© 2020 Deutscher Bundestag WD 8 - 3000 - 017/20 Zu Einzelfragen der Genehmigung von Windkraftanlagen Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 017/20 Seite 2 Zu Einzelfragen der Genehmigung von Windkraftanlagen Aktenzeichen: WD 8 - 3000 - 017/20 Abschluss der Arbeit: 27. April 2020 Fachbereich: WD 8: Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit, Bildung und Forschung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 017/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Schattenwurf 4 2. Hindernisbefeuerung 5 3. Verunstaltung des Landschaftsbildes 5 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 017/20 Seite 4 1. Schattenwurf Rotor und Turm von Windenergieanlagen erzeugen bei direktem Sonnenlicht Schatten, wobei insbesondere der Schattenwurf des Rotors für viele Menschen unangenehm sein kann, da dieser im Gegensatz zu unbewegten Gegenständen periodische Helligkeitsschwankungen am Immissionsort hervorruft. Der sogenannte Disco-Effekt (Lichtblitze aus reflektiertem Licht) tritt an heutigen Anlagen hingegen nicht mehr auf, da die Rotorblätter mit einer matten Beschichtung versehen werden.1 In den Windenergieerlassen der Länder, in denen Rahmenbedingungen für die Windenergienutzung in den jeweiligen Bundesländern geregelt werden, finden sich auch Hinweise zur Beschattungsdauer .2 Danach ist üblicherweise eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen . Teilweise wird zudem darauf hingewiesen, dass dies einer (erwartbaren) tatsächlichen Beschattungsdauer von acht Stunden pro Jahr entspreche.3 Abschaltautomatiken können zur Begrenzung der tatsächlichen Beschattungsdauer eingesetzt werden. Die Windkrafterlasse enthalten zwar keine bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte. Ihre Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Die Werte werden unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt und gehen von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer aus (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Daher ist in der Rechtsprechung anerkannt, „dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der [in den Windkrafterlassen] vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist.“4 1 Molodovsky/Famers/Waldmann in: Molodovsky/Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, 46. Update Februar 2020, 6.6.3 Schattenwurf, Lichteffekte, optische Wirkung. 2 Allgemein zu den Windenergieerlassen der Länder WD 7 – 3000 – 042/19, S. 8 ff., verfügbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/644560/b58b8d097cbff1d160fe4f56e825efff/WD-7-042-19-pdf-data.pdf (27.04.2020). 3 So ausdrücklich der nordrhein-westfälische Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung (Windenergie-Erlass) vom 8. Mai 2018, MBl. NRW. 2018 S. 258, Ziffer 5.2.1.3. 4 VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06. Juli 2015 – 8 S 534/15 –, juris; unter Verweis auf VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris). Vgl. auch eine aktuelle Entscheidung des VG Münster (10. Kammer), Urteil vom 17.01.2020 – 10 K 435/17 – juris. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 8 - 3000 - 017/20 Seite 5 2. Hindernisbefeuerung Mit dem Energiesammelgesetz (EnSaG) hat der Gesetzgeber die verpflichtende Einführung einer bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung (BNK) für alle Windenergieanlagen (WEA) mit Frist zum 1. Juli 2020 festgeschrieben. Ziel war es das nächtliche Dauerblinken von WEA zeitnah zu beenden . Infolge dieser gesetzlichen Regelung muss die Allgemeine Verwaltungsvorschrift (AVV) zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen entsprechend angepasst werden. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat nunmehr einen entsprechenden Entwurf der AVV vorgelegt und das Anhörungsverfahren für Verbände und Länder durchgeführt. Parallel dazu hat die zuständige Bundesnetzagentur (BNetzA) eine Entscheidung der 6. Beschlusskammer herbeigeführt, der die absehbar nicht einzuhaltende Fristsetzung für die Realisierung der BNK für zunächst ein Jahr bis Juli 2021 verlängert hat.5 3. Verunstaltung des Landschaftsbildes Die Verunstaltung des Landschaftsbildes ist einer von mehreren in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB genannten öffentlichen Belange, die der Errichtung einer Windenergieanlage entgegenstehen können. Zwar sind diese Anlagen durch § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB grundsätzlich dem Außenbereich zugewiesen. Eine Entscheidung über den konkreten Standort hat der Gesetzgeber jedoch nicht getroffen. Ihre Zulässigkeit steht deshalb unter dem Vorbehalt, dass die jeweilige Anlage das Orts- und Landschaftsbild im Einzelfall nicht verunstaltet. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit längerem grundsätzlich geklärt, dass eine Verunstaltung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB voraussetzt, dass das Bauvorhaben dem Orts- oder Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird.6 Ob die Schwelle zur Verunstaltung überschritten ist, hängt von den konkreten Umständen der jeweiligen Situation ab.7 Die Rechtsprechung nimmt eine Verunstaltung des Landschaftsbildes jedoch nur in Ausnahmefällen an und fordert, dass es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handeln muss.8 *** 5 Vgl. Bundestagsdrucksache 19/16253 vom 30.12.2019. 6 BVerwG, Beschluss vom 18. März 2003 – 4 B 7/03 – Rn. 4. 7 BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2001 – 4 B 69.01 – Rn. 6. 8 BVerwG, Beschluss vom 18. März 2003 – 4 B 7/03 – Rn. 5.