© 2021 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 045/21 Prävention und Maßnahmen gegen Mobbing und Cybermobbing an Schulen Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 045/21 Seite 2 Prävention und Maßnahmen gegen Mobbing und Cybermobbing an Schulen Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 045/21 Abschluss der Arbeit: 17. Juni 2021 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 045/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Prävention 4 2. Maßnahmen gegen Mobbing an Schulen 4 2.1. Aufgabenverteilung und Verfahrensfragen 4 2.2. Einsatz von Schulsozialarbeitern und Schulpsychologen 5 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 045/21 Seite 4 1. Prävention In Deutschland ist die Schulpolitik die alleinige Aufgabe jedes der sechzehn Bundesländer. Alle Schulen sind (zumeist) durch Erlasse der Bildungsministerien der Bundesländer verpflichtet, Präventionsprogramme gegen Mobbing zu entwickeln. Ein Beispiel für ein solches Präventionskonzept bietet die Thomas-Mann Haupt- und Realschule in Northeim. Zur Begründung heißt es darin: „Diese vielfältigen Erscheinungsformen von Gewalt an Schulen können nur mit einem sehr allgemeinen Gewaltbegriff definiert werden. Diese Definition ist jedoch zugleich Grundlage für die weiteren Ausführungen im vorliegenden Präventionskonzept. In Anlehnung an den Jugendforscher Klaus Hurrelmann1 definieren wir schulische Gewalt als ‚das Spektrum von vorsätzlichen Angriffen und Übergriffen auf die körperliche, psychische und soziale Unversehrtheit, also Tätigkeiten und Handlungen, die physische und psychische Schmerzen oder Verletzungen bei Schülern und Lehrern innerhalb und außerhalb des Unterrichtsbetriebes zur Folge haben können.‘ Gewalt an Schulen umfasst auch Aktivitäten, die auf Beschädigung von Gegenständen im schulischen Raum gerichtet sind. Beleidigungen, Intrigen und soziale Isolation sind ebenso einbezogen .“2 Insgesamt kann man davon ausgehen, dass trotz aller Unterschiede zwischen den Bundesländern die getroffenen Regelungen und Maßnahmen gegen das Mobbing bzw. Cybermobbing dezentral, auf lokaler Schulebene angesiedelt sind und die gleiche bzw. eine ähnliche Stoßrichtung verfolgen . 2. Maßnahmen gegen Mobbing an Schulen 2.1. Aufgabenverteilung und Verfahrensfragen Die Aufgabenverteilung zwischen verschiedenen Akteuren bei der Bekämpfung von Mobbing wird exemplarisch in einem Leitfaden des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus beschrieben: „Lehrkräfte, Schulen und Schulbehörden sind durch ihren staatlichen Erziehungsauftrag dazu verpflichtet, die ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler vor Schaden zu bewahren. Die Fürsorgepflicht steht an oberster Stelle. Die Schulleitung ist für die Verankerung geeigneter präventiver Maßnahmen in der Schulentwicklung sowie für eine wirksame Intervention im Einzelfall verantwortlich. Lehrkräfte tragen die unmittelbare pädagogische Verantwortung nicht nur für den Unterricht, sondern auch für das Wohlergehen der Schülerinnen und Schüler. […] Es liegt 1 Hurrelmann, Klaus; Bründel, Heidrun (2007). Gewalt an Schulen. Pädagogische Antworten auf eine soziale Krise. Belz Verlag 2007. 2 Präventionskonzept der Thomas-Mann Haupt- und Realschule Northeim. Stand September 2018. https://www.nibis.de/uploads/redmey/Musterkonzepte/Gewaltpraevention/Thomas%20Mann%20HS_RS- V2.PDF Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 045/21 Seite 5 also in der Verantwortung der Lehrkraft, hinzusehen und das Mobbing-Geschehen durch ihr Handeln zu stoppen. Dies kann und muss die Lehrkraft nicht alleine bewerkstelligen. […] Innerhalb der Schule stehen bei Mobbingvorfällen zunächst die Lehrkraft, die Klassenleitung und die Verbindungslehrkraft, die Beratungslehrkraft und die Schulpsychologin bzw. der Schulpsychologe , die Schulleitung und die Schulaufsicht (formal in dieser Reihenfolge) als Ansprechpersonen zur Verfügung. Zusätzlich können auch die Schulsozialpädagogin bzw. der Schulsozialpädagoge angesprochen werden.“ In manchen Schulen werden Anti-Mobbing-Teams aus besonders geschulten Lehrkräften eingesetzt.3 Je nach Schwere des Mobbinggeschehens sind verschiedene Maßnahmen zu ergreifen, die von lösungsorientierten Ansätzen, über konfrontatives Handeln bis hin zu machtvollen schulrechtlichen Eingriffen reichen.4 Im Rahmen der lösungsorientierten Ansätze werden auch Mediationsverfahren angewandt. In manchen Bundesländern, etwa in Niedersachsen, sind durch einen Runderlass aus dem Jahr 2016 die Schulen rechtlich verpflichtet, strafbewährte Mobbingfälle anzuzeigen und die Polizei und Justiz darüber zu informieren. „Anzeigepflichtig sind insbesondere Gewalttaten von außen, schwere innerschulische Straftaten und Fehlverhalten, dem mit schulpädagogischen Mitteln nicht mehr begegnet werden kann. Darüber hinaus ist die Intensität der Straftat im Einzelfall bei weniger schwerwiegenden Straftaten wie z. B. Beleidigung, Bedrohung, Körperverletzung, Nötigung, Diebstahl und Sachbeschädigung zu prüfen.“5 Im Rahmen einer Null-Toleranz-Politik muss die Schulleitung diese Mobbingfälle untersuchen und ggf. sanktionieren. 2.2. Einsatz von Schulsozialarbeitern und Schulpsychologen Schulsozialarbeit in Deutschland ist mittlerweile in allen Bundesländern und Schulformen verankert und erfährt ungefähr seit einigen Jahren einen deutlichen Ausbau über Landesprogramme. So hat das Land Berlin beschlossen, dass ab dem kommenden Schuljahr 2021/22 an jeder Schule mindestens ein Schulsozialarbeiter tätig sein soll. Zu den Aufgaben der Schulsozialarbeiterinnen 3 Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (2020). Handreichung „Mit Mut gegen Mobbing. Ein Leitfaden für die Schulgemeinschaft“, S. 8 f., verfügbar unter https://www.km.bayern.de/lehrer/erziehung-undbildung /mobbingpraevention.html. 4 Ausführlich zu den einzelnen Methoden ebenda S. 30 ff. 5 Sicherheits- und Gewaltpräventionsmaßnahmen in Schulen in Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft . Gem. RdErl. d. MK, d. MI u. d. MJ v. 1. 6. 2016. http://www.nds-voris.de/jportal /?quelle=jlink&query=VVND-224100-MK-20160601-SF&psml=bsvorisprod.psml&max=true Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 045/21 Seite 6 und Schulsozialarbeiter gehören auch die Entwicklung von Präventionsprogrammen gegen Mobbing und die Begleitung von Mediationsverfahren. Schulpsychologen werden in der Regel schulübergreifend tätig, etwa als Teil der staatlichen Schulämter. In einzelnen Schulen werden Schulpsychologen auch direkt an den Schulen beschäftigt . Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem die Beratung von Schülerinnen und Schülern bzw. deren Eltern sowie von Lehrkräften. Auch die Fortbildung von Lehrkräften zum Thema Mobbing wird teilweise von schulpsychologischen Diensten durchgeführt bzw. koordiniert. Fortbildungsangebote für Lehrkräfte werden im Allgemeinen als ein wichtiger Bestandteil einer Anti-Mobbing-Strategie angesehen. Dies gilt auch für neuere Phänomene wie Cybermobbing. Dazu existieren in allen Bundesländern Fortbildungsprogramme für Lehrerinnen und Lehrer. Weiterführende Literatur: Fischer/Bilz, Teachers' self-efficacy in bullying interventions and their probability of intervention , Psychology in the Schools 56 (5) (2019), S. 751-764. https://doi.org/10.1002/pits.22229 ***