher für unverzichtbar, dass Länder und Bund sich auf ein Qualitätspaket für die Lehre verständigten, mit dem die Personalausstattung der Hochschulen signifikant und kapazitätsneutral verstärkt und damit die Betreuung der Studierenden so verbessert werden kann, wie es der Idee Bolognas entspreche. Um die Qualität und die Reputation der Lehre zu fördern, fordern die Hochschulen, dass Kompetenzzentren eingerichtet werden und ein nationaler Lehrpreis ausgeschrieben wird. Die Kompetenzzentren sollten die Qualitätsentwicklung in der Lehre an den einzelnen Hochschulen vernetzen und zur empirischen Lehr- und Lernforschung beitragen (PM vom 12. März 2010 unter: http://www.hrk.de/95_5474.php; PM vom 24. Februar 2010 unter: http://www.hrk.de/de/presse/95_5436.php; PM vom 28. Januar 2010 unter: http://www.hrk.de/de/presse/95_5337.php). Der DHV als Berufsvertretung von Wissenschaftlern in Deutschland begrüßt und unterstützt die Ziele des Bologna-Prozesses, sehe jedoch die konkrete Umsetzung der Reformen in Deutschland auf Grund rigider administrativer Vorgaben der Hochschulpolitik als weitgehend missglückt an. Hochspezialisierte und kleinteilig modularisierte Studiengänge raubten Lernenden und Lehrenden jegliche Entfaltungsmöglichkeit. Statt Mobilität zu erleichtern, werde durch eine starre Studienstruktur der Wechsel im In- wie ins Ausland versperrt. Eine europaweit automatische Anerkennung von Studienleistungen funktioniere nicht. Insbesondere in den natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächern seien die Abbrecherquoten gestiegen. Der DHV fordert daher insbesondere verringerte Prüfungssequenzen und großzügigere Module, die Beschränkung der Curricula und Ausweitung der Wahlpflichtbereiche, damit Platz für Selbstgestaltung und Forschung bleibe, die Einführung der Pflichtfächer Wissenschaftsgeschichte und Ethik, die Flexibilisierung der Studienzeiten auf bis zu acht Semester für Bachelor-Studiengänge, die Bestimmung des Masters als Regelabschluss, der Bachelor sollte nur eine Option für einen frühen Berufseinstieg bilden , die Erlaubnis, dass der deutsche Master Ing. zugleich als Dipl.-Ing.-Abschluss gelten darf auf Grund seines internationalen Renommees, eine deutlich verbesserte Personal- und Finanzausstattung , um die Qualität der Lehre auch tatsächlich erhöhen zu können. Zudem sei von einer Einführung gestufter Studienmodelle in Medizin und Jura abzusehen und die Programmakkreditierung , die bei der Überprüfung der sogenannten Studierbarkeit von Studiengängen völlig versagt habe, ersatzlos zu streichen (Resolution Bologna 2.0 vom 12. Oktober 2009 unter: http://www.hochschulverband.de/cms1/690.html?&0; PM vom 4. Dezember 2009 unter: http://www.hochschulverband.de/cms1/pressemitteilung+M55552987ffc.html). Weitere Stimmen aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft mit Kurz-Statements zur Umsetzung und den Zielen der Bologna-Reform finden sich im Online-Portal "BolognaNet" der HRK, das im März 2010 frei geschaltet wurde: http://www.bolognanet.hrk.de/stimmen-zu-bologna.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 12 7. Good Practice-Beispiele in Deutschland 7.1. Varianten der Umsetzung der Bologna-Reform an deutschen Hochschulen Im April 2010 hat die HRK die Publikation „Kreative Vielfalt. Wie deutsche Hochschulen den Bologna-Prozess nutzen“ veröffentlicht. Auf ca. 90 Seiten gibt sie einen deutschlandweiten Einblick in 24 höchst unterschiedliche, kreative und gelungene Herangehensweisen einzelner Universitäten , Fakultäten oder Studiengänge zur Umsetzung der/einzelner Ziele der Bologna-Reform. Die Beispiele werden entsprechend unter die Aspekte „Inspirierter lehren und studieren“, „Engagierter studieren“, „Internationaler studieren“, „Erfolgreicher prüfen und studieren“, und „Individueller studieren“ sortiert. - An der Ruhr-Universität Bochum ist z. B. ein Zwei-Fach-Bachelor (mit beliebiger Fächerund zeitlicher Kombination) eingeführt worden. Zu seiner Steuerung wurden „gemeinsame beschließende Ausschüsse“ mit Vertretern aller Fakultäten eingerichtet, die ohne langwierige Rückkopplung mit den Fachbereichen voll beschlussfähig sind. - An der TU Darmstadt wurde das Maschninenbaustudium um Projektarbeit hin zum „forschenden Lernen“ erweitert, indem Maschinenbauer, Biologen und Politologen zu Beginn ihres Studiums in kleinen Teams innerhalb einer Woche gemeinsam eine gestellte Aufgabe (Möglichkeiten der ferngesteuerten Zerstörung illegaler Schlafmohnfelder in Afghanistan ) bearbeiten sollten. Der Maschinenbau-Bachelor wurde mit großem Aufwand zudem komplett neu zugeschnitten; u. a. wurde ein Philosophie-Seminar zur Wissenschaftstheorie aufgenommen, der Themenkomplex Dampfmaschine gänzlich gestrichen sowie internationale Partnerschaften und Kooperationen ausgeweitet. - An der FH Osnabrück ist das Konzept „Bachelor plus“ entwickelt worden, ein Konzept, dass es Studierenden erlaubt, problemlos freie Semester (für Reisen, Prüfungsvorbereitungen , Auslandssemester, die Teilnahme an Forschungsprojekten) in das Grundmuster des sechssemestrigen Bachelor-Studiums zusätzlich einzubauen und während dieser Zeit auch Leistungen der Hochschule in Anspruch nehmen zu können. - An der Universität Postdam wurde das Docendo-Discimus-Programm eingeführt, wonach Studierende zu einem ausgewählten Aspekt ihres Fachs mit Hilfe eines Fortbildungsangebots eine eigene Lehrveranstaltung für jüngere Studierende vorbereiten und als zusätzliches Tutoriumsangebot durchführen können. Das Programm ist ein Bestandteil des „Studiumplus -Programms“ der Universität Potsdam, wonach jeder Studierende zusätzlich 30 Leistungspunkte in dem Zusatzbereich „Erwerb von Schlüsselkompetenzen“ sammeln muss. 7.2. Ausgezeichnete Bachelor-Reformmodelle „Bologna – Zukunft der Lehre“ hieß ein 2009 bundesweit ausgeschriebener Wettbewerb der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung. Mit insgesamt 10 Mio. Euro werden dabei in drei Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 13 Förderlinien5 Reformprojekte an deutschen Hochschulen unterstützt, die der Lehre in der gestuften Studienstruktur neue Impulse geben (von mehreren Instituten getragene Curricula oder Bachelor -Studiengänge mit Pilotcharakter) und die Studiengänge in der Praxis verbessern. Insgesamt haben sich 105 Hochschulen mit 180 Antragsskizzen an dem Wettbewerb beteiligt. Eine Gutachterkommission hat neun Wettbewerbsgewinner aus einer Finalrunde am 11. Februar 2010 benannt. - Zu ihnen gehört z. B. ein Projekt der TU München zur Senkung der Abbrecherquoten, bei dem mit Hilfe eines einzurichtenden einjährigen „Studiums naturale“ ein propädeutischgrundlagenorientiertes Studium eingerichtet werden soll, das es auch Absolventen humanistischer oder sprachlich orientierter Gymnasien einfacher ermöglicht, ein naturwissenschaftliches Studium zu beginnen. - Gefördert wird auch der einzurichtende Bachelor-Studiengang „Computational Science and Engineering“ der Uni Ulm, die dafür mit der Fachhochschule und der IHK kooperiert. In diesem soll es nur noch wenige klassische Prüfungen geben, statt dessen Projektarbeiten in Zusammenarbeit mit regionalen Unternehmen, um auf gute Beschäftigungschancen zu zielen. - Ebenfalls erhält das Projekt PONS-Brücke der Uni Göttingen eine Förderung, das ein einzurichtendes Netzwerk der Klassischen Archäologie in Deutschland für ein Kerncurriculum darstellt, um zu Studienortwechseln im Rahmen der gestuften Studiengänge auch in diesem Fach zu motivieren. Die Kurzbeschreibungen aller Wettbewerbssieger finden sich unter: http://www.stiftungmerca - tor.de/fileadmin/user_upload/INHALTE_UPLOAD/Wissenschaft/Bologna/100415_UEbersicht_W ettbewerbssieger_Bologna_Zukunft_der_Lehre_FINALx.pdf . 8. Ausblick: Bologna-Konferenz am 17. Mai 2010 in Berlin Im Februar 2010 haben Bundesbildungsministerin Schavan, die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz Wintermantel und der damalige Kultusminister von Sachsen-Anhalt Olbertz sowie Vertreter der Studierenden die Bologna-Konferenz verabredet, um – erweitert um Arbeitgebervertreter und weitere Akteure – eine gemeinsame Bestandsaufnahme6 zu erfolgten Verbesserungen seit dem so genannten Bildungsstreik durchzuführen. Daraus abgeleitet könnten zum Abschluss der bevorstehenden Konferenz dann (erneute) Verpflichtungen der beteiligten Akteure im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit zu konkreten weiteren Handlungsschritten folgen. Auch in der BT-Drs. 17/373 hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, dass sie in diesem Zusammenhang anstrebt, gemeinsam mit Ländern und Hochschulen einen „Bologna-Qualitätspakt zu schnüren. Dieser soll helfen, die Studienreform zügig voranzubringen und Länder und Hoch- 5 Neben der der Entwicklung und Erprobung von Bachelor-Curricula gehört dazu die Schaffung von Expertengruppen bzw. Kompetenzzentren für Hochschullehre und die Durchführung internationaler Konferenzen, Workshops und Symposien. 6 S. dazu insbesondere auch die hier auf S. 6f aufgeführten Maßnahmen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 8 – 3000 – 054/10 Seite 14 schulen bei dieser Aufgabe unterstützen, da „es in erster Linie [...] um konkrete Maßnahmen vor Ort [gehe], die den Studienalltag in den Hochschulen betreffen“ (BM Schavan BT-Drs. 17(18)30 vom 8. März 2010). Die Bundesregierung hat sich deshalb bereit erklärt, für eine dritte Säule des Hochschulpaktes zur Verbesserung der Qualität der Lehre in den nächsten zehn Jahren zwei Mrd. Euro einzusetzen (ebd.). Weitergehende Informationen liegen den Fraktionen der Regierungsparteien und ihren Fachpolitikern vor. Das nächste europäische Ministertreffen zum Bologna-Prozess, das im Hinblick auf die internationalen Fortschritte Bilanz ziehen und die Agenda von Leuven/Louvain-la-Neuve vorantreiben soll, ist für den 26./27. April 2012 in Bukarest geplant.