© 2017 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 022/17 Aktuelle Forschung zu Wirkungen elektrischer und magnetischer Felder von Hochspannungsfreileitungen (HGÜ) Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Einleitung Für die Übertragung großer Leistungen über längere Strecken könnte die Hochspannungs-Gleichstrom -Übertragung (HGÜ) zukünftig in der technischen Umsetzung mehr Bedeutung erlangen. Gleichstromleitungen erzeugen statische elektrische und magnetische Felder. Elektrische und magnetische Felder, wie sie bei der Stromversorgung mit Hilfe von Hochspannungsleitungen entstehen, befinden sich im niederfrequenten Bereich des elektromagnetischen Spektrums bei etwa 50 Hertz für Wechselstrom und 0 Hertz für Gleichstrom. Neben den Hochspannungsleitungen bilden auch Trafostationen, Erdkabel, Stromanlagen schienengebundener Verkehrssysteme, Elektroinstallationen im Haushalt und Haushaltsgeräte, wie Bohrmaschinen, Fön oder Glühbirnen, Quellen dieser nichtionisierenden Strahlung. Beispielsweise treten statische Felder im Alltag auch beim Betrieb der Straßenbahn auf und magnetische Felder z.B. bei der Magnet-Resonanz-Therapie. Das elektrische Feld wird durch das Umfeld beeinflusst (Abschirmung durch Gebäude). Das magnetische Feld hingegen kann viele Materialien ungehindert durchdringen. Die Stärken der elektrischen und magnetischen Felder unter Gleichstromleitungen (HGÜ) liegen in den Größenordnungen des natürlichen Auftretens bzw. unterhalb des Erdmagnetfeldes. In den letzten 30 Jahren sind zahlreiche Untersuchungen und Studien zur Auswirkung elektrischer und magnetischer Felder und dem möglichen Auftreten von Krebs durchgeführt worden. Die IARC hat im Jahr 2002 niederfrequente Felder in die Klasse 2B als „möglicherweise krebserregend “ eingestuft. Auch die in jüngster Zeit durchgeführten Analysen konnten bisher keinen kausalen Zusammenhang zwischen niederfrequenten Feldern und beispielsweise Krebsentstehung nachweisen. Inwieweit die statistischen Relationen auch einen kausalen Wirkungsmechanismus zulassen, konnte bisher nicht abschließend geklärt werden. Daher empfiehlt auch die WHO weitere Untersuchungen des Sachverhalts.1 „Die WHO hat 2007 die Durchführung von neuen gepoolten Analysen unter Einbeziehung der neueren epidemiologischen Studien zu Kinderleukämie und Magnetfeldern, die Entwicklung von transgenen Tiermodellen zur Untersuchung der Kinderleukämie mit extrem niederfrequenten Magnetfeldern sowie die mögliche kokarzinogene Wirkung von Magnetfeldern mit hoher Priorität eingestuft.“2 Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) empfiehlt: „Die Auswirkungen stärkerer statischer Magnetfelder müssen weiter erforscht werden.“3 Bisherige Untersuchungen zeigten keine direkten 1 Uniklinik RWTH Aachen, Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu) (2013). „Gesundheitliche Wirkungen elektrischer und magnetischer Felder von Stromleitungen“, http://www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/2013/FemuFachstellungnahme .pdf?__blob=publicationFile 2 Ebenda World Health Organization (WHO) (2007) “WHO Research Agenda for Extremly Low Frequency Fields”, http://www.who.int/peh-emf/research/agenda/en/ 3 Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) (2017). „Biologische und gesundheitliche Wirkungen statischer Magnetfelder “. http://www.bfs.de/DE/themen/emf/nff/wirkung/statische/statische.html Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 022/17 Seite 5 negativen biologischen und gesundheitlichen Wirkungen statischer Magnetfelder bis zu einer Magnetflussdichte von vier Tesla.4 2. Exkurs: Einheiten und Größen Beim Stromtransport treten niederfrequente elektrische und magnetische Felder auf. Elektrische Felder entstehen immer dann, wenn die Ladungsträger räumlich getrennt sind und damit eine Spannung (Einheit Volt, Beispiel: 380 kV – Hochspannungsleitung) erzeugt wird. Dies ist auch der Fall, wenn kein Strom fließt. Die elektrische Stromstärke wird in Ampere (A) angegeben (Beispiel : 2500 Ampere). Die Stärke des elektrischen Feldes nimmt mit der Spannung zu und mit der Entfernung zur Quelle ab (Einheit der elektrischen Feldstärke: V/m, Volt pro Meter). Magnetische Felder entstehen immer dann, wenn elektrische Ladungsträger bewegt werden, wenn Strom fließt. Die Kraft der magnetischen Felder wird zusätzlich durch das Material beeinflusst , das vom Magnetfeld durchdrungen wird. Deshalb wird die Kraft des magnetischen Feldes durch die magnetische Flussdichte (auch magnetische Induktion, Einheit Tesla) beschrieben. Die Stärke des Magnetfeldes nimmt mit zunehmender Stromstärke zu und mit wachsendem Abstand von der Quelle ab (Einheit magnetische Feldstärke: A/m, Ampere pro Meter). Beispiel: In Luft oder in biologischem Gewebe entsprechen 80 Ampere pro Meter rund 100 Mikrotesla, µT, das sind 0,0001 Tesla.5 Das Erdmagnetfeld hat am Äquator eine magnetische Flussdichte von etwa 30 µT, an den Polen verdoppelt sie sich und in Mitteleuropa beträgt sie etwa 48 µT. Medizinische Geräte der Magnet- Resonanz-Tomographie arbeiten mit einer magnetischen Flussdichte von etwa 1,5 bis 3 Tesla. In den Bereichen Forschung und Entwicklung werden auch Geräte mit sieben und mehr Tesla verwendet . Die Felder ab 3 Millitesla (mT) (entspricht 0,003 Tesla) wirken auf magnetisierbare Gegenstände wie z.B. auf Scheren aus magnetisierbarem Material. Die Felder von Hufeisenmagneten liegen in der Größenordnung von 0,1 Tesla. Beispielsweise sind “statische Magnetfelder ab 0,3 Millitesla kritisch, weil sie den in aktiven Implantaten bzw. Schrittmachern enthaltenen Schalter 4 ebenda 5 Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) (2016). „Was sind statische und niederfrequente elektrische und magnetische Felder?“, http://www.bfs.de/DE/themen/emf/nff/einfuehrung/einfuehrung.html Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 022/17 Seite 6 (Reed-Kontakt) in den Programmiermodus umschalten können. Der Schrittmacher geht dann normalerweise auf die eingestellte Festfrequenz.“6 Die magnetischen Flussdichten von HGÜ-Freileitungen liegen je nach Höhe der Spannung und des Abstands zur Trasse zwischen 20 und knapp 38 µT (z.B. 38 µT = 0,038 mT).7 3. Wirkungen statischer Felder Bei Hochspannungsgleichstromfreileitungen (HGÜ-Freileitungen) kommen statische elektrische und statische magnetische Felder (Gleichfelder) von 0 Hertz für die Untersuchungen der gesundheitlichen Wirkungen in Betracht. Das EMF-Portal8 beschreibt die Wirkungen statischer Felder wie folgt: „Statische Felder (0 Hz) Bei statischen Feldern dominieren die elektrischen bzw. magnetischen Kraftwirkungen, durch die elektrisch geladene innere und äußere Körperstrukturen mechanisch oder durch magnetische Induktion beeinflusst werden können. Hierbei spielt auch die Verschiebung von elektrischen Ladungen (z. B. Ionen oder Oberflächenladungen) durch die Einwirkung der Felder eine Rolle, wodurch es im mikroskopischen und makroskopischen Bereich zu Polarisation, Aufladungseffekten und elektrischen Entladungen kommen kann. Statische elektrische Felder Bei ausreichend starken statischen elektrischen Feldern kann die elektrische Aufladung der Hautoberfläche aufgrund von Mikro-Entladungen und der Bewegung von Haaren, die sich gegenseitig abstoßen und dabei aufrichten, spürbar werden. Die Wahrnehmungsschwelle beim Menschen wird im Bereich zwischen 10 und 45 kV/m angegeben (Quelle: ICNIRP). Die einzige bekannte gesundheitsrelevante direkte Wirkung statischer elektrischer Felder ist möglicher Stress aufgrund der längeren Einwirkung von Mikroschocks. In Laborstudien an Menschen und Tieren wurden bislang aber keine gesundheitsschädlichen Wirkungen nachgewiesen (Quelle: ICNIRP). Innerhalb des Körpers finden keine direkten Wirkungen statt, weil statische elektrische Felder wegen der hohen Leitfähigkeit des Körpers bereits an seiner Oberfläche abgeleitet werden und nicht in ihn eindringen. 6 Bayerisches Landesamt für Arbeitsschutz, Arbeitsmedizin und Sicherheitstechnik (LfAS) „Elektromagnetische Felder am Arbeitsplatz“, http://www.zukunftsministerium.bayern.de/imperia/md/content/stmas/stmas_internet /arbeitsschutz/elektromagn-felder.pdf 7 EMF-Portal, Informationsportal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, dem Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin und dem Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), „HGÜ-Freileitung, Messwerte (lt. Literatur), https://www.emf-portal.org/de/emfsources /node/498 8 EMF-Portal, Informationsportal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, dem Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin und und dem Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), https://www.emf-portal.org/de/cms/page/effects-static-fields, Quelle: International Commission on Non-Ionization Radiation Protection (ICNIRP), http://www.icnirp.org/en/frequencies/staticelectric -fields-0-hz/index.html Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 022/17 Seite 7 Statische magnetische Felder Im Gegensatz [zu den elektrischen Feldern] durchdringen statische magnetische Felder die meisten Materialien – so auch das Körpergewebe – fast ungehindert und können somit potenziell überall im Körper wirken. Die Magnetfelder treten dabei in magnetische Wechselwirkung mit bewegten Ladungsträgern (z.B. mit Ionen in Zellen und Körperflüssigkeiten, Ladungen auf Zelloberflächen oder elektrisch geladenen Zellen im Blut) und können durch Induktion innere elektrische Felder und Ströme verursachen. Dies kann bei sehr hohen magnetischen Flussdichten (2-3 T oder höher, wie z.B. bei der Magnetresonanztomographie) zu spürbaren, aber harmlosen Wirkungen (z.B. vorübergehende Missempfindungen, wie Schwindel, Übelkeit oder metallischer Geschmack ) führen. Eigene Körperbewegungen in starken statischen magnetischen Feldern führen durch Induktion ebenfalls zu Wechselwirkungen unter Ausbildung innerer elektrischer Felder und Ströme (siehe Kap. Niederfrequenz (0,1 Hz–1 kHz)). Grundsätzlich werden die Wirkungen statischer elektrischer und magnetischer Felder mit zunehmendem Abstand von der Feldquelle geringer.“ 4. Wirkungen statischer Felder von HGÜ-Freileitungen In der Literaturdatenbank des EMF-Portals, dem Informationsportal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, des Instituts für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin und dem Forschungszentrum für Elektro-magnetische Umweltverträglichkeit (femu) sind 120 Studien zu statischen elektrischen Feldern und 1.383 experimentelle Studien zu statischen Magnetfeldern enthalten.9 In einer Fachstellungnahme, die im Auftrag der Bundesnetzagentur von der Uniklinik RWTH Aachen, dem Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin und dem Forschungszentrum für Elektro-magnetische Umweltverträglichkeit (femu) erstellt wurde, haben beispielsweise die Autoren 2013 auch die gesundheitlichen Wirkungen der statischen Felder der HGÜ-Freileitungen beschrieben .10 „Im neuen BMBF geförderten Forschungscampus „Flexible Elektrische Netze“ (FEN) werden Verfahren und Methoden zur Planung und zum Betrieb von reinen Gleichspannungs- bzw. hybriden Gleich- und Drehstromnetzen erforscht. Dazu wird ein Mittelspannungs-Gleichspannungsnetz auf dem RWTH Campus zu Forschungs- und Testzwecken aufgebaut und in Betrieb genommen. Besonders weil es keinen Grenzwert für Expositionen durch statische elektrische Felder gibt, müssen diese neuen Technologien auf ihre Umweltverträglichkeit getestet und ggf. resultierende 9 EMF-Portal, Informationsportal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, dem Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin und und dem Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), „Statische Felder (0 Hz)“, https://www.emf-portal.org/de/article/overview/category /static-fields-electric 10 Uniklinik (RWTH) Aachen, Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu) im Auftrag der Bundesnetzagentur (2013). Fachstellungnahme „Gesundheitliche Wirkungen elektrischer und Magnetischer Felder von Stromleitungen“, https://www.netzausbau .de/SharedDocs/Downloads/DE/2013/FemuFachstellungnahme.pdf?__blob=publicationFile Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 022/17 Seite 8 Risiken bewertet werden.“11 Der Forschungscampus soll die Wirkung elektromagnetischer Felder auf den Körper und das Störverhalten implantierter Systeme untersuchen und eine Formulierung einer Grenzwertempfehlung für statische elektrische Felder ermöglichen. 4.1. Untersuchungen zur Wirkung statischer elektrischer Felder Ein systematischer Review des femu zu den biologischen Wirkungen statischer elektrischer Felder aus dem Jahr 2017 kommt zu folgendem Schluss: „Das Journal Environmental Health hat einen systematischen Review des femu mit dem Titel „Biological effects of exposure to static electric fields in humans and vertebrates: a systematic review “ veröffentlicht (zu Deutsch: „Biologische Wirkungen einer Exposition bei statischen elektrischen Feldern auf Menschen und Wirbeltieren: ein systematischer Review“). Der Review wurde vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung von Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs -Leitungen und fehlender Grenzwerte für statische elektrische Felder in der Umwelt durchgeführt . Die Autoren fanden auf Basis von 48 identifizierten Studien keine konsistenten Hinweise für eine schädliche Wirkung statischer elektrischer Felder, allerdings deutliche Hinweise dafür, dass Menschen und Tiere diese wahrnehmen können. Die Bedingungen der Wahrnehmung sollten weiter untersucht werden. Die Studie wurde im Rahmen des BMBF Forschungscampus Flexible Elektrische Netze (FEN) gefördert.“12 „Die geplante Integration von HGÜ-Freileitungssystemen in das deutsche Übertragungsnetz als wesentliche Ausbaumaßnahmen des Netzentwicklungsplans und der deutschen Energiewende führt auch zu neuen Fragestellungen hinsichtlich der menschlichen Exposition durch statische elektrische und magnetische Felder. Da die 26. BImSchV bisher keine Grenzwerte für statische elektrische Felder angibt und die Studienlage keine wissenschaftlich und statistisch abgesicherte Aussage zu Wahrnehmbarkeitsschwellenwerten zulässt, empfiehlt die Strahlenschutzkommission (SSK) dringend die Durchführung von Forschungsprojekten zur menschlichen Wahrnehmung , vor allem in Form von in vivo-Studien unter gut kontrollierten Bedingungen.“ In der Beschreibung des laufenden Projekts „Bestimmung der menschlichen Perzeptionsschwelle in statischen elektrischen Feldern der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ)“ heißt es: „In enger Kooperation mit dem Institut für Hochspannungstechnik der RWTH Aachen wurde ein Forschungsprojekt gestartet, das als Ziele die Bestimmung der menschlichen Perzeptions- 11 Uniklinik (RWTH) Aachen, Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), „Forschungscampus Flexible Elektrische Netze FEN“, https://www.ukaachen.de/kliniken-institute/institut-fuer-arbeitsmedizin-und-sozialmedizin/forschung/laufende -forschungsprojekte.html 12 EMF-Portal, Informationsportal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, dem Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin und dem Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), „Studienübersichten“, https://www.emf-portal.org/de/news/post/362 Petri, A.-K., et. al. (2017) „Biological effects of exposure to static electric fields in humans and vertebrates: a systematic review“, Environmental Health 2017, DOI: 10.1186/s12940-017-0248-y, https://ehjournal.biomedcentral .com/articles/10.1186/s12940-017-0248-y Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 022/17 Seite 9 schwelle, d.h. Wahrnehmungsschwellenwerte, für statische elektrische Felder hat unter Berücksichtigung von Ionenströmen und 50 Hz-Feldern. Dies soll innerhalb einer großen Kohorte (Männer , Frauen, Jüngere, Ältere) mit einem Gesamtumfang von ca. 200 Probanden unter Ganzkörper- Exposition erfolgen, um eine hinreichendes und wissenschaftlich belastbares Signifikanzniveau zu erreichen.13 4.2. Untersuchungen zur Wirkung statischer magnetischer Felder Die Tabellenübersicht des internationalen EMF-Portals liefert eine Sammlung von Studien, die allein im Gesundheitsbereich nach 24 Wirkungsfeldern sortiert wurden. Von den neueren Studien befassen sich nur wenige Studien mit Magnetflussdichten, die in der Größenordnung der der HGÜ-Leitungen bzw. des Erdmagnetfelds liegen (Beispiel: 38 µT / 0,000038 T / 0,038 mT).14 Viele Untersuchungen betrachten das Verhalten der Tier- und Pflanzenwelt. Studien, die sich auf Menschen beziehen, untersuchen sehr häufig die Magnetflussdichten, die bei der Magnetresonanzspektroskopie auftreten. Im Folgenden sind Studien neueren Datums, die den Bereich der entsprechenden Magnetflussdichte der statischen Magnetfelder von HGÜ-Leitungen behandeln, exemplarisch angegeben. Putman NF, Meinke AM, Noakes DL, „Rearing in a distorted magnetic field disrupts the 'map sense' of juvenile steelhead trout”, [Aufzucht in einem gestörten Magnetfeld stört den magnetischen Kompass bei jungen Regenbogenforellen], Biol Lett 2014; 10 (6): 20140169 Bae JE, Bang S, Min S, Lee SH, Kwon SH, Lee Y, Lee YH, Chung J, Chae KS „Positive geotactic behaviors induced by geomagnetic field in Drosophila“ [Positive geotaktische Verhaltensweisen hervorgerufen durch das Erdmagnetfeld bei Drosophila], Mol Brain 2016; 9 (1): 55 Di Bonaventura G, Pompilio A, Crocetta V, De Nicola S, Barbaro F, Giuliani L, D'Emilia E, Fiscarelli E, Bellomo RG, Saggini R, “Exposure to extremely low-frequency magnetic field affects biofilm formation by cystic fibrosis pathogens”[Exposition bei einem extrem niederfrequenten Magnetfeld beeinflusst die Biofilm-Bildung durch Pathogene der zystischen Fibrose], Future Microbiol 2014; 9: 1303-1317 Ledda M, Megiorni F, Pozzi D, Giuliani L, D'Emilia E, Piccirillo S, Mattei C, Grimaldi S, Lisi A, “Non ionising radiation as a non chemical strategy in regenerative medicine: Ca(2+)-ICR "In Vitro" effect on neuronal differentiation and tumorigenicity modulation in NT2 cells”, [Nicht-ionisierende Felder als nicht-chemische Strategie in der regenerativen Medizin: Ca(2+)-ICR "in vitro"-Wirkung auf die neuronale Differenzierung und die Tumorgenitäts-Modulierung in NT2- Zellen]. PLoS One 2013; 8 (4): e61535 13 Kristina Schmiedchen und Dominik Stunder, femu, „Laufende Forschungsprojekte“, https://www.ukaachen.de/kliniken-institute/institut-fuer-arbeitsmedizin-und-sozialmedizin/forschung/laufende -forschungsprojekte.html 14 EMF-Portal, „Experimentelle Studien zu statischen Magnetfeldern -> Gesundheit - > Herzfrequenz/Blutdruck“, https://www.emf-portal.org/de/article/overview/category/static-fields-magnetic/g-85/t-85008?view=table&page Index=0&pageSize=50#level-4 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 022/17 Seite 10 Li Y, Heroux P, “Extra-low-frequency magnetic fields alter cancer cells through metabolic restriction ”, [Extrem niederfrequente Magnetfelder verändern Krebszellen durch Einschränkung des Stoffwechsels, Electromagn Biol Med 2014; 33 (4): 264-275 Lin T, Wan L, Qi X, Shi W, Lin J, “A moderate static magnetic field enhances TRAIL-induced apoptosis by the inhibition of Cdc2 and subsequent downregulation of survivin in human breast carcinoma cells“, [Ein mäßig starkes statisches Magnetfeld verstärkt die TRAIL-induzierte Apoptose durch Hemmung von Cdc2 und nachfolgender Herunterregulierung von Survivin bei menschlichen Brustkrebs-Zellen], Bioelectromagnetics 2014; 35 (5): 337-346 Mhamdi L, Mhamdi N, Mhamdi N, Lejeune P, Jaffrezic N, Burais N, Scorretti R, Pokorny J, Ponsonnet L, “Effect of a static magnetic field on Escherichia coli adhesion and orientation“, [Wirkung eines statischen Magnetfelds auf die Adhäsion und Orientierung von Escherichia coli]. Can J Microbiol 2016; 62 (11): 944-952 Chen X, Wang S, Leung PSW, “Electromagnetic field exposure may influence the apoptosis rate of human cell cultures”, [Elektromagnetische Feld-Exposition könnte die Apoptose-Rate von menschlichen Zellkulturen beeinflussen]. IEEE International Wireless Symposium (IWS), 2014. IEEE, 2014, ISBN 9781479934041: 14484216 Holandino C, Teixeira CA, de Oliveira FA, Barbosa GM, Siqueira CM, Messeder DJ, de Aguiar FS, da Veiga VF, Girard-Dias W, Miranda K, Galina A, Capella MA, Morales MM, „Direct electric current treatment modifies mitochondrial function and lipid body content in the A549 cancer cell line“, [Behandlung mit elektrischem Gleichstrom modifiziert die Mitochondrien-Funktion und den Gehalt an Lipid-Körpern in der Krebs-Zelllinie A549], Bioelectrochemistry 2016; 111: 83-92 Martino CF, Portelli L, McCabe K, Hernandez M, Barnes F, “Reduction of the earth's magnetic field inhibits growth rates of model cancer cell lines”, [Reduzierung des Erdmagnetfelds hemmt die Wachstumsraten von Modell-Krebs-Zelllinien], Bioelectromagnetics 2010; 31 (8): 649-655 4.3. Koronaentladungen Bei bestimmten Wetterlagen können an den Hochspannungsfreileitungen Koronaentladungen auftreten. Das sind Wolken von elektrisch aufgeladenen Luftmolekülen, sogenannte Raumladungswolken . An den Leitungsoberflächen können dabei Geräusche entstehen, die von der Betriebsspannung , Leitergeometrie und vom Leiterzustand abhängen. Die Raumladungswolken können mit dem Wind seitlich der Stromtrasse verdriftet werden. Der Effekt der Koronaentladungen ist bei Gleichstromleitungen höher als bei Wechselstromleitungen. „Durch die Bildung freier Radikale in der Luft können im Bereich der Korona zudem Luftschadstoffe (z.B. Ozon und Stickoxide ) entstehen, die normalerweise rasch durch chemische Reaktionen oder Bindung an andere Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 022/17 Seite 11 Luftinhaltsstoffe neutralisiert werden und dadurch keine große Reichweite haben.“15 Als Besipiel finden sich im EMF-Portal zwei Studien neueren Datums. Jeffers D, “Comment on: Childhood cancer and exposure to corona ions from power lines: an epidemiological study“, [Kommentar zu: Kinderleukämie und Exposition bei Korona-Ionen von Hochspannungsleitungen: eine epidemiologische Untersuchung], J Radiol Prot 2015; 35 (2): 481- 483 Swanson J, Bunch KJ, Vincent TJ, Murphy MF, “Childhood cancer and exposure to corona ions from power lines: an epidemiological test”, J Radiol Prot 2014, 34 (4): 873-889 15 EMF-Portal, Informationsportal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, dem Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin und dem Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), „HGÜ-Ionisierte Luftmoleküle und Korona-Entladung“, https://www.emf-portal .org/de/cms/page/technology-static-fields-high-voltage-direct-current Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 022/17 Seite 12 5. Quellen Bayerisches Landesamt für Arbeitsschutz, Arbeitsmedizin und Sicherheitstechnik (LfAS) „Elektromagnetische Felder am Arbeitsplatz“, http://www.zukunftsministerium.bayern.de/imperia /md/content/stmas/stmas_internet/arbeitsschutz/elektromagn-felder.pdf Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) (2016). „Was sind statische und niederfrequente elektrische und magnetische Felder?“, http://www.bfs.de/DE/themen/emf/nff/einfuehrung/einfuehrung.html Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) (2017). „Biologische und gesundheitliche Wirkungen statischer Magnetfelder“. http://www.bfs.de/DE/themen/emf/nff/wirkung/statische/statische.html EMF-Portal, Informationsportal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, dem Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin und dem Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), „HGÜ-Freileitung, Messwerte (lt. Literatur), https://www.emf-portal.org/de/emf-sources/node/498 EMF-Portal, Informationsportal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, dem Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin und dem Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), https://www.emf-portal .org/de/cms/page/effects-static-fields, Quelle: International Commission on Non-Ionization Radiation Protection (ICNIRP), http://www.icnirp.org/en/frequencies/static-electric-fields-0-hz/index .html EMF-Portal, Informationsportal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, dem Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin und dem Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), „Statische Felder (0 Hz)“, https://www.emfportal .org/de/article/overview/category/static-fields-electric EMF-Portal, Informationsportal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, dem Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin und dem Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), „Studienübersichten“, https://www.emf-portal .org/de/news/post/362 EMF-Portal, Informationsportal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen, dem Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin und dem Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), „HGÜ-Ionisierte Luftmoleküle und Korona- Entladung“, https://www.emf-portal.org/de/cms/page/technology-static-fields-high-voltage-direct -current Kristina Schmiedchen und Dominik Stunder, femu, „Laufende Forschungsprojekte“, https://www.ukaachen.de/kliniken-institute/institut-fuer-arbeitsmedizin-und-sozialmedizin/forschung /laufende-forschungsprojekte.html Petri, A.-K., et. Al. (2017) „Biological effects of exposure to static electric fields in humans and vertebrates: a systematic review“, Environmental Health 2017, DOI: 10.1186/s12940-017-0248-y, https://ehjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12940-017-0248-y Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 8 - 3000 - 022/17 Seite 13 Uniklinik (RWTH) Aachen, Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu) im Auftrag der Bundesnetzagentur (2013). Fachstellungnahme „Gesundheitliche Wirkungen elektrischer und Magnetischer Felder von Stromleitungen“, https://www.netzausbau.de/SharedDocs/Downloads/DE/2013/FemuFachstellungnahme .pdf?__blob=publicationFile Uniklinik (RWTH) Aachen, Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu), „Forschungscampus Flexible Elektrische Netze FEN“, https://www.ukaachen.de/kliniken-institute/institut-fuer-arbeitsmedizin-und-sozialmedizin /forschung/laufende-forschungsprojekte.html Uniklinik RWTH Aachen, Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu) (2013). „Gesundheitliche Wirkungen elektrischer und magnetischer Felder von Stromleitungen“, http://www.netzausbau.de/Shared- Docs/Downloads/DE/2013/FemuFachstellungnahme.pdf?__blob=publicationFile World Health Organization (WHO) (2007) “WHO Research Agenda for Extremly Low Frequency Fields”, http://www.who.int/peh-emf/research/agenda/en/ ***