© 2019 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 034/19 Referenzwert für Radon Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 034/19 Seite 2 Referenzwert für Radon Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 034/19 Abschluss der Arbeit: 15.04.2019 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 034/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Europarechtliche Regelungen 4 3. Nationale Regelungen: Strahlenschutzgesetz 4 4. Radonvorkommen in Deutschland 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 034/19 Seite 4 1. Einleitung Radon ist ein natürlich vorkommendes radioaktives Edelgas. Es entsteht beim radioaktiven Zerfall aus Radium, vor allem im Erdboden. Die Belastung durch radioaktive Isotope des Radons gilt nach dem Rauchen als zweithäufigste Ursache für Lungenkrebserkrankungen.1 Im Folgenden werden kurz die rechtlichen Grundlagen skizziert und im Anschluss die Verteilung des Radonvorkommens in Deutschland dargestellt. 2. Europarechtliche Regelungen Lange Zeit gab es keine strahlenschutzrechtlichen Regelungen, die die Bevölkerung gegenüber Radonexpositionen umfassend geschützt haben. Dies änderte sich mit der Richtlinie 2013/59/Euratom 2 vom 05.12.2013, welche zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung vorsieht, dass die Mitgliedstaaten nationale Referenzwerte von maximal 300 Becquerel pro Kubikmeter (Bq/m³) für die über das Jahr gemittelte Radonaktivitätskonzentration in Innenräumen festlegen. Zuvor regelte zwar die Richtlinie 96/29/Euratom grundsätzlich die Festlegung der grundlegenden Sicherheitsnormen für den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die Gefahren durch ionisierende Strahlungen. Nach Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie 96/29/Euratom galt diese allerdings nicht für die Exposition durch Radon in Wohnungen oder infolge des natürlichen Strahlenniveaus. 3. Nationale Regelungen: Strahlenschutzgesetz Das neue Strahlenschutzgesetz (StrlSchG)3 ist – zeitgleich mit konkretisierenden Regelungen der neuen Strahlenschutzverordnung – am 31. Dezember 2018 in Kraft getreten und stellt die Umsetzung der Richtlinie 2013/59/Euratom in das nationale Recht dar. Mit dem Strahlenschutzgesetz ist erstmals eine eigenständige formell-gesetzliche Grundlage für den Strahlenschutz geschaffen worden.4 In Deutschland existiert damit – entsprechend den Vorgaben der Richtlinie – ein Referenzwert von 300 Bq/m³. 1 Deutsches Ärzteblatt (2010), Radon in Innenräumen, abrufbar unter https://www.aerzteblatt.de/archiv /69731/Radon-in-Innenraeumen (zuletzt aufgerufen am 15.04.2019) 2 Richtlinie 2013/59/Euratom des Rates vom 5. Dezember 2013 zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung und zur Aufhebung der Richtlinien 89/618/Euratom, 90/641/Euratom, 96/29/Euratom, 97/43/Euratom und 2003/122/Euratom. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32013L0059&from=DE 3 Gesetz zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung vom 27.06.2017 (BGBl. I S. 1966), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1966) geändert worden ist. https://www.gesetze-im-internet.de/strlschg/BJNR196610017.html 4 Verordnung der Bundesregierung, Verordnung zur weiteren Modernisierung des Strahlenschutzrechts, BR-Drs. 423/18, S. 1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 034/19 Seite 5 Ein Referenzwert ist nach § 5 Abs. 29 StrlSchG ein in bestehenden Expositionssituationen oder Notfallexpositionssituationen festgelegter Wert, der als Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit von Maßnahmen dient. Ein Referenzwert stellt keinen Grenzwert dar. Vor diesem Hintergrund handelt es sich nicht um einen Wert, der nicht überschritten werden darf und bußbewehrt ist, sondern vielmehr einen Maßstab für Schutzmaßnahmen bildet, um unterhalb des Wertes zu bleiben.5 4. Radonvorkommen in Deutschland In welchem Maße Radon aus dem Boden entweicht und potenziell in Innenräumen gelangen kann, wird als „Radonpotenzial“ beschrieben. Abhängig von den geologischen Verhältnissen und dem Zustand der Gebäude ergeben sich sehr unterschiedlich hohe Radonkonzentrationen in den Innenräumen.6 Die konkrete Radonkonzentration an einem bestimmten Ort kann nur durch Messungen der bodennahen Luft oder der Radonkonzentration in einem konkreten Gebäude ermittelt werden.7 Grundsätzlich lässt sich allerdings festhalten, dass Radon vermehrt in vorbelasteten Gebieten , wie zum Beispiel die Regionen mit ehemaligem Uranabbau oder mit natürlichem Radonvorkommen , auftritt.8 Vom Bundesamt für Strahlenschutz wurde eine Karte erarbeitet, welche Auskunft über die Radonkonzentration in Deutschland gibt und damit eine erste grobe Einschätzung gewährleistet: 5 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2017). Bundesrat macht den Weg frei für modernes Strahlenschutzrecht, https://www.bmu.de/pressemitteilung/bundesrat-macht-den-weg-frei-fuer-modernes -strahlenschutzrecht/ (zuletzt aufgerufen am 15.04.2019) 6 Unterrichtung durch die Bundesregierung, Umweltbericht 2015, BT-Drs. 18/6470, S. 95, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/064/1806470.pdf (zuletzt aufgerufen am 15.04.2019) 7 Bundesamt für Strahlenschutz (2018), Radon in der Boden-Luft in Deutschland, https://www.bfs.de/DE/themen /ion/umwelt/radon/karten/boden.html (zuletzt aufgerufen am 15.04.2019) 8 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ralph Lenkert u.a., „Langfristige Risiken der Exposition gegenüber Radon“, BT-Drs. 18/3543, S. 1, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag .de/dip21/btd/18/035/1803543.pdf (zuletzt aufgerufen am 15.04.2019) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 034/19 Seite 6 Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz, Karte „Radon-Potenzial“ Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für die dargestellte Prognose des Radonpotenzials in Deutschland führt das Bundesamt für Strahlenschutz Folgendes aus: „Da nicht jeder Quadratmeter in Deutschland auf seine Radonkonzentration und Gasdurchlässigkeit hin vermessen werden kann, hat das BfS eine Methode entwickelt, mit der das Radonpotenzial für ganz Deutschland abgeschätzt werden kann. Von 1995 bis 2001 wurden an rund 3.700 Messpunkten in Deutschland die Radon-Konzentration im Boden und seine Gasdurchlässigkeit ermittelt. Mithilfe dieser Werte lässt sich das Radon-Potenzial auch für die Gebiete abschätzen, die zwischen den Messpunkten liegen. Dafür wurden die Messwerte in einer Deutschlandkarte anhand ihrer Geologie zusammengefasst und anschließend ähnliche Messwerte in nah beieinander liegenden Regionen zu einer Einheit verbunden. Das daraus entstandene Muster wurde danach mithilfe von mathematischen Simulationen für die zwischen den Messpunkten liegenden Gebiete analysiert und verfeinert. Die Methode basiert auf Vorgehensweisen, die in ähnlicher Form zum Beispiel in der Rohstofferkundung angewendet werden. Dort wird auf Grundlage von Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 034/19 Seite 7 wenigen Probebohrungen auf zum Beispiel den Metallgehalt geschlossen. Auch in der Erdbebenforschung wird mithilfe von Messungen und dem Wissen um die geologische Beschaffenheit des Untergrunds auf ein potenzielles Erdbebenrisiko einzelner Regionen geschlossen.“9 *** 9 Bundesamt für Strahlenschutz (2018), Radon in der Boden-Luft in Deutschland, abrufbar unter: https://www.bfs.de/DE/themen/ion/umwelt/radon/karten/boden.html (zuletzt aufgerufen am 15.04.2019)