WD 8 - 3000 - 029/21 (11. März 2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende , geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig . Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Deutschland wendet sich nicht grundsätzlich gegen eine Nutzung bzw. den Import von Palmöl. Ziel ist eine nachhaltige Palmölproduktion möglichst ohne negative Umwelt- und Klimawirkungen unter Achtung der Rechte der lokalen Bevölkerung und mit positiven Effekten bezüglich der Erreichung der Ziele für Nachhaltige Entwicklung, vergleiche hierzu die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN zum Thema REGEN- WALD IM TANK - Palmölimporte nach Deutschland (Bundestagsdrucksache 19/10967).1 Für die energetische Palmölnutzung bestehen verbindliche Nachhaltigkeitsanforderungen, die im Zuge der Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED I) erlassen worden sind. Die Anforderungen sind in der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung festgelegt2. Siehe hierzu die Antwort zu Frage 13, 1. Absatz der o. g. Drucksache 19/10967: „Energetische Nutzung: Nach den §§ 4 bis 6 der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung darf für die Erzeugung von Biokraftstoffen verwendetes Palmöl nicht von Flächen mit hohem Naturschutzwert, Flächen mit hohem Kohlenstoffbestand oder aus Torfmooren stammen . Nach § 8 der Verordnung muss überdies ein bestimmtes Treibhausgas-Minderungspotential gewährleistet sein (in jedem Fall 50 Prozent, unter Umständen mindestens 60 Prozent ). Entsprechende Vorgaben stellt die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung für Palmöl auf, das für die Erzeugung von Strom verwendet wird. Beide Verordnungen setzen letztlich Vorgaben des Artikels 17 der Richtlinie 2009/28/EG (sog. Erneuerbare-Energien Richtlinie) um.“ Die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung trat am 30. September 2009 in Kraft. 1 Die Drucksache ist abrufbar unter: https://dserver.bundestag.de/btd/19/109/1910967.pdf. 2 https://www.gesetze-im-internet.de/biokraft-nachv/. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Beschränkungen für die Verwendung von Palmöl in Biokraftstoffen Kurzinformation Beschränkungen für die Verwendung von Palmöl in Biokraftstoffen Fachbereich WD 8 Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit hat sich zu den Gründen für diese Rechtslage auf seiner Internetseite unter der Rubrik „Häufig gestellte Fragen zu alternativen Kraftstoffen“3 geäußert. Unter der Frage „Warum ist die Anrechnung vom zertifiziertem Palmöl auf die Treibhausgasminderungs-Quote immer noch zugelassen?“ heißt es: „Mit Einführung der Treibhausgasminderungs-Quote (THG-Quote) im Bundesimmissionsschutzgesetz im Jahr 2015 müssen quotenverpflichtete Inverkehrbringer von Kraftstoffen statt eines energetischen Mindestanteils an Biokraftstoffen die Treibhausgasemissionen ihrer Kraftstoffe verringern. Dies erreichen sie zum Beispiel indem Biokraftstoffe beigemischt werden. Zu den Anrechnungsoptionen zur Erfüllung der Vorgaben gehört auch zertifiziertes Palmöl. Deutschland und die EU sind Vertreter und Verteidiger einer regelbasierten internationalen Ordnung. Eine Beschränkung von Biokraftstoffen aus bestimmten Rohstoffen muss WTOkonform ausgestaltet sein. Um bestimmte Rohstoffe von einer Förderung auszuschließen, muss die besondere Schädlichkeit des konkreten Rohstoffes im Vergleich zu anderen förderfähige Rohstoffen nachgewiesen sein. Es müssen allgemeingültige Kriterien festgelegt werden , an denen alle Rohstoffe hinsichtlich ihrer Schädlichkeit für die Biodiversität gemessen werden können. Dies fehlte bislang. Insofern war vor der Novellierung der Erneuerbare- Energien-Richtlinie (RED II) ein Ausschluss von Palmöl als Ausgangssubstrat für Biokraftstoffe nicht möglich. Die RED II ist Ende 2018 nach über 2-jährigen Verhandlungen in Kraft getreten. Sie legt unter anderem EU-Ziele zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien bei Strom, Wärme/Kälte und Kraftstoffen fest. Die neue Richtlinie bietet aber auch einen Rechtsrahmen , um im Verkehr die Förderung zur energetischen Nutzung von Anbaubiomasse im Allgemeinen zu beschränken und Palmöl im Besonderen schrittweise in den kommenden Jahren auszuschließen. Konkret sollen Biokraftstoffe aus Rohstoffen "mit hohen Risiko der indirekten Landnutzungsänderung (iLUC)" höchstens in derselben Menge wie im Jahr 2019 weiter angerechnet werden dürfen. Dies betrifft vorerst nur Palmöl. Ab spätestens 2023 soll der Anteil solcher Rohstoffe mit hohem iLUC-Risiko sukzessive verringert werden. Spätestens ab 2030 dürfen sie nicht mehr als Biokraftstoff auf die Ziele für erneuerbare Energien angerechnet werden ("Phase-out"). Dieser Zeitraum ist erforderlich, damit sich Import- und Exportländer und betroffene Wirtschaftsteilnehmer auf die neue Rechtslage einstellen können. Doch auch für Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen allgemein gilt eine klare Beschränkung: gemäß RED II ihr Anteil darf nicht über den Status quo hinaus anwachsen . Auch die Bundesregierung hat im Eckpunktepapier des Klimaschutzprogramms 2030 bekräftigt, dass eine Ausweitung der Anbauflächen für Bioenergie in Deutschland aufgrund von Flächenrestriktionen nicht in Betracht kommt. Das federführende Bundesumweltministerium bereitet derzeit die nationale Umsetzung der RED II im Verkehrsbereich vor. Die Weiterentwicklung der THG-Quote als zentrales Instrument beinhaltet unter anderem die Behandlung von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse, 3 https://www.bmu.de/service/haeufige-fragen-faq/faq-alternative-kraftstoffe/. Kurzinformation Beschränkungen für die Verwendung von Palmöl in Biokraftstoffen Fachbereich WD 8 Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Seite 3 Rest- und Abfallstoffen, Strom für den Verkehr, grünem Wasserstoff sowie strombasierten Kraftstoffen. Ein weiteres wichtiges Element ist dabei die konkrete Ausgestaltung des Phaseouts von Palmöl, wie rasch der Anteil im Zeitverlauf abnehmen soll und wie mit Rest-und Abfallstoffen aus der Palmölproduktion umzugehen ist. Die Beratungen innerhalb der Bundesregierung dazu sind noch nicht abgeschlossen.“ ***