© 2018 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 052/17 Sozialpolitikforschung in Deutschland Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 052/17 Seite 2 Sozialpolitikforschung in Deutschland Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 052/17 Abschluss der Arbeit: 19.01.2018 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 052/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Denkschrift zum Ausbau der Sozialpolitikforschung 4 2.1. Maßnahmen des Bundes zur Verankerung der Sozialpolitik im Universitätssystem 6 2.2. Kosten der Maßnahmen 7 3. Maßnahmen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 7 4. Fördernetzwerk Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (FIS) 8 4.1. Ziele des FIS 8 4.2. Organisation des FIS 9 4.3. Förderrichtlinie zur Förderung der Forschung und Lehre im Bereich der Sozialpolitik 10 4.3.1. Förderbereiche und Themen 10 4.3.2. Gegenstand der Förderung 11 4.3.3. Art, Umfang, Höhe der Zuwendung 11 4.3.4. Zuwendungsfähige Ausgaben 12 5. Finanzielle Aufwendungen des Bundes für die sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Forschung 13 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 052/17 Seite 4 1. Einleitung In einer 2016 von der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften veröffentlichten Denkschrift der bringen die Autoren Franz-Xaver Kaufmann (Nordrheinwestfälische Akademie der Wissenschaften; vordem Universität Bielefeld), Stephan Leibfried (BBAW, Sekretar Sozialwissenschaftliche Klasse; Universität Bremen und Jacobs University Bremen), Hans Günter Hockerts (Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften; vordem Ludwig -Maximilians-Universität München), Michael Stolleis (BBAW; Em., MPI für europäische Rechtsgeschichte/Universität Frankfurt am Main) und Michael Zürn (BBAW; WZB/Freie Universität Berlin) ihre Besorgnisse bezüglich der Zukunft der Sozialpolitikforschung in Deutschland zum Ausdruck. Im Bereich der Wirtschaftspolitik finanziere die Bundesrepublik Deutschland eine umfangreiche Infrastruktur der Wissensbeschaffung. Grundlage sei die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, ergänzt durch zahlreiche weitere Projekte und Gutachten. Neben dem Statistischen Bundesamt seien die fünf großen Wirtschaftsforschungsinstitute beteiligt, die im Frühjahr und Herbst eines jeden Jahres ein Gutachten zur wirtschaftlichen Gesamtentwicklung und ihrer Perspektive vorlegen . Zudem bestehe seit 1963 ein Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dessen Stellungnahmen auch in der Öffentlichkeit beachtet werden. In der Wirtschaftspolitik existiere also viel Fachwissen, obwohl die Bundesregierung dort über vergleichsweise wenig Gestaltungsmacht verfüge. Im Bereich des Sozialstaates bzw. der Sozialpolitiken fehle es jedoch völlig an einer ähnlich ausgebauten Infrastruktur des Wissens, obwohl dort der Bund durchaus weichenstellend tätig werden könne, tätig werde und tätig werden müsse und obwohl unser Staatswesen als demokratischer und sozialer Bundesstaat (Artikel 20 Abs. 1 Grundgesetz) auf eine solche nachhaltige Legitimation angewiesen sei. Vorschläge, ein System sozialer Indikatoren als Grundlage für die gesellschaftliche Dauerbeobachtung und die Evaluation sozialpolitischer Maßnahmen aufzubauen, würden nicht aufgegriffen. Es gebe keine unabhängigen großen sozialpolitischen Forschungsinstitute , die das Thema in seiner ganzen Breite und Tiefe erfassen würden und die vom Bund institutionell gefördert würden1. 2. Denkschrift zum Ausbau der Sozialpolitikforschung Die Autoren der Denkschrift weisen darauf hin, dass die öffentlichen Sozialausgaben in Deutschland rund die Hälfte der gesamtstaatlichen Ausgaben und etwas mehr als ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) umfassen. „Wie eine Bestandsaufnahme kürzlich ergeben hat, hat sich ´der Sozialstaat` bzw. ´die Sozialpolitik ` dennoch als Gegenstand von Forschung und Lehre in den Universitäten – in der Volkswirtschaftslehre , der Geschichtswissenschaft, der Politikwissenschaft, der Soziologie und auch der 1 Vergl.: Franz-Xaver Kaufmann u.a. (2016). ZUR ENTWICKLUNG VON FORSCHUNG UND LEHRE ZUR SOZI- ALPOLITIK AN UNIVERSITÄTEN IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND. Denkanstöße aus der Akademie . 1. Nov/2015. Hrsg.: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, S. 6. http://www.bbaw.de/publikationen/denkanstoesse/1-nov-2015. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 052/17 Seite 5 Rechtswissenschaft – seit den 1990er Jahren immer mehr verflüchtigt. Damit wurde dieser Bereich auch zunehmend weniger Gegenstand öffentlichen wie langfristigen empirisch und institutionell fundierten Nachdenkens über seine weitere Entwicklung. In etwa einem Jahrzehnt dürfte auch der derzeit noch vorhandene Nachwuchs für Professuren verschwunden sein und die Lage unumkehrbar werden“ (Ebenda: 4). Um einer solchen Entwicklung vorzubeugen, schlagen die Autoren vier zentrale Maßnahmen vor, die den Bestand der Sozialpolitikforschung in Deutschland auch in Zukunft sicherstellen sollen. - „Die derzeit noch vorhandenen interdisziplinären räumlichen Verdichtungen universitärer Forschungskompetenzen zu Sozialpolitik und Sozialstaat werden zu bundesfinanzierten Forschungszentren in bzw. regionalen Kooperationsverbünden zwischen Universitäten weiterentwickelt , die auch eine strukturierte Graduiertenausbildung anbieten. Bis zu fünf regionale Räume sind dafür an sich geeignet. - Zwanzig langfristig angelegte (für 10–15 Jahre) bundesfinanzierte Sozialpolitik- Stiftungsprofessuren für die oben genannten fünf Fächer in den Universitäten sollten solche Verdichtungen in den fünf Forschungszentren bzw. regionalen Forschungsverbünden, aber auch gegebenenfalls darüber hinaus bundesweit stärken. Das könnte nach dem Modell der ´Deutschen Bundesstiftung Umwelt` über eine ´Deutsche Bundestiftung Sozialstaat` unter Inanspruchnahme bewährter Wissenschaftsstiftungen geschehen. - Ein bundesweites Langfristförderprogramm für Grundlagenforschungsvorhaben in der Sozialpolitik in Hochschulen ist aufzulegen. - Die kaum vorhandene forschungsorientierte Lehre für die besondere Ausbildung des Sozialpolitikpersonals ist auch an Universitäten auszubauen, vor allem im MA-Bereich. Eine solche Masterausbildung ist mit den geförderten universitären Forschungszentren und -verbünden zu verbinden. (…) Dieses Großthema darf nicht aus der universitären Forschung und Lehre in die Auftragsforschung außeruniversitärer Institute und in private Beratungsunternehmen abwandern. Es verschwände so auch aus der Öffentlichkeit, aus dem fundierten öffentlichen Nachdenken über die Zukunft dieser ´sichernden Hälfte` unseres Staatswesens, und das würde die Legitimität sozialstaatlichen Handelns nachhaltig beeinträchtigen. In der Wirtschaftspolitik, in der der Staat kaum etwas ausrichten kann, finanzieren wir mit den fünf Wirtschaftsforschungsinstituten2 eine umfangreiche Infrastruktur der Wissensbeschaffung, (Wissens)weitergabe und (Wissens)verarbeitung, nicht aber in der Sozialpolitik, obwohl hier fast 2 Anmerkung des Verfassers: Der Etat betrug im Jahr 2016 2,267 Mio. Euro. Vergl. Deutscher Bundestag (2015). Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016). Drs. 18/5500. Einzelplan 06 – Statistisches Bundesamt: Kapitel 0614, Titelgruppe 03, S. 87. http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/18/055/1805500.pdf Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 052/17 Seite 6 alle Weichen politisch gestellt werden und viele zudem in staatlicher Hand liegen. Die Bundesrepublik ist zu deutlichen Wissensinvestitionen herausgefordert, die dieser wachsenden Gestaltungsherausforderung Rechnung tragen“ (Ebenda: 4 f.). 2.1. Maßnahmen des Bundes zur Verankerung der Sozialpolitik im Universitätssystem Nach Auffassung der Autoren sollte der Bund deshalb in den folgenden Bereichen die Initiative ergreifen. - Forschungszentren bzw. regionale Forschungsverbünde: Am unmittelbarsten Erfolg versprechend sei es, die bereits bestehenden schwerpunktfähigen Kerne in der Forschungslandschaft als bundes(mit)finanzierte Forschungszentren bzw. regionale Forschungsverbünde auszubauen; die fünf möglichen Kerne/Verbünde befänden sich institutionell versprengt in Berlin, ebenso, wenn auch räumlich noch weiter ausgreifend, im süddeutschen und nordrhein -westfälischen Raum, und in institutionell konzentrierter Form in Bremen sowie in Kassel . Diese Einrichtungen könnten teils auf Dauer, teils auf Zeit eingerichtet sein, so dass ein gewisser Wettbewerb zwischen ihnen und eine Entwicklungsoffenheit entstehen würde. Jedes Zentrum bzw. jeder regionale Forschungsverbund müsste auch eine strukturierte Graduiertenausbildung und einen Master für Sozialpolitik anbieten (Vergl. Ebenda: 12). - Stiftungsprofessuren: Die Förderung von Stiftungsprofessuren für sozialpolitisch relevante Problembereiche größeren Zuschnitts in den einschlägigen Fächern (Geschichte, Politik, Recht, Soziologie, Wirtschaft), um auf breiterer Front die ´Verdichtung“ in Universitäten zu stärken. Dieses Programm zielte zwar auch auf die fünf erwähnten Zentren bzw. regionalen Forschungsverbünde, sollte aber nachhaltige Kooperationen auch an weiteren Universitäten fördern können. Nachhaltige Förderung hieße, zehn, möglichst mehr Jahre zur Finanzierung anzubieten, um klare Gegenverpflichtungen der Universitäten zur Nachhaltigkeit bewirken zu können. Von der Zahl her wären 20 Stiftungsprofessuren ein Schwellenwert, auf dem eine bundesweite Bewegung quer durch die Fächer angestoßen werden könne. Zweckmäßig wäre die Finanzierung eines Stiftungsvermögens und die Übergabe der Umsetzung der Stiftungsprofessuren in die Obhut einer erfahrenen öffentlichen oder privaten Wissenschaftsstiftung. Als Modell für die ´Deutsche Bundesstiftung Sozialstaat` könne die 1990 vom Bund gegründete ´Deutsche Bundesstiftung Umwelt“ dienen. - Schwerpunktförderung: Ferner könne der Bund – etwa in Kooperation des BMBF mit dem BMAS – mit einem eigenen breiten Grundlagenforschungs-Förderschwerpunkt zum Sozialstaat eine Wende einleiten. Der Bund könne alternativ solche Mittel der DFG zur treuhänderischen wissenschaftsgeleiteten Verfügung für diesen Themenschwerpunkt überlassen (Vergl. Ebenda: 13). - „Master-Lehre: Die kaum vorhandene forschungsfundierte Lehre zur Ausbildung des Personals im Bereich der verschiedenen Sozialpolitiken sollte in Verbindung mit der Forschungsförderung auf den Weg gebracht werden. Zwar sind hier und da entsprechende Spezialisierungen auf Masterebene o. ä. in deutschen Universitäten (schon bzw. noch) vorhanden, etwa an der Universität Bremen ein MA Sozialpolitik und an der Universität Kassel ein MA Labour Policies and Globalisation. Solche Master-Studiengänge wären auch über die fünf eingangs aufgeführten Räume hinaus auszubauen, was sich durch eine Förderung von wenigen Modellstudiengängen erreichen ließe. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 052/17 Seite 7 Dem Bund müsste klar sein, dass eine solche Wende eine Aufgabe wenigstens für die nächsten beiden Jahrzehnte darstellt, in denen schon aus demografischen Gründen die schärfsten Verteilungskonflikte zu erwarten sind. Diese Herausforderung richtet sich in erster Linie an das BMBF wie an das BMAS und auch an das BMG. Schließlich wäre auch dem Bundesjustizministerium anzuraten, zusammen mit dem BMBF auf die forschungsgeprägten Fundamente des Sozialrechts in den Universitäten ein besonderes Förderauge zu werfen“ (Ebenda: 13f.). 2.2. Kosten der Maßnahmen Die Umsetzung der vier vorgeschlagenen Maßnahmen wäre nach Absicht der Autoren ein „Bündel von Förderentscheidungen, das eine Verwissenschaftlichung und Betonung der Sozialpolitik in Analogie zur Wirtschaftspolitik bundesweit bewirken kann. Im Vergleich zu den großen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Herausforderungen (Klimawandel , Energiewende, Elektromobilität, (…) ist eine solche Initiative auch von den Kosten her durchaus zu bewältigen: Ein Forschungszentrum bzw. ein Forschungsverbund dürfte um 5–6 Mio. Euro im Jahr kosten. Die Kosten für eine Stiftungsprofessur mit Grundausstattung dürften bei bis zu 250.000 Euro jährlich liegen. Ein bundesweites Schwerpunktförderprogramm ist mit 10 Mio. Euro im Jahr gut ausgestattet. Die Unterstützung eines Modellstudiengangs erfordert vielleicht 500.000 Euro im Jahr. Die Förderungen dürften sich in den Zentren und regionalen Forschungsverbünden überschneiden, so dass es auf der Kostenseite Einsparmöglichkeiten geben wird“ (Ebenda: 16). 3. Maßnahmen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Anfang 2016 hat das BMAS damit begonnen, das Fördernetzwerks Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (FIS) aufzubauen. Ziel war es, die Bedeutung der Sozialpolitikforschung in Deutschland zu unterstützen und einem festgestellten Rückgang der Sozialpolitikforschung entgegenzuwirken . Durch und über das FIS sollen vielversprechende interdisziplinäre Ansätze in der Sozialpolitikforschung gefördert und neue Dialogformate für Wissenschaftler, Forschende, Lehrende und Praktiker geschaffen werden. Auf diese Weise sollen auch neue Möglichkeiten für einen inhaltlichen Austausch zwischen Wissenschaft und Politik entstehen. „Wesentliche Meilensteine bislang waren die Veranstaltung eines großen Workshops zum Thema ´Sozialpolitikforschung in der Krise? Stand und Perspektiven`, die Einberufung eines interdisziplinären wissenschaftlichen Beirats, die Veröffentlichung einer Förderrichtlinie sowie, darauf aufbauend , Förderbekanntmachungen für Stiftungsprofessuren, Nachwuchsgruppen und Forschungs - und Vernetzungsprojekte. Am 29. August 2017 fand das erste FIS-FORUM in statt, das den fachlichen Austausch zwischen den FIS-geförderten Wissenschaftlerinnen bzw. Wissenschaftlern und dem BMAS dienen sollte. Darüber hinaus versteht sich das FIS-FORUM als Rahmen für Diskussionen darüber, wie die institutionellen Grundlagen der Sozialpolitikforschung in Deutschland weiterentwickelt und gestärkt werden können. Die Gesamtförderung seitens des BMAS rund um dieses Vorhaben beläuft sich in den nächsten fünf Jahren zunächst auf rund 10 Millionen Euro. In einer ersten Förderrunde wurden mit Mitteln aus dem BMAS-Etat vier neue Professuren, vier Nachwuchsforschungsgruppen und sechs Forschungsprojekte gefördert. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 052/17 Seite 8 Die ersten Projekte und Nachwuchsgruppen haben ihre Arbeit aufgenommen, alle weiteren und die Professuren an vier deutschen Hochschulen werden in den kommenden Monaten folgen – die letzten sollen bis April 2018 berufen werden. Die nun abschließend auf Grundlage des Votums des wissenschaftlichen FIS-Beirats ausgewählten Anträge zur Förderung von Professuren werden im Einzelnen zu folgenden Themen eingerichtet : - Professur ´Digitalisierung der Arbeitswelt` (Technische Universität Berlin, voraussichtlich ab Oktober 2017) - Professur ´Lebenslauforientierte Sozialpolitik` (Universität Bremen, voraussichtlich ab April 2018) - Professur ´Kommunale Sozialpolitik` (Technische Hochschule Köln, voraussichtlich ab April 2018) - Professur zum Thema Sozialpolitik und Ungleichheit (Humboldt-Universität zu Berlin in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin, voraussichtlich ab April 2018). Bei der Förderung der Professuren durch das BMAS handelt es sich um fünfjährige Anschubfinanzierungen , die von den Universitäten anschließend für mindestens weitere fünf Jahre finanziert werden. Die Universität Bremen und die Humboldt-Universität zu Berlin haben bereits zugesagt , die Professuren nach der fünfjährigen Anschubfinanzierung ohne Zeitbegrenzung fortzuführen . Die Förderung umfasst alle notwendigen Sach- und Personalmittel“.3 4. Fördernetzwerk Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (FIS) 4.1. Ziele des FIS Das Fördernetzwerk Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung formuliert seine Ziele wie folgt: „Eine unabhängige und leistungsfähige Sozialpolitikforschung ist von hoher Bedeutung für den Sozialstaat in Deutschland und nicht zuletzt für das BMAS. Analysen über den tagespolitischen Zeithorizont hinaus sind wichtig, um politische Gestaltungsbedarfe erkennen zu können. Unabhängige und theoretisch fundierte Forschung zu den verschiedenen Aspekten der sozialen Sicherung sind wichtig, um den öffentlichen Diskurs aufklärerisch zu Rolle und Funktion des Sozialstaates zu informieren. Aus diesen Gründen unterstützt das Fördernetzwerk Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (FIS) auf Initiative des BMAS die Sozialpolitikforschung in Deutschland in den Disziplinen VWL, Jura, Geschichte, Sozialethik, Politikwissenschaften und Soziologie. Auf diese Weise soll die sozialpolitische Forschungsinfrastruktur nachhaltig gestärkt und einem Rückgang sozialpolitischer Forschung in verschiedenen Disziplinen entgegengewirkt werden. 3 Vergl.: BMAS (2017). BMAS stärkt Sozialpolitikforschung Fördermittel für Professuren, Nachwuchsgruppen und Projekte bewilligt, Pressemitteilung vom 29. Mai 2017. http://www.bmas.de/DE/Presse/Pressemitteilungen /2017/bmas-staerkt-sozialpolitikforschung.html Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 052/17 Seite 9 Wichtige Impulse für die strategische Ausrichtung des FIS wurden anlässlich einer Tagung des BMAS Sozialpolitikforschung in der Krise? Stand und Perspektiven im Februar 2016 erarbeitet. 150 Teilnehmer/innen aus Wissenschaft, Verwaltung und Politik diskutierten die Diagnose einer Krise der Sozialpolitikforschung sowie Perspektiven der sozialpolitischen Forschungsförderung. Die Debatten im Rahmen der Tagung und zahlreiche Rückmeldungen zum Thema aus der Wissenschaft zeigen uns Folgendes: In verschiedenen Disziplinen (Soziologie, Politikwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft, Jura, Sozialethik , Geschichte) kann ein Rückgang sozialpolitisch relevanter Forschung festgestellt werden . Viele Akteure auf Bund- und Länderebene sowie die Universitätsleitungen teilen das Interesse an – und somit auch die Verantwortung für – den Fortbestand und die Weiterentwicklung der Sozialpolitikforschung. Erfolgreiche Förderaktivitäten setzen auf Interdisziplinarität, Vernetzung und die Bildung von Forschungszentren, Nachwuchsförderung und Internationalisierung und Verbesserung der Datenverfügbarkeit . Vor diesem Hintergrund leistet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch den Aufbau des Fördernetzwerks Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (FIS) einen Beitrag, die Leistungsfähigkeit der Sozialpolitikforschung in Deutschland zu erhalten und zu stärken. Zentrales Anliegen ist die Forschungsförderung mittels verschiedener, zeitlich begrenzter Fördervarianten (etwa Professuren, Projekte, Nachwuchsgruppen). Weiterhin sollen über das Fördernetzwerk Dialogformate etabliert werden, um die Kommunikationswege zwischen BMAS und der Wissenschaft zu intensivieren und Gelegenheiten für den Praxis-Transfer zu schaffen“.4 4.2. Organisation des FIS „Auf Basis der BMAS-Richtlinie ´zur Förderung der Forschung und Lehre im Bereich der Sozialpolitikforschung ` (Förderrichtlinie Sozialpolitikforschung) vom 03. Mai 2016 hat das BMAS in einer ersten Förderrunde im Juli 2016 Förderbekanntmachungen zu Stiftungsprofessuren, Nachwuchsgruppen und Forschungs- und Vernetzungsprojekten veröffentlicht. In diesem Zusammenhang und auch für künftige Förderrunden gilt für sämtliche Förderanträge ein zweistufiges Verfahren. Demnach haben interessierte Institutionen die Möglichkeit, in einem ersten Schritt ihr Interesse an der Einrichtung einer Professur, einer Nachwuchsgruppe oder eines Forschungs- oder Vernetzungsprojektes zu bekunden. Die konkreten jeweiligen Anforderungen an eine solche Interessenbekundung sind den Förderbekanntmachungen zu entnehmen. In einem zweiten Schritt erhalten die Institutionen, deren Interessenbekundung positiv beschieden wurde, die Möglichkeit, einen konkreten Förderantrag für das von ihnen vorgeschlagene Projekt zu stellen. Diese Anträge werden nach Eingang gesichtet und bei Erfüllung der formalen Kriterien an je zwei externe Gutachter weitergeleitet, die die Förderwürdigkeit der Anträge bewer- 4 FIS (2017). Ziele. https://www.fis-netzwerk.de/ueber-fis/ziele/ Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 052/17 Seite 10 ten. Die Gutachten wie auch die Anträge werden anschließend dem unabhängigen wissenschaftlichen Beirat des FIS vorgelegt. Dieser gibt dann ein Votum zur Förderfähigkeit der Anträge ab, das maßgeblich für Förderbewilligungen des BMAS ist. Der Beirat (13 Mitglieder) besteht aus Vertreter/innen der sechs verschiedenen sozialpolitisch forschenden wissenschaftlichen Disziplinen, sowie aus weiteren relevanten Playern (aus dem Geschäftsbereich des BMAS IAB/BA, BAuA, DRV) sowie einer Richterin am Bundessozialgericht. BMAS ist stimmloses Mitglied. Die Auswahl von geeigneten Interessenbekundungen erfolgt im Rahmen des FIS grundsätzlich nur auf Basis von zuvor vom BMAS veröffentlichten Förderbekanntmachungen. In diesen Bekanntmachungen werden die Anforderungen an eine Interessenbekundung, eventuelle thematische Schwerpunkte der aktuellen Förderrunde sowie die Fristen benannt. Die Mitglieder in der Übersicht Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen (Soziologie, Politikwissenschaft , Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaft, Geschichtswissenschaft und Sozialethik ) Prof. Dr. Karin Gottschall, Universität Bremen Prof. Dr. Ute Klammer, Universität Duisburg-Essen Prof. Dr. Stefan Sell, Hochschule Koblenz Prof. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer, Friedrich-Schiller-Universität Jena Prof. Dr. Gabriele Metzler, Humboldt-Universität zu Berlin Prof. Dr. Matthias Möhring-Hesse, Eberhard Karls Universität Tübingen Vertreterinnen und Vertreter von BAuA, IAB, BSG und DRV-Bund Dr. Reinhold Thiede, Deutsche Rentenversicherung Bund Sabine Knickrehm, Richterin am Bundessozialgericht Dr. Martin Dietz, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Prof. Dr. Beate Beermann, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Vertreter des BMAS (stimmrechtslose Mitglieder) Benjamin Mikfeld, Leiter der Grundsatzabteilung I Vorsitz des Beirates, Dr. Gerald Becker-Neetz, Leiter der Unterabteilung Ia Soziale Marktwirtschaft, Zukunft des Sozialstaats und Forschung Roland Dummer, Leiter des Forschungsreferates Ia4“.5 4.3. Förderrichtlinie zur Förderung der Forschung und Lehre im Bereich der Sozialpolitik 4.3.1. Förderbereiche und Themen „Das BMAS fördert die Sozialpolitikforschung im Kontext der Disziplinen Wirtschafts- und Rechtswissenschaft, Soziologie, Sozialethik, Politik- und Geschichtswissenschaft. Mit diesem 5 FIS (2017). Organisation. https://www.fis-netzwerk.de/ueber-fis/organisation/ Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 052/17 Seite 11 Ansatz wird der traditionell interdisziplinären Verankerung der Sozialpolitikforschung in Deutschland Rechnung getragen. Förderungswürdige Themen sind die wissenschaftliche Erforschung - der Eigenarten des deutschen Sozialstaats, auch im Vergleich zu sozialen Sicherungssystemen in anderen Ländern - der Herausforderungen für Arbeitsmarkt-, Ausbildungs- und Sozialsysteme durch Veränderungen in Gesellschaft und Arbeitswelt - der Anpassung der sozialen Sicherungssysteme an neue Herausforderungen in Gesellschaft und Arbeitswelt sowie - der Auswirkungen von sozial- und arbeitsmarktpolitischen Reformen. 4.3.2. Gegenstand der Förderung Gefördert werden: a) Projekte - die dazu dienen, verschiedene Institutionen im Bereich der Sozialpolitikforschung bundesweit zu vernetzen mit dem Ziel, den wissenschaftlichen Austausch zu unterstützen und Synergien nutzbar zu machen; - in deren Rahmen in den Disziplinen Wirtschafts- und Rechtswissenschaft, Soziologie, Politik - und Geschichtswissenschaft neue Fragestellungen zu gesellschaftlich relevanten Themen auf innovative Weise bearbeitet werden; - die in den genannten Themenbereich fallen und darüber hinaus dazu beitragen können der Sozialpolitikforschung in Deutschland neue inhaltliche und methodische Impulse zu geben. b) Promotion - für Doktoranden mit Prädikatsexamen in den Disziplinen Wirtschafts- und Rechtswissenschaften , Soziologie, Sozialethik, Politik- und Geschichtswissenschaften, die eine Promotion zu einem sozialpolitischen Thema im Rahmen des genannten Themenbereichs anstreben. c) Stiftungsprofessuren - in den Disziplinen Wirtschafts- und Rechtswissenschaft, Soziologie, Politik- und Geschichtswissenschaft . 4.3.3. Art, Umfang, Höhe der Zuwendung Zuwendungen für Projekte Die Zuwendungen werden als nicht rückzahlbare Zuschüsse im Rahmen der Projektförderung an Projektträger in der Regel als Anteilfinanzierung gewährt. In begründeten Einzelfällen kann auch eine andere Finanzierungsart gewählt werden. Zuwendungen für Projekte werden regelmäßig für maximal drei Jahre gewährt. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 052/17 Seite 12 Promotion Zuwendungen im Rahmen einer Promotion werden als nicht rückzahlbare Zuschüsse im Rahmen der Projektfinanzierung an natürliche Personen als Festbetragsfinanzierung gewährt. Die Höhe des Stipendiums richtet sich nach „zusätzlichen Nebenbestimmungen zur Förderung begabter Studierender sowie begabter Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und beträgt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Richtlinie monatlich bis zu 1 150 Euro zuzüglich einer monatlichen Forschungskostenpauschale in Höhe von bis zu 100 Euro. Fallen während der Förderung einmalige Aufwendungen an, die für das Fördervorhaben unabdingbar sind, so können diese auf Antrag in Form von Einmalzahlungen geleistet werden. Die Höhe des Stipendiums wird jeweils zum 1. Oktober eines Jahres überprüft und gegebenenfalls neu festgesetzt. Darüber hinaus steht dem Stipendiaten ein jährliches Reisekostenbudget für durch die Promotion bedingte Forschungsreisen in Höhe von bis zu 2 000 Euro zur Verfügung. Die Reisekosten werden auf Antrag im Rahmen der Regelungen des Bundesreisekostengesetzes erstattet. Zuwendungen für Stipendien werden regelmäßig für maximal drei Jahre gewährt. Stiftungsprofessuren Zuwendungen für Stiftungsprofessuren werden als nicht rückzahlbare Zuschüsse im Rahmen der Projektfinanzierung an Projektträger in der Regel als Anteilfinanzierung gewährt, unter der Bedingung , dass die langfristige Finanzierung der Professur über die Förderdauer hinaus gesichert ist. In diesem Zusammenhang ist zum Zeitpunkt der Antragstellung nachzuweisen, dass eine mindestens auf fünf Jahre angelegte Finanzierung an der Hochschule nach Ablauf der Förderung seitens des BMAS durch das jeweilige Bundesland oder durch Dritte sichergestellt ist. Der Nachweis kann beispielsweise in Form einer Bestätigung der jeweiligen Landesregierung erbracht werden . Zuwendungen für Stiftungsprofessuren werden regelmäßig für fünf Jahre gewährt. Die höchstmögliche Fördersumme je Berufung beträgt jährlich 300 000 Euro. 4.3.4. Zuwendungsfähige Ausgaben Zuwendungsfähig sind grundsätzlich alle zur Erreichung des Zuwendungszwecks erforderlichen und durch die Bewilligungsbehörde im Rahmen der Zuwendungsgewährung anerkannten Ausgaben . Für Zuwendungen für Projekte zählen hierzu insbesondere Mittel für - wissenschaftliches Personal, wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte, - Sach- und Reisemittel, die ursächlich in der Durchführung des Vorhabens begründet sein müssen, - für gegebenenfalls anfallende Gebühren zur Nutzung von Sekundärdaten, - für Investitionen, die ursächlich in der Durchführung des Vorhabens begründet sein müssen. - In begründeten Fällen können detailliert beschriebene Aufträge an Dritte beantragt und vergeben werden. Die beantragten Ausgaben müssen einen eindeutigen Projektbezug aufweisen; dieser muss ausführlich erläutert werden. - Verwaltungsausgaben (Sachausgaben für Verbrauchsmaterial, Geschäftsbedarf, Miet- und Mietnebenkosten, Telefon- und Internetkosten) können pauschal mit maximal 15 Prozent der Personalkosten veranschlagt oder spitz abgerechnet werden. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 052/17 Seite 13 Im Rahmen von Promotionsförderungen (Stipendien) zählen zu den zuwendungsfähigen Ausgaben insbesondere Mittel für: - Wohn- und Lebenshaltungsausgaben - Beiträge zur Kranken- und Haftpflichtversicherung - Kosten für Mobilität (ÖPNV-Ticket) - Büromaterial und Literatur Im Rahmen von Stiftungsprofessuren zählen zu den zuwendungsfähigen Ausgaben: - Personalausgaben für die Berufenen und (nicht-) wissenschaftliches Personal - Verwaltungsausgaben (Sachausgaben für Verbrauchsmaterial, Geschäftsbedarf, Telefon- und Internetkosten) können pauschal mit maximal 15 Prozent der Personalkosten veranschlagt oder spitz abgerechnet werden. - Ausgaben für Dienstreisen zur Teilnahme an Konferenzen/Tagungen - Literatur, Gegenstände sowie andere notwendige Investitionen. - Die Grundausstattung ist von der jeweiligen Hochschule bereit zu stellen“.6 5. Finanzielle Aufwendungen des Bundes für die sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Forschung In dem vom BMBF herausgegebener Bundesbericht „Forschung und Innovation 2016 - Ergänzungsband I“ sind die vom Bundes für die sozialwissenschaftliche und wirtschaftswissenschaftliche Forschung aufgewendeten F+E-Mittel im Tabellenanhang zusammengestellt.7 Wie die Statistiken eindeutig belegen, sind die verausgabten Mittel in ihrer Gesamthöhe für die sozialwissenschaftliche Forschung durchgängig höher als die Mittel für die wirtschaftswissenschaftliche Forschung. Eine nähere monetäre Spezifizierung zwischen den verschiedenen Gesellschaftswissenschaften oder einzelner ihrer (Teil)forschungsbereiche lassen diese Zahlen jedoch nicht zu. Die ausgewählten Tabellen sind als Anlage 1 beigefügt. *** 6 FIS (2016). Rechtliche Grundlage. https://www.fis-netzwerk.de/ueber-fis/rechtliche-grundlage/ (Auszug) 7 BMBF (2017). Daten und Fakten zum deutschen Forschungs- und Innovationsystem. Bundesbericht Forschung und Innovation 2016 - Ergänzungsband I. https://www.bmbf.de/pub/Bufi_2016_Ergaenzungsband_1.pdf (Auszüge : Anlage 1)