© 2019 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 047/19 Einzelfragen zum Deichschutz Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 047/19 Seite 2 Einzelfragen zum Deichschutz Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 047/19 Abschluss der Arbeit: 28.05.2019 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 047/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Länge der Deiche entlang der Nord- und Ostsee 5 2.1. Niedersachsen 5 2.2. Schleswig-Holstein 5 2.3. Mecklenburg-Vorpommern 5 3. Jährliche Unterhaltungskosten 6 3.1. Niedersachsen 6 3.2. Schleswig-Holstein 6 3.3. Mecklenburg-Vorpommern 6 4. Kosten und Zeiten für die Ertüchtigung der Deiche 6 4.1. Niedersachsen 6 4.2. Schleswig-Holstein 7 4.3. Mecklenburg-Vorpommern 7 5. Generalpläne und Regelwerke 8 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 047/19 Seite 4 1. Einleitung Küstenschutz liegt in Deutschland in der Verantwortung der Bundesländer. Die baulichen Schutzmaßnahmen für den Küstenschutz werden auf föderaler, kommunaler oder körperschaftlicher Ebene (Deichverbände) geplant und realisiert.1 Gemäß Art. 91 a Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) wirkt der Bund bei der Erfüllung von Aufgaben der Länder mit, wenn diese Aufgaben für die Gesamtheit bedeutsam sind und die Mitwirkung des Bundes zur Verbesserung der Lebensverhältnisse erforderlich ist (Gemeinschaftsaufgaben). Eine der drei im Grundgesetz verankerten Gemeinschaftsaufgaben ist die Verbesserung des Küstenschutzes . Der Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für den Zeitraum 2018 - 2021 einschließlich des Sonderrahmenplanes „Maßnahmen des Küstenschutzes in Folge des Klimawandels (2009 - 2025)“ ist auf der Internetseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft abrufbar.2 Der Bund erstattet jedem Land die ihm in Durchführung dieses Rahmenplans entstandenen Ausgaben in Höhe von 70 Prozent.3 Da Art. 91 a Abs. 1 GG die Verbesserung des Küstenschutzes in den Blick nimmt, sind der Neu- und Ausbau von Küstenschutzanlagen erfasst, nicht aber notwendige Erhaltungsoder Wiederherstellungsmaßnahmen.4 Dementsprechend ist die Unterhaltung von Küstenschutzanlagen gemäß Ziff. 1.2.2 c) des Rahmenplans nicht förderfähig. Die vorliegende Dokumentation stellt die Auskünfte der zuständigen Behörden der Küstenbundesländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern hinsichtlich einzelner Fragen zum Deichschutz zusammen und ergänzt diese mit allgemeinen Informationen (Rechtsgrundlagen, Hinweise auf Generalpläne). 1 Brinkmann, Birgitt; Heinrichs, Harald (2014). Hochwasser- und Küstenschutz in Deutschland. In: Heinrichs, Harald; Michelsen, Gerd (Hrsg.). Nachhaltigkeitswissenschaften. S. 504. Heidelberg: Springer-Verlag. 2 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2018). Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für den Zeitraum 2018 – 2021. https://www.bmel.de/Shared- Docs/Downloads/Landwirtschaft/Foerderung/Rahmenplan2018-2021.pdf?__blob=publicationFile. Letzter Zugriff : 27.05.2019. 3 § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes " (GAK-Gesetz - GAKG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.07.1988 (BGBl. I S. 1055), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.10.2016 (BGBl. I S. 2231). https://www.gesetze-im-internet.de/agrstruktg /BJNR015730969.html. Letzter Zugriff: 27.05.2019. 4 Maunz, Theodor; Dürig, Günter (2018). Grundgesetz Kommentar. Art. 91a Rn. 24. München: Verlag C.H. Beck. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 047/19 Seite 5 2. Länge der Deiche entlang der Nord- und Ostsee 2.1. Niedersachsen Die entscheidende gesetzliche Grundlage für den Küstenschutz in Niedersachsen ist das Niedersächsische Deichgesetz (NDG).5 Niedersachsen ist das einzige Bundesland, welches das Deichrecht spezialgesetzlich geregelt hat. Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz übermittelte eine Hauptdeichlänge des Festlandes an der Nordseeküste Niedersachsens einschließlich der Ästuare an Ems, Weser und Elbe von 603 km, eine Hauptdeichlänge auf den Ostfriesischen Inseln von 35 km, sowie eine Schutzdünenlänge von 97 km. 2.2. Schleswig-Holstein Nach Auskunft des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein existieren entlang der Nordseeküste von Schleswig-Holstein (einschließlich Tideelbe bis Geesthacht) insgesamt 407,2 km Deiche, davon 363,3 km Landesschutzdeiche (höchster Sicherheitsstandard; Zuständigkeit Land) und 43,9 km Regionaldeiche . Entlang der Ostseeküste von Schleswig-Holstein existieren insgesamt 121 km Deiche, davon 68,6 km Landesschutzdeiche und 52,4 km Regionaldeiche. Näheres zur Typisierung der Deiche und zur behördlichen Zuständigkeitsverteilung ergibt sich aus dem Wassergesetz des Landes Schleswig-Holstein (WasG SH).6 2.3. Mecklenburg-Vorpommern Nach Information des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Mecklenburg- Vorpommern wird der Hochwasserschutz an der Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern durch 129 Landesküstenschutzdeiche und Landesküstenschutzdünen mit einer Gesamtlange von 329 km gewährleistet. An der Außenküste sind die Landesküstenschutzdünen das primäre Hochwasserschutzbauwerk ; an den Bodden- und Haffküsten die Landesküstenschutzdeiche. Darüber hinaus bestehen 136 Deiche mit einer Gesamtlänge von 271 km, die ausschließlich landwirtschaftliche Flächen gegen kleinere Hochwässer schützen. Die maßgebliche gesetzliche Grundlage für den Küstenschutz in Mecklenburg-Vorpommern bildet das Wassergesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LWaG).7 5 Niedersächsisches Deichgesetz (NDG) in der Fassung vom 23.02.2004 (Nds. GVBl. S. 83), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.10.2011 (Nds. GVBl. S. 353). 6 Wassergesetz des Landes Schleswig-Holstein (Landeswassergesetz) in der Fassung vom 11.02.2008 (GVOBl. Schl.-H. S. 91), zuletzt geändert durch Verordnung vom 16.01.2019 (GVOBl. Schl.-H. S. 30). 7 Wassergesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LWaG) vom 30.11.1992 (GVOBl. M-V S. 669), zuletzt geändert durch Gesetz vom 05.07.2018 (GVOBl. M-V S. 221). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 047/19 Seite 6 3. Jährliche Unterhaltungskosten 3.1. Niedersachsen Die Unterhaltung der Küstenschutzanlagen auf den Ostfriesischen Inseln obliegt dem Land Niedersachsen .8 Die jährlichen reinen Unterhaltungskosten beziffert das zuständige Ministerium auf durchschnittlich rund 1,7 Mio. Euro. Für die Unterhaltung der Deiche des Festlandes sind in Niedersachsen die Wasser- und Bodenverbänden (Deichverbände) zuständig.9 Die Interessenvertretung dieser Verbände, der Wasserverbandstag e.V.10, übermittelte die folgende Aufstellung von Unterhaltungskosten: 3.2. Schleswig-Holstein Die jährlichen Unterhaltungskosten beziffert das zuständige Ministerium auf durchschnittlich ca. 20.000 Euro pro km Landesschutzdeich. 3.3. Mecklenburg-Vorpommern Die jährlichen Unterhaltungskosten für die Landesküstenschutzdeiche und Landesküstenschutzdünen betragen nach Auskunft des zuständigen Ministeriums im Mittel 6,5 Mio. Euro. In dieser Summe sind auch die Kosten für künstliche Sedimentzuführung (Sandvorspülungen) enthalten, die erforderlich sind, um die Leistungsfähigkeit der Landesküstenschutzdünen gegen die vorherrschende Küstenrückgangstendenz zu erhalten. 4. Kosten und Zeiten für die Ertüchtigung der Deiche 4.1. Niedersachsen Nach Information des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz liegen die Kosten einer Deicherhöhung/-verstärkung in Niedersachsen meist zwischen 3 und 5 Mio. Euro pro Deichkilometer (ohne Sonderbauwerke wie Schleusen und Siele). Die Kosten seien von vielerlei Faktoren abhängig und würden je nach Örtlichkeit stark schwanken. Das Maß der Nacherhöhung hätte demgegenüber nur eine nachrangige Bedeutung. So seien Deicherhöhungen im Bereich von Ortschaften, wo Sonderlösungen erforderlich werden, beispielsweise deutlich kostenintensiver als solche im Bereich ausschließlich landwirtschaftlich genutzter Flächen . Weiterhin sei z.B. von Bedeutung, ob die benötigten Baumaterialien wie Klei und Sand 8 § 7 Abs. 1 S. 1 Niedersächsisches Deichgesetz (NDG). 9 Ebenda. 10 Wasserverbandstag e.V. https://www.wasserverbandstag.de/home.html. Letzter Zugriff: 27.05.2019. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 047/19 Seite 7 ortsnah beschaffbar sind. Auch ob ein Deich außen- oder binnendeichs verstärkt werden kann sowie die örtliche Tragfähigkeit des Untergrundes und erforderlich werdende Kompensationsmaßnahmen hätten Einfluss auf die Kostenhöhe. Die Dauer einer Deicherhöhung ergebe sich aus der Länge des zu ertüchtigenden Deiches, den verfügbaren Haushaltsmitteln und den Kapazitäten der Baufirmen. Deichertüchtigen seien immer so vorzunehmen, dass ihre Wehrfähigkeit auch im sturmflutgefährdeten Winterhalbjahr gegeben ist. Hinzuzurechnen seien die vorlaufenden Zeiten für Zulassungsverfahren und Planung. 4.2. Schleswig-Holstein Das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein teilte mit, dass Landesschutzdeiche in Schleswig-Holstein eine sog. 200- Jahresflut kehren können sollen. Dies werde alle 10 Jahre überprüft. Wenn ein Deichabschnitt diesen Wasserstand nicht kehren kann, werde er als unsicher eingestuft. Wie stark ein Deich dann erhöht werden muss, sei für jeden Deichabschnitt unterschiedlich und hänge u.a. von dem festgestellten "Grad der Unterbemessung" ab. Daher könnten keine Angaben für Kosten pro Erhöhungsstufe gemacht werden. Darüber hinaus seien die Kosten stark abhängig von den örtlichen Gegebenheiten, z.B. sei in urbanen Gebieten mit höheren Kosten zu rechnen als in ländlichen Gebieten . Weitere Unterschiede ergäben sich aus unterschiedlichen Untergrundverhältnissen oder durch Bauwerke im Deich wie Siele oder Schleusen. Diese Faktoren würden zu erheblichen Unterschieden in den Kosten und einer sehr hohen Schwankungsbreite führen. Als sehr grober Mittelwerte könne eine Zahl von ca. 5 Mio. Euro pro km Landesschutzdeichverstärkung angegeben werden; die Schwankungsbreite liege jedoch bei 2,5 bis 10 Mio. Euro. Aufgrund der verfügbaren Personal- und Finanzressourcen würden in Schleswig-Holstein durchschnittlich 3,6 km Deich bei ca. drei parallel laufenden Deichbaumaßnahmen pro Jahr verstärkt. Wieviel Zeit eine Deichverstärkung einschließlich seiner Planung erfordert, sei ebenfalls stark von den örtlichen Gegebenheiten abhängig. Daneben würde die zunehmende Regelungsdichte wie auch die zunehmende Beteiligung der Öffentlichkeit dazu führen, dass die Planungszeiten kontinuierlich zunehmen. Die Angabe eines konkreten Mittelwertes sei deshalb wenig aussagekräftig ; Planungszeiten könnten aktuell bis zu 15 Jahre beanspruchen. 4.3. Mecklenburg-Vorpommern Nach Auskunft des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern werde für die Bemessung der Landesküstenschutzdeiche ein Sturmflutereignis mit einem 200-jährlichen Wiederkehrintervall und ein Klimazuschlag von 50cm bis zum Jahre 2100 zugrunde gelegt. Gegenwärtig seien an der Küste von Mecklenburg-Vorpommern noch nicht alle Ortschaften durch Küstenschutzanlagen geschützt, daher werde hauptsächlich in den Neubau von Anlagen und weniger in den Ausbau vorhandener Anlagen investiert. Eine Summe für den Neubauinvestitionsbedarf könne nicht benannt werden, da dafür die Planungsstände nicht ausreichen würden. Um alle vorhandenen Landesküstenschutzdeiche auf das Bemessungsniveau auszubauen, würden nach grober Schätzung mindestens 85 Mio. Euro benötigt. Da der verstärkte Anstieg des Meeresspiegels ab der Mitte des Jahrhunderts prognostiziert werde, sollten die erforderlichen Deichverstärkungen bis dahin erfolgt sein. Um die Leistungsfähigkeit der Landesküstenschutzdünen dem steigenden Meeresspiegel (0,5 cm pro Jahr) anzupassen, seien nach überschläglicher Abschätzung mind. 1 Mio. Euro pro Jahr erforderlich. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 047/19 Seite 8 5. Generalpläne und Regelwerke Zwei wichtige Grundlagenwerke bilden die Richtschnur der aktuellen Arbeiten im Küsten- und Inselschutz Niedersachsens: der 2007 erschienene "Generalplan Küstenschutz", sowie der 2011 vorgelegte "Generalplans Inselschutz".11 Das Land Schleswig-Holstein hat mit dem „Generalplan Küstenschutz Schleswig-Holstein 2012“12 einen Fachplan aufgestellt, in welchem es seine Handlungsgrundsätze für den Küstenschutz festlegt. Näheres zum Küstenschutz in Mecklenburg-Vorpommern beinhaltet das im Jahr 2009 vorgestellte "Regelwerk Küstenschutz Mecklenburg-Vorpommern"13, welches den 1995 herausgegebenen „Generalplan Küsten- und Hochwasserschutz Mecklenburg-Vorpommern" weiterentwickelt. *** 11 Beide abrufbar unter: http://www.nlwkn.niedersachsen.de/hochwasser_kuestenschutz/kuestenschutz/generalplan _kuestenschutz/generalplan-kuestenschutz-45183.html. Letzter Zugriff: 27.05.2019. 12 Abrufbar unter: https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/K/kuestenschutz/generalplanKuestenschutz .html. Letzter Zugriff: 27.05.2019. 13 Abrufbar unter: http://www.stalu-mv.de/mm/Themen/Küstenschutz/Regelwerk-Küstenschutz-Mecklenburg– Vorpommern/. Letzter Zugriff: 27.05.2019.