© 2016 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 047/16 Wissenschaftsfreiheit und Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und zur Herstellung von Transparenz Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 2 Wissenschaftsfreiheit und Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und zur Herstellung von Transparenz Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 047/16 Abschluss der Arbeit: 20.06.2016 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Verhaltenskodexe von Wissenschaftsorganisationen zur Wahrung der wissenschaftlichen Freiheit und Integrität 4 Vorschläge der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur „Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ (DFG 1997; 2013) 4 „The European Code of Conduct for Research Integrity“ von der European Science Foundation und den All European Academies (ESF; ALLEA 2010) 5 2. Empfehlungen mit konkreten Hinweisen für den Umgang von Kooperationen zwischen Hochschulen und Drittmittelgebern/Stiftungen 6 Diskussion zur „Einführung einer Veröffentlichungspflicht für Kooperationsverträge zwischen Hochschulen und Unternehmen“ (WD 3-242/11) 6 Diskussion zum „Spannungsverhältnis von Stiftungsuniversitäten zur Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG“ (WD 3- -033/13) 7 „The Code of Conduct“ des Deutschen Stifterverbandes zur Transparenz bei der Zusammenarbeit von Hochschulen und Unternehmen (Stifterverband 2016 a) 10 Beispiel: „Richtlinie der Johann-Wolfgang Goethe- Universität zum Umgang mit Zuwendungen privater Dritter“ (GU Frankfurt/M 2008) 12 Beispiel: „Grundordnung der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz vom 5.5.2014“ (JGU 2014) 13 3. Literatur 15 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 4 1. Verhaltenskodexe von Wissenschaftsorganisationen zur Wahrung der wissenschaftlichen Freiheit und Integrität Vorschläge der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur „Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ (DFG 1997; 201312) Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat 1997 Vorschläge für Regeln zur Sicherung der Vorbeugung gegen Unredlichkeit im Wissenschaftssystem (über präventive Gegenmaßnahmen und den Ausbau der Selbstkontrolle) und zum Umgang bei Fehlverhalten (über eine hochschul- oder institutsinterne Verfahrensordnung) vorgelegt. Sie selbst versteht diese Regeln als allgemein ergänzende Grundsätze zu den professionellen Normen und rechtlichen Regelungen. 2013 wurden die Empfehlungen ergänzt und aktualisiert – vor allem hinsichtlich einer zu verbessernden Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses und eines fairen Verfahrens bei der Prüfung von Fehlverhaltem . Die Empfehlungen richten sich in erster Linie an die Hochschulen und Forschungseinrichtungen selbst, die mit ihnen zu eigenen, möglichst schriftlich gesetzten Ordnungen oder Regelwerken kommen und schließlich ihre Mitglieder darauf verpflichten sollten. Die Denkschrift enthält keine direkten Aussagen zur Gestaltung von Kooperation zwischen Hochschulen und Unternehmen – und auch nicht zur Ausgestaltung von Berufungsverfahren. So werden die Berufungen nur bei der Empfehlung sechs miterwähnt: „Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen ihre Leistungs- und Bewertungskriterien für Prüfungen, für die Verleihung akademischer Grade, Beförderungen, Einstellungen, Berufungen und Mittelzuweisungen so festlegen, dass Originalität und Qualität als Bewertungsmaßstab stets Vorrang vor Quantität haben.“3 (20) Als wissenschaftliches Fehlverhalten werden beispielsweise gewertet: die Erfindung und Fälschung von Daten, das Plagiat, der Vertrauensbruch als Gutachter oder Vorgesetzter. Und auch die allgemeinen Empfehlungen zur guten wissenschaftlichen Praxis - die Dokumentation von allen Resultaten, die eigene konsequente Anzweiflung von Ergebnissen und die möglichst unabhängige Wiederholung von Experimenten, die Sicherung und Aufbewahrung von Primärdaten, der korrekte und vollständige Nachweis eigener und fremder Vorarbeiten und Ergebnisse (vgl. 15, 30, 43) - lassen nur sehr indirekt Ableitungen für den `redlichen` Umgang mit Kooperationen zu. So ließe sich nur sagen, dass diese Maßstäbe eben auch für die Wissenschaftler, die in strategischen Partnerschaften (über z.B. An-Institute oder Stiftungsprofessuren) tätig sind, gleichermaßen gelten und für diese Mitarbeiter in ihren Tätigkeiten umsetzbar sein müssen. Ähnliches in Bezug auf die Herstellung der Bedingungen zur Umsetzbarkeit der guten wissenschaftlichen Praxis ergibt auch die Empfehlung drei zum Bereich Organisation: „Die Leitung jeder Hochschule und jeder Forschungseinrichtung trägt die Verantwortung für eine angemessene Organisation, die 1 Im Folgenden beziehen sich alle Seitenangaben in den einzelnen Unterkapiteln auf die in der Überschrift genannte Literaturangabe. 2 Das Memorandum ist abrufbar unter: http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/reden_stellungnahmen /download/empfehlung_wiss_praxis_1310.pdf. 3 Dabei bezieht man sich vor allem auf den Gebrauch der Quantität der Publikationen als unangemessenen Bewertungsmaßstab für Erfolg und im Wettbewerb der Wissenschaft Bertreibenden untereinander, Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 5 sichert, dass […] die Aufgaben der [...] Aufsicht [...] und Qualitätssicherung eindeutig zugewiesen sind und gewährleistet ist, dass sie tatsächlich wahrgenommen werden.“ (16). In Bezug auf fördernde Einrichtungen wird betont, dass diese die Maßstäbe für wissenschaftliche Integrität schon in ihren Antragsrichtlinien formulieren können (vgl. 32) und eine Verpflichtung der Begünstigten für bewilligte Mittel hin auf die Einhaltung guter wissenschaftlicher Praxis erfolgten sollte (vgl. 33). Letztlich habe aber auch „jede einzelne Wissenschaftlerin und jeder Wissenschaftler, die Verantwortung, dafür [zu sorgen], die grundlegenden Werte und Normen wissenschaftlicher Arbeit zu pflegen, in dem Handeln täglich zu verwirklichen und für sie einzustehen.“ [15, 16].Dies hieße, dass sich die einzelnen Beschäftigten, die in strategischen Universitäts-/Unternehmens- (Stiftungs-)Kooperationen tätig sind, auch als unabhängig wahrnehmen und dieses in ihrem Handeln tagtäglich eigenständig anwenden und oder einfordern sollten. „The European Code of Conduct for Research Integrity“von der European Science Foundation und den All European Academies (ESF; ALLEA 20104) Der europäische Verhaltenskodex für Integrität in der Forschung wurde 2010 von der Europäischen Wissenschaftsstiftung und dem ständigen Ausschuss für Wissenschaft und Ethik der europäischen Akademien erstellt. Auch die Empfehlungen der DFG sind in diesen eingeflossen. Der Kodex will sich als ein Beitrag zur Selbstregulierung verstanden wissen, durch den in einigen Ländern auch Anregungen für die Schaffung institutioneller Rahmenbedingungen (über die Formulierung nationaler Good Practice-Regeln) entstehen können oder aber nur eine weitere Stärkung der Standards für wissenschaftliche Integrität erfolgt. Der Verhaltenskodex bezieht sich ausschließlich auf die Integrität während der `Durchführung der Forschung` und berücksichtigt nicht die breitere sozialethische Verantwortung von Forschung5. Neben Prinzipien von Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Objektivität, direkter und offener Kommunikation , Fürsorgepflicht, Fairness und Verantwortung für das Wissenschaftssystem als Ganzes werden auch die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit als Kriterien guter wissenschaftlicher Praxis benannt.6 Ausgeführt wird diese Unparteilichkeit und Unabhängigkeit als eine „from commissioning or interested groups, and from ideological or political pressure groups, and from eco- 4 Der Kodex kann abgerufen werden unter: http://www.esf.org/fileadmin/Public_documents/Publications /Code_Conduct_ResearchIntegrity.pdf. 5 Zu letzterem Feld würden Fragen nach den Folgen von Forschung, von konkreten Forschungsergebnissen für Mensch und Umwelt, nach der Unabhängigkeit von Interessen, dem Konfliktpotenzial von Auftragsforschung oder dem Schutz vor unsachgemäßer oder selektiver Nutzung von fehlinterpretierten Ergebnissen usw. gehören (vgl. 10). 6 Dem Fehlverhalten insgesamt wird ein größerer Raum in der Darstellung gegeben, ebenso wie das Fehlverhalten viel detaillierter beschrieben wird als in den DFG-Empfehlungen. Als Fehlverhalten schwersten Verstoßes gelten Erfindung bzw. Fälschung von Daten. Daneben wird die Verfehlung durch Plagiat aufgeführt, die Vertuschung , Repressalien gegen Whistleblower, als fragwürdige Forschungspraxis die persönliche Verfehlung durch z.B. Einschüchterung oder Belästigung, als schlechte Forschungspraxis z.B. falsche Verfahren oder ungenügendes Datenmanagement. Zu den kleineren Verfehlungen gehören die `Anpassung` von Daten oder das Weglassen von `unwillkommenen` Ergebnissen. Als anstößige Praktiken werden falsche und unzugängliche Datenlagerung, die unzureichende Fürsorge gegenüber Probanden, Tieren oder Protokollen oder falsche Urheberpraktiken eingestuft (vgl. 11-13). Entsprechend werden als Richtlinien für Good Practice-Regeln alle positiven Umkehrungen bzw. Anforderungen aufgeführt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 6 nomic or financial interests“(11). Dazu findet sich ebenfalls der Verweis unter dem Punkt “Richtiges Forschungsprozedere`, dass Kunden und/oder Sponsoren des Forschers über die ethischen und ggf. rechtlichen Pflichten des Forschers zur Einhaltung guter wissenschaftlicher Praxis und zu möglicherweise damit einhergehenden Einschränkungen aufgeklärt werden sollten. Andererseits sollten aber auch berechtigte Vertraulichkeitsinteressen von Kunden oder Arbeitgebern bezüglich Daten oder Ergebnissen respektiert werden (vgl. 13). Im Zusammenhang mit Publikationen sollten darüber hinaus Forschende als Autoren alle Arten möglicher Interessekonflikte - finanzielle, persönliche, politische oder akademische - offenlegen (vgl. 14). So wie finanzielle Unterstützung bei der Forschung und Veröffentlichung ebenfalls erwähnt und erklärt werden sollte (vgl. ebd.). Auch in diesem Kodex werden keine direkten Maßgaben zur Ausgestaltung von Kooperationen oder gar Kooperationsverträgen zwischen Hochschulen und Unternehmen getroffen. 2. Empfehlungen mit konkreten Hinweisen für den Umgang von Kooperationen zwischen Hochschulen und Drittmittelgebern/Stiftungen Diskussion zur „Einführung einer Veröffentlichungspflicht für Kooperationsverträge zwischen Hochschulen und Unternehmen“ (WD 3-242/117) Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages haben in einer Ausarbeitung die Frage nach den Möglichkeiten der Einführung einer Veröffentlichungspflicht für Kooperationsverträge untersucht. Dargestellt wurden die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen, um zu klären, ob bei der steten Zunahme von Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen über dieses Mittel mehr Transparenz herzustellen wäre, um der Befürchtung einer möglicherweise übermäßigen Einflussnahme auf das Handeln einer Hochschule durch Unternehmen insbesondere auch bei institutionalisierten Kooperationen (also gemeinsamen Instituten und Stiftungsprofessuren ) entgegen zu wirken. Danach stellte sich zunächst „verfassungsrechtlich […] die Frage, ob eine derartige Pflicht durch Bundesgesetz eingeführt werden könnte.“ Da dem Bund dafür die Gesetzgebungskompetenz auf diesem Gebiet zustehen müsste, doch eine „ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis nach Art. 73 Abs. 1 GG nicht ersichtlich“ sei und die grundsätzliche Hochschulkompetenz bei den Ländern liege (unterstrichen auch durch den Wegfall der Rahmenkompetenz des Bundes zur Regelung allgemeiner Grundsätze des Hochschulwesens) und der „Bund nur unter sehr engen Voraussetzungen in bestimmten Bereichen tätig werden darf“, sei die Schaffung einer Veröffentlichungspflicht durch den Bund allenfalls „für reine Forschungskooperationen möglicherweise von Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 2. Var. GG gedeckt“. Folge man „dieser Auslegung, müssten zudem die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Andererseits [würden] die eng begrenzten Gesetzgebungskompetenzen des Bundes im Hochschulbereich eher gegen eine Kompetenz zur Einführung einer Veröf- 7 Die Arbeit kann abgerufen werden unter: www.bundestag .de/blob/407190/bc46cc188351f8415ac4139f36165a15/wd-3-242-11-pdf-data.pdf . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 7 fentlichungspflicht [sprechen], da eine derartige Pflicht negative Auswirkungen auf die Hochschulfinanzierung haben könnte. Vor diesem Hintergrund dürfte eine Veröffentlichungspflicht wohl in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen.“ (4, 8f)8 Neben der Gesetzgebungskompetenz stellte „sich in materieller Hinsicht die Frage, ob bzw. in welcher Form eine Veröffentlichungspflicht für Kooperationsverträge mit den Grundrechtspositionen der Vertragspartner vereinbar wäre“ (9). Bei der konkreten Ausgestaltung einer Veröffentlichungspflicht seien denn auch „die Grundrechtspositionen der Beteiligten, insbesondere die Forschungsfreiheit die Berufsausübungsfreiheit sowie die allgemeine Handlungsfreiheit in Form der Vertragsfreiheit zu beachten. Problematisch wäre jedenfalls eine umfassende Veröffentlichungspflicht, da hierdurch wissenschaftlicher Know-how-Vorsprung sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offengelegt werden müssten. Dem Interesse an größerer Transparenz hinsichtlich der Kooperationen von Hochschulen und Unternehmen könnte jedoch durch eine inhaltlich beschränkte Offenlegungspflicht begegnet werden. Eine Veröffentlichung der Fördersumme sowie der Laufzeit einer Kooperation dürfte grundsätzlich mit den Grundrechtspositionen der Beteiligten zu vereinbaren sein" (4).9 Diskussion zum „Spannungsverhältnis von Stiftungsuniversitäten zur Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG“ (WD 3- 033/1310) Eine weitere Arbeit der Wissenschaftlichen Dienste ist bereits der Frage nachgegangen, ob das Stiftungsmodell für Universitäten, bei der eine Universität komplett in die Rechtsträgerschaft einer Stiftung überführt wird11, als Gefahr für die Freiheit von Forschung und Lehre nach Art. 5 Abs. 3 GG gesehen werden kann. Geklärt wurde vorab, dass dem Bund keinerlei Kompetenz zusteht , „in die Organisationsform bestehender Universitäten“ „ bzw. „in die Hochschulstrukturen der Länder“ oder die „Wahl ihrer Rechtsträger der Universität“ einzugreifen“ (5, 6). 8 Zum 23.12.2014 wurde Art. 91b Abs. 1 GG wie folgt neu gefasst: „Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen in Fällen überregionaler Bedeutung bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre [!] zusammenwirken. Vereinbarungen, die im Schwerpunkt Hochschulen betreffen, bedürfen der Zustimmung aller Länder. Dies gilt nicht für Vereinbarungen über Forschungsbauten einschließlich Großgeräten“ (BGBl. I S. 2438). Der neue Art. 91b Abs. 1 GG begründet jedoch keine Gesetzgebungskompetenzen des Bundes, sondern gestattet die genannten Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern (vgl. Suerbaum 2016). Diese Neuregelung dürfte somit keinen Einfluss auf das Ergebnis des Gutachtens von WD 3 aus dem Jahr 2011 haben. 9 Siehe dazu zum Beispiel auch das aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 11.Mai 2016 im Rechtsstreit zwischen der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und Thomas Leif (vgl. VG Mainz, Urteil vom 11.5.2016; Az 3 K 636/15.MZ). 10 Die Arbeit kann abgerufen werden unter: www.bundestag .de/blob/420454/c4d5f9bcd826276580f31d5274ce659f/wd-3-033-13-pdf-data.pdf . 11 Wie zum Beispiel bei den drei niedersächsischen Universitäten Göttingen, Hildesheim und Lüneburg (und zwei weiteren Hochschulen in Hannover und Osnabrück), der Europa-Universität Viadrina oder der Universität Frankfurt am Main geschehen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 8 Zur wissenschaftlichen Forschung gehörten „u.a. die Entscheidungen über die Fragestellung, die angewandte Methode sowie die Bewertung und Verbreitung des Forschungsergebnisses. Das inhaltliche Merkmal der wissenschaftlichen Lehre umfass[e] die didaktische Vermittlung des durch eigene und ergänzend durch fremde Forschung Erkannten. Diese Freiheiten sind nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nur dann sichergestellt, wenn der Gruppe der Hochschullehrer in diesen Bereichen zumindest maßgeblicher, in Fragen der Forschung ausschlaggebender Einfluss eingeräumt ist, was wiederum voraussetzt, dass dieser Gruppe die absolute Mehrheit der Stimmen in dem entscheidungszuständigen Gremium zusteh[e]12. Ein Teil der Literatur vertr[ete] vor diesem Hintergrund den Standpunkt, dass bei dem Hochschulmodell der Stiftungsuniversität gerade diese Einflussmöglichkeiten beschnitten würden. Hierfür w[ürde] angeführt, bei Stiftungsuniversitäten entstehe aufgrund der Doppelstellung des Präsidiums als Organ der Universität einerseits und als Organ der die Universität tragenden Stiftung andererseits eine funktionswidrige Organisationsstruktur , die die Freiheit von wissenschaftlicher Lehre und Forschung nicht mehr sicherstellen könne. Das Bundesverwaltungsgericht g[ing] hingegen davon aus, dass der notwendige Einfluss der Hochschullehrer auch beim Stiftungsmodell gewährleistet sein könne, sofern dem Senat der Hochschule dauerhaft ausschlaggebender Einfluss auf die personelle Zusammensetzung der Stiftungsorgane eingeräumt werde. Es sei darüber hinaus nicht erforderlich, dass ein mehrheitlich aus Hochschullehrern bestehender Senat selbst entscheide, sofern er zumindest die Besetzung der entscheidenden Organe maßgeblich bzw. ausschlaggebend und dauerhaft determinieren könne13. (In seiner Entscheidung stützt sich das BVerwG auf eine gefestigte Rechtsprechung des BVerfG14 (nach welcher es dem Gesetzgeber freisteh[e], den Wissenschaftsbetrieb nach seinem Ermessen zu regeln, solange er ein hinreichendes Maß an wissenschaftlicher Selbstbestimmung sicherstellt. Der Gesetzgeber ist dabei weder an bestehende Hochschulstrukturen noch an deren einzelne Elemente gebunden. Der Gesetzgeber dürfe nicht nur neue Modelle und Steuerungstechniken entwickeln und erproben, vielmehr sei er sogar verpflichtet, bisherige Entscheidungsformen kritisch zu beobachten und zeitgemäß zu reformieren. Ihm steht dabei gerade hinsichtlich der Eignung neuer Entscheidungsstrukturen eine Einschätzungsprärogative und ein Prognosespielraum zu. Insbesondere d[ürfe] nach der Rechtsprechung des BVerfG15 der Gesetzgeber die Art und Weise der Beteiligung an der Entscheidungsfindung frei gestalten, solange die Strukturen der freien Lehre und Forschung hinreichend gewährleistet s[eien]. Er k[önne] daher nach Belieben eine direkte oder repräsentative Beteiligung an Entscheidungen, eine unmittelbare oder mittelbare Einflussnahme regeln, je nachdem, welche organisatorischen Strukturen ihm für eine funktionsfähige Wissenschaftsverwaltung geeignet erscheinen. Die zur Sicherung der Wissenschaftsfreiheit gebotene Teilhabe der wissenschaftlich Tätigen m[üsse] nicht in jedem Fall im Sinne der herkömmlichen Selbstverwaltung erfolgen. Vor diesem Hintergrund k[önne] ein Eingriff in die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung und Lehre aufgrund der Entscheidungsstrukturen einer Stiftungsuniversität nicht von vornherein angenommen werden. Vielmehr st[ünden] auch diese im Ermessen des Gesetzgebers 12 Verwiesen wird von WD 3 auf: BVerfG, Beschluss vom 20.07.2010, Az. 1 BvR 748/06, Rn. 90 ff. 13 Verwiesen wird von WD 3 auf: BVerwG, Urteil vom 26.11.2009, Az. 2 C 15/08, NVwZ-RR 2010, 569. 14 Verwiesen wird von WD 3 auf: BVerfGE 35, 79 (115); BVerfGE 111, 333 (363 f.). 15 Verwiesen wird von WD 3 auf: BVerfGE 35, 79 (115); BVerfGE 111, 333 (363 f.). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 9 und s[eien] zulässig, solange ein hinreichendes Maß an wissenschaftlicher Selbstbestimmung sichergestellt [wäre]16.“ (7,8). „Was die Organisationfreiheit von Hochschulen angeh[e], umschreib[e] das BVerfG den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG wie folgt: Im Bereich des mit öffentlichen Mitteln eingerichteten und unterhaltenen Wissenschaftsbetriebes hat der Staat durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass das Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung soweit unangetastet bleibt, wie es unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist.17 Daraus folg[e] die Pflicht des Staates, die personellen, finanziellen und organisatorischen Mittel bereitzustellen, um die Pflege der freien Wissenschaft und ihre Vermittlung an die nachfolgende Generation zu ermöglichen und zu fördern.18 Der Staat (bzw. das jeweilige Land) m[üsse] daher insbesondere funktionsfähige Institutionen für einen freien Wissenschaftsbetrieb zur Verfügung stellen. Ein völliger Rückzug des Staates aus dem Hochschulbetrieb, etwa durch Privatisierung der Hochschulen, wäre mit diesen Vorgaben in jedem Falle nicht vereinbar“, dennoch bleibe dem Gesetzgeber ein „erheblicher organisatorischer Gestaltungsspielraum für die Universitäten.“ (8, 9). Mit der Errichtung von ganzen Stiftungsuniversitäten sei auch keineswegs eine Entstaatlichung verbunden19, da sich der Staat damit ja nicht „vollständig aus dem Hochschulwesen“ zurückziehe. Außerdem bestehe ein mittelbares Band des Landes über die Stiftung hin zur Hochschule. „Die bisher vom Staat wahrgenommenen Aufgaben [würden] zwar nunmehr von der Stiftung im eigenen Namen erfüllt, diese unterstehe indes ihrerseits der Rechtsaufsicht des Landes. Einer solchermaßen herbeigeführten größeren Staatsferne steh[e] Art. 5 Abs. 3 GG nach Auffassung des BVerwG jedoch nicht von vornherein entgegen. Vielmehr [sei] der Gesetzgeber nicht auf bestimmte Organisationsstrukturen und Finanzierungsmodelle festgelegt.“ (9). „Voraussetzungen für die Vereinbarkeit“ (10) einer (hier von WD 3 zugrunde gelegten öffentlichrechtlichen ) Stiftungsuniversität mit Art. 5 Abs. 3 GG wären demnach20: „Das Fachministerium muss durch Ausübung seines Weisungsrechts gegenüber der Stiftung eine wirkungsvolle Rechtsaufsicht gegenüber der Hochschule sicherstellen. Dem Senat einer Hochschule muss auf die Bestellung und Entlassung der Mitglieder des Stiftungsrats und des Präsidiums maßgeblicher Einfluss zukommen. Die gesetzliche Hochschulverfassung muss die freie wissenschaftliche Betätigung der Hochschullehrer gewährleisten. Eine strukturelle Gefährdung der Freiheit von Forschung und Lehre ist durch organisationsrechtliche Vorkehrungen auszuschließen. Bei Zuständigkeit eines Kollegialorgans der Hochschule in wissenschaftsrelevanten, d.h. Forschung und Lehre betreffenden Angelegenheiten muss organisatorisch sichergestellt sein, dass es wissenschaftsadäquate Entscheidungen treffen kann. Hierfür ist erforderlich, 16 Die Fettungen wurden vom Verfasser dieses Sachstandes vorgenommen. . 17 Verwiesen wird von WD 3 auf: BVerfGE 35, 79 (115). 18 Verwiesen wird von WD 3 auf: BVerfGE 35, 79 (114 f.). 19 Verwiesen wird von WD 3 auf: BVerwG, Urteil vom 26.11.2009, Az. 2 C 15/08, NVwZ-RR 2010, S. 568 20 Verwiesen wird von WD 3 auf: BVerwG, Urteil vom 26.11.2009, Az. 2 C 15/08, NVwZ-RR 2010, S. 565 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 10 dass die Gruppe der Hochschullehrer in Angelegenheiten, die unmittelbar Fragen der Forschung betreffen, ausschlaggebenden Einfluss besitzt.“ (10). „The Code of Conduct“ des Deutschen Stifterverbandes zur Transparenz bei der Zusammenarbeit von Hochschulen und Unternehmen (Stifterverband 2016 a21) Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. ist eine Gemeinschaftsinitiative der Wirtschaft , in der 3.000 Unternehmen, Unternehmensverbände, Stiftungen und Privatpersonen zusammengeschlossen sind, um „die deutsche Bildungs- und Forschungslandschaft nachhaltig zu verbessern. Im Vorstand und in den weiteren Gremien engagieren sich fast alle großen Konzerne - ebenso wie Mittelständler und Vertreter wissenschaftlicher Einrichtungen. [Der Stifterverband fördert nicht nur] Hochschulen und Forschungsinstitute und unterstützt Talente, sondern analysiert [auch] das Wissenschaftssystem und leitet daraus Empfehlungen für Politik und Wirtschaft ab“. (Stifterverband b 2016) Im April 2016 hat der Stifterverband nun umfassende Empfehlungen22 explizit für die Schaffung und Sicherung von Transparenz bei Kooperationen von Unternehmen und Hochschulen vorgelegt . Diese sollen einen „Ausgleich zwischen der Möglichkeit zur gesellschaftlichen Meinungsbildung einerseits und der Forschungsfreiheit und dem Schutz von Hochschul- und Unternehmensinteressen andererseits“ ermöglichen. Der Stifterverband hat sich dabei nach eigenen Angaben auch nach der bisherigen Rechtsprechung gerichtet. Danach wird für die Bereiche, die die strategischen Partnerschaften23 betreffen, empfohlen, dass die Informationspflicht über die Forschungstätigkeit der Hochschulen als öffentlich finanzierte Einrichtungen (und damit auch über ihre Kooperationsprojekte und Drittmittelaktivitäten mit privaten Partnern, vor allem mit Unternehmen und Stiftungen) bei der Hochschulleitung verankert und somit gestärkt wird. Konkret sollten „die Länder die Autonomie der Hochschulen stärken, indem sie ihnen die Aufgabe übertragen, über ihre Kooperationen mit Unternehmen in geeigneter Weise zu informieren24. Über die Art und Weise der Information entscheidet die Hochschule.“ Die „Hochschulen müssen [dann] entsprechende Regelungen und Verfahren erarbeiten, die Informationspflicht umzusetzen. Eine Berichterstattung sollte regelmäßig, mindestens jährlich erfolgen. Die privaten Partner werden über die generellen Informationsregelungen vorab in Kenntnis gesetzt. Um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu schützen, stimmt sich die Hochschule mit dem privaten Partner über die Herstellung von Transparenz bei Einzelprojekten ab und hält diese in der Regel vertraglich fest. Die Offenlegung von Informationen und Verträgen findet nur bei Einverständnis aller Vertragspartner statt.“ (5) 21 Der Kodex kann abgerufen werden unter: https://www.stifterverband.org/transparenz-empfehlungen. 22 Nach bereits vorangehenden Empfehlungen für den Umgang mit Stiftungsprofessuren in den Jahren zuvor. 23 Daneben werden auch Ausführungen zu weiteren Auftrags- und FuE-Kooperationen gemacht (vgl. 6). Ebenso werden Empfehlungen zum Umgang mit entstandenen Qualifizierungsarbeiten im Rahmen von FuE-Kooperationen als auch zur Professionalisierung des Kooperationsmanagements formuliert (vgl. 7f bzw. 8f). 24 Alle Fettungen wurden vom Verfasser dieses Sachstandes vorgenommen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 11 gerade langfristige strategische Partnerschaften von Hochschulen und Unternehmen wegen ihrer herausgehobenen Bedeutung für die Hochschule besonders deutlich sichtbar zu machen sind. „Dazu gehören die Information über die Ziele der Kooperation, die großen gemeinsamen Vorhaben (Einrichtung von Stiftungsprofessuren, Studiengängen, Graduiertenkollegs ), die Rollen der Partner in dem Vorhaben sowie die Organisation der Partnerschaft . Die Information sollte kontinuierlich erfolgen und sich über den kompletten Zeitraum der Kooperation erstrecken. Leitbilder und wichtige Parameter sollten […] für die Allgemeinheit frei zugänglich gemacht werden. Mit diesen Maßnahmen [würden] die Partner eine Meinungsbildung innerhalb und außerhalb der Wissenschaft über ihre strategische Partnerschaft ermöglichen. Eine darüber hinaus gehende Verpflichtung zur Veröffentlichung von Kooperationsverträgen ist nicht notwendig.“ (7) um im Rahmen der Kooperation entstehende wissenschaftliche Publikationen und Gutachten nicht dem Vorwurf auszusetzen, interessengeleitet zu sein, sollten jeweils die Finanzierungsstrukturen der zugrundeliegenden Forschung (finanzielle Verbindungen zu einem Unternehmen) in der Publikation selbst offengelegt werden sowie auch ggf. der Hinweis zu erfolgen habe, falls vor der Veröffentlichung ein Unternehmen die Publikation eingesehen bzw. redigiert hat - so wie es sich im anglo-amerikanischen Raum bewährt habe (vgl. 7,8). Hochschulen sich selbst Richtlinien geben sollten, wie sie mit Spenden und Sponsoringeinnahmen verfahren, demnach „unter welchen Bedingungen sie Zuwendungen annehmen , welche Gremien einbezogen werden und wie sie intern und extern Transparenz über die Zuwendungen herstellen.“ „Bei beiden Arten von Zuwendungen an Hochschulen – Spenden und Sponsoring – besteht seitens des Geldgebers kein Anspruch auf Nutzung von Forschungsergebnissen. Geistiges Eigentum aus den geförderten Aktivitäten bleibt bei der Hochschule, es kann auch nicht teilweise auf Unternehmen übertragen werden . Mit der Förderung dürfen keine Erwartungen hinsichtlich des Abschlusses von Umsatzgeschäften oder Beschaffungsvorgängen verknüpft werden.“ (9) Ganz konkret wird bei diesem letzten Punkt seitens des Stifterverbandes auch auf die Zuwendung hinsichtlich eines An-Instituts verwiesen und auf den Akt eines Berufungsverfahrens. Es heißt: „Bei Zuwendungen hat der Mittelgeber nur sehr eingeschränkte Rechte. Der Zuwendungsgeber hat die Möglichkeit, die Zuwendung für einen bestimmten Zweck vorzusehen (Zweckbestimmung), zum Beispiel für ein bestimmtes Forschungsprojekt. Er darf mit der Hochschule vereinbaren, dass die Hochschule für diesen Zweck ebenfalls Leistungen erbringt , beispielsweise Räumlichkeiten für ein An-Institut stellt oder die Weiterfinanzierung einer gestifteten Professur übernimmt. Der Geldgeber hat auch das Recht, die Mittelverwendung für den bestimmten Zweck zu kontrollieren. Dies kann beispielsweise durch Berichte über die Tätigkeit der geförderten Einrichtung oder des geförderten Projekts erfolgen , die Beobachtung des Berufungsverfahrens etc.“ (10). Für die Zuwendungsgeber ist es bedeutsam - wenn sie zum Beispiel als Stiftungen Rechenschaft über ihre Zuwendungen ablegen müssen -, dass sie das Recht auf die Zweckbestimmung ihrer Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 12 Zuwendung beanspruchen und die sachgemäße Umsetzung (wie sie zum Beispiel in einer Berufungsvereinbarung geregelt werden kann) begleiten und schließlich auch kontrollieren. So soll vor allem der Zweckentfremdung der Mittel innerhalb der Hochschulen begegnet werden. Bei der Beobachtung des Berufungsverfahrens, die einige Bundesländer sogar explizit als Möglichkeit für ihre Universitäten gegenüber Zuwendungsgebern einräumen, geht es zumeist um die Abordnung einer Person, die die wissenschaftliche Eignung der/des Berufenen ebenfalls mitbeurteilt . Keineswegs sollen die Zuwendungsgeber aber Einfluss auf die Berufung als solche und die Besetzung der Stellen haben.25 Darüber hinaus wird Unternehmen empfohlen; „vor Abschluss von Spenden- oder Sponsoringverträgen mit Hochschulen sicher[zu]stellen, dass diese geeignete Code of Conduct- und Transparenz -Regeln haben und gegebenenfalls bei Nichtvorliegen auf eine Zuwendung verzichten.“ (10) Beispiel: „Richtlinie der Johann-Wolfgang Goethe- Universität zum Umgang mit Zuwendungen privater Dritter“ (GU Frankfurt/M 200826) Ein Beispiel einer Universität mit eigenen Transparenzregeln ist die Johann-Wolfgang-Goethe- Universität Frankfurt am Main. Sie hat sich selbst und ihren potenziellen Drittmittelgebern damit „einen verlässlichen Handlungsrahmen“ gegeben. Danach müssen „Zuwendungen an die Goethe-Universität gemeinnützigen Zwecken im Sinne der Abgabenordnung […] dienen.“ „Und im Einklang mit der Grundordnung der Universität dürfen sie nur unter folgenden Voraussetzungen eingeworben werden27: Die Freiheit von Forschung und Lehre und die Unabhängigkeit der Goethe-Universität von wirtschaftlichen und sonstigen partikularen Interessen sind zu gewährleisten. Das Ansehen der Goethe-Universität muss gewahrt bleiben. Zuwendungen müssen unabhängig von Umsatzgeschäften mit der Goethe-Universität sein und dürfen nicht zur Voraussetzung von Umsatzgeschäften mit der Goethe-Universität gemacht werden. 25 Auch die Universität Mainz habe nach Angaben des Stifterverbandes bisher in der Praxis keinerlei „gemeinsame Personalauswahl“ mit einem Zuwendungsgeber betrieben, wie es eine Überschrift ihres mittlerweile in die Öffentlichkeit gebrachten Kooperationsvertrages mit der Boehringer Ingelheim Stiftung vermuten lasse. Auch hier würde das alleinige Recht der Hochschulen über die Findungskommission gelten. Es sei sinnvoll und wahrscheinlich, dass die irreführende Überschrift im Vertragstext geändert und an die gängige Praxis angepasst werde. 26 Die Richtlinie kann abgerufen werden unter: https://www.uni-frankfurt.de/51485827/SatzungsfassungStifterrichtlinie .pdf. 27 Die nachfolgenden Fettungen sind vom Verfasser dieses Sachstandes vorgenommen worden. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 13 Zuwendungen müssen der Goethe-Universität als Institution zugutekommen - direkte Zuwendungen an Mitglieder der Goethe-Universität als Person sind unzulässig. Eine Dedikation für Teilbereiche der Universität ist davon unberührt.“ (1) Darüber hinaus muss „jede Form von Zuwendungen für die Universitätsöffentlichkeit erkennbar und nachvollziehbar sein. Zu diesem Zweck berichtet das Präsidium dem Senat mindestens einmal jährlich über alle erfolgten Zuwendungen in Höhe von mehr als 50.000,-- EUR im Jahr.“ „Präsidium und Senat richten eine unabhängige Kommission ein, die von jedem Mitglied der Universität in begründeten Zweifelsfällen angerufen und vom Präsidium beratend hinzugezogen werden kann. […]. Bei Zuwendungen ab 500.000,-- EUR p.a. ist die Kommission frühzeitig zu informieren . (2). „Universitätsmitglieder, an die Zuwendungsangebote herangetragen werden, haben davon das Präsidium oder eine von ihm bestimmte Stelle umgehend zu unterrichten.“ „Im Hinblick auf Zuwendungen dürfen keinerlei Vorteile zugesagt oder in Aussicht gestellt und keine Nebenabreden getroffen werden, die über das schriftlich Festgelegte hinausgehen. Die Goethe-Universität Frankfurt formuliert explizit auch den Ausschluss der Beanspruchung der Entscheidungskompetenz von Zuwendungsgebern auf die Besetzung von Stellen: „Vor der Entscheidung, ob eine Zuwendung angenommen wird, ist festzustellen, ob eine Gegenleistung seitens des(der) Zuwenders(in) erwartet wird. Wird eine Gegenleistung erwartet, ist die Unbedenklichkeit der Zuwendung besonders zu prüfen.“ – „Gegenleistungen sind genau zu benennen “ und schriftlich festzuhalten. „Eine Zuwendung ist insbesondere abzulehnen, wenn der Geldgeber einen Einfluss auf konkrete Belange und Inhalte von Forschung oder Lehre nehmen will oder die Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Besetzung von Stellen oder der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen für sich beansprucht.“ (2). Beispiel: „Grundordnung der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz vom 5.5.2014“ (JGU 201428) In der knapp 100 Seiten starken Grundordnung der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz findet sich kein expliziter Verweis auf ähnliche Transparenzregeln bezüglich des Umgangs mit Zuwendungen von Drittmittelgebern. Allerdings wird in §28 klar auf die Verpflichtung der JGU verwiesen, in Verantwortung gegenüber Art. 5 Abs.3 GG und der verbürgten Wissenschaftsfreiheit diese zu „gewährleisten und zu fördern sowie [die] DFG-Empfehlungen zur Selbstkontrolle in der Wissenschaft“ umzusetzen. (35). In der Anlage 4 der Grundordnung werden die DFG-Empfehlungen zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis ausführlich erörtert. 28 Die Grundordnung kann abgerufen werden unter: https://www.uni-mainz.de/organisation/Dateien/grundordnung .pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 14 § 49 beschäftigt sich mit den Kriterien für die Errichtung von An-Instituten (nicht mit den Regeln für ihren `Betrieb`). Zu Letzterem kann entnommen werden, dass in der Instituts-Satzung Mitwirkungsmöglichkeiten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in den Entscheidungsgremien des An-Instituts vorzusehen sind und dass die Anerkennung als An-Institut durch den Senat aus wichtigem Grund auch widerrufen werden kann. „Solche Gründe liegen insbesondere dann vor, wenn 1. durch das Verhalten des An-Instituts das Ansehen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz geschädigt und / oder ihr finanzieller Schaden zugefügt wird, 2. das Institut gegen den Kooperationsvertrag verstößt oder 3. seine in der Satzung festgelegten Ziele längere Zeit nicht verfolgt “. (44) Ende der Bearbeitung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 047/16 Seite 15 3. Literatur Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (1998; 2013 überarbeit. Auflage). Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Denkschrift. Empfehlungen der Kommission Selbstkontrolle in der Wissenschaft . Weinheim. Deutscher Bundestag; Wissenschaftliche Dienste (2011). Einführung einer Veröffentlichungspflicht für Kooperationsverträge zwischen Hochschulen und Unternehmen. Fachbereich 3 Verfassung und Verwaltung WD 3 -242/11. Deutscher Bundestag; Wissenschaftliche Dienste (2013). Stiftungsuniversitäten im Spannungsverhältnis zur Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz. Fachbereich 3 Verfassung und Verwaltung WD 3 --033/13. European Science Foundation (ESF); All European Academies (ALLEA) (2011). The European Code of Conduct for Research Integrity. Straßburg. Goethe-Universität Frankfurt am Main (2008). Richtlinie der Johann-Wolfgang Goethe- Universität zum Umgang mit Zuwendungen privater Dritter. Frankfurt am Main. Gutenberg- Universität Mainz (2014). Grundordnung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz vom 5. Mai 2014. Mainz. Suerbaum, Joachim (2016). Kommentar. In: Epping; Hillgruber. Beck'scher Online-Kommentar GG, Stand: 01.03.2016 (Edition 28), Art. 91b Rdnr. 2 m.w.N. Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V (2016 a). Transparenz bei der Zusammenarbeit von Hochschulen und Unternehmen. Empfehlungen des Stifterverbandes. [Stand 20.6.2016]. Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. (2016 b). Empfehlungen zur Transparenz bei Kooperationen von Hochschulen und Unternehmen. Pressmitteilung vom 6.4.2016. Berlin. Wissenschaftsrat (WR) (2005). Empfehlungen zur Ausgestaltung von Berufungsverfahren. Jena.