© 2018 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 051/17 Neuregelungen durch das Verpackungsgesetz gegenüber der Verpackungsverordnung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 051/17 Seite 2 Neuregelungen durch das Verpackungsgesetz gegenüber der Verpackungsverordnung Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 051/17 Abschluss der Arbeit: 8.1.2018 Fachbereich: WD 8: Fachbereich für Umwelt. Forschung, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 051/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 1.1. Gesetzliche Normen: Verpackungsverordnung (VerpackV) und Verpackungsgesetz (VerpackG) 4 1.2. Der Weg von der Verpackungsverordnung zum Verpackungsgesetz 4 2. Die Neuregelungen durch das Verpackungsgesetz 6 2.1. Erweiterte Begriffsbestimmungen 7 2.2. Erhöhung der Recyclingquoten für Verpackungen 8 2.3. Ausweitung der Pfandpflicht und der Förderung von Mehrweg 9 2.4. Schaffung einer „Zentralen Stelle“: erweiterte Registrierungs- und Datenmeldepflichten, einheitliche Marktüberwachung 10 2.5. Stärkere Ausrichtung der Lizenzentgelte für die Verpackungen an ökologischen Kriterien 11 2.6. Option zur Einführung der Wertstofftonne, Stärkung der Gestaltungsrechte der Kommunen 12 2.7. Erweiterte Bügerinformationspflichten 13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 051/17 Seite 4 1. Einleitung 1.1. Gesetzliche Normen: Verpackungsverordnung (VerpackV) und Verpackungsgesetz (Verpack G) Im Sommer 2017 wurde nach mehreren Jahren Verhandlung ein Verpackungsgesetz verabschiedet , das die bisher geltende Verpackungsverordnung ersetzen soll. Das Bundeskabinett hat dem Gesetzentwurf zum Verpackungsgesetz (VerpackG) am 21.12.2016 zugestimmt1. Am 30.3.2017 wurde er nach Änderungen2 im Bundestag verabschiedet. Der Bundesrat stimmte dem Gesetzentwurf am 12.5.2017 zu.3 • Gesetz zur Fortentwicklung der haushaltsnahen Getrennterfassung von wertstoffhaltigen Abfällen (VerpackG) vom 5. Juli 2017. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2017. Teil I Nr. 45, ausgegeben zu Bonn am 12. Juli 2017: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bg bl117s2234.pdf%27%5D__1514903454030 Die Regelungen zum neuen Verpackungsgesetz treten zum 1.1. 2019 in Kraft4 und lösen dann die Verpackungsverordnung ab. Diese bildet bis dahin den noch gültigen Rechtsrahmen. • Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung - VerpackV) vom 21.August 1998 (BGBl. I S. 2379), die durch Artikel 11 Absatz 10 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745) geändert worden ist; zuletzt geändert durch Art. 1 V v. 17.7.2014 I 1061; ersetzt durch G 2129-61 v. 5.7.2017 I 2234 (VerpackG) : http://www.gesetze-im-internet.de/verpackv_1998/VerpackV.pdf 1.2. Der Weg von der Verpackungsverordnung zum Verpackungsgesetz Mit der 1991 eingeführten Verpackungsverordnung wurde für Verpackungen erstmals das Prinzip der Produktverantwortung eingeführt. Herstellern und Vertreibern von Verpackungen (soge- 1 Ein ursprünglich vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) geplantes generelles Wertstoffgesetz, das bundeseinheitliche Regeln für die gemeinsame Sammlung von sogenannten stoffgleichen Nichtverpackungen mit Verpackungen in einem Sammelbehältnis (s. dazu Kapitel 2.6) mit rein kommunaler Verantwortung für die Wertstoffsammlung vorsah, war nicht konsensfähig. 2 Dazu gehörten insbesondere die Aufnahme der Mehrwegquote sowie die Stärkung der kommunalen Möglichkeiten zu hoheitlichen Rahmenvorgaben. 3 Siehe zum Beratungsvorgang des Bundesrates: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge /2017/0201-0300/0296-17.html 4 Ausnahmen sind § 24 VerpackG (Regelungen zur der „Zentralen Stelle: Errichtung und Rechtsform; Stiftungssatzung “) und § 35 (Übergangsvorschriften), die bereits am 13.7.2017 in Kraft getreten sind und schon neben den Vorschiften der Verpackungsverordnung gelten. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 051/17 Seite 5 nannten Erstinverkehrbringern) wurden Rücknahme-, Verwertungs- und Pfandpflichten auferlegt . Die Verpackungen5 in den Verkehr bringenden Unternehmen wurden verpflichtet, die Verpackungen nach deren Gebrauch unentgeltlich zurückzunehmen und einer Verwertung zuzuführen . Bis dahin waren ausschließlich die Gemeinden für die gänzliche Abfallentsorgung zuständig . Zur Erfüllung dieser Vorgaben sah die VerpackV für Verkaufsverpackungen, die beim privaten Endverbraucher anfallen (nicht für die Transport- und Umverpackungen), die mögliche Beteiligung der Erstinverkehrbringer bei einem zu schaffenden dualen privaten Entsorgungs- und Recyclingsystem vor – zusätzlich zur öffentlichen Abfallentsorgung der Städte und Gemeinden. So konnten die Hersteller und Vertreiber ihre individuelle Rücknahmepflicht übertragen. Auf dieser Grundlage wurde in Deutschland das „Duale System Deutschland – Der Grüne Punkt“ zur haushaltsnahen Sammlung (Holsystem) und Verwertung von Verkaufsverpackungen eingerichtet. Dafür wurden gesetzlich bestimmte Rücklaufquoten festgelegt – so mussten bestimmte Mengen der Verpackungen, die zuvor über den Grünen Punkt lizensiert wurden, wieder über das kollektive privatwirtschaftliche Rückholsystem (gelbe Tonne) erfasst werden. Im Laufe der Jahre wurde die Verpackungsverordnung zahlreichen Novellierungen unterzogen. Zur Harmonisierung mit europäischen Recht wurde die ursprüngliche Verpackungsverordnung von 1991 im Jahr 1998 ganz ersetzt. Ab dem Jahr 2003 wurde der erste weitere Systembetreiber (neben DSD-Grüner Punkt) mit der Landbell AG für Rückhol-Systeme zugelassen. Inzwischen gibt es deutschlandweit zehn zugelassene Anbieter dualer Systeme; jetzt zum Beginn des Jahres 2018 soll ein weiterer Systembetreiber in den Markt eintreten. Seit 2009 besteht keine Kennzeichnungspflicht mehr für die Verbrauchsverpackungen (bis 2003 gab es ausschließlich die Kennzeichnung des Grünen Punktes), da seither alle für den privaten Endverbraucher bestimmten Verkaufsverpackungen verpflichtend an dualen Systemen teilnehmen müssen (Systembeteiligungspflicht). Daneben bestehen Branchenlösungen (s. nächster Absatz).6 In den letzten Jahren ist der Wettbewerb zwischen den dualen Systemen teilweise durch die Umgehung einzelner Regelungen der Verpackungsverordnung bzw. durch das Nutzen von Ausweichmöglichkeiten (bei Eigenrücknahme oder Branchenlösungen) verzerrt worden. Auf diese Fehlentwicklungen des starken Rückgangs der Menge der bei den dualen Systemen lizenzierten Verkaufsverpackungen wurde mit der letzten, der siebten Novelle der Verpackungsverordnung von 2014 reagiert. Damit wurde zum 1.10.2014 die Möglichkeit gestrichen, dass Hersteller und Vertreiber die für die Beteiligung an einem dualen System geleisteten Entgelte zurückverlangen können, wenn sie Verkaufsverpackungen am Ort der Abgabe zurückgenommen und auf eigene 5 Daneben obliegt den Kommunen als öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern nach dem Prinzip der Daseinsvorsorge die Verantwortung für die Entsorgung der Abfälle aus privaten Haushalten und von Abfällen zur Beseitigung aus sonstigen Herkunftsbereichen. 6 Transportverpackungen können auch weiterhin im Rahmen der Produktverantwortung in anderer Art und Weise zurückgenommen und verwertet werden. Derzeit gilt das auch noch für Umverpackungen, mit Inkrafttreten des VerpackG nicht mehr. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 051/17 Seite 6 Kosten einer Verwertung zugeführt haben (Eigenrücknahme). Ebenfalls wurden die Anforderungen an die Branchenlösungen zum 1.1.2015 erhöht, so dass die Anforderungen nur noch für wenige Hersteller und Vertreiber zu erfüllen sind. Danach können Unternehmen zwar weiterhin ein eigenes, von den dualen Systemen unabhängiges Rücknahmesystem für Verkaufsverpackungen bei bestimmten, ausschließlich bei von Privathaushalten komplett unabhängigen Anfallstellen (z. B. Kantinen, Hotels, Handwerksbetrieben usw.) betreiben, doch müssen zuvor die eingebundenen Anfallstellen ihre Teilnahme schriftlich bestätigen und die gelieferten und dort wieder zurückgenommenen Verpackungsmengen jeweils genau dokumentieren. Ein Nachweis mittels allgemeiner Marktgutachten reicht seither nicht mehr.7 Ziel des VerpackG ist es nun, die Verpackungsverordnung weiterzuentwickeln, um Recycling, aber auch die Vermeidung von Verpackungsabfällen noch stärker zu fördern. Angeknüpft wird im Wesentlichen an die heute schon bestehenden Regelungen auf Grundlage der Verpackungsverordnung zu den Rücknahmepflichten. Mit dem Verpackungsgesetz ändert sich vor allem, dass künftig Umverpackungen systembeteiligungspflichtig und klarstellend auch Versandverpackungen(also der Online-Handel) einbezogen sind, dass die Recyclingquoten deutlich erhöht werden, dass erstmals eine „Zentrale Stelle“ geschaffen wird, bei der eine Registrierung und einheitliche und damit nachprüfbare Datenerfassung erfolgen muss (zur Vermeidung der Unterlizensierung) und dass die Entgelte für die Beteiligung an den dualen Systemen stärker an ökologischen Kriterien ausgerichtet werden sollen. Dabei wird die Verpackungsentsorgung auf „wettbewerbsneutraler Grundlage“ mit den privatwirtschaftlich organisierten Systemen beibehalten, die Kommunen erhalten jedoch verbesserte Gestaltungsrechte . 2. Die Neuregelungen durch das Verpackungsgesetz Auf Nachfrage im BMUB wurde den Wissenschaftlichen Diensten mitgeteilt, dass innerhalb des BMUB keine synoptische Darstellung der Neuerungen des Verpackungsgesetzes im Vergleich zu den noch geltenden Regelungen der Verpackungsverordnung vorliegen würde. Auch weitergehende Informationen als die auf der Website befindlichen, wurden nicht zur Verfügung gestellt. In der nachfolgenden Darstellung zu den Neuerungen durch das Verpackungsgesetz werden zum Teil diese sehr allgemeinen BMUB-Informationen einbezogen; sie werden neben dem Bezug auf 7 Vgl. BMUB (2014). Neue Verordnung soll Fehlentwicklungen bei den dualen Systemen entgegenwirken. Pressemitteilung vom 30.4.2014: Pressemitteilung vom 30.4.2014: https://www.bmub.bund.de/pressemitteilung/neueverordnung -soll-fehlentwicklungen-bei-den-dualen-systemen-entgegenwirken/?tx_ttnews%5Bback- Pid%5D=3500; Deutscher Bundestag (2013). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dorothea Steiner, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ökologische Effektivität und ökonomische Effizienz der dualen Systeme in der deutschen Abfallwirtschaft . BT-Drs. 17/12806 vom 4.4.2013: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/129/1712978.pdf ; Duale Systeme (o.J.). Die Entstehungsgeschichte: http://www.recycling-fuer-deutschland.de/web/recycling/dl=historie Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 051/17 Seite 7 die gesetzlichen Normen selbst insbesondere um Informationen mehrerer Informationsplattformen dualer Systeme, der IHK Karlsruhe und der neu geschaffenen „Zentralen Stelle“ erweitert und ergänzt.8 2.1. Erweiterte Begriffsbestimmungen In dem VerpackG (§ 3) werden die Begriffsbestimmungen aus der VerpackV (§ 3) grundsätzlich (z.T. modifiziert) übernommen. Nach wie vor gelten Verpackungen als Verkaufsverpackung, Umverpackung oder Transportverpackung (bzw. als Einweggetränkeverpackungen mit Pfandflicht und Mehrwegverpackungen). Gegenüber der VerpackV werden dabei folgende wichtige definitorische /begriffliche Erweiterungen vorgenommen. Als Verkaufsverpackungen gelten Verpackungen, die `nur noch` „typischerweise“ dem Endverbraucher als Verkaufseinheit aus Ware und Verpackung angeboten werden. Das Anfallstellenkriterium der VerpackV (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 „Verpackungen, die als eine Verkaufseinheit angeboten werden und beim Endverbraucher anfallen“) wurde weggelassen und eine abstrakte Zuordnung nach der „typischen“ Verwendung ermöglicht (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 VerpackG), damit die Pflicht zur Beteiligung an einem dualen System besteht. Klar gestellt wird im VerpackG auch, dass Versandverpackungen ebenfalls als Verkaufsverpackungen gelten. Entsprechend beteiligungspflichtig sind nun auch eindeutig Online-Händler (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b). 8 Vgl. dazu: BMUB (2017). Neues Verpackungsgesetz passiert den Bundesrat. Pressemitteilung vom 12.5.17: https://www.bmub.bund.de/pressemitteilung/neues-verpackungsgesetz-passiert-den-bundesrat; BMUB (2017). Häufige Fragen. Mehrweg und Verpackungsgesetz. http://www.bmub.bund.de/service/buergerforum/haeufigefragen -faq/faq-detailansicht/?no_cache=1&tx_irfaq_pi1%5Bcat%5D=44; UBA (2017). Neues Verpackungsgesetz. Pressemitteilung vom 12.5.2018: https://www.umweltbundesamt.de/themen/neues-verpackungsgesetz; UBA (2017). Produktverantwortung. www.umweltbundesamt.de/themen/abfall-ressourcen/produktverantwortung-inder -abfallwirtschaft; Heise (2017). Aktualisiertes Verpackungsgesetz erweitert Pflichten für Onlinehändler. Neu verpackt. Tobias Haar 10/2017: http://epaper.heise.de/download/archiv/4cba05eabe85/ix.17.10.106-107.pdf; Interview mit Gunda Rachut, Vorstand der Zentralen Stelle vom 17.9.2017: http://verpackungsgesetz-info.de/interview -gunda-rachut-vorstand-stiftung-zentrale-stelle-verpackungsregister/; BMUB (2017). Brief der Bundesumweltministerin an die Fraktionen von SPD und CDU/CSU im Deutschen Bundestag vom 31.3.2017; Deutscher Bundestag (2017). HIB 210/2017. Mehrwegquote im Verpackungsgesetz. Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit /Ausschuss vom 29.03.2017: https://www.bundestag.de/presse/hib/2017_03/-/501142; Informationsplattform für Hersteller und Vertreiber zum Verpackungsgesetz (2017): http://verpackungsgesetz-info.de/; Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (2017). VerpackG und die Zentrale Stelle Verpackungsregister: https://www.verpackungsregister.org/verpackg/; Der Grüne Punkt (2017). Das neue Verpackungsgesetz kommt – was besonders für den Online-Handel wichtig ist: https://www.gruener-punkt.de/de/leistungen/ruecknahmeloesungen /verpackungsgesetz.html; https://www.activatec.de/blog/richtig-verpacken-tipps/neue-verpackungsgesetze -ab-01-01-2019/; http://www.bellandvision.de/VerpackG.htm; UBA (2016). Abfüllung von Getränken im Mehrweg- und ökologisch vorteilhaften Einweggetränkeverpackungen 2014. Berichtsjahr 2014: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/abfuellung-von-getraenken-im-mehrweg-oekologisch; BMUB (2014). Verpackungsverordnung: http://www.bmub.bund.de/themen/wasser-abfall-boden/abfallwirtschaft/verpackungsverordnung -verpackv/; Clover Sustainability (2017). Das Verpackungsgesetz kommt am 1.1.2019: http://verpackungsgesetz-online.de/?gclid=EAIaIQobChMI9b-kouvH2AIVR5EbCh1VZw2ZE- AAYAyAAEgIQx_D_BwE. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 051/17 Seite 8 Auch Umverpackungen sind neben den Verkaufsverpackungen nun grundsätzlich vollständig systembeteiligungspflichtig (lizenzpflichtig). Dadurch entfällt dann automatisch die früher vorgesehene Rücknahmepflicht für den Fall, dass der Endverbraucher eine Mitnahme ablehnt (vorher § 5 VerpackV). Die Definition der Mehrwegverpackungen (§ 3 Abs. 3 VerpackG) ist gegenüber der VerpackV (§ 3 Abs. 3 Satz 1) erweitert worden und enthält nun insbesondere die Anforderung, die Rückgabe und anschließende Wiederverwendung durch eine ausreichende Logistik zu ermöglichen. Damit genügt nicht allein die Zweckbestimmung zu einer mehrfachen Verwendung, sondern die Wiederverwendung muss tatsächlich ermöglicht werden, indem für die Endverbraucher auch Rücknahmestellen errichtet werden. 2.2. Erhöhung der Recyclingquoten für Verpackungen Die derzeitigen gesetzlichen Mindest-Recyclingquoten, die die von Industrie und Handel finanzierten dualen Systeme zukünftig erreichen müssen, werden mit dem VerpackG in allen Materialarten angehoben. Die Systeme müssen im Rahmen des Mengenstromnachweises dann jährlich nachweisen, dass sie die Quoten erfüllen. Die Quoten gelten für Verpackungen, die bei dualen Systemen lizenziert sind und von ihnen im Jahresmittel erfasst werden. In einer ersten Stufe werden die zu erfüllenden Recyclingquoten für Wertstoffe (der Verpackungen ), die der „Vorbereitung zur Wiederverwendung oder dem Recycling zuzuführen“ sind, zum 1.1.2019 angehoben, in einer zweiten Stufe steigen die Quoten zum 1.1.2022. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 051/17 Seite 9 Die Recycling-Quote steigt für Papier, Eisenmetalle/Weißblech, Glas und Aluminium ab 2022 auf 90 Prozent, für Getränkekartonverpackungen auf 80 Prozent, für die sonstigen Verbundverpackungen (ausgenommen der Getränkekartonverpackungen) auf 70 Prozent. (§ 16 Abs. 2 Nr. 1-6 VerpackG). Zu den Kunststoffen heißt es im Gesetzestext: „Kunststoffe sind zu mindestens 90 Masseprozent einer Verwertung zuzuführen. Dabei sind mindestens 65 Prozent und ab dem 1. Januar 2022 70 Prozent dieser Verwertungsquote durch werkstoffliche Verwertung sicherzustellen“ (§ 16 Abs. 2 Satz 8 VerpackG). Angegeben werden jedoch in Grafiken und Texten des BMUB und der anderen dualen Systeme eine wertstoffliche Kunststoff-Recyclingquote ab 2022 von 63%.9 Zudem wird eine weitere Recyclingquote, die sich auf alle von den dualen Systemen erfassten Abfälle bezieht, eingeführt: Danach besteht für die dualen Systeme eine Verpflichtung, im Jahresmittel mindestens 50 Prozent der insgesamt über ihr Sammelsystem erfassten Abfälle zu recyclen (inklusive der so genannten Fehlwürfe wie stoffgleiche Nichtverpackungen).10 2.3. Ausweitung der Pfandpflicht und der Förderung von Mehrweg Die bisher bestehende Rücknahme- und Pfandpflicht von 25 Cent für bestimmte11 Einweggetränkeverpackungen wird mit dem VerpackG auf Frucht- und Gemüse-Nektare mit Kohlensäure (z.B. Apfelschorlen aus Nektaren) und auf Mischgetränke mit Molkeanteil von mehr als 50 Prozent ausgeweitet. (§ 31 VerpackG Abs. 4 Nr. 7; s. insgesamt zur Grundlage in der VerpackV § 9.) Das VerpackG sieht das Ziel einer festen Mehrwegquote von mindestens 70 Prozent für Getränkeverpackungen vor (§ 1 Abs. 3 VerpackG).12 Neu eingeführt wird eine Hinweispflicht für den Handel (einschließlich des Versandhandels). Beide werden grundsätzlich verpflichtet, mit deutlich sichtbaren Hinweisschildern klar mit der jeweiligen Bezeichnung (im Regal, beim Versand) auf Einweg- und Mehrweggetränkeverpackungen hinzuweisen (§ 32 Abs. 1 und 2 sowie § 32 Abs. 3 VerpackG). 9 S. unter anderem: BMUB (2017). Neues Verpackungsgesetz stärkt Recycling und Mehrweg: https://www.bmub.bund.de/pressemitteilung/neues-verpackungsgesetz-staerkt-recycling-und-mehrweg/ ; http://www.bmub.bund.de/service/buergerforum/haeufige-fragen-faq/faq-detailansicht /?no_cache=1&tx_irfaq_pi1[cat]=44 ; Bundesregierung (2017): https://www.bundesregierung.de/Content /DE/Artikel/2017/03/2017-03-31-verpackungsgesetz.html; Anbieter (2017): http://verpackungsgesetz-online .de/?gclid=EAIaIQobChMI9b-kouvH2AIVR5EbCh1VZw2ZEAAYAyAAEgIQx_D_BwE ; 10 S. zu den Regelungen im Falle einheitlicher Wertstoffsammlungen durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgunsträger ebenfalls § 16 Abs. 4 VerpackG. 11 Die Ausnahmen für Sekt, Wein, Joghurt, Kefir, Getränkeverpackungen mit weniger als 0,1 l und mehr als 3,0 l Inhalt, Schlauchbeutel-Verpackungen usw. werden in § 31 Abs. 4 und Abs. 5 VerpackG weiterhin aufgeführt. 12 Derzeit werden rund 45 Prozent der Getränke in Mehrwegverpackungen abgefüllt, vorwiegend in Glas- und PET-Flaschen; bei Bier beträgt der Anteil 80 Prozent. Die VerpackV sieht als Mehrwegziel mindestens 80 Prozent vor; der Regierungsentwurf zum VerpackG sah gar keine Mehrwegquote mehr vor. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 051/17 Seite 10 2.4. Schaffung einer „Zentralen Stelle“: erweiterte Registrierungs- und Datenmeldepflichten, einheitliche Marktüberwachung Mit dem VerpackG wird eine neue Behörde „Zentrale Stelle Verpackungsregister“ als zentrales Kontrollorgan geschaffen. Sie wird als Stiftung von den dualen Systemen und Betreibern von Branchenlösungen gemäß ihrem jeweiligen Marktanteil finanziert. Die Zentrale Stelle mit Sitz in Osnabrück ist mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet und unterliegt der fachlichen Aufsicht durch das Umweltbundesamt. Verbunden wird mit der Schaffung der Zentralen Stelle die Einführung einer Registrierungspflicht bei der Zentralen Stelle für die Inverkehrbringer von Verpackungen (§ 9 Abs. 1 Verpack G). Im Rahmen der Registrierung müssen Name, Anschrift, Kontaktdaten, nationale Kennnummer des Herstellers (bzw. des Handelsunternehmens, des Importeurs) und der Markenname angegeben werden. Diese Registrierung bei der Zentralen Stelle muss bereits vor der Lizensierung ihrer Waren bei den dualen Systemen erfolgen. (§ 9 VerpackG) Die Registrierung ist öffentlich einsehbar. Dadurch wird auch für alle Marktteilnehmer erstmalig zentral prüfbar, ob alle Inverkehrbringer ihrer Registrierungsverpflichtung nach dem VerpackG nachkommen.13 Daneben müssen Hersteller und Systeme ihre Verpackungsmengen-Meldungen (zu Materialart und Masse verwendeter Verpackungen) künftig bei der Zentralen Stelle als einer einheitlichen Adressatin machen (§10 Abs. 1 VerpackG). Die Zentrale Stelle übernimmt ab 2019 dann die Überprüfung der Mengenstromnachweise (Prüfung und Abgleich zum Mengenstrom und zur Marktanteilberechnung) und überwacht so die Umsetzung der Recyclinganforderungen. Über das Ergebnis der Prüfungen werden die zuständigen Behörden der Länder informiert. Bislang gab es nur verschiedene Datenbänke für die Mengen im Markt, die untereinander nur teilweise abgeglichen werden konnten. Bei festgestellten Verstößen gegen die Meldepflichten sind Bußgelder zwischen 10.000 und 200.000 Euro bis hin zum Beschluss von Vertriebsverboten möglich (§ 34 Abs. 1 VerpackG). Die Vollständigkeitserklärungen, die Unternehmen bisher nach § 10 VerpackV bei Überschreiten bestimmter Verpackungsmengenschwellen14 im Folgejahr abgeben müssen, werden mit dem Verpack G künftig bei der Zentralen Stelle zu hinterlegen sein (nicht mehr bei der zuständigen IHK; §11 Abs. 3 VerpackG). 13 Brancheninterne Schätzungen (basierend auf Studien) gehen davon aus, dass etwa 30 Prozent der systembeteiligungspflichtigen Unternehmen ihre Verpackungen trotz Lizenzierungspflicht auch nach der VerpackV bisher nicht an einem der dualen Systeme beteiligt haben. 14 Als Mengenschwellen gelten: 80.000 kg Glas; 50 000 kg Papier, Pappe und Karton und/ oder 30.000 kg Eisenmetalle / Aluminium / Getränkekartonverpackungen / Verbundverpackungen (ohne Getränkekartonverpackungen) / Kunststoffe / sonstige Materialien. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 051/17 Seite 11 Sachverständige, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, vereidigte Buchprüfer haben die Pflicht, ihre Tätigkeit künftig gegenüber der Zentralen Stelle anzuzeigen und sich beim Prüfregister registrieren zu lassen (§27 Abs. 1 und 2 VerpackG). Die Zentrale Stelle wird zudem Schulungen und Weiterbildungen für Sachverständige anbieten (§ 27 Abs. 3 VerpackG). Die Zentrale Stelle ist darüber hinaus zuständig für die Prüfung von Branchenlösungen und die Einordnung von Verpackungen als systembeteiligungspflichtig. Die Zentrale Stelle ist bereits im Aufbau und ab Sommer 2018 soll es Herstellern und Vertreibern möglich sein, sich bei der Zentralen Stelle vorzuregistrieren.15 Als kommende nächste Schritte der Zentralen Stelle sind geplant; • die Öffnung der Datenbank für erste Datenmeldungen im Herbst 2018, • die Öffnung des Registers zur Vorregistrierung der Sachverständigen im Herbst 2018, • die ersten Entscheidungen zur Einstufung einer Verpackung / pfandpflichtigen Einwegverpackung / Mehrwegverpackung Anfang 2019, • die Öffnung der Datenbank für die Hinterlegung der Vollständigkeitserklärung für das Jahr 2018 zu Beginn 2019, • die erste Marktanteilsberechnung für die dualen Systeme zu Beginn 2019, • die Prüfung der ersten Quotennachweise für die dualen Systeme Mitte 2019. 2.5. Stärkere Ausrichtung der Lizenzentgelte für die Verpackungen an ökologischen Kriterien Das VerpackG verpflichtet die dualen Systeme (gemäß § 21 Abs. 1 VerpackG) über die Bemessung ihrer Lizenzentgelte (Beteiligungsentgelte), die sie von den Herstellern und Vertreibern der Verpackungen für die Sammlung und Verwertung erheben, künftig Anreize für eine nachhaltige Verpackungsproduktion/-gestaltung zu schaffen. Die dualen Systeme sind angehalten, ihre Gebühren nicht mehr überwiegend nach der Masse der Verpackungen zu kalkulieren, sondern so, dass bei der Herstellung der Verpackungen ihre Recyclingfähigkeit (Verwertbarkeit und Sortiereigenschaften), der Anteil an Rezyklaten (=der Verwendung von Kunststoffabfall) oder von nachwachsenden Rohstoffen gefördert wird. Die Gestaltung der Anreize obliegt den Systembetreibern. Sie müssen die Umsetzung der Vorgaben in einem jährlichen Bericht gegenüber der Zentralen Stelle und dem Umweltbundesamt darlegen (§ 21 Abs. 2 VerpackG). Die Zentrale Stelle wird zudem gemeinsam mit dem Umweltbundesamt Mindeststandards für recyclinggerechtes Design erarbeiten. 15 Beantragung der Registrierungsnummer unter: www.verpackungsregister.org; Anfragen zu den einzelnen Pflichten für Hersteller, Duale Systeme, Branchenlösungen, Sachverständige können gerichtet werden an: anfrage @verpackungsregister.org. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 051/17 Seite 12 2.6. Option zur Einführung der Wertstofftonne, Stärkung der Gestaltungsrechte der Kommunen Eine verbindliche Vorschrift zur bundesweiten Einführung einer Wertstofftonne wird mit dem VerpackG nicht eingeführt. Festgehalten wird weiterhin an der grundsätzlichen Zuständigkeit der dualen Systeme für die Erfassung von Verpackungsabfällen (aus Kunststoffen, Verbundstoffen und Metallen) – bei Beibehaltung der eingeschränkten Möglichkeit von Branchenlösungen16 – und der Erfassung der stoffgleichen Nichtverpackungen (= stoffgleiche Haushaltsabfälle), die in kommunaler Verantwortung liegen. (§ 14 Abs. 1 VerpackG zur haushaltsnahen Sammlung durch die Systeme entspricht im Wesentlichen der bisherigen Regelung in Abs. 6 Abs. 3 Satz 1 mit Nr. 2 Absatz 1 des Anhangs der VerpackV). Über das Kreislaufwirtschaftsgesetz sind die Kommunen schon grundsätzlich verpflichtet, Metalle und Kunststoffe getrennt zu erfassen. Dabei haben sie auch bisher schon die Möglichkeit, über zu treffende Vereinbarungen mit den Systemen stoffgleiche Nichtverpackungen in Haushalten in das Entsorgungssystem für Verpackungen über eine neue Wertstofftonne oder in einem eigenen Erfassungssystem zu integrieren. Daran anknüpfend können die Städte und Gemeinden sich weiterhin eigenständig mit den dualen Systemen vor Ort verständigen, gemeinsam die gelben Tonnen (Säcke) zu Wertstofftonnen (Wertstoffsäcken) zu erweitern, in denen dann einheitlich Verpackungen und stoffgleiche Nichtverpackungen aus Metall und Kunststoff (wie z.B. Kleiderbügel, Spielzeug, Geschirr usw.) gesammelt werden17. In vielen Kommunen wird das schon heute praktiziert, z.B. in Saarbrücken, Berlin , Hamburg, Köln, Aurich, Ost-Thüringen. Zur Erleichterung einer solchen Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und den dualen Systemen erhalten die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im VerpackG zusätzliche Einflussund Steuerungsmöglichkeiten. Dazu gehört vor allem die Möglichkeit, durch Rahmenvorgaben sicherzustellen, dass sich die haushaltsnahe Verpackungssammlung der Systeme optimal in die kommunalen Sammelstrukturen und das allgemeine Entsorgungskonzept der Kommune einfügt und zugleich ökologische Aspekte Berücksichtigung finden. Da jedoch die Rahmenvorgaben in die unternehmerische Freiheit der Systeme und der von ihnen beauftragten Entsorgungsunternehmen eingreifen, werden sie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – festgelegt in § 22 Verpack G – beschränkt. So können die Kommunen künftig – unter Berücksichtigung von Übergangsfristen – per Verwaltungsakt festlegen, wie die Verpackungs-Sammlung bei den Haushalten hinsichtlich folgender Aspekte erfolgen soll (nach § 22 Abs. 2 VerpackG): • bezüglich der Art des Sammelsystems (Bring18- oder Holsystem), • bezüglich der Art und Größe der Sammelbehälter (Sack oder Tonne) und • bezüglich der Häufigkeit und des Zeitraums der Behälterentleerungen. 16 Dabei entsprechen die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Branchenlösung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 VerpackG weitestgehend denjenigen in § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 VerpackV. 17 Gesondert von der Wertstofftonne zu erfassen sind: Altkleider, Batterien, Biomüll, CDs, Elektro(nik)-Geräte, Holzabfälle, Energiesparlampen, Glas, KFZ-Bauteile, Pappe und Papierabfälle, Restmüll. 18 Z.B. Wertstoffhöfe im Gegensatz zum Holsystem der Gelben Tonne. S. dazu auch § 22 Abs. 3 VerpackV. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 051/17 Seite 13 Bei der Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe und Karton (PPK) werden im VerpackG gegenseitige Ansprüche auf Mitbenutzung der PPK-Sammlung des jeweils anderen (entweder des öffentlich -rechtlichen Entsorgungsträges oder des dualen Systems) gegen Entgelt gewährt (§ 22 Abs. 4 VerpackG). 2.7. Erweiterte Bürgerinformationspflichten Das VerpackG bestimmt, dass nicht nur ausschließlich die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Städte und Landkreise) für die von den dualen Systemen finanzierte Abfallberatung zuständig zu sein haben. Künftig müssen die dualen Systeme erweiterte Aufgaben in der Bürgerinformation zusätzlich selbst übernehmen. Diese Informationen sollen Sinn und Zweck der Getrenntsammlung von Verpackungsabfällen, die entsprechenden Sammelsysteme und die Verwertungsergebnisse umfassen. Dabei sollen die Systembetreiber regelmäßig sowohl lokal als auch überregional informieren (§ 14 Abs. 3 VerpackG). ***