WD 8 - 3000 - 043/21 (31. Mai 2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Für einen satellitengestützten Internetzugang werden neben geostationären Satelliten1 Konstellationen von Satelliten in niedrigen oder mittleren Erdumlaufbahnen2 genutzt. Seit 2019 werden u.a. zwei Großkonstellationen von tausenden Satelliten aufgebaut: OneWeb und Starlink. Dieser Ausbau führt derzeit zu kontroversen Debatten. Dabei werden zwei Kritik-Themen häufig genannt : 1) Störung am Himmel und Schrott „Unsere größte Sorge gilt der Problematik der Raumfahrtrückstände“, so äußerte sich H. Krag von der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA).3 Mit 12.000 Satelliten, die im Rahmen des Starlink Projekts geplant seien, würden mehr Satelliten in den Weltraum geschossen, als in der bisherigen Raumfahrtgeschichte insgesamt. Problematisch sind die Rückstände, da sie sich mit hoher Geschwindigkeit auf der Bahn der Satelliten bewegen. Selbst kleinste Objekte können eine explodierende Wirkung haben. Falls dann Regionen im Weltall unbrauchbar werden, könnten ebenfalls von Satelliten abhängige Navigationssysteme und Wettervorhersagen in Mitleidenschaft gezogen werden. Die ESA arbeitet an einer Möglichkeit, Weltraummüll wieder einzusammeln (ClearSpace-1). Dies soll ab 2025 getestet werden . In einer aktuellen Klimamodell-Studie, die im April 2021 in der Fachzeitschrift „Journal of Geophysical Research“ erschienen ist,4 wurde untersucht, welche Auswirkungen ein Anstieg der 1 Geostationäre Satelliten umkreisen die Erde parallel zum Äquator in einer Höhe von etwa 36000 Kilometern 2 Niedrige Erdumlaufbahn: Höhe: 200 bis 2000 km; Mittlere Umlaufbahn: 2.000 bis unterhalb 36.000 km 3 https://www.nzz.ch/wissenschaft/starlink-so-funktioniert-das-satelliteninternet-von-elon-musk-ld.1493375. 4 M.K. Brown et al.: Future Decreases in Thermospheric Neutral Density in Low Earth Orbit due to Carbon Dioxide Emissions; Volume126, Issue 8; 27. April 2021 e2021JD034589. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zu Auswirkungen einer verstärkten Nutzung von Satelliten Kurzinformation Zu Auswirkungen einer verstärkten Nutzung von Satelliten Fachbereich WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Seite 2 CO2-Konzentration in der Atmosphäre haben könnte. Dabei wurde festgestellt, dass unter der Voraussetzung , dass das 1,5°C-Ziel5 erreicht wird, Objekte (wie beispielsweise Satelliten-Schrott) in der niedrigen Erdumlaufbahn eine um etwa 30 % längere orbitale Lebensdauer hätten als vergleichbare Objekte aus dem Jahr 2000.6 Außerdem reflektieren die Metalloberflächen von Satelliten Sonnenlicht. In einem Positionspapier der American Astronomical Society äußern Astronomen Bedenken gegenüber dem Aufbau tausender Satelliten im erdnahen Weltall. Der natürliche Nachthimmel sei eine Ressource nicht nur für Astronomen, sondern für alle, die nach oben schauten, um „die Pracht des Universums zu verstehen und zu genießen“, und seine Verschlechterung habe viele negative Auswirkungen über das Astronomische hinaus.7 2) Gesundheit Die aus dem Weltall tatsächlich am Erdboden auftreffende, von den Satelliten ausgestrahlte Energie ist extrem gering, allerdings werden auch sämtliche Bereiche der Erde bestrahlt, die mit herkömmlichen Sendern nicht erreicht würden. Es stellt sich die Frage, ob aus dieser Strahlungseinwirkung ein gesundheitliches Risiko für den Menschen zu erwarten ist. Dabei ist zu beachten, dass in der Diskussion um die Belastung - insbesondere durch den 5G-Ausbau - das Argument einer massiven Zunahme an elektromagnetischer Strahlungsbelastung (der man nicht ausweichen kann) sich in der Regel auf die Basisstationen mit hoher Leistung bezieht, nicht auf die unmittelbare Strahlungseinwirkung durch die Satelliten. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde recherchiert, ob es wissenschaftliche Untersuchungen zur Exposition und gesundheitlichen Gefahren durch Satelliten und ihrer Strahlungseinwirkung auf der Erde gibt. Hierzu konnten keine Arbeiten gefunden werden.8 Es wurde hierfür nach Arbeiten zu gesundheitlichen Auswirkungen durch Satelliten selbst gesucht. Untersuchungen hingegen , welche gesundheitlichen Auswirkungen durch die Benutzung von Mobiltelefonen oder durch Rundfunkantennen auftreten könnten, wurden nicht recherchiert. Auftragsgemäß werden in dieser Arbeit die gesundheitlichen Auswirkungen des 5G-Netzausbaus in Deutschland (und somit der Verfügbarkeit schnelleren Internets) infolge der Strahlung emittierender Geräte wie Mobil- und kabellose Telefone und Rundfunkantennen (durch von Funkwellen erzeugten elektromagnetischen Feldern (EMF)) nicht im Detail behandelt. Die Problematik lässt sich kurz wie folgt beschreiben: 5 Gemäß dem Übereinkommen von Paris verpflichten sich die unterzeichnenden Staaten zu Anstrengungen, den menschengemachten globalen Temperaturanstieg der Erde auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen (gerechnet vom Beginn der Industrialisierung um 1850 bis zum Jahr 2100). 6 Siehe hierzu auch: J. Hattenbach: Wie der Klimawandel die Raumfahrt gefährdet; faz.net vom 28.5.2021; https://www.faz.net/aktuell/wissen/weltraum/wie-der-klimawandel-die-raumfahrt-gefaehrdet-17356967.html. 7 https://aas.org/press/aas-issues-position-statement-satellite-constellations. 8 Laut Auskunft des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS, 25. Mai 2021) sind auch im BfS keine wissenschaftlichen Studienergebnisse, die ein peer-review-System durchlaufen haben, bekannt, die gesundheitliche Gefahren durch Funkwellenausstrahlung von Satelliten feststellen. Kurzinformation Zu Auswirkungen einer verstärkten Nutzung von Satelliten Fachbereich WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Seite 3 Allgemeinverständlich beschreibt das Wissenschaftsmagazin „Quarks“ im Jahr 2019 die gesundheitlichen Auswirkungen von elektromagnetischen Strahlen. Diese Darstellung ist im Internet abrufbar .9 Der Haupteffekt von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern liegt in der Erwärmung von Körpergewebe. Es gilt als erwiesen, dass eine kurzzeitige Exposition durch sehr starke elektromagnetische Felder gesundheitsschädlich sein kann. Allerdings richten sich öffentlich geäußerte Bedenken in der Regel auf gesundheitliche Langzeiteffekte, und dabei liegt die Stärke des elektromagnetischen Feldes wesentlich niedriger. Zu den wissenschaftlichen Aussagen, bei welcher Stärke negative biologische Effekte zu erwarten sind, laufen verschiedene internationale Studien, u.a. beauftragt durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese bemerkt, dass ihnen bislang keine Nachweise vorlägen, dass schwache elektromagnetische Felder für den Menschen gesundheitsschädlich seien.10 Auf den Seiten des Science Media Centers11 werden Stellungnahmen verschiedener Wissenschaftler zur Fragestellung der „Gesundheitlichen Auswirkungen von 5G“ (Stand 2019) zusammengestellt. Hier wird festgestellt, dass auch bei 5G unterhalb der Grenzwerte bislang keine Gesundheitsfolgen bewiesen seien, allerdings durchaus auf diesem Gebiet noch Forschungsbedarf bestehe.12 Am 16. März 2021 erschien ein Übersichtsartikel in „Journal of Exposure Science & Environmental Epidemiology“ zum Thema gesundheitlicher Auswirkungen von 5G-Mobilfunknetzen.13 Hierin wird der derzeitige Forschungsstand zu schwachen Hochfrequenz-Feldern bei Expositionswerten unterhalb der festgelegten Grenzwerte für den Arbeitsplatz widergegeben. Demzufolge zeigten die ausgewerteten epidemiologischen Studien kaum Hinweise auf gesundheitliche Aus- 9 Allgemeinverständliche Darstellung des Wissenschaftsmagazins „Quarks“ aus dem Jahr 2019: https://www.quarks.de/gesundheit/macht-strahlung-krank-das-sagt-die-forschung/#:~:text=Allerdings %20k%C3%B6nnen%20elektromagnetische%20Felder%20auf,Felder%20k%C3%B6nnen%20biologisches %20Gewebe%20erw%C3%A4rmen. Das Bundesamt für Strahlenschutz informiert auf seinen Internetseiten ebenfalls allgemeinverständlich zu diesem Thema: https://www.bfs.de/DE/themen/emf/emf_node.html. 10 https://www.who.int/peh-emf/about/en/whatareemfgerman.pdf. Auch das Bundesamt für Strahlenschutz stellt wissenschaftliche Literatur zu den Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung auf ihren Internetseiten zur Verfügung: https://www.bfs.de/DE/bfs/wissenschaft-forschung/stellungnahmen/emf/emf-tiere-pflanzen/emftiere -und-pflanzen.html. 11 Das Science Media Center Germany (SMC) ist eine unabhängige, journalistisch arbeitende Institution. Sie bündelt Informationen für Journalisten zu aktuellen Themen mit Wissenschaftsbezug. Die Institution finanziert sich durch Mittel der Klaus Tschira Stiftung sowie verschiedener Institutionen aus den Bereichen Wissenschaft und Wirtschaft, Medien und Gesellschaft. „Die Entstehung des Science Media Center Germany geht zurück auf eine Initiative der Wissenschafts-Pressekonferenz e.V., dem Berufsverband der Wissenschaftsjournalisten in Deutschland. Im Juni 2015 wurde das SMC als gemeinnützige GmbH (gGmbH) gegründet.“ (vgl.: https://www.sciencemediacenter.de/) . 12 https://www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/rapid-reaction/details/news/gesundheitliche-auswirkungenvon -5g/. 13 Karipidis, K. et al.: 5G mobile networks and health-a state-of-the-science review of the research into low-level RF fields above 6 GHz. J Expo Sci Environ Epidemiol (2021). https://doi.org/10.1038/s41370-021-00297-6; https://www.nature.com/articles/s41370-021-00297-6. Kurzinformation Zu Auswirkungen einer verstärkten Nutzung von Satelliten Fachbereich WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Seite 4 wirkungen in Hinblick auf Krebs oder Auswirkungen auf die Fortpflanzung oder andere Krankheiten . Diese Überblicks-Studie ergab keine bestätigten Hinweise, dass schwache HF-Felder über 6 GHz, wie sie vom 5 G-Netz verwendet werden, für die menschliche Gesundheit gefährlich seien. Allerdings erlaube es die derzeitige Studien- und Datenlage nicht, systematisch und umfassend verschiedene Bioeffekte zu bewerten.14 Zukünftig müssten weitere Studien folgen, in denen das experimentelle Design derart ausgelegt sei, dass Bioeffekte einheitlich bewertbar und vergleichbar seien. Auch sollten weiterhin langfristige gesundheitliche Auswirkungen in der Bevölkerung im Zusammenhang mit drahtloser Telekommunikation überwacht werden. *** 14 Originalzitat: „Given the low-quality methods of the majority of the experimental studies we infer that a systematic review of different bioeffects is not possible at present.“ Diskussionsteil in: Karipidis, K. et al.: 5G mobile networks and health-a state-of-the-science review of the research into low-level RF fields above 6 GHz. J Expo Sci Environ Epidemiol (2021). https://doi.org/10.1038/s41370-021-00297-6; https://www.nature.com/articles /s41370-021-00297-6.