© 2020 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 023/20 Einzelfragen zum Satelliteninternet Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 023/20 Seite 2 Einzelfragen zum Satelliteninternet Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 023/20 Abschluss der Arbeit: 22. April 2020 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 023/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Stand der Entwicklung und Potentiale 5 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 023/20 Seite 4 1. Einleitung Das Gigabitbüro des Bundes beschreibt das derzeit eingesetzte Verfahren der Internetnutzung via Satellit wie folgt: „Satelliteninternet bezeichnet eine Technologie, die Breitbandzugänge über geostationäre Satelliten realisiert. Diese befinden sich in einer Höhe von ca. 35.800 Kilometern über der Erdoberfläche und stehen über einem festen Punkt des Äquators, drehen sich also mit der Erde. Wie beim Satellitenfernsehen benötigt man für die Verbindung eine entsprechend ausgerichtete Satellitenschüssel. Mit der heute verfügbaren 2-Wege-Technik erfolgt sowohl der Empfang als auch der Versand von Daten via Satellit. Dem Endverbraucher stehen dabei Übertragungsraten von bis zu 150 Megabit pro Sekunde im Download und 20 Megabit pro Sekunde im Upload zur Verfügung. Die Satellitentechnologie bietet inzwischen sehr gute Bedingungen zur Datenfernübertragung und kann als adäquater Ersatz für herkömmliche terrestrische Technologien dienen. Spezielle Bündelrouter ermöglichen die Kombination mehrerer Anlagen und Anbieter, um im Bedarfsfall die Leistung noch weiter zu erhöhen. Die Anbieter stellen die Dienste Telefonie , TV und Internet auch gebündelt bereit, was bedeutet, dass zur Nutzung aller Dienste nur eine Schüssel erforderlich ist. Internet via Satellit ist überall dort interessant, wo eine hinreichende Breitbandversorgung über terrestrische Technologien in naher Zukunft nicht zu erwarten ist. Bei der Montage der Satellitenschüssel muss berücksichtigt werden, dass bei einem Höhenwinkel von ca. 30° freie Sicht auf den Himmel gewährleistet ist und keine Empfangsbeeinträchtigung durch nebenstehende Bäume oder Häuser besteht. Da die Satellitenpositionen der drei Anbieter (Avanti, Eutelsat und SES ASTRA) unterschiedlich sind, findet sich immer eine freie Sichtverbindung zu mindestens einem der Breitband-Satelliten. Die Hardware besteht aus einer speziellen Parabol-Satellitenantenne, einer Sende- und Empfangseinheit sowie einem Modem für den Anschluss der Anlage an den Rechner oder das Hausnetz. Für den Empfang von digitalen TV-Programmen in SD- und HD-Qualität ist ein zusätzlicher „Low Noise Blocker“ (LNB, Signalumsetzer) erforderlich.“1 1 Gigabitbüro des Bundes, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (2020). „Satellit“, https://gigabitbuero.de/wissenswertes/breitbandtechnologien/satellit/ Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 023/20 Seite 5 Eine kurze Zusammenfassung der Technologie, Verfügbarkeit, Kosten für den Nutzer, Latenz2 und Volumen finden sich im Informationsblatt „Leistungsfähigkeit satellitengestützter Telekommunikationstechnologie Breitband via Satellit“.3 2. Stand der Entwicklung und Potentiale Eine aktuelle Studie des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) beschreibt in einem Diskussionsbeitrag den aktuellen Stand des Breitbandzugangs über Satellit in Deutschland.4 Neben den technischen Merkmalen von Satelliteninternet und dessen Wirtschaftlichkeit, diskutieren die Autoren auch die Kostenentwicklungen für unterschiedliche Rahmenbedingungen. In der Zusammenfassung des WIK heißt es: „Der Marktanteil des Satelliten als Technologie für Breitbandanschlüsse ist in Deutschland nach wie vor auf einem vernachlässigbaren Niveau. Es stellt sich jedoch die Frage, ob satellitengestützte Breitbanddienste die derzeitige Ausbaulücke beim Hochgeschwindigkeitsbreitband schließen könnten. Für die Studie wurden Desk Research und Experteninterviews sowie Markterhebungen zu den Endkundenangeboten in den Jahren 2015 und 2018 durchgeführt. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass Breitband über Satellit in 2018 ein hochpreisiges Nischenprodukt ist. Für eine weitere Verbreitung kommen nach wie vor technische Nachteile wie hohe Latenzzeiten, zusätzliche hohe Installationsaufwände für den Endnutzer und höhere monatliche Preise im Vergleich zu VDSL sowie niedrigere Bandbreiten und/oder Datenvolumen zum Tragen. Zukünftige technische Entwicklungen wie LEO5-Satellitenkonstellationen und mehrfach nutzbare Raketen von z. B. SpaceX könnten die Kosten, Netzengpässe und Latenzen der Satellitennetze reduzieren. Da bis dato keine Umsetzungsprojekte für diese neuen Technologien vollständig abgeschlossen wurden, sind die Vorteile in der Praxis noch nicht belegt. 2 Latenz: Der Wert für die Verzögerung (Latenz) gibt die Zeit zwischen dem Senden des Pakets und dem Eingang beim Empfänger an. Sie ergibt sich durch die Verzögerungen auf den einzelnen Leitungsabschnitten (insbesondere die entsprechenden Signallaufzeiten) plus die Verzögerungen in den Vermittlungskomponenten wie Routern oder Switches. Aus: Universität Hamburg, Fachbereich Informatik (2020). „Latenz“, http://www.informatik .uni-hamburg.de/TKRN/world/lernmodule/LMvk/Popup/latenz.html 3 Gigabitbüro des Bundes, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (2018). Informationsblatt „Leistungsfähigkeit satellitengestützter Telekommunikationstechnologie Breitband via Satellit“, https://gigabitbuero.de/wp-content/uploads/2019/05/190430_Informationsblatt_Satellit_web.pdf 4 Puhl, P. et al. Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH (WIK) (2019). Diskussionsbeitrag „Breitbandzugang über Satellit in Deutschland – Stand der Marktentwicklung und Entwicklungsperspektiven “, Nr. 444, https://www.wik.org/uploads/media/WIK_Diskussionsbeitrag_Nr_444.pdf 5 LEO steht für "low earth orbit": Hoefer, C., heise online (2019). „Satellitenboom – das Internet zieht in den Weltraum um“, https://www.heise.de/newsticker/meldung/Satellitenboom-das-Internet-zieht-in-den-Weltraum-um- 4485420.html Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 023/20 Seite 6 Um die zukünftige Relevanz von Breitbanddiensten über Satellit bestimmen zu können, müssen die technologischen Entwicklungen, sowie die Auswirkungen auf den Markt, im weiteren Verlauf beobachtet werden.“6 Das Diskussionspapier enthält auch die Kostenentwicklungen für Privatkundentarife und eine Abschätzung möglicher Zukunftspotentiale. Die Studie zieht letztendlich den Schluss: „Da Satelliteninternet im Vergleich zu leitungsgebundenen - und teilweise auch terrestrischen Angeboten - nach wie vor meistens teurer, als auch weniger leistungsstark ist und zudem noch deutlich höhere Latenzzeiten aufweist, ist es derzeit noch eher als Alternative zu sehen, wenn die anderen Angebote nicht verfügbar sind. Dennoch sollte insbesondere aufgrund der deutlichen Preis- und Leistungsverbesserungen dieser Markt im Auge behalten werden.“7 Darüber hinaus gibt es weitere Aspekte der Technologie: Anzahl der Satelliten für Deutschland Optimistische Schätzungen gehen davon aus, dass vier Satelliten – mit Einschränkungen – ausreichend wären. Allerdings beziehen sich die Berechnungen auf eine Umlaufbahn in einer Höhe von 22.000 Meilen (~ 35.000 Kilometer).8 „Im Gegensatz zu den GEO-Satelliten würden für Satelliten im niedrigen bzw. mittleren Erdorbit hingegen deutlich mehr Satelliten benötigt. Dies liegt zum einen an den deutlich kleineren Ausleuchtzonen , da die Satelliten nun näher an der Erdoberfläche sind, und zum anderen an den kleineren Satelliten, die weniger Kapazitäten zur Verfügung stellen können. Dabei wird immer wieder auf den zunehmend überfüllten Orbit hingewiesen, was durch die kürzere Lebensdauer der LEO-Satelliten noch verschärft wird.“9 6 Puhl, P. et al. Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH (WIK) (2019). „Nr. 444 Breitbandzugang über Satellit in Deutschland – Stand der Marktentwicklung und Entwicklungsperspektiven “, https://www.wik.org/index.php?id=meldungendetails&tx_ttnews%5Bback- Pid%5D=85&tx_ttnews%5Btt_news%5D=2223&tx_ttnews%5Bpointer %5D=2&cHash=3e7a036e4cd1cc55cc2cac0ee94a4865 7 Puhl, P. et al., Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH (WIK) (2019). Diskussionsbeitrag „Breitbandzugang über Satellit in Deutschland – Stand der Marktentwicklung und Entwicklungsperspektiven “, Nr. 444, https://www.wik.org/uploads/media/WIK_Diskussionsbeitrag_Nr_444.pdf, Seite 40 8 Patel, N.V., heise online (2020). „Weltweit Internet mit nur vier Satelliten?“, https://www.heise.de/tr/arti kel/Weltweit-Internet-mit-nur-vier-Satelliten-4642169.html 9 Puhl, P. et al., Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH (WIK) (2019). Diskussionsbeitrag „Breitbandzugang über Satellit in Deutschland – Stand der Marktentwicklung und Entwicklungsperspektiven “, Nr. 444, https://www.wik.org/uploads/media/WIK_Diskussionsbeitrag_Nr_444.pdf, Seite 40 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 023/20 Seite 7 Weltraumschrott Ein weiterer Aspekt ist der zunehmende sogenannte „Weltraumschrott“. Forscher schätzen, dass sich mittlerweile in bis zu etwa 2000 Kilometer Höhe etwa 20.000 von Menschen geschaffene Objekte , wie noch funktionstüchtigen Satelliten, Raketenteile und Splittern befinden. Die Forscher meinen, falls sie keine Strategien finden, „um Weltraumschrott zu beseitigen und neu hinzukommenden zu vermeiden, dass viele Umlaufbahnen irgendwann praktisch unbenutzbar werden könnten.“10 Forschung und Entwicklung Institutionen aus Forschung und Wirtschaft investieren in die Entwicklung von Internet via Satellit zumindest für die ländlichen, bzw. entlegenen Gegenden: Der Social-Media-Anbieter „Facebook“ sieht die Satellitenanbindung als „Internet der Zukunft auf dem Land“.11 Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt forscht an Lösungen wie geostationären Satelliten für die Internetkommunikation: „Satelliten werden den Ausbau einer digitalen Infrastruktur ergänzen. Es wird durch die Technologien der Satellitenkommunikation nicht angestrebt, den Glasfaserausbau abzulösen. Aber in Gegenden, wo sich auch bis Mitte des nächsten Jahrzehnts ein Ausbau nicht rechnen wird, oder bei Einsätzen in Katastrophenfällen oder bei hohen Sicherheitsanforderungen, wird der Satellit immer eine Alternative bilden.“12 *** 10 Witze, A., Spektrum der Wissenschaft (2919). „Aufräumen im All“, https://www.spektrum.de/magazin/wiebeseitigen -wir-den-weltraumschrott/1609512 und nature (2018). „The quest to conquer Earth’s space junk problem “, https://www.nature.com/articles/d41586-018-06170-1 11 Wittenhorst, T., heise online (2018). „Facebook will ab 2019 eigene Internet-Satelliten ins All schicken“, https://www.heise.de/newsticker/meldung/Facebook-will-ab-2019-eigene-Internet-Satelliten-ins-All-schicken- 4117645.html 12 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) (2019). „Internet-Zugang über Satellit ist heute sofort verfügbar “, https://www.dlr.de/content/de/artikel/news/2019/02/20190514_internet-zugang-ueber-satellit-ist-heutesofort -verfuegbar.html und DLR (2020). „Global Connectivity from Satellite“, https://www.dlr.de/content/de/artikel /digitalisierung/digitalisierung-projekt-global-connectivity.html abgerufen am 17. April 2020