© 2021 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 022/21 Einzelfragen zu berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen und zum Freiwilligen Sozialen Jahr Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 022/21 Seite 2 Einzelfragen zu berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen und zum Freiwilligen Sozialen Jahr Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 022/21 Abschluss der Arbeit: 17. März 2021 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 022/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Berufsvorbereitende Angebote in Deutschland 4 2.1. Berufsvorbereitende Angebote in den Bundesländern 5 2.2. Anfängerinnen und Anfänger im Sektor Integration in Ausbildung 7 3. Der Bundesfreiwilligendienst und das Soziale Freiwilligenjahr 9 3.1. Bundesfreiwilligendienst 9 3.2. Entstehung und Ziele des Bundesfreiwilligendienstes 9 3.3. Leistungen im Freiwilligendienst 10 3.4. Motivationslagen beim Bundesfreiwilligendienst 11 4. Einführung eines beruflichen Freiwilligenjahres 11 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 022/21 Seite 4 1. Einleitung In Deutschland gibt es jedes Jahr Ausbildungsplätze, die nicht besetzt werden können. Gleichzeitig aber finden viele junge Leute keinen Ausbildungsplatz oder brechen ihre Ausbildung oder ihr Studium vorzeitig ab, weil sie erkannt haben, dass die angestrebte Berufsausbildung nicht das Richtige für sie ist. Deshalb ist eine frühzeitige Berufsorientierung notwendig, da es immer wichtiger wird, Jugendlichen schon in der Schulzeit verschiedene Berufsmöglichkeiten aufzuzeigen und Einblicke in die Berufswelt zu geben. Dazu gehört auch, sich praktisch auszuprobieren und mit Berufstätigen ins Gespräch zu kommen. An den Schulen wurden deshalb Konzepte der Berufsorientierung erarbeitet , die mit Partnern aus der Wirtschaft umgesetzt werden. Inzwischen kann jedes Bundesland mit einem umfassenden Angebot berufsorientierender Maßnahmen aufwarten.1 Die Schulpraktika bilden aber nur den ersten Schritt auf dem Weg zu einer bewussten Berufsorientierung . Nach dem Schulabschluss beginnt die Bewerbung um einen Ausbildungs- oder Studienplatz. Viele Schulabgänger verfügen über keinen bzw. nur über einen nicht ausreichend qualifizierenden Schulabschluss, um sich erfolgreich für einen Ausbildungs- oder Studienplatz bewerben zu können. In der Bundesrepublik Deutschland wurde deshalb ein komplexes System zur Berufsvorbereitung für Jugendliche ohne ausreichende Qualifikationen entwickelt, das von den einzelnen Bundesländern weiter spezifiziert wurde. Eine weitere Möglichkeit, Berufserfahrungen zu sammeln und sich dabei im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich zu engagieren, bietet der Bundesfreiwilligendienst. 2. Berufsvorbereitende Angebote in Deutschland Jährlich verlassen etwa eine halbe Million Jugendliche mit und ohne Hauptschulabschluss bzw. mittlerem Bildungsabschluss die Schule. Viele davon möchten im dualen System eine Ausbildung beginnen. Aber nicht alle können eine Ausbildung beginnen. Dies gilt vor allem für Jugendliche, die keinen oder nur einen schwachen Schulabschluss2 gemacht haben. Für diese Jugendlichen bieten Bund und Bundesländer spezielle Bildungsgänge und Programme, in denen sie sowohl ihre Berufsschulpflicht erfüllen können als auch auf das Berufsleben vorbereitet werden. 1 Vergleiche dazu: Schülerpraktikum SP (2021). Berufsorientierung in der Schule. Alle reden von Berufsorientierung - aber was ist das eigentlich? https://www.xn-schlerpraktikum-1vb.de/rund_ums_praktikum/berufsorientierung 2 Dies sind zumeist Hauptschüler, aber auch Schüler der anderen Schulformen können betroffen sein. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 022/21 Seite 5 Allen berufsvorbereitenden Angeboten ist gemeinsam, dass sie sich als Starthilfe verstehen. Sie sollen Jugendliche ohne Ausbildungsplatz für einen Ausbildungsbeginn im nächsten Ausbildungsjahr vorbereiten. „Je nach Schwerpunkt und Zielgruppe - geben sie Hilfe bei der beruflichen Orientierung/der Berufswahl, - vermitteln sie Grundbildung in einem Beruf/in einem Berufsfeld, - fördern sie die Ausbildungsreife, - ermöglichen sie das Nachholen von Schulabschlüssen. Die Dauer ist in der Regel auf ein Jahr begrenzt. Jede Maßnahme kann bei Aufnahme einer Ausbildung vorzeitig verlassen werden.“3 2.1. Berufsvorbereitende Angebote in den Bundesländern Die Bildungspolitik fällt in Deutschland vorrangig in die Kompetenz der Bundesländer. Deshalb gibt es unterschiedliche berufsvorbereitende Angebote in den Bundesländern. Die Angebote in den Bundesländern sind oft hinsichtlich ihrer Bezeichnung unterschiedlich, inhaltlich jedoch sehr ähnlich. Nachfolgend werden die berufsvorbereitenden Angebote der Bundesländer in alphabetischer Reihenfolge dargestellt. „AV - Ausbildungsvorbereitung / AVdual - Ausbildungsvorbereitung Dual / AVBG - Ausbildungsvorbereitender Bildungsgang Die AV gibt es im Saarland, in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, die AVdual in Baden-Württemberg und Hamburg, den AVBG in Bremen. Die Angebote sind zur beruflichen Orientierung für Jugendliche gedacht, die nach Abschluss oder Abgang aus der allgemeinbildenden Schule noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben und finden an berufsbildenden Schulen statt. Je nach Bildungsgang ermöglicht die AV auch das Nachholen eines Schulabschlusses , der dem Hauptschulabschluss gleichwertig ist. BEJ - Berufseinstiegsjahr Das BEJ gibt es in Baden-Württemberg. Es richtet sich speziell an Jugendliche ohne Ausbildungsplatz , aber mit Hauptschulabschluss. Ihnen werden Inhalte des ersten Ausbildungsjahres aus einem Berufsfeld vermittelt. In Vorbereitung auf die Ausbildung wird außerdem Mathe , Deutsch und Sozialkompetenz unterrichtet. An zwei Tagen der Woche besuchen die Jugendlichen ein Praktikum. Das BEJ findet an berufsbildenden Schulen statt. 3 Bundesagentur für Arbeit (2020). Glossar: Berufsvorbereitende Angebote. Worum es bei EQ & Co. geht. Stand: 28.12.2020. https://planet-beruf.de/eltern/mein-kind-unterstuetzen/stellensuche-bewerbung/weitere-beitraegestellensuche -bewerbung/glossar-berufsvorbereitende-angebote/ Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 022/21 Seite 6 BES - Berufseinstiegsschule Die BES gibt es in Niedersachsen. Ziel dieses Angebots ist die individuelle Förderung (Klasse 1) und das Nachholen bzw. Verbessern des Hauptschulabschlusses (Klasse 2). BGJ - Berufsgrundbildungsjahr/Berufsgrundschuljahr Das Berufsgrundbildungsjahr gibt es in Bremen, Hessen, Sachsen und Schleswig-Holstein. In Bayern heißt es Berufsgrundschuljahr Es richtet sich an Jugendliche, die bereits einen Hauptschulabschluss haben. Es vermittelt praktisches und theoretisches Grundlagenwissen in einem Berufsfeld. Der Unterricht wird auf Grundlage der für dieses Berufsfeld geltenden Rahmenlehrpläne erteilt. Das BGJ kann auf eine spätere Ausbildung angerechnet werden, wenn Betrieb und Auszubildender es so vereinbaren. Das BGJ findet an berufsbildenden Schulen statt. In der dualisierten Form ist auch der Wechsel zwischen Schule und Betrieb möglich. Praktikumsphasen gehören obligatorisch zum BGJ. Die Anmeldung erfolgt direkt bei der Schule. BvB - Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme Die BvB ist ein bundesweit gültiges Angebot der Bundesagentur für Arbeit. Sie wird an Jugendliche vermittelt, die zu einer erfolgreichen Berufswahl noch Orientierung nötig haben. In der BvB werden berufliches Wissen in einem Berufsfeld und Schlüsselkompetenzen für den Berufsalltag vermittelt. Dabei werden die individuellen Defizite jedes Teilnehmers/jeder Teilnehmerin berücksichtigt. Das Nachholen des Hauptschulabschlusses ist möglich. Die BvB dauert in der Regel zehn Monate. Sie wird von Trägergesellschaften, z.B. Jugendhilfeeinrichtungen , durchgeführt. Betriebliche Praktika sind obligatorisch. Es kann auch die Berufsschule besucht werden. BVJ - Berufsvorbereitungsjahr Das BVJ gibt es in vielen deutschen Bundesländern, und zwar in Baden-Württemberg, Bayern , Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Es richtet sich speziell an Jugendliche ohne Hauptschulabschluss. Der fehlende Abschluss kann im BVJ erworben werden. Teilnehmer/innen lernen außerdem Theorie und Praxis eines oder mehrerer Berufsfelder kennen. Sie absolvieren zusätzlich Praktika. Das BVJ findet an berufsbildenden Schulen statt. In einigen Bundesländern gibt es spezielle BVJ für Jugendliche mit Migrationshintergrund. EQ - Einstiegsqualifizierung Die Einstiegsqualifizierung gibt es in allen Bundesländern. Die EQ ist ein Langzeitpraktikum, das zwischen sechs und zwölf Monaten dauert. Es wird in einem Betrieb durchgeführt, der als EQ-Betrieb bei der Agentur für Arbeit gelistet ist. Jugendliche lernen in der EQ den Stoff des ersten Ausbildungsjahres im Betrieb. Alle vermittelten Fähigkeiten werden vom Betrieb bescheinigt. Ein begleitender Besuch der Fachklasse an einer berufsbildenden Schule ist möglich. Die Bausteine der EQ können für eine spätere Ausbildung anerkannt werden. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 022/21 Seite 7 JOA - Jugendliche ohne Ausbildungsplatz Klassen für Jugendliche ohne Ausbildungsplatz gibt es an Berufsschulen in Bayern. Das JOA dauert ein Jahr. Den Jugendlichen werden in Modulen berufsfeldbezogene und persönliche Kompetenzen vermittelt. Die Berufsschulen erstellen Zeugnisse, die über den Leistungsstand und den Inhalt des Unterrichts informieren. PuSch - Praxis und Schule PuSch ist ein Angebot zur Berufsvorbereitung an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in Hessen. Es richtet sich an benachteiligte Jugendliche mit Lern- und Leistungsdefiziten . Die Jugendlichen können Qualifizierungsbausteine aus den Ausbildungsrahmenplänen anerkannter Ausbildungsberufe und den Hauptschulabschluss erwerben. Projekte und Praktika sind wichtige Bestandteile von PuSch.“4 2.2. Anfängerinnen und Anfänger im Sektor Integration in Ausbildung Die integrierte Ausbildungsberichterstattung des Statstischen Bundesamtes zu Anfängerinnen und Anfängern, Teilnehmern und Absolventen im Ausbildungsgeschehen nach Sektoren/Konten und Ländern stellt das Ausbildungsverhalten von Jugendlichen im Anschluss an die Sekundarstufe I dar. In Sektor II „Integration in Ausbildung“ werden in dem sogenannten Übergangsbereich insgesamt sieben Konten aufgeführt, in denen berufsvorbereitende Maßnahmen und / oder Hauptschul- bzw. Realschaulabschlüsse vermittelt werden. Die nachfolgende Tabelle5 zeigt die Entwicklung der Teilnehmerzahlen an den verschiedenen Maßnahmen Im Jahr 2019. 4 Ebenda. 5 Statistisches Bundesamt (Destatis) (2020). Integrierte Ausbildungsberichterstattung - Anfänger, Teilnehmer und Absolventen im Ausbildungsgeschehen nach Sektoren/Konten und Ländern - 2019. Tabelle ZÜ1.1_Insgesamt (Auszug). https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Schulen/Publikationen /Downloads-Schulen/integrierte-ausbildungsberichterstattung-5211201197005.html Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 022/21 Seite 8 In einer Pressemitteilung vom 16. März 2021 erklärt das Statistische Bundesamt, dass im Jahr 2020 in Deutschland rund 238.000 junge Frauen und Männer ein Bildungsprogramm im Übergangsbereich zwischen Schule und Berufsausbildung begonnen hätten. „Ziel dieser Programme ist der Erwerb beruflicher Grundkenntnisse oder das Nachholen eines Haupt- oder Realschulabschlusses, um die Chancen auf einen Ausbildungsplatz zu verbessern. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen der integrierten Ausbildungsberichterstattung weiter mitteilt, nahm die Anfängerzahl im Übergangsbereich um 4,7 % gegenüber 2019 ab. Damit setzt sich der rückläufige Trend weiter fort.“6 6 Statistisches Bundesamt (Destatis) (2021). Abwärtstrend bei Anfängerzahlen in Bildungsprogrammen des Übergangsbereichs hält im Jahr 2020 an. Pressemitteilung Nr. 128 vom 16. März 2021. https://www.destatis .de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/03/PD21_128_212.html. Der Rückgang der Anfängerzahlen beruht zum Teil auch auf der demografischen Entwicklung der 15 bis 21-Jährigen (minus 1,8 Prozent). II Sektor: Integration in Ausbildung (Übergangsbereich) 249 537 davon II 01 Allgemeinbildende Bildungsgänge an Berufsfachschulen zur Erfüllung der Schulpflicht bzw. dem Nachholen von Abschlüssen der Sekundarstufe I 19 563 II 02 Berufsgrundbildende Programme mit Anrechenbarkeit 53 244 II 02a Bildungsgänge an Berufsfachschulen, die eine berufliche Grundbildung vermitteln, die angerechnet werden kann 47 610 II 02b Berufsgrundbildungsjahr (Vollzeit/Schulisch) 5 634 II 03 Berufsvorbereitende Programme 128 226 II 03a Bildungsgänge an Berufsfachschulen, die eine berufliche Grundbildung vermitteln, ohne Anrechnung 39 771 II 03b Berufsvorbereitungsjahr inkl. einjährige Berufseinstiegsklassen 75 798 II 03c Bildungsgänge an Berufsschulen für erwerbstätige/ erwerbslose Schüler ohne Ausbildungsvertrag 12 147 II 03d Bildungsgänge an Berufsschulen für Schüler ohne Ausbildungsvertrag, die allgemeine Abschlüsse der Sek I anstreben 510 II 04 Pflichtpraktika vor der Erzieherausbildung an beruflichen Schulen 3 321 II 05 Berufsvorbereitende Bildungsgänge (Bundesagentur für Arbeit) 36 449 II 06 Einstiegsqualifizierung (Bundesagentur für Arbeit) 8 734 II 0N Nachrichtlich: Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit an beruflichen Schulen 18 792 Sektor --- Konto Deutschland Anfänger im Ausbildungsgeschehen 2019 nach Sektoren/ Konten Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 022/21 Seite 9 3. Der Bundesfreiwilligendienst und das Soziale Freiwilligenjahr Der Bundesfreiwilligendienst bietet allen Frauen und Männern jeden Alters die Möglichkeit, sich im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich zu engagieren. Daneben existiert das Soziale / Ökologische / Kulturelle Freiwilligenjahr. Die Rahmenbedingungen für die Teilnahme an einem Sozialen / Ökologischem / Kulturellem Freiwilligenjahr und für die Teilnahme am Bundesfreiwilligendienst sind in zentralen Punkten wie Dauer, Taschengeld und Sozialversicherung identisch . Geringfügige Unterschiede ergeben sich insbesondere dadurch, dass der Bundesfreiwilligendienst auch von Menschen über 27 Jahren absolviert werden kann.7 Auch im Rahmen des Freiwilligen Wehrdienstes können Erfahrungen für die Berufswahl gesammelt werden. 3.1. Bundesfreiwilligendienst Alle Bürgerinnen und Bürger, die ihre Pflichtschulzeit absolviert haben, können in den Bundesfreiwilligendienst eintreten. Dazu zählen z. B. junge Menschen nach der Schule, Menschen in mittleren Jahren sowie Seniorinnen und Senioren. Alter, Geschlecht, Nationalität oder die Art des Schulabschlusses spielen dabei keine Rolle. Die Einsatzbereiche sind sehr vielfältig: Soziales (Kinder- und Jugendhilfe, Jugendarbeit, Wohlfahrts -, Gesundheits- und Altenpflege, Behindertenhilfe), Umwelt- und Naturschutz, Sport, Integration , Kultur- und Denkmalpflege, Bildung, Zivil- und Katastrophenschutz. 3.2. Entstehung und Ziele des Bundesfreiwilligendienstes Mit der Aussetzung der Wehrpflicht und damit vor allem auch des Zivildienstes zum 1. Juli 2011 entstand eine große gesellschaftliche und sozialpolitische Herausforderung. Der Bundesfreiwilligendienst sollte dazu beitragen, die sozialpolitischen Folgen der Aussetzung des Zivildienstes zumindest teilweise zu kompensieren. Deshalb wurden alle nach dem Zivildienstgesetz anerkannten Dienststellen und Dienstplätze automatisch als Einsatzstellen und Plätze des Bundesfreiwilligendienstes anerkannt. Dadurch soll nicht nur eine neue Kultur der Freiwilligkeit in Deutschland erzeugt sondern auch möglichst vielen Menschen ein Engagement für die Allgemeinheit ermöglicht werden. „Im Bundesfreiwilligendienst kann sich jeder engagieren, der die Vollzeitschulpflicht erfüllt hat. (…) Jüngere Freiwillige erwerben und vertiefen ihre persönlichen und sozialen Kompetenzen , ältere Freiwillige bringen ihre eigene Lebens- und Berufserfahrung ein. Eine Altersgrenze nach oben gibt es nicht. In der Regel dauert der Bundesfreiwilligendienst zwölf Monate , mindestens jedoch sechs und höchstens 18 Monate. In Ausnahmefällen kann er bis zu 24 Monate geleistet werden. Beim Bundesfreiwilligendienst handelt es sich grundsätzlich um einen ganztägigen Dienst. Für Freiwillige über 27 Jahren ist aber auch ein Teilzeitdienst von mehr als 20 Stunden wöchentlich möglich. (…) 7 Vgl. die Übersicht auf Sozialeinsatz.de (2021).Unterschied FSJ und BFD. https://www.sozialeinsatz.de/infos/unterschied-fsj-und-bfd-bundesfreiwilligendienst Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 022/21 Seite 10 Einsatzstellen werden von gemeinwohlorientierten Einrichtungen angeboten. Dazu zählen Mitgliedseinrichtungen der Wohlfahrtsverbände (Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland), aber auch nicht-verbandsgebundene Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Kinderheime , Kindertagesstätten, Schulen, Jugendeinrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe , Erholungsheime, Mehrgenerationenhäuser, Selbsthilfegruppen, Sportvereine, Museen , Kultureinrichtungen, Einrichtungen des Zivil- und Katastrophenschutzes, Träger ökologischer Projekte und Kommunen.“8 3.3. Leistungen im Freiwilligendienst Freiwillige erhalten folgende Leistungen im Freiwilligendienst: „Alle Freiwilligen erhalten einen Freiwilligenausweis. Mit diesem soll es den Freiwilligen erleichtert werden, ihnen gewährte Vergünstigungen, wie ermäßigte Fahrkarten oder Ermäßigungen im Museum auch tatsächlich zu erhalten. Allerdings wird damit kein Anspruch begründet . Anleitung - Eine Fachkraft betreut den Freiwilligen in der Einsatzstelle. - Alle Freiwilligen erhalten kostenlose Seminare. Taschengeld - Die Einsatzstellen entscheiden, wie hoch das Taschengeld ausfällt. Die Höchstgrenze liegt bei 426 Euro (Stand: 2021). - Berufskleidung, Unterkunft und Verpflegung können gestellt oder die Kosten ersetzt werden. - Bei den Sozialversicherungen ist der Bundesfreiwilligendienst einem Ausbildungsverhältnis gleichgestellt. - Die Beiträge für Renten-, Unfall-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zahlt die Einsatzstelle. Zeugnis - Nach Abschluss des BFD erhalten die Freiwilligen ein qualifiziertes Zeugnis.“9 8 Der Bundesfreiwilligendienst (2021). Der Bundesfreiwilligendienst. https://www.bundesfreiwilligendienst .de/bundesfreiwilligendienst/ueber-den-bfd.html 9 Der Bundesfreiwilligendienst (2021). Oft gestellte Fragen. https://www.bundesfreiwilligendienst.de/bundesfreiwilligendienst /oft-gestellte-fragen.html Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 022/21 Seite 11 3.4. Motivationslagen beim Bundesfreiwilligendienst Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben nennt für ein Freiwilligenjahr folgende Motivationslagen: Schulabschluss - Man hat die Schule abgeschlossen und will sich nicht direkt an einer Universität einschreiben oder sich für einen Ausbildungsplatz bewerben. - Man will die Zeit bis zum Studienbeginn sinnvoll nutzen. Berufliche (Neu-) Orientierung - Man weiß noch nicht genau, welche berufliche Richtung man einschlagen soll und möchte mögliche Arbeitsgebiete kennen lernen. - Man ist berufstätig, möchte sich aber umorientieren und etwas ganz Neues ausprobieren. - Man ist eine Weile aus dem Joballtag ausgestiegen, z. B. wegen einer Kinderpause, und möchte im Rahmen eines freiwilligen Engagements wieder einsteigen. - Man möchte ohne Druck Arbeitserfahrung und Referenzen sammeln. - Man möchte im Rahmen einer Auszeit soziales, kulturelles oder ökologisches Handeln kennenlernen und etwas für andere Menschen tun. Weitere Gründe - Man möchte ganz praktisch Gutes tun und sich sozial, ökologisch oder kulturell engagieren. - Man will praktische, nützliche und hilfreiche Arbeit leisten. - Man hat Lust, neue Leute kennenzulernen und mit verschiedenen Generationen zusammen zu arbeiten. - Man will eigene Grenzen und Möglichkeiten erfahren und sich persönlich herausfordern.10 4. Einführung eines beruflichen Freiwilligenjahres Ein berufliches Freiwilligenjahr existiert nicht. Die Einführung eines explizit „beruflichen“ Freiwilligenjahres ist nur schwer vorstellbar. Es erscheint schon zweifelhaft, ob eine relevante Nachfrage für die Ableistung eines solchen beruflichen Freiwilligenjahrs außerhalb der Berufsbildung und des gesellschaftlichen Engagements vorhanden wäre. Die Ableistung freiwilliger Dienste geht in der Regel auch mit einer geringeren Entlohnung einher, die kein ausreichendes Einkommen für einen selbstständigen Lebensunterhalt generiert. Des Weiteren ist unklar, welche beruflichen Tätigkeiten für ein berufliches Freiwilligenjahr überhaupt in Frage kämen. Die berufliche Tätigkeit z. B. im gewerblichen Bereich dürfte zu mannigfachen Widerständen sowohl auf Seiten der Gewerkschaften und tendenziell auch auf Seiten der Unternehmerverbände führen. Außerdem müssten wohl bestehende rechtliche Bestimmungen 10 Vergleiche: Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 022/21 Seite 12 und Regelungen zwischen den Tarifparteien geändert werden, die mit erheblichen gesellschaftspolitischen Konflikten verbunden wären. Demnach blieb für ein berufliches Freiwilligenjahr nur der Einsatz in Berufen übrig, die ohnehin in den Regelungsbereich der Bundesländer, ihrer Kommunen oder gemeinnütziger Organisationen fallen. Schließlich dürfte die Idee eines beruflichen Freiwilligenjahres ähnliche Fragen aufwerfen, wie sie in der anfänglichen Diskussion (Stichwort: Entstehung von Billigkonkurrenz durch Lohndumping ) bei der Einführung des Arbeitslosengeldes II und der sogenannten Ein-Euro-Jobs und ihre Umsetzung auf kommunaler Ebene in der Vergangenheit eine Rolle gespielt haben. Inzwischen hat sich die Diskussion über die Ein-Euro-Jobs versachlicht, da „Arbeitsgelegenheiten (Ein-Euro-Jobs) eine Hilfestellung auf dem Rückweg ins Berufsleben für Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II (sind). Sie dürfen nicht von jedem Unternehmen angeboten werden, sondern nur von geeigneten Trägern. Es kann sich zum Beispiel um Arbeit in einem Verein oder bei einer öffentlichen Einrichtung handeln. Durch die Tätigkeit darf kein sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplatz gefährdet sein.“11 Aufgrund dieser Definition würden aber tendenziell wieder Tätigkeiten und Berufsbereiche favorisiert , die in weiten Teilen ohnehin Bestandteil des bestehenden Bundesfreiwilligendienstes sind. *** 11 BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT (2021). Ein-Euro-Jobs. https://www.arbeitsagentur.de/lexikon/ein-euro-jobs